Reisetagebuch Kapitel 18
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Reisetagebuch Kapitel 18 [April 2007 - Juni 2007] als PDF
(Japan: Tokyo, Takayama & Kyoto; danach Abschied von Singapur)

Japan
Singapur Top
Fotos: Tokyo - Takayama - Kyoto

Japan: Unerwartetes an allen Ecken und Enden

Nachdem wir sechs genussreiche Tage in Had Yao verbracht hatten, flogen wir am 11.04.2007 weiter nach Singapur, wo wir am 15. April ein Flugzeug der Thai Airways nach Tokyo bestiegen. Da wir durch die Nacht flogen erreichten wir Japans Hauptstadt am nächsten Morgen in der Früh. Wir warteten noch eine kurze Weile bis das Verkehrsbüro um 8 Uhr seine Türen öffnete um die zweisprachigen Stadtpläne und U-Bahn Karten beziehen zu können, welche für Touristen so wichtig sind, um sich in dieser riesen Stadt mit 12,4 Mio. Einwohnern zurecht zu finden.

Nun nahmen wir den Zug der uns von Naritas Flughafen ins 66km entfernte Stadtzentrum brachte. Es hat uns verwundert wie viele Passagiere im Zug einnickten. Dasselbe Bild bot sich uns in der U-Bahn in die wir später umstiegen.

 

Obwohl es in Tokyo 13 verschiedene U-Bahn Linien und noch mehrere Zuglinien für Pendler gibt, waren wir erleichtert, als wir erkannten wie einfach es ist sich in diesem Verkehrsnetz zurecht zu finden. Jeder U-Bahn Linie war eine Farbe und ein lateinischer Buchstabe zugeteilt. Zudem war jede Haltestelle nummeriert von 1 bis ~ 30 und der Name einer jeden Station war deutlich sowohl in japanischen, als auch in lateinischen Buchstaben beschriftet.

 

Vor 10 Uhr morgens erreichten wir unsere Unterkunft, das neu eröffnete Aizuya Inn. Wir hatten sehr viel Glück, dass wir dieses kleine Juwel im Internet gefunden hatten. Obwohl sich das Hostel vor allem auf ausländische Kundschaft ausrichtet, ist es eigentlich ein typisch japanisches Ryokan; eine Pension. Es wurde von einem jungen japanischen Paar geführt, welches 5 Jahre lang in den USA gelebt hatte. Wie überall in japanischen Unterkünften sind die Zimmer nicht nur klein sondern winzig!

 

Statt Betten gibt es Futon-Matrazen, welche tagsüber zusammengerollt werden, damit man ein Wohnzimmer hat. Es gibt kaum Möbel, nur ein niedriges Tischchen vor welchem man am Boden sitzt. Dazu noch ein paar Kleiderhaken an den Wänden. Der Boden ist immer mit Strohmatten belegt welche ein paar Zentimeter dick sind und dadurch ist die Bodentemperatur im Sommer wie auch im Winter angenehm. Diese Matten, welche Tatami genannt werden, sind fix in den Boden eingelassen. Ein ganzer Tatami misst 180x90cm, ein halber genau 90x90cm. Genauso wie die Quadratmeter bei uns, ist in Japan der Tatami der Masstab aller Dinge und mit der Anzahl Tatami wird jede Zimmergrösse genau definiert. Unser Raum hatte z.B. 4.5 Tatami, was 2.70x2.70m (7.29 m²) entsprach. So lag ½ Tatamimatte in der Mitte, eingerahmt von vier ganzen.

Platz ist vermutlich der grösste Luxus den es in Japan gibt weil er wirklich knapp ist, anderer Luxus hingegen ist gang und gäbe. Selbst in unserem kleinen Zimmer hatte es einen Flachbild Fernseher und eine Klima-Anlage mit Fernbedienung die auch zum Heizen eingesetzt werden konnte, was wir die ersten paar Nächte noch brauchten.

 

Hier müssen wir nun über die Ausstattung der japanischen Toiletten anfangen zu schwärmen! Sicher 80% aller öffentlichen Toiletten, welche übrigens überall ausgesprochen sauber waren, hatten geheizte Klobrillen. Oft hatten sie auch einen Closomaten oder anderen Schnick-Schnack eingebaut, welcher mittels Fernbedienung aktiviert werden konnte. Da es die sehr diskreten Japaner in Verlegenheit bringen würde, wenn ihr Klo-Kabinen Nachbar ihre Töne von furzen, pissen oder was auch immer, mitanhören müsste, konnte man ab und zu eine „Musik“ aktivieren, welche lautes Wasserspülen imitierte, falls dieser Ton nicht automatisch startete.

Um Platz optimal zu nutzen, gab es Toiletten welche ein kleines Lavabo in den Spülkasten integriert hatten. Beim Aktivieren der Spülung floss das Wasser, welches den Spülkasten wieder füllte durch einen Hahn über das Lavabo und konnte somit zuerst zum Händewaschen benutzt werden.

Viele Toilettenkabinen hatten einen kleinen Baby-Sitz in der Ecke montiert. Heinz berichtet, dass auf Herrentoiletten immer mindestens ein Pissoir behindertengerecht d.h. mit Haltebügeln und in einem Fall mit speziellen Fussmarkierungen für Blinde eingerichtet war. Brigitte rapportiert aus der Damentoilette, dass es für die kleinen Knaben auch da ein Mini-Pissoir gab. In seltenen Fällen fand man sogar spezielle Frisier-Zimmer mit schönen hohen Spiegeln. Ganz wenige Toiletten waren vom alten Stil mit dem Loch im Boden, doch die meisten waren Sitztoiletten im westlichen Stil.

 

Obwohl unsere ersten Tage in Tokyo nass und kalt (9°C) waren, hagelten tonnenweise neue Eindrücke auf uns ein. Als erstes fiel uns die Farbe und Kleidung der Masse auf. Fast alle, ob jung oder alt, trugen dunkle Anzüge oder Kostüme, weisse Hemden und Kravatte. Auch Schulkinder waren schon vollkommen die diese Masse integriert; ihre Schul-Uniformen unterschieden sich nur in der Kleidergrösse von den schwarzen Anzügen der Lohnbezüger.

 

Wenn sich Japaner voneinander verabschieden, verbeugen sie sich immer so tief gegeneinander, dass wir uns manchmal wunderten, ob sie je die Köpfe zusammen schlagen.

Sogar auf Baustellenschildern wo man sich für die Unannehmlichkeiten während der Bauarbeiten entschuldigt, ist ein kleines Männchen mit Helm abgebildet, welches sich verbeugt. Der höchste Respekt d.h. die tiefste Verbeugung zollt man denjenigen, die einen höheren Rang belegen, so z.B. dem Boss. Wenn ein Kunde ein Restaurant oder Geschäft betritt, ruft die ganze Belegschaft zur Begrüssung laut willkommen: „Irasshaimaseee!“ und alle Angestellten verbeugen sich, wenn der Kunde dem Ausgang zusteuert, auch dann, wenn er nur für 50 Cents eingekauft hat. Welch ein Gefühl…

Nachdem ein Angestellter die Regale im Laden etwas nachgefüllt hat, wird er sich vor dem Verlassen des Raumes drehen und sich der Kundschaft entgegen verbeugen bevor er raus geht. Genauso höflich verhalten sich auch die Schaffner bei der Eisenbahn nachdem sie die Fahrkarten kontrolliert haben. Wie ein Schauspieler im Theater drehen sie sich vor dem Verlassen des Waggons noch einmal dem „Publikum“ zu und verbeugen sich – auch wenn hier niemand klatscht oder auch nur Notiz nimmt.

 

Auch in der Grosstadt Tokyo gibt es viele Tempel und wir haben einige davon besucht.

Was auch immer Japaner machen, sie machen es korrekt und perfekt – mehr noch als die Schweizer! Wenn ein Tempel renoviert wird, ist es ja logisch, dass die Elemente dem Innenleben des historischen Gebäudes Schaden zufügen könnten. In Japan wird zuerst ein massives Betonfundament um die Baustelle erstellt, worauf dann eine Art „Werfthalle“ kommt, in der man einen Airbus A380 zusammenbauen könnte, aber in diesem Fall wird darunter die ganze Tempelanlage renoviert.

 

Das Essen entpuppte sich – nicht ganz unerwartet – als einen der Höhepunkte unserer Japan Reise. Dank dem viele Restaurants die angebotenen Schlemmereien als Plastikmodell in einem Schaukasten ausstellten, war das japanische Schlaraffenland für uns auch dort zugänglich, wo es keine Speisekarte mit Englischer Übersetzung gab. Nicht nur einheimische- sondern auch westliche Speisen wurden perfekt modelliert. Sie imitierten das angebotene Essen so gut, dass sie in billigen Restaurants sogar weniger appetitlich aussahen als dort, wo man etwas mehr bezahlte.

