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Reisetagebuch Kapitel 19 [Juni 2007 - Juli 2009] als PDF (Zurück in Europa: FKK, Natur & Kultur) Nach 3 ½ bereichernden Jahren in Übersee genossen wir Europas Offenheit und Kultur. Es ist schön, dass FKK hier für einen grossen Teil der Bevölkerung etwas Natürliches ist und die historischen Städte wirklich auch ein paar hundert Jahre auf dem Buckel haben. |
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Fotos: Schweiz, Deutschland |
Schweiz: kurze Rückkehr – vor dem nächsten Aufbruch
Am
Abend des 14. Juni 2007 so gegen neun Uhr, erreichten wir schlussendlich Zürich
mit nur einer Stunde Verspätung gegenüber unseres ursprünglich gebuchten (Rück-)Fluges
von Singapur via Qatar. Am Flughafen nahmen wir den Zug nach Affoltern, wo wir
durch ein aufkommendes Gewitter lautstark begrüsst wurden… oder waren es
Knallkörper, wie man sie in Asien zündet um wichtige Ereignisse zu feiern???
Für
uns hatte eine grossartige Reise dort geendet, wo sie vor 3½ Jahren angefangen
hat. Wir sind nun noch reicher an Erfahrungen und unsere Herzen sind voller
guter Erinnerungen.
Heinz’
Schwester Edith holte uns vom Bahnhof ab und brachte uns in ihr Haus nach
Merenschwand, wo ihr Partner Kari bereits auf uns wartete. Wir genossen nun die
Gastfreundschaft und den herzlichen Empfang der beiden. Nach diesen Jahren in
Übersee, war es auch schön Mal wieder zurück in der Schweiz zu sein - zumindest
für ein paar Monate.
Kaum
angekommen fühlten wir, was uns ein Singapurianer einmal beschrieben hatte:
„Etwas, das ich an der Schweiz besonders mag, ist
die erfrischend-prickelnde Luft“. Damals war uns nicht ganz klar gewesen, was
er damit meinte, aber nachdem wir nun direkt aus den Tropen kamen, war es
offensichtlich; das Atmen fühlt sich hier anders an!
Wir
sind uns beide einig: Jeder Teil unserer Reise war absolut lohnenswert und wir
haben nun für viele Orte welche wir besuchten ein anderes (hoffentlich
besseres) Verständnis. Viel Kontroverses, das wir inzwischen mit eigenen Augen gesehen und
erlebt haben, liess uns über manche Vorurteile und Clichés, welche die Leute so
gerne und vorschnell annehmen, anders denken. Oft entsprechen diese nicht, oder
nur teilweise der Wahrheit, genau so wie sie die Medien für uns Leser
aufbereiten. Uns wurde auch bewusst, dass die ‚freie‘ Presse in den westlichen
Staaten vor allem über Länder der zweiten und dritten Welt nicht immer die
ganze Wahrheit berichtet. Nur über diejenigen Fragmente über welche die Leser
(und Inserenten) etwas hören möchten wird geschrieben, die verschwiegenen 80%
würden aber oft manches in einem anderen Licht erscheinen lassen.
Wir
haben erlebt, dass Freiheiten und Einschränkungen welche für das Individuum
gelten, nicht immer von der Regierung, sondern oft auch von der Bevölkerung
selbst durch Tabus und sozialen Druck definiert werden. Wir besuchten absolut
demokratische Länder, wo sich der Grossteil der Bevölkerung deutlich weniger
Freiheiten nimmt, als die Einwohner in
einigen Diktaturen, wo die (in diesem Fall) vernünftigen Machthaber die
Lebensqualität und die individuellen Freiheiten für die meisten Einwohner in den letzten Jahren deutlich gesteigert
hatten.
Wir
denken immer noch, dass in Theorie, die Demokratie die beste Regierungsform
wäre, haben aber die Erfahrung gemacht, dass auf unserem Planeten leider viele,
leider zu viele Menschen dafür nicht reif sind (dies gilt ab und zu auch im
Westen). Demokratie lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen in Länder
ohne demokratische Traditionen exportieren, wie dies der Westen gerne so machen
würde. Demokratie heisst nicht nur, dass die Mehrheit der Minderheit ein
angemessenes Mitspracherecht einräumt, sondern auch, dass eine politische Niederlage akzeptiert werden muss! Dies muss
zuerst als ein Teil der Umgangskultur gelernt werden. Einmal hörten wir wie
sich die Einheimischen in einem sich transformierenden Land beklagten: „Gut,
die Regierung gibt uns nun mehr Freiheiten, aber wir haben ja gar nicht gelernt
damit umzugehen, momentan wollen wir eigentlich gar keine Freiheit, was wir wollen
ist Wohlstand!“
Es
war schön, unser Heimatland wieder zu entdecken und nachdem wir (hoffentlich
k)eine Spur um die Welt gegessen hatten, genossen wir es auch, wieder Schweizer
Spezialitäten zu kosten. Vor allem unser „Verzehr“ an Brot, gebackenen
Süssigkeiten, Joghurt, Schokolade und Wurstwaren stieg sprunghaft an.
Wir
wissen nicht warum, aber während unseren ersten paar Wochen in der Schweiz
waren wir noch überhaupt nicht motiviert, unsere Freunde zu besuchen. Wir
genossen es einfach, dass wir bei Edith & Kari in Merenschwand und später
bei Annemarie & Beat in Root wohnen durften und wieder einmal für eine
Weile im uns vertrauten kulturellen Umfeld zu sein. Ansonsten besuchten wir
erst nur unsere Eltern (was oft einer guten Mischung zwischen Komödie und
Tragödie gleichkam). Wir nahmen all die Dinge (nicht nur essbares) in uns auf,
welche wir vermisst hatten, da wir uns dafür entschieden hatten die Welt zu
bereisen (und hoffentlich zu verstehen). Wir brauchten aber auch noch etwas
Zeit, um das Erlebte zu verdauen.
Da
wir uns inzwischen dafür entschieden haben, für die nächsten paar Jahre in
Europa zu bleiben, wollten wir uns nach einem passenden Auto umsehen. Das war
aber nicht ganz so einfach, wie wir dies erwartet hatten. Zuverlässige und
preiswerte Gebrauchtwagen, wie wir sie in Kanada, Australien und Neuseeland gefunden
hatten, gibt es in der Schweiz nicht. Die meisten Schweizer glauben nicht, dass
alte Autos noch zuverlässig sein können. Hierzulande betrachten die meisten
ihren Neuwagen bereits nach ein paar Jahren als „alten Schrott“ und können es
sich leisten, ihn wieder gegen einen brandneuen Wagen einzutauschen.
Die
meisten Händler exportieren die etwas älteren Autos ins Ausland, da (fast) kein
Schweizer sie kaufen würde. Falls ausnahmsweise doch einmal ein 8-10 Jahre
altes Fahrzeug auf dem Markt ist, ist sein Preis normalerweise deutlich über
sFr. 10‘000 (€ 6‘666.-) angesetzt, da die Kosten zum ausbessern jeder auch noch
so kleinen Beule, die Generalüberholung und Garantieleistungen ebenfalls
gedeckt sein müssen.
Unter
diesen Umständen ist es preiswerter einen Neuwagen zu kaufen, falls man sich
entweder mit einem Kleinwagen, oder dann mit einem Mittelklassewagen ohne
Prestigewert zufrieden gibt. Nachdem wir recht lange ohne Erfolg nach einem
passenden Gebrauchtwagen Ausschau gehalten hatten, entschieden wir uns
schlussendlich für die zweite Variante. So kauften wir uns einen brandneuen Dacia Logan, eine Rumänische Marke, welche sich im Besitz von Renault befindet. Das
billigste Modell kostete nur sFr. 10‘600 (€ 7‘000.-). Da wir uns für einen verbrauchsarmen Dieselmotor, der mit 4,7 Litern
pro 100 km zufrieden ist entschieden, kostete unsere Version aber sFr. 5‘600
mehr. Wir rechneten uns aus, dass wir die Mehrkosten in drei Jahren amortisiert
haben sollten. Dieses Auto ist auch noch mit etwas zusätzlichem Luxus, wie etwa
einer Klimaanlage, ausgestattet und es bietet uns deutlich mehr Platz als unser
Twingo, welchen wir bis vor vier Jahren fuhren. Nun stehen uns sage und
schreibe 510 lt. Kofferraum für unser Reisegepäck zur Verfügung.
Am
11. Juli 2007 konnten wir unseren neuen vierrädrigen Wegbegleiter abholen.
Zuerst mussten wir uns erst Mal wieder daran gewöhnen, auf der rechten
Strassenseite zu fahren und nicht auf der „falschen“, wie in den meisten
Ländern, in denen wir während der letzten Jahre herumgereist waren.
Ausflug nach Thielle
Als
erstes hatten wir nun das Bedürfnis, hinaus aufs Land zu fahren. Drei Tage
später kombinierten wir dies mit einem Besuch im grössten FKK-Verein der
Schweiz, wo wir immer noch Mitglieder sind. Mit unserem neuen Wagen kamen wir
die ersten zwanzig Minuten sehr gut voran, aber dann…dann stockte es plötzlich
und schon steckten wir für über drei Stunden in einem Verkehrsstau! Erst jetzt
wurde uns bewusst, dass der Verkehrsfunk eigentlich einen grösseren Nutzwert
besitzt, auch wenn er sicher nicht ganz so unterhaltsam ist, wie unsere
Lieblingslieder die wir nun ‚ganz modern‘ ab einem Memostick im Autoradio hören
konnten! Da ärgerten wir uns erst Mal, aber danach genossen wir dann die Fahrt
durchs wunderschöne Emmental.
Wegen
dem Verkehrsstau und unserem ausgiebigen „Sight seeing“, erreichten wir das FKK
Gelände „DIE NEUE ZEIT“ in Thielle erst, kurz nachdem
die Rezeption schon geschlossen war. Wir hatten aber viel Glück und die
Angestellten, welche sich gerade auf den Heimweg machen wollten, hatten Erbarmen
mit uns und öffneten die Rezeption nochmals.
Das Gelände der ONS (Organisation Naturiste Suisse) in Thielle hält immer noch
strikt an seinen alten Traditionen fest. Die Vereinsphilosophie aus der
Gründerzeit wird hier immer noch gelebt. Es gilt die Devise: KEIN Alkohol KEIN
Nikotin und KEIN Fleisch!
Vor
unserem Besuch im Juli 2007 waren wir für acht Jahre nicht mehr dort gewesen,
aber wir waren sofort wieder von diesem Gelände begeistert. Es herrscht eine viel
natürlichere Atmosphäre, als in den meisten Naturisten-Klubs, welche wir
ausserhalb Europas besucht hatten. An diesem sonnigen Wochenende tauchten mit
uns mehrere hundert, wenn nicht sogar 1‘000 andere Naturisten in das spezielle
Ambiente ein, darunter sehr viele Familien mit Kindern. Sie genossen die Sonne,
machten Spaziergänge im Gelände, schwammen im seichten Wasser des Neuenburgersees
oder spielten Boules, Volleyball, Badminton oder einen anderen Sport.
Einige
Klubmitglieder und Besucher unterhielten sich im exzellenten „drogenfreien“ und
vegetarischen Restaurant “Café des Philosophes”. Man kann an einer Vielzahl vom Klub
organisierten Vorlesungen teilnehmen. Die meist etwas alternativen Themen sind
sehr vielfältig, so z.B. über: Wiedergeburt, Spiritualität oder alternativen
Lebensstil und vieles mehr. Am Abend versammeln sich viele dann in der sehr
beliebten Sauna, wo oft ernsthafte Diskussionen über die besuchten Vorträge
geführt werden und dabei versucht jeder die Welt zu verbessern.
Normalerweise
sind wir nicht begeistert von Vorschriften und Regeln, aber die alternative
Atmosphäre, welche durch die kleinen Einschränkungen hier verursacht wird, zieht
uns magisch an. Sie gefällt uns so viel besser als die in Übersee oft
angetroffene „Kultur“ des rumalberns während der Apérostunden, genannt „sun downer“,
bei denen das Gequatsche von Runde zu Runde mit steigendem Alkoholpegel immer doofer
wurde.
Nach
einem sehr entspannenden Wochenende in Thielle fuhren wir zurück in die
Zentralschweiz. Wir entschieden uns für eine langsamere, aber interessante Route, welche etwa 150 km lang war. So fuhren
wir zuerst nach Fribourg und dann via Schwarzenburg und Riggisberg an die
Gestade des Thunersees. Nachdem wir den Brünigpass überquert hatten, war es
bereits abends um zehn. Da wir ja jetzt Verkehrsfunk hörten, kriegten wir mit,
dass um Luzern, eine halbe Stunde weiter, ein Verkehrsstau wartete und diesmal
wollten wir uns die Ankündigung zu Nutze machen und lieber beim Essen abwarten.
So entschieden wir uns in einem kleinen Restaurant in Lungern das Abendessen
einzunehmen. Und tatsächlich; danach schafften wir es ohne Stau zu Edith &
Kari nach Hause.
Nun
war es aber wirklich an der Zeit, all unsere Freunde wieder zu sehen. Wir
mussten aber sicherstellen, dass uns dazwischen immer noch genügend Zeit bleibt
um gut durchzuatmen, da uns einige von dramatischen Veränderungen in ihrem
Leben erzählten, welche wir erst verdauen mussten.
Für
drei Tage besuchten wir Andrea und Peter, ein interessantes Paar welches wir
erst im vorigen Februar in Borneo kennengelernt hatten. Die beiden waren auch
jahrelang als Globetrotter unterwegs (Andrea arbeitet zudem für das
gleichnamige Reisebüro) und so hatten wir viele Geschichten auszutauschen.
Ausflug ins Dreiländereck
Am 2.
August machten wir einen Ausflug nach Süddeutschland ins FKK Dreiländereck, welches in der Nähe der Französischen und der
Schweizer Grenze liegt. Unser ursprünglicher Plan war, dort für etwa fünf Tage
zu campieren, das Gelände zu geniessen und zudem ein paar Freunde, welche wir
vom früheren Überwintern im Costa-Natura her kennen, zu besuchen. Da wir aber
alle für 4 ½ Jahre nicht mehr gesehen hatten, beschlossen vor allem Christiane
& Klaus, aber auch Bruni & Erhard, uns zu organisieren. So verblieb uns
nicht viel Zeit, das wirklich wunderschöne FKK Gelände auszukosten. Als erstes
organisierte Christiane für uns, dass wir im Haus ihrer Freunde Moni&Rolf übernachten
konnten. Natürlich genossen wir diesen Luxus mehr, als zu campieren.
Klaus
(er ist ein Berliner), ein pensionierter Koch, bewies täglich seine Kochkünste.
Was er bescheiden „nur ein ganz normales Frühstück“ nennt, ist vermutlich eine
Kombination von allem, was Berlins drei beste Hotel-Adressen auf ihren
Frühstücks-Buffets servieren. Obwohl wir 5 Tage blieben, schafften wir es beim
besten Willen nicht, uns durch alles durchzukosten.
Auch Gisela & Klaus aus Friesland, sowie Agie & Jürgen, waren zur
selben Zeit zu Besuch auf dem Gelände, nur dass sie ein paar Tage vor uns
ankamen und abreisten. Zur Überraschung aller, verpflegten Christiane &
Klaus die grosse Bande von bis zu zehn Personen für volle acht Tage.
Dazwischen
wurden wir noch von Bruni & Erhard verköstigt und von Doris in einen
typischen deutschen Straussi, einen Landgasthof eingeladen. An gewissen Abenden
hätten wir mehrere Einladungen zum Abendessen gehabt, unser einziges Problem
war, zwischen so vielen guten Möglichkeiten auszuwählen…
Schlussendlich
trafen wir während unseren fünf Tagen zwanzig Bekannte, welche wir vom
Costa-Natura her kennen. Viele von ihnen leben nun während des Sommers
permanent in Chalets auf diesem FKK Camping. Andere wiederum leben in der
näheren Umgebung und wurden speziell zu unseren Ehren auf das Gelände
organisiert. Zudem wurde für uns und die anderen Besucher, ein Ausflugsprogramm
zusammengestellt.
In
einer recht grossen Gruppe machten wir einen wunderschönen Ausflug ins Naturschutzgebiet Taubergiessen bei Rust. Dort unternahmen
wir eine Flussbootfahrt auf dem Inneren Rhein, einem malerischen Gewässer über
das wir genüsslich und langsam hinweg glitten, ganz ohne Motor. Anschliessend besuchten wir die nahegelegene Stadt
Staufen, wo wir von Thomas, einem Musiker, unterhalten wurden.
Dazwischen
blieben uns immer noch ein paar Stunden, um die Annehmlichkeiten des FKK
Dreiländereck zu geniessen. Das Schwimmbad ist eigentlich ein grosser,
künstlich angelegter Teich, welcher gut zwischen die Sauna und die grosse Liegewiese
eingepasst wurde. Dieser Ferien Campingplatz, welcher von einer Pächter-Familie
geführt wird, aber der Gemeinde gehört, macht einen sehr natürlichen Eindruck
und zieht viele junge Familien an. Hier zahlt eine Familie mit zwei Kindern sogar
etwas weniger als ein kinderloses Paar, aber etwas mehr als eine Einzelperson. Dies
hilft sicher die FKK Idee für die jüngere Generation attraktiv zu halten.
Zurück in die Schweiz
Nach
fünf sonnigen und sehr warmen Tagen in Süddeutschland, verliessen wir das
FKK-Dreiländereck und unsere Freunde gerade als die ersten Regentropfen fielen.
Wir fuhren zurück in die Schweiz, um wieder bei unseren Freunden Annemarie und
Beat in Root zu wohnen. Bald wurde uns bewusst, dass wir gerade noch
rechtzeitig angekommen sind. Starke Regenfälle schütteten sich über ganz
Zentraleuropa aus. Noch am selben Abend läutete ein Nachbar beim Haus unserer Freunde.
Er bat uns, ihm und einem Mitglied der Feuerwehr zu helfen einen Schutzwall zu
bauen. Dieser sollte den schnell anschwellenden Flusslauf, welcher
normalerweise nur ein Bächlein ist, davon abhalten, die Garagen zu überfluten.
Zum
Glück konnten wir uns, nachdem der Bach unter Kontrolle gebracht war, in
Annemarie und Beat‘s „in-house“ Sauna aufwärmen.
Wir
besuchten nochmals ein paar Freunde, bevor wir wieder zu Edith & Kari
zurückkehrten. Da wir Edith dabei unterstützen wollten, ihrer und Heinz’ Mutter
bei der bevorstehenden Hüftoperation unter die Arme zu greifen, entschieden wir
uns, bis Ende August 07 zu bleiben. Wir nutzten diese zusätzliche Zeit auch, um
noch etwas mehr von unserem Heimatland zu geniessen. Unter anderem machten wir
einen Tagesausflug, welcher uns durch das Urnertal und danach über den
Oberalppass in den Kanton Graubünden führte. Über den Lukmanierpass erreichten
wir den Kanton Tessin, im italienischen Teil der Schweiz. Während sich Brigitte
die Architektur der traditionellen Dörfer entlang unseres Weges genauer ansah,
war Heinz mehr an der Konstruktion des neuen Gotthard Basis-Tunnels interessiert.
Mit 57 km wird dieser Eisenbahntunnel bei seiner Eröffnung etwa im Jahr
2017 der längste der Welt werden.
Wir möchten uns an dieser Stelle auch bei all denjenigen entschuldigen, bei denen
wir uns nicht gemeldet haben. Auf der einen Seite hatten wir Lust, möglichst
viele von euch wiederzusehen, auf der anderen Seite brauchten wir aber auch
noch Zeit das Erlebte zu verdauen. Zudem wollten wir in den Süden Europas
losfahren, bevor es uns hier zu kalt wurde.
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FKK Herbst in Frankreich: Belebt und beliebt
Nach
2 ½ genussreichen Monaten in unserem Heimatland verabschiedeten wir uns am 1.
September 2007 von Edith & Kari und fuhren Richtung Frankreich. Da es nun relativ kühl war, liessen wir unseren
ursprünglichen Plan, nochmals das FKK Vereinsgelände in Thielle zu besuchen,
fallen. Wir entschieden uns anstelle direkt ins „Domaine de la Sablière“, in
der Nähe der Ardèche Schlucht zu fahren. Da dies eine 700 km lange Fahrt mit
vielen Ausflugsmöglichkeiten dazwischen ist, teilten wir die Anreise über drei
Tage auf. Am ersten Tag wollten wir noch etwas von der Schweiz geniessen und
wählten den Weg über das landschaftlich sehr schöne Berner Oberland. Von dort
aus fuhren wir über den Jaunpass nach Bulle im französischen Teil der Schweiz
und nahmen danach die Autobahn bis zur Grenze in Genf.
Unsere
erste Übernachtung war in Annecy, nur 34 km nach der
Grenzüberquerung. Wie oft am Wochenende, waren die meisten Budget-Hotels leider
schon belegt. Es kostete uns zwei Stunden und viel Nerven, um ein günstiges Zimmer
zu finden. Es hat sich aber wirklich gelohnt diese charmante Stadt, welche an
den Ufern des gleichnamigen Flusses erbaut wurde, wieder einmal zu besuchen.
Obwohl es etwas spät wurde, kriegten wir in der Altstadt noch ein
hervorragendes französisches Abendessen. Danach und auch am nächsten Morgen,
schlenderten wir durch die Altstadt am Thiou Kanal, die einen besonderes
malerischen Charakter hat und auch der Markt am Sonntagmorgen ist immer ein
Besuch wert.
Am Nachmittag fuhren wir dann auf der Autobahn nach
Chambéry, von wo aus wir unsere Fahrt auf der Lokalstrasse durch das Vecors
Gebirge fortsetzten. Ganz überrascht bemerkten wir, dass in Frankreich nun die Geschwindigkeit
für die meisten Ortsdurchfahrten auf 30 km/h beschränkt ist.
Spektakuläre Landschaften und die charmanten Dörfer
entlang unseres Weges, machten unsere Fahrt sehr abwechslungsreich. Via Voiron,
Romans und Tournon sur Rhône erreichten wir Aubenas, wo wir ein weiteres Mal übernachteten.
Anders als bei einem früheren Besuch in Aubenas, wirkte die Kleinstadt am Sonntagabend
richtig tot. Der Manager unseres Billighotels riet uns, für das Abendessen 10
km nach Vals-le-Bain zurück zu fahren. Da es sich um einen Thermalkurort
handle, seien die Restaurants dort, im Gegensatz zu hier, bestimmt auch am Sonntagabend
geöffnet, damit die vielen Kurgäste (und wir) nicht verhungern müssten. Tatsächlich
fanden wir dort eine gute Auswahl an Speiselokalen, wo wir unsere kulinarischen
Wünsche befriedigen konnten.
