Reisetagebuch Kapitel 20
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Reisetagebuch Kapitel 20 [Juli 2009 - September 2009] als PDF
(Nord-Atlantik: eine faszinierende Reise durch die Färöer Inseln, Island und Grönland)

Färöer_Inseln
Grönland Island Top
Fotos

Die Färöer Inseln: unbekannte Juwelen

Als wir uns entschlossen die Färöer Inseln zu bereisen war uns klar, dass wir kaum mit gutem Wetter rechnen können. Ironischerweise traf der Buchungsbeleg für die einzige Unterkunft die wir im Voraus reserviert hatten, nass und kaum lesbar bei unserer Adresse in der Schweiz ein. Um die Chancen auf wenigstens ein paar Tage mit passablem Wetter zu erhöhen, entschieden wir uns zwei Wochen zu bleiben.

 

Die 18 vom Golfstrom umgebenen Inseln der Färöer Gruppe liegen im Nordatlantik, etwa auf halbem Weg zwischen Schottland und Island. Die Landfläche misst ungefähr 1‘400 km2 und die Bevölkerung verteilt sich über 17 spärlich besiedelte Inseln. Von den 49‘000 Einwohnern, lebt die Mehrheit (19‘500) in Torshavn. Weitere 20‘000 Färöer leben in Dänemark.

 

Der Archipel ist ungefähr 113 km lang und 75 km breit. Sehr enge Sunde und Fjorde trennen die vulkanischen Inseln und kein Punkt der Färöer ist mehr als 5 km vom Meer entfernt. Wenn man in verschiedenen Reisehandbüchern blättert, das Klima wird immer mit den drei gleichen Worten beschrieben: wild, nass und windig! Obwohl die Durchschnitts-Temperatur im Winter dank dem Golfstrom moderate 3°C beträgt, steigt sie im Sommer gerade auf 11°C.

 

Historiker glauben, dass die bis dahin unbewohnten Inseln um das 6. Jahrhundert von Keltischen Mönchen besiedelt wurden. Etwa im Jahr 800 trafen die ersten Wikinger ein; Norwegische Bauern. Durch die oft gewaltsame Einführung des Christentums verloren die Siedler ihre Unabhängigkeit und in der Folge wurde ihr Territorium 1035 dem Norwegischen Königreich einverleibt. Im Jahr 1380 fiel Norwegen an Dänemark und diese Union wurde erst 1814 aufgelöst, wobei Norwegen unter Regentschaft des Schwedischen Königs kam. Die Färöer Inseln blieben zusammen mit Island und Grönland weiterhin unter Dänischer Herrschaft. Ausser einer kurzen Periode unter Englischer Besetzung während des zweiten Weltkrieges, gehörten die Färöer Inseln seither zu Dänemark und geniessen heute den Status eines selbstverwaltenden autonomen Gebietes innerhalb des Königreichs. Die Landeswährung ist die Dänische Krone, die Banknoten werden aber in Färöischen Motiven gedruckt.

 

Erste Eindrücke von Torshavn

 

Dreissig Stunden nachdem die riesige Autofähre Norröna von Hanstholm in Dänemark abgelegt hatte, trafen wir mit diesem Boot, das fast schon ein Kreuzfahrtsschiff ist, am 15.07.2009 in den Färöer Inseln ein. Wir fuhren unser Auto von der Fähre und waren bereits Mitten in der Hauptstad Torshavn. Wir fanden bald zu unserer Frühstücks-Pension oberhalb der Stadt und wurden freundlich empfangen - auch mit Wetterglück, denn der Nebel lichtete sich bei unserer Ankunft. Torshavn schmiegt sich malerisch an einen Hügel über dem Hafen, weshalb fast die gesamte Bevölkerung schöne Aussicht hat, wenn das Wetter einmal mitspielt.

Da Brigitte Angst hatte, dass dies vielleicht unser einziges Schön-Wetter-Fenster sein könnte und die nächste Sintflut jederzeit einsetzen könnte, hetzten wir so schnell wie möglich wieder los um Torshavn zu erkunden. Bis zum Abendessen hatten wir noch viel Zeit und nachher noch mehr, da es hier nun fast die ganze Nacht hell blieb. Was uns als erstes ins Auge stach, waren die modernen, gemütlich aussehenden Häuser. Sowohl einige ältere historische, als auch einige ausgefallene moderne Häuser hatten ein Grasdach. Dieses bestand aus ausgestochen Torf-„Ziegeln“ welche mit Moos und Gras bewachsen waren.