Wir entdeckten bald, dass die japanische Küche weit mehr zu bieten hat als Sushi, Sashimi, Tempura und Udon. Zudem ist vor allem die italienische und französische Küche bei Japanern extrem beliebt. All diese Lokale wurden von Japanern geführt, welche für eine Weile im Ausland gelebt hatten. Sie machten genau das, wofür ihre Nation berühmt ist: sie kopierten die ausländischen Speisen so perfekt, dass es ein Einwanderer wohl kaum besser machen könnte. Die Speisekarten dieser Lokale waren oft nur in Japanisch und der respektiven Sprache der Küche aufgesetzt, was uns dort, wo es kein englisches Menü gab trotzdem entgegen kam.

 

Es gab eine unglaubliche Auswahl an guten Bäckereien, Patisserien und Kaffeehäusern wie wir es seit Québec nicht mehr gesehen hatten. Es gab fast alles was wir uns nur vorstellen konnten: knuspriges Brot, leckere Torten und viele andere Süssigkeiten. Und wiederum war alles von Japanern perfekt kopiert, selbst die Deutschen und Französischen Namen die hier wahrscheinlich für Qualität bürgen sollen.

 

Eine weitere Überraschung erlebten wir in den unteren Stockwerken vieler Warenhäuser und Einkaufs-Zentren in den sogenannten „Food Show’s“. Auf riesigen Verkaufsflächen wurde nichts anderes angeboten als Feinschmeckersachen. Vielleicht kennt Ihr ja die comestibles Spezialitätenecke von Globus, bloss so klein ist es in Japan nirgends. Delikatessen aus Japan und der ganzen Welt waren hier hübsch verpackt und verlockend präsentiert. Ausser den Dingen die wir kannten, wie z.B. auserlesene Fleisch-  und Wurstwaren, Käse, Gourmet Salate und vielem weiteren, sahen wir auch viel Unbekanntes. Wir vermuten, es handelte sich um Eingemachtes in jeder Farbe, fermentierten Fisch, Sachen in Blätter eingerollt und süsse Kekse oder gezuckerte Bohnen wie wir sie noch nie gesehen hatten. Hier gab es viel mehr als wir uns überhaupt vorstellen und probieren konnten, aber es war nur schon eine Augenweide diesen Gourmet-Vitrinen entlang zu gehen.

 

Glücklicherweise war Japan bei weitem nicht so teuer wie sein Ruf und einiges war sogar billiger zu haben als in Singapur. Da Platz rar ist, ist die Unterkunft wohl etwas vom teureren einer jeden Japanreise. Im Schnitt zahlten wir 6’800 Yen (€ 46.40) für ein Doppelzimmer und wir hätten es billiger haben können, wenn wir viel länger voraus reserviert hätten. Die Horrorgeschichten, dass man keinen Kaffee unter 10 USD bekäme (für die Hälfte assen wir sogar Kuchen dazu!) und das Abendessen 200 USD pro Person koste, müssen wohl von Geschäftsreisenden stammen! Wenn man danach sucht, gibt es sicher Lokale wo man so viel Geld ausgeben kann, aber es ist viel einfacher ein preiswertes zu finden!

Es ist eigentlich logisch, dass in einem Land wo der Grossteil der Bevölkerung regelmässig auswärts isst, weil ihre Wohnungen weder über anständige Küchen noch über einen separaten Essplatz verfügen, auswärts essen gar nicht so teuer sein kann. Obwohl es hier im Gegensatz zu Hong Kong oder Singapur keine ‚Food Courts’ mit den kleinen Ständen gibt, hat es hier viele kleine Restaurants welche gute und günstige Mahlzeiten anbieten. Einfache Gerichte gibt es bereits für ¥ 400-700 (€ 2.70-4.-). Wenn man, wie dies die meisten Japaner machen, etwas mehr ausgibt, kriegt man am Mittag für ¥ 700 schon etwas recht Vielfältiges bei dem 3-4 Speisen geliefert werden. Sogar in tokyo’s Stadtzentrum kriegten wir für ¥ 1’000 (€ 6.83) ein Abendessen bestehend aus Suppe, Salat, Vorspeise, einer Sushiplatte und einer kleinen Nachspeise. Für den gleichen Preis gibt’s auch italienische Teigwaren in sehr guter Qualität. Wenn man bereit ist bis ¥ 2'000 auszugeben, kriegt man bereits eine grosszügige Platte bestehend aus drei Dutzend kleinen Probierhäppchen und für ¥ 5’000 (€ 34) gibt’s bereits ein authentisch gekochtes französisches sieben Gänge Menü.

 

Auf einer Landfläche von 377'435 km² wovon 80% gebirgig sind, leben in Japan 127 Mio. Menschen. So ist es kaum verwunderlich, dass Platz zu einer Mangelware wurde und, dass vor allem in den Städten die Grundstückspreise explodiert sind. So liessen sich die Japaner einiges an platzsparenden Massnahmen einfallen! Mit einer einfachen Methode schafften sie es, drei Autos auf einem einzigen Parkplatz zu parkierten. Zuerst giesst man eine ~4.5m tiefe Betonwanne und darin platziert man einen Lift mit drei Plattformen. Dies ist aber nur eine einfache Lösung. Ein noch viel ausgeklügelteres System erlaubt es sogar auf einer Fläche von 6x6m ganze 30 Autos zu parkieren. Ein hohes schmales Parksilo wurde mit einem Lift ausgestattet, welcher eigentlich eher wie ein Förderband funktioniert, das die Wagen auf 30 Plattformen rotiert und per Knopfdruck in die richtige Position bringt. Normalerweise befinden sich 14 Autos in der linken, 14 in der rechten Silohälfte, sowie je eines oben und unten in der Mitte.

Wenn ein Fahrer seinen Wagen wieder abholt, dauert es nie länger als zwei Minuten bis der Parkplatz-Wärter das Fahrzeug per Knopfdruck wieder zur Ausfahrt runter gerufen hat. Ab und zu steht direkt hinter so einem Silo noch ein zweites und in diesen Fällen werden im vorderen Silo nur 29 Parkplätze belegt, da einer als Durchfahrt ins hintere Abteil gebraucht wird. Um das Ein- und Ausfahren unter engen Platzverhältnissen zu vereinfachen, befindet sich jeweils unter oder vor dem Silo eine Drehscheibe mit der die Fahrzeuge vor der Ausfahrt wieder in die Position der Strasse entgegen gedreht werden können.

 

In Tokyo herrschte eigentlich gar kein grosses Verkehrschaos, wenn man die Grösse der Stadt bedenkt. Mit einem so guten öffentlichen Verkehrsnetz benutzen die meisten die Züge, die U-Bahn oder Busse und auch das Fahrrad ist sehr populär. Somit braucht es natürlich auch grosse Fahrrad Plarkplätze und auch hier hat man wiederum ein System entwickelt, mit dessen Hilfe sie zwei-stöckig parkiert werden können.

 

Als nächstes sahen wir eine Tankstelle ganz ohne Zapfsäulen. Stattdessen hingen die Benzinschläuche von der Decke und genau dort war auch die Digitalanzeige platziert.

 

Es ist kaum verwunderlich, dass auch kein Platz für Gärten ist, aber eigentlich lieben die Leute Pflanzen. Als Notlösung stellen sie Topfpflanzen und Blumenkistchen am Strassenrand und auf den Gehsteigen auf, sozusagen als privaten Kleingarten.

 

Weil in Japan alles so anders ist als was wir kennen, haben wir ganz unbewusst die Gewohnheit angenommen alles und jedes zu fotografieren, genau wie japanische Touristen bei uns. Wir verzichteten aber weiterhin darauf, selbst auf jedem Foto mit drauf zu sein.

 

Während unserer drei Wochen waren wir jeden Tag kilometerweit zu Fuss unterwegs um Neues zu entdecken. Wenn wir wieder einmal durstig wurden, war es nie weit zum nächsten Getränke-Automaten. Egal wo wir uns befanden, ob in einem Park, am Bahnhof oder zwischen Geschäften, es standen immer reihenweise solcher Automaten zur Verfügung. Sie boten eine grosse Auswahl an Getränken zu einem günstigen Preis an (¥ 100-150). Für Neuankömmlinge können diese Maschinen allerdings etwas trickreich sein! Eine stand auch in unserer Herberge und Heinz wählte einen erfrischenden Eistee. Die Dose welche der Apparat ausspukte, war allerdings siedend heiss und Heinz informierte sofort die Rezeption, dass hier wohl was nicht richtig funktioniere. Der Besitzer schaute ihn nur an und antwortete etwas verblüfft: „hast du das Getränk von der roten oder blauen Sektion ausgewählt?“ Nun erst erfuhren wir, dass diese cleveren Automaten sogar in der Lage sind sowohl heisse, als auch kalte Getränke auszuwerfen.