Am nächsten Tag besuchten wir das kleine Dorf Lanas.
Nach alter Tradition sind hier noch die meisten Häuser aus gemeisselten
Natursteinen gebaut. Über eine enge Landstrasse fuhren wir danach via Vallon Pont
d’Arc nach Barjac.
Domaine de la Sablière
Bereits am frühen
Nachmittag erreichten wir “la Domaine de la
Sablière”, eine naturbelassene, aber komfortable FKK Ferienanlage in einer
dünnbesiedelten Gegend nah der Ardèche Schlucht. Das Gelände befindet sich in
einem beeindruckenden Tal an den Ufern des Flüsschens Cèze. Wir waren
inzwischen schon gut zehnmal hier gewesen, aber dies war unser erster Besuch im
Herbst. Nun herrschte eine ganz andere Atmosphäre, als im Frühling und
Frühsommer.
Wir entschieden uns für ein einfaches „Bambi“-Mobilheim mit Küche, aber ohne
Bad. Als erstes ist uns aufgefallen, dass die Campingzonen ‚Mesange+Fauvette‘
ganz unten am Fluss, so gut wie leer waren, während- dem die Zone ‚Pinson‘, die
höher am Hang liegt, fast voll belegt war. Eigentlich gar nicht so erstaunlich,
denn anfangs September wird es schon recht spät, bis die Sonne den Talboden
erreicht. Weiter haben wir bemerkt, dass es um diese Jahreszeit ausgesprochen
ruhig zugeht, obwohl die Anlage sehr gut belegt ist. September ist einer der
wenigen Sommermonate, in dem (fast) keinem europäischen Land mehr Schulferien hat.
So sahen wir dieses Mal im Sablière fast nur Paare, aber kaum Kinder.
Nach drei Tagen war, zumindest für uns, die
gespenstige Ruhe vorbei. Unsere Freunde Moni & Bruno trafen ein. Die beiden
haben sich ineinander verliebt als wir l994 zu viert das erste Mal das Domaine
de la Sablière besuchten. Später haben Moni & Bruno in Sydney geheiratet!
Wie auch schon, genossen wir das sonnige und warme Wetter. Mit einer so
beeindruckenden Landschaft im Hintergrund, war für uns die Nacktheit ganz natürlich das passendste „Kleid“ in dem
das Schwimmen im Fluss, das Spazieren zwischen den Bäumen und das Sonnenbaden
noch mehr Spass macht. Auf halbem Weg zwischen dem Flüsschen und unseren Unterkünften,
sprangen wir auf dem Rückweg oft noch ins Schwimmbad oder besuchten die Sauna.
Vom
Wetter, sowie der ruhigen Atmosphäre her, ist der Herbst sicher eine gute Zeit,
dieses sehr natürliche FKK Gelände zu besuchen. Auf der anderen Seite spürten
wir aber, dass sich alles, sowohl in der Anlage als auch in den (Touristen-)
Geschäften der Umgebung, auf den verdienten „Winterschlaf“ vorbereitete.
Die sonst sehr gute Auswahl im Lebensmittelgeschäft des Sablière wurde jeden
Tag bescheidener und einige unserer Lieblingslokale in der Umgebung hatten auch
schon bis zur nächsten Saison geschlossen. Was für ein Unterschied zum
Frühling, wo alles frisch wiedereröffnet wird und die Auswahl von Tag zu Tag
grösser wird.
Selbstverständlich
erkundeten wir wieder die verschiedenen Restaurants der Region, wo wir noch ein
paar weitere Höhepunkte der französischen Küche geniessen konnten. Wir
besuchten nochmals die Ardèche Schlucht, sowie einige kleine bezaubernde Dörfer
wie Barjac, Vallon Pont d’Arc, Ruoms oder la Bastide du
Virac.
Nach
zwölf bereichernden Tagen verabschiedeten wir uns von Moni & Bruno. Sie blieben
noch drei weitere Tage, bevor sie zurück in die Schweiz fuhren, um „im Stollen“
ihren Pflichten nachzugehen.
Bélézy en Provence
Wir
wechselten nur auf die andere Seite der Rhône, wo wir ein weiteres FKK Gelände
besuchten: „Domaine de Bélézy“. Als wir am 15. August um 16
Uhr dort ankamen, mussten wir uns am Empfang in die stattliche Warteschlange
der Neuankömmlinge einreihen. Die bedauernswerte Rezeptionistin erzählte uns,
dass es schon den ganzen Tag so zu und her gehe, seit sie um 8h morgens öffnete.
Sie war den ganzen Tag auf sich selbst gestellt, ganz im Gegensatz zur letzten
Woche, wo der Empfang dauernd mit 2-3 Mitarbeiter/Innen besetzt war, aber weit
und breit keine neuen Gäste zu sehen waren.
Natürlich
gab es einen Grund für diesen plötzlichen Massenansturm: Genau heute fielen die
Preise auf das tiefste Niveau der Saison und wir waren bei weitem nicht die
Einzigen, welche davon wussten. Trotz diesem unerwarteten Massenauflauf konnten
wir immer noch unter mehreren verschiedenen Mobil-Heim-Typen auswählen, da die
meisten anderen Gäste einen Wohnwagen im Schlepptau mitführten.
Auch
das Bélézy fühlte sich nun im Herbst ganz anders an, als im Frühling. Die
vielen Liegestühle rund um das grosse Schwimmbecken hatten nun schon fast eine
Belegung wie der Strand in Rimini, nur dass hier Totenstille herrschte! Hunderte
von Menschen, vor allem Pensionäre, waren am Sonnenbaden und lesen. Niemand
sprach mehr als ein leises Wort; alle schienen es zu geniessen, dass die Kinder
um diese Jahreszeit zur Schule müssen. Diese Stille war uns schon fast
unheimlich, wir hatten den Eindruck, dass sogar das Umblättern einer Zeitung die
Anwesenden stören könnte.
Die
Atmosphäre war mit derjenigen im April, als wir das letzte Mal hier waren,
nicht zu vergleichen. Damals herrschte überall hektisches Treiben, nicht nur
Kinder und Jugendliche, sondern auch die Erwachsenen betätigten sich aktiv auf
den verschiedenen Sportplätzen. Gemeinsame Grillabende wurden organisiert um
die Gäste zusammenzubringen, sodass sie während des restlichen Urlaubs
gemeinsam etwas unternehmen konnten.
Wir kriegten den Eindruck, dass das Bélézy Management vielleicht ganz bewusst
versucht von Saison-Anfang bis Mitte September für Familien, sowie für
diejenigen Gäste, welche gerne aktiv sind und in Gesellschaft anderer etwas
unternehmen, optimale Bedingungen zu bieten. Die restliche Zeit bis zum
Saisonende ist dann für diejenigen Gäste „optimiert“, welche schon die paar
Kinder, die an den Wochenenden kommen, als störend empfinden. Deshalb wurden
wohl Mitte September weder Animationen noch Grillabende organisiert. Wir wissen
von Bekannten, dass hier noch Anfangs September eine sehr lebendige Atmosphäre geherrscht
hat.
Das
Restaurant im Bélézy servierte immer noch hervorragende Mahlzeiten zu einem
sehr konkurrenzfähigen Preis. Im Lebensmittelgeschäft, welches nach unserer
ersten Woche Saisonschluss hatte, waren viele Artikel zu einem reduzierten
Preis erhältlich, es wurden aber bis zum letzten Tag immer wieder frische
Früchte angeliefert. Frisches Brot war aber am Empfang erhältlich, nachdem der
Laden ein paar Wochen vor Saisonende
geschlossen wurde (… vermutlich weil so viele „Campeure“ im Wohnmobil das halbe
Aldi & Lidl Sortiment von zu Hause mitbringen).
Auch ausserhalb des Bélézy-Geländes ist einkaufen und essen gehen sehr einfach.
Die Ortschaft Bedoin erreicht man in einem angenehmen,
zwanzig minütigen Spaziergang. Hier gibt es einen hervorragenden Shopi
Supermarkt, sowie mehrere gute Restaurants. Der Markt, welcher jeden
Montagmorgen stattfindet, ist ein wahres Fest für die Augen und den Gaumen. Wir
besuchten auch einige schöne provenzalische Dörfer in der Umgebung. In vielen
fanden wir wahre Gourmet-Tempel und eine sehr spezielle Umgebung auf der
Anfahrt.
Nach zehn sehr sonnigen und milden Tagen verabschiedeten wir uns am 25.
September 2007 vom Bélézy.
Village Naturiste Port Leucate am Mittelmeer
An diesem
windigen Tag erreichten wir schon nach ein paar (vor allem) Autobahnstunden Port Leucate. Der Dieselverbrauch unseres Wagens stieg um über 10%
an, da zuerst der Mistral an unserem Auto rüttelte, nur um auf der zweiten Hälfte
vom Tramontagne abgelöst zu werden von denen offensichtlich keiner von hinten
blies.
Es
war zwar sehr sonnig als wir die Rezeption Oasis der “Village Naturiste Port Leucate” erreichten, aber der Wind blies enorm stark. Die sehr
freundlichen Angestellten der Rezeption übergaben uns die Schlüssel zu einem
sehr schönen und gut ausgestatteten Reihenhaus. Es befand sich direkt am Étang
(Binnenmeer), weniger als 100 Meter vom Meeresstrand entfernt. Dieses Haus war
für uns der perfekte Ort um die nächsten sechs Wochen zu verbringen.
Die Feriensiedlung hat sich seit unserem letzten Besuch im Jahr 2004 stark gewandelt.
Der neue Teil “Les Jardins de Vénus”, welcher 50 neue Reiheneinfamilienhäuser
und 24 neue Wohnungen umfasst, war in der Zwischenzeit fertiggestellt. Die
verschiedenen Naturisten-Anlagen offerieren nun insgesamt etwa 1500
Ferienwohnungen und Ferienhäuser, wobei einige genug Platz bieten, um dauerhaft
im Aphrodite/Oasis zu wohnen.
Die meisten Wohnungen werden über spezialisierte FKK-Grundstücksmakler
angeboten. Ganz im Gegensatz zu den (englisch beeinflussten) Überseegebieten,
welche wir in den letzten Jahren besuchten, werden hier einige FKK-Ferienwohnungen
auch in den umliegenden Dörfern und Städten über weltweit vertretene Agenturen
wie Remax oder Century 21 vermittelt. Hier befinden wir uns nun wieder im
liberalen Europa; in den Filialen in Nordamerika oder Down Under würde das
Personal schon beim Gedanken eine FKK-Wohnung zu vermarkten entweder erröten
oder in Verlegenheit geraten.
Die meisten (Laden)Geschäfte und Restaurants im danebenliegenden „Aphrodite
village“ „feierten“ dieses Jahr etwas früher als sonst Saisonende, nur die sehr
gute Bäckerei und das Fischrestaurant hatten glücklicherweise noch geöffnet.
Wir wissen nicht ob dies daran lag, dass die Betreiber der Geschäfte im Herbst
nicht mehr genügend Umsatz erwarteten, oder einfach weil der ausserordentlich
oft und ausserordentlich stark blasende Wind schon zu viele der potentiellen
Kunden im wahrsten Sinne des Wortes „weggeweht“ hat.
Während
unseren vorgängigen Herbst-Aufenthalten im Aphrodite/Oasis war der nervende Tramontagne immer viel gnädiger zu
uns gewesen, aber dieses Mal blies er öfter und stärker als wir ihn je erlebt
hatten.
Glücklicherweise
machte der „Tramontagne“ gerade Ferien, als Heinz’ Schwester Edith und ihr
Partner Kari zwischen dem 7. und 20. Oktober zu uns in die Ferien kamen. In der Ferien-Siedlung war es nun angenehm ruhig, aber noch
nicht ausgestorben. Nun konnten
wir den in der Zwischenzeit fast leergefegten und sehr ruhigen Strand täglich
geniessen. Bei lauen Herbstbriesen genossen wir unsere Spaziergänge im Tenü
Splitternackt entlang des etwa 1.5 km langen Strandes oder des Étangs im hinteren Teil der Naturisten-Ferienanlage.
Die
äusserst preiswerten urigen kleinen „Probierstuben“ der vielen Austernzüchter
direkt neben den FKK Siedlungen hatten
glücklicherweise im Spätherbst noch geöffnet. Was dort für ein paar Euro frisch
vom Produzenten als „dégustation de coquillages“ angeboten wird, ist ein
kleines Fest für jeden Meerfrüchte-Liebhaber.
Die meisten Ferienanlagen um Leucate & Les Barcarès waren aber im wahrsten
Sinne des Wortes bereits bis zum Frühling geschlossen. Die vielen
„Touristenfallen“ versuchen erst gar nicht mehr zuzuschnappen, nachdem die
Massen abgereist sind. Sogar einige Geldautomaten wurden mit einem
Vorhängeschloss versehen und bis zur nächsten Sommersaison gut sichtbar ausser
Betrieb gesetzt!
Glücklicherweise sind aber die bestbewerteten Gourmet-Lokale nicht nur für
Touristen und deshalb das ganze Jahr über geöffnet. So konnten wir alle vier
einige der kulinarischen Höhepunkte Frankreichs intensiv geniessen.
Natürlich
machten wir auch ein paar Ausflüge in der Region. Einer der Höhepunkte war
sicherlich die bezaubernde Stadt Carcassonne, welche zum Weltkulturerbe
gehört. Die sehr beeindruckende Festung um die Altstadt umfasst zwei komplette
Ringmauern mit insgesamt 53 Wachtürmen. Die meisten der engen Gässchen und
Strassen innerhalb der Befestigungsmauern sind immer noch in Kopfsteinpflaster
gehalten. Die Gebäude sind alle sehr schön restauriert, wenn auch etwas
touristisch. Unser Spaziergang durch die “cité” am Fluss Aude war aber absolut lohnenswert.
Weitere
sehenswerte Städte, welche wir besuchten, waren Perpignan und Narbonne. Die Kathedrale Saint-Just,
welche im Jahr 1272 fertiggestellt wurde, ist sicherlich der touristische
Höhepunkt von Narbonne.
Ein
ander Mal machten wir einen Abstecher nach Guissan, über sehr schmale Strassen.
Dabei sahen wir Salzfelder und Flamingos, welche in dieser Gegend häufig
anzutreffen sind.
Wir
alle genossen anschliessend das Essen in einem mit Gault Millau Punkten gut
bewerteten Restaurant, nur Brigitte war (etwas) enttäuscht. Sie war (nicht nur)
etwas aufgebracht darüber, dass dieser Gourmet Tempel ihre Knoblauch-Mayonnaise
in einem Aschenbecher servierte! Nur ein paar Wochen später, als wir nach
Spanien weiterfuhren, begegneten wir „diesem
gelben Aschenbecher“ immer wieder. Dort wird er vor allem dazu verwendet,
um Ali-Oli (Knoblauch-Mayonnaise) anzurichten!
Bei
einem weiteren kurzweiligen Ausflug folgten wir der Küstenstrasse nach Collioure und südwärts weiter nach Spanien. Der erste Teil, welcher uns durch die
Touristenorte bzw. Städte Barcarès, Canet Plage und St.Cyprien Plage führte, war
nicht besonders interessant. Hier sind die Strassen mit Hotels,
Souvenirgeschäften und Restaurants zur Beherbergung, Unterhaltung und Fütterung
der sommerlichen Touristenmassen gesäumt.
Collioure
etwas weiter südlich, ist aber ein wirklich schönes und natürlich gewachsenes
Dorf am Mittelmeer. Nun folgten wir der faszinierenden Küstenstrasse, welche
uns nach Portabo führte, dem ersten spanischen Dorf nach der französischen
Grenze. Die spektakuläre Strasse führte uns weiter nach Llanca, wo wir die Küste verliessen und nach
Figueras, der Geburtsstadt Salvador Dalí‘s weiterfuhren. Von dort nahmen wir
die Autobahn zurück nach Port Leucate.
Am
19. Oktober 2007 mussten wir recht früh
aufstehen um Edith und Kari zum Bahnhof in Perpignan zu bringen. Erst dort
erfuhren wir, dass die französischen Eisenbahner wieder einmal ihrem Lieblingssport
Grève (Streik) huldigten. Diese Disziplin scheint „La
Grande Nation“ sehr gut zu beherrschen. Es gibt Schlimmeres. Kari‘s Lösungsvorschlag
war, so schnell wie möglich zum Strand beim Oasis zurückzukehren und es am
nächsten Morgen nochmals zu versuchen. Überraschenderweise ist seine Rechnung
sogar aufgegangen. Am nächsten Morgen ‚mussten‘
Edith & Kari abfahren, da es ihr Zug ebenso tat... Die beiden hatten sehr
viel (Un)Glück. Wir wissen von einem Streik der französischen Lehrerschaft vor
vier Jahren, der sechs Wochen dauerte…
Etwas hat sich in der Umgebung der FKK-Siedlungen in Port Leucate stark
verändert: Die vielen Wohnmobile, welche üblicherweise am gegenüberliegenden
Ufer des Étang vor Oasis illegal campierten, sind alle verschwunden. Jahrelang
versuchten die lokalen Behörden vergeblich, die stolzen Eigentümer der
Wohnmobile davon zu überzeugen, mit ihren nicht ganz so billigen Fahrzeugen doch
gefälligst auf einem Campingplatz zu übernachten. Nun ist man dazu
übergegangen, das Gesetz mit eiserner Faust durchzusetzen. So hat man nun
entlang der gesamten Küste um Port Leucate, wenn nicht sogar ganz Languedoc-Roussillon, die Einfahrten
zu sämtlichen Parkplätzen, welche für Wohnmobile eventuell zum Übernachten
geeignet sein könnten, mit einem zwei Meter hohen eisernen Metallrahmen
dekoriert. Damit sind nun alle Wohnmobil Besitzer bestraft, auch diejenigen,
welche ganz legal auf einem Campingplatz übernachten. Diese haben nun auch
nicht mehr die Möglichkeit ihr Fahrzeug tagsüber abzustellen, um den Strand zu
besuchen.
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Fotos: Anreise von F, Costa Almeria, Vera Playa, Frühlingsreise, Blumenbilder Publikationen |
Natsun in Vera Playa: FKK im Wandel der Jahreszeiten
Kurz vor unserer Abreise von
Frankreich nach Spanien besuchten uns Christiane & Klaus, welche wir vom Costa Natura
her kennen. Als wir ihnen erzählten, dass wir die FKK-Siedlung Natsun in Vera
Playa besuchen möchten, waren sie davon überzeugt, dass wir nach spätestens
zwei Tagen wieder abreisen würden, da sie dort auf der Durchreise vor fünf
Jahren nichts anderes als viele grosse Baustellen vorfanden. In uns weckte dies
aber die Hoffnung, dass wir dort unter vielen brandneuen und modernen
Unterkünften aussuchen könnten.
Am 6.
November 2007 verliessen wir Port Leucate um südwärts nach Spanien weiterzuziehen. Wir
entschieden uns für die Inlandstrecke, welche uns durch die Pyrenäen führte.
Kurz bevor wir Andorra erreichten, nahmen wir die Abzweigung nach La Seu d’Urgell,
von wo aus wir der gut ausgebauten Strasse Nr. C14 nach Lleida folgten. Nach
einer Übernachtung folgten wir der N211
und N420 durch das beeindruckende Ebro Delta mit dem gleichnamigen stahlblauen
Fluss. Kurz bevor wir Teruel erreichten, konnten wir noch ein paar sehr
beeindruckende Felsformationen bestaunen. Nun folgten wir der N330 weiter
südwärts. Das kleine Dorf Ayora war perfekt für unsere nächste Übernachtung. Am
nächsten Morgen ging’s via Lorca nach Aguilas, wo wir nun wieder zurück am
Mittelmeer waren. Nun waren es nur noch 40 Km entlang einer spektakulären
Küstenstrasse zur FKK Siedlung in Vera Playa, welche zwischen Garrucha und Villaricos an der Costa de Almeria in Andalusien gelegen ist, wo wir uns im Voraus eine Ferienwohnung für die nächsten fünf Wochen
organisiert hatten.
Ankunft in Natsun
Natsun’s Rezeption übergab uns die Schlüssel zu einem
sehr schönen und grossen Appartement. Von der noch grösseren Terrasse aus
genossen wir die Aussicht über das Schwimmbad und den Sandstrand. Bald machten wir uns daran, die
Umgebung zu erkunden und waren angenehm überrascht, hier so viele gute
Möglichkeiten zum spazieren zu finden.
Sogar jetzt Mitte November kamen noch recht viele Leute zum sonnenbaden an den
langen Sandstrand. Wir waren positiv überrascht, dass die meisten anderen
Sonnenanbeter Spanier waren, so fühlten wir uns nicht wie in einem von
Ausländern dominierten Ghetto. Etwa um
3Uhr nachmittags wurde es um diese Jahreszeit am Strand meistens zu kühl. So
zogen wir uns halt Kleider über und spazierten dann entweder entlang des
Strandes die 5 km bis Garrucha, schlenderten durch die FKK Zone oder machten
einen etwas grösseren „Marsch“ direkt im Hinterland von Vera Playa.
Natsun
in Vera Playa ist ein sehr spezieller Ort der viele Leute dazu verleitet, etwas
länger und öfters hier zu verweilen.
Auch uns erging es nicht anders. Noch bevor wir es so richtig bemerkt hatten,
wurden wir umherziehenden Entdeckergeister zu stationären Entdeckern. Jedesmal
wenn wir dieses Paradies wieder verlassen sollten, nützten wir das Privileg
unserer Freiheit und verlängerten unseren Aufenthalt. So wurden aus unseren
ursprünglich geplanten 5 Wochen schlussendlich über 50! Spontan gefiel es uns
hier so gut, dass wir unseren ursprünglichen Plan ins Costa Natura (wo wir
früher mehrmals überwinterten) weiterzufahren, einfach fallen liessen.
Die Atmosphäre von Vera Playa
Aber
was macht Vera Playa so speziell? Kurz gesagt: die Offenheit und Toleranz der
spanischen Gesellschaft.
Nachdem
Diktator Franco 1975 verstarb begannen die Spanier, im speziellen die jüngere
Generation, viele althergebrachte Tabus zu brechen und einige wurden kurze Zeit
später sogar als rechtlicher Anspruch in die Verfassung aufgenommen. Nacktheit
zum Beispiel ist seit 1978 nicht mehr strafbar, sondern ein von der Verfassung
garantiertes Recht. Wir haben zwar ausserhalb der FKK Zone und des Strandes nie
jemanden nackt gesehen, aber diese liberale Gesetzgebung bedeutet in der
Praxis, dass jedermann ein von der Verfassung garantiertes Recht hat, an
öffentlichen Orten (wie Stränden, Flüssen, Seen, offenen Feldern, Fusswegen,
Plätzen oder Parkanlagen)
nackt zu sein. Dies gilt aber nicht für öffentliche Orte im Privatbesitz
(wie Restaurants oder Geschäfte) da diese ihre eigenen Bestimmungen haben.
