Reisetagebuch Kapitel 19
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Reisetagebuch Kapitel 19 [Juni 2007 - Juli 2009] als PDF
(Zurück in Europa: FKK, Natur & Kultur)
Nach 3 ½ bereichernden Jahren in Übersee genossen wir Europas Offenheit und Kultur. Es ist schön, dass FKK hier für einen grossen Teil der Bevölkerung etwas Natürliches ist und die historischen Städte wirklich auch ein paar hundert Jahre auf dem Buckel haben.

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Fotos: Schweiz, Deutschland

Schweiz: kurze Rückkehr – vor dem nächsten Aufbruch

Am Abend des 14. Juni 2007 so gegen neun Uhr, erreichten wir schlussendlich Zürich mit nur einer Stunde Verspätung gegenüber unseres ursprünglich gebuchten (Rück-)Fluges von Singapur via Qatar. Am Flughafen nahmen wir den Zug nach Affoltern, wo wir durch ein aufkommendes Gewitter lautstark begrüsst wurden… oder waren es Knallkörper, wie man sie in Asien zündet um wichtige Ereignisse zu feiern???

Für uns hatte eine grossartige Reise dort geendet, wo sie vor 3½ Jahren angefangen hat. Wir sind nun noch reicher an Erfahrungen und unsere Herzen sind voller guter Erinnerungen.

 

Heinz’ Schwester Edith holte uns vom Bahnhof ab und brachte uns in ihr Haus nach Merenschwand, wo ihr Partner Kari bereits auf uns wartete. Wir genossen nun die Gastfreundschaft und den herzlichen Empfang der beiden. Nach diesen Jahren in Übersee, war es auch schön Mal wieder zurück in der Schweiz zu sein - zumindest für ein paar Monate.

 

Kaum angekommen fühlten wir, was uns ein Singapurianer einmal beschrieben hatte: „Etwas, das ich an der Schweiz besonders mag, ist die erfrischend-prickelnde Luft“. Damals war uns nicht ganz klar gewesen, was er damit meinte, aber nachdem wir nun direkt aus den Tropen kamen, war es offensichtlich; das Atmen fühlt sich hier anders an!

 

Wir sind uns beide einig: Jeder Teil unserer Reise war absolut lohnenswert und wir haben nun für viele Orte welche wir besuchten ein anderes (hoffentlich besseres) Verständnis. Viel Kontroverses, das wir  inzwischen mit eigenen Augen gesehen und erlebt haben, liess uns über manche Vorurteile und Clichés, welche die Leute so gerne und vorschnell annehmen, anders denken. Oft entsprechen diese nicht, oder nur teilweise der Wahrheit, genau so wie sie die Medien für uns Leser aufbereiten. Uns wurde auch bewusst, dass die ‚freie‘ Presse in den westlichen Staaten vor allem über Länder der zweiten und dritten Welt nicht immer die ganze Wahrheit berichtet. Nur über diejenigen Fragmente über welche die Leser (und Inserenten) etwas hören möchten wird geschrieben, die verschwiegenen 80% würden aber oft manches in einem anderen Licht erscheinen lassen.

Wir haben erlebt, dass Freiheiten und Einschränkungen welche für das Individuum gelten, nicht immer von der Regierung, sondern oft auch von der Bevölkerung selbst durch Tabus und sozialen Druck definiert werden. Wir besuchten absolut demokratische Länder, wo sich der Grossteil der Bevölkerung deutlich weniger Freiheiten nimmt, als die Einwohner in  einigen Diktaturen, wo die (in diesem Fall) vernünftigen Machthaber die Lebensqualität und die individuellen Freiheiten für die meisten Einwohner  in den letzten Jahren deutlich gesteigert hatten.

Wir denken immer noch, dass in Theorie, die Demokratie die beste Regierungsform wäre, haben aber die Erfahrung gemacht, dass auf unserem Planeten leider viele, leider zu viele Menschen dafür nicht reif sind (dies gilt ab und zu auch im Westen). Demokratie lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen in Länder ohne demokratische Traditionen exportieren, wie dies der Westen gerne so machen würde. Demokratie heisst nicht nur, dass die Mehrheit der Minderheit ein angemessenes Mitspracherecht einräumt, sondern auch, dass eine politische  Niederlage akzeptiert werden muss! Dies muss zuerst als ein Teil der Umgangskultur gelernt werden. Einmal hörten wir wie sich die Einheimischen in einem sich transformierenden Land beklagten: „Gut, die Regierung gibt uns nun mehr Freiheiten, aber wir haben ja gar nicht gelernt damit umzugehen, momentan wollen wir eigentlich gar keine Freiheit, was wir wollen ist Wohlstand!“

 

Es war schön, unser Heimatland wieder zu entdecken und nachdem wir (hoffentlich k)eine Spur um die Welt gegessen hatten, genossen wir es auch, wieder Schweizer Spezialitäten zu kosten. Vor allem unser „Verzehr“ an Brot, gebackenen Süssigkeiten, Joghurt, Schokolade und Wurstwaren stieg sprunghaft an.

 

Wir wissen nicht warum, aber während unseren ersten paar Wochen in der Schweiz waren wir noch überhaupt nicht motiviert, unsere Freunde zu besuchen. Wir genossen es einfach, dass wir bei Edith & Kari in Merenschwand und später bei Annemarie & Beat in Root wohnen durften und wieder einmal für eine Weile im uns vertrauten kulturellen Umfeld zu sein. Ansonsten besuchten wir erst nur unsere Eltern (was oft einer guten Mischung zwischen Komödie und Tragödie gleichkam). Wir nahmen all die Dinge (nicht nur essbares) in uns auf, welche wir vermisst hatten, da wir uns dafür entschieden hatten die Welt zu bereisen (und hoffentlich zu verstehen). Wir brauchten aber auch noch etwas Zeit, um das Erlebte zu verdauen.

 

Da wir uns inzwischen dafür entschieden haben, für die nächsten paar Jahre in Europa zu bleiben, wollten wir uns nach einem passenden Auto umsehen. Das war aber nicht ganz so einfach, wie wir dies erwartet hatten. Zuverlässige und preiswerte Gebrauchtwagen, wie wir sie in Kanada, Australien und Neuseeland gefunden hatten, gibt es in der Schweiz nicht. Die meisten Schweizer glauben nicht, dass alte Autos noch zuverlässig sein können. Hierzulande betrachten die meisten ihren Neuwagen bereits nach ein paar Jahren als „alten Schrott“ und können es sich leisten, ihn wieder gegen einen brandneuen Wagen einzutauschen.

 

Die meisten Händler exportieren die etwas älteren Autos ins Ausland, da (fast) kein Schweizer sie kaufen würde. Falls ausnahmsweise doch einmal ein 8-10 Jahre altes Fahrzeug auf dem Markt ist, ist sein Preis normalerweise deutlich über sFr. 10‘000 (€ 6‘666.-) angesetzt, da die Kosten zum ausbessern jeder auch noch so kleinen Beule, die Generalüberholung und Garantieleistungen ebenfalls gedeckt sein müssen.

Unter diesen Umständen ist es preiswerter einen Neuwagen zu kaufen, falls man sich entweder mit einem Kleinwagen, oder dann mit einem Mittelklassewagen ohne Prestigewert zufrieden gibt. Nachdem wir recht lange ohne Erfolg nach einem passenden Gebrauchtwagen Ausschau gehalten hatten, entschieden wir uns schlussendlich für die zweite Variante. So kauften wir uns einen brandneuen Dacia Logan, eine Rumänische Marke, welche sich im Besitz von Renault befindet. Das billigste Modell kostete nur sFr. 10‘600 (€ 7‘000.-). Da wir uns für einen verbrauchsarmen Dieselmotor, der mit 4,7 Litern pro 100 km zufrieden ist entschieden, kostete unsere Version aber sFr. 5‘600 mehr. Wir rechneten uns aus, dass wir die Mehrkosten in drei Jahren amortisiert haben sollten. Dieses Auto ist auch noch mit etwas zusätzlichem Luxus, wie etwa einer Klimaanlage, ausgestattet und es bietet uns deutlich mehr Platz als unser Twingo, welchen wir bis vor vier Jahren fuhren. Nun stehen uns sage und schreibe 510 lt. Kofferraum für unser Reisegepäck zur Verfügung.

 

Am 11. Juli 2007 konnten wir unseren neuen vierrädrigen Wegbegleiter abholen. Zuerst mussten wir uns erst Mal wieder daran gewöhnen, auf der rechten Strassenseite zu fahren und nicht auf der „falschen“, wie in den meisten Ländern, in denen wir während der letzten Jahre herumgereist waren.

 

Ausflug nach Thielle

 

Als erstes hatten wir nun das Bedürfnis, hinaus aufs Land zu fahren. Drei Tage später kombinierten wir dies mit einem Besuch im grössten FKK-Verein der Schweiz, wo wir immer noch Mitglieder sind. Mit unserem neuen Wagen kamen wir die ersten zwanzig Minuten sehr gut voran, aber dann…dann stockte es plötzlich und schon steckten wir für über drei Stunden in einem Verkehrsstau! Erst jetzt wurde uns bewusst, dass der Verkehrsfunk eigentlich einen grösseren Nutzwert besitzt, auch wenn er sicher nicht ganz so unterhaltsam ist, wie unsere Lieblingslieder die wir nun ‚ganz modern‘ ab einem Memostick im Autoradio hören konnten! Da ärgerten wir uns erst Mal, aber danach genossen wir dann die Fahrt durchs wunderschöne Emmental.

 

Wegen dem Verkehrsstau und unserem ausgiebigen „Sight seeing“, erreichten wir das FKK Gelände „DIE NEUE ZEIT“ in Thielle erst, kurz nachdem die Rezeption schon geschlossen war. Wir hatten aber viel Glück und die Angestellten, welche sich gerade auf den Heimweg machen wollten, hatten Erbarmen mit uns und öffneten die Rezeption nochmals.


Das Gelände der ONS (Organisation Naturiste Suisse) in Thielle hält immer noch strikt an seinen alten Traditionen fest. Die Vereinsphilosophie aus der Gründerzeit wird hier immer noch gelebt. Es gilt die Devise: KEIN Alkohol KEIN Nikotin und KEIN Fleisch!

Vor unserem Besuch im Juli 2007 waren wir für acht Jahre nicht mehr dort gewesen, aber wir waren sofort wieder von diesem Gelände begeistert. Es herrscht eine viel natürlichere Atmosphäre, als in den meisten Naturisten-Klubs, welche wir ausserhalb Europas besucht hatten. An diesem sonnigen Wochenende tauchten mit uns mehrere hundert, wenn nicht sogar 1‘000 andere Naturisten in das spezielle Ambiente ein, darunter sehr viele Familien mit Kindern. Sie genossen die Sonne, machten Spaziergänge im Gelände, schwammen im seichten Wasser des Neuenburgersees oder spielten Boules, Volleyball, Badminton oder einen anderen Sport.

Einige Klubmitglieder und Besucher unterhielten sich im exzellenten „drogenfreien“ und vegetarischen Restaurant “Café des Philosophes”.  Man kann an einer Vielzahl vom Klub organisierten Vorlesungen teilnehmen. Die meist etwas alternativen Themen sind sehr vielfältig, so z.B. über: Wiedergeburt, Spiritualität oder alternativen Lebensstil und vieles mehr. Am Abend versammeln sich viele dann in der sehr beliebten Sauna, wo oft ernsthafte Diskussionen über die besuchten Vorträge geführt werden und dabei versucht jeder die Welt zu verbessern.

 

Normalerweise sind wir nicht begeistert von Vorschriften und Regeln, aber die alternative Atmosphäre, welche durch die kleinen Einschränkungen hier verursacht wird, zieht uns magisch an. Sie gefällt uns so viel besser als die in Übersee oft angetroffene „Kultur“ des rumalberns während der Apérostunden, genannt „sun downer“, bei denen das Gequatsche von Runde zu Runde mit steigendem Alkoholpegel immer doofer wurde.

 

Nach einem sehr entspannenden Wochenende in Thielle fuhren wir zurück in die Zentralschweiz. Wir entschieden uns für eine langsamere, aber interessante  Route, welche etwa 150 km lang war. So fuhren wir zuerst nach Fribourg und dann via Schwarzenburg und Riggisberg an die Gestade des Thunersees. Nachdem wir den Brünigpass überquert hatten, war es bereits abends um zehn. Da wir ja jetzt Verkehrsfunk hörten, kriegten wir mit, dass um Luzern, eine halbe Stunde weiter, ein Verkehrsstau wartete und diesmal wollten wir uns die Ankündigung zu Nutze machen und lieber beim Essen abwarten. So entschieden wir uns in einem kleinen Restaurant in Lungern das Abendessen einzunehmen. Und tatsächlich; danach schafften wir es ohne Stau zu Edith & Kari nach Hause.

 

Nun war es aber wirklich an der Zeit, all unsere Freunde wieder zu sehen. Wir mussten aber sicherstellen, dass uns dazwischen immer noch genügend Zeit bleibt um gut durchzuatmen, da uns einige von dramatischen Veränderungen in ihrem Leben erzählten, welche wir erst verdauen mussten.

 

Für drei Tage besuchten wir Andrea und Peter, ein interessantes Paar welches wir erst im vorigen Februar in Borneo kennengelernt hatten. Die beiden waren auch jahrelang als Globetrotter unterwegs (Andrea arbeitet zudem für das gleichnamige Reisebüro) und so hatten wir viele Geschichten auszutauschen.

Ausflug ins Dreiländereck

 

Am 2. August machten wir einen Ausflug nach Süddeutschland ins FKK Dreiländereck, welches in der Nähe der Französischen und der Schweizer Grenze liegt. Unser ursprünglicher Plan war, dort für etwa fünf Tage zu campieren, das Gelände zu geniessen und zudem ein paar Freunde, welche wir vom früheren Überwintern im Costa-Natura her kennen, zu besuchen. Da wir aber alle für 4 ½ Jahre nicht mehr gesehen hatten, beschlossen vor allem Christiane & Klaus, aber auch Bruni & Erhard, uns zu organisieren. So verblieb uns nicht viel Zeit, das wirklich wunderschöne FKK Gelände auszukosten. Als erstes organisierte Christiane für uns, dass wir im Haus ihrer Freunde Moni&Rolf übernachten konnten. Natürlich genossen wir diesen Luxus mehr, als zu campieren.

 

Klaus (er ist ein Berliner), ein pensionierter Koch, bewies täglich seine Kochkünste. Was er bescheiden „nur ein ganz normales Frühstück“ nennt, ist vermutlich eine Kombination von allem, was Berlins drei beste Hotel-Adressen auf ihren Frühstücks-Buffets servieren. Obwohl wir 5 Tage blieben, schafften wir es beim besten Willen nicht, uns durch alles durchzukosten.

Auch Gisela & Klaus aus Friesland, sowie Agie & Jürgen, waren zur selben Zeit zu Besuch auf dem Gelände, nur dass sie ein paar Tage vor uns ankamen und abreisten. Zur Überraschung aller, verpflegten Christiane & Klaus die grosse Bande von bis zu zehn Personen für volle acht Tage.

 

Dazwischen wurden wir noch von Bruni & Erhard verköstigt und von Doris in einen typischen deutschen Straussi, einen Landgasthof eingeladen. An gewissen Abenden hätten wir mehrere Einladungen zum Abendessen gehabt, unser einziges Problem war, zwischen so vielen guten Möglichkeiten auszuwählen…

 

Schlussendlich trafen wir während unseren fünf Tagen zwanzig Bekannte, welche wir vom Costa-Natura her kennen. Viele von ihnen leben nun während des Sommers permanent in Chalets auf diesem FKK Camping. Andere wiederum leben in der näheren Umgebung und wurden speziell zu unseren Ehren auf das Gelände organisiert. Zudem wurde für uns und die anderen Besucher, ein Ausflugsprogramm zusammengestellt.

In einer recht grossen Gruppe machten wir einen wunderschönen Ausflug ins Naturschutzgebiet Taubergiessen bei Rust. Dort unternahmen wir eine Flussbootfahrt auf dem Inneren Rhein, einem malerischen Gewässer über das wir genüsslich und langsam hinweg glitten, ganz ohne Motor.  Anschliessend besuchten wir die nahegelegene Stadt Staufen, wo wir von Thomas, einem Musiker, unterhalten wurden.

 

Dazwischen blieben uns immer noch ein paar Stunden, um die Annehmlichkeiten des FKK Dreiländereck zu geniessen. Das Schwimmbad ist eigentlich ein grosser, künstlich angelegter Teich, welcher gut zwischen die Sauna und die grosse Liegewiese eingepasst wurde. Dieser Ferien Campingplatz, welcher von einer Pächter-Familie geführt wird, aber der Gemeinde gehört, macht einen sehr natürlichen Eindruck und zieht viele junge Familien an. Hier zahlt eine Familie mit zwei Kindern sogar etwas weniger als ein kinderloses Paar, aber etwas mehr als eine Einzelperson. Dies hilft sicher die FKK Idee für die jüngere Generation attraktiv zu halten.

 

Zurück in die Schweiz

 

Nach fünf sonnigen und sehr warmen Tagen in Süddeutschland, verliessen wir das FKK-Dreiländereck und unsere Freunde gerade als die ersten Regentropfen fielen. Wir fuhren zurück in die Schweiz, um wieder bei unseren Freunden Annemarie und Beat in Root zu wohnen. Bald wurde uns bewusst, dass wir gerade noch rechtzeitig angekommen sind. Starke Regenfälle schütteten sich über ganz Zentraleuropa aus. Noch am selben Abend läutete ein Nachbar beim Haus unserer Freunde. Er bat uns, ihm und einem Mitglied der Feuerwehr zu helfen einen Schutzwall zu bauen. Dieser sollte den schnell anschwellenden Flusslauf, welcher normalerweise nur ein Bächlein ist, davon abhalten, die Garagen zu überfluten.

Zum Glück konnten wir uns, nachdem der Bach unter Kontrolle gebracht war, in Annemarie und Beat‘s „in-house“ Sauna aufwärmen.

 

Wir besuchten nochmals ein paar Freunde, bevor wir wieder zu Edith & Kari zurückkehrten. Da wir Edith dabei unterstützen wollten, ihrer und Heinz’ Mutter bei der bevorstehenden Hüftoperation unter die Arme zu greifen, entschieden wir uns, bis Ende August 07 zu bleiben. Wir nutzten diese zusätzliche Zeit auch, um noch etwas mehr von unserem Heimatland zu geniessen. Unter anderem machten wir einen Tagesausflug, welcher uns durch das Urnertal und danach über den Oberalppass in den Kanton Graubünden führte. Über den Lukmanierpass erreichten wir den Kanton Tessin, im italienischen Teil der Schweiz. Während sich Brigitte die Architektur der traditionellen Dörfer entlang unseres Weges genauer ansah, war Heinz mehr an der Konstruktion des neuen Gotthard Basis-Tunnels interessiert.  Mit 57 km wird dieser Eisenbahntunnel bei seiner Eröffnung etwa im Jahr 2017 der längste der Welt werden.


Wir möchten uns an dieser Stelle auch bei all denjenigen entschuldigen, bei denen wir uns nicht gemeldet haben. Auf der einen Seite hatten wir Lust, möglichst viele von euch wiederzusehen, auf der anderen Seite brauchten wir aber auch noch Zeit das Erlebte zu verdauen. Zudem wollten wir in den Süden Europas losfahren, bevor es uns hier zu kalt wurde.


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FKK Herbst in Frankreich: Belebt und beliebt

Nach 2 ½ genussreichen Monaten in unserem Heimatland verabschiedeten wir uns am 1. September 2007 von Edith & Kari und fuhren Richtung Frankreich. Da es nun relativ kühl war, liessen wir unseren ursprünglichen Plan, nochmals das FKK Vereinsgelände in Thielle zu besuchen, fallen. Wir entschieden uns anstelle direkt ins „Domaine de la Sablière“, in der Nähe der Ardèche Schlucht zu fahren. Da dies eine 700 km lange Fahrt mit vielen Ausflugsmöglichkeiten dazwischen ist, teilten wir die Anreise über drei Tage auf. Am ersten Tag wollten wir noch etwas von der Schweiz geniessen und wählten den Weg über das landschaftlich sehr schöne Berner Oberland. Von dort aus fuhren wir über den Jaunpass nach Bulle im französischen Teil der Schweiz und nahmen danach die Autobahn bis zur Grenze in Genf.

 

Unsere erste Übernachtung war in Annecy, nur 34 km nach der Grenzüberquerung. Wie oft am Wochenende, waren die meisten Budget-Hotels leider schon belegt. Es kostete uns zwei Stunden und viel Nerven, um ein günstiges Zimmer zu finden. Es hat sich aber wirklich gelohnt diese charmante Stadt, welche an den Ufern des gleichnamigen Flusses erbaut wurde, wieder einmal zu besuchen. Obwohl es etwas spät wurde, kriegten wir in der Altstadt noch ein hervorragendes französisches Abendessen. Danach und auch am nächsten Morgen, schlenderten wir durch die Altstadt am Thiou Kanal, die einen besonderes malerischen Charakter hat und auch der Markt am Sonntagmorgen ist immer ein Besuch wert.

 

Am Nachmittag fuhren wir dann auf der Autobahn nach Chambéry, von wo aus wir unsere Fahrt auf der Lokalstrasse durch das Vecors Gebirge fortsetzten. Ganz überrascht bemerkten wir, dass in Frankreich nun die Geschwindigkeit für die meisten Ortsdurchfahrten auf 30 km/h beschränkt ist.

 

Spektakuläre Landschaften und die charmanten Dörfer entlang unseres Weges, machten unsere Fahrt sehr abwechslungsreich. Via Voiron, Romans und Tournon sur Rhône erreichten wir Aubenas, wo wir ein weiteres Mal übernachteten.
Anders als bei einem früheren Besuch in Aubenas, wirkte die Kleinstadt am Sonntagabend richtig tot. Der Manager unseres Billighotels riet uns, für das Abendessen 10 km nach Vals-le-Bain zurück zu fahren. Da es sich um einen Thermalkurort handle, seien die Restaurants dort, im Gegensatz zu hier, bestimmt auch am Sonntagabend geöffnet, damit die vielen Kurgäste (und wir) nicht verhungern müssten. Tatsächlich fanden wir dort eine gute Auswahl an Speiselokalen, wo wir unsere kulinarischen Wünsche befriedigen konnten.