 

Auch Zigaretten wurden an solchen Automaten verkauft. Mit ~¥ 300 (€ 2.-) waren sie erstaunlich billig und rauchen ist in Japan eines der grössten Suchtprobleme. Leider ist es auch in den meisten Restaurants erlaubt zu rauchen. Vermutlich ist rauchen nur eines der vielen Stressymptome, welches durch das unglaubliche Gehetze das wir hier an jedem Tag von neuem gesehen haben, ausgelöst wird.

 

Wann immer wir eine U-Bahn bestiegen, war sie vor allem mit Arbeitnehmern im schwarzen Anzug belegt. Fast alle schlossen ihre Augen und viele schliefen sehr schnell ein; sogar dann wenn sie stehen mussten und sich am Handgriff an der Decke festhielten. Damit auch alle schön schlafen können, darf in der U-Bahn nicht telefoniert werden.

 

Hauptverkehrszeit war natürlich früh morgens und dann erst wieder am späten Abend. Ihren Höhepunkt erreichte sie kurz vor Mitternacht, wenn diejenigen Lohnbezüger welche nicht im Büro schlafen wollten, nach Hause fuhren, da die U-Bahn um 00:30 Uhr ihren Betrieb einstellte. Offiziell hat Japan zwar die 40 Stunden Woche, aber der Druck der Gesellschaft und der Gruppe zwingt die meisten täglich Überstunden zu leisten, meist unbezahlt und auch am Wochenende. Dass Arbeitskollegen nach Arbeitsschluss, wann auch immer dies sein mag, gemeinsam zum essen und saufen gehen, ist üblich und wird von jedem erwartet. Wir hörten von ein paar Büroangestellten die sich selbst glücklich schätzten, da sie nur etwa zwei Mal pro Woche bis Mitternacht arbeiten müssen. An den andern Abenden hingegen können sie bereits so um 21:00 Uhr heimgehen. Man erzählte uns aber auch, dass Familienväter regelmässig erst morgens um 01:00 Uhr nach Hause kommen und um 04:30 Uhr wieder aufstehen um mit der ersten U-Bahn zum Betrieb zurückzufahren. So gut gehe es aber nicht täglich. Manchmal, wenn es nicht mehr auf den letzten Zug reiche „schlafen“ sie und ihre Arbeitskollegen unter dem Bürotisch. Morgens um 5 gehen sie dann mit der ersten U-Bahn kurz nach Hause, aber nur um zu duschen und Kleider zu wechseln um dann schnell ins Büro zurückzuhetzen. Wir hörten von Leuten die regelmässig für 3-4 Monate keinen einzigen Freitag nehmen; also auch jedes Wochenende voll durcharbeiten.

 

Im Vergleich zu westlichen Kulturen zeigt der Japaner viel weniger Individualität und die Gruppe ist von viel höherer Wichtigkeit. Soziale Bindungen halten normalerweise ein ganzes Leben, auf der andern Seite ist es aber für Neuzuzüger recht schwierig in einen Kreis aufgenommen zu werden. Um alle zufrieden zu stellen, wird vom Einzelnen erwartet, dass er Dinge nicht in Frage stellt und keine eigene Meinung äussert. Es wird nicht erwartet, dass man jeden in seinem Umfeld mag, aber es wird erwartet, dass man an jeden in seinem Umfeld denkt. Wenn es einen Konflikt gibt, entschuldigen sich alle Seiten, selbst wenn nicht genau klar ist, wer im Unrecht ist.

Japaner nach ihrer Meinung zu fragen ist wie wenn man sie foltern würde. Auf der andern Seite scheinen all diese Regeln nicht mehr zu gelten, wenn Japaner betrunken sind. In diesem Zustand traut nun jeder seine Meinung zu äussern weil er dann überhaupt keine Angst davor zu haben braucht, dass sich jemand an seine „törichten“ Bekenntnisse erinnern würde, wenn sie alle wieder nüchtern sind!

 

In den Restaurants, in denen wir das Abendessen einnahmen, füllten sich die Nachbartische regelmässig spätabends noch mit Geschäftsleuten die zum Essen und Trinken kamen. Einmal haben wir sicherlich eine dieser Gruppen beleidigt, als wir den von ihnen offerierten Sake (Reiswein) ablehnten. Trotzdem entschuldigten sie sich und wir machten ein Foto mit allen.

Ein andermal entschuldigte sich ein junges Paar am Nebentisch nachdem Brigitte ein kleines Stück Hummerpanzer zu ihnen rüber fliegen liess. Aber wir haben alle gelacht!

 

Es ist kaum verwunderlich, dass der durch diese Gesellschaft erzeugte Druck und Stress da und dort halt ein Ventil braucht. Im ganzen Land gibt es riesige Spielsalons wo man „Pachinko“ spielen kann, eine lärmige Version des „einarmigen Banditen“. In Japan ist dies die beliebteste Art und Weise um Geld zu vernichten. Jeden Abend belegen Legionen von Arbeitnehmern im schwarzen Anzug und weissen Hemd diese Spielsalons, wo rauchen obligatorisch zu sein scheint.

Andere wiederum schwärmen ins Rotlicht-Milieu, auch hier oft in Gruppen von Bürokollegen. Wir haben vorher noch nirgends so viele und so riesige Rotlicht-Milieus gesehen wie in Tokyo. Ausländer sind in diesen Etablissements normalerweise unerwünscht. Dort wird nicht nur für Herren, sondern auch für Damen etwas geboten. Da von Frauen nach der Hochzeit fast erwartet wird, dass sie ihren Beruf aufgeben und Paare dann aber so wenig Zeit miteinander verbringen, ist es nur normal, wenn sie sich zu Hause langweilen und ihrem Vergnügen nachgehen möchten. Ganze Fassaden von Hochhäusern, welche nichts anderes als Sex-Clubs beherbergen, sind dekoriert mit nummerierten Fotos von jungen Frauen und Männern in ausgefallenen Frisuren die sich selbst anbieten.

 

In dieser Gesellschaft mit ihren vielen Tabus braucht es nicht einmal echte Pornographie um zu stimulieren. Japaner sind grosse Fans von Comics und wenn ihre beliebten Manga Figuren in erotischen Stellungen gezeichnet sind, scheinen sie perfekt dazu geeignet zu sein, die Leute anzumachen. Der Verkauf von erotischen Manga Comic Heften ist „big business“ und reihenweise Geschäfte können nur davon leben.

 

Während unserer ersten fünf Tage in Tokyo besuchten wir verschiedene Gegenden dieser Stadt. Wir sahen nicht so viele moderne Hochhäuser wie wir eigentlich erwartet hatten, aber ein Grund mag wohl sein, dass hier die Modernisierung bereits vor ein paar Jahrzehnten eingesetzt hat und zum anderen aber auch, weil es hier so viele Erdbeben gibt. Im Durchschnitt bebt die Erde hier etwa 1'000 Mal pro Jahr, aber glücklicherweise sind die meisten Beben so schwach, dass sie nur mit sensitiven seismischen Instrumenten festgestellt werden können. Wir glauben, dass wir selbst zwei kleine gespürt haben.

 

Da Japan den Ruf hat so teuer zu sein, glaubten wir erst, dass wir hier gar nicht so viele andere Touristen sehen würden. In der Nähe von Tempeln und Schreinen hingegen, hatte es hordenweise Ausländer. Asakusa war sicher der touristischste Teil der Stadt, den wir besuchten. Shinjuku hingegen, war das belebteste Quartier. Shinjuku’s Bahnhof ist derjenige mit dem weltweit grössten Passagieraufkommen. Täglich wird diese Station von 740'000 Pendlern benutzt. Rechnet man die Passagiere der vier U-Bahnlinien die da durchführen noch dazu, steigt die Zahl auf 2 Millionen Passagiere pro Tag!

 

Japan hat ein dichtes Netz von Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnlinien. Der „Shinkansen Superexpress“, auch „Gewehrkugel Zug“ genannt, ist ein sehr effizientes und komfortables, wenn auch nicht billiges Verkehrsmittel. Die Waggons gleichen innen aber eher einer Flugzeugkabine und die 530km zwischen Tokyo und Kyoto schaffen die schnellsten Züge in nur 2 Std. 10 Min. inklusive drei Stopps. Diese Strecke kostet ¥ 13’500 (€ 83) und die Züge fahren etwa alle 15 Minuten.