 

Im Regierungsviertel Lögting sieht man nur traditionelle gut restaurierte Gebäude, fast alle mit Grasdach. Es erstaunte uns, wie viel Verkehr sich durch die engen Gassen dieser Kleinstadt zwängt.

Torshavn bietet eine gute Auswahl an Restaurants, aber viele sind recht teuer. Nachdem wir die Preise in mehreren Lokalen gesehen hatten, waren wir überrascht, wie voll sie sind. Da war eine Sushi-Bar die für eine kleine Sushi Platte glatt 750 DKK verlangte (~100 Euros) aber der Kellner informierte uns bedauernd, dass das Lokal an diesem Mittwochabend bereits ausgebucht sei… In einem Italienischen Lokal fanden wir schlussendlich vorzügliche Pizza & Pasta Gerichte für etwa 100 DKK. Die Färöer Inseln sind sicher keine preiswerte Destination, aber nicht nur die Preise, sondern auch der Standard ist sehr hoch was sowohl auf Unterkünfte, als auch auf Mahlzeiten zutrifft.

 

Die Preise sind irgendwie ein Spiegel des hohen Lebensstandards, den die Leute auf den Färöer Inseln geniessen, obwohl sie während der neunziger Jahre noch in einer Wirtschaftskrise steckten. Obwohl man im ganzen Land überall Schaf-Farmen sieht, ist es wirtschaftlich vor allem vom Fischfang und Fischzucht abhängig (95% der Exporte und 50% des BSP). Als Dänemark der EU beitrat, weigerten sich die Färöer zu folgen um ihre 200 Meilen-Fischerei-Zone vor der EU Konkurrenz abzuschotten.

 

Vogelinsel Mykines

 

Am nächsten Morgen schien die Sonne schon wieder und es gab weit und breit kein Anzeichen einer Sintflut. Deshalb entschieden wir uns gleich zur Insel Mykines aufzubrechen, welche für ihre Vielfalt an Vogelkolonien bekannt ist. Zuerst fuhren wir über die dramatische Bergstrasse von der wir die ersten spektakulären Gebirgszüge mit ihren vielen Felsschichten, die so typisch sind für die Färöer, sehen konnten. Zudem leuchteten rundherum Inseln aus dem blauen Meer.

Nun nahmen wir den Untersee-Tunnel, der die Inseln Streymoy und Vágar verbindet. Auf der anderen Seite erwartete uns wiederum eine schöne Panoramastrasse, welche uns zum Hafen in Sørvágur führte. Hier parkierten wir unseren Wagen und nahmen die paar Dinge mit, die wir auf der verkehrsfreien Insel benötigen würden. Die Passagierfähre war eigentlich eher ein Schnellboot, welches uns vorbei an spektakulären Klippen und hohen Felsformationen an unser Ziel brachte.

 

Der Hafen von Mykines liegt unterhalb einer hohen Felswand an welcher viele Vögel ihre Nistplätze haben. Die Luft war erfüllt von ihren lauten Schreien und einem sehr intensiven Geruch. Über eine steile Treppe stiegen wir hinauf zur einfachen Herberge. Obwohl nur 5 Personen permanent hier leben, besteht das Dorf aus ein paar dutzend bunten Häusern. Momentan war es eigentlich gar nicht so ruhig, da viele einheimische Familien ihre Sommerferien in einem Haus verbrachten, welches sie geerbt hatten. Alle waren sehr gut unterhalten und hatten meist ein Grasdach. Das Dorf thront auf einem grünen Hügel mit Blick auf die Westküste, welche hier auch den westlichsten Punkt der Färöer markiert.

Die meisten Touristen kommen nur für einen Tagesbesuch hierher, weshalb wir unvermeidlich auffielen, da wir hier übernachteten. So sprachen uns einige der „Einwohner“ an und plauderten mit uns.