Aus
diesem Grunde sind die „FKK Siedlungen“
von Vera Playa ganz ohne Abtrennungen in die umliegenden „Textilen“
Siedlungen integriert. Die Hauptstrasse führt für etwa 1.5 Km entlang der FKK
Zone und nur die grösste Zufahrtsstrasse in die „Zone der Nackten“ ist mit
einem kleinen Schild „Zona Naturista“ markiert. Weder am Strand noch auf einer
der Strassen, welche von der nackten- in die prüde Zone führt, findet man irgend ein Schild das
darauf hinweisen würde, dass die FKK Zone hier endet (bzw. beginnt). Gleich
daneben befindet sich das Einkaufszentrum „Centro Hispania“, welches sowohl vom
Parkplatz als auch von der Dachterrasse aus einen guten Einblick in die FKK
Zone ermöglicht. Vor einigen Jahren erstellte die Gemeinde am Strand Barrieren
um die FKK- von der Textilzone zu trennen. Diese wurden aber bald wieder
entfernt, nachdem sowohl die FKK-ler als auch die Textilen dagegen
protestierten, indem sie demonstrativ in grossen Gruppen in die jeweils andere
Zone einmarschierten.
In
Vera Playa haben die Nackten und die Textilen miteinander offensichtlich kein
Problem. Im Strandabschnitt etwa 500 Meter nördlich und südlich von Natsun
sieht man fast nur Nackte, die nächsten 500 Meter sind gut durchgemischt und
danach nehmen langsam aber sicher die Badehosenträger überhand.
Strandspaziergänge sind sehr beliebt und niemand stört sich daran, dass
diejenigen welche Badekleidung tragen ein paar hundert Meter in die FKK Zone
hineinspazieren, genauso wie die Nackten ein paar hundert Meter in die Textil
Zone hineinlaufen. Dies ist hier absolut akzeptiert und niemand starrt die
anderen an, es ist für alle etwas vollkommen Normales. Natürlich sieht man in
der FKK Zone immer wieder Jugendliche welche Badekleidung tragen, andere
Teenager sonnen sich aber splitterfasernackt zwischen den Badehosenträgern
inmitten der Textilzone und auch hier wird Toleranz gross geschrieben: NIEMAND
starrt sie an und niemand ermahnt sie mehr oder weniger zu tragen.
Wir
denken, dass in Nordamerika oder Australien wohl die eine Hälfte der Textilen
die freizügigen Jugendlichen anstarren würde, während die andere Hälfte die
Polizei alarmieren würde!
Wir
denken, dass diese tolerante und natürliche Haltung dazu beiträgt, dass in Vera
Playa so auffallend viele alleinstehende Frauen jeden Alters ihre Hüllen fallen
lassen, um eins mit der Natur zu sein. Hier in Südspanien wird einem deutlich
vor Augen geführt, dass in einigen Viktorianisch (von Königin Viktoria)
beeinflussten Ländern die Gesellschaft selber ihre Perversen züchtet (um sie
später zu verurteilen). Spanner sind in Vera Playa eine grosse Ausnahme und
eher Immigranten vom gegenüberliegenden Ufer des Mittelmeers (oder aus
Grossbritannien) als Spanier.
Englische Invasion
Vera
und Garrucha sind natürlich
gewachsene traditionelle Spanische Dörfer. Die meisten Spanier träumen davon
eine Ferienwohnung zu kaufen, sofern sie nicht schon eine besitzen. In Vera
Playa sind die meisten Ferienwohnungen (Textil & FKK) im Besitz von Spaniern,
oft aus Madrid oder Barcelona. In starkem Kontrast dagegen sind aber einige der
nahegelegenen Dörfer wie Antas, Mojácar oder Turre „very, very
British“. In einigen dieser Dörfer ist sogar die Mehrheit der registrierten
Einwohner im Besitze eines Englischen Reisepasses. Diese Einwanderer werden
ergänzt durch Litauer, Rumänen, Franzosen, Niederländer, Deutsche,
Skandinavier, Ecuadorianer, Chinesen und sogar Inder. So wurden die Spanier in
diesen Ortschaften zu einer Minderheit im eigenen Land.
Aus diesem Grunde werden hier auch viele Geschäfte von Einwanderern, vor allem
aus Grossbritannien, geführt. In vielen dieser Geschäfte ist es einfacher die
Englische als die Spanische Sprache zu praktizieren. „Fish & Chips” oder
“Cornish Pies” sind einfach zu finden. Ausser vielen (mit Sports TV
„verseuchten“) Englischen Bars und Kneipen, gibt es auch ganze Industriezonen (Poligono
Industrial), wo sich fast alle Firmen wie Baugeschäfte, Eisenwarenhandlungen,
Sprudelbad Spezialgeschäfte und vieles mehr im Besitz von Englischen
Einwanderern befinden. Der Laden „Mr. UK“ verkauft nicht nur „Baked Beans“ und
Spaghetti aus der Büchse, sondern auch eine gute Auswahl an Asiatischen
Gewürzmischungen und unglaublich aber wahr: echte Spanische Paella, hergestellt
in Grossbritannien.
Gewöhnliche
Andalusische Küche ist normalerweise gesund,
aber nicht unbedingt ein kulinarischer Höhepunkt. Fisch ist Fisch,
Fleisch ist Fleisch und fast alles; auch Pommes Frites werden mit Olivenöl
zubereitet. Dieses ist normalerweise sehr gesund, aber eher das Gegenteil, wenn
es zum frittieren verwendet wird.
Dank
den vielen Britischen Einwanderern gibt es nun in der Umgebung von Vera eine
gute Auswahl von Chinesischen Restaurants (mit einem unschlagbaren
Preis/Leistung Verhältnis) und Indischen Restaurants, dazu einige hervorragende,
aber nicht zu teure etwas gehobene Speiselokale, welche diejenigen Gäste
(Engländer und andere Einwanderer) ansprechen, die nicht auf der Fast-Food
Welle reiten möchten.
Auch
Bingo- und Quiz Abende werden regelmässig veranstaltet und wir sahen sogar ein
Postamt, wo alle Notizen an der Pinwand in Englisch abgefasst waren. Genauso
wie wir dies in Australien und Neuseeland gesehen hatten, führen die Englischen
Einwanderer um die Weihnachtszeit Flohmärkte durch und sammeln Geld für
gemeinnützige Organisationen. Auch hier tragen die Teilnehmer rote
Nikolausmützen und Hirschgeweihe aus Plüsch. Sogar die „Königlich Englischen
Armeeveteranen“ betreiben in Südspanien mehrere Filialen!
Winter in Vera Playa
Der
Winter in Vera Playa ist geprägt von Rentnern und Aussteigern aus Nordeuropa,
welche das relativ milde Winterklima an Südspaniens Küste geniessen. An etwa
vier von sechs Winterwochen ist es normalerweise möglich, für ein paar Stunden
pro Tag (in einer windgeschützten Ecke) splitternackt die Sonne zu geniessen.
Trotzdem: die Nachttemperaturen kommen auch an der Küste oft sehr nahe an den
Gefrierpunkt. Sogar die
Schlechtwettertage sind normalerweise recht trocken (es gibt ab und zu ein
Ausnahmejahr).
Die Schlechtwetter-Perioden können aber auch mal zwei Wochen lang andauern, um
danach von einem vorwiegend sonnigen Wintermonat abgelöst zu werden. Wie man
das Winterwetter in Südspanien empfindet ist sicherlich auch eine
Einstellungssache. Denjenigen welchen an bedeckten Tagen nichts Besseres
einfällt, als verzweifelt auf die Sonne zu warten, wird das Wetter wohl bedeutend schlechter
vorkommen als denjenigen, denen noch etwas Anderes einfällt.
Während
des Winters sind die meisten Terrassen in Natsun von einer (grossen)
Satellitenschüssel dominiert. In der Regel bauen neu ankommende Wintergäste als
erstes ihren Satellitenempfänger auf, bevor sie sich daran machen ihre übrigen,
nicht zu knapp mitgebrachten Habseligkeiten in die Wohnung zu bringen. Viele
sind felsenfest davon überzeugt, dass sie nicht hierher kommen könnten, wenn
sie auf ihre heimischen Fernsehstationen verzichten müssten. Die meisten
anderen „Winterflüchtlinge“ waren offenbar davon überzeugt, dass wir nur auf
einen Satellitenempfänger verzichten, um Geld zu sparen. So mussten wir während unseren ersten paar
Wochen in Natsun mehre grosszügige Angebote für Satellitenschüsseln und
Empfänger ablehnen. Wir weigern uns störrisch, Schüsseln woanders als in der
Küche einzusetzen. Für uns ist bereits das Zubereiten und Verspeisen unserer
Hauptmahlzeit ein abendfüllendes Programm.
Wir
hoffen, dass die heutigen Rentner ihre Weisheit nicht nur über den Konsum von
Seifenopern und Reality Shows erlangen!
Wir haben sowieso seit längerem den Eindruck, dass die Volksverdummung
gefördert wird. Wir mussten schon schmunzeln als wir vor ein paar Jahren in
Australien sahen, dass Fruchtkonfitüre als mindestens 99% fettfrei deklariert
wurde. Die Hersteller der hier gekauften Erdnüsse haben aber definitiv den
Vogel abgeschossen. Die Packung enthielt einen Warnhinweis in zehn Sprachen:
„Produkt kann Spuren von Nüssen enthalten“…
Während
des Winters hatten wir oft etwas das Gefühl in einem von ausländischen
Langzeiturlaubern beherrschten Ghetto zu leben. Viele pilgern jeden Winter
hierher, sind aber absolut unwillig weder ein paar Worte Spanisch zu lernen,
noch sich auch nur ein wenig dem Spanischen Rhythmus anzupassen. Ab und zu
werden sie vom Leben bestraft; einige Restaurants servieren nämlich nach acht
Uhr abends hervorragende Mahlzeiten, hingegen nur durchschnittliche, manchmal
sogar schlechte davor!
Ein paar Ausflüge
Vera
Playa ist bereits eine Sehenswürdigkeit für sich selbst. Ab und zu mussten wir
uns zur Motivation selbst einen Tritt in den Hintern geben, um noch etwas von
der Umgebung zu entdecken (dass wir die 8 ½ Jahre vor unserem Aufenthalt hier
soviel neues entdeckt hatten, musste oft als bequeme Ausrede hinhalten). Die
Landschaft ist hier zwar sehr karg und trocken, das dahinterliegende Gebirge
und die Marmor-Steinbrüche um Tabernas sind sehr beeindruckend. Es kam auch
vor, dass wir auf einem etwas besser ausgebauten Feldweg durchs Nichts
unterwegs waren und plötzlich ein grosses Golfresort vor uns auftauchte.
Aguilas,
welches 40 km östlich am Meer liegt, ist ein ansprechendes Städtchen. Von dort
via Vera Playa bis nach Carboneras führt die Strasse teilweise entlang
spektakulären Küstenabschnitten. Auch Mojácar and Bédar, zwei weisse Dörfer
sowie Cuevas del Almanzora sind sehenswert.
Der typisch Andalusische Friedhof in Bédar ist besonders interessant. Die Ahnen
ruhen hier in kleinen Gebäuden mit „Zimmern“, welche gerade gross genug sind,
um einen Sarg aufzunehmen. Da einige Gräber eine tolle Aussicht aufs Gebirge
oder über das Meer bieten, sichern sich viele Familien schon ein Grab an guter
Lage, lange bevor ihre Zeit gekommen ist… Falls die Besitzer später umziehen
(bevor das unvermeidliche eingetreten ist) hängen sie einfach ein Schild “se
vende” (zu verkaufen) mit ihrer Telefonnummer ans Grab und kaufen sich ein
neues, wo immer sie sich nun niederlassen.
Die
meisten Touristen (nicht alle) schwärmen von den Märkten in den umliegenden
Dörfern. Wir hatten den Eindruck, dass das allermeiste Gemüse welches hier
wächst, nur exportiert wird. Auf
Spanischen Märkten ist normalerweise die Abteilung (mit eher altmodischen)
Kleidern deutlich grösser ist als diejenige wo
Gemüse und kulinarische Spezialitäten angeboten werden. Vermutlich sind
wir halt von den exotischen und farbenfrohen Märkten überall in Asien, aber
auch in Frankreich einfach etwas verwöhnt.
Entlang
der Autobahn zwischen Almeria und Murcia sieht man viele Plastiktunnels unter
welchen Gemüse und Früchte angepflanzt werden. Diese Region Spaniens wird im
Volksmund auch „Costa Plastica“ genannt. In dieser sehr trockenen und sonnigen
Gegend wird das Wasser für die riesigen Gemüsefelder und Obstplantagen in
grossen Stauseen im Landesinnern gefasst. Die meisten Arbeiter auf den Feldern
und in den Gewächshäusern kommen aus Afrika, Osteuropa und Südamerika.
Während
wir die Umgebung erkundeten, rasteten wir oft in Dörfern wo die lokale
Kaffeebar der einzige Ort ist, wo man eine schnelle preiswerte
Mittagsverpflegung erhält. Dort scheint rauchen für die Einheimischen
obligatorisch zu sein und das allgegenwärtige Fernsehgerät ist meist lauter aufgedreht als dies der
Toleranzbereich des Ohres zulässt. Der Fussboden einer jeden Spanischen Bar ist
normalerweise mit gebrauchten Servietten
bedeckt, obwohl man oft auch noch eine Sammlung anderer Dinge wie
Zigarettenstummel, Olivenkernen oder Meerfrüchteschalen vorfindet. Diese Dekorationselemente gehören zu jeder
guten Bar – wenn sie fehlen ist man entweder in einer schlechten Bar oder nicht
Spanien!
Die Spanische Lebensart
Die
Spanier mögen es auszugehen um zu sehen und gesehen zu werden. Sie kleiden sich
sogar dann recht elegant, wenn sie das Haus nur für ein paar Minuten verlassen.
In Amtsstellen ist ein gepflegtes Auftreten wichtig um ernst genommen zu
werden. Viele verwenden einen guten Teil ihres Einkommens dafür, ihr
Erscheinungsbild zu verbessern. Sie sind ein sehr stolzes Volk. Sogar entlang
des FKK Strandes spazieren sie mit sichtbar stolzer Körperhaltung, aber “au
naturel”. Ansonsten kann man aber die Spanier nicht von den übrigen Europäern
unterscheiden, nachdem sie ihre Kleider abgelegt haben.
Die
Spanier sind ein sehr geselliges Volk. Nicht nur bei Restaurantbesuchen oder
Wanderungen, sondern auch beim Einkaufen, bestellen eines Telefonanschlusses
oder gar beim Arztbesuch ist oft der Freundes-und Familienkreis mit dabei. Im
Wartezimmer einer Zahnarztpraxis sahen wir einmal einen Anschlag in dem die
Patienten gebeten werden, den Behandlungsraum doch bitte ohne Familie und
Freunde zu betreten.
Zur
selben Zeit da viele Nordeuropäer mit ihrem Abendessen beginnen, sind die
Spanier gerade mit ihrem Mittagessen fertig.
Später, wenn die meisten Ausländer ihre Fernsehgeräte ausschalten und zu
Bett gehen, beginnen die Einheimischen mit der Zubereitung des Abendessens oder
gehen samt Kind und Kegel in den Ausgang. Da dies in ganz Spanien etwas
vollkommen Normales ist, gibt es überhaupt keinen Grund besonders leise zu
sein, wenn sie so zwischen 01 Uhr und 04 Uhr morgens wieder nach Hause kommen.
Dies ist genau so normal, wie für die „Nordlichter“ eine Rückkehr zwischen 20
und 23 Uhr.
Jedesmal,
wenn sich einige unserer Landsleute über den Lärm beklagen, den diese
„verdammten Spanier“ am letzten langen Wochenende wieder gemacht haben, möchten
wir am liebsten in den Boden versinken.
Die
Spanier sind nicht lauter als die übrigen Europäer, sie leben einfach nach
einem anderen Rhythmus. Wir stimmen mit unseren ausserordentlich gut
integrierten Nachbarn Waltraud und Dieter vollkommen überein. Sie sagen
unverblümt: „Wer mit dem Spanischen Rhythmus nicht umgehen kann, sollte gar
nicht hierher kommen!“
Mit
unseren Nachbarn verstehen wir uns in jeder Hinsicht gut. Die beiden zeigten
uns die besten Restaurants, wir durften ihren Internetanschluss mitbenutzen,
und konnten ihr Sonnensegel für unsere Terrasse ausborgen. Auf der anderen
Seite sorgte sich Brigitte um Ihre Pflanzen, während die beiden in Deutschland
ihrer Arbeit nachgingen.
Ausser
backen wurde das Hegen und Pflegen von Blumen zu Brigittes grossem Hobby. Für
eine Weile war unsere Terrasse mit fast hundert Blumentöpfen und Kistchen
dekoriert. Zwar entmutigte es sie etwas, als die Pflanzen zu viel Ungeziefer
anzogen und sie jammerte: „Ich wollte doch einen Garten und nicht einen Zoo!“
Heinz
machte sich daran ein paar Möbel für unsere Terrasse zu zimmern. Dazu
verwendete er vor allem Holzresten die Brigitte im Abfall gefunden hatte, sowie
noch einige Kleinigkeiten aus Eisenwaren- und Holzhandlungen… für ein paar
hundert Euro!
Das Vermächtnis der Franco Ära
Spanien
hat sich (auch) dank der EU von einem unterdrückten Drittweltland sehr schnell
zu einem modernen Staat entwickelt, in gewisser Hinsicht zu schnell!
Man
sollte nicht vergessen, dass Spanien sich erst 1975 aus den Klauen des Franco
Regimes befreien konnte. Nach 40 Jahren Diktatur und nicht einmal einem Ansatz
von Demokratie in seiner früheren Gesichtsschreibung, ist es eigentlich fast unmöglich, dass sich
die Mentalität der Menschen und erst recht nicht der Lokalregierungen so
schnell ändert, wie es die EU schaffte den Lebensstandard anzuheben und dem
Land zu einer modernen Infrastruktur zu verhelfen. So ist es absolut nicht
verwunderlich, dass Bürokratie und Korruption in Spanien noch Teil des Lebens
sind. Baubewilligungen werden oft (schneller oder erst) erteilt, nachdem ein Schmiergeld
gezahlt wurde und sogar die Gemeinden selbst bauen ihre Infrastruktur ab und zu
auf Land, welches nicht der Bauzone zugehört.
Fast
jede Woche findet man in der Zeitung einen Bericht, dass die Provinzregierung
den Abbruch eines ohne legale Baubewilligung erstellten Gebäudes verfügt hat.
Davon betroffen sind nicht nur Ferienwohnungen, sondern beispielsweise auch
grössere Einkaufszentren, welche bereits in Betrieb sind und ein noch nicht
eröffneter Club-Med. Viele Bürgermeister und Gemeinderäte sind wegen Korruption
oder Missbrauchs öffentlicher Mittel im Gefängnis. Vielerorts erhalten nicht
nur die Regierenden, sondern auch die städtischen Angestellten einen Urlaub
hinter schwedischen Gardinen, nur um dieses Schicksal ein paar Jahre später mit
der neuen Regierung zu teilen, welche sie ersetzt hat. Es braucht sicherlich
noch eine weitere Generation bis alle schlechten Regierungsmanieren aus der
Franco Epoche schlussendlich der Vergangenheit angehören.
Nicht
nur bei der Regierung, sondern auch beim „Fussvolk“ hat sich die Denkensweise noch nicht
vollkommen geändert. Viele Spanier trauen auch heute noch nicht, sich gegen vom
Staat verursachtes Unrecht zu wehren, da sie immer noch Vergeltungsmassnahmen
fürchten…
Es
ist kaum verwunderlich, dass sich auch in Spanien die früheren Machthaber und
die Kirche gegenseitig unterstützten. Über lange Zeit war Katholizismus von der
Regierung zur obligatorischen Staatsreligion erklärt. Die über Jahrhunderte
herrschenden Monarchien sind für viele der schwersten Inquisitionsverbrechen
verantwortlich; nicht nur in Spanien, sondern auch auf den Amerikanischen
Kontinenten und im Pazifik, wo die damalige spanische Regierung sogar Truppen
einsetzte, um die Missionare bei Zwangstaufen zu unterstützen. Heutzutage hat
der Glaube vor allem bei der älteren Generation immer noch einen hohen
Stellenwert. Maria, José und Jesus sind beliebte Namen und mehrere Städte und
Gemeinden haben Strassennamen wie “Calle
Isabel la Católica”.
Der moderne Staat
Es
ist kaum vorstellbar, wie schnell Spanien zu einem modernen wohlhabenden Staat
wurde. Noch1985 war der Verkehr in grossen Teilen Andalusiens von Eselskarren
beherrscht und für die meisten Einheimischen war damals der Besitz eines Autos
ein unerreichbarer Traum. Heute sind Autos hier ebenso verbreitet (und neu) wie
im übrigen Europa. Die Strassen durch die Dörfer sind aber meist nicht dafür
ausgelegt, den vielen Verkehr aufzunehmen.
In Spanischen Dörfern sind einige Seitenstrassen oft so schmal, dass kaum ein
Auto mit einem Fussgänger kreuzen kann. Für die Anwohner ist dies aber absolut
kein Grund, dort nicht zu parken. Spanier finden absolut überall noch einen
Parkplatz. Ihre Phantasie ist nicht so eingeschränkt wie die unsere! Sogar
während der Hauptsaison gab es immer genug Parkplätze. Kreisel z.B. bieten ein
riesiges Potential an Parkierungsmöglichkeiten, sowohl im Zentrum als auch
entlang der kreisrunden Fahrbahn. Auch die Strassenränder und ab und zu die
Strassenmitte wird rege zum parkieren genutzt. Vor Restaurants und Läden wird
regelmässig zweireihig parkiert; wenn dabei ein Fahrzeug eingesperrt wird, ist
dies überhaupt kein Problem. Der betroffene Lenker muss nur etwas mit der Hupe
insistieren, danach wird er Früher oder Später ganz sicher befreit! Dies ist
fast der einzige Grund, weshalb die Spanier ihre Hupe überhaupt betätigen,
sonst sind sie sehr geduldig. Sogar wenn ein Automobilist die Einfahrt zu einem
Grossparkplatz blockiert, weil er mitten auf der Strasse anhält um mit einem
Kollegen auf der entgegenkommenden Fahrbahn einen Schwatz zu halten, warten die
meisten Automobilisten geduldig, bis die spontane „ad hoc“ Konferenz zu Ende
ist.