Am nächsten Tag besuchten wir das kleine Dorf Lanas. Nach alter Tradition sind hier noch die meisten Häuser aus gemeisselten Natursteinen gebaut. Über eine enge Landstrasse fuhren wir danach via Vallon Pont d’Arc nach Barjac.

 

Domaine de la Sablière

 

Bereits am frühen  Nachmittag erreichten wir “la Domaine de la Sablière”, eine naturbelassene, aber komfortable FKK Ferienanlage in einer dünnbesiedelten Gegend nah der Ardèche Schlucht. Das Gelände befindet sich in einem beeindruckenden Tal an den Ufern des Flüsschens Cèze. Wir waren inzwischen schon gut zehnmal hier gewesen, aber dies war unser erster Besuch im Herbst. Nun herrschte eine ganz andere Atmosphäre, als im Frühling und Frühsommer.
Wir entschieden uns für ein einfaches „Bambi“-Mobilheim mit Küche, aber ohne Bad. Als erstes ist uns aufgefallen, dass die Campingzonen ‚Mesange+Fauvette‘ ganz unten am Fluss, so gut wie leer waren, während- dem die Zone ‚Pinson‘, die höher am Hang liegt, fast voll belegt war. Eigentlich gar nicht so erstaunlich, denn anfangs September wird es schon recht spät, bis die Sonne den Talboden erreicht. Weiter haben wir bemerkt, dass es um diese Jahreszeit ausgesprochen ruhig zugeht, obwohl die Anlage sehr gut belegt ist. September ist einer der wenigen Sommermonate, in dem (fast) keinem europäischen Land mehr Schulferien hat. So sahen wir dieses Mal im Sablière fast nur Paare, aber kaum Kinder.

 

Nach drei Tagen war, zumindest für uns, die gespenstige Ruhe vorbei. Unsere Freunde Moni & Bruno trafen ein. Die beiden haben sich ineinander verliebt als wir l994 zu viert das erste Mal das Domaine de la Sablière besuchten. Später haben Moni & Bruno in Sydney geheiratet!


Wie auch schon, genossen wir das sonnige und warme Wetter. Mit einer so beeindruckenden Landschaft im Hintergrund, war für uns die Nacktheit  ganz natürlich das passendste „Kleid“ in dem das Schwimmen im Fluss, das Spazieren zwischen den Bäumen und das Sonnenbaden noch mehr Spass macht. Auf halbem Weg zwischen dem Flüsschen und unseren Unterkünften, sprangen wir auf dem Rückweg oft noch ins Schwimmbad oder besuchten die Sauna.

 

Vom Wetter, sowie der ruhigen Atmosphäre her, ist der Herbst sicher eine gute Zeit, dieses sehr natürliche FKK Gelände zu besuchen. Auf der anderen Seite spürten wir aber, dass sich alles, sowohl in der Anlage als auch in den (Touristen-) Geschäften der Umgebung, auf den verdienten „Winterschlaf“ vorbereitete.
Die sonst sehr gute Auswahl im Lebensmittelgeschäft des Sablière wurde jeden Tag bescheidener und einige unserer Lieblingslokale in der Umgebung hatten auch schon bis zur nächsten Saison geschlossen. Was für ein Unterschied zum Frühling, wo alles frisch wiedereröffnet wird und die Auswahl von Tag zu Tag grösser wird.

Selbstverständlich erkundeten wir wieder die verschiedenen Restaurants der Region, wo wir noch ein paar weitere Höhepunkte der französischen Küche geniessen konnten. Wir besuchten nochmals die Ardèche Schlucht, sowie einige kleine bezaubernde Dörfer wie  Barjac, Vallon Pont d’Arc, Ruoms oder la Bastide du Virac.

Nach zwölf bereichernden Tagen verabschiedeten wir uns von Moni & Bruno. Sie blieben noch drei weitere Tage, bevor sie zurück in die Schweiz fuhren, um „im Stollen“ ihren Pflichten nachzugehen.

 

Bélézy en Provence

 

Wir wechselten nur auf die andere Seite der Rhône, wo wir ein weiteres FKK Gelände besuchten: „Domaine de Bélézy“. Als wir am 15. August um 16 Uhr dort ankamen, mussten wir uns am Empfang in die stattliche Warteschlange der Neuankömmlinge einreihen. Die bedauernswerte Rezeptionistin erzählte uns, dass es schon den ganzen Tag so zu und her gehe, seit sie um 8h morgens öffnete. Sie war den ganzen Tag auf sich selbst gestellt, ganz im Gegensatz zur letzten Woche, wo der Empfang dauernd mit 2-3 Mitarbeiter/Innen besetzt war, aber weit und breit keine neuen Gäste zu sehen waren.

Natürlich gab es einen Grund für diesen plötzlichen Massenansturm: Genau heute fielen die Preise auf das tiefste Niveau der Saison und wir waren bei weitem nicht die Einzigen, welche davon wussten. Trotz diesem unerwarteten Massenauflauf konnten wir immer noch unter mehreren verschiedenen Mobil-Heim-Typen auswählen, da die meisten anderen Gäste einen Wohnwagen im Schlepptau mitführten.

 

Auch das Bélézy fühlte sich nun im Herbst ganz anders an, als im Frühling. Die vielen Liegestühle rund um das grosse Schwimmbecken hatten nun schon fast eine Belegung wie der Strand in Rimini, nur dass hier Totenstille herrschte! Hunderte von Menschen, vor allem Pensionäre, waren am Sonnenbaden und lesen. Niemand sprach mehr als ein leises Wort; alle schienen es zu geniessen, dass die Kinder um diese Jahreszeit zur Schule müssen. Diese Stille war uns schon fast unheimlich, wir hatten den Eindruck, dass sogar das Umblättern einer Zeitung die Anwesenden stören könnte.

Die Atmosphäre war mit derjenigen im April, als wir das letzte Mal hier waren, nicht zu vergleichen. Damals herrschte überall hektisches Treiben, nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern auch die Erwachsenen betätigten sich aktiv auf den verschiedenen Sportplätzen. Gemeinsame Grillabende wurden organisiert um die Gäste zusammenzubringen, sodass sie während des restlichen Urlaubs gemeinsam etwas unternehmen konnten.

Wir kriegten den Eindruck, dass das Bélézy Management vielleicht ganz bewusst versucht von Saison-Anfang bis Mitte September für Familien, sowie für diejenigen Gäste, welche gerne aktiv sind und in Gesellschaft anderer etwas unternehmen, optimale Bedingungen zu bieten. Die restliche Zeit bis zum Saisonende ist dann für diejenigen Gäste „optimiert“, welche schon die paar Kinder, die an den Wochenenden kommen, als störend empfinden. Deshalb wurden wohl Mitte September weder Animationen noch Grillabende organisiert. Wir wissen von Bekannten, dass hier noch Anfangs September eine sehr lebendige Atmosphäre geherrscht hat.

 

Das Restaurant im Bélézy servierte immer noch hervorragende Mahlzeiten zu einem sehr konkurrenzfähigen Preis. Im Lebensmittelgeschäft, welches nach unserer ersten Woche Saisonschluss hatte, waren viele Artikel zu einem reduzierten Preis erhältlich, es wurden aber bis zum letzten Tag immer wieder frische Früchte angeliefert. Frisches Brot war aber am Empfang erhältlich, nachdem der Laden  ein paar Wochen vor Saisonende geschlossen wurde (… vermutlich weil so viele „Campeure“ im Wohnmobil das halbe Aldi & Lidl Sortiment von zu Hause mitbringen).


Auch ausserhalb des Bélézy-Geländes ist einkaufen und essen gehen sehr einfach. Die Ortschaft
Bedoin erreicht man in einem angenehmen, zwanzig minütigen Spaziergang. Hier gibt es einen hervorragenden Shopi Supermarkt, sowie mehrere gute Restaurants. Der Markt, welcher jeden Montagmorgen stattfindet, ist ein wahres Fest für die Augen und den Gaumen. Wir besuchten auch einige schöne provenzalische Dörfer in der Umgebung. In vielen fanden wir wahre Gourmet-Tempel und eine sehr spezielle Umgebung auf der Anfahrt.
Nach zehn sehr sonnigen und milden Tagen verabschiedeten wir uns am 25. September 2007 vom Bélézy.

 

Village Naturiste Port Leucate am Mittelmeer

 

An diesem windigen Tag erreichten wir schon nach ein paar (vor allem) Autobahnstunden Port Leucate. Der Dieselverbrauch unseres Wagens stieg um über 10% an, da zuerst der Mistral an unserem Auto rüttelte, nur um auf der zweiten Hälfte vom Tramontagne abgelöst zu werden von denen offensichtlich keiner von hinten blies.

 

Es war zwar sehr sonnig als wir die Rezeption Oasis der “Village Naturiste Port Leucate” erreichten, aber der Wind blies enorm stark. Die sehr freundlichen Angestellten der Rezeption übergaben uns die Schlüssel zu einem sehr schönen und gut ausgestatteten Reihenhaus. Es befand sich direkt am Étang (Binnenmeer), weniger als 100 Meter vom Meeresstrand entfernt. Dieses Haus war für uns der perfekte Ort um die nächsten sechs Wochen zu verbringen.
Die Feriensiedlung hat sich seit unserem letzten Besuch im Jahr 2004 stark gewandelt. Der neue Teil “Les Jardins de Vénus”, welcher 50 neue Reiheneinfamilienhäuser und 24 neue Wohnungen umfasst, war in der Zwischenzeit fertiggestellt. Die verschiedenen Naturisten-Anlagen offerieren nun insgesamt etwa 1500 Ferienwohnungen und Ferienhäuser, wobei einige genug Platz bieten, um dauerhaft im Aphrodite/Oasis zu wohnen.

Die meisten Wohnungen werden über spezialisierte FKK-Grundstücksmakler angeboten. Ganz im Gegensatz zu den (englisch beeinflussten) Überseegebieten, welche wir in den letzten Jahren besuchten, werden hier einige FKK-Ferienwohnungen auch in den umliegenden Dörfern und Städten über weltweit vertretene Agenturen wie Remax oder Century 21 vermittelt. Hier befinden wir uns nun wieder im liberalen Europa; in den Filialen in Nordamerika oder Down Under würde das Personal schon beim Gedanken eine FKK-Wohnung zu vermarkten entweder erröten oder in Verlegenheit geraten.


Die meisten (Laden)Geschäfte und Restaurants im danebenliegenden „Aphrodite village“ „feierten“ dieses Jahr etwas früher als sonst Saisonende, nur die sehr gute Bäckerei und das Fischrestaurant hatten glücklicherweise noch geöffnet. Wir wissen nicht ob dies daran lag, dass die Betreiber der Geschäfte im Herbst nicht mehr genügend Umsatz erwarteten, oder einfach weil der ausserordentlich oft und ausserordentlich stark blasende Wind schon zu viele der potentiellen Kunden im wahrsten Sinne des Wortes „weggeweht“ hat.

Während unseren vorgängigen Herbst-Aufenthalten im Aphrodite/Oasis war der nervende Tramontagne immer viel gnädiger zu uns gewesen, aber dieses Mal blies er öfter und stärker als wir ihn je erlebt hatten.

 

Glücklicherweise machte der „Tramontagne“ gerade Ferien, als Heinz’ Schwester Edith und ihr Partner Kari zwischen dem 7. und 20. Oktober zu uns in die Ferien kamen. In der Ferien-Siedlung war es nun angenehm ruhig, aber noch nicht ausgestorben.  Nun konnten wir den in der Zwischenzeit fast leergefegten und sehr ruhigen Strand täglich geniessen. Bei lauen Herbstbriesen genossen wir unsere Spaziergänge im Tenü Splitternackt entlang des etwa 1.5 km langen Strandes oder des Étangs im hinteren Teil der Naturisten-Ferienanlage.

 

Die äusserst preiswerten urigen kleinen „Probierstuben“ der vielen Austernzüchter direkt neben den  FKK Siedlungen hatten glücklicherweise im Spätherbst noch geöffnet. Was dort für ein paar Euro frisch vom Produzenten alsdégustation de coquillages“ angeboten wird, ist ein kleines Fest für jeden Meerfrüchte-Liebhaber.

Die meisten Ferienanlagen um Leucate & Les Barcarès waren aber im wahrsten Sinne des Wortes bereits bis zum Frühling geschlossen. Die vielen „Touristenfallen“ versuchen erst gar nicht mehr zuzuschnappen, nachdem die Massen abgereist sind. Sogar einige Geldautomaten wurden mit einem Vorhängeschloss versehen und bis zur nächsten Sommersaison gut sichtbar ausser Betrieb gesetzt!
Glücklicherweise sind aber die bestbewerteten Gourmet-Lokale nicht nur für Touristen und deshalb das ganze Jahr über geöffnet. So konnten wir alle vier einige der kulinarischen Höhepunkte Frankreichs intensiv geniessen.

 

Natürlich machten wir auch ein paar Ausflüge in der Region. Einer der Höhepunkte war sicherlich die bezaubernde Stadt Carcassonne, welche zum Weltkulturerbe gehört. Die sehr beeindruckende Festung um die Altstadt umfasst zwei komplette Ringmauern mit insgesamt 53 Wachtürmen. Die meisten der engen Gässchen und Strassen innerhalb der Befestigungsmauern sind immer noch in Kopfsteinpflaster gehalten. Die Gebäude sind alle sehr schön restauriert, wenn auch etwas touristisch. Unser Spaziergang durch die “cité” am Fluss Aude war aber absolut lohnenswert.

 

Weitere sehenswerte Städte, welche wir besuchten, waren Perpignan und Narbonne. Die Kathedrale Saint-Just, welche im Jahr 1272 fertiggestellt wurde, ist sicherlich der touristische Höhepunkt von Narbonne.

Ein ander Mal machten wir einen Abstecher nach Guissan, über sehr schmale Strassen. Dabei sahen wir Salzfelder und Flamingos, welche in dieser Gegend häufig anzutreffen sind.

Wir alle genossen anschliessend das Essen in einem mit Gault Millau Punkten gut bewerteten Restaurant, nur Brigitte war (etwas) enttäuscht. Sie war (nicht nur) etwas aufgebracht darüber, dass dieser Gourmet Tempel ihre Knoblauch-Mayonnaise in einem Aschenbecher servierte! Nur ein paar Wochen später, als wir nach Spanien weiterfuhren, begegneten wir „diesem gelben Aschenbecher“ immer wieder. Dort wird er vor allem dazu verwendet, um Ali-Oli (Knoblauch-Mayonnaise) anzurichten!

 

Bei einem weiteren kurzweiligen Ausflug folgten wir der Küstenstrasse nach Collioure und südwärts weiter nach Spanien. Der erste Teil, welcher uns durch die Touristenorte bzw. Städte Barcarès, Canet Plage und St.Cyprien Plage führte, war nicht besonders interessant. Hier sind die Strassen mit Hotels, Souvenirgeschäften und Restaurants zur Beherbergung, Unterhaltung und Fütterung der sommerlichen Touristenmassen gesäumt.

 

Collioure etwas weiter südlich, ist aber ein wirklich schönes und natürlich gewachsenes Dorf am Mittelmeer. Nun folgten wir der faszinierenden Küstenstrasse, welche uns nach Portabo führte, dem ersten spanischen Dorf nach der französischen Grenze. Die spektakuläre Strasse führte uns weiter nach Llanca, wo wir die Küste verliessen und nach Figueras, der Geburtsstadt Salvador Dalí‘s weiterfuhren. Von dort nahmen wir die Autobahn zurück nach Port Leucate.

 

Am 19.  Oktober 2007 mussten wir recht früh aufstehen um Edith und Kari zum Bahnhof in Perpignan zu bringen. Erst dort erfuhren wir, dass die französischen Eisenbahner wieder einmal ihrem Lieblingssport Grève (Streik) huldigten. Diese Disziplin scheint „La Grande Nation“ sehr gut zu beherrschen. Es gibt Schlimmeres. Kari‘s Lösungsvorschlag war, so schnell wie möglich zum Strand beim Oasis zurückzukehren und es am nächsten Morgen nochmals zu versuchen. Überraschenderweise ist seine Rechnung sogar aufgegangen. Am nächsten Morgen ‚mussten‘ Edith & Kari abfahren, da es ihr Zug ebenso tat... Die beiden hatten sehr viel (Un)Glück. Wir wissen von einem Streik der französischen Lehrerschaft vor vier Jahren, der sechs Wochen dauerte…

 

Etwas hat sich in der Umgebung der FKK-Siedlungen in Port Leucate stark verändert: Die vielen Wohnmobile, welche üblicherweise am gegenüberliegenden Ufer des Étang vor Oasis illegal campierten, sind alle verschwunden. Jahrelang versuchten die lokalen Behörden vergeblich, die stolzen Eigentümer der Wohnmobile davon zu überzeugen, mit ihren nicht ganz so billigen Fahrzeugen doch gefälligst auf einem Campingplatz zu übernachten. Nun ist man dazu übergegangen, das Gesetz mit eiserner Faust durchzusetzen. So hat man nun entlang der gesamten Küste um Port Leucate, wenn nicht sogar ganz Languedoc-Roussillon, die Einfahrten zu sämtlichen Parkplätzen, welche für Wohnmobile eventuell zum Übernachten geeignet sein könnten, mit einem zwei Meter hohen eisernen Metallrahmen dekoriert. Damit sind nun alle Wohnmobil Besitzer bestraft, auch diejenigen, welche ganz legal auf einem Campingplatz übernachten. Diese haben nun auch nicht mehr die Möglichkeit ihr Fahrzeug tagsüber abzustellen, um den Strand zu besuchen.

 

So gegen Anfangs November änderte sich die Atmosphäre im “Village Naturiste Port Leucate”. Wir hatten den Eindruck, dass einige Besitzer von Ferienwohnungen in Aphrodite & Oasis ihren „Textilen“ Freunden offerierten, um diese Jahreszeit dort Ferien zu machen, da es nun für FKK ja eh zu kühl sei. Zudem hatten in der Zwischenzeit sowohl die Aphrodite als auch die Oasis Rezeption geschlossen.
In diesem Jahr war es aber Ende Oktober/Anfangs November aussergewöhnlich warm und so sahen die wenigen noch verbleibenden FKK-ler überhaupt keinen Grund, etwas anzuziehen. Die Nackten hatten nun ein Mordsgaudi zu beobachten, wie bei den Textilen die einen Familienmitglieder ganz offensichtlich hin- und die anderen ebenso offensichtlich „weg guckten“, zumindest diejenigen die überhaupt wussten, wohin sie schauen sollten (oder möchten)! Auf jeden Fall genossen wir diesen unerwartet warmen Abschluss in vollen Zügen, dies war sicherlich der perfekte Abschluss für unsere 6 sehr genussreichen Wochen im Oasis.


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Natsun in Vera Playa: FKK im Wandel der Jahreszeiten

Von Port Leucate nach Andalusien

Kurz  vor unserer Abreise von Frankreich nach Spanien besuchten uns Christiane & Klaus, welche wir vom Costa Natura her kennen. Als wir ihnen erzählten, dass wir die FKK-Siedlung Natsun in Vera Playa besuchen möchten, waren sie davon überzeugt, dass wir nach spätestens zwei Tagen wieder abreisen würden, da sie dort auf der Durchreise vor fünf Jahren nichts anderes als viele grosse Baustellen vorfanden. In uns weckte dies aber die Hoffnung, dass wir dort unter vielen brandneuen und modernen Unterkünften aussuchen könnten.

 

Am 6. November 2007 verliessen wir Port Leucate um südwärts nach Spanien weiterzuziehen. Wir entschieden uns für die Inlandstrecke, welche uns durch die Pyrenäen führte. Kurz bevor wir Andorra erreichten, nahmen wir die Abzweigung nach La Seu d’Urgell, von wo aus wir der gut ausgebauten Strasse Nr. C14 nach Lleida folgten. Nach einer Übernachtung folgten wir der  N211 und N420 durch das beeindruckende Ebro Delta mit dem gleichnamigen stahlblauen Fluss. Kurz bevor wir Teruel erreichten, konnten wir noch ein paar sehr beeindruckende Felsformationen bestaunen. Nun folgten wir der N330 weiter südwärts. Das kleine Dorf Ayora war perfekt für unsere nächste Übernachtung. Am nächsten Morgen ging’s via Lorca nach Aguilas, wo wir nun wieder zurück am Mittelmeer waren. Nun waren es nur noch 40 Km entlang einer spektakulären Küstenstrasse zur FKK Siedlung in Vera Playa, welche zwischen Garrucha und Villaricos an der Costa de Almeria in Andalusien gelegen ist, wo wir uns im Voraus eine Ferienwohnung für die nächsten fünf Wochen organisiert hatten.

 

Ankunft in Natsun

 

Natsun’s Rezeption übergab uns die Schlüssel zu einem sehr schönen und grossen Appartement. Von der noch grösseren Terrasse aus genossen wir die Aussicht über das Schwimmbad und den  Sandstrand. Bald machten wir uns daran, die Umgebung zu erkunden und waren angenehm überrascht, hier so viele gute Möglichkeiten zum  spazieren zu finden. Sogar jetzt Mitte November kamen noch recht viele Leute zum sonnenbaden an den langen Sandstrand. Wir waren positiv überrascht, dass die meisten anderen Sonnenanbeter Spanier waren, so fühlten wir uns nicht wie in einem von Ausländern dominierten Ghetto.  Etwa um 3Uhr nachmittags wurde es um diese Jahreszeit am Strand meistens zu kühl. So zogen wir uns halt Kleider über und spazierten dann entweder entlang des Strandes die 5 km bis Garrucha, schlenderten durch die FKK Zone oder machten einen etwas grösseren „Marsch“ direkt im Hinterland von Vera Playa. 

Natsun in Vera Playa ist ein sehr spezieller Ort der viele Leute dazu verleitet, etwas länger und öfters  hier zu verweilen. Auch uns erging es nicht anders. Noch bevor wir es so richtig bemerkt hatten, wurden wir umherziehenden Entdeckergeister zu stationären Entdeckern. Jedesmal wenn wir dieses Paradies wieder verlassen sollten, nützten wir das Privileg unserer Freiheit und verlängerten unseren Aufenthalt. So wurden aus unseren ursprünglich geplanten 5 Wochen schlussendlich über 50! Spontan gefiel es uns hier so gut, dass wir unseren ursprünglichen Plan ins Costa Natura (wo wir früher mehrmals überwinterten) weiterzufahren, einfach fallen liessen.