 

Da wir sehen wollten wie es auf dem Land zugeht, nahmen wir zuerst den Shinkansen nach Nagoya, wo wir in den „Limited Express“ nach Takayama in den Bergen umstiegen. Diese Kleinstadt mit 30'000 Einwohnern fühlte sich definitiv eher wie ein Dorf an. Dass es hier oben recht touristisch war, hatte verschiedene Gründe. Zum einen bestand der Ortskern aus gut erhaltenen Holzhäusern aus früheren Zeiten und zum zweiten waren dank dem kühleren Gebirgsklima die Kirschbäume in voller Blüte; gerade jetzt!

 

Unser Ryokan Oh-Machi Inn, lag mitten im Zentrum was angenehm war, nachdem wir vorher immer auf die U-Bahn angewiesen waren die voll wie eine Sardinenbüchse war.

Dank dem wir die einzigen Gäste waren, gab man uns ein grösseres Zimmer zum selben Preis und so hatten wir dann tatsächlich zwei ganze Zimmer; 8 Tatami im Schlafsaal (13 m²) sowie 6 Tatami (9.7 m²) als Wohnzimmer zur Verfügung. Wir haben dies so richtig genossen und waren uns bewusst, dass wir hier mehr Platz hatten, als eine durchschnittliche japanische Familie. In den Grosstädten sahen wir die Inserate der Immobilien Makler, wo nur die allerteuersten Wohnungen zwei, ausnahmsweise sogar drei Zimmer hatten. Die kleinsten Wohnungen bestanden aus einem kombinierten Wohn/Schlafzimmer, welches nur 4.5 Tatami (7.3 m²) mass und dazu eine Toilette, Mini Bad aber überhaupt keine Küche hatte! Die gängigsten Wohnungen in den Städten sind allerdings schon etwas grösser; so etwa 6 Tatami für das üblicherweise einzige Zimmer. Dazu kommen dann insgesamt weitere 6 m² für die Toilette, Dusche, eine Bonsai-Küche und den Gang. Etwas luxuriösere Wohnungen bieten vielleicht noch ein separates Schlafzimmer, welches so 4.9 m² gross ist (3 Tatami) und erst draussen in den Vororten gibt es grössere und zahlbarere Optionen. Aber auch diese sind immer noch sehr klein an jedem „nicht-japanischen“ Masstab gemessen. In Japan ist halt alles Bonsai, nicht nur die Bäume!

 

In der japanischen Gesellschaft hat alles seine Ordnung und die Leute halten sich an die Regeln. In den Wohnungen lassen alle ihre Schuhe am Eingang. An öffentlichen Orten, wie z.B. Unterkünften oder in Restaurants wo man am Boden sitzt, stehen Pantoffeln in verschiedenen Grössen zur Verfügung. Damit geht man dann bis zum Zimmer wo man sie davor stehen lässt, da man die Tatami Matten ohne Schuhe betritt. Wenn man zur Toilette geht, steht dort wiederum ein separates Paar Pantoffeln, da es als unhygienisch gilt, Schuhe welche im Klo getragen wurden sonstwohin zu nehmen. Normalerweise stehen den Gästen Kimono’s zur Verfügung mit denen man ins Bad geht. Dort steht ein kleiner Hocker auf den man sich setzt und einseift. Grosse Flaschen mit Shampoo, Haarbalsam und Seife stehen immer zur Verfügung. Nachdem man sich mit einem Eimer oder der Dusche abgespült hat, taucht man in die bereitstehende grosse heisse Wanne. Diese ist nicht als Badewanne gedacht, sondern eher wie ein stilles Sprudelbad und dasselbe Wasser wird später noch von anderen Gästen benutzt.

Es war wirklich sehr entspannend doch nach ein paar Minuten stieg uns die Hitze in den Kopf und wir gingen hinaus in die kühle Nacht und suchten uns ein passendes Restaurant für’s Abendessen.

 

Hier in Takayama waren die Häuser und Wohnungen etwas grösser als in Tokyo, aber sie waren oft so nahe nebeneinander gebaut, dass man vom Fenster aus die Hauswand des Nachbarn berühren konnte. Nicht weit vom Zentrum entfernt, fanden wir die ersten Reis- und Gemüsefelder. Am Dorfrand waren sie eingeklemmt und jedes noch so kleine Stück Land wurde bepflanzt, selbst wenn es nur 10 m² gross war. Ausserhalb des Dorfes waren die Häuser nochmals deutlich grösser und einige gehörten offensichtlich dem wohlhabenderen Teil der Bevölkerung. Deren Häuser waren nicht unbedingt grosse ausschweifende Villen, sondern hoben sich eher durch ihre speziell schönen und komplizierten Dächer ab. Mehrere Dachluken und übereinanderliegende kleine Dächer waren ineinander verwinkelt. Der nächste Luxus waren die kleinen Gärten um diese Häuser, wo jeder Baum und jeder Busch kunstvoll zurechtgeschnitten war.

 

Die alten traditionellen Häuser im Zentrum von Takayama stammen aus der Edo Periode und wurden ums Jahr 1615 als Handelshäuser gebaut. Ihre dunklen Holzfassaden sind gut erhalten und ihre Vorderseite ist mit schmalen langen Holzsparren dekoriert, welche Fenster und Schiebetüren wie ein Gitter überziehen. In früheren Zeiten hat man dünnes Reispapier verwendet um die Fenster zu bedecken.

Erst nachdem wir diese gesehen hatten, achteten wir uns und bemerkten, dass selbst moderne Häuser kaum durchsichtige Scheiben haben. Entweder verwendete man Milchglas oder es  hatte dicke Vorhänge die den ganzen Tag geschlossen waren.

 

Für uns war es höchst interessant einfach so zwischen den Häusern des Dorfes umher zu spazieren. Auch dort war Platz überall Mangelware und wir sahen viele Garagen in denen auch kleine Autos nicht ganz Platz hatten und das Garagentor deshalb nur bis zur Motorhaube hinunter gelassen werden konnte. An anderen Orten hatten die Autobesitzer so knappe Einfahrten in ihre Parkplätze, dass es nicht zu vermeiden war, dass sie immer wieder neue Kratzer kassierten.

 

In ganz Japan wurden oft Schiebetüren verwendet um Platz zu sparen. Nicht nur bei Gebäuden, sondern auch in Stadtbussen, da damit noch ein paar Leute mehr ins Fahrzeug hinein passten. Vor Gebäuden wo der Platz knapp ist, sind Kontaktmatten und Lichtschranken nicht praktisch und so befindet sich an der Tür oft ein Sensor, der bei Berührung den Öffnungsmechanismus aktiviert. Auch Notausgänge können sehr platzsparend gebaut werden. Wir sahen eine faltbare Nottreppe, welche in den 70cm breiten Betonboden eines Balkons eingelassen war. Damit konnte im Notfall der untere Balkon erreicht werden, wo wiederum dasselbe System installiert war.

 

Es gab viele Gärtnereien die von Takayama’s kühlem Klima profitierten und wir genossen es durch die Strassen zu schlendern und die schönen alten Häuser oder Tempel anzusehen und entlang der vielen Bäche zu wandern. In der Nähe der Sehenswürdigkeiten hatte man zur Freude der japanischen Touristen grosse Goldfische im Bach ausgesetzt. Dem Wasser entlang gab es alleenweise Kirschbäume in voller Blüte und jeder wollte sich auf der orangen Brücke davor fotografieren lassen.

 

An unserem letzten Morgen besuchten wir noch den japanischen „Ballenberg“: Hida No Sato. Eine gute Kollektion von alten Häusern war hier wieder aufgebaut worden. Viele hatten hohe steile Dächer und waren mit einer dicken Lage Stroh bedeckt. Das älteste der Häuser stammt aus dem Jahr 1751 und alle waren sehr gross. Die Zimmer waren mittels Schiebetüren unterteilt, die gleichzeitig als Wände dienten. Dadurch konnte die Raumgrösse je nach Bedürfnissen flexibel verändert werden. Nur Holz und Schnüre waren für die Konstruktion verwendet worden um den regelmässigen Erdbeben zu widerstehen. Während des Winters gibt es hier oben viel Schnee und deshalb müssen die Dächer besonders stark gebaut sein. Wir hatten aber nicht den Eindruck, dass hier allzuviel Isolation gegen Kälte verwendet wurde, aber in jedem Haus ab es eine offene Feuerstelle ohne Kamin.

 

Später nahmen wir dann den Zug nach Kyoto, einer der ehemaligen Hauptstädte Japans. Zusammen mit Tokyo gilt diese Stadt als grosses „Muss“ für jeden Touristen. Die erste Sehenswürdigkeit die wir in dieser 1.4 Millionen Stadt zu Gesicht bekamen, war der neue ultramoderne Hauptbahnhof, der fast 500m lang ist. Ausser dem eigentlichen Bahnhofsteil, beherbergt das Gebäude noch ein riesengrosses Einkaufszentrum mit mehreren Warenhäusern und ganzen Stockwerken voll Restaurants. Zwei Untergeschosse sind auch hier grösstenteils von den Delikatessen einer „Food Show“ eingenommen. Nicht nur was es da drin alles zu sehen gab, auch das Gebäude selbst war ein architektonischer Augenschmaus.