Spanier
(bzw. ihre billigen Arbeitskräfte welche an der Küste angeschwemmt werden)
können sehr schnell arbeiten, wenn es darum geht neue Strassen zu bauen.
Während die Schweizer immer noch darüber diskutieren, welches die am wenigsten
umstrittene Linienführung ist und wie viele zusätzliche Millionen noch
gebraucht werden, damit das neue Bauwerk auch ein paar Jahrhunderte überdauert,
ist die neue Strasse in Spanien schon mindestens fünf Jahre in Betrieb. Bei
diesem Tempo ist es nicht verwunderlich, dass noch nicht alle früheren
Eigentümer für das enteignete Land entschädigt wurden. Dass aber die neueste
Erweiterung des Strassennetzes schon in den ersten Jahren nach der Eröffnung
einige grössere Reparaturen braucht, darüber regen sich hier nur die Ausländer
auf, die Spanier freuen sich derweil, dass alles so schnell gebaut wurde!
Als
Konsequenz von Spaniens Aufstieg zu einem wohlhabenden Land, sind natürlich
auch die Preise deutlich gestiegen. Übers Ganze betrachtet sind die
Lebenshaltungskosten immer noch etwas billiger als in Frankreich. Gemäss
Statistik sind aber die Lebensmittelpreise in Supermärkten bereits höher als in
Deutschland. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass einfache Produkte ohne allen
Pipapo (Quantität) oder Fisch in der Regel billiger sind als im übrigen Europa,
aber jedes Produkt das etwas besser verarbeitet ist (Qualität) ist oft deutlich
teurer als weiter nördlich. Heimelektronik
kostet in Spanien oft 50% mehr als in der Schweiz. Einige identische
Supermarkt-Produkte, welche von derselben Ladenkette sowohl in Frankreich, als
auch in Spanien verkauft werden (hergestellt in einem Drittland), können in
Spanien doppelt so teuer sein als in Frankreich. Einfache Mahlzeiten (eher
Quantitäts- nicht Qualitätsoptimiert) im Restaurant sind immer noch recht
preiswert. Wer aber etwas Spezielles möchte, muss (ausser beim Chinesen) schon
etwas mehr Geld in die Finger nehmen, als in Frankreich; und trotzdem wird die
Spanische Version nicht so phantasievoll zubereitet sein. Hier wird in besseren
Lokalen eher mit einer sehr guten Qualität der verwendeten Zutaten und grosszügigen Portionen, als mit einer
speziellen Zubereitungsart brilliert.
Grundstückspreise (und logischerweise auch die Mieten) sind hier im Osten
Andalusiens bei weitem noch nicht so überhitzt wie an der Costa del Sol.
Im
Jahr 2005 lag das Durchschnittseinkommen in Spanien erstmals über dem EU
Schnitt. 2007 lag das Bruttoinlandprodukt
pro Kopf der Spanischen Bevölkerung etwa
5% über dem Italiens und etwa 3% unter dem Frankreichs.
Der Wohlstand ist aber nicht gleichmässig verteilt; Andalusien hat die höchste
Arbeitslosenrate Spaniens, zudem hat sich hier ausser der stark saisonabhängigen
Tourismusbranche kein grosser Industriezweig angesiedelt. Aus diesem Grund
liegen die Durchschnittslöhne in diesem Teil Spaniens deutlich tiefer als in
den übrigen Provinzen. Die Andalusier sind auch heute noch stark von ihren
wohlhabenderen Landsleuten im Norden, wo sich die meisten Industrien befinden,
abhängig.
Die Spanische Industrie
produziert heute einerseits viele Hi-Tech Güter in sehr guter Qualität, wie
z.B. wichtige Komponenten für moderne Airbus Jets oder vorfabrizierte
Brückenelemente wie z.B. für die Öresund Brücke zwischen Dänemark und Schweden.
Andrerseits ist es aber durch die massiv gestiegenen Lohnkosten gar nicht mehr
möglich, in Spanien preiswert zu produzieren. Es gibt zwar immer noch ein paar
Spanische Hersteller für Billigprodukte wie z. B. Haushaltgeräte. Leider ist
aber meist nicht nur der Preis sondern auch die Qualität sehr billig gemacht,
sodass man bei Billigware „Made in China“ meist besser fährt.
Ein
guter Beweis dafür, wie stark sich die wirtschaftliche Situation verbessert hat
ist wohl, dass die Spanische Armee den von neuen Rekruten verlangten
Intelligenzquotienten senkte, um die etwa 82‘000 Stellen in seiner Berufsarmee
zu füllen. Nachdem auch dieser verzweifelte Schritt nichts fruchtete, begann
man Ausländer, vor allem aus den ehemaligen Kolonien in Zentral &
Südamerika zuzulassen!
Natsun & Vera Playa
Die
FKK Ferienanlage Natsun wo wir uns einmieteten ist im Besitz von Jan
& Hedy, einem Niederländischen Paar mit zwei Kindern. Die beiden führen die
Anlage sehr persönlich (und zu moderaten Preisen). Wir wohnten im
drei-stöckigen Gebäudekomplex „ELCANO III“ wo sich die neuesten und
komfortabelsten Ferienwohnungen befinden. Die meisten Wohnungen sind voll nach
Süden ausgerichtet. Nur das gut in die Umgebung eingepasste Schwimmbecken liegt
noch vor dem Strand.
Die Appartements haben mehrheitlich einen grossen Balkon zum Meer hin die mit
etwa 4 Metern Breite und 13 Metern Länge sehr grosszügig bemessen sind. Alle
sind im spanischen Stil möbliert, sehr praktisch eingerichtet und schön
dekoriert. Ein Glaskeramik Herd gehört ebenso dazu, wie ein grosszügiger
Kühlschrank mit grossem Gefrierfach, perfekt auch für einen etwas längeren
Aufenthalt. Die Arbeitsfläche in der Küche war leider mit einem
Mikrowellengerät belegt. Dieses schickten wir zusammen mit dem Fernseher in
einen langen Winterschlaf in den Schrank.
Ein grosser Pluspunkt war dagegen der beeindruckende 1x2 Meter grosse
Esstisch in unserer Wohnung (und den
meisten anderen). Nur beim Kleingeschirr und Besteck ist die Ausstattung nicht
immer so perfekt wie sie sein könnte. Um diese kleine Unannehmlichkeit (oft
durch Mieter verursacht, die bei Besuchen von Freunden ein paar Kleinigkeiten
in andere Wohnungen umverteilen) scheint es allerdings in den umliegenden
Anlagen nicht besser zu stehen.
Da wir hier etwas mehr Zeit verbrachten als der durchschnittliche Feriengast,
investierten wir noch etwas in zusätzlichen Luxus, wie beispielsweise eine
Italienische Espresso Maschine, einen Backofen, einen Shaker, aber auch Besteck
und Geschirr, welches unserem Geschmack entsprach und für unsere ausgiebigen
Kochorgien geeignet ist.
Der
Gebäudekomplex in dem wir wohnten war erst etwa vier Jahre alt, Natsun bietet
aber in den beiden älteren Gebäudeteilen ELCANO I & II noch weitere
Mietmöglichkeiten an, welche normalerweise nur in der Hauptsaison belegt
werden.
Auch
direkt am FKK Strand befindet sich das Vera Playa Club Hotel, welches seinen
Gästen nicht nur vier Sterne Komfort, sondern auch die dazugehörenden
Hausregeln bietet: Der Kleiderkodex fürs Restaurant verlangt von Männern das
Tragen von langen Hosen; eine etwas seltsame Vorschrift für ein FKK Hotel
finden wir!
Das
Hotel und Natsun‘s ältere Gebäude waren die ersten FKK Ferienanlagen an dieser
Ecke Spaniens. Nachdem sie fertiggestellt wurden, waren sie für lange Zeit die
einzigen Gebäude an diesem Strandabschnitt. Während des letzen Jahrzehnts
wurden rundherum immer mehr neue FKK Siedlungen gebaut, sodass schlussendlich
etwa 2‘000 FKK Appartements entstanden.
Während
der letzten Jahre kamen noch unzählige gewöhnliche, sprich textile
Ferienanlagen dazu, welche nun die “Urbanisationes Naturistas” umgeben. Wie
schon erwähnt, gibt es überhaupt keine Absperrungen zwischen der Textil und der
FKK Zone welche nahtlos ineinander verschmelzen. Dies ist im sehr toleranten
Spanien absolut problemlos.
Wenn man heute, Anfangs 2009 die vielen Baustellen um Vera Playa betrachtet,
erhält man den Eindruck, dass die Finanzkrise hier noch nicht angekommen ist.
Momentan entsteht zwischen den Hügeln im Hinterland (welches etwa 500 Meter
hinter dem Sandstrand beginnt) ein
Netzwerk von mehreren dutzend Kilometern neuer Erschliessungsstrassen um
Bauland für tausende (eher zehntausende) neue Ferienwohnungen zu erschliessen.
Trotzdem ist die Costa de Almeria bei weitem noch nicht so stark zugebaut wie
die Costa del Sol. Da diese riesige Flut von neuen Immobilien ja schliesslich
an den Mann gebracht werden muss, nehmen es manche Makler mit der Wahrheit
nicht immer so ganz genau. Wir hörten von mehreren Fällen wo begeisterte
FKK-ler erst beim Einzug feststellten, dass sich ihre neu erworbene FKK Wohnung
in der Textilzone befand, und umgekehrt. Dies ist in beiden Fällen höchst
unbefriedigend.
Die beinahe Katastrophe
Nur
um Haaresbreite wäre hier alles anders gekommen. Am 17. Januar 1966 ereignete
sich vor der Küste in der Nähe von Vera Playa einer der schlimmsten
Zwischenfälle mit Atomwaffen während des gesamten kalten Krieges (ein weiterer
ereignete sich in Grönland wo wir im Sommer 2009 hin wollen). Auf 9000 Metern Höhe kollidierte während eines
Betankungsmanövers ein B-52 Bomber mit einem KC.135 Tankflugzeug, wobei beide
Flugzeuge in einem gigantischen
Feuerball explodierten und danach über Palomares abstürzten. Von den vier
Wasserstoffbomben welche die B-52 mitführte fiel eine ins Wasser nahe der Küste
und eine landete unbeschädigt in einem Tomatenfeld. Von den anderen zwei explodierte
glücklicherweise nur der konventionelle Sprengsatz, was dazu führte, dass
Bombenfragmente und Plutoniumstaub auf den Unglücksort niederfielen. In einer
grossangelegten Reinigungsaktion wurden 1590 Tonnen verseuchtes Material
ausgegraben und zur Endlagerung nach Amerika verschifft. Zwei Monate nach dem
Vorfall schwammen der Spanische Informationsminister und der US Botschafter
gemeinsam mit ihren Familien am Strand in der Nähe der Absturzstelle, um die
Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass nun alles wieder sicher ist. In
Palomares und am Strand in Vera wurden Geigerzähler installiert um die
Umweltbelastung durch radioaktive Strahlung zu messen. Nachdem über mehrere
Jahre keine Strahlung gemessen wurde, gab man den betroffenen Abschnitt für
neue Überbauungen, wie beispielsweise die grosse “Zona
Naturista” frei.
Sowohl die betroffene Bevölkerung, als auch die Umwelt wird aber weiterhin regelmässigen Nachkontrollen unterzogen. Dabei brachten Schnecken im Jahr 2006 eine unschöne Überraschung ans Tageslicht. Nicht alles verseuchte Material war abgeführt worden. Ein kleiner Teil davon war in zwei Gruben in der Nähe des Absturzortes vergraben worden. Konsequenterweise wurde in einer Spanisch/Amerikanischen Aktion das ganze Gebiet nochmals abgesucht und entseucht. Diese Aktion wurde im März 2009 beendet und das Gebiet als „sauber“ deklariert.
Glücklicherweise
sind die Einwohner von Palomares nicht benachteiligt; ihr Krebsrisiko ist nicht
höher als im übrigen Land – nur bei den Schnecken stellte man eine leicht
erhöhte Radioaktivität fest; dies ist wohl ihre eigene Schuld, niemand sagte
ihnen, dass sie in den verseuchten Gruben herum schleimen sollen!
Die Einwohner von Palomares fühlen sich sicher, einige sind sogar der Ansicht, dass das ganze Aufheben um die paar Schnecken nur gemacht wurde, um der Spanischen Atomenergiebehörde eine Existenzberechtigung zu geben. Unser Nachbar machte einmal aus purer Neugierde eine Messung mit einem Geigerzähler und stellte ganz unerwartet fest, dass die Strahlung in Vera Playa um ein mehrfaches tiefer ist, als die natürliche Strahlung im Bayerischen Wald! Es gibt also kein Grund zur Sorge.
Mehr
dazu in Folgenden Zeitungsartikeln: Stuttgarter Zeitung
(September 2007), New York Times
(November 2008)
Die wirkliche Katstrophe
Das
einzig wirklich unangenehme während unseres Aufenthalts in Vera Playa war der
Streik der Lastwagenfahrer wegen der gestiegenen Dieselpreise im Juni 2008.
Innerhalb von nur drei Tagen schafften sie es (dank massiver Unterstützung der
Spanischen Bevölkerung, welche bereitwillig Hamsterkäufe tätigte) dass die
meisten Supermärkte leergekauft waren. Wenn aber der Treibstoffpreis wirklich
zu hoch wäre, würden doch die Spanischen Orangen auf ihrem Weg zu den
Konsumenten in Frankreich und der Schweiz nicht billiger, sondern teurer. Zudem
würden nicht einige von Vera Playas Langzeitaufenthaltern regelmässig ihre
Autos für weniger als ein paar hundert (manchmal sogar weniger als 50!) Meter
bewegen, nur um sich in ihrem Lieblingslokal einen Drink zu genehmigen (und
dabei am Stammtisch über die hohen Benzinpreise zu jammern).
Einkaufen
Von
Natsun aus lässt es sich einfach einkaufen. Zwei mobile Bäcker kommen
regelmässig am Morgen vorbei und zudem verkauft das „Café Paso Doble“ im
Erdgeschoss tagsüber ebenfalls Brot. Zum grossen Consum Supermarkt (gleich
neben der FKK Zone) ist es nur ein Katzensprung. Dort gibt es die beste Auswahl
an Frischprodukten der Umgebung. Ausser Bedienungstheken für Fisch, Fleisch,
Wurstwaren und Käse bietet Consum auch eine Selbstbedienungsabteilung um Gemüse
und Früchte selbst zu verpacken und abzuwägen. Im Umkreis von 10 Km findet man
ausserdem mehrere Mercadona Supermärkte, Intermarché sowie Lidl. Im 5 Km
entfernten Garrucha gibt es mehrere qualifizierte Optiker, welche einerseits mit
markengläubigen Kunden gutes Geld verdienen, andererseits aber der Kundschaft
welche insistiert, dass sie keine Markennamen braucht um ihr Selbstvertrauen zu
stärken, sehr preiswerte Brillen in guter Qualität verkaufen.
Wer mit der Klatschpresse zufrieden ist, findet in der Nähe eine Auswahl von
Zeitungen und Zeitschriften aus ganz Europa. Wer hingegen ein etwas seriöseres
und globaleres Blatt wie z.B. die „International Herald Tribune“ vorzieht, muss
etwas mehr Aufwand betreiben um fündig zu werden.
Wer
sich in Vera nach Artikeln wie Kleidung, Lampen oder Möbel umsieht, merkt sehr
schnell, dass das Angebot eher den traditionellen Geschmack der älteren
Generation widerspiegelt. Die jüngere Generation hingegen zieht die grossen
Einkaufstempel in Aguilas, Almeria oder Murcia vor, wo
Filialen derselben Ladenketten welche man in Paris, London, Frankfurt oder
Shanghai sieht, dieselben in China hergestellten Produkte anbieten, die man auf
der ganzen Welt findet.
Der
Besuch eines traditionellen Spanischen Ladens ist aber auch eine interessante
Erfahrung. Eines der typischsten Geschäfte ist eine grosse Eisenwarenhandlung
in der Nähe von Mojácar. Obwohl dieser Laden während
des Jahres zu einem grossen Teil von der aus England eingewanderten Bevölkerung
von Mojácar frequentiert wird, findet man
dort trotzdem ein sehr typisches traditionelles Einkaufserlebnis. Um die
Weihnachtszeit ist dieser Laden so Spanisch wie er nur sein kann! Auf zwei
recht grossen Etagen wird fast alles verkauft, was man sich nur wünschen kann.
Wenn man sich durch die eher engen Korridore bewegt, ist es nicht immer ganz
einfach, das Gesuchte zu finden, vor allem dann, wenn es sich um kleinere
Artikel handelt. Kein Grund zur Sorge; frag einfach die nächste Verkaufsperson
und schon zeigt sie dir das Gesuchte, entweder gut versteckt hinter, oder
begraben unter etwas anderem, an dem du nicht interessiert bist.
Du
suchst eine neue Kaffeemaschine, denkst aber, dass die Auswahl in diesem
Geschäft etwas bescheiden ist? Es gibt überhaupt keinen Grund in ein anderes
Geschäft zu gehen nur um eine grössere Auswahl zu haben. Hebe einfach die nicht
so ansprechend aussehenden Kaffeemaschinen aus dem Gestell und wisch die
Staubschicht von was immer du dahinter siehst und schon erkennt man eine
weitere Reihe von brandneuen glänzenden Kaffeemaschinen zum Vorschein. Nun
wiederholst du diesen Vorgang, bis du ein passendes Modell findest.
Zur Weihnachtszeit werden die engen Gänge in dieser (und manch anderer)
Eisenwarenhandlung auf ihre Kapazität hin getestet. In Spanien werden grössere
Investitionen wie z.B. der Kauf eines Toasters oder Handmixers im Freundes- und
Familienkreis diskutiert. Oft kommen diese auch mit ins Geschäft, weil das
Gesellschaftliche ebenso wichtig ist wie der eigentliche Kauf. An einer dieser
Gruppen vorbeizukommen ist eine Herausforderung die durch zusätzlich
aufgetürmte Kartons voll unwiderstehlicher Weihnachtsangebote noch erschwert
wird. Platz um die angebotenen Waren auszustellen ist also beschränkt. Trotzdem
soll man seine Wahl nicht anhand der (oft nicht korrekten) Bilder auf den
Verpackungen zu treffen. Ein/e freundliche/r Angestellte/r ist
selbstverständlich dazu da, dem Kunden die Schachtel zu öffnen und das
Gewünschte zu zeigen. Falls der Inhalt zerbrochen ist, ist dies überhaupt kein
Grund zur Aufregung. Das Personal weiss sofort, dass der Kunde am zerbrochenen
Artikel nicht interessiert ist. Das defekte Teil wird umgehend in die Schachtel
zurückgelegt und diese wieder richtig verschlossen, bevor sie ins Regal
zurückgestellt wird. Man braucht bloss etwas Geduld mitzubringen, da dieser
Vorgang anstandslos wiederholt wird, bis das Personal eine Schachtel ganz ohne
defekte Teile findet.
Hauptsaison in Vera Playa: viel Betrieb aber wenig
Lärm
Alle,
sogar unsere spanischen Freunde „bewunderten“ uns für den Mut, die Hauptsaison an einem spanischen Ferienort
zu verbringen, der bei den Einheimischen beliebt ist. Etwa Ende Juni hat sich
der grösste Teil der in und um Vera Playa angesiedelten Ausländer bereits
wieder in ihren ehemaligen Heimatländern versteckt, um dem unaufhaltbaren Lärm
zu entkommen, den die Spanier während ihrer Hauptsommerferien machen sollen.
Für uns gehört aber das Erleben des Hochsommers unter den Einheimischen ebenso
zu einem längeren Spanienaufenthalt, wie der Eiffelturm zu Paris. So warteten
wir ganz gespannt auf die Massen, die da kommen sollten.
Am
ersten Mai war der Strand urplötzlich mit tausenden von Sonnenanbetern belebt
und so glaubten wir, dass dies nun der Saisonstart sein könnte. Aber nachdem
das lange Wochenende vorbei war, gingen die Einheimischen wieder ebenso schnell
zurück an ihre Arbeitsplätze, wie sie gekommen waren.
Ab Mitte Juni wurde der Strand von Rettungsschwimmern überwacht. An den
Wochenenden sah man hier nun regelmässig ein paar tausend Nacktbadende, welche
sich in der Sonne aalten, aber unter der Woche ging die Zahl zurück auf nur
noch ein paar hundert. Als grosser Gegensatz dazu war der Textilstrand immer
noch die ganze Woche inklusive der Wochenenden fast leer. Mitte Juli sah es
noch genau so aus und wir fragten uns schon, ob es denn hier überhaupt eine Hauptsaison geben würde.
Ganz plötzlich kamen nun aber Handwerker an, welche diejenigen Restaurants und
Souvenirgeschäfte umbauten und renovierten, welche bis anhin immer noch
geschlossen waren. Langsam aber sicher wurden weitere Eiskioske und
Sonnenliegen mit Sonnen-Schirmen entlang des Strandes bereitgestellt. Anfangs
August war schlussendlich alles in Betrieb. Wohl wegen akuter Stauwarnungen war
auch am ersten Augustwochenende immer noch nicht viel mehr los, als an den
voran gegangenen. Am darauffolgenden Montag und Dienstag aber erreichten die
Massen endlich Vera Playa.
Nicht
nur der guten Lage, sondern auch den konkurrenzfähigen Preisen ist es zu
verdanken, dass Natsun als einzige Ferienanlage in Vera Playa über das ganze
Jahr hinweg recht gut belegt ist. Die meisten anderen FKK Siedlungen haben
meistens auch ein paar Gäste, die Textilen Ferienanlagen hingegen, sind für 11
Monate im Jahr so gut wie leer. Einzig im August war fast jede Ferienwohnung
belegt.
Wir
mussten also nicht in die Ferien gehen, die Ferien kamen sozusagen zu uns! So
warteten wir also neugierig auf der Terrasse; bereit den unerträglichen Lärm
auszuhalten, den all unsere Freunde vorhergesagt hatten.
Wir
warteten und warteten, aber es war kaum lauter als in der Nebensaison. Kaum zu
glauben; Hauptsaison in einem spanischen Ferienort und wir nehmen überhaupt
keinen störenden Lärm wahr. Da stimmt wohl etwas nicht mit uns! Wir beschlossen
zu handeln; reinigten unsere Ohren und hörten nochmals genauer hin: Nun hörten
wir an ein paar wenigen Nächten ein bisschen Lärm von einer Diskothek in der
Nähe des Vera Playa Club Hotels, aber spätestens um 1 Uhr morgens machten die
Schluss und es war nichts mehr zu hören.