 

Die Atmosphäre von Vera Playa

 

Aber was macht Vera Playa so speziell? Kurz gesagt: die Offenheit und Toleranz der spanischen Gesellschaft.

Nachdem Diktator Franco 1975 verstarb begannen die Spanier, im speziellen die jüngere Generation, viele althergebrachte Tabus zu brechen und einige wurden kurze Zeit später sogar als rechtlicher Anspruch in die Verfassung aufgenommen. Nacktheit zum Beispiel ist seit 1978 nicht mehr strafbar, sondern ein von der Verfassung garantiertes Recht. Wir haben zwar ausserhalb der FKK Zone und des Strandes nie jemanden nackt gesehen, aber diese liberale Gesetzgebung bedeutet in der Praxis, dass jedermann ein von der Verfassung garantiertes Recht hat, an öffentlichen Orten (wie Stränden, Flüssen, Seen, offenen Feldern, Fusswegen, Plätzen oder Parkanlagen) nackt zu sein. Dies gilt aber nicht für öffentliche Orte im Privatbesitz (wie Restaurants oder Geschäfte) da diese ihre eigenen Bestimmungen haben.

 

Aus diesem Grunde sind die „FKK Siedlungen“  von Vera Playa ganz ohne Abtrennungen in die umliegenden „Textilen“ Siedlungen integriert. Die Hauptstrasse führt für etwa 1.5 Km entlang der FKK Zone und nur die grösste Zufahrtsstrasse in die „Zone der Nackten“ ist mit einem kleinen Schild „Zona Naturista“ markiert. Weder am Strand noch auf einer der Strassen, welche von der nackten- in die prüde Zone  führt, findet man irgend ein Schild das darauf hinweisen würde, dass die FKK Zone hier endet (bzw. beginnt). Gleich daneben befindet sich das Einkaufszentrum „Centro Hispania“, welches sowohl vom Parkplatz als auch von der Dachterrasse aus einen guten Einblick in die FKK Zone ermöglicht. Vor einigen Jahren erstellte die Gemeinde am Strand Barrieren um die FKK- von der Textilzone zu trennen. Diese wurden aber bald wieder entfernt, nachdem sowohl die FKK-ler als auch die Textilen dagegen protestierten, indem sie demonstrativ in grossen Gruppen in die jeweils andere Zone einmarschierten.

 

In Vera Playa haben die Nackten und die Textilen miteinander offensichtlich kein Problem. Im Strandabschnitt etwa 500 Meter nördlich und südlich von Natsun sieht man fast nur Nackte, die nächsten 500 Meter sind gut durchgemischt und danach nehmen langsam aber sicher die Badehosenträger überhand. Strandspaziergänge sind sehr beliebt und niemand stört sich daran, dass diejenigen welche Badekleidung tragen ein paar hundert Meter in die FKK Zone hineinspazieren, genauso wie die Nackten ein paar hundert Meter in die Textil Zone hineinlaufen. Dies ist hier absolut akzeptiert und niemand starrt die anderen an, es ist für alle etwas vollkommen Normales. Natürlich sieht man in der FKK Zone immer wieder Jugendliche welche Badekleidung tragen, andere Teenager sonnen sich aber splitterfasernackt zwischen den Badehosenträgern inmitten der Textilzone und auch hier wird Toleranz gross geschrieben: NIEMAND starrt sie an und niemand ermahnt sie mehr oder weniger zu tragen.

Wir denken, dass in Nordamerika oder Australien wohl die eine Hälfte der Textilen die freizügigen Jugendlichen anstarren würde, während die andere Hälfte die Polizei alarmieren würde!

 

Wir denken, dass diese tolerante und natürliche Haltung dazu beiträgt, dass in Vera Playa so auffallend viele alleinstehende Frauen jeden Alters ihre Hüllen fallen lassen, um eins mit der Natur zu sein. Hier in Südspanien wird einem deutlich vor Augen geführt, dass in einigen Viktorianisch (von Königin Viktoria) beeinflussten Ländern die Gesellschaft selber ihre Perversen züchtet (um sie später zu verurteilen). Spanner sind in Vera Playa eine grosse Ausnahme und eher Immigranten vom gegenüberliegenden Ufer des Mittelmeers (oder aus Grossbritannien) als Spanier.

 

Englische Invasion

 

Vera und Garrucha sind natürlich gewachsene traditionelle Spanische Dörfer. Die meisten Spanier träumen davon eine Ferienwohnung zu kaufen, sofern sie nicht schon eine besitzen. In Vera Playa sind die meisten Ferienwohnungen (Textil & FKK) im Besitz von Spaniern, oft aus Madrid oder Barcelona. In starkem Kontrast dagegen sind aber einige der nahegelegenen Dörfer wie Antas, Mojácar oder Turre „very, very British“. In einigen dieser Dörfer ist sogar die Mehrheit der registrierten Einwohner im Besitze eines Englischen Reisepasses. Diese Einwanderer werden ergänzt durch Litauer, Rumänen, Franzosen, Niederländer, Deutsche, Skandinavier, Ecuadorianer, Chinesen und sogar Inder. So wurden die Spanier in diesen Ortschaften zu einer Minderheit im eigenen Land.
Aus diesem Grunde werden hier auch viele Geschäfte von Einwanderern, vor allem aus Grossbritannien, geführt. In vielen dieser Geschäfte ist es einfacher die Englische als die Spanische Sprache zu praktizieren. „Fish & Chips” oder “Cornish Pies” sind einfach zu finden. Ausser vielen (mit Sports TV „verseuchten“) Englischen Bars und Kneipen, gibt es auch ganze Industriezonen (
Poligono Industrial), wo sich fast alle Firmen wie Baugeschäfte, Eisenwarenhandlungen, Sprudelbad Spezialgeschäfte und vieles mehr im Besitz von Englischen Einwanderern befinden. Der Laden „Mr. UK“ verkauft nicht nur „Baked Beans“ und Spaghetti aus der Büchse, sondern auch eine gute Auswahl an Asiatischen Gewürzmischungen und unglaublich aber wahr: echte Spanische Paella, hergestellt in Grossbritannien.

Gewöhnliche Andalusische Küche ist normalerweise gesund,  aber nicht unbedingt ein kulinarischer Höhepunkt. Fisch ist Fisch, Fleisch ist Fleisch und fast alles; auch Pommes Frites werden mit Olivenöl zubereitet. Dieses ist normalerweise sehr gesund, aber eher das Gegenteil, wenn es zum frittieren verwendet wird.

Dank den vielen Britischen Einwanderern gibt es nun in der Umgebung von Vera eine gute Auswahl von Chinesischen Restaurants (mit einem unschlagbaren Preis/Leistung Verhältnis) und Indischen Restaurants, dazu einige hervorragende, aber nicht zu teure etwas gehobene Speiselokale, welche diejenigen Gäste (Engländer und andere Einwanderer) ansprechen, die nicht auf der Fast-Food Welle reiten möchten.

 

Auch Bingo- und Quiz Abende werden regelmässig veranstaltet und wir sahen sogar ein Postamt, wo alle Notizen an der Pinwand in Englisch abgefasst waren. Genauso wie wir dies in Australien und Neuseeland gesehen hatten, führen die Englischen Einwanderer um die Weihnachtszeit Flohmärkte durch und sammeln Geld für gemeinnützige Organisationen. Auch hier tragen die Teilnehmer rote Nikolausmützen und Hirschgeweihe aus Plüsch. Sogar die „Königlich Englischen Armeeveteranen“ betreiben in Südspanien mehrere Filialen!

 

Winter in Vera Playa

 

Der Winter in Vera Playa ist geprägt von Rentnern und Aussteigern aus Nordeuropa, welche das relativ milde Winterklima an Südspaniens Küste geniessen. An etwa vier von sechs Winterwochen ist es normalerweise möglich, für ein paar Stunden pro Tag (in einer windgeschützten Ecke) splitternackt die Sonne zu geniessen. Trotzdem: die Nachttemperaturen kommen auch an der Küste oft sehr nahe an den Gefrierpunkt.  Sogar die Schlechtwettertage sind normalerweise recht trocken (es gibt ab und zu ein Ausnahmejahr).
Die Schlechtwetter-Perioden können aber auch mal zwei Wochen lang andauern, um danach von einem vorwiegend sonnigen Wintermonat abgelöst zu werden. Wie man das Winterwetter in Südspanien empfindet ist sicherlich auch eine Einstellungssache. Denjenigen welchen an bedeckten Tagen nichts Besseres einfällt, als verzweifelt auf die Sonne zu warten,  wird das Wetter wohl bedeutend schlechter vorkommen als denjenigen, denen noch etwas Anderes einfällt.

Während des Winters sind die meisten Terrassen in Natsun von einer (grossen) Satellitenschüssel dominiert. In der Regel bauen neu ankommende Wintergäste als erstes ihren Satellitenempfänger auf, bevor sie sich daran machen ihre übrigen, nicht zu knapp mitgebrachten Habseligkeiten in die Wohnung zu bringen. Viele sind felsenfest davon überzeugt, dass sie nicht hierher kommen könnten, wenn sie auf ihre heimischen Fernsehstationen verzichten müssten. Die meisten anderen „Winterflüchtlinge“ waren offenbar davon überzeugt, dass wir nur auf einen Satellitenempfänger verzichten, um Geld zu sparen.  So mussten wir während unseren ersten paar Wochen in Natsun mehre grosszügige Angebote für Satellitenschüsseln und Empfänger ablehnen. Wir weigern uns störrisch, Schüsseln woanders als in der Küche einzusetzen. Für uns ist bereits das Zubereiten und Verspeisen unserer Hauptmahlzeit ein abendfüllendes Programm.

Wir hoffen, dass die heutigen Rentner ihre Weisheit nicht nur über den Konsum von Seifenopern und Reality Shows erlangen!
Wir haben sowieso seit längerem den Eindruck, dass die Volksverdummung gefördert wird. Wir mussten schon schmunzeln als wir vor ein paar Jahren in Australien sahen, dass Fruchtkonfitüre als mindestens 99% fettfrei deklariert wurde. Die Hersteller der hier gekauften Erdnüsse haben aber definitiv den Vogel abgeschossen. Die Packung enthielt einen Warnhinweis in zehn Sprachen: „Produkt kann Spuren von Nüssen enthalten“…

Während des Winters hatten wir oft etwas das Gefühl in einem von ausländischen Langzeiturlaubern beherrschten Ghetto zu leben. Viele pilgern jeden Winter hierher, sind aber absolut unwillig weder ein paar Worte Spanisch zu lernen, noch sich auch nur ein wenig dem Spanischen Rhythmus anzupassen. Ab und zu werden sie vom Leben bestraft; einige Restaurants servieren nämlich nach acht Uhr abends hervorragende Mahlzeiten, hingegen nur durchschnittliche, manchmal sogar schlechte davor!

 

Ein paar Ausflüge

 

Vera Playa ist bereits eine Sehenswürdigkeit für sich selbst. Ab und zu mussten wir uns zur Motivation selbst einen Tritt in den Hintern geben, um noch etwas von der Umgebung zu entdecken (dass wir die 8 ½ Jahre vor unserem Aufenthalt hier soviel neues entdeckt hatten, musste oft als bequeme Ausrede hinhalten). Die Landschaft ist hier zwar sehr karg und trocken, das dahinterliegende Gebirge und die Marmor-Steinbrüche um Tabernas sind sehr beeindruckend. Es kam auch vor, dass wir auf einem etwas besser ausgebauten Feldweg durchs Nichts unterwegs waren und plötzlich ein grosses Golfresort vor uns auftauchte.

 

Aguilas, welches 40 km östlich am Meer liegt, ist ein ansprechendes Städtchen. Von dort via Vera Playa bis nach Carboneras führt die Strasse teilweise entlang spektakulären Küstenabschnitten. Auch Mojácar and Bédar, zwei weisse Dörfer sowie Cuevas del Almanzora sind sehenswert.
Der typisch Andalusische Friedhof in Bédar ist besonders interessant. Die Ahnen ruhen hier in kleinen Gebäuden mit „Zimmern“, welche gerade gross genug sind, um einen Sarg aufzunehmen. Da einige Gräber eine tolle Aussicht aufs Gebirge oder über das Meer bieten, sichern sich viele Familien schon ein Grab an guter Lage, lange bevor ihre Zeit gekommen ist… Falls die Besitzer später umziehen (bevor das unvermeidliche eingetreten ist) hängen sie einfach ein Schild “se vende” (zu verkaufen) mit ihrer Telefonnummer ans Grab und kaufen sich ein neues, wo immer sie sich nun niederlassen.

 

Die meisten Touristen (nicht alle) schwärmen von den Märkten in den umliegenden Dörfern. Wir hatten den Eindruck, dass das allermeiste Gemüse welches hier wächst, nur exportiert wird.  Auf Spanischen Märkten ist normalerweise die Abteilung (mit eher altmodischen) Kleidern deutlich grösser ist als diejenige wo  Gemüse und kulinarische Spezialitäten angeboten werden. Vermutlich sind wir halt von den exotischen und farbenfrohen Märkten überall in Asien, aber auch in Frankreich einfach etwas verwöhnt.

 

Entlang der Autobahn zwischen Almeria und Murcia sieht man viele Plastiktunnels unter welchen Gemüse und Früchte angepflanzt werden. Diese Region Spaniens wird im Volksmund auch „Costa Plastica“ genannt. In dieser sehr trockenen und sonnigen Gegend wird das Wasser für die riesigen Gemüsefelder und Obstplantagen in grossen Stauseen im Landesinnern gefasst. Die meisten Arbeiter auf den Feldern und in den Gewächshäusern kommen aus Afrika, Osteuropa und Südamerika.

 

Während wir die Umgebung erkundeten, rasteten wir oft in Dörfern wo die lokale Kaffeebar der einzige Ort ist, wo man eine schnelle preiswerte Mittagsverpflegung erhält. Dort scheint rauchen für die Einheimischen obligatorisch zu sein und das allgegenwärtige Fernsehgerät  ist meist lauter aufgedreht als dies der Toleranzbereich des Ohres zulässt. Der Fussboden einer jeden Spanischen Bar ist normalerweise mit gebrauchten Servietten  bedeckt, obwohl man oft auch noch eine Sammlung anderer Dinge wie Zigarettenstummel, Olivenkernen oder Meerfrüchteschalen vorfindet.  Diese Dekorationselemente gehören zu jeder guten Bar – wenn sie fehlen ist man entweder in einer schlechten Bar oder nicht Spanien!

 

Die Spanische Lebensart

 

Die Spanier mögen es auszugehen um zu sehen und gesehen zu werden. Sie kleiden sich sogar dann recht elegant, wenn sie das Haus nur für ein paar Minuten verlassen. In Amtsstellen ist ein gepflegtes Auftreten wichtig um ernst genommen zu werden. Viele verwenden einen guten Teil ihres Einkommens dafür, ihr Erscheinungsbild zu verbessern. Sie sind ein sehr stolzes Volk. Sogar entlang des FKK Strandes spazieren sie mit sichtbar stolzer Körperhaltung, aber “au naturel”. Ansonsten kann man aber die Spanier nicht von den übrigen Europäern unterscheiden, nachdem sie ihre Kleider abgelegt haben.

 

Die Spanier sind ein sehr geselliges Volk. Nicht nur bei Restaurantbesuchen oder Wanderungen, sondern auch beim Einkaufen, bestellen eines Telefonanschlusses oder gar beim Arztbesuch ist oft der Freundes-und Familienkreis mit dabei. Im Wartezimmer einer Zahnarztpraxis sahen wir einmal einen Anschlag in dem die Patienten gebeten werden, den Behandlungsraum doch bitte ohne Familie und Freunde zu betreten. 

 

Zur selben Zeit da viele Nordeuropäer mit ihrem Abendessen beginnen, sind die Spanier gerade mit ihrem Mittagessen fertig.  Später, wenn die meisten Ausländer ihre Fernsehgeräte ausschalten und zu Bett gehen, beginnen die Einheimischen mit der Zubereitung des Abendessens oder gehen samt Kind und Kegel in den Ausgang. Da dies in ganz Spanien etwas vollkommen Normales ist, gibt es überhaupt keinen Grund besonders leise zu sein, wenn sie so zwischen 01 Uhr und 04 Uhr morgens wieder nach Hause kommen. Dies ist genau so normal, wie für die „Nordlichter“ eine Rückkehr zwischen 20 und 23 Uhr.

 

Jedesmal, wenn sich einige unserer Landsleute über den Lärm beklagen, den diese „verdammten Spanier“ am letzten langen Wochenende wieder gemacht haben, möchten wir am liebsten in den Boden versinken.

Die Spanier sind nicht lauter als die übrigen Europäer, sie leben einfach nach einem anderen Rhythmus. Wir stimmen mit unseren ausserordentlich gut integrierten Nachbarn Waltraud und Dieter vollkommen überein. Sie sagen unverblümt: „Wer mit dem Spanischen Rhythmus nicht umgehen kann, sollte gar nicht hierher kommen!“

 

Mit unseren Nachbarn verstehen wir uns in jeder Hinsicht gut. Die beiden zeigten uns die besten Restaurants, wir durften ihren Internetanschluss mitbenutzen, und konnten ihr Sonnensegel für unsere Terrasse ausborgen. Auf der anderen Seite sorgte sich Brigitte um Ihre Pflanzen, während die beiden in Deutschland ihrer Arbeit nachgingen.

 

Ausser backen wurde das Hegen und Pflegen von Blumen zu Brigittes grossem Hobby. Für eine Weile war unsere Terrasse mit fast hundert Blumentöpfen und Kistchen dekoriert. Zwar entmutigte es sie etwas, als die Pflanzen zu viel Ungeziefer anzogen und sie jammerte: „Ich wollte doch einen Garten und nicht einen Zoo!“

Heinz machte sich daran ein paar Möbel für unsere Terrasse zu zimmern. Dazu verwendete er vor allem Holzresten die Brigitte im Abfall gefunden hatte, sowie noch einige Kleinigkeiten aus Eisenwaren- und Holzhandlungen… für ein paar hundert Euro!

 

Das Vermächtnis der Franco Ära

 

Spanien hat sich (auch) dank der EU von einem unterdrückten Drittweltland sehr schnell zu einem modernen Staat entwickelt, in gewisser Hinsicht zu schnell!

Man sollte nicht vergessen, dass Spanien sich erst 1975 aus den Klauen des Franco Regimes befreien konnte. Nach 40 Jahren Diktatur und nicht einmal einem Ansatz von Demokratie in seiner früheren Gesichtsschreibung,  ist es eigentlich fast unmöglich, dass sich die Mentalität der Menschen und erst recht nicht der Lokalregierungen so schnell ändert, wie es die EU schaffte den Lebensstandard anzuheben und dem Land zu einer modernen Infrastruktur zu verhelfen. So ist es absolut nicht verwunderlich, dass Bürokratie und Korruption in Spanien noch Teil des Lebens sind. Baubewilligungen werden oft (schneller oder erst) erteilt, nachdem ein Schmiergeld gezahlt wurde und sogar die Gemeinden selbst bauen ihre Infrastruktur ab und zu auf Land, welches nicht der Bauzone zugehört.

 

Fast jede Woche findet man in der Zeitung einen Bericht, dass die Provinzregierung den Abbruch eines ohne legale Baubewilligung erstellten Gebäudes verfügt hat. Davon betroffen sind nicht nur Ferienwohnungen, sondern beispielsweise auch grössere Einkaufszentren, welche bereits in Betrieb sind und ein noch nicht eröffneter Club-Med. Viele Bürgermeister und Gemeinderäte sind wegen Korruption oder Missbrauchs öffentlicher Mittel im Gefängnis. Vielerorts erhalten nicht nur die Regierenden, sondern auch die städtischen Angestellten einen Urlaub hinter schwedischen Gardinen, nur um dieses Schicksal ein paar Jahre später mit der neuen Regierung zu teilen, welche sie ersetzt hat. Es braucht sicherlich noch eine weitere Generation bis alle schlechten Regierungsmanieren aus der Franco Epoche schlussendlich der Vergangenheit angehören.

 

Nicht nur bei der Regierung, sondern auch beim „Fussvolk“  hat sich die Denkensweise noch nicht vollkommen geändert. Viele Spanier trauen auch heute noch nicht, sich gegen vom Staat verursachtes Unrecht zu wehren, da sie immer noch Vergeltungsmassnahmen fürchten…

 

Es ist kaum verwunderlich, dass sich auch in Spanien die früheren Machthaber und die Kirche gegenseitig unterstützten. Über lange Zeit war Katholizismus von der Regierung zur obligatorischen Staatsreligion erklärt. Die über Jahrhunderte herrschenden Monarchien sind für viele der schwersten Inquisitionsverbrechen verantwortlich; nicht nur in Spanien, sondern auch auf den Amerikanischen Kontinenten und im Pazifik, wo die damalige spanische Regierung sogar Truppen einsetzte, um die Missionare bei Zwangstaufen zu unterstützen. Heutzutage hat der Glaube vor allem bei der älteren Generation immer noch einen hohen Stellenwert. Maria, José und Jesus sind beliebte Namen und mehrere Städte und Gemeinden haben Strassennamen wie “Calle Isabel la Católica”.

 

Der moderne Staat

 

Es ist kaum vorstellbar, wie schnell Spanien zu einem modernen wohlhabenden Staat wurde. Noch1985 war der Verkehr in grossen Teilen Andalusiens von Eselskarren beherrscht und für die meisten Einheimischen war damals der Besitz eines Autos ein unerreichbarer Traum. Heute sind Autos hier ebenso verbreitet (und neu) wie im übrigen Europa. Die Strassen durch die Dörfer sind aber meist nicht dafür ausgelegt, den vielen Verkehr aufzunehmen.
In Spanischen Dörfern sind einige Seitenstrassen oft so schmal, dass kaum ein Auto mit einem Fussgänger kreuzen kann. Für die Anwohner ist dies aber absolut kein Grund, dort nicht zu parken. Spanier finden absolut überall noch einen Parkplatz. Ihre Phantasie ist nicht so eingeschränkt wie die unsere! Sogar während der Hauptsaison gab es immer genug Parkplätze. Kreisel z.B. bieten ein riesiges Potential an Parkierungsmöglichkeiten, sowohl im Zentrum als auch entlang der kreisrunden Fahrbahn. Auch die Strassenränder und ab und zu die Strassenmitte wird rege zum parkieren genutzt. Vor Restaurants und Läden wird regelmässig zweireihig parkiert; wenn dabei ein Fahrzeug eingesperrt wird, ist dies überhaupt kein Problem. Der betroffene Lenker muss nur etwas mit der Hupe insistieren, danach wird er Früher oder Später ganz sicher befreit! Dies ist fast der einzige Grund, weshalb die Spanier ihre Hupe überhaupt betätigen, sonst sind sie sehr geduldig. Sogar wenn ein Automobilist die Einfahrt zu einem Grossparkplatz blockiert, weil er mitten auf der Strasse anhält um mit einem Kollegen auf der entgegenkommenden Fahrbahn einen Schwatz zu halten, warten die meisten Automobilisten geduldig, bis die spontane „ad hoc“ Konferenz zu Ende ist.