 

Wiederum hatten wir das Glück, dass wir ein Ryokan mitten im Stadtzentrum reserviert hatten, doch dieses war nun wirklich jede Nacht bis auf den letzten Tatami belegt. Wir mussten zwar einmal das Zimmer wechseln, aber wir konnten 8 Tage bleiben.

Die Touristen strömen vor allem wegen Kyotos über 2'000 Tempeln und Schreinen hierher. Wir konnten uns natürlich nur einen Bruchteil davon ansehen, es war aber doch sehr interessant wie unterschiedlich sie sein konnten. Bei einigen Tempeln musste man Eintritt bezahlen, andere hingegen konnten gratis besucht werden. Bald schon merkten wir, dass diejenigen die etwas kosten nicht unbedingt schöner sind, sie sind einfach historisch bedeutungsvoller! Vor allem diese Tempel, deren Besuch nicht immer ganz billig war, wurden regelrecht von Touristen und grossen Gruppen von Schulkindern überrannt. Auf diesen Schulreisen trugen die Kinder natürlich das, was sie auch sonst schon 7 Tage die Woche tragen: einen dunkelblauen oder schwarzen Anzug oder ein Kleid, dazu ein weisses Hemd mit Kravatte. Als wir einmal eine Schulgruppe von ca. 100 Kindern am Boden sitzen sahen, erinnerte dies eher an eine strengere Version eines Jugendlagers in Mao’s China.

 

Japanische Schüler sind von Montag bis Samstag wie verrückt am lernen und haben dazwischen fast keine Freizeit. Am Sonntag belegen sie oft noch Nachhilfestunden oder Vorbereitungskurse auf höhere Schulen oder sie kommen zum Schulhof um Sport zu treiben.

Der Erfolgsdruck beginnt sehr früh und wir hörten von kleinen Maschinen mit denen man den Kleinen lesen beizubringen versucht, bevor diese überhaupt sprechen können. Die Eltern „helfen“ ihren Sprösslingen auch früher zu den ersten Schritten, als das für ihre Knochen gut ist. Wir haben noch nie so viele Leute mit O oder X Beinen gesehen wie in Japan. Und den Grund weshalb so viele ältere Leute einen krummen Rücken haben, können wir nur erraten: entweder kommt dies vom harten Arbeiten oder vom dauernden sich verbeugen…

 

Wir wollen nicht jeden Tempel erwähnen und beschreiben den wir besucht haben, aber die augenfälligsten Merkmale boten oft schon die Eingänge. Daran sollte man erkennen, ob es sich um einen buddhistischen Tempel oder um einen Shinto Schrein handelt. Das Tor zu einem Schrein wird „Torii“ genannt. Es besteht aus zwei Säulen, welche oben durch zwei übereinanderliegende horizontale Querbalken verbunden sind, wobei der obere leicht nach unten geschwungen ist. Die meisten bestehen aus Holz und sind orange gestrichen. Andere wiederum werden aus Stein gemeisselt oder aus Stahl und Beton geformt.

Die Eingänge zu buddhistischen Tempeln nennt man „Mon“. Diese können schon fast Gebäuden ähneln und haben häufig zwei übereinanderliegende Dächer. Manche sind so gross, dass es zwischen diesen Dächern noch einen begehbaren Korridor gibt der mit Schnitzereien und Figuren von Schutzpatronen geschmückt ist. Da sich auf demselben Grundstück manchmal mehrere Tempel und Schreine befinden, ist es nicht immer ganz einfach die beiden auseinander zu halten.

 

Der Buddhismus wird hier viel intensiver praktiziert, als wir dies erwartet hätten und viele Gläubige besuchten ihre heiligen Stätten. Zuerst reinigten sie sich mit gesegnetem Wasser am Brunnen die Hände, bevor sie Räucherstäbchen abbrannten und einmal sahen wir eine riesige Gebetsmühle die eine Person allein kaum zu drehen vermochte. Egal ob jung oder alt, wir sahen die Japaner regelmässig beten, Geld für einen Wunsch spenden, sich einen Tempel-Talisman kaufen oder einen Wunsch auf einem Stück Holz oder Papier aufschreiben um damit um die Gunst der Götter zu ersuchen. Heutzutage wünschen sich die Leute nicht in erster Linie nur gute Gesundheit, sondern vor allem: viel Erfolg im Geschäft.

 

Überraschenderweise sahen wir kaum japanische Gärten, dafür einige Pagoden. Vor vielen Tempeln hingen reihenweise riesige Papierlaternen die bis zu einem Meter hoch sein konnten. Vor anderen sah man grosse bemalte Sake Fässer als Opfergaben.

Von den religiösen Stätten die wir besucht hatten, war der Inari Schrein der Aussergewöhnlichste! Den eigentlichen Höhepunkt bildeten die Sembon Torii’s entlang eines 4km langen Pfades durch die bewaldeten Hügel dahinter. Dieser Weg war fast lückenlos von orangen Torii’s gesäumt, welche bloss ein paar Zentimeter auseinander standen, sodass man den Eindruck hatte, durch einen Tunnel aus Torii’s zu gehen. Je näher wir der Hügelkuppe kamen umso mehr Tee-Häuser gab es entlang des Weges. Auch diese allgegenwärtigen Getränke-Automaten fand man da um uns schwitzende Wanderer zu erfrischen.

 

In einem anderen Teil der Stadt besuchten wir den goldenen Pavillon des Kinkakuji Tempels, welcher sich majestätisch im davorliegenden Teich spiegelte.

 

Am 29. April 2007 feierte man in Japan den Beginn der goldenen Woche. Anfänglich waren es drei Feiertage innerhalb einer Woche gewesen. Die Regierung erklärte schlussendlich noch einen Brückentag zusätzlich als Feiertag und später die ganze Woche zu einer nationalen Ferienwoche damit die Bevölkerung doch endlich einmal nicht arbeite. Natürlich konnte dies bei weitem noch nicht alle davon abhalten.

Es war aber doch eine schöne Abwechslung, dass die Masse um uns herum nun ganz wenig bunter war. Viele trugen einen Kimono und zudem waren nun viele Familien unterwegs. Bei herrlichem Wetter und Temperaturen von 25°C war es nicht verwunderlich, dass sich viele ein Boot mieteten und es genossen auf dem Hozu Fluss zu paddeln. Viele besuchten auch die naheliegenden Tempel und Schreine. Durch einen schmalen bildhübschen Bambuswald erreichten wir den ungewöhnlichsten aller Tempel: Adashino. Hier waren tausende von kleinen Steinplatten die oft ein Relief von Buddha eingemeisselt hatten, eng im Tempelhof zusammengepfercht. Man glaubt, dass es sich um Grabsteine etwa aus dem Jahr um 700 handelt und heute weiss niemand mehr wem sie gehörten.

 

Es war auch sehr interessant moderne Friedhöfe zu besuchen. Da Grundstückpreise sehr hoch sind, hört es mit verdichteter Wohnweise nicht auf; nach dem Tod ruht man zwar auch hier in Frieden, aber noch immer unter engsten Platzverhältnissen. Wir haben hier zwar keine übereinanderliegenden Fächer gesehen wie bei Urnengräbern, aber die Gräber waren schon sehr eng nebeneinander und die Grabsteine grenzten Wand zu Wand an die danebenliegenden Wohnhäuser.

 

Zurück zu den Genüssen des Lebens: Hier in Kyoto endete die Kirschblütenzeit die sich so viele gerne ansehen – sie nennen das ‚Hanami Sakura’ – vor etwa zwei Wochen. In einigen Parks sahen wir, dass die Kirschbäume nachts beleuchtet waren und wir hörten von anderen Touristen, dass hordenweise japanische Berufsleute in ihren üblichen steifen Anzügen, abends um 10 Uhr hierher gepilgert waren und sich Matten gemietet hatten, um unter den Kirschblüten die bestellten Fertiggerichte zu essen und sich zu besaufen.

 

Korrekte Kleidung ist in der japanischen Gesellschaft sehr wichtig und der schwarze Anzug ist wohl das wichtigste Werkzeug, wenn man zur Arbeit oder zur Schule geht. Auch Handwerker tragen normalerweise eine Uniform mit Kravatte. Taxifahrer tragen eine schwarze Uniform, weisse Handschuhe und eine steife Mütze wie ein Pilot. Alle Taxis haben weiss gestickte Sitzbezüge und damit das Ein- und Aussteigen zügiger vor sich geht, kann der Fahrer die Türen der Passagiere per Knopfdruck öffnen und schliessen.