Wir
müssen wohl genauer hinhören! Oh: vielleicht ist es das: sogar nach Mitternacht
hörten wir regelmässig Kinder die sich auf dem grossen Rasen und auf dem
Spielplatz beschäftigten. Dies ist aber sicher nicht störend; es ist ein
Zeichen von Leben! Spanischen Kindern wird es nicht verboten lange
aufzubleiben, dafür kann man sie am nächsten Morgen vor 11 Uhr weder sehen noch
hören; Spanische Eltern sind wirklich sehr schlaue Tapas-Esser! Wir versuchten
immer noch ganz verzweifelt wenigstens ein wenig störenden Lärm zu finden.
Vielleicht hilft es ja, wenn wir uns über den Balkon lehnen. Tatsächlich: es
funktioniert!
Nun sehen und hören wir, dass auf den umliegenden Terrassen bis spätabends
gegessen und diskutiert wird. Der Lärmpegel war aber immer noch sehr
bescheiden. Wir vermuten, dass unsere
Diskussion über die unglaublich ruhigen Spanier mehr Lärm verursachte!
Nachdem wir schon fast glaubten, dass alles Gerede über die unglaublich lauten
Spanier nur von ausländischen Agenten verbreite Gerüchte sind, wurden wir doch
noch eines besseren belehrt: Um neun Uhr morgens kündigten die beiden mobilen
Bäcker durch wiederholtes betätigen der Hupe ihre Präsenz an und unterbrachen
damit die Nachtruhe der träumenden Touristenschaar! In der Nebensaison kommen
sie jeweils eine Stunde später… Was uns aber wirklich auf den Wecker ging,
waren all die bellenden Hunde die die Urlauber mitbrachten – wenigstens durften
sie nicht mit zum Strand.
Eines
der verschiedenen Chiringuitos (einfache Strand-Restaurants) befindet sich am
Strandabschnitt direkt vor Natsun. Zudem bietet seit Ostern 08 die Café-Bar
„Paso Doble“ im Erdgeschoss Internetzugang, Tapas und einfache Mahlzeiten an.
Glücklicherweise gibt es in der näheren Umgebung keine Bar die bis spätabends
geöffnet hat. Dies hilft sicherlich, dass die Atmosphäre so ruhig und angenehm
bleibt. Zudem benehmen sich FKK-ler auch in Spanien zivilisierter als die
grosse Masse der Urlauber. Der Lärmpegel im nahegelegenen Ferienort Mojácar-Playa, welches vor allem
Badegäste aus Europas grösster englischsprachiger Insel anzieht, ist deutlich
höher. Während des ganzen Sommers „kriechen“ dort allabendlich Mädchen (in sexy
Kleidung) und Burschen (in verwaschenen Jeans) betrunken und laut von Pub zu
Pub und von einer Irischen Bar zur nächsten!
Am
langgezogenen FKK Strand von Vera Playa herrscht eine sehr natürliche
Atmosphäre. Mehrere tausend Badegäste, oft grosse Familiengruppen, geniessen
ein Sonnenbad, schwimmen, spielen Beach Ball, bauen Sandburgen oder spazieren
entlang des Strandes, was die beliebteste Beschäftigung ist. Da die Spanier
sehr viel Familiensinn haben, besuchen oft bis zu vier Generationen gemeinsam
den Strand. Die Spanier sind im Allgemeinen ein sehr tolerantes und entspanntes
Volk. Ab und zu sah man eine Grossmutter, die zwar ein Badekleid trug, es aber
offensichtlich genoss von ihren splitternackten
Kindern, Enkeln und Urenkeln umgeben zu sein. Für die allermeisten war
es ganz natürlich sich auszuziehen, ab und zu sah man aber auch eine Familie,
wo das einzig nackte Familienmitglied dasjenige war, das eigentlich besser noch
Windeln tragen sollte!
Im
August war der Strand zu etwa 95% mit Spaniern bevölkert. Trotzdem war (auch
da) der Lärmpegel deutlich angenehmer als an vielen von Ausländern
heimgesuchten Stränden. Am beliebtesten war der Strand jeweils etwa um 13:30 h
und wieder um 18:30h. Zu diesen Zeiten muss der Strand aus der Ferne wohl wie
ein grosser Fleischkäse ausgesehen haben mit den vielen bunten Sonnen-Schirmen.
Anderseits wird aber die Siesta vom Spanischen Volk sehr ernst genommen und
sogar während den Ferien strikt eingehalten. Aus diesem Grunde bleiben von den
abertausenden, welche den Strand geniessen, zwischen 15 und17 Uhr nachmittags
nur ein paar hundert übrig. Es scheint uns, dass dieses ungeschriebene Gesetz
von denjenigen welche Badekleidung tragen noch konsequenter eingehalten wird.
Aus diesem Grund ist es im Textilen Abschnitt sogar im August regelmässig
möglich, mehre hundert Meter Strand für sich alleine zu haben, aber nur während
der Siesta!
In
einer weiteren Hinsicht unterscheidet sich Vera Playa von den FKK Zentren,
welche wir ausserhalb Spaniens besucht hatten. Hinter dem Strand ist Nacktheit
innerhalb der FKK Zone selbstverständlich auch etwas normales, aber nur wenn
man in einer „Mission“ unterwegs ist; z.B. auf direktem Weg von der
Ferienwohnung ins Café, zum Müll oder an den Strand. Wer aber im Adamskostüm
(immer noch in der FKK Zone versteht sich) einen Umweg macht um sein Ziel zu
erreichen, kommt sich hier etwas wie ein Aussenseiter vor!
Während
des ganzen Jahres ist diese Gegend sehr trocken und während der Sommermonate
gibt es normalerweise gar keine Niederschläge. Von Zeit zu Zeit gab es aber
auch ohne stürmisches Wetter eine Woche mit beeindruckenden, grossen sich
überschlagenden Wellen. An diesen Tagen fangen alle ihre Bewunderung für die
Kraft der Natur mit ihrer Kamera ein. Einige dieser kraftvollen Wellen spülen
jeweils ganze Strandabschnitte weg. Die Regierung schlägt aber zurück und
deponiert danach jeweils an den meist betroffenen Strandabschnitten
Lastwagenweise neuen Sand.
Wie
in einem Drittweltland wird der Strand während den Sommermonaten jeweils von
Strandhändlern (hauptsächlich aus Afrika) heimgesucht. Diese sind aber
glücklicherweise nicht so insistierend wie diejenigen in Asien, ausser man ist
so naiv, sich mit ihnen auf ein Gespräch einzulassen…
Während
der Sommerferienzeit spielt sich das Leben in Vera Playa viel lebensfroher und
erfrischender ab, als während der Nebensaison. Bis spät nach Mitternacht sieht
man viele Spanische Familien, welche mit ihren Kindern entlang des “Paseo
Maritimo” spazieren und davon profitieren, dass die Eiskioske nun alle geöffnet
sind, nachdem einige während des Tages geschlossen waren.
Es ist uns aufgefallen, dass viele Spanische Paare Chinesische Mädchen
adoptierten. Es scheint, dass wie in anderen Ländern, auch die Spanischen
Adoptionsgesetze so viele Bedingungen stellen, dass eine „Einkaufstour“ nach
Asien als eine gute Alternative erscheint. In zehn Jahren oder so werden sich
die Touristen aus Asien vermutlich wundern,
wie vielen Chinesinnen sich nackt an Spaniens FKK Stränden sonnen.
Während
wir an einem warmen Sommerabend nach Mitternacht auf unserer Terrasse sassen,
vernahmen wir vom Dach unserer Nachbarn (welche nicht hier waren) ein Geräusch.
Nachdem wir sahen dass dort ein Mann an der Fernsehantenne schraubte, schrien
wir ihn an und fragten nach seiner Rechtfertigung. Er antwortete ganz ruhig,
dass er die Antenne neu ausrichtet. Mutig und splitternackt wie sie war, begab
sich Brigitte sofort aufs Dach um ihn davonzujagen, da sie ihm kein Wort
glaubte. Heinz vermutete, es könnte sich vielleicht um einen faulen Trick
handeln um uns abzulenken, so räumte er zuerst alles Wertvolle in unser
Apartment und schloss dieses richtig ab, bevor er Brigitte half, den
verdächtigen Eindringling fortzujagen. Zu Brigittes grosser Überraschung
versuchte dieser nicht einmal die Flucht zu
ergreifen. Dafür hatte er seinen Laptop an der Antenne angeschlossen und
bestand darauf, dass er der TV-Techniker sei, welcher von der Siedlung den
Auftrag hat, die Antenne zu justieren, da der Empfang in einigen Wohnungen
schlecht sei. Als wir ihn fragten weshalb er diesen Auftrag nach Mitternacht
ausführe, stellte er sich als Christobal vor und antwortete: “Ich bin auch
FKK-ler und ziehe es vor, tagsüber an den Strand zu gehen. Momentan ist es
einfach zu heiss um am Tag zu arbeiten.“ Brigitte glaubte ihm immer noch nicht
ganz, aber am nächsten Morgen bestätigte Jan, der Besitzer von Natsun, dass es
durchaus möglich sei, dass Christobal mitten in der Nacht auf dem Dach
arbeitet.
Später
trafen wir ihn oft am Strand wieder und unterhielten uns mit ihm ab und zu (in
der Hoffnung unser Spanisch zu verbessern). Er sagte, dass ihm klar wurde, dass
wir ihm ein Problem machen würden, nachdem er hörte, dass wir Schweizer seien –
die würden sicher niemals zu Unzeiten freiwillig arbeiten.
Leider
waren die meisten Spanischen Nachbarn die wir hatten eher reserviert und so
konnten wir nicht so oft wie wir es erwartet hatten, von gratis Spanisch
Lektionen profitieren. Die meisten Ausländer welche jeweils im Appartement
neben uns wohnten, waren deutlich kontaktfreudiger!
Im Allgemeinen ist es aber sehr lohnenswert, wenn man wenigsten etwas Spanisch
spricht. Das meiste Verkaufspersonal ist immer für einen kleinen Schwatz zu
haben, wenn sie Ausländer bedienen, welche etwas Spanisch sprechen. Spanisch zu
lernen ist eigentlich gar nicht so schwierig, einige Wörter kann man problemlos
für mehrere Begriffe verwenden. Nur ein kleines Beispiel: die Redewendungen „am
Morgen“, „morgen“, „morgen in einer Woche“, „morgen in einem Monat“ oder „morgen
in einem Jahr“ kann man alle ganz bequem mit einem Wort treffen: “mañana”. So
einfach ist die spanische Sprache aber nicht immer: Unter „Piso Piloto“
versteht man beispielsweise keine Pilotenwohnung, sondern eine Musterwohnung.
Während
unseres Aufenthaltes in Vera Playa wurde uns bewusst, in welch kurzer Zeit die
vom Tourismus abhängigen Geschäfte ihr Geld verdienen müssen. Im nahegelegenen
Garrucha öffneten viele Restaurants und Souvenirgeschäfte ihre Tore erst im
August, nur um bereits Mitte September wieder dicht zu machen. So ist es nicht
verwunderlich, dass im Hochsommer das Angebot von Touristenfallen geprägt wird.
Von den vielen Lokalen und Liegestuhlvermietungen am Strand waren die meisten
von der “Semana Santa” (Osterwoche) bis etwa Ende September geöffnet. Ausser im
August konnten aber nur diejenigen im FKK Bereich ein gutes Geschäft machen, da
der Textilstrand nur während der “Semana Santa” für ein paar Tage und um den
August für etwa 5 Wochen Badegäste hatte.
Die
grosse Mehrheit der Urlauber in Vera Playa sind Spanier, gefolgt von Franzosen,
Niederländern, Engländern und Deutschen. Uns ist aufgefallen, dass die
Menschen, welche in Südspanien aufgewachsen sind, ein paar Grad mehr Wärme
brauchen, als diejenigen aus Madrid oder Nordeuropa. Viele Andalusier, welche
wir den ganzen Sommer über nur splitterfasernackt gesehen hatten, spazierten im
Spätherbst urplötzlich mit mehreren Lagen Kleidern entlang des Strandes. Sowohl
die “Madrileños” als auch die Ausländer genossen derweilen immer noch vollkommen
unbekleidet die wärmende Sonne!
Im
Gegensatz zu Ferienanlagen welche von Deutschen oder Engländern dominiert werden, dürfen die Eigentümer in Vera Playa
während des ganzen Jahres Umbauten an ihren Ferienwohnungen vornehmen. Dies ist
eigentlich viel sinnvoller (und auch leiser) als die übertriebenen Umbau
Sperrzeit Verordnungen in Deutschen Ferienanlagen, welche dazu führen dass
„do-it-yourself“ Freunde den ganzen Tag über einen extralauten Rasenmäher
ungebraucht im Rasen dröhnen lassen, nur um die Umbaugeräusche im Hintergrund
zu übertönen!
Unter Freunden
Unsere
Zeit in Vera Playa war sehr kurzweilig. Während der Winterzeit trafen und
bekochten wir einige Freunde und Bekannte, welche wir von unseren vorgängigen
Aufenthalten im Costa Natura kennen. Wir
wurden von ihnen mit Spezialitäten wie Holländischem Käse, oder deutscher Wurst
verwöhnt. Einigen, darunter Gisela & Klaus und total überraschend auch
Christiane & Klaus welche erst vor kurzem noch glaubten, dass wir es hier
keine drei Tage aushalten würden, gefiel es auf Anhieb so gut, dass sie sich
hier für den nächsten Winter selbst eine Ferienwohnung buchten. Für andere
wiederum, wie z.B. Bruni & Erhard stand dies nicht zur Diskussion, da sie
im Costa Natura Eigentümer sind.
Zudem lernten wir weitere interessante Menschen kennen, wie z.B. Brita &
Holger oder ein alleinerziehender Schweizer Familienvater, welcher oft ausser
seinen eigenen Kindern auch noch die Kinder der Nachbarn und sogar seine
Lehrlinge in den FKK Urlaub mitnahm. Diese Kinder und Jugendlichen erzählten
davon so begeistert ihren Eltern, dass diese teilweise in den folgenden Jahren
ebenfalls zu FKK-lern wurden und ihn ebenfalls begleiteten. Er ist ein gutes
Beispiel dafür, dass FKK-ler welche in ihrem Umfeld offen über ihre natürliche
Einstellung zur Nacktheit sprechen, dieses Hobby dadurch oft auch mit ihrem
Bekanntenkreis teilen können. Für den teilweise schlechten Ruf der FKK Idee
sind diejenigen FKK-ler, welche ausserhalb der Gelände-Grenzen darüber
schweigen zu einem grossen Teil mitverantwortlich.
Nachdem wir uns in unserem Freundeskreis als FKK Anhänger identifizierten,
gaben einige Freunde zu ebenfalls FKK-ler zu sein, andere sagten, dass sie es
zwar noch nie probiert hätten, es aber als etwas natürliches betrachten und
andere waren zuerst etwas skeptisch, versuchten und genossen es aber nach ein
paar Jahren schlussendlich doch.
Wir
trafen uns hier auch mit Birgit & Norbert, einem netten Paar welches sich
für einen Monat ein Appartement mietete. Vorgängig fragen sie uns nach unseren
Erfahrungen in Natsun, da sie auf unserer Website entdeckten, dass wir gerade
hier waren.
Natürlich
machten wir auch Bekanntschaft mit vielen Urlaubern, welche für ein paar Tage
oder auch für ein paar Wochen oder Monate hierher kamen. Ab und zu begegneten
wir am Strand so vielen bekannten Gesichtern, dass wir schon fast hätten
auslosen müssen, mit wem wir uns zuerst unterhalten.
Während
der Sommermonate hatten wir mehrmals Freunde zu Besuch, welche diese angenehme
Ferienanlage jeweils für ein paar Wochen mit uns teilten.
Ende Mai holten wir Annemarie und Beat, bei denen wir in der Schweiz schon ein
paar Mal wohnen durften, am 140 Km entfernten Flughafen St. Javier bei Murcia
ab. Ohne zu zögern, aber etwas besorgt zogen sie sich sofort aus, stellten aber
bald mit Erleichterung fest, dass die Atmosphäre unter den „Nackten“ viel
natürlicher und auch ruhiger ist, als diejenige in den Ferienanlagen die sie in
den letzten Jahren jeweils besucht hatten. Das FKK Leben gefiel Annemarie &
Beat während ihrer zwei Wochen offensichtlich so gut, dass sie tagsüber kaum
Ausflüge machen wollten und die Sonne fast täglich so lange auskosteten, bis
sie am Horizont verschwand.
Auf
unser Drängen hin, holte sich Beat bei einem Zahnarzt, welcher uns von den
Besitzern hier empfohlen wurde, eine Zweitmeinung ein. Dabei sparte er auf
einen Schlag € 2000.-(zweitausend!) da der Spanische Zahnarzt die Behandlung,
welche sein Schweizer Kollege vorschlug, zum jetzigen Zeitpunkt als absolut
unnötige Geldverschwendung einschätzte.
Anfangs
August kriegten wir für vier Tage Besuch von Magy, einer ehemaligen
Arbeitskollegin von Brigitte. Sie ist mit ihrem inzwischen leider schon
verstorbenen Partner vor ein paar Jahren nach Südspanien ausgewandert und führt
nun abends ein Hähnchen-Restaurant, etwa
200 Km von Vera Playa entfernt. Tagsüber besucht sie oft den FKK Strand in
ihrem Wohnort. Wir freuten uns, einander nach fünf Jahren erstmals wieder zu
sehen. Magy wollte natürlich sowohl den Strand, als auch die Restaurants in
dieser Gegend auskundschaften.
Anfangs
September hatten wir für drei Tage Besuch von Angelika und Karsten, einem
interessanten und unkomplizierten Paar aus Dänemark, welches im Costa Natura
seinen festen Wohnsitz hat. Während der Wintermonate sind die beiden jeweils
fast ohne Gepäck für ein paar Monate als Globetrotter in Asien unterwegs, wo
wir uns in den vergangenen 5 Jahren zweimal getroffen haben.
Noch
am selben Tag an dem sich Angelika & Karsten von uns verabschiedeten,
holten wir unsere Freunde Moni & Bruno vom Flughafen ab.
Bei
unserem ersten gemeinsamen FKK Urlaub 1994 wurden die beiden zu einem Paar und
heirateten während ihren über zweijährigen Flitterwochen in Australien. Seither
verabreden wir uns regelmässig Mal für sechs Tage, aber auch Mal für volle
sechs Wochen, um gemeinsame FKK Ferien zu geniessen. Während der diesmal 2 ½
Wochen machten wir auch ein paar Ausflüge und schlemmten in einigen
Restaurants.
Als
letzte Besucher kamen Mitte Oktober Heinz’ Schwester Edith zusammen mit Partner
Kari, welche wir am 90 Km entfernten Flughafen in Almeria abholten. Als wir den
beiden 1994 erstmals von unseren FKK Urlaub (mit Moni & Bruno) erzählten,
konnten sie sich dies für sich selbst noch nicht so richtig vorstellen. Als sie
uns aber 1999 für 8 Tage im „Domaine de la Sablière“ besuchten, wurde für sie
Nacktheit schnell ebenfalls zur natürlichsten Sache der Welt und so begleiteten
sie uns seither schon fünfmal zum FKK Urlaub.
Edith
& Kari waren erst bis vor drei Wochen in Island gewesen und konnten uns ein
paar wertvolle Tipps geben. Sie wiederum konnten davon profitieren, dass wir im
kulinarisch nicht so herausstechenden Andalusien den Spreu schon etwas vom
Weizen getrennt hatten. Da sich Edith & Kari immer sehr auf Trab halten,
konnten sie leider nur 10 Tage bleiben.
Für
all unsere Besucher konnten wir uns an der Rezeption mit Bett- und
Frottierwäsche eindecken. Natsun bot uns wirklich einen sehr guten Service.
Nicht
alle Besucher waren uns aber willkommen. Zu gewissen Jahreszeiten wurden die
Spatzen schon fast zu einer Plage, da die Federviecher unsere Terrasse fast
schneller verschissen als wir sie
reinigen konnten… Die Chance sie los zu werden ist nicht gross, da sie von
vielen Urlaubern mit allem (ungesunden) gefüttert werden.
Frühlingsausflug
In
Andalusien kehrte anfangs Februar langsam der Frühling ein und wir wollten ihn
noch einmal auskosten, so lange wir noch in dieser Gegend waren.
Nachdem
uns Trix & Gernot von der schönen Landschaft und den Mandelblüten in der Alpujarra vorgeschwärmt hat, machten wir uns
auf, um dies selbst zu erleben. Vorher kontaktierten wir noch Magy, unsere
Freundin mit dem Hähnchen-Restaurant "El Gallinero" in La Herradura.
So konnten wir uns Mal wieder treffen und auch bei ihr übernachten.
Nach
einer wunderschönen Anfahrt via „Desierto de Tabernas“ sahen wir um uns herum
bald in drei Richtungen Schneeberge. Wir bogen ins Alpujarra Gebirge ein und
hoben die nördlichere Strecke entlang der Sierra Nevada, für den Rückweg auf.
Nicht
nur die Mandelbäume waren schön anzusehen, sondern vor allem auch die
Landschaft die sehr abwechslungsreich ist, mal mit kultivierten Hügeln, dann
wieder mit steppenähnlichem kargem Land auf dem kaum was wächst. Wir sahen hohe
felsige Berge oder ausgewaschene Sandhügel und auch die Farben des Bodens
wechselten sich ständig ab; mal war er mausgrau, dann wieder ocker bis rot oder
stark braun vom Eisengehalt des Gesteins.
Unterwegs
hätte man alle paar hundert Meter anhalten können, doch wir wollten vor der
Dunkelheit aus dem Gebirge raus sein und zudem hatten wir uns ja bei Magy
angesagt. Als wir bei Motril die Costa del Sol erreichten, fuhren wir zum
ersten Mal seit langem wieder in dichtem Verkehr und uns wurde erst richtig
bewusst, dass die Gegend um Vera und die Costa Almeria doch eher ruhig ist.
Am
Sonntagabend geht Magy jeweils mit ihrer Equippe; dem Koch, einer Küchenhilfe
und einer Freundin auswärts essen. So konnten wir uns den vieren anschliessen
und weisse Spargeln geniessen.
Am
nächsten Tag gingen wir alleine auf
Erkundigungsfahrt. Dabei folgten wir erst der Küstenstrasse bis Nerja, drehten Inland und kamen durch saftige
Hügel in denen gelb die Ginsterbüsche leuchteten. Die Mandeln waren hier
allerdings schon verblüht.
Wir
fanden viele hübsche weisse Dörfer, wie z.B. Cómpeta+Corumbela, von denen aus man
bis ans Meer sah. Weiter oben faszinierte uns der Ort Alhama de Granada, der
auf Klippen über einem ausgewaschenen Flussbett thront.