 

Spanier (bzw. ihre billigen Arbeitskräfte welche an der Küste angeschwemmt werden) können sehr schnell arbeiten, wenn es darum geht neue Strassen zu bauen. Während die Schweizer immer noch darüber diskutieren, welches die am wenigsten umstrittene Linienführung ist und wie viele zusätzliche Millionen noch gebraucht werden, damit das neue Bauwerk auch ein paar Jahrhunderte überdauert, ist die neue Strasse in Spanien schon mindestens fünf Jahre in Betrieb. Bei diesem Tempo ist es nicht verwunderlich, dass noch nicht alle früheren Eigentümer für das enteignete Land entschädigt wurden. Dass aber die neueste Erweiterung des Strassennetzes schon in den ersten Jahren nach der Eröffnung einige grössere Reparaturen braucht, darüber regen sich hier nur die Ausländer auf, die Spanier freuen sich derweil, dass alles so schnell gebaut wurde!

 

Als Konsequenz von Spaniens Aufstieg zu einem wohlhabenden Land, sind natürlich auch die Preise deutlich gestiegen. Übers Ganze betrachtet sind die Lebenshaltungskosten immer noch etwas billiger als in Frankreich. Gemäss Statistik sind aber die Lebensmittelpreise in Supermärkten bereits höher als in Deutschland. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass einfache Produkte ohne allen Pipapo (Quantität) oder Fisch in der Regel billiger sind als im übrigen Europa, aber jedes Produkt das etwas besser verarbeitet ist (Qualität) ist oft deutlich teurer  als weiter nördlich. Heimelektronik kostet in Spanien oft 50% mehr als in der Schweiz. Einige identische Supermarkt-Produkte, welche von derselben Ladenkette sowohl in Frankreich, als auch in Spanien verkauft werden (hergestellt in einem Drittland), können in Spanien doppelt so teuer sein als in Frankreich. Einfache Mahlzeiten (eher Quantitäts- nicht Qualitätsoptimiert) im Restaurant sind immer noch recht preiswert. Wer aber etwas Spezielles möchte, muss (ausser beim Chinesen) schon etwas mehr Geld in die Finger nehmen, als in Frankreich; und trotzdem wird die Spanische Version nicht so phantasievoll zubereitet sein. Hier wird in besseren Lokalen eher mit einer sehr guten Qualität der verwendeten Zutaten und grosszügigen Portionen, als mit einer speziellen Zubereitungsart brilliert.


Grundstückspreise (und logischerweise auch die Mieten) sind hier im Osten Andalusiens bei weitem noch nicht so überhitzt wie an der Costa del Sol.

 

Im Jahr 2005 lag das Durchschnittseinkommen in Spanien erstmals über dem EU Schnitt.  2007 lag das Bruttoinlandprodukt pro Kopf der Spanischen Bevölkerung  etwa 5% über dem Italiens und etwa 3% unter dem Frankreichs.
Der Wohlstand ist aber nicht gleichmässig verteilt; Andalusien hat die höchste Arbeitslosenrate Spaniens, zudem hat sich hier ausser der stark saisonabhängigen Tourismusbranche kein grosser Industriezweig angesiedelt. Aus diesem Grund liegen die Durchschnittslöhne in diesem Teil Spaniens deutlich tiefer als in den übrigen Provinzen. Die Andalusier sind auch heute noch stark von ihren wohlhabenderen Landsleuten im Norden, wo sich die meisten Industrien befinden, abhängig.

Die Spanische Industrie produziert heute einerseits viele Hi-Tech Güter in sehr guter Qualität, wie z.B. wichtige Komponenten für moderne Airbus Jets oder vorfabrizierte Brückenelemente wie z.B. für die Öresund Brücke zwischen Dänemark und Schweden. Andrerseits ist es aber durch die massiv gestiegenen Lohnkosten gar nicht mehr möglich, in Spanien preiswert zu produzieren. Es gibt zwar immer noch ein paar Spanische Hersteller für Billigprodukte wie z. B. Haushaltgeräte. Leider ist aber meist nicht nur der Preis sondern auch die Qualität sehr billig gemacht, sodass man bei Billigware „Made in China“ meist besser fährt.

 

Ein guter Beweis dafür, wie stark sich die wirtschaftliche Situation verbessert hat ist wohl, dass die Spanische Armee den von neuen Rekruten verlangten Intelligenzquotienten senkte, um die etwa 82‘000 Stellen in seiner Berufsarmee zu füllen. Nachdem auch dieser verzweifelte Schritt nichts fruchtete, begann man Ausländer, vor allem aus den ehemaligen Kolonien in Zentral & Südamerika zuzulassen!   

 

Natsun & Vera Playa

 

Die FKK Ferienanlage Natsun wo wir uns einmieteten ist im Besitz von Jan & Hedy, einem Niederländischen Paar mit zwei Kindern. Die beiden führen die Anlage sehr persönlich (und zu moderaten Preisen). Wir wohnten im drei-stöckigen Gebäudekomplex „ELCANO III“ wo sich die neuesten und komfortabelsten Ferienwohnungen befinden. Die meisten Wohnungen sind voll nach Süden ausgerichtet. Nur das gut in die Umgebung eingepasste Schwimmbecken liegt noch vor dem Strand.
Die Appartements haben mehrheitlich einen grossen Balkon zum Meer hin die mit etwa 4 Metern Breite und 13 Metern Länge sehr grosszügig bemessen sind. Alle sind im spanischen Stil möbliert, sehr praktisch eingerichtet und schön dekoriert. Ein Glaskeramik Herd gehört ebenso dazu, wie ein grosszügiger Kühlschrank mit grossem Gefrierfach, perfekt auch für einen etwas längeren Aufenthalt. Die Arbeitsfläche in der Küche war leider mit einem Mikrowellengerät belegt. Dieses schickten wir zusammen mit dem Fernseher in einen langen Winterschlaf in den Schrank.  Ein grosser Pluspunkt war dagegen der beeindruckende 1x2 Meter grosse Esstisch in unserer  Wohnung (und den meisten anderen). Nur beim Kleingeschirr und Besteck ist die Ausstattung nicht immer so perfekt wie sie sein könnte. Um diese kleine Unannehmlichkeit (oft durch Mieter verursacht, die bei Besuchen von Freunden ein paar Kleinigkeiten in andere Wohnungen umverteilen) scheint es allerdings in den umliegenden Anlagen nicht besser zu stehen.
Da wir hier etwas mehr Zeit verbrachten als der durchschnittliche Feriengast, investierten wir noch etwas in zusätzlichen Luxus, wie beispielsweise eine Italienische Espresso Maschine, einen Backofen, einen Shaker, aber auch Besteck und Geschirr, welches unserem Geschmack entsprach und für unsere ausgiebigen Kochorgien geeignet ist.

 

Der Gebäudekomplex in dem wir wohnten war erst etwa vier Jahre alt, Natsun bietet aber in den beiden älteren Gebäudeteilen ELCANO I & II noch weitere Mietmöglichkeiten an, welche normalerweise nur in der Hauptsaison belegt werden.

 

Auch direkt am FKK Strand befindet sich das Vera Playa Club Hotel, welches seinen Gästen nicht nur vier Sterne Komfort, sondern auch die dazugehörenden Hausregeln bietet: Der Kleiderkodex fürs Restaurant verlangt von Männern das Tragen von langen Hosen; eine etwas seltsame Vorschrift für ein FKK Hotel finden wir!

 

Das Hotel und Natsun‘s ältere Gebäude waren die ersten FKK Ferienanlagen an dieser Ecke Spaniens. Nachdem sie fertiggestellt wurden, waren sie für lange Zeit die einzigen Gebäude an diesem Strandabschnitt. Während des letzen Jahrzehnts wurden rundherum immer mehr neue FKK Siedlungen gebaut, sodass schlussendlich etwa 2‘000 FKK Appartements entstanden.

Während der letzten Jahre kamen noch unzählige gewöhnliche, sprich textile Ferienanlagen dazu, welche nun die “Urbanisationes Naturistas” umgeben. Wie schon erwähnt, gibt es überhaupt keine Absperrungen zwischen der Textil und der FKK Zone welche nahtlos ineinander verschmelzen. Dies ist im sehr toleranten Spanien absolut problemlos.
Wenn man heute, Anfangs 2009 die vielen Baustellen um Vera Playa betrachtet, erhält man den Eindruck, dass die Finanzkrise hier noch nicht angekommen ist. Momentan entsteht zwischen den Hügeln im Hinterland (welches etwa 500 Meter hinter dem Sandstrand beginnt)  ein Netzwerk von mehreren dutzend Kilometern neuer Erschliessungsstrassen um Bauland für tausende (eher zehntausende) neue Ferienwohnungen zu erschliessen. Trotzdem ist die Costa de Almeria bei weitem noch nicht so stark zugebaut wie die Costa del Sol. Da diese riesige Flut von neuen Immobilien ja schliesslich an den Mann gebracht werden muss, nehmen es manche Makler mit der Wahrheit nicht immer so ganz genau. Wir hörten von mehreren Fällen wo begeisterte FKK-ler erst beim Einzug feststellten, dass sich ihre neu erworbene FKK Wohnung in der Textilzone befand, und umgekehrt. Dies ist in beiden Fällen höchst unbefriedigend.

 

Die beinahe Katastrophe

 

Nur um Haaresbreite wäre hier alles anders gekommen. Am 17. Januar 1966 ereignete sich vor der Küste in der Nähe von Vera Playa einer der schlimmsten Zwischenfälle mit Atomwaffen während des gesamten kalten Krieges (ein weiterer ereignete sich in Grönland wo wir im Sommer 2009 hin wollen). Auf  9000 Metern Höhe kollidierte während eines Betankungsmanövers ein B-52 Bomber mit einem KC.135 Tankflugzeug, wobei beide Flugzeuge  in einem gigantischen Feuerball explodierten und danach über Palomares abstürzten. Von den vier Wasserstoffbomben welche die B-52 mitführte fiel eine ins Wasser nahe der Küste und eine landete unbeschädigt in einem Tomatenfeld.  Von den anderen zwei explodierte glücklicherweise nur der konventionelle Sprengsatz, was dazu führte, dass Bombenfragmente und Plutoniumstaub auf den Unglücksort niederfielen. In einer grossangelegten Reinigungsaktion wurden 1590 Tonnen verseuchtes Material ausgegraben und zur Endlagerung nach Amerika verschifft. Zwei Monate nach dem Vorfall schwammen der Spanische Informationsminister und der US Botschafter gemeinsam mit ihren Familien am Strand in der Nähe der Absturzstelle, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass nun alles wieder sicher ist. In Palomares und am Strand in Vera wurden Geigerzähler installiert um die Umweltbelastung durch radioaktive Strahlung zu messen. Nachdem über mehrere Jahre keine Strahlung gemessen wurde, gab man den betroffenen Abschnitt für neue Überbauungen, wie beispielsweise die grosse “Zona Naturista” frei.

 

Sowohl die betroffene Bevölkerung, als auch die Umwelt wird aber weiterhin regelmässigen Nachkontrollen unterzogen. Dabei brachten Schnecken im Jahr 2006 eine unschöne Überraschung ans Tageslicht. Nicht alles verseuchte Material war abgeführt worden. Ein kleiner Teil davon war in zwei Gruben in der Nähe des Absturzortes vergraben worden. Konsequenterweise wurde in einer Spanisch/Amerikanischen Aktion das ganze Gebiet nochmals abgesucht und entseucht. Diese Aktion wurde im März 2009 beendet und das Gebiet als „sauber“ deklariert.

Glücklicherweise sind die Einwohner von Palomares nicht benachteiligt; ihr Krebsrisiko ist nicht höher als im übrigen Land – nur bei den Schnecken stellte man eine leicht erhöhte Radioaktivität fest; dies ist wohl ihre eigene Schuld, niemand sagte ihnen, dass sie in den verseuchten Gruben herum schleimen sollen!

Die Einwohner von Palomares fühlen sich sicher, einige sind sogar der Ansicht, dass das ganze Aufheben um die paar Schnecken nur gemacht wurde, um der Spanischen Atomenergiebehörde eine Existenzberechtigung zu geben. Unser Nachbar machte einmal aus purer Neugierde eine Messung mit einem Geigerzähler und stellte ganz unerwartet fest, dass die Strahlung in Vera Playa um ein mehrfaches tiefer ist, als die natürliche Strahlung im Bayerischen Wald! Es gibt also kein Grund zur Sorge.

Mehr dazu in Folgenden Zeitungsartikeln: Stuttgarter Zeitung (September 2007), New York Times (November 2008)

 

Die wirkliche Katstrophe

 

Das einzig wirklich unangenehme während unseres Aufenthalts in Vera Playa war der Streik der Lastwagenfahrer wegen der gestiegenen Dieselpreise im Juni 2008. Innerhalb von nur drei Tagen schafften sie es (dank massiver Unterstützung der Spanischen Bevölkerung, welche bereitwillig Hamsterkäufe tätigte) dass die meisten Supermärkte leergekauft waren. Wenn aber der Treibstoffpreis wirklich zu hoch wäre, würden doch die Spanischen Orangen auf ihrem Weg zu den Konsumenten in Frankreich und der Schweiz nicht billiger, sondern teurer. Zudem würden nicht einige von Vera Playas Langzeitaufenthaltern regelmässig ihre Autos für weniger als ein paar hundert (manchmal sogar weniger als 50!) Meter bewegen, nur um sich in ihrem Lieblingslokal einen Drink zu genehmigen (und dabei am Stammtisch über die hohen Benzinpreise zu jammern).

 

Einkaufen

 

Von Natsun aus lässt es sich einfach einkaufen. Zwei mobile Bäcker kommen regelmässig am Morgen vorbei und zudem verkauft das „Café Paso Doble“ im Erdgeschoss tagsüber ebenfalls Brot. Zum grossen Consum Supermarkt (gleich neben der FKK Zone) ist es nur ein Katzensprung. Dort gibt es die beste Auswahl an Frischprodukten der Umgebung. Ausser Bedienungstheken für Fisch, Fleisch, Wurstwaren und Käse bietet Consum auch eine Selbstbedienungsabteilung um Gemüse und Früchte selbst zu verpacken und abzuwägen. Im Umkreis von 10 Km findet man ausserdem mehrere Mercadona Supermärkte, Intermarché sowie Lidl. Im 5 Km entfernten Garrucha gibt es mehrere qualifizierte Optiker, welche einerseits mit markengläubigen Kunden gutes Geld verdienen, andererseits aber der Kundschaft welche insistiert, dass sie keine Markennamen braucht um ihr Selbstvertrauen zu stärken, sehr preiswerte Brillen in guter Qualität verkaufen.
Wer mit der Klatschpresse zufrieden ist, findet in der Nähe eine Auswahl von Zeitungen und Zeitschriften aus ganz Europa. Wer hingegen ein etwas seriöseres und globaleres Blatt wie z.B. die „International Herald Tribune“ vorzieht, muss etwas mehr Aufwand betreiben um fündig zu werden.

 

Wer sich in Vera nach Artikeln wie Kleidung, Lampen oder Möbel umsieht, merkt sehr schnell, dass das Angebot eher den traditionellen Geschmack der älteren Generation widerspiegelt. Die jüngere Generation hingegen zieht die grossen Einkaufstempel in Aguilas, Almeria oder Murcia vor, wo Filialen derselben Ladenketten welche man in Paris, London, Frankfurt oder Shanghai sieht, dieselben in China hergestellten Produkte anbieten, die man auf der ganzen Welt findet.

 

Der Besuch eines traditionellen Spanischen Ladens ist aber auch eine interessante Erfahrung. Eines der typischsten Geschäfte ist eine grosse Eisenwarenhandlung in der Nähe von Mojácar. Obwohl dieser Laden während des Jahres zu einem grossen Teil von der aus England eingewanderten Bevölkerung von Mojácar frequentiert wird, findet man dort trotzdem ein sehr typisches traditionelles Einkaufserlebnis. Um die Weihnachtszeit ist dieser Laden so Spanisch wie er nur sein kann! Auf zwei recht grossen Etagen wird fast alles verkauft, was man sich nur wünschen kann. Wenn man sich durch die eher engen Korridore bewegt, ist es nicht immer ganz einfach, das Gesuchte zu finden, vor allem dann, wenn es sich um kleinere Artikel handelt. Kein Grund zur Sorge; frag einfach die nächste Verkaufsperson und schon zeigt sie dir das Gesuchte, entweder gut versteckt hinter, oder begraben unter etwas anderem, an dem du nicht interessiert bist.

 

Du suchst eine neue Kaffeemaschine, denkst aber, dass die Auswahl in diesem Geschäft etwas bescheiden ist? Es gibt überhaupt keinen Grund in ein anderes Geschäft zu gehen nur um eine grössere Auswahl zu haben. Hebe einfach die nicht so ansprechend aussehenden Kaffeemaschinen aus dem Gestell und wisch die Staubschicht von was immer du dahinter siehst und schon erkennt man eine weitere Reihe von brandneuen glänzenden Kaffeemaschinen zum Vorschein. Nun wiederholst du diesen Vorgang, bis du ein passendes Modell findest.
Zur Weihnachtszeit werden die engen Gänge in dieser (und manch anderer) Eisenwarenhandlung auf ihre Kapazität hin getestet. In Spanien werden grössere Investitionen wie z.B. der Kauf eines Toasters oder Handmixers im Freundes- und Familienkreis diskutiert. Oft kommen diese auch mit ins Geschäft, weil das Gesellschaftliche ebenso wichtig ist wie der eigentliche Kauf. An einer dieser Gruppen vorbeizukommen ist eine Herausforderung die durch zusätzlich aufgetürmte Kartons voll unwiderstehlicher Weihnachtsangebote noch erschwert wird. Platz um die angebotenen Waren auszustellen ist also beschränkt. Trotzdem soll man seine Wahl nicht anhand der (oft nicht korrekten) Bilder auf den Verpackungen zu treffen. Ein/e freundliche/r Angestellte/r ist selbstverständlich dazu da, dem Kunden die Schachtel zu öffnen und das Gewünschte zu zeigen. Falls der Inhalt zerbrochen ist, ist dies überhaupt kein Grund zur Aufregung. Das Personal weiss sofort, dass der Kunde am zerbrochenen Artikel nicht interessiert ist. Das defekte Teil wird umgehend in die Schachtel zurückgelegt und diese wieder richtig verschlossen, bevor sie ins Regal zurückgestellt wird. Man braucht bloss etwas Geduld mitzubringen, da dieser Vorgang anstandslos wiederholt wird, bis das Personal eine Schachtel ganz ohne defekte Teile findet.

 

Hauptsaison in Vera Playa: viel Betrieb aber wenig Lärm

 

Alle, sogar unsere spanischen Freunde „bewunderten“ uns für den Mut,  die Hauptsaison an einem spanischen Ferienort zu verbringen, der bei den Einheimischen beliebt ist. Etwa Ende Juni hat sich der grösste Teil der in und um Vera Playa angesiedelten Ausländer bereits wieder in ihren ehemaligen Heimatländern versteckt, um dem unaufhaltbaren Lärm zu entkommen, den die Spanier während ihrer Hauptsommerferien machen sollen. Für uns gehört aber das Erleben des Hochsommers unter den Einheimischen ebenso zu einem längeren Spanienaufenthalt, wie der Eiffelturm zu Paris. So warteten wir ganz gespannt auf die Massen, die da kommen sollten.

Am ersten Mai war der Strand urplötzlich mit tausenden von Sonnenanbetern belebt und so glaubten wir, dass dies nun der Saisonstart sein könnte. Aber nachdem das lange Wochenende vorbei war, gingen die Einheimischen wieder ebenso schnell zurück an ihre Arbeitsplätze, wie sie gekommen waren.
Ab Mitte Juni wurde der Strand von Rettungsschwimmern überwacht. An den Wochenenden sah man hier nun regelmässig ein paar tausend Nacktbadende, welche sich in der Sonne aalten, aber unter der Woche ging die Zahl zurück auf nur noch ein paar hundert. Als grosser Gegensatz dazu war der Textilstrand immer noch die ganze Woche inklusive der Wochenenden fast leer. Mitte Juli sah es noch genau so aus und wir fragten uns schon, ob es denn  hier überhaupt eine Hauptsaison geben würde. Ganz plötzlich kamen nun aber Handwerker an, welche diejenigen Restaurants und Souvenirgeschäfte umbauten und renovierten, welche bis anhin immer noch geschlossen waren. Langsam aber sicher wurden weitere Eiskioske und Sonnenliegen mit Sonnen-Schirmen entlang des Strandes bereitgestellt. Anfangs August war schlussendlich alles in Betrieb. Wohl wegen akuter Stauwarnungen war auch am ersten Augustwochenende immer noch nicht viel mehr los, als an den voran gegangenen. Am darauffolgenden Montag und Dienstag aber erreichten die Massen endlich Vera Playa.

 

Nicht nur der guten Lage, sondern auch den konkurrenzfähigen Preisen ist es zu verdanken, dass Natsun als einzige Ferienanlage in Vera Playa über das ganze Jahr hinweg recht gut belegt ist. Die meisten anderen FKK Siedlungen haben meistens auch ein paar Gäste, die Textilen Ferienanlagen hingegen, sind für 11 Monate im Jahr so gut wie leer. Einzig im August war fast jede Ferienwohnung belegt.

 

Wir mussten also nicht in die Ferien gehen, die Ferien kamen sozusagen zu uns! So warteten wir also neugierig auf der Terrasse; bereit den unerträglichen Lärm auszuhalten, den all unsere Freunde vorhergesagt hatten.