 

Selbst wenn wir als Aussenseiter glauben, dass alles perfekt erscheint, die Japaner wissen, wenn dem nicht so ist! Wir sahen Geschäftsmänner deren schwarze Schuhe so stark glänzten, dass es uns schon fast blendete. Irgendwas muss mit denen aber nicht gestimmt haben, denn sie standen geduldig Schlange um sich diese von einer Schuhputzerin auf noch mehr Hochglanz bringen zu lassen!

 

Wie schon gesagt, ist es vor dem Betreten gewisser Gebäude üblich die Schuhe auszuziehen. An einigen Orten wie z.B. in Museen oder Pensionen, wird sich jemand dieser Schuhe annehmen, sie drehen damit der Gast beim Verlassen des Gebäudes bequem wieder hineinschlüpfen kann und gleichzeitig werden alle Schuhe noch in einer schnurgeraden Linie ausgerichtet. In nobleren Gaststätten werden die Schuhe noch mit Nummern versehen und dem Gast eine Quittung ausgehändigt. Vor einem Tempel sahen wir einst zwei lange schnurgerade Reihen mit Kinder-Turnschuhen. Ja tatsächlich: Kindern ist es erlaubt Sportschuhe zu ihrer anzugähnlichen Uniform zu tragen!

 

Einen strikten Kleiderkodex, wenn auch in eine ganz andere Richtung, haben die berühmten Geishas einzuhalten. Ihre Gesichter werden flächendeckend schneeweiss geschminkt und ihr Haar muss ganz genau in eine bestimmte Form gebracht werden. Dazu tragen sie einen Kimono aus schönen kostbaren Stoffen und dazu die Holzschuhe, welche man Geta nennt.

In Kyoto soll es etwa 180 Geisha’s geben und in ganz Japan knappe 2'000. Bei Anbruch der Dämmerung kann man in gewissen Stadtvierteln ab und zu eine Geisha sehen wenn sie den Weg vom Taxi zu einem Teehaus zurücklegt, in dem sie dann ihre gutbetuchte Kundschaft unterhalten wird. Eine Gruppe wohlhabender Herren bezahlt bis zu € 2'500 pro Abend um in der Gesellschaft von zwei bis drei Geishas zu sein. Ohne speziell auf sie zu „lauern“ wie dies Horden anderer Touristen machten, begegneten wir fast 20 dieser Damen; vor allem in Kyoto, aber auch in Tokyo.

 

Der Besuch des gedeckten Marktes war, zwischen all den Tempeln, eine nette Abwechslung. Für unsere Augen wurde hier sehr viel Ungewöhnliches angeboten, darunter auch ein paar ganz spezielle Sashimi (Rohfisch) Kreationen. Weiter sahen wir viel in Essig eingemachtes in allen Farben und allerhand Frittiertes wie z.B. Tempura. Fast alles das hier angeboten wurde, war essfertig und brauchte nicht mehr gekocht zu werden. Es scheint so, dass sich die Japaner sehr gesund ernähren; wir haben fast nie dicke Leute gesehen. Ein weiterer Grund ist vermutlich auch, weil sie sich immer Zeit nehmen um zu essen und sich dafür setzen. Sie würden nie etwas hinunter mampfen, während sie durch die Strassen hetzen. Essen ist wohl ihre nächste grosse Leidenschaft, direkt hinter dem Arbeiten das wohl eher eine ‚Sucht’ ist.

 

Am 1. Mai 2007 schossen wir mit dem ‚Shinkansen Bullet Train’ zurück nach Tokyo. Für unsere verbleibenden 6 Tage hatten wir nun viel schöneres und wärmeres Wetter als bei unserer Ankunft. Jetzt waren wir in der Mitte der Ferienperiode der goldenen Woche, aber sowohl die Post, als auch alle Geschäfte und Restaurants waren nach wie vor 7 Tage geöffnet. Es fühlten sich auch immer noch viele Büroleute verpflichtet zur Arbeit zu gehen. Diejenigen die mit ihren Familien ausgingen, konnten sich aber nun etwas lockerer kleiden d.h. sie trugen etwa das, was Menschen in anderen Ländern zur Arbeit tragen würden…

 

Nur ein paar ausgeflippte junge Leute: vor allem Mädels, brechen aus und kleiden sich schrill. Sie sind unter dem Namen „Cos-Play-Zoku“ Kostüm-Spiel-Bande verschrien. Als erstes bleichen sie ihre Haare und tragen viel Make-up auf. Sie tragen was immer ihnen hilft sich von der Masse abzuheben. Viele dieser Jugendlichen werden in der Schule von den andern ausgegrenzt und so finden sie ein Ventil und Selbstverwirklichung in ihren temporären Wochenend-Idenditäten. Sie versammeln sich normalerweise am Sonntag im Meiji Park und in dieser Woche gab es auch viele Familien die herkamen um den Park zu geniessen. Die meisten brachten eine Matte mit um ins Gras zu sitzen und viele machten zusammen Spiele.

 

Es gab ein eingezäuntes Gebiet wo es den Hundebesitzern erlaubt war, ihren Liebling von der Leine zu lösen. Hier beobachteten wir mit Staunen, wie mindestens die Hälfte der Hunde T-Shirts trugen, vor allem die kleinen Rassen und einer musste sogar Windeln tragen. Anderen wiederum hatte man das Fell in alle möglichen Formen toupiert. Um ihren Lieblingen zu viel Bewegung zu ersparen, fuhren einige Hundenarren ihre Bonsai Tiere in speziellen Wägelchen Gassi – wie in Kinderwagen.

Später sahen wir Geschäfte die sich auf nichts anderen als „Hunde Kleidung“ spezialisierten. So gab es Mäntelchen und sonstige (Ver-) Kleidchen als Bienen, Erdbeeren oder Walt Disney Figuren.

In einer Gesellschaft die es unterdrückt, dass sich das Individuum selbst verwirklichen kann, ist es vermutlich nur normal, dass sich der Einzelne über sein Haustier zu verwirklichen sucht.

 

An einem unserer letzten Tage machten wir einen Ausflug zur Tokyo Bay, genauso wie viele Familien. Sie liebten es ihre Füsse ins Wasser zu stecken oder im Park zu grillieren. Wir genossen es einen langen Spaziergang entlang des grossen Parks zu machen von wo wir den Containerhafen und sehr viele ultra-moderne Gebäude sahen. Selbstverständlich gab es auch hier wieder Einkaufs- und Unterhaltungs-Zentren und wir sahen die Lösung für diejenigen Tokyoter die gerne in Europa heiraten würden, dafür aber schlichtweg keine Zeit haben: ein speziell gebautes „Heiratsdorf“ im europäischen Stil, komplett mit Kapelle und französischen Restaurants.

 

Später, als auch unsere Magen knurrten, landeten wir in einem Restaurant wo es zwar kein gedrucktes Menü gab, hingegen auf jedem Tisch ein Computer mit „touch screen“ stand. Mit diesem System landete unsere (englische) Bestellung direkt in der Küche und der Kellner musste das Gewünschte nur noch an den Tisch bringen und sich verbeugen: voilà!

 

Auch wenn es um die Preisgestaltung ging, war man in Japan sehr korrekt und es würde niemand daran denken z.B. alle Sandwichs zum Einheitspreis von ¥ 299 zu verkaufen. Ganz und gar nicht; je nach Füllung wird der Preis individuell berechnet und so kostet das eine Sandwich dann ¥ 298, ein anderes 301 und ein drittes 302.

 

Als es dann doch noch einmal regnete, fuhren wir in ein Shopping Zentrum und wegen der Feiertage machten es viele Leute genauso. Wir waren nicht mehr so erstaunt, dass es auch hier Verkehrsregler im schwarzen Anzug gab, die den Leuten z.T. mit Mega-Phones „halfen“ ihren Weg über mehrere Stockwerke von einer Rolltreppe zur nächsten zu finden. Solche Verkehrshelfer sah man sonst auch immer an belebten Fussgänger Übergängen, auf Bahnsteigen zu Zügen und U-Bahnen, an Bushaltestellen und ab und zu sogar vor Aufzügen. Wo auch immer eine japanische Herde hingeht, es ist immer jemand zur Stelle der ihr anzeigt wo es lang geht.