 

Wir brauchten nicht weit zu gehen um die ersten Papageientaucher zu sehen. Sie nisten in Erdlöchern, ganz zuoberst auf den Klippen über dem Dorf. Diese putzigen Vögel sind nicht sehr scheu und lassen Menschen bis auf ein paar Meter an sich heran kommen, bevor sie wegfliegen. Deshalb sind sie einfache Beute und ergänzen die Nahrung der Färöer seit Jahrhunderten. Selbst kleine Kinder können sie einfangen.
Mit ihren bunten Schnäbeln sehen die Papageientaucher recht drollig aus und sind die Fotostars der Touristen. Es gibt aber noch viele weitere Wasservögel die auf Mykines nesten: Sturmvögel, Basstölpel, sowie Grosse Skuas, Dreizehen-Möwen und andere Möwen-Arten um nur die auffälligsten zu nennen, insgesamt gibt es aber über 30 Vogelarten.


Es war mystisch wie schnell Nebel scheinbar aus dem Nichts auftauchte und auch urplötzlich wieder verschwinden konnte. Wir konnten dieses magische Naturphänomen gleich mehrmals erleben waren aber trotzdem froh, dass wir vom richtig dicken Bodennebel, bei dem man nicht einmal mehr die Schuhe sieht, verschont blieben.

 

Mykines ist zwar sehr dünn besiedelt, aber trotzdem sehr gut mit öffentlichem Verkehr erreichbar. Es gibt natürlich keinen Linien-Bus, aber ausser dem Boot gibt es einen Linien-Helikopter, genauso wie auf alle anderen Inseln der Färöer. Da diese Flüge von der Regierung subventioniert werden, sind sie auch nicht all zu teuer. Es gibt höchstens noch ein Problem: wenn das Meer zu stürmisch ist, kann das Boot nicht anlegen und wenn der Nebel zu dicht ist, kann der Helikopter nicht landen.

 

Nach dem Abendessen wanderten wir nochmals den steilen Grashang hinauf zu den Vogelklippen. Die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden doch der Himmel leuchtete noch bis weit nach Mitternacht in den schönsten Farben. Wir genossen diesen wunderbaren Ausblick über ein Nebelmeer und hörten nur wie die Wellen tief unter uns an den Klippen brachen, doch das Meer selbst sahen wir nie. Noch bevor es richtig dunkel werden konnte, hellte sich der Himmel schon wieder auf.

 

Am nächsten Morgen war das Wetter noch perfekter und die Einheimischen sprachen bereits von tropischen Temperaturen, nachdem das Thermometer auf stattliche18°C angestiegen war. Man weiss nie wie lange so eine Schönwetter-Periode anhält und Brigitte wollte noch so viel wie möglich entdecken, bevor die Sintflut einsetzt. Wir standen sehr früh auf und besuchten schon vor dem Frühstück die Papageientaucher ein weiteres Mal. Natürlich konnten wir nicht länger bleiben und so nahmen wir das Morgenboot zurück nach Sørvágur um unsere Entdeckungsreise auf der Insel Vágar fortzusetzen. Wir schätzten es, dass der Kapitän diesmal die Felsformationen im Meer auf der anderen Seite umfuhr, womit wir die spektakuläre Überfahrt aus einem anderen Blickwinkel erleben konnten.

 

Besuch auf Vagar und Streymoy

 

Wieder im Auto, erkundeten wir zuerst Vagar‘s gepflegte bunte Häuser in Bøur und Miðvágur. Nachdem wir wiederum über den mautpflichtigen Untersee-Tunnel zurück nach Streymoy gefahren waren, zahlten wir die fällige Gebühr in einer nahegelegenen Tankstelle. Es gibt zwei solche Tunnels und genauso wie bei allen Autofähren, ist die Gebühr nur bei der Rückfahrt zu bezahlen.