Wir warteten und warteten, aber es war kaum lauter als in der Nebensaison. Kaum zu glauben; Hauptsaison in einem spanischen Ferienort und wir nehmen überhaupt keinen störenden Lärm wahr. Da stimmt wohl etwas nicht mit uns! Wir beschlossen zu handeln; reinigten unsere Ohren und hörten nochmals genauer hin: Nun hörten wir an ein paar wenigen Nächten ein bisschen Lärm von einer Diskothek in der Nähe des Vera Playa Club Hotels, aber spätestens um 1 Uhr morgens machten die Schluss und es war nichts mehr zu hören.

 

Wir müssen wohl genauer hinhören! Oh: vielleicht ist es das: sogar nach Mitternacht hörten wir regelmässig Kinder die sich auf dem grossen Rasen und auf dem Spielplatz beschäftigten. Dies ist aber sicher nicht störend; es ist ein Zeichen von Leben! Spanischen Kindern wird es nicht verboten lange aufzubleiben, dafür kann man sie am nächsten Morgen vor 11 Uhr weder sehen noch hören; Spanische Eltern sind wirklich sehr schlaue Tapas-Esser! Wir versuchten immer noch ganz verzweifelt wenigstens ein wenig störenden Lärm zu finden. Vielleicht hilft es ja, wenn wir uns über den Balkon lehnen. Tatsächlich: es funktioniert!
Nun sehen und hören wir, dass auf den umliegenden Terrassen bis spätabends gegessen und diskutiert wird. Der Lärmpegel war aber immer noch sehr bescheiden. Wir vermuten, dass unsere  Diskussion über die unglaublich ruhigen Spanier mehr Lärm verursachte! Nachdem wir schon fast glaubten, dass alles Gerede über die unglaublich lauten Spanier nur von ausländischen Agenten verbreite Gerüchte sind, wurden wir doch noch eines besseren belehrt: Um neun Uhr morgens kündigten die beiden mobilen Bäcker durch wiederholtes betätigen der Hupe ihre Präsenz an und unterbrachen damit die Nachtruhe der träumenden Touristenschaar! In der Nebensaison kommen sie jeweils eine Stunde später… Was uns aber wirklich auf den Wecker ging, waren all die bellenden Hunde die die Urlauber mitbrachten – wenigstens durften sie nicht mit zum Strand.

 

Eines der verschiedenen Chiringuitos (einfache Strand-Restaurants) befindet sich am Strandabschnitt direkt vor Natsun. Zudem bietet seit Ostern 08 die Café-Bar „Paso Doble“ im Erdgeschoss Internetzugang, Tapas und einfache Mahlzeiten an. Glücklicherweise gibt es in der näheren Umgebung keine Bar die bis spätabends geöffnet hat. Dies hilft sicherlich, dass die Atmosphäre so ruhig und angenehm bleibt. Zudem benehmen sich FKK-ler auch in Spanien zivilisierter als die grosse Masse der Urlauber. Der Lärmpegel im nahegelegenen Ferienort Mojácar-Playa, welches vor allem Badegäste aus Europas grösster englischsprachiger Insel anzieht, ist deutlich höher. Während des ganzen Sommers „kriechen“ dort allabendlich Mädchen (in sexy Kleidung) und Burschen (in verwaschenen Jeans) betrunken und laut von Pub zu Pub und von einer Irischen Bar zur nächsten!

 

Am langgezogenen FKK Strand von Vera Playa herrscht eine sehr natürliche Atmosphäre. Mehrere tausend Badegäste, oft grosse Familiengruppen, geniessen ein Sonnenbad, schwimmen, spielen Beach Ball, bauen Sandburgen oder spazieren entlang des Strandes, was die beliebteste Beschäftigung ist. Da die Spanier sehr viel Familiensinn haben, besuchen oft bis zu vier Generationen gemeinsam den Strand. Die Spanier sind im Allgemeinen ein sehr tolerantes und entspanntes Volk. Ab und zu sah man eine Grossmutter, die zwar ein Badekleid trug, es aber offensichtlich genoss von ihren splitternackten  Kindern, Enkeln und Urenkeln umgeben zu sein. Für die allermeisten war es ganz natürlich sich auszuziehen, ab und zu sah man aber auch eine Familie, wo das einzig nackte Familienmitglied dasjenige war, das eigentlich besser noch Windeln tragen sollte!

 

Im August war der Strand zu etwa 95% mit Spaniern bevölkert. Trotzdem war (auch da) der Lärmpegel deutlich angenehmer als an vielen von Ausländern heimgesuchten Stränden. Am beliebtesten war der Strand jeweils etwa um 13:30 h und wieder um 18:30h. Zu diesen Zeiten muss der Strand aus der Ferne wohl wie ein grosser Fleischkäse ausgesehen haben mit den vielen bunten Sonnen-Schirmen. Anderseits wird aber die Siesta vom Spanischen Volk sehr ernst genommen und sogar während den Ferien strikt eingehalten. Aus diesem Grunde bleiben von den abertausenden, welche den Strand geniessen, zwischen 15 und17 Uhr nachmittags nur ein paar hundert übrig. Es scheint uns, dass dieses ungeschriebene Gesetz von denjenigen welche Badekleidung tragen noch konsequenter eingehalten wird. Aus diesem Grund ist es im Textilen Abschnitt sogar im August regelmässig möglich, mehre hundert Meter Strand für sich alleine zu haben, aber nur während der Siesta!

 

In einer weiteren Hinsicht unterscheidet sich Vera Playa von den FKK Zentren, welche wir ausserhalb Spaniens besucht hatten. Hinter dem Strand ist Nacktheit innerhalb der FKK Zone selbstverständlich auch etwas normales, aber nur wenn man in einer „Mission“ unterwegs ist; z.B. auf direktem Weg von der Ferienwohnung ins Café, zum Müll oder an den Strand. Wer aber im Adamskostüm (immer noch in der FKK Zone versteht sich) einen Umweg macht um sein Ziel zu erreichen, kommt sich hier etwas wie ein Aussenseiter vor!

 

Während des ganzen Jahres ist diese Gegend sehr trocken und während der Sommermonate gibt es normalerweise gar keine Niederschläge. Von Zeit zu Zeit gab es aber auch ohne stürmisches Wetter eine Woche mit beeindruckenden, grossen sich überschlagenden Wellen. An diesen Tagen fangen alle ihre Bewunderung für die Kraft der Natur mit ihrer Kamera ein. Einige dieser kraftvollen Wellen spülen jeweils ganze Strandabschnitte weg. Die Regierung schlägt aber zurück und deponiert danach jeweils an den meist betroffenen Strandabschnitten Lastwagenweise neuen Sand.

Wie in einem Drittweltland wird der Strand während den Sommermonaten jeweils von Strandhändlern (hauptsächlich aus Afrika) heimgesucht. Diese sind aber glücklicherweise nicht so insistierend wie diejenigen in Asien, ausser man ist so naiv, sich mit ihnen auf ein Gespräch einzulassen…

 

Während der Sommerferienzeit spielt sich das Leben in Vera Playa viel lebensfroher und erfrischender ab, als während der Nebensaison. Bis spät nach Mitternacht sieht man viele Spanische Familien, welche mit ihren Kindern entlang des “Paseo Maritimo” spazieren und davon profitieren, dass die Eiskioske nun alle geöffnet sind, nachdem einige während des Tages geschlossen waren.
Es ist uns aufgefallen, dass viele Spanische Paare Chinesische Mädchen adoptierten. Es scheint, dass wie in anderen Ländern, auch die Spanischen Adoptionsgesetze so viele Bedingungen stellen, dass eine „Einkaufstour“ nach Asien als eine gute Alternative erscheint. In zehn Jahren oder so werden sich die Touristen aus Asien vermutlich wundern,  wie vielen Chinesinnen sich nackt an Spaniens FKK Stränden sonnen.

 

Während wir an einem warmen Sommerabend nach Mitternacht auf unserer Terrasse sassen, vernahmen wir vom Dach unserer Nachbarn (welche nicht hier waren) ein Geräusch. Nachdem wir sahen dass dort ein Mann an der Fernsehantenne schraubte, schrien wir ihn an und fragten nach seiner Rechtfertigung. Er antwortete ganz ruhig, dass er die Antenne neu ausrichtet. Mutig und splitternackt wie sie war, begab sich Brigitte sofort aufs Dach um ihn davonzujagen, da sie ihm kein Wort glaubte. Heinz vermutete, es könnte sich vielleicht um einen faulen Trick handeln um uns abzulenken, so räumte er zuerst alles Wertvolle in unser Apartment und schloss dieses richtig ab, bevor er Brigitte half, den verdächtigen Eindringling fortzujagen. Zu Brigittes grosser Überraschung versuchte dieser nicht einmal die Flucht zu  ergreifen. Dafür hatte er seinen Laptop an der Antenne angeschlossen und bestand darauf, dass er der TV-Techniker sei, welcher von der Siedlung den Auftrag hat, die Antenne zu justieren, da der Empfang in einigen Wohnungen schlecht sei. Als wir ihn fragten weshalb er diesen Auftrag nach Mitternacht ausführe, stellte er sich als Christobal vor und antwortete: “Ich bin auch FKK-ler und ziehe es vor, tagsüber an den Strand zu gehen. Momentan ist es einfach zu heiss um am Tag zu arbeiten.“ Brigitte glaubte ihm immer noch nicht ganz, aber am nächsten Morgen bestätigte Jan, der Besitzer von Natsun, dass es durchaus möglich sei, dass Christobal mitten in der Nacht auf dem Dach arbeitet.

 

Später trafen wir ihn oft am Strand wieder und unterhielten uns mit ihm ab und zu (in der Hoffnung unser Spanisch zu verbessern). Er sagte, dass ihm klar wurde, dass wir ihm ein Problem machen würden, nachdem er hörte, dass wir Schweizer seien – die würden sicher niemals zu Unzeiten freiwillig arbeiten.

 

Leider waren die meisten Spanischen Nachbarn die wir hatten eher reserviert und so konnten wir nicht so oft wie wir es erwartet hatten, von gratis Spanisch Lektionen profitieren. Die meisten Ausländer welche jeweils im Appartement neben uns wohnten, waren deutlich kontaktfreudiger!
Im Allgemeinen ist es aber sehr lohnenswert, wenn man wenigsten etwas Spanisch spricht. Das meiste Verkaufspersonal ist immer für einen kleinen Schwatz zu haben, wenn sie Ausländer bedienen, welche etwas Spanisch sprechen. Spanisch zu lernen ist eigentlich gar nicht so schwierig, einige Wörter kann man problemlos für mehrere Begriffe verwenden. Nur ein kleines Beispiel: die Redewendungen „am Morgen“, „morgen“, „morgen in einer Woche“, „morgen in einem Monat“ oder „morgen in einem Jahr“ kann man alle ganz bequem mit einem Wort treffen: “mañana”. So einfach ist die spanische Sprache aber nicht immer: Unter „Piso Piloto“ versteht man beispielsweise keine Pilotenwohnung, sondern eine Musterwohnung.

 

Während unseres Aufenthaltes in Vera Playa wurde uns bewusst, in welch kurzer Zeit die vom Tourismus abhängigen Geschäfte ihr Geld verdienen müssen. Im nahegelegenen Garrucha öffneten viele Restaurants und Souvenirgeschäfte ihre Tore erst im August, nur um bereits Mitte September wieder dicht zu machen. So ist es nicht verwunderlich, dass im Hochsommer das Angebot von Touristenfallen geprägt wird. Von den vielen Lokalen und Liegestuhlvermietungen am Strand waren die meisten von der “Semana Santa” (Osterwoche) bis etwa Ende September geöffnet. Ausser im August konnten aber nur diejenigen im FKK Bereich ein gutes Geschäft machen, da der Textilstrand nur während der “Semana Santa” für ein paar Tage und um den August für etwa 5 Wochen Badegäste hatte.

 

Die grosse Mehrheit der Urlauber in Vera Playa sind Spanier, gefolgt von Franzosen, Niederländern, Engländern und Deutschen. Uns ist aufgefallen, dass die Menschen, welche in Südspanien aufgewachsen sind, ein paar Grad mehr Wärme brauchen, als diejenigen aus Madrid oder Nordeuropa. Viele Andalusier, welche wir den ganzen Sommer über nur splitterfasernackt gesehen hatten, spazierten im Spätherbst urplötzlich mit mehreren Lagen Kleidern entlang des Strandes. Sowohl die “Madrileños” als auch die Ausländer genossen derweilen immer noch vollkommen unbekleidet die wärmende Sonne!

 

Im Gegensatz zu Ferienanlagen welche von Deutschen oder Engländern dominiert  werden, dürfen die Eigentümer in Vera Playa während des ganzen Jahres Umbauten an ihren Ferienwohnungen vornehmen. Dies ist eigentlich viel sinnvoller (und auch leiser) als die übertriebenen Umbau Sperrzeit Verordnungen in Deutschen Ferienanlagen, welche dazu führen dass „do-it-yourself“ Freunde den ganzen Tag über einen extralauten Rasenmäher ungebraucht im Rasen dröhnen lassen, nur um die Umbaugeräusche im Hintergrund zu übertönen!

 

Unter Freunden

 

Unsere Zeit in Vera Playa war sehr kurzweilig. Während der Winterzeit trafen und bekochten wir einige Freunde und Bekannte, welche wir von unseren vorgängigen Aufenthalten  im Costa Natura kennen. Wir wurden von ihnen mit Spezialitäten wie Holländischem Käse, oder deutscher Wurst verwöhnt. Einigen, darunter Gisela & Klaus und total überraschend auch Christiane & Klaus welche erst vor kurzem noch glaubten, dass wir es hier keine drei Tage aushalten würden, gefiel es auf Anhieb so gut, dass sie sich hier für den nächsten Winter selbst eine Ferienwohnung buchten. Für andere wiederum, wie z.B. Bruni & Erhard stand dies nicht zur Diskussion, da sie im Costa Natura Eigentümer sind.


Zudem lernten wir weitere interessante Menschen kennen, wie z.B. Brita & Holger oder ein alleinerziehender Schweizer Familienvater, welcher oft ausser seinen eigenen Kindern auch noch die Kinder der Nachbarn und sogar seine Lehrlinge in den FKK Urlaub mitnahm. Diese Kinder und Jugendlichen erzählten davon so begeistert ihren Eltern, dass diese teilweise in den folgenden Jahren ebenfalls zu FKK-lern wurden und ihn ebenfalls begleiteten. Er ist ein gutes Beispiel dafür, dass FKK-ler welche in ihrem Umfeld offen über ihre natürliche Einstellung zur Nacktheit sprechen, dieses Hobby dadurch oft auch mit ihrem Bekanntenkreis teilen können. Für den teilweise schlechten Ruf der FKK Idee sind diejenigen FKK-ler, welche ausserhalb der Gelände-Grenzen darüber schweigen zu einem grossen Teil mitverantwortlich.
Nachdem wir uns in unserem Freundeskreis als FKK Anhänger identifizierten, gaben einige Freunde zu ebenfalls FKK-ler zu sein, andere sagten, dass sie es zwar noch nie probiert hätten, es aber als etwas natürliches betrachten und andere waren zuerst etwas skeptisch, versuchten und genossen es aber nach ein paar Jahren schlussendlich doch.

Wir trafen uns hier auch mit Birgit & Norbert, einem netten Paar welches sich für einen Monat ein Appartement mietete. Vorgängig fragen sie uns nach unseren Erfahrungen in Natsun, da sie auf unserer Website entdeckten, dass wir gerade hier waren.

Natürlich machten wir auch Bekanntschaft mit vielen Urlaubern, welche für ein paar Tage oder auch für ein paar Wochen oder Monate hierher kamen. Ab und zu begegneten wir am Strand so vielen bekannten Gesichtern, dass wir schon fast hätten auslosen müssen, mit wem wir uns zuerst unterhalten.

 

Während der Sommermonate hatten wir mehrmals Freunde zu Besuch, welche diese angenehme Ferienanlage jeweils für ein paar Wochen mit uns teilten.
Ende Mai holten wir Annemarie und Beat, bei denen wir in der Schweiz schon ein paar Mal wohnen durften, am 140 Km entfernten Flughafen St. Javier bei Murcia ab. Ohne zu zögern, aber etwas besorgt zogen sie sich sofort aus, stellten aber bald mit Erleichterung fest, dass die Atmosphäre unter den „Nackten“ viel natürlicher und auch ruhiger ist, als diejenige in den Ferienanlagen die sie in den letzten Jahren jeweils besucht hatten. Das FKK Leben gefiel Annemarie & Beat während ihrer zwei Wochen offensichtlich so gut, dass sie tagsüber kaum Ausflüge machen wollten und die Sonne fast täglich so lange auskosteten, bis sie am Horizont verschwand.

Auf unser Drängen hin, holte sich Beat bei einem Zahnarzt, welcher uns von den Besitzern hier empfohlen wurde, eine Zweitmeinung ein. Dabei sparte er auf einen Schlag € 2000.-(zweitausend!) da der Spanische Zahnarzt die Behandlung, welche sein Schweizer Kollege vorschlug, zum jetzigen Zeitpunkt als absolut unnötige Geldverschwendung einschätzte.

 

Anfangs August kriegten wir für vier Tage Besuch von Magy, einer ehemaligen Arbeitskollegin von Brigitte. Sie ist mit ihrem inzwischen leider schon verstorbenen Partner vor ein paar Jahren nach Südspanien ausgewandert und führt nun abends ein Hähnchen-Restaurant,  etwa 200 Km von Vera Playa entfernt. Tagsüber besucht sie oft den FKK Strand in ihrem Wohnort. Wir freuten uns, einander nach fünf Jahren erstmals wieder zu sehen. Magy wollte natürlich sowohl den Strand, als auch die Restaurants in dieser Gegend auskundschaften.

 

Anfangs September hatten wir für drei Tage Besuch von Angelika und Karsten, einem interessanten und unkomplizierten Paar aus Dänemark, welches im Costa Natura seinen festen Wohnsitz hat. Während der Wintermonate sind die beiden jeweils fast ohne Gepäck für ein paar Monate als Globetrotter in Asien unterwegs, wo wir uns in den vergangenen 5 Jahren zweimal getroffen haben.

Noch am selben Tag an dem sich Angelika & Karsten von uns verabschiedeten, holten wir unsere Freunde Moni & Bruno vom Flughafen ab.

Bei unserem ersten gemeinsamen FKK Urlaub 1994 wurden die beiden zu einem Paar und heirateten während ihren über zweijährigen Flitterwochen in Australien. Seither verabreden wir uns regelmässig Mal für sechs Tage, aber auch Mal für volle sechs Wochen, um gemeinsame FKK Ferien zu geniessen. Während der diesmal 2 ½ Wochen machten wir auch ein paar Ausflüge und schlemmten in einigen Restaurants.

 

Als letzte Besucher kamen Mitte Oktober Heinz’ Schwester Edith zusammen mit Partner Kari, welche wir am 90 Km entfernten Flughafen in Almeria abholten. Als wir den beiden 1994 erstmals von unseren FKK Urlaub (mit Moni & Bruno) erzählten, konnten sie sich dies für sich selbst noch nicht so richtig vorstellen. Als sie uns aber 1999 für 8 Tage im „Domaine de la Sablière“ besuchten, wurde für sie Nacktheit schnell ebenfalls zur natürlichsten Sache der Welt und so begleiteten sie uns seither schon fünfmal zum FKK Urlaub.

 

Edith & Kari waren erst bis vor drei Wochen in Island gewesen und konnten uns ein paar wertvolle Tipps geben. Sie wiederum konnten davon profitieren, dass wir im kulinarisch nicht so herausstechenden Andalusien den Spreu schon etwas vom Weizen getrennt hatten. Da sich Edith & Kari immer sehr auf Trab halten, konnten sie leider nur 10 Tage bleiben.

 

Für all unsere Besucher konnten wir uns an der Rezeption mit Bett- und Frottierwäsche eindecken. Natsun bot uns wirklich einen sehr guten Service.

Nicht alle Besucher waren uns aber willkommen. Zu gewissen Jahreszeiten wurden die Spatzen schon fast zu einer Plage, da die Federviecher unsere Terrasse fast schneller  verschissen als wir sie reinigen konnten… Die Chance sie los zu werden ist nicht gross, da sie von vielen Urlaubern mit allem (ungesunden) gefüttert werden.

 

Frühlingsausflug

 

In Andalusien kehrte anfangs Februar langsam der Frühling ein und wir wollten ihn noch einmal auskosten, so lange wir noch in dieser Gegend waren.

Nachdem uns Trix & Gernot von der schönen Landschaft und den Mandelblüten in der Alpujarra vorgeschwärmt hat, machten wir uns auf, um dies selbst zu erleben. Vorher kontaktierten wir noch Magy, unsere Freundin mit dem Hähnchen-Restaurant "El Gallinero" in La Herradura. So konnten wir uns Mal wieder treffen und auch bei ihr übernachten.

Nach einer wunderschönen Anfahrt via „Desierto de Tabernas“ sahen wir um uns herum bald in drei Richtungen Schneeberge. Wir bogen ins Alpujarra Gebirge ein und hoben die nördlichere Strecke entlang der Sierra Nevada, für den Rückweg auf.

Nicht nur die Mandelbäume waren schön anzusehen, sondern vor allem auch die Landschaft die sehr abwechslungsreich ist, mal mit kultivierten Hügeln, dann wieder mit steppenähnlichem kargem Land auf dem kaum was wächst. Wir sahen hohe felsige Berge oder ausgewaschene Sandhügel und auch die Farben des Bodens wechselten sich ständig ab; mal war er mausgrau, dann wieder ocker bis rot oder stark braun vom Eisengehalt des Gesteins.

Unterwegs hätte man alle paar hundert Meter anhalten können, doch wir wollten vor der Dunkelheit aus dem Gebirge raus sein und zudem hatten wir uns ja bei Magy angesagt. Als wir bei Motril die Costa del Sol erreichten, fuhren wir zum ersten Mal seit langem wieder in dichtem Verkehr und uns wurde erst richtig bewusst, dass die Gegend um Vera und die Costa Almeria doch eher ruhig ist.

Am Sonntagabend geht Magy jeweils mit ihrer Equippe; dem Koch, einer Küchenhilfe und einer Freundin auswärts essen. So konnten wir uns den vieren anschliessen und weisse Spargeln geniessen.

Am nächsten Tag gingen wir alleine auf Erkundigungsfahrt. Dabei folgten wir erst der Küstenstrasse bis Nerja, drehten Inland und kamen durch saftige Hügel in denen gelb die Ginsterbüsche leuchteten. Die Mandeln waren hier allerdings schon verblüht.