Am
nächsten Tag hatte Magy frei und spielte Turistenführerin. Sie leitete uns in
die Sierra de los Guajares, wo wir erst einen langen Spaziergang in den Bergen
machten und anschliessend in einem typisch spanischen Lokal zu Mittag assen.
Auf dem Weg von dort weiter über eine enge Passtrasse, kamen wir durch recht
viele Mandelhaine die Mal rosa, Mal weiss blühten.
Tags
drauf besichtigten wir Malaga. Wir klapperten die
sehenswerten Gebäude ab und schnauften danach auf den Monte de Gibralfaro mit
der Alcazaba Festung. Der Blick schweifte über das blaue Meer auf der einen, sowie zu den grünen Hügeln und schneebedeckten
Bergen auf der anderen Seite. Allerdings war uns die davor liegende Betonwüste
mit hässlichen Hochhäusern ein Dorn im Auge – aber auch das ist Andalusiens
Costa del Sol! Wir finden allerdings die
kleinen weissen Dörfer, welche an den Hängen kleben viel hübscher.
An
diesem Abend hatte Magy den Hühnerstall wieder geöffnet und wir erlebten zum
ersten Mal die Atmosphäre, wenn das Restaurant mit Gästen belebt ist. Wir
bestellten uns von den Hähnchen-Spezialitäten und genossen den zuvorkommenden
Service.
Tags
drauf verabschiedeten wir uns dann von Magy und fuhren durch das Alpujarra
Gebirge wieder „heimwärts“. Bald erklommen wir eine Passtrasse mit toller
Aussicht, die leider weiter oben gesperrt war, sodass wir umdrehen mussten.
Nach
Erreichen des Thermal Ortes Lanjaron besuchten wir drei als touristische
Juwelen hoch gepriesene Dörfer: Pampaneira, Bubion und Capileira. Sie alle
hatten uns etwas enttäuscht. Keines der touristisch vermarkteten Dörfer sah
besser aus, als all die andern weissen Dörfer die nirgends speziell erwähnt
sind, es gab hier einfach noch Souvenirgeschäfte und mehr Restaurants.
Als
nächstes trudelten wir nach 5 Uhr in Trevélez ein, einem ebenfalls berühmten
Ort. Es war merklich kühler hier, denn schliesslich befanden wir uns nun im
höchstgelegenen Dorf Spaniens auf 1750m.ü.M! Zudem lagen Schneehaufen entlang
der Strasse, die vor ein paar Tagen kurz gesperrt werden musste.
Hier
suchten wir nach einer Unterkunft, was sich als schwieriger erwies, als es auf
den ersten Blick schien. Obwohl es viele Hotels + Restaurants hat, waren die
meisten geschlossen wegen Renovation, Ferien, zu wenig Gästen oder einfach weil
sie die Zimmer nicht heizen wollten. Wir fragten immer wieder herum und als
nichts fruchtete, sahen wir in einem teuer erscheinenden Apartment Haus unsere
letzte Chance. Gespannt wie teuer es sein würde, klingelten wir an der Tür. Wir
hatten Glück! Das noble Haus hält immer ein „einfaches“ Zimmer für spontan
erscheinende Gäste bereit. Es war sehr gut ausgestattet und sogar mit
Fussbodenheizung angenehm geheizt - und das für 40 Euro; nicht schlecht!
Zufrieden stapften wir anschliessend durch den Schnee nochmals hinauf ins
Oberdorf (Barrio Alto). Trevélez ist ein weisses Dorf mit drei Ortsteilen und
viele Häuser sind recht gross, da sie teilweise nichts anderes als
Schinkenbeine in “secadores” beherbergen. Der berühmte Serrano Schinken wird nämlich hier in
der reinen kühlen Bergluft getrocknet. Die teuersten der etwa 7 kg schweren
Schinkenbeine hängen bis 2 Jahre und können € 700 kosten. Diese stammen von den
weissen Schweinen, welche in der Provinz Extremadura unter Eichenbäumen lebten.
Trevélez
ist sehr touristisch und bietet eine grosse Auswahl an Souvenirgeschäften.
Ausser viel unbrauchbarem, werden natürlich auch die Schinken, Forellen und
Soplillos, eine lokale Meringue (Baiser) Spezialität mit Mandelsplittern,
angeboten.
Am
nächsten Morgen kamen wir durch viele
kleine Dörfer in denen die Strassen oft so eng waren, dass man mit dem Auto kaum
durchkam, ganz im Gegensatz zu den sonst sehr gut ausgebauten Strassen zwischen
den Ortschaften.
Die
als "scenic" eingezeichnete Strasse die wir zum Abschluss unserer
Tour nahmen, war aber eine grosse Ausnahme. Das Strässchen entlang der Schlucht
des Rio Adra war voll Löcher und höchstens etwa drei Meter breit. Sie war
eingemeisselt in eine Senkrechte, teilweise sogar überhängende Felswand.
Zuerst
hielten wir noch den Atem an, aber die Landschaft war so einmalig schön, dass
wir nicht umdrehen wollten - wenn wir überhaupt irgendwo hätten drehen
können... Zu unserer Beruhigung sahen wir viele Kurven weiter vorn noch ein
anderes Auto fahren. Am Schluss waren wir total begeistert, dass wir uns dieses
Abenteuer nicht hatten entgehen lassen. Ab dem Stausee Beninar war dann die
Strasse schon wieder breit und luxuriös und jede Nostalgie verflogen. Diese
Fahrt war ein faszinierender Abschluss für unsere Blüten-Fahrt und bleibt uns
natürlich viel besser in Erinnerung, als eine Autobahnstrecke!
Schlussgedanken
Wir
genossen unseren Aufenthalt bei Natsun in jeder Hinsicht. Es ist sicher einer
der besseren FKK Plätze die wir kennen. Auch die Offenheit und Toleranz der
spanischen Gesellschaft trägt dazu bei, dass Nacktheit am Strand von Vera Playa
vollkommen natürlich ist, genauso wie es sein sollte.
Das
Wetter hier ist während dem grösseren Teil des Jahres sehr eintönig; jeden Tag
nur Sonnenschein.
Weshalb
wissen wir nicht genau, aber irgendwie keimten in uns neue Reisepläne für
Regionen mit weit weniger „eintönigen Wetterlagen“. Wir haben vor die Färöer
Inseln, Island und Grönland zu erkunden. Danach möchten wir den nächsten
Winter, sowie den folgenden Sommer in Skandinavien verbringen. Nach soviel
Sonne in Südspanien überstehen wir wohl das harsche und kalte Klima und
geniessen vermutlich sogar die verschiedenen Launen des Wetters, welche in der
Nähe der Arktis alles andere als langweilig sein werden!
Als
wir in Natsun eintrafen, suchten wir eigentlich nur einen
einigermassen warmen Platz um etwas dem Winter zu entfliehen. Tatsächlich ist
der Winter recht angenehm, obschon es auch hier einen spürbaren Winter gibt.
Vera Playas grösste Trumpfkarte: den Strand, kann man aber nur in der wärmeren
Jahreshälfte voll geniessen.
Zwischen
April und November ist in unseren Augen die beste Zeit für einen Aufenthalt in
Vera Playa. Wir bevorzugten die Sommerzeit weil wir dann von Spaniern umgeben
waren; von der lebensfrohen Spanischen Lebensart, welche uns sogar noch mehr
zusagte als wir dies erhofft hatten!!!
Abschied von Spanien: Inland-Route
nach Frankreich
Am 7. April verliessen wir schlussendlich unser
sonniges Paradies in Südspanien und fuhren Richtung Frankreich. Wiederum
entschieden wir uns für eine Inlandroute weitab der Autobahnen.
Die Landschaften waren auf dieser Strecke wiederum so
faszinierend und abwechslungsreich wie eine Fahrt durch verschiedene
Kontinente. Mal hatte es trockene rote Erde, dann wieder hochalpine Nadelwälder
oder üppiges Farmland. Die vielen Touristen die alle bloss über die
Küsten-Autobahn hetzen, wissen zum Glück gar nicht, was sie alles verpassen!!!
Als wir den Jumilla Pass erreichten, hatte es da
oben statt 20°C plötzlich nur noch 10°C. Wie tief waren doch Socken und Jacken
verpackt! Über eine Hochebene mit Nadelwäldern erreichten wir um 20 Uhr ein
Dorf namens Sinarcas. Dort nahmen wir in einem ‚Hostal‘ ein Zimmer und sahen
uns darauf noch etwas im Ort um. Jetzt erst kapierten wir, weshalb uns die
Señora so komisch angesehen hatte, als wir ihr mitteilten, wir seien noch nicht
sicher, ob wir bei ihr essen wollten oder in einem anderen Restaurant. Denn:
wir waren bereits in DEM Restaurant des Dorfes … the one and only!
Am nächsten Morgen durften wir noch einmal Spanien
erleben wie es spanischer nicht sein kann. Die ganze Dorfbevölkerung drängte
sich mit Stoffsäcklein ausgerüstet, in die 2m2 grosse Bäckerei – wir
mit ihnen! Dann brachten wir unsere frisch gekauften „panes con chocolate“ in
UNSER Restaurant rüber und drängten uns, zusammen mit der ganzen werktätigen
Bevölkerung, die hier ihr „Z’nüni“ zu verzehren schien, an die engen Tischchen.
Einige bestellten sich ‚Tostadas‘ andere brachten Sandwiches oder etwas aus der
Bäckerei mit. Ein Mann versuchte allen LeutenÄpfel zu verteilen, weil sie so gesund
seien. Einige belächelten ihn nur und schenkten sich lieber Wein und Wasser
ein.
Der zweite Tag brachte uns dann bald in die Nähe von
Teruel, wo es eine Unmenge beeindruckender Gesteins-Formationen in allen Farben
gibt. Ebenfalls wunderschön war die Gegend um den riesigen Stausee des Ebro
Flusses.
Nach Lerida wechselten wir dann auf eine neue
Autostrasse und glaubten, es ginge nun zügig weiter nach Frankreich, zumal auch
die Landschaft nun unspektakulärer und bevölkerter, sprich: zubetoniert war. Anschliessend
kamen wir aber dummerweise gleich zwei Mal durch grössere Ortschaften und das
dauert ja bekanntlich immer. Es war schon dunkel (ca. 21 Uhr) bis wir die
französische Grenze erreichten.
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Fotos: Frankreich Publikationen |
Frühling in Frankreich: FKK, Natur & Kultur
Wir dachten von der spanischen Grenze bis nach
Leucate sei es nur noch ein Katzensprung, aber schlussendlich fuhren wir noch
90km im Regen. Erst um 22 Uhr standen wir auf der Schwelle zum Gourmet-Lokal
„Le Clos Ninon“ und hofften, nicht abgewiesen zu werden – wir waren ja
schliesslich nicht mehr in Spanien! Vielleicht dank dem das Lokal noch brechend
voll war oder weil das Wirtepaar unsere Gesichter kannte, gab man uns einen
Tisch, wo wir alsbald ein 5-Gänge Menü bestellten (für € 32). Nach 1½ Jahren in
Spanien genossen wir diese Gourmet-Mahlzeit umso mehr.
Dank dem viele Hotels in Frankreich ein System mit
vollautomatischer Zimmervergabe mittels Kreditkarte kennen,
machten wir uns ohne Sorgen erst nach Mitternacht
auf Zimmersuche.
Bélézy en Provence
Für den nächsten Tag hatte Heinz die kleine Strasse D
25 rausgesucht, die durch die absolut spektakuläre Schlucht ‘Gorge de la Vis‘
zum Ort Ganges (in Frankreich) führte. Dahinter öffnete sich das Tal und die
Landschaft wurde wieder grüner und flacher. Die Temperaturen waren hier erstaunlicherweise
höher als in Vera; so um die 23°C.
Nachmittags um 17 Uhr erreichten wir unser Ziel: die
FKK Ferienanlage Bélézy in
Bedoin. Hier hatten wir nun für zehn Tage ein schönes Mobil-Heim gemietet.
Im Frühling hatte es zwar nicht ganz so viele Gäste
wie bei unserem letzten Aufenthalt im Herbst, doch da diese jetzt deutlich
jünger waren, präsentierte sich Bélézy viel belebter. Es gab wieder Grillabende
und man traf die andern Gäste in der Sauna.
Wir machten auch einige Ausflüge und genossen den Frühling in der Provence.
Vielerorts waren die Strassen von blühenden Kirschbäumen gesäumt. Als Gegensatz
dazu lag aber auf dem Mont Ventoux wo noch viel Schnee.
Natürlich besuchten wir auch den Montags-Markt in
Bedoin, nur 15 Minuten zu Fuss vom Bélézy entfernt. Für alle die kulinarische
Köstlichkeiten zu schätzen wissen, ist dieser ein wahres Fest für Augen und
Gaumen.
Kurzaufenthalt in der Schweiz
Ende April fuhren wir auf Nebenstrassen via Dieulefit
und Annecy in die Schweiz. Wir wählten
die Route über Chamonix und durchs Wallis, wobei wir durch den wirklich
sehenswerten, aber überhaupt nicht touristischen Ort Selkingen kamen. Wie
geplant nahmen wir am Fest zum 70. Geburtstag von Brigittes Vater teil. Wir
sahen auch bei Heinz‘ Mutter und ein paar wenigen andern vorbei. Wir blieben aber
nicht lange in der Schweiz, denn schliesslich hatten wir uns noch ein grosses
Sommerprogramm vorgenommen.
Bereits am 10. Mai 2009 fuhren wir zurück nach Frankreich.
Erneut übernachteten wir im hübschen Städtchen Annecy. Diesmal liessen wir uns
dazu überreden ins Gefängnis zu gehen, da uns der Rezeptionist ein gutes
Restaurant empfahl, welches sich in der ehemaligen Strafanstalt befindet. Da
man uns nach bezahlen der Rechnung wieder entliess, konnten wir am nächsten Tag
südwärts in die Ardèche Region weiter fahren.
Domaine de la Sablière
Da wir am letzten Tag eines langen Wochenendes ohne
Reservation im Domaine de la Sablière eintrafen, gab es keine grosse
Auswahl an freien Mobilheimen, aber wir bekamen trotzdem ein sonniges
Plätzchen. Wir erwarteten hier ein paar ruhige Tage zu verbringen, doch nur
eine Stunde nachdem wir unser Accacia Mobilheim bezogen hatten, tauchten unsere
Freunde Moni & Bruno auf. Als wir uns in der Schweiz getroffen hatten,
erwähnten sie absichtlich nichts von ihren Ferienplänen, weil sie uns
überraschen wollten. Als sie dann aber zwei Tage vor uns hier eintrafen,
wunderten sie sich, dass wir nicht hier waren. Sie wussten ja nicht, dass wir
ein paar Tage später als geplant von der Schweiz wieder los fuhren. Nun war die
Überraschung also perfekt und wir verbrachten zehn schöne Tage zusammen.
Am 13. Mai feierten wir in einem vorzüglichen
Restaurant unser Jubiläum: zehn Jahre Reiselust in Freiheit. Dieser
Jubiläums-Tag brachte eine weitere Überraschung: vor dem Frühstück verliessen
Moni & Bruno ihr Chalet Lavande und fuhren heimlich nach Barjac um uns eine
Torte zu kaufen, ohne zu wissen, dass wir dasselbe im Schilde führten. Als wir
uns um 10:00 Uhr zum Frühstück trafen, war die Überraschung perfekt; wir hatten
nun zwei grosse Torten und somit mehr als genug süsses, um diesen Anlass
gebührend zu feiern. Wir lachten und freuten uns bereits darauf, uns an die
„Bewältigung des Schicksals“ zu machen. Dies fiel umso leichter, da ja
inzwischen eine Espresso Maschine zu unserer Reiseausrüstung gehört, was auch
Bruno sehr zu schätzen wusste.
La Sablière ist auch für Moni & Bruno einer ihrer
Lieblingsorte, zu dem sie immer wieder gerne zurück kehren. Uns allen gefällt
die Grösse dieses Geländes in dem man lange Spaziergänge in der Natur
unternehmen kann. Das Einzige das uns dort stört, sind diejenigen Gäste die mit
ihren Autos allzu oft auf den schmalen steilen Strässchen fahren. Für einige
(auch junge und gesunde) Urlauber, scheint kein Weg zu kurz um nicht mit dem
Wagen zurück gelegt zu werden. Nicht nur die geliebten 4-Räder, auch die
geliebten 4-Beiner sind ab und zu nervend. Leider respektieren viele
Hundehalter das Hundeverbot am Strand nicht. Dies ist vor allem gegenüber
denjenigen Gäste unfair, die La Sablière ausgesucht haben, weil im Prospekt von
einem „Hundefreiem Strand“ die Rede ist.
Im Frühling herrscht auch im Sablière eine total
andere Atmosphäre als im Herbst, als wir hier vor allem pensionierte Urlauber
sahen. Jetzt war es viel lebhafter und an langen Wochenenden zog es viele
Familien hierher. Dann waren sämtliche der 150 Mietunterkünfte und viele
Campingplätze belegt und man sah viele Kinder auf dem Gelände.
Das Lebensmittelgeschäft führte nun sein
„Vollsortiment“ mit Frischprodukten, die auch nicht all zu teuer waren.
Die Lokale der Umgebung waren ebenfalls alle wieder offen und bereit
Touristen-Euros einzunehmen. Die besten Gourmet-Tempel füllten sich sehr
schnell und man musste bereits reservieren um einen Platz zu kriegen.
La Sablière war in den letzten Jahren um viele neue
Mobil-Heime erweitert worden und um die Reception gab es inzwischen gratis WiFi
Empfang für Laptops. Immer mehr Familien besitzen nun ein eigenes Mobil-Heim
auf einem Saisonplatz, was das Gelände belebt. Für uns wirkt er somit
französischer und dadurch noch charmanter.
Sablière mit seinen vielen Wandermöglichkeiten “au
naturel” bleibt einer unserer Lieblingsorte für FKK Urlaub. Sowohl die vielen
Mietmöglichkeiten, als auch die Campingplätze, Schwimmbäder, der Laden und das
Restaurant sind von weitem kaum sichtbar in die sonst intakte Natur des
Sablière integriert. Das Gelände befindet sich im steilen Flusstal entlang der
Cèze. Die Distanz von der Rezeption bis zum Schwimmbad beträgt fast einen
Kilometer und nach einem weiteren erreicht man das Geschäft und das Restaurant.
Von dort aus geht man nur noch ein paar hundert Meter weiter bis zum Badestrand
an der Cèze. Dank der natürlichen Atmosphäre ist La Sablière sowohl für
Neu-Naturisten als auch für alle die grosse Gelände in einer natürlichen
Umgebung mögen, ideal geeignet.
Die Dordogne neu entdeckt
Nach zwei Wochen ging unsere Reise weiter ins Dordogne
Gebiet. Auf unserem Weg entlang einer malerischen Inlandstrecke besuchten wir
noch die sehenswerten Ortschaften Les Vans, Tournel, St.Laurent d'Olt, Saturnin
de Lenne, Bertholène, Aubin und Gourdon.
Normalerweise finden wir ausserhalb der Hochsaison problemlos gute Angebote wo
wir oft ein Bungalow günstiger mieten können, als anderswo ein Zeltplatz mit
Elektrizität kosten würde. Nachdem allerdings das ehemalige FKK Cro Magnon
verkauft wurde konnten wir im Dordogne Bezirk keine solch tollen Angebote mehr
finden. Deshalb entschlossen wir uns wohl oder übel zu zelten. Um ehrlich zu
sein müssen wir zugeben, dass wir die dunklen Regenwolken mit denen wir in der
Dordogne empfangen wurden, gleich als Vorwand nutzten um in Roc Gageac ein
preiswertes Hotelzimmer zu nehmen. Dieses mittelalterliche Bilderbuch-Dorf
schmiegt sich wunderschön an die steilen Sandstein-Klippen oberhalb des Flusses.
Für uns war dies auch der ideale Ausgangspunkt für Ausflüge in die
nahegelegenen Ortschaften Beynac und Sarlat la Canéda, zwei weitere
touristische Höhepunkte.
Natürlich hatten wir auch ein „tägliches“
Abendprogramm: die Gourmet-Tempel der Region. Exquisites Essen ist ein so
integrierter Teil der französischen Gesellschaft, dass sogar im Telefonbuch
Auszüge aus Gastronomie-Führern wie z.B. dem “Bottin Gourmand” enthalten sind.
Terme d‘Astor
Nun zogen wir auf den Naturisten-Camping Terme d’Astor.
Hier gibt es zwar Mobile-Heime und hübsche Chalets die aussehen wie finnische
Blockhütten, aber leider lagen die Preise jetzt, in der Vorsaison, über unseren
Vorstellungen. Deshalb machten wir’s den Neandertalern gleich und krochen in
unser kleines Zelt. Die terrassierten Stellplätze sind gross und topf-eben. Da
es hier Ende Mai noch nicht so viele Gäste hatte, waren Geschäft und Restaurant
noch nicht voll in Betrieb. Die Öffnungszeiten und das Angebot verbesserten sich
aber täglich. Wir genossen ein paar Tage am Pool und bei Spaziergängen die man
hier auf den Waldwegen machen konnte.
Dazwischen machten wir auch ein paar Ausflüge und
besuchten sowohl das nahegelegene Belvès, als auch Les Eyzies de Tayac, das
hübsch am Fluss Vézère liegt.
Domaine Le Portrait: ein
kleines neues FKK im Charente Bezirk
Nun gingen wir weiter zur Domaine Le Portrait um
Tineke und Wim zu treffen. Dieses Paar aus den Niederlanden hatten wir 2005 in Australien
kennen gelernt, als wir an einer FKK Segeltour zum Great Barrier Reef bei Cairns
teilnahmen.
Damals erzählten sie uns von ihren Plänen, dem
hektischen Alltagstrott zu entfliehen um ihren Traum von einem eigenen FKK
Gelände zu verwirklichen. Natürlich waren wir von ihrer Idee beeindruckt und
neugierig ob die beiden ihren Traum auch realisieren, oder nur weiterträumen
würden, wie zu viele andere.…
Tineke und Wim bewiesen sehr bald, dass ihnen ihr
Projekt ernst ist. Sie suchten beharrlich, aber nicht verzweifelt nach einem
geeigneten Grundstück irgendwo in Frankreich oder Spanien. Nachdem sie mehrere
Objekte fallen liessen weil entweder die Gemeinde nicht mit den nötigen
Bewilligungen für ein Naturisten Gelände kooperieren wollte, oder wegen anderer
Probleme, wurden sie schlussendlich Ende 2007 fündig. Die beiden kauften einen
alten Bauernhof an Hanglage. Das Grundstück befindet sich in Saint-Séverin in der Nähe von
Bordeaux und hier unterstützt der Bürgermeister ihr Projekt, da er realisiert,
dass der neue FKK Campingplatz den einheimischen Geschäften einen willkommenen
Auftrieb bringen könnte.