 

Natürlich gibt es auch Zeiten da Japaner ihre Privatsphäre brauchen. Sogar junge Paare zeigen in der Öffentlichkeit kaum Gefühle und wir haben deutlich mehr romantische Paare in den Parks von Malaysia gesehen, wo der Islam dominiert. Auf der andern Seite aber, gibt es in Japan unglaublich viele Stunden-Hotels. Diese sind oft sehr luxuriös gebaut und offerieren Themenzimmer, welche die meisten Phantasien für ein paar Stunden befriedigen sollten. Um die Anonymität der Kunden zu wahren, sind die Eingänge von aussen nicht einsehbar und zudem von den Ausgängen getrennt. Dort wo man von der Strasse auf die Parkplätze sehen kann, werden die Nummernschilder der Gastautos vom Hotel abgedeckt. Geld und Zimmerschlüssel werden durch eine schmale Öffnung ausgetauscht, ohne viel Kontakt zwischen der Rezeption und den Gästen.

Tabus in der Gesellschaft und ein auf’s Minimum reduziertes Familienleben führt zu neuen Geschäftszweigen und wir haben erfahren, dass alle japanischen Business-Hotelzimmer mit einem münzbetriebenen Sexkanal ausgestattet seien.

 

Irgendwie fühlt sich Japan wie ein westliches Land an, vor allem in Betracht auf Technologie, Effizienz, Sauberkeit, und dass man nie das Gefühl hat, dass es hier Korruption gibt. Kriminalität ist ebenfalls kaum ein Problem und alle Leute scheinen einander zu trauen.

Auf der anderen Seite ist es aber auch sehr offensichtlich, dass die Japaner nicht gelernt haben die Dinge um sie herum zu kritisieren oder in Frage zu stellen. Sogar die Medien, die theoretisch Pressefreiheit geniessen, sind irgendwie in dieses System integriert und üben eine Art Selbstzensur aus. In den beiden englisch-sprachigen Zeitungen die in unserer Herberge in Tokyo auflagen, erfuhr man zwar recht viel übers Weltgeschehen, aber über Japan selbst wurde wirklich fast gar nichts berichtet!

Wenn es ein heisses Inlandthema gibt, erwähnen es diese Zeitungen lieber überhaupt nicht, als dass sie kritisch darüber berichteten.

 

Die Welt, allen voran die USA, China und Korea kritisieren Japan oft dafür, dass es seine Gräueltaten vom letzten Krieg immer noch glorifiziert und es stimmt, dass öffentliche Plätze oder Einrichtungen auch heute noch Malereien und Schnitzereien ausstellen, welche vergangene Kriege verherrlichen.

Weil die Japaner nie gelernt haben Fragen zu stellen und zu kritisieren, mögen sie altmodisch erscheinen. Aus diesem Grund halten sie vielleicht viel länger an alten Einstellungen, Traditionen und Gewohnheiten fest, als westliche Gesellschaften, die darauf getrimmt wurden, sowohl ihre Vergangenheit, als auch ihre Zukunft in Frage zu stellen.

Im Westen wäre es sicher besser, wenn die einzelnen Individuen etwas weniger egoistisch wären und sich mehr für die Gesellschaft einsetzen würden. Das japanische Beispiel zeigt aber auch die Konsequenz auf, die sich ergeben, wenn der Druck der Gesellschaft alle „zwingt“ mit der Herde zu blöken. Jährlich nehmen sich über 30'000 Menschen das Leben, weil sie diesem Druck der Gesellschaft nicht mehr standhalten können. Darunter ein Drittel leitende Angestellte und Firmeninhaber die glauben am Job versagt zu haben. Dazu kommen jährlich schätzungsweise noch mindestens 10'000 Menschen die sich im wahrsten Sinne des Wortes „zu Tode arbeiten“ – das japanische Wort dafür ist Karoshi.

 

Ein weiteres Problem ist die steigende Zahl der Obdachlosen. Wir haben etwas über die Gründe erfahren, weshalb diese Leute obdachlos wurden und diese sind erstaunlich und frustrierend. Diese Leute haben sich freiwillig dafür entschieden so zu leben, da sie nicht mehr bereit sind mit den Zwängen und Ausgrenzungen in ihrem Umfeld zu leben. Ihr „Fehlverhalten“ war vielleicht nichts Schlimmeres als dass sie sich scheiden liessen oder dass sie nicht mehr bereit waren an den täglichen Sauforgien ihrer Arbeitskollegenteilzunehmen. Man hat sie deswegen so stark verstossen, dass sie es schlussendlich vorzogen, auszusteigen und in einer Kartonschachtel zu hausen. Sie müssen sich so viel besser fühlen, dass ihnen die Flucht vor der Gesellschaft gelungen ist, dass sie die Offerten der Regierung ihnen wieder eine Arbeit und eine Wohnung zu geben, schlichtweg ablehnen. Wir sahen sehr viele dieser Obdachlosen, aber nicht einer hat gebettelt! Allem Anschein nach haben sie andere Mittel zum Überleben gefunden. Nichts desto trotz kann man den Japaner in ihnen immer noch deutlich erkennen: wir hörten, dass auch sie ihre Schuhe am Abend im 90° Winkel ordentlich vor der Box ausrichten,  bevor sie sich darin schlafen legen.

 

Für uns war der Besuch Japans eine einzigartige Erfahrung! Die Sehenswürdigkeiten waren schon sehr faszinierend, aber das japanische Leben zu beobachten war der eigentliche Höhepunkt.

Es war viel einfacher mit den Leuten zu kommunizieren, als wir erwartet hatten. Da sie ja alles perfekt machen wollen, antworteten die meisten auf unsere Frage, ob sie Englisch sprechen mit „nein“. Wenn wir diese Antwort ignorierten und einfach weiter redeten, konnten uns die meisten trotzdem helfen. Wir trafen auch einige Japaner die gut Deutsch oder Französisch sprachen und am Fernsehen gab es sogar Spanisch Lektionen. Wenn jemand erst einmal unsere Frage verstanden hatte, fühlte er sich für uns verantwortlich. Wenn man uns (zwei) Mal versehentlich eine falsche Antwort gegeben hatte, folgte uns diese Person dann sicher auf die Strasse oder in den Zug, um uns die Antwort zu korrigieren die sie offensichtlich in der Zwischenzeit noch woanders nachgefragt hatte.

Japan war ein sehr einfaches und komfortables Land zum bereisen und zudem eines der interessantesten das wir je gesehen haben.

 

Am 7. Mai flogen wir von Tokyo nach Bangkok, wo wir einen Anschlussflug nach Koh Samui hatten und mit dem Boot gleich nach Koh Phangan weiterfuhren. Hier setzten wir zuerst diesen Reisebericht über Japan auf und genossen den schönen Strand in Haadrin, wo die Polizei dafür sorgt, dass die Touristen nicht von Strandhändlern belästigt werden, währenddem ‚Inter Pool’ fleissig mit dem Bau von weiteren Schwimmbädern beschäftigt ist.

 

Für ein letztes Mal kehrten wir noch zu unserer temporären Basis in Singapur zurück, bevor wir Mitte Juni mit Qatar Airways in die Schweiz flogen.

Da wir uns momentan dort nicht niederlassen wollen, hoffen wir auf einen guten Sommer mit perfekten Temperaturen (25-27°C) damit wir unsere Kleider (meist) nicht brauchen, wenn wir nach Frankreich und Spanien aufbrechen.

 

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Mehr über Singapur: Kapitel 13 (Hauptbericht), Kapitel 15 (Lichterfeste), Kapitel 17 (Thaipusam), Kapitel 34

Singapur: Abschied von einer besonderen Stadt

Am 10. Juli 2007 befanden wir uns in der Mitte unseres vorläufig letzten Besuchs in Singapur, während dieser Reise. Als wir genau vor einem Jahr in dieser multikulturellen Stadt ankamen, wussten wir noch nicht, dass Singapur der Ausgangspunkt für unsere weiteren Abenteuer werden sollte. Inzwischen hatten wir „Abstecher“ nach Thailand, Afrika, China und einen (FKK) Urlaub in Westaustralien gemacht, bevor wir nach Borneo und schlussendlich noch nach Japan aufbrachen.

 

Nun war dies bereits unser siebenter Aufenthalt in Singapur innerhalb eines Jahres. Nachdem wir diese Stadt verlassen, sind wir insgesamt zwei Monate hier gewesen. Wir mochten die bunte Atmosphäre in „Little India“,  wo sich unser Hotel Kerbau befand. Wir schlenderten immer Mal wieder gerne durch  „Chinatown“, oder durch das Malaysische Quartier „Kampung Glem“. Dann wieder durch die modernen Einkaufsstrassen, oder den traditionellen gedeckten Bugis Markt.

Wir genossen die super Auswahl an Speisen aus ganz Asien, eigentlich aus der ganzen Welt, welche wir in den vielen „food-courts“ und Restaurants geniessen durften. Wir liebten es, voll in die kulturelle Vielfalt Singapurs einzutauchen, uns unter die Einheimischen zu mischen und zu beobachten wie sie versuchten, das traditionelle Leben mit dem modernen zu vereinen.