Wir fanden viele hübsche weisse Dörfer, wie z.B. Cómpeta+Corumbela, von denen aus man bis ans Meer sah. Weiter oben faszinierte uns der Ort Alhama de Granada, der auf Klippen über einem ausgewaschenen Flussbett thront.

Am nächsten Tag hatte Magy frei und spielte Turistenführerin. Sie leitete uns in die Sierra de los Guajares, wo wir erst einen langen Spaziergang in den Bergen machten und anschliessend in einem typisch spanischen Lokal zu Mittag assen. Auf dem Weg von dort weiter über eine enge Passtrasse, kamen wir durch recht viele Mandelhaine die Mal rosa, Mal weiss blühten.

 

Tags drauf besichtigten wir Malaga. Wir klapperten die sehenswerten Gebäude ab und schnauften danach auf den Monte de Gibralfaro mit der Alcazaba Festung. Der Blick schweifte über das blaue Meer auf der einen, sowie  zu den grünen Hügeln und schneebedeckten Bergen auf der anderen Seite. Allerdings war uns die davor liegende Betonwüste mit hässlichen Hochhäusern ein Dorn im Auge – aber auch das ist Andalusiens Costa del Sol!  Wir finden allerdings die kleinen weissen Dörfer, welche an den Hängen kleben viel hübscher.

 

An diesem Abend hatte Magy den Hühnerstall wieder geöffnet und wir erlebten zum ersten Mal die Atmosphäre, wenn das Restaurant mit Gästen belebt ist. Wir bestellten uns von den Hähnchen-Spezialitäten und genossen den zuvorkommenden Service.

 

Tags drauf verabschiedeten wir uns dann von Magy und fuhren durch das Alpujarra Gebirge wieder „heimwärts“. Bald erklommen wir eine Passtrasse mit toller Aussicht, die leider weiter oben gesperrt war, sodass wir umdrehen mussten.

Nach Erreichen des Thermal Ortes Lanjaron besuchten wir drei als touristische Juwelen hoch gepriesene Dörfer: Pampaneira, Bubion und Capileira. Sie alle hatten uns etwas enttäuscht. Keines der touristisch vermarkteten Dörfer sah besser aus, als all die andern weissen Dörfer die nirgends speziell erwähnt sind, es gab hier einfach noch Souvenirgeschäfte und mehr Restaurants.

 

Als nächstes trudelten wir nach 5 Uhr in Trevélez ein, einem ebenfalls berühmten Ort. Es war merklich kühler hier, denn schliesslich befanden wir uns nun im höchstgelegenen Dorf Spaniens auf 1750m.ü.M! Zudem lagen Schneehaufen entlang der Strasse, die vor ein paar Tagen kurz gesperrt werden musste.

Hier suchten wir nach einer Unterkunft, was sich als schwieriger erwies, als es auf den ersten Blick schien. Obwohl es viele Hotels + Restaurants hat, waren die meisten geschlossen wegen Renovation, Ferien, zu wenig Gästen oder einfach weil sie die Zimmer nicht heizen wollten. Wir fragten immer wieder herum und als nichts fruchtete, sahen wir in einem teuer erscheinenden Apartment Haus unsere letzte Chance. Gespannt wie teuer es sein würde, klingelten wir an der Tür. Wir hatten Glück! Das noble Haus hält immer ein „einfaches“ Zimmer für spontan erscheinende Gäste bereit. Es war sehr gut ausgestattet und sogar mit Fussbodenheizung angenehm geheizt - und das für 40 Euro; nicht schlecht!

Zufrieden stapften wir anschliessend durch den Schnee nochmals hinauf ins Oberdorf (Barrio Alto). Trevélez ist ein weisses Dorf mit drei Ortsteilen und viele Häuser sind recht gross, da sie teilweise nichts anderes als Schinkenbeine in “secadores”  beherbergen. Der berühmte Serrano Schinken wird nämlich hier in der reinen kühlen Bergluft getrocknet. Die teuersten der etwa 7 kg schweren Schinkenbeine hängen bis 2 Jahre und können € 700 kosten. Diese stammen von den weissen Schweinen, welche in der Provinz Extremadura unter Eichenbäumen lebten.

Trevélez ist sehr touristisch und bietet eine grosse Auswahl an Souvenirgeschäften. Ausser viel unbrauchbarem, werden natürlich auch die Schinken, Forellen und Soplillos, eine lokale Meringue (Baiser) Spezialität mit Mandelsplittern, angeboten.

 

Am nächsten Morgen  kamen wir durch viele kleine Dörfer in denen die Strassen oft so eng waren, dass man mit dem Auto kaum durchkam, ganz im Gegensatz zu den sonst sehr gut ausgebauten Strassen zwischen den Ortschaften.

Die als "scenic" eingezeichnete Strasse die wir zum Abschluss unserer Tour nahmen, war aber eine grosse Ausnahme. Das Strässchen entlang der Schlucht des Rio Adra war voll Löcher und höchstens etwa drei Meter breit. Sie war eingemeisselt in eine Senkrechte, teilweise sogar überhängende Felswand.

Zuerst hielten wir noch den Atem an, aber die Landschaft war so einmalig schön, dass wir nicht umdrehen wollten - wenn wir überhaupt irgendwo hätten drehen können... Zu unserer Beruhigung sahen wir viele Kurven weiter vorn noch ein anderes Auto fahren. Am Schluss waren wir total begeistert, dass wir uns dieses Abenteuer nicht hatten entgehen lassen. Ab dem Stausee Beninar war dann die Strasse schon wieder breit und luxuriös und jede Nostalgie verflogen. Diese Fahrt war ein faszinierender Abschluss für unsere Blüten-Fahrt und bleibt uns natürlich viel besser in Erinnerung, als eine Autobahnstrecke!

 

Schlussgedanken

 

Wir genossen unseren Aufenthalt bei Natsun in jeder Hinsicht. Es ist sicher einer der besseren FKK Plätze die wir kennen. Auch die Offenheit und Toleranz der spanischen Gesellschaft trägt dazu bei, dass Nacktheit am Strand von Vera Playa vollkommen natürlich ist, genauso wie es sein sollte.

Das Wetter hier ist während dem grösseren Teil des Jahres sehr eintönig; jeden Tag nur Sonnenschein.

Weshalb wissen wir nicht genau, aber irgendwie keimten in uns neue Reisepläne für Regionen mit weit weniger „eintönigen Wetterlagen“. Wir haben vor die Färöer Inseln, Island und Grönland zu erkunden. Danach möchten wir den nächsten Winter, sowie den folgenden Sommer in Skandinavien verbringen. Nach soviel Sonne in Südspanien überstehen wir wohl das harsche und kalte Klima und geniessen vermutlich sogar die verschiedenen Launen des Wetters, welche in der Nähe der Arktis alles andere als langweilig sein werden!

 

Als wir in Natsun eintrafen, suchten wir eigentlich nur einen einigermassen warmen Platz um etwas dem Winter zu entfliehen. Tatsächlich ist der Winter recht angenehm, obschon es auch hier einen spürbaren Winter gibt. Vera Playas grösste Trumpfkarte: den Strand, kann man aber nur in der wärmeren Jahreshälfte voll geniessen.

 

Zwischen April und November ist in unseren Augen die beste Zeit für einen Aufenthalt in Vera Playa. Wir bevorzugten die Sommerzeit weil wir dann von Spaniern umgeben waren; von der lebensfrohen Spanischen Lebensart, welche uns sogar noch mehr zusagte als wir dies erhofft hatten!!!

 

Abschied von Spanien: Inland-Route nach Frankreich

 

Am 7. April verliessen wir schlussendlich unser sonniges Paradies in Südspanien und fuhren Richtung Frankreich. Wiederum entschieden wir uns für eine Inlandroute weitab der Autobahnen.

 

Die Landschaften waren auf dieser Strecke wiederum so faszinierend und abwechslungsreich wie eine Fahrt durch verschiedene Kontinente. Mal hatte es trockene rote Erde, dann wieder hochalpine Nadelwälder oder üppiges Farmland. Die vielen Touristen die alle bloss über die Küsten-Autobahn hetzen, wissen zum Glück gar nicht, was sie alles verpassen!!!

Als wir den Jumilla Pass erreichten, hatte es da oben statt 20°C plötzlich nur noch 10°C. Wie tief waren doch Socken und Jacken verpackt! Über eine Hochebene mit Nadelwäldern erreichten wir um 20 Uhr ein Dorf namens Sinarcas. Dort nahmen wir in einem ‚Hostal‘ ein Zimmer und sahen uns darauf noch etwas im Ort um. Jetzt erst kapierten wir, weshalb uns die Señora so komisch angesehen hatte, als wir ihr mitteilten, wir seien noch nicht sicher, ob wir bei ihr essen wollten oder in einem anderen Restaurant. Denn: wir waren bereits in DEM Restaurant des Dorfes … the one and only!

 

Am nächsten Morgen durften wir noch einmal Spanien erleben wie es spanischer nicht sein kann. Die ganze Dorfbevölkerung drängte sich mit Stoffsäcklein ausgerüstet, in die 2m2 grosse Bäckerei – wir mit ihnen! Dann brachten wir unsere frisch gekauften „panes con chocolate“ in UNSER Restaurant rüber und drängten uns, zusammen mit der ganzen werktätigen Bevölkerung, die hier ihr „Z’nüni“ zu verzehren schien, an die engen Tischchen. Einige bestellten sich ‚Tostadas‘ andere brachten Sandwiches oder etwas aus der Bäckerei mit. Ein Mann versuchte allen LeutenÄpfel zu verteilen, weil sie so gesund seien. Einige belächelten ihn nur und schenkten sich lieber Wein und Wasser ein.

 

Der zweite Tag brachte uns dann bald in die Nähe von Teruel, wo es eine Unmenge beeindruckender Gesteins-Formationen in allen Farben gibt. Ebenfalls wunderschön war die Gegend um den riesigen Stausee des Ebro Flusses.

Nach Lerida wechselten wir dann auf eine neue Autostrasse und glaubten, es ginge nun zügig weiter nach Frankreich, zumal auch die Landschaft nun unspektakulärer und bevölkerter, sprich: zubetoniert war. Anschliessend kamen wir aber dummerweise gleich zwei Mal durch grössere Ortschaften und das dauert ja bekanntlich immer. Es war schon dunkel (ca. 21 Uhr) bis wir die französische Grenze erreichten.


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Frühling in Frankreich: FKK, Natur & Kultur

Wir dachten von der spanischen Grenze bis nach Leucate sei es nur noch ein Katzensprung, aber schlussendlich fuhren wir noch 90km im Regen. Erst um 22 Uhr standen wir auf der Schwelle zum Gourmet-Lokal „Le Clos Ninon“ und hofften, nicht abgewiesen zu werden – wir waren ja schliesslich nicht mehr in Spanien! Vielleicht dank dem das Lokal noch brechend voll war oder weil das Wirtepaar unsere Gesichter kannte, gab man uns einen Tisch, wo wir alsbald ein 5-Gänge Menü bestellten (für € 32). Nach 1½ Jahren in Spanien genossen wir diese Gourmet-Mahlzeit umso mehr.

Dank dem viele Hotels in Frankreich ein System mit vollautomatischer Zimmervergabe mittels Kreditkarte kennen,

machten wir uns ohne Sorgen erst nach Mitternacht auf Zimmersuche.

 

Bélézy en Provence

 

Für den nächsten Tag hatte Heinz die kleine Strasse D 25 rausgesucht, die durch die absolut spektakuläre Schlucht ‘Gorge de la Vis‘ zum Ort Ganges (in Frankreich) führte. Dahinter öffnete sich das Tal und die Landschaft wurde wieder grüner und flacher. Die Temperaturen waren hier erstaunlicherweise höher als in Vera; so um die 23°C.

 

Nachmittags um 17 Uhr erreichten wir unser Ziel: die FKK Ferienanlage Bélézy in Bedoin. Hier hatten wir nun für zehn Tage ein schönes Mobil-Heim gemietet.

Im Frühling hatte es zwar nicht ganz so viele Gäste wie bei unserem letzten Aufenthalt im Herbst, doch da diese jetzt deutlich jünger waren, präsentierte sich Bélézy viel belebter. Es gab wieder Grillabende und man traf die andern Gäste in der Sauna.
Wir machten auch einige Ausflüge und genossen den Frühling in der Provence. Vielerorts waren die Strassen von blühenden Kirschbäumen gesäumt. Als Gegensatz dazu lag aber auf dem Mont Ventoux wo noch viel Schnee.

Natürlich besuchten wir auch den Montags-Markt in Bedoin, nur 15 Minuten zu Fuss vom Bélézy entfernt. Für alle die kulinarische Köstlichkeiten zu schätzen wissen, ist dieser ein wahres Fest für Augen und Gaumen.

 

Kurzaufenthalt in der Schweiz

 

Ende April fuhren wir auf Nebenstrassen via Dieulefit und Annecy  in die Schweiz. Wir wählten die Route über Chamonix und durchs Wallis, wobei wir durch den wirklich sehenswerten, aber überhaupt nicht touristischen Ort Selkingen kamen. Wie geplant nahmen wir am Fest zum 70. Geburtstag von Brigittes Vater teil. Wir sahen auch bei Heinz‘ Mutter und ein paar wenigen andern vorbei. Wir blieben aber nicht lange in der Schweiz, denn schliesslich hatten wir uns noch ein grosses Sommerprogramm vorgenommen.

Bereits am 10. Mai 2009 fuhren wir zurück nach Frankreich. Erneut übernachteten wir im hübschen Städtchen Annecy. Diesmal liessen wir uns dazu überreden ins Gefängnis zu gehen, da uns der Rezeptionist ein gutes Restaurant empfahl, welches sich in der ehemaligen Strafanstalt befindet. Da man uns nach bezahlen der Rechnung wieder entliess, konnten wir am nächsten Tag südwärts in die Ardèche Region weiter fahren.

 

Domaine de la Sablière

 

Da wir am letzten Tag eines langen Wochenendes ohne Reservation im Domaine de la Sablière eintrafen, gab es keine grosse Auswahl an freien Mobilheimen, aber wir bekamen trotzdem ein sonniges Plätzchen. Wir erwarteten hier ein paar ruhige Tage zu verbringen, doch nur eine Stunde nachdem wir unser Accacia Mobilheim bezogen hatten, tauchten unsere Freunde Moni & Bruno auf. Als wir uns in der Schweiz getroffen hatten, erwähnten sie absichtlich nichts von ihren Ferienplänen, weil sie uns überraschen wollten. Als sie dann aber zwei Tage vor uns hier eintrafen, wunderten sie sich, dass wir nicht hier waren. Sie wussten ja nicht, dass wir ein paar Tage später als geplant von der Schweiz wieder los fuhren. Nun war die Überraschung also perfekt und wir verbrachten zehn schöne Tage zusammen.

 

Am 13. Mai feierten wir in einem vorzüglichen Restaurant unser Jubiläum: zehn Jahre Reiselust in Freiheit. Dieser Jubiläums-Tag brachte eine weitere Überraschung: vor dem Frühstück verliessen Moni & Bruno ihr Chalet Lavande und fuhren heimlich nach Barjac um uns eine Torte zu kaufen, ohne zu wissen, dass wir dasselbe im Schilde führten. Als wir uns um 10:00 Uhr zum Frühstück trafen, war die Überraschung perfekt; wir hatten nun zwei grosse Torten und somit mehr als genug süsses, um diesen Anlass gebührend zu feiern. Wir lachten und freuten uns bereits darauf, uns an die „Bewältigung des Schicksals“ zu machen. Dies fiel umso leichter, da ja inzwischen eine Espresso Maschine zu unserer Reiseausrüstung gehört, was auch Bruno sehr zu schätzen wusste.

 

La Sablière ist auch für Moni & Bruno einer ihrer Lieblingsorte, zu dem sie immer wieder gerne zurück kehren. Uns allen gefällt die Grösse dieses Geländes in dem man lange Spaziergänge in der Natur unternehmen kann. Das Einzige das uns dort stört, sind diejenigen Gäste die mit ihren Autos allzu oft auf den schmalen steilen Strässchen fahren. Für einige (auch junge und gesunde) Urlauber, scheint kein Weg zu kurz um nicht mit dem Wagen zurück gelegt zu werden. Nicht nur die geliebten 4-Räder, auch die geliebten 4-Beiner sind ab und zu nervend. Leider respektieren viele Hundehalter das Hundeverbot am Strand nicht. Dies ist vor allem gegenüber denjenigen Gäste unfair, die La Sablière ausgesucht haben, weil im Prospekt von einem „Hundefreiem Strand“ die Rede ist.

 

Im Frühling herrscht auch im Sablière eine total andere Atmosphäre als im Herbst, als wir hier vor allem pensionierte Urlauber sahen. Jetzt war es viel lebhafter und an langen Wochenenden zog es viele Familien hierher. Dann waren sämtliche der 150 Mietunterkünfte und viele Campingplätze belegt und man sah viele Kinder auf dem Gelände.

Das Lebensmittelgeschäft führte nun sein „Vollsortiment“ mit Frischprodukten, die auch nicht all zu teuer waren.
Die Lokale der Umgebung waren ebenfalls alle wieder offen und bereit Touristen-Euros einzunehmen. Die besten Gourmet-Tempel füllten sich sehr schnell und man musste bereits reservieren um einen Platz zu kriegen.

 

La Sablière war in den letzten Jahren um viele neue Mobil-Heime erweitert worden und um die Reception gab es inzwischen gratis WiFi Empfang für Laptops. Immer mehr Familien besitzen nun ein eigenes Mobil-Heim auf einem Saisonplatz, was das Gelände belebt. Für uns wirkt er somit französischer und dadurch noch charmanter.

 

Sablière mit seinen vielen Wandermöglichkeiten “au naturel” bleibt einer unserer Lieblingsorte für FKK Urlaub. Sowohl die vielen Mietmöglichkeiten, als auch die Campingplätze, Schwimmbäder, der Laden und das Restaurant sind von weitem kaum sichtbar in die sonst intakte Natur des Sablière integriert. Das Gelände befindet sich im steilen Flusstal entlang der Cèze. Die Distanz von der Rezeption bis zum Schwimmbad beträgt fast einen Kilometer und nach einem weiteren erreicht man das Geschäft und das Restaurant. Von dort aus geht man nur noch ein paar hundert Meter weiter bis zum Badestrand an der Cèze. Dank der natürlichen Atmosphäre ist La Sablière sowohl für Neu-Naturisten als auch für alle die grosse Gelände in einer natürlichen Umgebung mögen, ideal geeignet.

 

Die Dordogne neu entdeckt

 

Nach zwei Wochen ging unsere Reise weiter ins Dordogne Gebiet. Auf unserem Weg entlang einer malerischen Inlandstrecke besuchten wir noch die sehenswerten Ortschaften Les Vans, Tournel, St.Laurent d'Olt, Saturnin de Lenne, Bertholène, Aubin und Gourdon.
Normalerweise finden wir ausserhalb der Hochsaison problemlos gute Angebote wo wir oft ein Bungalow günstiger mieten können, als anderswo ein Zeltplatz mit Elektrizität kosten würde. Nachdem allerdings das ehemalige FKK Cro Magnon verkauft wurde konnten wir im Dordogne Bezirk keine solch tollen Angebote mehr finden. Deshalb entschlossen wir uns wohl oder übel zu zelten. Um ehrlich zu sein müssen wir zugeben, dass wir die dunklen Regenwolken mit denen wir in der Dordogne empfangen wurden, gleich als Vorwand nutzten um in Roc Gageac ein preiswertes Hotelzimmer zu nehmen. Dieses mittelalterliche Bilderbuch-Dorf schmiegt sich wunderschön an die steilen Sandstein-Klippen oberhalb des Flusses. Für uns war dies auch der ideale Ausgangspunkt für Ausflüge in die nahegelegenen Ortschaften Beynac und Sarlat la Canéda, zwei weitere touristische Höhepunkte.

Natürlich hatten wir auch ein „tägliches“ Abendprogramm: die Gourmet-Tempel der Region. Exquisites Essen ist ein so integrierter Teil der französischen Gesellschaft, dass sogar im Telefonbuch Auszüge aus Gastronomie-Führern wie z.B. dem “Bottin Gourmand” enthalten sind.

 

Terme d‘Astor

 

Nun zogen wir auf den Naturisten-Camping Terme d’Astor. Hier gibt es zwar Mobile-Heime und hübsche Chalets die aussehen wie finnische Blockhütten, aber leider lagen die Preise jetzt, in der Vorsaison, über unseren Vorstellungen. Deshalb machten wir’s den Neandertalern gleich und krochen in unser kleines Zelt. Die terrassierten Stellplätze sind gross und topf-eben. Da es hier Ende Mai noch nicht so viele Gäste hatte, waren Geschäft und Restaurant noch nicht voll in Betrieb. Die Öffnungszeiten und das Angebot verbesserten sich aber täglich. Wir genossen ein paar Tage am Pool und bei Spaziergängen die man hier auf den Waldwegen machen konnte.

Dazwischen machten wir auch ein paar Ausflüge und besuchten sowohl das nahegelegene Belvès, als auch Les Eyzies de Tayac, das hübsch am Fluss Vézère liegt.

Domaine Le Portrait: ein kleines neues FKK im Charente Bezirk

 

Nun gingen wir weiter zur Domaine Le Portrait um Tineke und Wim zu treffen. Dieses Paar aus den Niederlanden hatten wir 2005 in Australien kennen gelernt, als wir an einer FKK Segeltour zum Great Barrier Reef bei Cairns teilnahmen.

Damals erzählten sie uns von ihren Plänen, dem hektischen Alltagstrott zu entfliehen um ihren Traum von einem eigenen FKK Gelände zu verwirklichen. Natürlich waren wir von ihrer Idee beeindruckt und neugierig ob die beiden ihren Traum auch realisieren, oder nur weiterträumen würden, wie zu viele andere.…

 

Tineke und Wim bewiesen sehr bald, dass ihnen ihr Projekt ernst ist. Sie suchten beharrlich, aber nicht verzweifelt nach einem geeigneten Grundstück irgendwo in Frankreich oder Spanien. Nachdem sie mehrere Objekte fallen liessen weil entweder die Gemeinde nicht mit den nötigen Bewilligungen für ein Naturisten Gelände kooperieren wollte, oder wegen anderer Probleme, wurden sie schlussendlich Ende 2007 fündig. Die beiden kauften einen alten Bauernhof an Hanglage. Das Grundstück befindet sich in Saint-Séverin in der Nähe von Bordeaux und hier unterstützt der Bürgermeister ihr Projekt, da er realisiert, dass der neue FKK Campingplatz den einheimischen Geschäften einen willkommenen Auftrieb bringen könnte.