Tineke und Wim liessen die Sicherheit ihrer Jobs in
den Niederlanden hinter sich und arbeiteten nun hart daran, den alten Hof in
ein Naturisten-Paradies umzubauen. Schon im Mai 2008 war alles bereit um die
ersten Gäste zu empfangen. Da die französische Zentralregierung die notwendigen
Bewilligungen nicht so schnell ausstellt wie der Bürgermeister ihres Ortes,
konnten sie in der ersten Saison nur ein paar „holländische Freunde“ aufnehmen.
Aus diesem Grund war ihre gut aufgemachte Internet-Seite auch nur in
Holländisch verfügbar, aber in der Zwischenzeit lernte http://www.leportrait.nu/ auch mehrere exotische Fremdsprachen.
Als wir im Juni 2009 im Domaine Le Portrait eintrafen, gab es ein
herzliches Wiedersehen. Tineke und Wim erzählten uns von den Freuden, aber auch
von der Vielzahl an Hürden die sich ihnen in den Weg stellten, als sie ihr
Gelände aufbauten. Vor kurzem hatten sie nun endlich die notwendigen
Bewilligungen erhalten. In der Zwischenzeit hat sich bereits herumgesprochen,
dass hier ein neuer FKK Camping eröffnet wurde und die ersten Gäste kamen bald.
Während wir dort waren, hatte es noch drei weitere Paare die bereits den Weg
hierher gefunden hatten und die guten Einrichtungen und den hervorragenden
Service genossen.
Die Domaine Le Portrait befindet sich in Saint-Séverin
bei Riberac, etwa 90 km nordöstlich von Bordeaux. Es gehört zur Charente Region
die vielleicht bei Naturisten (noch) nicht so bekannt ist, was nicht heisst,
dass diese Region nichts zu bieten hat. Périgueux und Bergerac in der
berühmteren Dordogne sind zudem nur 50 respektive 60 km entfernt. Tineke und
Wim können viele Informationen über interessante Ausflüge weitergeben.
Der Camping liegt an einem Hang von dem man eine
malerische Aussicht auf die hügeligen Felder der Umgebung hat. Es stehen 25
terrassierte Wohnwagen- oder Zeltplätze zur Verfügung. Ein Wohnwagen und ein
fertig aufgebautes holländisches Giebelzelt stehen schon jetzt als
Mietgelegenheit zur Verfügung und bald sollen noch zwei Holzchalets dazu
kommen. Manch einer hat ja das Bedürfnis nach etwas mehr Platz als in einem
Wohnwagen oder nach etwas mehr Komfort als beim Neandertaler-leben in einem
Kleinzelt, wo man all die Kriechtiere trifft, welche man normalerweise sofort
umbringen würde, wenn sie in die Wohnung eindringen!
Im Ernst: Für diejenigen die nur mit einfacher Camping
Ausrüstung unterwegs sind, ist es hier besonders komfortabel. Den Gästen stehen
ein Kühlschrank, sowie ein Aufenthaltsraum (im ehemaligen Stall) zur Verfügung.
Dort ist auch eine kleine Bibliothek untergebracht. Für heisse Tage hat es ein
Schwimmbecken und diverse kalte Getränke werden in einer Selbstbedienungs-Bar
zum Verkauf angeboten. Duschen und Klo sind originell im und um den ehemaligen
Stall untergebracht. Ab 2010 soll zudem ein neuer Sanitär-Block mit Sauna zur
Verfügung stehen.
Ab und zu organisieren Tineke und Wim eine
Massagewoche oder einen Zeichenkurs zu dem jeweils eine Lehrperson engagiert
wird. Normalerweise werden aber keine Animationen angeboten, damit sich die
Gäste richtig Entspannen können.
Wir genossen es, dass Tineke und Wim schon fast so
viele Dienstleistungen offerieren wie man sie sonst erst in grösseren
Naturisten-Geländen findet. Ab einer beeindruckend grossen Liste mit Bildern
kann man sich für den Morgen frisches Brot vom Bäcker bestellen. Abends wird
jeweils ein Mehrgänge-Menü angeboten, das an einem Gemeinschaftstisch für
maximal 6 Personen serviert wird. Tineke kocht mit frischen Zutaten im
französischen Stil und serviert grosszügige Portionen, wie dies in den
Niederlanden üblich ist. Selbst wenn nur ein einziger Gast Brot oder eine
Mahlzeit bestellt, stehen Tineke und Wim zu Diensten.
Wenn die Früchte reif sind, dürfen sich die Gäste an den Kirschbäumen bedienen –
sofern sie noch welche erreichen können. Tineke’s hausgemachte Konfitüren
können wir nur empfehlen. Die Feigenmarmelade ist ganz besonders lekker!
Wie viele andere Niederländer sind auch Tineke und Wim
sehr sprachbegabt und sprechen auch fliessend Deutsch, Englisch und Französisch. Sie führen Le
Portrait auf sehr persönliche und sympathische Art und wollen ganz bewusst nur
so viele Gäste aufs Mal aufnehmen, dass sie sich den Namen eines jeden Gastes
merken können.
Unsere kannten sie ja schon und wir haben uns dort so
wohl gefühlt, dass wir dieses kleine Paradies jedem der ein persönliches und
familiäres Naturisten Gelände sucht, wärmstens empfehlen können. Es ist ein
perfekter Ort um eine Weile auszuspannen, egal ob für einen kürzeren oder
längeren Aufenthalt.
La Jenny
Als nächstes fuhren wir an den Atlantik wo wir eine
Woche im La Jenny
verbrachten. Die Miete für ein kleines Studio mit eigenem Bad kostete hier
weniger als ein Zeltplatz mit Strom im Gebiet der Dordogne. Wir entschieden uns
für die preiswerteste Unterkunft, welche zwar schon etwas älter, aber trotzdem
mit einem neuzeitlichen Steamer Ofen ausgestattet war. Dies sagte uns viel
besser zu als ein Mikrowellengerät.
Die grosse FKK Ferienanlage besteht aus hunderten
von Chalets die hübsch im Pinienwald verteilt stehen. Man kann zwischen einer
Vielzahl von Farben, Standard und Preisen auswählen. Im La Jenny ist alles
grosszügig bemessen: das kleeblattförmige Schwimmbad, die Sportplätze und es
gibt sogar einen 6 Loch Golfplatz. Ein kilometerlanges Netz von Fuss+Radwegen
verlockt zum nackten spazieren und radeln unter den schattigen Bäumen.
Das kleine „centre commercial“ mit div. Geschäften
und Restaurant hatte (jetzt anfangs Juni) noch sehr eingeschränkte
Öffnungszeiten.
Das Resort ist so angelegt, dass die Feriengäste
motiviert sind das Auto stehen zu lassen und sich eher zu Fuss oder mit dem Rad
fortzubewegen. Verschiedene Wege führen über die grasbewachsenen Dünen zum
kilometerlangen Sandstrand. Das Wasser war zwar noch etwas kalt aber die Wellen
waren recht zahm, jedenfalls für Atlantische Verhältnisse.
CHM Montalivet
Nur 200km weiter nördlich besuchten wir unsere alten
Freunde Valerie und Alan die nun permanent im „CHM“= Centre Heliomarin Montalivet
leben. Die Anmeldung in diesem riesen FKK Gelände ist noch immer so langwierig
und kompliziert wie vor Jahren. Das Angebot an Geschäften und Restaurants
andererseits, ist auch noch immer so vielfältig und grossartig wie vor Jahren!
Viele der alten verlotterten Bungalows aus der
Pionierzeit wurden in der Zwischenzeit abgebrochen und durch eine Vielzahl
neuer Mobilheime ersetzt. Diese offerieren sicher deutlich mehr Komfort, aber
von Charme kann in diesen dichtgedrängten Gassen wo sich die Hüttchen eng
aneinander reihen, keine Rede mehr sein.
Wir konnten in Valerie und Alan’s zweitem Mobilheim
wohnen, das mit seinem netten Gärtchen gleich hinter ihrer eigenen Parzelle
viel einladender aussah.
Abends assen wir ein paar Mal mit Valerie und Alan
was wir sehr genossen, denn die beiden ziehen die Französische Küche gegenüber
der ihres Heimatlandes England vor.
Ausser bei unserer Ankunft in Montalivet, war das
Wetter immer schön und warm. Am Nachmittag des 13. Juni trafen (in Australien
ausgebildete) Rettungsschwimmer am Strand ein um ihn zu überwachen. Nur 10
Minuten nachdem sie ihren Dienst aufgenommen hatten, wimmelte es im Wasser nur
so von Badenden, obwohl all diese Leute vorher offensichtlich bloss am
Sonnenbaden interessiert gewesen waren…
Heliomonde und Paris
Als letzte Station in Frankreich entschieden wir uns
für das FKK Heliomonde bei
Paris. Via Internet sicherten wir uns
eine „last-minute“ Offerte für ein Chalet Tonga. Wir waren neugierig, ob
uns dieses ebenso zusagen würde wie die Tonganischen Inseln in der Südsee und
wirklich; wir wurden nicht enttäuscht! Das ganze Gelände entsprach absolut
unserem Geschmack. Obwohl es bloss 45 km nach Paris sind, ist man inmitten
ländlicher Landschaft um die Ortschaft St. Cheron. Nicht nur das nahegelegene
Dourdan, sondern die ganze Gegend ist sehenswert.
Heliomonde liegt in einem grossen Waldstück in dem
die Klubmitglieder, die meist aus Paris stammen, 350 Chalets besitzen. Wir
genossen die vielen Waldwege kreuz und quer durch das riesige Grundstück. Es
gibt ein Restaurant, einen sehr beliebten Pool, sowie mehrere Sport- und
Spielplätze für gross und klein. Eine grosszügige Sauna und ein Hamam Dampfbad
waren in einem neueren Gebäude untergebracht und durften kostenlos benutzt
werden.
Obwohl wir Heliomonde vor allem wegen seiner Nähe zu
Paris ausgesucht hatten, fuhren wir schlussendlich nur einmal in diese
Metropole, da es uns in der FKK Ferienanlage so gut gefiel. Heliomonde war
schon für sich allein eine Entdeckung und seine Lage macht es nur noch
attraktiver!
Mit einer Tageskarte konnte man vom 3km entfernten
St. Cheron mit dem halbstündlich verkehrenden Zug nach Paris fahren. Mit diesem
Billet konnten wir alle touristischen Attraktionen erreichen, selbst die
äusseren Vororte. La Défense zum Beispiel, ist ein futuristisch anmutender
Stadtteil, den viele Touristen zu Unrecht unbeachtet lassen. Er beeindruckte
uns wie schon vor 19 Jahren, als wir diese faszinierende Stadt kennenlernten.
Erneut liessen wir uns auch von den grossartigen alten Gebäuden im Zentrum
überwältigen wie z.B. dem Louvre, dem Grand- und Petit Palais, oder dem Arc de
Triomphe, aber auf eine ganz andere Art als in der Défense.
In Paris waren wir von tausenden anderen Touristen
umgeben, viele von ihnen aus Asien. Selbst abends um 19 Uhr schlängelte sich
immer noch eine mehrere hundert Meter lange Kolonne um den Fuss des Eiffel
Turmes. Die Leute standen an, um noch an diesem Abend auf eine der
Aussichts-Terrassen zu gelangen. Es ist uns bewusst, dass sich heute nur eine
Minderheit der Chinesen eine Auslandreise leisten kann, aber wenn man sieht wie
viele von ihnen in der Warteschlange zu diesem Wahrzeichen anstehen, kann man
sich leicht vorstellen, dass es in naher Zukunft noch viel mehr sein werden.
Obwohl wir Paris vor Jahren schon einmal erlebt
hatten, genossen wir doch diese ruhige und grosszügig angelegte wunderschöne
Stadt mit ihren vielen Parks aufs Neue.
Schweiz+D | Frankreich_07 | Spanien | Frankreich_09 |
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Niederlande | Dänemark | Top |
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Fotos: Belgien | Mehr über Land_5: Kapitel 13, Kapitel 15, Kapitel 18 |
Belgien: wir entdecken Brüssel & Gent
Am
Sonntag 21. Juni 09 verabschiedeten wir uns von Frankreich und fuhren nach
Belgien. Bis wir die Vororte von Brüssel erreichten, hatte es nur wenig
Verkehr, doch dort wurde er dann dicht und sehr hektisch. Mitte Nachmittag
erreichten wir unser Hotel in Ruisbroek, etwas südlich der Stadt und schon bald
machten wir uns auf den Weg ins Zentrum von Brüssel.
Wir
fanden den Bahnhof und nahmen den nächsten Zug. So wie wir die nur flämisch
geschriebenen Anweisungen auf dem Perron zu verstehen glaubten, sollten wir
beim Schaffner nach einer Fahrkarte fragen. Da er sich nicht sicher war, welche
Art von Billet er uns verkaufen sollte, liess er uns kostenlos in die Stadt
fahren wo wir uns am Schalter nach der richtigen Fahrkarte erkundigen sollten.
Ein hoch-unmotivierter Beamter erklärte uns im Hauptbahnhof, dass es entweder
die Bahn oder den Bus gäbe. Von den kombinierten Tickets die den gesamten
öffentlichen Verkehr im Zentrum einschliessen, wusste er nichts (seltsam!) und
auch die Nachfrage bei einem zweiten Staatsbeamten war absolut fruchtlos. In
der Zwischenzeit war es bereits 20 Uhr und wir wollten doch wirklich noch etwas
von der Stadt sehen! Sie leuchtete in der Abendsonne und wir fanden schnell den
Weg zum grossartigen „Grand Place/Grote Markt“ der von gut erhaltenen, meist
barocken Zunfthäusern eingerahmt wird.
Wie
wir am nächsten Tag entdeckten, sind Brüssels touristisch interessante
Stadtteile alle sehr gut erhalten. Abseits dieser sahen wir allerdings auch
schmutzige und zerfallende Quartiere. Ausserhalb des Zentrums besuchten wir das
Atomium, sowie die modernen Bürogebäude des EU Hauptsitzes. Diese befinden sich
nicht in einem neu erschlossenen Gebiet, sondern wurden in ein bestehendes
Quartier eingezwängt.
Um
den EU Sitz hört man die verschiedensten Sprachen und auch Belgien selbst ist
ja zwei-sprachig. Brüssel ist offiziell „bilingue“ das heisst: sowohl
Französisch, als auch Flämisch (bzw. Niederländisch) sind Amtssprachen. Die
Beziehungen zwischen den verschiedensprachigen Landesteilen sind aber viel
angespannter als in der Schweiz.
Ohne
all zu viel zu erwarten, fuhren wir weiter ins flämische Gebiet nach Gent. Unser Hotel (Formel 1) lag
ideal am Stadtrand, sodass wir das Zentrum bequem zu Fuss erreichen konnten.
Überall sahen wir schmucke Häuser, malerische Kanäle und grossartige Plätze.
Während der nächsten zwei Tage besuchten wir ein Quartier nach dem andern.
Nachdem
wir feststellten wie viel Gent zu bieten hat, sind wir überrascht, dass es
nicht touristischer ist. Es gibt aber trotzdem hunderte von Café’s und
Restaurants die von den Einheimischen recht gut besucht sind. Belgier gehen
gerne aus und es scheint, als würden sie sich nicht an vorgegebene Essenszeiten
halten. Man isst wenn man Zeit und Lust hat und konsequenterweise bieten die
Restaurants den ganzen Tag durchgehend warme Mahlzeiten an.
Im
ganzen Land sind “Pommes frites” allgegenwärtig; sie werden nicht nur in
kleinen Kiosken verkauft. Auch ethnische Restaurants bieten „Pommes“ wie
selbstverständlich neben Basmati- oder Jasmin Reis als Beilage an!
Am andern Ende des Spektrums haben sich die Belgier aber zu Recht einen guten
Ruf für feines Essen aufgebaut. Dies gilt auch für die legendären belgischen
Waffeln, von denen wir die weltbesten in Gent genossen haben.
An
beiden Tagen verweilten wir an den malerischen Plätzen beiderseits des Flusses Leie.
Sie werden „Gras- bzw. Koren-lei“ genannt und sind von wunderschön verzierten
Zunfthäusern aus dem Mittelalter eingerahmt. Die Quais waren Tag und Nacht
belebt und obwohl sich die meisten Besucher eine Weile auf die Mäuerchen
setzten um die schöne Atmosphäre auf sich einwirken zu lassen, gab es ein
konstantes Kommen und Gehen. Alle schienen es zu geniessen und waren vergnügt
und entspannt, ganz im Gegensatz zu den Menschen in Brüssel. Für uns war Gent
so abwechslungsreich und charmant, dass es einen Platz ganz oben auf jeder
Touristenagenda verdient hätte.
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Die Niederlande: nett und adrett
Von Gent ist es nicht sehr weit in die Niederlande, wo wir am 26.Juni 2009 eintrafen..
Wir entschieden uns für die Route durch den neuen Westerschelde Untersee-Tunnel
nach Zeeland. Unterwegs schauten wir uns mehrere Dörfer an: Nisse, Gravenpolder
und Kapelle. Alle waren enorm sauber und gepflegt, mit adretten Häusern von
denen die meisten einen wunderschönen Garten hatten. Sauber und gepflegt: genau
so erlebten wir eigentlich die ganzen Niederlande. In den Dörfern haben die
meisten Strassen einen Belag aus rotem Verbundstein. Oft ist für die
beidseitigen Radstreifen mehr Platz reserviert, als den Autos in der
Fahrbahnmitte zusteht. Deswegen müssen die PKWs oft zur Seite ausweichen um mit
dem Gegenverkehr kreuzen zu können. Tempo 30 ist in Ortschaften die gängigste
Höchstgeschwindigkeit und wird von den gesitteten Fahrern meist auch
eingehalten. Die Menschen benutzen das Fahrrad wann immer sie können. Dank dem
jede Ortschaft mit separaten Radwegen verbunden ist, wird der Drahtesel nicht
nur für die Freizeit, sondern oft auch für den Arbeitsweg benutzt.
Athena Naturisten Klub
Fast schon wieder an der
Belgischen Grenze, übernachteten wir im FKK Klub Athena bei Ossendrecht.
Etwa die Hälfte der 250 Familien, die hier Vereins-Mitglieder sind, stammen aus
den Niederlanden und die andere aus Belgien. Wir kamen schnell mit vielen ins
Gespräch, realisierten aber bald, dass es schwieriger war mit Belgiern zu
sprechen (trotz unserer Französisch-Kenntnisse) als mit Niederländern, die
meist mehrere Fremdsprachen beherrschen.
Da Athena’s neue Mobil-Heime
ausgebucht waren, mussten wir mit einem Miet-Wohnwagen vorlieb nehmen. Der gut
ausgestattete Campingplatz befindet sich in einem Waldstück mit grossen Wiesen,
Sportplätzen, einem Schwimmbad und einem Klubhaus. Es gab auch eine Sauna, aber
für die musste man extra bezahlen, genauso wie für Duschen und sogar fürs
Heisswasser zum abwaschen.
Nachdem wir zuvor in
Frankreich und Belgien waren fiel es uns nun besonders auf, dass die
Niederländischen Supermärkte eher auf grosse Mengen zu einem günstigen Preis,
statt auf Qualitätsartikel setzen. Brot konnte unglaublich leicht sein. Es ist
uns heute noch ein Rätsel, wie man so viel Luft in ein Brot rein packen kann.
Zeeland und das Delta
Projekt
Natürlich nutzten wir unseren Aufenthalt um auch
noch etwas mehr von der Provinz Zeeland zu sehen und so besichtigten wir die
Kleinstädte Tholen und Zieriksee. In beiden konnten wir ein paar wunderschön
restaurierte Windmühlen aus der Nähe ansehen und in Zieriksee wimmelte es im
Hafen von alten Windjammern da gerade eine Regatta statt fand.
Sehr eindrücklich waren auch die „Krammer-Sluizen”
(Schleusen von Krammer) die Teil des imposanten Delta-Projektes
sind. Wie wir alle wissen, liegt etwa ein Drittel der Niederlande unter dem
Meeresspiegel. Deshalb mussten sich diese Kerle etwas Gescheites einfallen
lassen, damit das Salzwasser dort bleibt wo es ist und sie zudem neues Land
gewinnen konnten. So wurden gigantische Dämme entlang der Küste, aber auch im
Landesinnern aufgeschüttet.
Der Unterschied im Wasserspiegel zwischen Salz- und
Süsswasser kann sehr hoch sein. Die Wasserwege einfach mit normalen Schleusen
zu versehen wäre viel zu einfach. Jedes Mal wenn ein Boot eine Schleuse
passiert, würden riesige Mengen an Salz in die Inlandkanäle gelangen. Um dies
zu verhindern haben sich die Niederländischen Ingenieure ein raffiniertes
System einfallen lassen, bei dem das gesamte Wasser in der Schleuse mit Süss-
bzw. Salzwasser ersetzt wird, bevor sich die Schleuse öffnet um das Boot
passieren zu lassen. Dank dem Delta Projekt und anderen technischen
Meisterleistungen wie dem 32 km langen “Abschluss Deich” Afsluitdijk, dem
Sperrdamm der das Ijsel Meer vom Atlantik trennt, wird das Risiko von weiteren
Flutkatastrophen minimiert und für die 16,5 Mio. Niederländer zusätzliches Land
gewonnen. Dieses wird für Landwirtschafts- und auch Wohnzonen genutzt.
Windmühlen und Wasserwege
In früheren Zeiten dienten die wunderschönen
Windmühlen vor allem um Wasser aus den Sumpfgebieten abzupumpen. Indem man
diese zusätzlich mit Gräben in Felder unterteilte, konnten sie bewirtschaftet
werden. Heutzutage sind die meisten der alten Windmühlen (durch Spezialfirmen)
restauriert worden, was den Nationalstolz fördert und zudem die Touristen
glücklich macht.
Viele Leute denken bei der Erwähnung von
holländischen Windmühlen an die Ortschaft Kinderijk, bei der wir auf
unserem Weg nach Amsterdam vorbei kamen. Tatsächlich sieht man dort wohl die
grösste Konzentration von Windmühlen im ganzen Land. Von einem Punkt aus sahen
wir 18 und es hatte in dieser Gegend, nördlich von Dordrecht noch viele mehr!
Entlang unseres Weges kamen wir auch immer wieder an neuen oder alten Häusern
mit Strohdächern vorbei.
Einige der wichtigsten Seehäfen der Welt befinden
sich in den Niederlanden, aber auch Inlandgüter werden oft auf Wasserwegen
transportiert. Trotz all der Bemühungen mehr Land zu gewinnen, wie wir dies
vorgängig beschrieben haben, sind die Niederlande immer noch voll von Wasser.