 

Singapur ist auch ein extrem sicherer Ort. Erst nachdem wir vom südlichen Afrika zurückkehrten, schätzten wir es so richtig, wie sicher die Stadt ist. Nicht nur, dass man in Singapur zu jeder Tages- und Nachtzeit gefahrlos überall hingehen kann; in den „Food Courts“ beobachteten wir regelmässig, wie sich die Einheimischen einen Sitzplatz reservieren, indem sie ihr Portemonnaie  auf einem freien Platz an einem schon von anderen Gästen belegten langen Tisch deponieren. Danach bestellen sie sich an den verschiedenen Imbissbuden ihr Essen. Währendem die Speisen frisch zubereitet werden, holen sie jeweils die Geldbörse zum bezahlen, deponieren an deren Stelle aber sofort ihr Mobiltelefon um den Platz besetzt zu halten!

Mehrmals täglich liessen wir uns jeweils ein eisgekühltes Fruchtsaftgetränk frisch zubereiten und so hatten wir bestimmt kein Vitaminmanko, als wir Asien verliessen. Da die meisten Singapurianer ebenfalls dreimal täglich auswärts essen, fielen wir bei diesem „Hobby“ nicht als reiche Ausländer auf.

 

Im Gegensatz dazu, wie wir die Singapurianer  früher erlebt hatten, war es ein echter Aufsteller zu sehen, wie locker sie heute drauf sind und wie legèr sie sich nun kleiden. Heute ist in Singapur steife  Geschäftskleidung ‚out‘,  dagegen sind Birkenstock (Kopien), T-Shirt und Shorts ‚in‘. Dies sieht man in der ganzen Stadt, welche sich dadurch viel menschlicher anfühlt und welche uns nun noch sympathischer wurde.

 

In diesem faszinierenden Stadtstaat ist immer etwas los. Obwohl Singapur seine Festivals touristisch nicht stark vermarktet, sind Besucher immer herzlich willkommen. Während des Jahres als wir in Singapur „basiert“ waren, war uns oft das Glück beschert, dass wir zur rechten Zeit am rechten Ort waren. So konnten wir vier wichtige Festivals miterleben: Hari Raya Puasa, Deepavali, das Herbstmitte Fest und das beeindruckendste von allen: Thaipusam. Alle vier Feste waren sehr bereichernd und erweiterten unseren Horizont.

 

Singapurs Hauptattraktion war für uns eindeutig das Leben der einheimischen Bevölkerung in der Stadt. Wir versuchten schon gar nicht erst, die offiziellen Sehenswürdigkeiten wie die Insel Sentosa oder den Zoo zu besuchen, wie wir dies vor 20 Jahren machten. Wir empfanden es als viel lohnenswerter uns in den „Food Courts“, Märkten, Einkaufszentren oder auch nur auf der Strasse unter das Volk zu mischen. Sogar jetzt, wo wir innerhalb der letzten  12 Monate mehr als 60 Tage in dieser faszinierenden Stadt verbrachten, offenbarte sie uns immer noch jeden Tag ein weiteres verstecktes Kleinod. Uns blieb kaum Zeit, wenigstens noch ein paar Andenken zu kaufen,  bevor wir  nach 3 ½ Jahren Übersee wieder nach Europa zurückkehrten.

 

Natürlich freuten wir uns darauf, unsere Freunde und Verwandten wieder zu sehen, aber tief in unserem Herzen waren wir beide etwas traurig Singapur zu verlassen.  Diese Stadt war während den letzten 12 Monaten mehr als nur unser temporäres Zuhause geworden.

 

Abreise

 

Wie abgemacht, wurden wir am 14. Juli von der Nachtwache unseres Hotels in “Little India” pünktlich um 4 Uhr morgens geweckt.  Beim öffnen der Fensterläden bemerkte Brigitte, dass bereits ein Taxi vor dem Eingang wartete, obwohl wir es doch erst auf 4:30 Uhr bestellt hatten. Notgedrungen fühlten wir uns veranlasst etwas „Gas“ zu geben. Im Schnellzugstempo sprangen wir in unsere Kleider, packten unser Gepäck und rannten hinunter zur Rezeption. Nun fühlte sich der Taxifahrer gehetzt, da er bewusst früher erschienen war, um mit dem Rezeptionisten in aller Ruhe zu frühstücken. Wie auch immer, wir hatten eine günstige und schnelle Taxifahrt zum Flughafen Changi.

 

Als wir dort eintrafen, war es noch nicht einmal 5 Uhr morgens und zu unserer Überraschung blinkte unser Flug mit Qatar Airways auf der grossen Anzeigetafel mit der unmissverständlichen Information: „verspätet, voraussichtlicher Abflug: 5 Uhr Nachmittags“! Wir schauten uns an und dachte  beide dasselbe: Es wäre doch soo   viel schöner  gewesen, auszuschlafen, im Bugis Food-Court ein letztes Frühstück zu geniessen und danach nochmals in die Stadt einzutauchen, statt mitten in der Nacht vergebens zum Flughafen zu fahren.
Wir gingen auf jeden Fall erst einmal zum
check-in Schalter, um wenigstens unser Gepäck loszuwerden. Hier informierte uns eine Angestellte, dass unser Flugzeug wegen einer Panne in Jakarta stecken geblieben ist und dort auf ein Ersatzteil wartet. Man würde aber versuchen, uns noch diesen Morgen auf einen Flug mit „SQ“ umzubuchen (am besten spricht man den Namen eines Konkurrenten nie aus). Wir wurden gebeten auf den Bänken Platz zu nehmen und zu warten, bis man etwas für uns organisierte.

 

Etwa 1 ½ Stunden später wurden wir, zusammen mit sieben weiteren Passagieren, welche ebenfalls Zürich als Destination hatten, von einer Mitarbeiterin der Qatar zum Schalter von Singapore Airlines geführt. Hier kriegten wir ein Gruppen-Ticket für einen non-stop-Flug mit SQ (aha=Singapore Airline) nach London Heathrow und einen Anschlussflug mit Swiss-Airlines nach Zürich. Ein Passagier unserer Gruppe wurde als ‚Reiseführer‘ bestimmt, d.h. in London hatte er die Aufgabe, die ganze „Reise-Gruppe“ von 9 Passagieren für den Anschlussflug nach Zürich einzu-checken.

 

Der (unerwartete) Flug mit Singapore Airlines nach London war perfekt geeignet, um von unserem letzten temporären zu Hause Abschied zu nehmen, während dem wir in unser wirkliches Heimatland unterwegs waren. Da die Auslieferung des neuen A380 Super-Jumbos zwei Jahre verspätet erfolgte, setzte Singapore für diesen Flug eine etwas ältere B747 ein, der Service im Flugzeug war aber hervorragend. Wir waren überrascht, dass auf dem Flug Schweizer Joghurt serviert wurde und das im Sitz eingebaute „in-flight entertainment system“ offerierte sogar Filme in „Schwyzerdütsch“, komplettiert mit englischen Untertiteln! Dies fanden wir so ungewöhnlich, da sogar in der Schweiz die allermeisten Filme in Hochdeutsch (oder Englisch mit Untertiteln) vorgeführt werden. Das Speziellste das wir auf diesem Flug (und vorher noch nie) erlebten, war aber: Die Flugbegleiter nannten uns immer beim Namen, wenn sie uns etwas servierten. Dies war sicher eine nette Geste, wir denken aber, dass mit dieser „Spezialbehandlung“ nur diejenigen Passagiere verwöhnt wurden, welche von Qatar auf Singapore Airlines umgebucht wurden.

 

Nach einer sehr strengen Kontrolle im Flughafen London-Heathrow, bestiegen wir in der Gruppe die Maschine von Swiss. Spätestens als wir mit einem altbekannten “grüezi” begrüsst wurden, war uns bewusst, dass wir die lächelnden Gesichter Asiens definitiv hinter uns gelassen hatten. Dieser Flug war mehr oder weniger ein “business shuttle” von London nach Zürich, nur dass noch ein paar Touristen auf die freien Sitze platziert wurden. Nachdem wir erst vor fünf Wochen in Japan waren, machten die Anzüge der europäischen Geschäftsleute nicht mehr so einen steifen Eindruck auf uns wie früher.

 

Nicht ganz unerwartet bot Swiss nicht den gleich guten Service wie zuvor Singapore Airlines. Es ist offensichtlich, dass der Preisdruck in der Industrie auch Konsequenzen hat. Alle Fluggesellschaften mussten die Kosten senken und so wird heute vor allem auf Kurzstrecken nur noch ein limitierter Service geboten. Grundsätzlich erhält man, was man bezahlt und nur Fluggesellschaften aus Ländern mit billigen Arbeitskräften oder eigenen Ölvorkommen, können ihren Passagieren etwas mehr bieten.

 


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