 

Tineke und Wim liessen die Sicherheit ihrer Jobs in den Niederlanden hinter sich und arbeiteten nun hart daran, den alten Hof in ein Naturisten-Paradies umzubauen. Schon im Mai 2008 war alles bereit um die ersten Gäste zu empfangen. Da die französische Zentralregierung die notwendigen Bewilligungen nicht so schnell ausstellt wie der Bürgermeister ihres Ortes, konnten sie in der ersten Saison nur ein paar „holländische Freunde“ aufnehmen. Aus diesem Grund war ihre gut aufgemachte Internet-Seite auch nur in Holländisch verfügbar, aber in der Zwischenzeit lernte http://www.leportrait.nu/ auch mehrere exotische Fremdsprachen.

 

Als wir im Juni 2009 im Domaine Le Portrait eintrafen, gab es ein herzliches Wiedersehen. Tineke und Wim erzählten uns von den Freuden, aber auch von der Vielzahl an Hürden die sich ihnen in den Weg stellten, als sie ihr Gelände aufbauten. Vor kurzem hatten sie nun endlich die notwendigen Bewilligungen erhalten. In der Zwischenzeit hat sich bereits herumgesprochen, dass hier ein neuer FKK Camping eröffnet wurde und die ersten Gäste kamen bald. Während wir dort waren, hatte es noch drei weitere Paare die bereits den Weg hierher gefunden hatten und die guten Einrichtungen und den hervorragenden Service genossen.

 

Die Domaine Le Portrait befindet sich in Saint-Séverin bei Riberac, etwa 90 km nordöstlich von Bordeaux. Es gehört zur Charente Region die vielleicht bei Naturisten (noch) nicht so bekannt ist, was nicht heisst, dass diese Region nichts zu bieten hat. Périgueux und Bergerac in der berühmteren Dordogne sind zudem nur 50 respektive 60 km entfernt. Tineke und Wim können viele Informationen über interessante Ausflüge weitergeben.

 

Der Camping liegt an einem Hang von dem man eine malerische Aussicht auf die hügeligen Felder der Umgebung hat. Es stehen 25 terrassierte Wohnwagen- oder Zeltplätze zur Verfügung. Ein Wohnwagen und ein fertig aufgebautes holländisches Giebelzelt stehen schon jetzt als Mietgelegenheit zur Verfügung und bald sollen noch zwei Holzchalets dazu kommen. Manch einer hat ja das Bedürfnis nach etwas mehr Platz als in einem Wohnwagen oder nach etwas mehr Komfort als beim Neandertaler-leben in einem Kleinzelt, wo man all die Kriechtiere trifft, welche man normalerweise sofort umbringen würde, wenn sie in die Wohnung eindringen!

Im Ernst: Für diejenigen die nur mit einfacher Camping Ausrüstung unterwegs sind, ist es hier besonders komfortabel. Den Gästen stehen ein Kühlschrank, sowie ein Aufenthaltsraum (im ehemaligen Stall) zur Verfügung. Dort ist auch eine kleine Bibliothek untergebracht. Für heisse Tage hat es ein Schwimmbecken und diverse kalte Getränke werden in einer Selbstbedienungs-Bar zum Verkauf angeboten. Duschen und Klo sind originell im und um den ehemaligen Stall untergebracht. Ab 2010 soll zudem ein neuer Sanitär-Block mit Sauna zur Verfügung stehen.

 

Ab und zu organisieren Tineke und Wim eine Massagewoche oder einen Zeichenkurs zu dem jeweils eine Lehrperson engagiert wird. Normalerweise werden aber keine Animationen angeboten, damit sich die Gäste richtig Entspannen können.

 

Wir genossen es, dass Tineke und Wim schon fast so viele Dienstleistungen offerieren wie man sie sonst erst in grösseren Naturisten-Geländen findet. Ab einer beeindruckend grossen Liste mit Bildern kann man sich für den Morgen frisches Brot vom Bäcker bestellen. Abends wird jeweils ein Mehrgänge-Menü angeboten, das an einem Gemeinschaftstisch für maximal 6 Personen serviert wird. Tineke kocht mit frischen Zutaten im französischen Stil und serviert grosszügige Portionen, wie dies in den Niederlanden üblich ist. Selbst wenn nur ein einziger Gast Brot oder eine Mahlzeit bestellt, stehen Tineke und Wim zu Diensten.


Wenn die Früchte reif sind, dürfen sich die Gäste an den Kirschbäumen bedienen – sofern sie noch welche erreichen können. Tineke’s hausgemachte Konfitüren können wir nur empfehlen. Die Feigenmarmelade ist ganz besonders lekker!

 

Wie viele andere Niederländer sind auch Tineke und Wim sehr sprachbegabt und sprechen auch fliessend Deutsch,  Englisch und Französisch. Sie führen Le Portrait auf sehr persönliche und sympathische Art und wollen ganz bewusst nur so viele Gäste aufs Mal aufnehmen, dass sie sich den Namen eines jeden Gastes merken können.

Unsere kannten sie ja schon und wir haben uns dort so wohl gefühlt, dass wir dieses kleine Paradies jedem der ein persönliches und familiäres Naturisten Gelände sucht, wärmstens empfehlen können. Es ist ein perfekter Ort um eine Weile auszuspannen, egal ob für einen kürzeren oder längeren Aufenthalt.

 

La Jenny

 

Als nächstes fuhren wir an den Atlantik wo wir eine Woche im La Jenny verbrachten. Die Miete für ein kleines Studio mit eigenem Bad kostete hier weniger als ein Zeltplatz mit Strom im Gebiet der Dordogne. Wir entschieden uns für die preiswerteste Unterkunft, welche zwar schon etwas älter, aber trotzdem mit einem neuzeitlichen Steamer Ofen ausgestattet war. Dies sagte uns viel besser zu als ein Mikrowellengerät.

 

Die grosse FKK Ferienanlage besteht aus hunderten von Chalets die hübsch im Pinienwald verteilt stehen. Man kann zwischen einer Vielzahl von Farben, Standard und Preisen auswählen. Im La Jenny ist alles grosszügig bemessen: das kleeblattförmige Schwimmbad, die Sportplätze und es gibt sogar einen 6 Loch Golfplatz. Ein kilometerlanges Netz von Fuss+Radwegen verlockt zum nackten spazieren und radeln unter den schattigen Bäumen.

Das kleine „centre commercial“ mit div. Geschäften und Restaurant hatte (jetzt anfangs Juni) noch sehr eingeschränkte Öffnungszeiten.

 

Das Resort ist so angelegt, dass die Feriengäste motiviert sind das Auto stehen zu lassen und sich eher zu Fuss oder mit dem Rad fortzubewegen. Verschiedene Wege führen über die grasbewachsenen Dünen zum kilometerlangen Sandstrand. Das Wasser war zwar noch etwas kalt aber die Wellen waren recht zahm, jedenfalls für Atlantische Verhältnisse.

 

CHM Montalivet

 

Nur 200km weiter nördlich besuchten wir unsere alten Freunde Valerie und Alan die nun permanent im „CHM“= Centre Heliomarin Montalivet leben. Die Anmeldung in diesem riesen FKK Gelände ist noch immer so langwierig und kompliziert wie vor Jahren. Das Angebot an Geschäften und Restaurants andererseits, ist auch noch immer so vielfältig und grossartig wie vor Jahren!

 

Viele der alten verlotterten Bungalows aus der Pionierzeit wurden in der Zwischenzeit abgebrochen und durch eine Vielzahl neuer Mobilheime ersetzt. Diese offerieren sicher deutlich mehr Komfort, aber von Charme kann in diesen dichtgedrängten Gassen wo sich die Hüttchen eng aneinander reihen, keine Rede mehr sein.

Wir konnten in Valerie und Alan’s zweitem Mobilheim wohnen, das mit seinem netten Gärtchen gleich hinter ihrer eigenen Parzelle viel einladender aussah.

Abends assen wir ein paar Mal mit Valerie und Alan was wir sehr genossen, denn die beiden ziehen die Französische Küche gegenüber der ihres Heimatlandes England vor.

 

Ausser bei unserer Ankunft in Montalivet, war das Wetter immer schön und warm. Am Nachmittag des 13. Juni trafen (in Australien ausgebildete) Rettungsschwimmer am Strand ein um ihn zu überwachen. Nur 10 Minuten nachdem sie ihren Dienst aufgenommen hatten, wimmelte es im Wasser nur so von Badenden, obwohl all diese Leute vorher offensichtlich bloss am Sonnenbaden interessiert gewesen waren…

 

Heliomonde und Paris

 

Als letzte Station in Frankreich entschieden wir uns für das FKK Heliomonde bei Paris. Via Internet sicherten wir uns  eine „last-minute“ Offerte für ein Chalet Tonga. Wir waren neugierig, ob uns dieses ebenso zusagen würde wie die Tonganischen Inseln in der Südsee und wirklich; wir wurden nicht enttäuscht! Das ganze Gelände entsprach absolut unserem Geschmack. Obwohl es bloss 45 km nach Paris sind, ist man inmitten ländlicher Landschaft um die Ortschaft St. Cheron. Nicht nur das nahegelegene Dourdan, sondern die ganze Gegend ist sehenswert. 

Heliomonde liegt in einem grossen Waldstück in dem die Klubmitglieder, die meist aus Paris stammen, 350 Chalets besitzen. Wir genossen die vielen Waldwege kreuz und quer durch das riesige Grundstück. Es gibt ein Restaurant, einen sehr beliebten Pool, sowie mehrere Sport- und Spielplätze für gross und klein. Eine grosszügige Sauna und ein Hamam Dampfbad waren in einem neueren Gebäude untergebracht und durften kostenlos benutzt werden.

 

Obwohl wir Heliomonde vor allem wegen seiner Nähe zu Paris ausgesucht hatten, fuhren wir schlussendlich nur einmal in diese Metropole, da es uns in der FKK Ferienanlage so gut gefiel. Heliomonde war schon für sich allein eine Entdeckung und seine Lage macht es nur noch attraktiver!

 

Mit einer Tageskarte konnte man vom 3km entfernten St. Cheron mit dem halbstündlich verkehrenden Zug nach Paris fahren. Mit diesem Billet konnten wir alle touristischen Attraktionen erreichen, selbst die äusseren Vororte. La Défense zum Beispiel, ist ein futuristisch anmutender Stadtteil, den viele Touristen zu Unrecht unbeachtet lassen. Er beeindruckte uns wie schon vor 19 Jahren, als wir diese faszinierende Stadt kennenlernten. Erneut liessen wir uns auch von den grossartigen alten Gebäuden im Zentrum überwältigen wie z.B. dem Louvre, dem Grand- und Petit Palais, oder dem Arc de Triomphe, aber auf eine ganz andere Art als in der Défense.

 

In Paris waren wir von tausenden anderen Touristen umgeben, viele von ihnen aus Asien. Selbst abends um 19 Uhr schlängelte sich immer noch eine mehrere hundert Meter lange Kolonne um den Fuss des Eiffel Turmes. Die Leute standen an, um noch an diesem Abend auf eine der Aussichts-Terrassen zu gelangen. Es ist uns bewusst, dass sich heute nur eine Minderheit der Chinesen eine Auslandreise leisten kann, aber wenn man sieht wie viele von ihnen in der Warteschlange zu diesem Wahrzeichen anstehen, kann man sich leicht vorstellen, dass es in naher Zukunft noch viel mehr sein werden.

 

Obwohl wir Paris vor Jahren schon einmal erlebt hatten, genossen wir doch diese ruhige und grosszügig angelegte wunderschöne Stadt mit ihren vielen Parks aufs Neue.

 

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Fotos: Belgien Mehr über Land_5: Kapitel 13, Kapitel 15, Kapitel 18

Belgien: wir entdecken Brüssel & Gent

Am Sonntag 21. Juni 09 verabschiedeten wir uns von Frankreich und fuhren nach Belgien. Bis wir die Vororte von Brüssel erreichten, hatte es nur wenig Verkehr, doch dort wurde er dann dicht und sehr hektisch. Mitte Nachmittag erreichten wir unser Hotel in Ruisbroek, etwas südlich der Stadt und schon bald machten wir uns auf den Weg ins Zentrum von Brüssel.

Wir fanden den Bahnhof und nahmen den nächsten Zug. So wie wir die nur flämisch geschriebenen Anweisungen auf dem Perron zu verstehen glaubten, sollten wir beim Schaffner nach einer Fahrkarte fragen. Da er sich nicht sicher war, welche Art von Billet er uns verkaufen sollte, liess er uns kostenlos in die Stadt fahren wo wir uns am Schalter nach der richtigen Fahrkarte erkundigen sollten. Ein hoch-unmotivierter Beamter erklärte uns im Hauptbahnhof, dass es entweder die Bahn oder den Bus gäbe. Von den kombinierten Tickets die den gesamten öffentlichen Verkehr im Zentrum einschliessen, wusste er nichts (seltsam!) und auch die Nachfrage bei einem zweiten Staatsbeamten war absolut fruchtlos. In der Zwischenzeit war es bereits 20 Uhr und wir wollten doch wirklich noch etwas von der Stadt sehen! Sie leuchtete in der Abendsonne und wir fanden schnell den Weg zum grossartigen „Grand Place/Grote Markt“ der von gut erhaltenen, meist barocken Zunfthäusern eingerahmt wird.

Wie wir am nächsten Tag entdeckten, sind Brüssels touristisch interessante Stadtteile alle sehr gut erhalten. Abseits dieser sahen wir allerdings auch schmutzige und zerfallende Quartiere. Ausserhalb des Zentrums besuchten wir das Atomium, sowie die modernen Bürogebäude des EU Hauptsitzes. Diese befinden sich nicht in einem neu erschlossenen Gebiet, sondern wurden in ein bestehendes Quartier eingezwängt.

Um den EU Sitz hört man die verschiedensten Sprachen und auch Belgien selbst ist ja zwei-sprachig. Brüssel ist offiziell „bilingue“ das heisst: sowohl Französisch, als auch Flämisch (bzw. Niederländisch) sind Amtssprachen. Die Beziehungen zwischen den verschiedensprachigen Landesteilen sind aber viel angespannter als in der Schweiz.

 

Ohne all zu viel zu erwarten, fuhren wir weiter ins flämische Gebiet nach Gent. Unser Hotel (Formel 1) lag ideal am Stadtrand, sodass wir das Zentrum bequem zu Fuss erreichen konnten. Überall sahen wir schmucke Häuser, malerische Kanäle und grossartige Plätze. Während der nächsten zwei Tage besuchten wir ein Quartier nach dem andern.

Nachdem wir feststellten wie viel Gent zu bieten hat, sind wir überrascht, dass es nicht touristischer ist. Es gibt aber trotzdem hunderte von Café’s und Restaurants die von den Einheimischen recht gut besucht sind. Belgier gehen gerne aus und es scheint, als würden sie sich nicht an vorgegebene Essenszeiten halten. Man isst wenn man Zeit und Lust hat und konsequenterweise bieten die Restaurants den ganzen Tag durchgehend warme Mahlzeiten an.

Im ganzen Land sind “Pommes frites” allgegenwärtig; sie werden nicht nur in kleinen Kiosken verkauft. Auch ethnische Restaurants bieten „Pommes“ wie selbstverständlich neben Basmati- oder Jasmin Reis als Beilage an!
Am andern Ende des Spektrums haben sich die Belgier aber zu Recht einen guten Ruf für feines Essen aufgebaut. Dies gilt auch für die legendären belgischen Waffeln, von denen wir die weltbesten in Gent genossen haben.

 

An beiden Tagen verweilten wir an den malerischen Plätzen beiderseits des Flusses Leie. Sie werden „Gras- bzw. Koren-lei“ genannt und sind von wunderschön verzierten Zunfthäusern aus dem Mittelalter eingerahmt. Die Quais waren Tag und Nacht belebt und obwohl sich die meisten Besucher eine Weile auf die Mäuerchen setzten um die schöne Atmosphäre auf sich einwirken zu lassen, gab es ein konstantes Kommen und Gehen. Alle schienen es zu geniessen und waren vergnügt und entspannt, ganz im Gegensatz zu den Menschen in Brüssel. Für uns war Gent so abwechslungsreich und charmant, dass es einen Platz ganz oben auf jeder Touristenagenda verdient hätte.

 

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Die Niederlande: nett und adrett

Von Gent ist es nicht sehr weit in die Niederlande, wo wir am 26.Juni 2009 eintrafen.. Wir entschieden uns für die Route durch den neuen Westerschelde Untersee-Tunnel nach Zeeland. Unterwegs schauten wir uns mehrere Dörfer an: Nisse, Gravenpolder und Kapelle. Alle waren enorm sauber und gepflegt, mit adretten Häusern von denen die meisten einen wunderschönen Garten hatten. Sauber und gepflegt: genau so erlebten wir eigentlich die ganzen Niederlande. In den Dörfern haben die meisten Strassen einen Belag aus rotem Verbundstein. Oft ist für die beidseitigen Radstreifen mehr Platz reserviert, als den Autos in der Fahrbahnmitte zusteht. Deswegen müssen die PKWs oft zur Seite ausweichen um mit dem Gegenverkehr kreuzen zu können. Tempo 30 ist in Ortschaften die gängigste Höchstgeschwindigkeit und wird von den gesitteten Fahrern meist auch eingehalten. Die Menschen benutzen das Fahrrad wann immer sie können. Dank dem jede Ortschaft mit separaten Radwegen verbunden ist, wird der Drahtesel nicht nur für die Freizeit, sondern oft auch für den Arbeitsweg benutzt.

 

Athena Naturisten Klub

 

Fast schon wieder an der Belgischen Grenze, übernachteten wir im FKK Klub Athena bei Ossendrecht. Etwa die Hälfte der 250 Familien, die hier Vereins-Mitglieder sind, stammen aus den Niederlanden und die andere aus Belgien. Wir kamen schnell mit vielen ins Gespräch, realisierten aber bald, dass es schwieriger war mit Belgiern zu sprechen (trotz unserer Französisch-Kenntnisse) als mit Niederländern, die meist mehrere Fremdsprachen beherrschen.

 

Da Athena’s neue Mobil-Heime ausgebucht waren, mussten wir mit einem Miet-Wohnwagen vorlieb nehmen. Der gut ausgestattete Campingplatz befindet sich in einem Waldstück mit grossen Wiesen, Sportplätzen, einem Schwimmbad und einem Klubhaus. Es gab auch eine Sauna, aber für die musste man extra bezahlen, genauso wie für Duschen und sogar fürs Heisswasser zum abwaschen.

 

Nachdem wir zuvor in Frankreich und Belgien waren fiel es uns nun besonders auf, dass die Niederländischen Supermärkte eher auf grosse Mengen zu einem günstigen Preis, statt auf Qualitätsartikel setzen. Brot konnte unglaublich leicht sein. Es ist uns heute noch ein Rätsel, wie man so viel Luft in ein Brot rein packen kann.

 

Zeeland und das Delta Projekt

 

Natürlich nutzten wir unseren Aufenthalt um auch noch etwas mehr von der Provinz Zeeland zu sehen und so besichtigten wir die Kleinstädte Tholen und Zieriksee. In beiden konnten wir ein paar wunderschön restaurierte Windmühlen aus der Nähe ansehen und in Zieriksee wimmelte es im Hafen von alten Windjammern da gerade eine Regatta statt fand.

 

Sehr eindrücklich waren auch die „Krammer-Sluizen” (Schleusen von Krammer) die Teil des imposanten Delta-Projektes sind. Wie wir alle wissen, liegt etwa ein Drittel der Niederlande unter dem Meeresspiegel. Deshalb mussten sich diese Kerle etwas Gescheites einfallen lassen, damit das Salzwasser dort bleibt wo es ist und sie zudem neues Land gewinnen konnten. So wurden gigantische Dämme entlang der Küste, aber auch im Landesinnern aufgeschüttet.

Der Unterschied im Wasserspiegel zwischen Salz- und Süsswasser kann sehr hoch sein. Die Wasserwege einfach mit normalen Schleusen zu versehen wäre viel zu einfach. Jedes Mal wenn ein Boot eine Schleuse passiert, würden riesige Mengen an Salz in die Inlandkanäle gelangen. Um dies zu verhindern haben sich die Niederländischen Ingenieure ein raffiniertes System einfallen lassen, bei dem das gesamte Wasser in der Schleuse mit Süss- bzw. Salzwasser ersetzt wird, bevor sich die Schleuse öffnet um das Boot passieren zu lassen. Dank dem Delta Projekt und anderen technischen Meisterleistungen wie dem 32 km langen “Abschluss Deich” Afsluitdijk, dem Sperrdamm der das Ijsel Meer vom Atlantik trennt, wird das Risiko von weiteren Flutkatastrophen minimiert und für die 16,5 Mio. Niederländer zusätzliches Land gewonnen. Dieses wird für Landwirtschafts- und auch Wohnzonen genutzt.

 

Windmühlen und Wasserwege

 

In früheren Zeiten dienten die wunderschönen Windmühlen vor allem um Wasser aus den Sumpfgebieten abzupumpen. Indem man diese zusätzlich mit Gräben in Felder unterteilte, konnten sie bewirtschaftet werden. Heutzutage sind die meisten der alten Windmühlen (durch Spezialfirmen) restauriert worden, was den Nationalstolz fördert und zudem die Touristen glücklich macht.

 

Viele Leute denken bei der Erwähnung von holländischen Windmühlen an die Ortschaft Kinderijk, bei der wir auf unserem Weg nach Amsterdam vorbei kamen. Tatsächlich sieht man dort wohl die grösste Konzentration von Windmühlen im ganzen Land. Von einem Punkt aus sahen wir 18 und es hatte in dieser Gegend, nördlich von Dordrecht noch viele mehr! Entlang unseres Weges kamen wir auch immer wieder an neuen oder alten Häusern mit Strohdächern vorbei.