Ein riesiges Netz an künstlichen Wasserwegen wurde angelegt. Einige davon sind
nur enge Kanäle, welche dazu dienen kultiviertes Land zu ent- oder bewässern,
je nach Bedarf. Andere sind breite tiefe Kanäle, welche sowohl von grossen
Frachtschiffen, als auch von Freizeit-Kapitänen befahren werden. Ein grosser
Anteil der niederländischen Bevölkerung besitzt ein eigenes Boot das oft direkt
vor dem eigenen Garten vor Anker liegt. Mit einem Boot übers Wasser zu gleiten
ist definitiv das beliebtestes Freizeitvergnügen, auch wenn viele Ausländer
meinen, Holländer seien am liebsten mit einem Wohnwagen im Schlepptau quer
durch Europa unterwegs…
Mit soviel Verkehr auf den Wasserwegen ist es kein
Wunder, dass davon auch der Verkehr auf dem Strassennetz betroffen ist. Im
Sommer stehen oft viele Boote Schlange um eine offene Brücke passieren zu
können. An ein paar wenigen, stark frequentierten Kreuzungspunkten gibt es Aquädukte
die entweder eine Strasse oder einen anderen Kanal kreuzen, am häufigsten aber
öffnet sich eine Brücke. Die meisten werden von einem Brückenwärter bedient,
aber es gibt auch halb-automatische unbemannte Brücken, bei welchen der Kapitän
nur eine magische Nummer ins Handy eintippen muss. Ab und zu müssen die
Kapitäne einen Brückenzoll bezahlen um passieren zu können, doch leider wird
dieser nicht unter den wartenden Verkehrsteilnehmern auf der Strasse verteilt.
Traditionsgemäss lässt der Brückenwärter auch heute noch einen Holzschuh an
einer Rute ins Boot hinunter um den Obolus zu kassieren. Es gibt wohl tausende,
wenn nicht zehntausende solcher Kreuzungen zwischen Land- und Wasserwegen, wo
das Rotlicht-Signal oder das Schliessen einer Barriere Teil des Alltagsverkehrs
ist, selbst auf Autobahnen.
Da das Land sehr dicht bevölkert ist, fliesst der
Verkehr auf Autobahnen oft zähflüssig oder es hat sogar Stau. Auf der anderen
Seite sind aber die Nebenstrassen auf dem Lande meist erfrischend leer.
Abgesehen von den grossen Städten sind die meisten Ortschaften eher ruhig und
klein. Als wir uns Amsterdam näherten, waren wir überrascht wie grün und
ländlich die Landschaft bis nur wenige Kilometer vors Stadtzentrum war. Auf der
Landkarte waren schon längstens gelbe Felder für Vorortsbezirke eingezeichnet,
aber in Wirklichkeit hatte es erst vereinzelte Häuser zwischen Kanälen und
Feldern.
Zaandam: unser
Ausgangspunkt für Amsterdam
Wir basierten uns in Zaandam, wo wir nach all
dem „sight-seeing“ entlang des Weges ziemlich spät im Hotel eintrafen. Um noch
etwas zu essen fuhren wir ins Zentrum von Zaandam. Wir glaubten, dass es sich
bloss um einen Vorort A‘dams handelt, merkten aber sehr bald, dass dies eine
Stadt für sich ist, und eine recht hübsche dazu. Mehrere Restaurants gruppieren
sich um den schönen Hauptplatz.
Entgegen unseres Vorurteiles fanden wir gleich
mehrere Speisekarten die Gourmet-Mahlzeiten versprachen und was wir auf den
Tellern der Gäste erspähten, sah auch danach aus. Wir liessen uns darauf ein und
wurden nicht enttäuscht; was man uns servierte war wirklich sein Geld wert! Als
wir das Essen beim Kellner lobten und noch erwähnten, dass die Portionen aber
etwas zu gross seien, erklärte er: „vor 10 Jahren waren wir noch das einzige
Lokal auf diesem Platz. Damals wurden wir immer voll und unsere Gäste waren mit
allem zufrieden, solange die Portion gross war. Mit der Zeit kamen aber mehr
und mehr Restaurants dazu und als einige begannen bessere Qualität zu
servieren, bekamen wir die Konkurrenz zu spüren. Heute setzen wir auf
innovative Gerichte und servieren zudem nur noch ein paar wenige einfache
Klassiker um unsere Stammkunden zufrieden zu stellen“.
Schon weiter südlich war uns aufgefallen, dass
elegante Restaurants in den Niederlanden sehr beliebt sind und er bestätigte
diesen neuen Trend.
Beim anschliessenden Spaziergang durch Zaandam
entdeckten wir, dass es sowohl einen neuen Stadtteil mit modernen Gebäuden
gibt, als auch einen alten Ortsteil mit vielen gut restaurierten traditionellen
Häusern, welche Dorfcharakter vermitteln. Es gefiel uns hier so gut, dass wir
beschlossen einmal bei Tag zurück zu kehren, um noch etwas mehr von dieser
netten Atmosphäre aufzunehmen - und auch
von diesem guten Essen…
Tags drauf nahmen wir den Bus um in den Rummel und
das Stadtgewühl von Amsterdam
einzutauchen. Die Fahrt dauerte grade Mal 20 Minuten über eine spezielle
Bus-Strasse von der wir die gute Sicht zum Stau auf der Autobahn genossen.
Wie kann man Amsterdam beschreiben? Es ist gross und attraktiv, gemächlich und
angenehm, aber es ist auch überall etwas los. Es ist faszinierend, aber
manchmal auch derb, schmuddelig und abstossend. Es ist historisch aber jung und
auch hier bewegen sich die meisten Leute mit Fahrrädern, die auch in der
Fussgängerzone zugelassen sind. Es ist erstaunlich wie wenig Autoverkehr man im
Stadtzentrum sieht. Das Konzept das hier greift basiert auf sehr effizientem
öffentlichem Verkehr und astronomisch hohen Parkgebühren, welche von
frühmorgens bis Mitternacht erhoben werden. In der ganzen Stadt findet man
preiswerte Fahrradparkplätze. So bietet z.B. die „bike ramp“ neben dem
Hauptbahnhof alleine 7‘000 übereinander angelegte Plätze. Jedes Geländer und
jeder Baum dient zum Anketten von Fahrrädern. Obwohl es in Amsterdam 750‘000
Drahtesel gibt, ist Diebstahl ein grosses Problem.
Ansprechend sind die Plätze und grosse Teile der
Altstadt. Hier, wie auch sonst überall in den Niederlanden, lehnten die Fronten
vieler mehrstöckiger Kanal- oder Grachtenhäuser
leicht nach vorn. Unter dem Giebel ragt ein „Hijsbalk“ (Hebebalken) heraus, an
dem ein Flaschenzug montiert ist. Diese einfache aber geschickte Einrichtung
erlaubt es, Waren durch die Fenster ins Haus zu hieven, was viel einfacher geht
als durch enge Treppenhäuser. Wasserkanäle (Grachten) durchziehen die ganze
Stadt wie ein Spinnennetz. Wie im ganzen Land leben auch in Amsterdam einige
Leute permanent auf einem Hausboot, welches fest verankert ist.
Da Amsterdam ein Schmelztiegel verschiedener
Kulturen ist, findet man eine grosse Auswahl an Restaurants aus aller Welt. Am
anderen Ende des kulinarischen Angebots sahen wir immer wieder Fast-Food-Münzautomaten.
In kleinen durchsichtigen Schubladen wurden frittierte „Köstlichkeiten“
angeboten. Übergewicht scheint aber trotzdem kein grosses Problem zu sein, was
wahrscheinlich der vielen Bewegung mit dem Fahrrad zu verdanken ist.
Wenn es Nacht wird ändert sich die Atmosphäre in der
Stadt. Einheimische und vor allem Ausländer werden vom Glitzerlicht und der
liberalen Haltung magisch angezogen. Was man hier einen „Coffee-Shop“ nennt,
hat mit einem Café im Rest der Welt nicht viel am Hut. Wir wissen ja nicht
genau was dort läuft, aber es ist ein offenes Geheimnis, dass Hippies nicht für
Kaffee und Kuchen dorthin gehen.
Amsterdam ist auch berühmt berüchtigt für seine
Schaufenster im Rotlicht Bezirk. Es hat sich schon herumgesprochen, dass hier
die Prostituierten in Räumchen hinter grossen Fenstern ausgestellt sind. Diese
müssen offenbar sehr stark beheizt sein, wenn man sieht wie wenig sie
anhaben…Hier kriegt man definitiv nicht die Katze im Sack! Die Kundschaft der
Damen kommt oft aus eher prüden Ländern wie z.B. Grossbritannien. In und um
diese recht grossen Rotlichtbezirke sieht man viele Besoffene. Die Konsequenzen
die sich daraus ergeben, machen aus Amsterdam am Abend eine eher unangenehme
Stadt.
Da gingen wir lieber in die schöne neue OBA Bibliothek
beim Hauptbahnhof. In der obersten Etage findet man eine gute Cafeteria mit
schönem Ausblick von der Dachterrasse über die Stadt. Die Bibliothek offeriert
fast eintausend Internet-Computer die man gratis benutzen kann – sofern man
denn einen freien findet.
Schmucke Städte und Dörfer
auf dem Lande
Mit dem Zug fuhren wir von Zaandam in die nahegelegene Stadt Haarlem.
Wir stimmen mit den Worten unseres
Lonely Planet Reiseführers vollkommen überein: “everybody loves Haarlem”. Ganz speziell war der historische
Hauptplatz und selbstverständlich hat es auch hier die obligatorischen Kanäle
in denen kleine Boote gleich neben den Autos auf der daneben liegenden Strasse
parkiert sind. Eine wunderschön restaurierte Windmühle befindet sich nur wenige
Minuten vom Zentrum entfernt. Auch hier hatte es wiederum viel mehr Fahrräder
auf der Strasse als anderen Verkehr und manche Radler hatten hinten oder vorne
einen Anhänger am Rad montiert um Kinder (oder anderen „Ballast“) zu
transportieren…
Obwohl wir unser Besichtigungs-Programm noch nicht
voll erfüllt hatten, sah es so aus, als ob wir unser Zimmer im preiswerten
Hotel „Formule 1“ räumen müssten, weil über’s Wochenende alles ausgebucht war.
Nachdem wir oft genug bei der Rezeption nach Verlängerungsmöglichkeiten
nachgefragt hatten, offerierte man uns schlussendlich gegen einen Mehrpreis von
nur 10 Euros ins Ibis Hotel umzuziehen, was wir gerne annahmen.
Nach dem Hotelwechsel fuhren wir direkt nach Alkmaar, wo
jeden Freitag ein Käsemarkt stattfindet. Auf dem Hauptplatz türmten sich
riesige Käselaibe. Neben Händlern und Experten hatte es viele Träger in
traditionellen Zunftgewändern und zudem einige junge Mädchen in Trachten, die
direkt aus dem holländischen Bilderbuch zu kommen schienen. Den Käselaiben
wurden Proben entnommen, bevor man sie auf eine Art Tragbahre legte. Zwei
Träger rannten danach mit der schweren Ladung in ein Gebäude zur Wägestation.
Wir bekamen bald den Eindruck, dass dieselben Laibe immer wieder kamen und
gingen und dachten: „so ein Käse, dieser
ganze Markt wird wohl nur für Touristen abgehalten“!
Effektiv bestätigte man uns wenig später in einem
Café, dass es sich bei diesem Käsemarkt um eine „Replika“ handle, so wie er in
früheren Zeiten einst stattgefunden hätte. Alkmar ist aber selbst ohne
Käsemarkt einen Besuch wert und später fanden wir in einer kleinen Gasse einen
echten Käseladen in dem gelbe Laibe in verschiedenen Grössen und Variationen
wie z.B. mit Paprika, Kräutern oder Kernen angeboten wurden.
Gerade rechtzeitig bevor sich ein Gewitter entlud,
fuhren wir von Alkmaar wieder los. Auf unserem Weg kamen wir an vielen
Windmühlen und schmucken Dörfern vorbei. In Noordeine hielten wir an um
die vielen romantischen Gärten mit wild wuchernden Blumen vor den Häusern besser
zu sehen. Irgendwann achteten wir uns auf die Schilder am Strassenrand die
aussahen wie Touristen-Wegweiser und folgten ihnen (mutig?). Sie führten uns
bald nach De Rijp, einem ganz besonders hübschen Dorf mit Kanälen
beidseits der Strasse. Auf dem Wasser hatte es einen grünen Teppich aus
Entengrütze und viele Grundstücke waren jeweils nur über eine kleine private
Brücke erreichbar. Im Herzen der Ortschaft stehen fast nur schöne traditionelle
Häuser die alle gut erhalten, und schöner als auf jeder Postkarte sind.
Als nächstes besuchten wir Volendam, eine etwas zu
touristische Ortschaft am Binnengewässer Markermeer. Hier sind viele Häuser auf
einen Damm gebaut und fast alle beherbergen Souvenir Geschäfte oder Restaurants.
Die älteren Häuser hinter dem Damm gefielen uns allerdings viel besser.
Bald fuhren wir weiter nach Marken, das an
einem idyllischen Hafen liegt. Hier hatten wir schon wieder das Gefühl in einem
Museums-Dorf zu sein, denn es hatte erneut unzählige alte Häuser mit viel neuer
Farbe. Dazu gab es einen Bilderbuch-Sonnenuntergang und ein hervorragendes
Restaurant um diesen wunderbaren Ausflugstag abzurunden.
Bei Freunden in Friesland
Nach einer angenehmen Nacht im Luxus des Ibis-Hotels
fuhren wir über den Sperrdamm ”Afsluitdijk“ nach
Friesland, wo wir von unseren Freunden Gisela & Klaus erwartet wurden. Sie
besitzen ein Haus an einem Kanal in Workum und ein Boot das direkt vor
dem Garten verankert liegt. Da wir ein paar Tage blieben, zeigten sie uns etwas
von ihrer netten Umgebung. Zuerst sahen wir uns in Lemmer um, einem Ferienort
der vor allem bei deutschen Urlaubern und Hobby-Kapitänen beliebt ist. In
Sloten besichtigten wir eine funktionstüchtige alte Mühle, in der früher Korn
gemahlen wurde.
Am eindrücklichsten war der Besuch in Giethoorn.
Zuerst schlossen wir uns einer geführten Bootstour an, welche durch besonders
malerische Kanäle führte, vorbei an Weideland und alten Bauernhöfen mit
Strohdächern. Man könnte meinen Giethoorn sei ein Museums-Dorf, aber alle
Häuser sind bewohnt und die Immobilienpreise gehören sogar zu den höchsten in
den Niederlanden. So ist es kaum verwunderlich, dass heutzutage die Bauern
durch die City-Elite abgelöst wurden. Diese muss oft täglich tausende von
Touristen erdulden die vor ihren Gärten vorbei bummeln und ihre Kameras auf die
schönen Strohdachhäuser richten. Abgesehen von dutzenden grösseren
Touren-Booten, werden zusätzlich 800 Kleinboote mit Elektro-Motor vermietet,
die alle auf derselben Einbahn-Runde durchs Dorf tuckern.
Einige der Touristenboote sind behindertengerecht
ausgestattet und können Rollstuhlfahrer mittels einer elektrischen Hebebühne an
Bord nehmen. Menschen mit Behinderungen werden sehr gut in die niederländische
Gesellschaft integriert. Wir hatten mehrmals eine Zwischenverpflegung in einem
Kaffee-Haus, welches von Behinderten unter Anleitung professioneller Betreuer
betrieben wurde. Viele Firmen sponsern Fahrzeuge, Ausflüge oder Ferienlager für
Behinderte, damit sich diese unters Volk mischen können.
Obwohl wir nicht zum ersten Mal in den Niederlanden
waren, hat uns das Land sogar noch mehr begeistert, als wir dies erwartet
hatten. Wir lernten freundlichen Menschen, schöne Landschaften, sowie gut
erhaltene historische Städte kennen und genossen dieses saubere und geordnete
Land, welches immer mehr auch kulinarisch zu überzeugen vermag.
Kampf durch den Verkehr in Deutschland
Nachdem wir uns am 7. Juli 2009 von Gisela &
Klaus verabschiedet hatten, machten wir uns auf den Weg um Deutschland zu
durchqueren. Schon in Bremen entschieden wir uns zu übernachten, weil der
Feierabend-Verkehr bald losgehen würde. Wir nahmen ein Zimmer in einem Etap
Hotel am Stadtrand, wo wir in nächster Nähe Einkaufsmöglichkeiten und
Restaurants vorfanden. Hier draussen fanden wir einen guten Mix zwischen
Industrie- und Vorortzone und mehr suchten wir ja nicht.
Als wir am nächsten Tag Richtung Hamburg weiter
fuhren, hatten wir sehr viel Glück, dass wir nicht im Verkehrsstau stecken
blieben. In der Gegenrichtung standen sie eigentlich fast immer. Ein nicht
enden wollendender Baustellen-“Abschnitt“ behinderte den Verkehr die ganzen 100
km bis zum Elbtunnel. Aus diesem Grund kamen wir eher zäh, aber doch wenigstens
flüssig vorwärts.
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Fotos: Dänemark |
Dänemark: 6 Tage in Jütland
Als
wir endlich in Dänemark eintrafen war es bereits 18 Uhr, etwa drei
Stunden später als wir gehofft hatten. Es dauerte nicht lange bis wir das erste
wunderschöne Gebäude mit einem brandneuen Strohdach sahen. Schnell auf die
Bremse - Foto schiessen! Nun sollten wir einen Bankomaten finden, wollten aber
keine Zeit verlieren und extra in ein Dorf fahren. So trafen wir denn mit
leeren Taschen in der Jugendherberge in Ribe ein, aber dank goldglänzendem
Schweizer Plastik konnten wir dort trotzdem einbuchen.
Da
die Sonne hier oben, jetzt am 8.7.09 deutlich später unter geht als weiter
südlich, blieb uns noch genug Zeit die historische Altstadt Ribes nach dem
Abendessen zu besichtigen. Wir bewunderten die alten Riegelhäuser entlang der
mit Kopfstein gepflasterten Strassen am nächsten Morgen gleich nochmals. Danach
fuhren wir bei Esbjerg an die Küste und stoppten dort, um die 4 weissen, je 9
Meter hohen Figuren „Mennesket ved Havet“ (Menschen begegnen dem Meer) zu
bewundern. Auf unserem Weg nordwärts entlang der Westküste kamen wir durch
Versterlund. In diesem Gebiet hat man tausende, teilweise sehr luxuriöser,
Sommerhäuser zwischen die Dünen gebaut.
Unsere
Fahrt durch die überwachsenen Dünen hat sich sehr gelohnt. Nachdem wir mit der
Autofähre von Thyboron über den Nissum Bredning (Binnenmeer) nach Agger
übergesetzt hatten, kamen wir ins Landesinnere und die Landschaft veränderte
sich nun vollständig. Anstelle von Wasser und sanften Dünen sahen wir nun viele
Wind-Generatoren und bewirtschaftete Hügel mit goldenen Kornfeldern. Wir übernachteten
auf einem Campingplatz in Humlum, wo
wir ein einfaches Holzhüttchen mieteten. Die Ortschaft war zwar klein, aber das
Meerfrüchte-Büffet im lokalen Kro (Restaurant) war umso grossartiger.
Am
nächsten Tag fuhren wir bis Viborg und weil es jetzt regnete, bezogen wir ein
Zimmer in einer Frühstückspension, statt
im nahegelegenen FKK Gelände zu campieren wie wir es ursprünglich
geplant hatten. Überraschenderweise sind Jugendherbergen in Dänemark für Paare
oft teurer als eine Übernachtung in einem B&B. Das Haus unserer Landlady
(oder zu Deutsch schlicht: Schlummermutter) war ruhig gelegen und sehr
geschmackvoll eingerichtet. Hier kriegten wir sogar nicht nur ein Zimmer,
sondern ein ganzes Apartment. Zudem durften wir die Terrasse im oberen
Stockwerk mitbenutzen, wo wir Aussicht auf den See hatten.
Viborg
ist eine angenehme Kleinstadt und während wir dort umher wanderten, kam die
Sonne schon wieder hervor. Am nächsten Morgen fuhren wir als Tagesgäste zum Vedsolejren Naturisten camping bei Birgittelyst. Der Platz
liegt in einer naturbelassenen Waldlichtung an einem See. Es war gerade noch
warm genug um ein Sonnenbad zu geniessen.
Nach
zwei Tagen in Viborg fuhren wir nordwärts und machten Halt in Tranum und
Slettenstrand, wo das Wetter längstens warm genug gewesen wäre um zu baden. In
Slettenstrand war gerade eine Kirmes im Gang und so sahen wir, wie Dänische Kinder
verwöhnt werden. Dies war auch eine Gelegenheit den wahrscheinlich beliebtesten
Fast-Food Dänemarks zu probieren: Franske Hot Dog.
Vorbei
am tiefblauen Lundfjord erreichten wir bis zum Abend Thisted. Hier hatten wir vor langer Zeit mit Hilfe eines dänischen
Paares (in Spanien) bei einer alten Dame die nur Dänisch spricht, ein B&B
reserviert. Sie nahm uns auf und gab uns ein grosses Zimmer in ihrem alten
Haus. Unsere Fragen hat sie zwar
überhaupt nicht verstanden, aber ihr „betal nu“ war uns auf Anhieb klar.
Am
Sonntagabend war in Thisted absolut „tote Hose“, am Montag hingegen, kehrte
wieder Leben in die Stadt als die Geschäfte öffneten und die Menschen im
Zentrum flanierten. Es handelt sich um eine moderne Stadt mit etwa 13‘000
Einwohnern.
Am späten
Nachmittag machten wir einen Ausflug nach Klitmöller und Nörre Vorupör, zwei
attraktive Ferienorte am Meer. Hier wimmelte es nur so von Urlaubern die in den
verschiedenen Strandkneipen die Abendsonne genossen. Wir hatten von einem
bekannten Meerfrüchte-Lokal gelesen, doch leider war dieses das einzige das an
diesem Montag Abend Wirtesonntag feierte – und so viele Leute hätten doch da
essen wollen…
Endlich
kam der 14. Juli 2009. Heinz erweiterte sein Frühstück noch um zwei Tabletten
“Mercalm” denn an diesem Tag hatten wir eine Reservation für die mächtige
Autofähre Norröna, die uns hinaus in den Nordatlantik bringen sollte, wo wir
die Färöer Inseln, Island und Grönland besuchen wollten.
Aber
darüber schreiben wir dann mehr in unserem nächsten Kapitel, wo wir Dich mit
unseren Geschichten über stahlblauen Himmel, klares Licht, gigantische
Lavawüsten, dampfende Schlammlöcher, endlose Gletscher und gigantische Eisberge
langweilen werden…
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© 2009 - |