 

Einige der wichtigsten Seehäfen der Welt befinden sich in den Niederlanden, aber auch Inlandgüter werden oft auf Wasserwegen transportiert. Trotz all der Bemühungen mehr Land zu gewinnen, wie wir dies vorgängig beschrieben haben, sind die Niederlande immer noch voll von Wasser. Ein riesiges Netz an künstlichen Wasserwegen wurde angelegt. Einige davon sind nur enge Kanäle, welche dazu dienen kultiviertes Land zu ent- oder bewässern, je nach Bedarf. Andere sind breite tiefe Kanäle, welche sowohl von grossen Frachtschiffen, als auch von Freizeit-Kapitänen befahren werden. Ein grosser Anteil der niederländischen Bevölkerung besitzt ein eigenes Boot das oft direkt vor dem eigenen Garten vor Anker liegt. Mit einem Boot übers Wasser zu gleiten ist definitiv das beliebtestes Freizeitvergnügen, auch wenn viele Ausländer meinen, Holländer seien am liebsten mit einem Wohnwagen im Schlepptau quer durch Europa unterwegs…

 

Mit soviel Verkehr auf den Wasserwegen ist es kein Wunder, dass davon auch der Verkehr auf dem Strassennetz betroffen ist. Im Sommer stehen oft viele Boote Schlange um eine offene Brücke passieren zu können. An ein paar wenigen, stark frequentierten Kreuzungspunkten gibt es Aquädukte die entweder eine Strasse oder einen anderen Kanal kreuzen, am häufigsten aber öffnet sich eine Brücke. Die meisten werden von einem Brückenwärter bedient, aber es gibt auch halb-automatische unbemannte Brücken, bei welchen der Kapitän nur eine magische Nummer ins Handy eintippen muss. Ab und zu müssen die Kapitäne einen Brückenzoll bezahlen um passieren zu können, doch leider wird dieser nicht unter den wartenden Verkehrsteilnehmern auf der Strasse verteilt. Traditionsgemäss lässt der Brückenwärter auch heute noch einen Holzschuh an einer Rute ins Boot hinunter um den Obolus zu kassieren. Es gibt wohl tausende, wenn nicht zehntausende solcher Kreuzungen zwischen Land- und Wasserwegen, wo das Rotlicht-Signal oder das Schliessen einer Barriere Teil des Alltagsverkehrs ist, selbst auf Autobahnen.

 

Da das Land sehr dicht bevölkert ist, fliesst der Verkehr auf Autobahnen oft zähflüssig oder es hat sogar Stau. Auf der anderen Seite sind aber die Nebenstrassen auf dem Lande meist erfrischend leer. Abgesehen von den grossen Städten sind die meisten Ortschaften eher ruhig und klein. Als wir uns Amsterdam näherten, waren wir überrascht wie grün und ländlich die Landschaft bis nur wenige Kilometer vors Stadtzentrum war. Auf der Landkarte waren schon längstens gelbe Felder für Vorortsbezirke eingezeichnet, aber in Wirklichkeit hatte es erst vereinzelte Häuser zwischen Kanälen und Feldern.

 

Zaandam: unser Ausgangspunkt für Amsterdam

 

Wir basierten uns in Zaandam, wo wir nach all dem „sight-seeing“ entlang des Weges ziemlich spät im Hotel eintrafen. Um noch etwas zu essen fuhren wir ins Zentrum von Zaandam. Wir glaubten, dass es sich bloss um einen Vorort A‘dams handelt, merkten aber sehr bald, dass dies eine Stadt für sich ist, und eine recht hübsche dazu. Mehrere Restaurants gruppieren sich um den schönen Hauptplatz.

Entgegen unseres Vorurteiles fanden wir gleich mehrere Speisekarten die Gourmet-Mahlzeiten versprachen und was wir auf den Tellern der Gäste erspähten, sah auch danach aus. Wir liessen uns darauf ein und wurden nicht enttäuscht; was man uns servierte war wirklich sein Geld wert! Als wir das Essen beim Kellner lobten und noch erwähnten, dass die Portionen aber etwas zu gross seien, erklärte er: „vor 10 Jahren waren wir noch das einzige Lokal auf diesem Platz. Damals wurden wir immer voll und unsere Gäste waren mit allem zufrieden, solange die Portion gross war. Mit der Zeit kamen aber mehr und mehr Restaurants dazu und als einige begannen bessere Qualität zu servieren, bekamen wir die Konkurrenz zu spüren. Heute setzen wir auf innovative Gerichte und servieren zudem nur noch ein paar wenige einfache Klassiker um unsere Stammkunden zufrieden zu stellen“.

Schon weiter südlich war uns aufgefallen, dass elegante Restaurants in den Niederlanden sehr beliebt sind und er bestätigte diesen neuen Trend.

 

Beim anschliessenden Spaziergang durch Zaandam entdeckten wir, dass es sowohl einen neuen Stadtteil mit modernen Gebäuden gibt, als auch einen alten Ortsteil mit vielen gut restaurierten traditionellen Häusern, welche Dorfcharakter vermitteln. Es gefiel uns hier so gut, dass wir beschlossen einmal bei Tag zurück zu kehren, um noch etwas mehr von dieser netten Atmosphäre aufzunehmen -  und auch von diesem guten Essen…

 

Tags drauf nahmen wir den Bus um in den Rummel und das Stadtgewühl von Amsterdam einzutauchen. Die Fahrt dauerte grade Mal 20 Minuten über eine spezielle Bus-Strasse von der wir die gute Sicht zum Stau auf der Autobahn genossen.
Wie kann man Amsterdam beschreiben? Es ist gross und attraktiv, gemächlich und angenehm, aber es ist auch überall etwas los. Es ist faszinierend, aber manchmal auch derb, schmuddelig und abstossend. Es ist historisch aber jung und auch hier bewegen sich die meisten Leute mit Fahrrädern, die auch in der Fussgängerzone zugelassen sind. Es ist erstaunlich wie wenig Autoverkehr man im Stadtzentrum sieht. Das Konzept das hier greift basiert auf sehr effizientem öffentlichem Verkehr und astronomisch hohen Parkgebühren, welche von frühmorgens bis Mitternacht erhoben werden. In der ganzen Stadt findet man preiswerte Fahrradparkplätze. So bietet z.B. die „bike ramp“ neben dem Hauptbahnhof alleine 7‘000 übereinander angelegte Plätze. Jedes Geländer und jeder Baum dient zum Anketten von Fahrrädern. Obwohl es in Amsterdam 750‘000 Drahtesel gibt, ist Diebstahl ein grosses Problem.

 

Ansprechend sind die Plätze und grosse Teile der Altstadt. Hier, wie auch sonst überall in den Niederlanden, lehnten die Fronten vieler mehrstöckiger Kanal- oder Grachtenhäuser leicht nach vorn. Unter dem Giebel ragt ein „Hijsbalk“ (Hebebalken) heraus, an dem ein Flaschenzug montiert ist. Diese einfache aber geschickte Einrichtung erlaubt es, Waren durch die Fenster ins Haus zu hieven, was viel einfacher geht als durch enge Treppenhäuser. Wasserkanäle (Grachten) durchziehen die ganze Stadt wie ein Spinnennetz. Wie im ganzen Land leben auch in Amsterdam einige Leute permanent auf einem Hausboot, welches fest verankert ist.

 

Da Amsterdam ein Schmelztiegel verschiedener Kulturen ist, findet man eine grosse Auswahl an Restaurants aus aller Welt. Am anderen Ende des kulinarischen Angebots sahen wir immer wieder Fast-Food-Münzautomaten. In kleinen durchsichtigen Schubladen wurden frittierte „Köstlichkeiten“ angeboten. Übergewicht scheint aber trotzdem kein grosses Problem zu sein, was wahrscheinlich der vielen Bewegung mit dem Fahrrad zu verdanken ist.

 

Wenn es Nacht wird ändert sich die Atmosphäre in der Stadt. Einheimische und vor allem Ausländer werden vom Glitzerlicht und der liberalen Haltung magisch angezogen. Was man hier einen „Coffee-Shop“ nennt, hat mit einem Café im Rest der Welt nicht viel am Hut. Wir wissen ja nicht genau was dort läuft, aber es ist ein offenes Geheimnis, dass Hippies nicht für Kaffee und Kuchen dorthin gehen.

 

Amsterdam ist auch berühmt berüchtigt für seine Schaufenster im Rotlicht Bezirk. Es hat sich schon herumgesprochen, dass hier die Prostituierten in Räumchen hinter grossen Fenstern ausgestellt sind. Diese müssen offenbar sehr stark beheizt sein, wenn man sieht wie wenig sie anhaben…Hier kriegt man definitiv nicht die Katze im Sack! Die Kundschaft der Damen kommt oft aus eher prüden Ländern wie z.B. Grossbritannien. In und um diese recht grossen Rotlichtbezirke sieht man viele Besoffene. Die Konsequenzen die sich daraus ergeben, machen aus Amsterdam am Abend eine eher unangenehme Stadt.

 

Da gingen wir lieber in die schöne neue OBA Bibliothek beim Hauptbahnhof. In der obersten Etage findet man eine gute Cafeteria mit schönem Ausblick von der Dachterrasse über die Stadt. Die Bibliothek offeriert fast eintausend Internet-Computer die man gratis benutzen kann – sofern man denn einen freien findet.

 

Schmucke Städte und Dörfer auf dem Lande

 

Mit dem Zug fuhren wir von Zaandam  in die nahegelegene Stadt Haarlem. Wir stimmen mit den Worten unseres  Lonely Planet Reiseführers vollkommen überein: “everybody loves Haarlem”. Ganz speziell war der historische Hauptplatz und selbstverständlich hat es auch hier die obligatorischen Kanäle in denen kleine Boote gleich neben den Autos auf der daneben liegenden Strasse parkiert sind. Eine wunderschön restaurierte Windmühle befindet sich nur wenige Minuten vom Zentrum entfernt. Auch hier hatte es wiederum viel mehr Fahrräder auf der Strasse als anderen Verkehr und manche Radler hatten hinten oder vorne einen Anhänger am Rad montiert um Kinder (oder anderen „Ballast“) zu transportieren…

 

Obwohl wir unser Besichtigungs-Programm noch nicht voll erfüllt hatten, sah es so aus, als ob wir unser Zimmer im preiswerten Hotel „Formule 1“ räumen müssten, weil über’s Wochenende alles ausgebucht war. Nachdem wir oft genug bei der Rezeption nach Verlängerungsmöglichkeiten nachgefragt hatten, offerierte man uns schlussendlich gegen einen Mehrpreis von nur 10 Euros ins Ibis Hotel umzuziehen, was wir gerne annahmen.

Nach dem Hotelwechsel fuhren wir direkt nach Alkmaar, wo jeden Freitag ein Käsemarkt stattfindet. Auf dem Hauptplatz türmten sich riesige Käselaibe. Neben Händlern und Experten hatte es viele Träger in traditionellen Zunftgewändern und zudem einige junge Mädchen in Trachten, die direkt aus dem holländischen Bilderbuch zu kommen schienen. Den Käselaiben wurden Proben entnommen, bevor man sie auf eine Art Tragbahre legte. Zwei Träger rannten danach mit der schweren Ladung in ein Gebäude zur Wägestation. Wir bekamen bald den Eindruck, dass dieselben Laibe immer wieder kamen und gingen und dachten: „so ein Käse,  dieser ganze Markt wird wohl nur für Touristen abgehalten“!

Effektiv bestätigte man uns wenig später in einem Café, dass es sich bei diesem Käsemarkt um eine „Replika“ handle, so wie er in früheren Zeiten einst stattgefunden hätte. Alkmar ist aber selbst ohne Käsemarkt einen Besuch wert und später fanden wir in einer kleinen Gasse einen echten Käseladen in dem gelbe Laibe in verschiedenen Grössen und Variationen wie z.B. mit Paprika, Kräutern oder Kernen angeboten wurden.

 

Gerade rechtzeitig bevor sich ein Gewitter entlud, fuhren wir von Alkmaar wieder los. Auf unserem Weg kamen wir an vielen Windmühlen und schmucken Dörfern vorbei. In Noordeine hielten wir an um die vielen romantischen Gärten mit wild wuchernden Blumen vor den Häusern besser zu sehen. Irgendwann achteten wir uns auf die Schilder am Strassenrand die aussahen wie Touristen-Wegweiser und folgten ihnen (mutig?). Sie führten uns bald nach De Rijp, einem ganz besonders hübschen Dorf mit Kanälen beidseits der Strasse. Auf dem Wasser hatte es einen grünen Teppich aus Entengrütze und viele Grundstücke waren jeweils nur über eine kleine private Brücke erreichbar. Im Herzen der Ortschaft stehen fast nur schöne traditionelle Häuser die alle gut erhalten, und schöner als auf jeder Postkarte sind.

 

Als nächstes besuchten wir Volendam, eine etwas zu touristische Ortschaft am Binnengewässer Markermeer. Hier sind viele Häuser auf einen Damm gebaut und fast alle beherbergen Souvenir Geschäfte oder Restaurants. Die älteren Häuser hinter dem Damm gefielen uns allerdings viel besser.

Bald fuhren wir weiter nach Marken, das an einem idyllischen Hafen liegt. Hier hatten wir schon wieder das Gefühl in einem Museums-Dorf zu sein, denn es hatte erneut unzählige alte Häuser mit viel neuer Farbe. Dazu gab es einen Bilderbuch-Sonnenuntergang und ein hervorragendes Restaurant um diesen wunderbaren Ausflugstag abzurunden.

 

Bei Freunden in Friesland

 

Nach einer angenehmen Nacht im Luxus des Ibis-Hotels fuhren wir über den Sperrdamm ”Afsluitdijk“ nach Friesland, wo wir von unseren Freunden Gisela & Klaus erwartet wurden. Sie besitzen ein Haus an einem Kanal in Workum und ein Boot das direkt vor dem Garten verankert liegt. Da wir ein paar Tage blieben, zeigten sie uns etwas von ihrer netten Umgebung. Zuerst sahen wir uns in Lemmer um, einem Ferienort der vor allem bei deutschen Urlaubern und Hobby-Kapitänen beliebt ist. In Sloten besichtigten wir eine funktionstüchtige alte Mühle, in der früher Korn gemahlen wurde.

 

Am eindrücklichsten war der Besuch in Giethoorn. Zuerst schlossen wir uns einer geführten Bootstour an, welche durch besonders malerische Kanäle führte, vorbei an Weideland und alten Bauernhöfen mit Strohdächern. Man könnte meinen Giethoorn sei ein Museums-Dorf, aber alle Häuser sind bewohnt und die Immobilienpreise gehören sogar zu den höchsten in den Niederlanden. So ist es kaum verwunderlich, dass heutzutage die Bauern durch die City-Elite abgelöst wurden. Diese muss oft täglich tausende von Touristen erdulden die vor ihren Gärten vorbei bummeln und ihre Kameras auf die schönen Strohdachhäuser richten. Abgesehen von dutzenden grösseren Touren-Booten, werden zusätzlich 800 Kleinboote mit Elektro-Motor vermietet, die alle auf derselben Einbahn-Runde durchs Dorf tuckern.

 

Einige der Touristenboote sind behindertengerecht ausgestattet und können Rollstuhlfahrer mittels einer elektrischen Hebebühne an Bord nehmen. Menschen mit Behinderungen werden sehr gut in die niederländische Gesellschaft integriert. Wir hatten mehrmals eine Zwischenverpflegung in einem Kaffee-Haus, welches von Behinderten unter Anleitung professioneller Betreuer betrieben wurde. Viele Firmen sponsern Fahrzeuge, Ausflüge oder Ferienlager für Behinderte, damit sich diese unters Volk mischen können.

 

Obwohl wir nicht zum ersten Mal in den Niederlanden waren, hat uns das Land sogar noch mehr begeistert, als wir dies erwartet hatten. Wir lernten freundlichen Menschen, schöne Landschaften, sowie gut erhaltene historische Städte kennen und genossen dieses saubere und geordnete Land, welches immer mehr auch kulinarisch zu überzeugen vermag.

 

Kampf durch den Verkehr in Deutschland

 

Nachdem wir uns am 7. Juli 2009 von Gisela & Klaus verabschiedet hatten, machten wir uns auf den Weg um Deutschland zu durchqueren. Schon in Bremen entschieden wir uns zu übernachten, weil der Feierabend-Verkehr bald losgehen würde. Wir nahmen ein Zimmer in einem Etap Hotel am Stadtrand, wo wir in nächster Nähe Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants vorfanden. Hier draussen fanden wir einen guten Mix zwischen Industrie- und Vorortzone und mehr suchten wir ja nicht.

Als wir am nächsten Tag Richtung Hamburg weiter fuhren, hatten wir sehr viel Glück, dass wir nicht im Verkehrsstau stecken blieben. In der Gegenrichtung standen sie eigentlich fast immer. Ein nicht enden wollendender Baustellen-“Abschnitt“ behinderte den Verkehr die ganzen 100 km bis zum Elbtunnel. Aus diesem Grund kamen wir eher zäh, aber doch wenigstens flüssig vorwärts. 

 

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Dänemark
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Fotos: Dänemark

Dänemark: 6 Tage in Jütland

Als wir endlich in Dänemark eintrafen war es bereits 18 Uhr, etwa drei Stunden später als wir gehofft hatten. Es dauerte nicht lange bis wir das erste wunderschöne Gebäude mit einem brandneuen Strohdach sahen. Schnell auf die Bremse - Foto schiessen! Nun sollten wir einen Bankomaten finden, wollten aber keine Zeit verlieren und extra in ein Dorf fahren. So trafen wir denn mit leeren Taschen in der Jugendherberge in Ribe ein, aber dank goldglänzendem Schweizer Plastik konnten wir dort trotzdem einbuchen.

Da die Sonne hier oben, jetzt am 8.7.09 deutlich später unter geht als weiter südlich, blieb uns noch genug Zeit die historische Altstadt Ribes nach dem Abendessen zu besichtigen. Wir bewunderten die alten Riegelhäuser entlang der mit Kopfstein gepflasterten Strassen am nächsten Morgen gleich nochmals. Danach fuhren wir bei Esbjerg an die Küste und stoppten dort, um die 4 weissen, je 9 Meter hohen Figuren „Mennesket ved Havet“ (Menschen begegnen dem Meer) zu bewundern. Auf unserem Weg nordwärts entlang der Westküste kamen wir durch Versterlund. In diesem Gebiet hat man tausende, teilweise sehr luxuriöser, Sommerhäuser zwischen die Dünen gebaut.

 

Unsere Fahrt durch die überwachsenen Dünen hat sich sehr gelohnt. Nachdem wir mit der Autofähre von Thyboron über den Nissum Bredning (Binnenmeer) nach Agger übergesetzt hatten, kamen wir ins Landesinnere und die Landschaft veränderte sich nun vollständig. Anstelle von Wasser und sanften Dünen sahen wir nun viele Wind-Generatoren und bewirtschaftete Hügel mit goldenen Kornfeldern. Wir übernachteten auf einem Campingplatz in Humlum, wo wir ein einfaches Holzhüttchen mieteten. Die Ortschaft war zwar klein, aber das Meerfrüchte-Büffet im lokalen Kro (Restaurant) war umso grossartiger.

 

Am nächsten Tag fuhren wir bis Viborg und weil es jetzt regnete, bezogen wir ein Zimmer in einer Frühstückspension, statt  im nahegelegenen FKK Gelände zu campieren wie wir es ursprünglich geplant hatten. Überraschenderweise sind Jugendherbergen in Dänemark für Paare oft teurer als eine Übernachtung in einem B&B. Das Haus unserer Landlady (oder zu Deutsch schlicht: Schlummermutter) war ruhig gelegen und sehr geschmackvoll eingerichtet. Hier kriegten wir sogar nicht nur ein Zimmer, sondern ein ganzes Apartment. Zudem durften wir die Terrasse im oberen Stockwerk mitbenutzen, wo wir Aussicht auf den See hatten.

 

Viborg ist eine angenehme Kleinstadt und während wir dort umher wanderten, kam die Sonne schon wieder hervor. Am nächsten Morgen fuhren wir als Tagesgäste zum Vedsolejren Naturisten camping bei Birgittelyst. Der Platz liegt in einer naturbelassenen Waldlichtung an einem See. Es war gerade noch warm genug um ein Sonnenbad zu geniessen.

 

Nach zwei Tagen in Viborg fuhren wir nordwärts und machten Halt in Tranum und Slettenstrand, wo das Wetter längstens warm genug gewesen wäre um zu baden. In Slettenstrand war gerade eine Kirmes im Gang und so sahen wir, wie Dänische Kinder verwöhnt werden. Dies war auch eine Gelegenheit den wahrscheinlich beliebtesten Fast-Food Dänemarks zu probieren: Franske Hot Dog.

 

Vorbei am tiefblauen Lundfjord erreichten wir bis zum Abend Thisted. Hier hatten wir vor langer Zeit mit Hilfe eines dänischen Paares (in Spanien) bei einer alten Dame die nur Dänisch spricht, ein B&B reserviert. Sie nahm uns auf und gab uns ein grosses Zimmer in ihrem alten Haus. Unsere Fragen hat sie zwar überhaupt nicht verstanden, aber ihr „betal nu“ war uns auf Anhieb klar.

Am Sonntagabend war in Thisted absolut „tote Hose“, am Montag hingegen, kehrte wieder Leben in die Stadt als die Geschäfte öffneten und die Menschen im Zentrum flanierten. Es handelt sich um eine moderne Stadt mit etwa 13‘000 Einwohnern.

Am späten Nachmittag machten wir einen Ausflug nach Klitmöller und Nörre Vorupör, zwei attraktive Ferienorte am Meer. Hier wimmelte es nur so von Urlaubern die in den verschiedenen Strandkneipen die Abendsonne genossen. Wir hatten von einem bekannten Meerfrüchte-Lokal gelesen, doch leider war dieses das einzige das an diesem Montag Abend Wirtesonntag feierte – und so viele Leute hätten doch da essen wollen…

 

Endlich kam der 14. Juli 2009. Heinz erweiterte sein Frühstück noch um zwei Tabletten “Mercalm” denn an diesem Tag hatten wir eine Reservation für die mächtige Autofähre Norröna, die uns hinaus in den Nordatlantik bringen sollte, wo wir die Färöer Inseln, Island und Grönland besuchen wollten.

 

Aber darüber schreiben wir dann mehr in unserem nächsten Kapitel, wo wir Dich mit unseren Geschichten über stahlblauen Himmel, klares Licht, gigantische Lavawüsten, dampfende Schlammlöcher, endlose Gletscher und gigantische Eisberge langweilen werden…

 


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