 

Von Hvalvik aus fuhren wir entlang des Sundes Sundini ins grüne Tal Saksunurdalur. Die Fahrt auf einer neu asphaltierten einspurigen Strasse, führte entlang eines kleinen Flüsschens und war bereits sehr lohnenswert. Am nördlichen Ende befindet sich die winzige Ortschaft Saksun. Die Holzhäuser haben weisse Fensterrahmen und manchmal ein weiss gestrichenes gemauertes Erdgeschoss. Nach alter Tradition sind sie mit Teer, der gleichzeitig als Anstrich dient, imprägniert. Ein Grasdach vervollständigt das kontrastreiche Bild. Die Wiesen an den umliegenden Hängen leuchteten in einem so intensiven Grün, dass es uns an junge Reisfelder erinnerte. Saksun’s Kirche thront ausserhalb des Dorfes über einer wunderschönen Lagune. Die Mündung ähnelte einer engen Schlucht durch die sich ein Fluss sein Bett in den Sand grub. In der Tat handelt es sich hier aber um eine Gezeiten-abhängige Lagune und die grell grün leuchtenden Algen werden bei Flut wohl unter Wasser stehen.

 

Wieder zurück in Hvalvik bogen wir auf die Küstenstrasse ein und folgten dem Sund bis an sein nördlichstes Ende. Die Sicht auf die Insel Eysturoy, welche nur ein paar hundert Meter entfernt ist, wurde leider durch aufkommenden Nebel etwas getrübt. Er hing an den umliegenden Hügeln und liess ab und zu noch ein paar Sonnenstrahlen durch, was dem Bild einen mystischen Rahmen gab. Am Ende der Strasse befindet sich Tjørnuvik, malerisch eingebettet zwischen intensiv grünen Hügeln und einem schwarzen Sandstrand. Die Häuser sind hier eher modern, aber nichts desto trotz hängen die Leute auch hier ihren Fisch in den Garten zum trocknen (und parfümieren der Luft). Die Bauern mähen das Gras der steilen Berghänge und legen es anschliessend zum trocken über Holzgestelle (riecht gut!) genauso wie wir es von den Schweizer Alpen kennen.

 

Fünf Tage auf Suðuroy

 

Nun fuhren wir auf schnellstem Weg zurück nach Torshavn. Dort nahmen wir die Autofähre Smyril die uns in einer zweistündigen Überfahrt nach Tvøroyri auf der südlichsten Insel Suðuroy brachte. Wir waren überrascht wie voll das Boot war, wenn man bedenkt, dass nur 4‘600 Menschen auf Suðuroy leben. Überraschend auch, wie gross das Boot ist. Es kann bis zu 200 Autos gleichzeitig aufnehmen und fährt dennoch drei- bis vier Mal täglich. Die Fähre ist stattliche 135 Meter lang und 20 Meter breit und bietet mehrere Aufenthaltsräume, ein grosses Restaurant und einen Kiosk, der das ungemein beliebte Softeis in rauen Mengen absetzt.

 

Die Überfahrt war sehr ruhig, obwohl es in der Zwischenzeit so aussah, als ob sich eine Sintflut aufbauen würde. Folgedessen konnten wir zwar ein paar sehr mystische Bilder aufnehmen, von den berühmten Felsinseln Litla Dimun und Stora Dimun an denen wir vorbei schipperten, sahen wir aber nur ein paar Andeutungen.

 

Für 500 DKK (€ 65) nahmen wir uns in Tvøroyri ein Zimmer in einem sehr komfortablen Gästehaus. Budget-Unterkünfte kosteten im ganzen Land etwa gleich viel, aber der Standard lag meist über dem „Budget Standard“ im Rest der Welt. Hier haben wir gemerkt, dass man auf den Färöern nie ohne Reservation reisen sollte. Viele Gästehäuser haben gar keine Rezeption und der Hausmeister oder Besitzer kommt nur vorbei um ankommende Gäste zu empfangen. Diesmal hatten wir Glück, denn eine Familie die mit demselben Boot kam, hatte Zimmer gebucht und ihretwegen war der Verwalter vor Ort.

Am nächsten Tag regnete es ein wenig, zwar nicht genug um von Sintflut zu reden, aber es war doch nass und windig. So kauften wir uns dunkles schweres Brot, wie man es auf den Färöern überall leicht findet und blieben im trockenen. Als bescheidene Weltenbummler holten wir als nächstes unsere Espresso Maschine aus dem Kofferraum und genossen einen schmackhaften Kaffee dazu. Als der Besitzer des Gästehauses dies sah, wollte er uns das edle Stück gleich abkaufen, aber nix zu machen; wir geben sie nicht her!

 

Bereits am nächsten Nachmittag hellte es wieder auf und wir machten uns sofort auf die Socken um den Norden Suðuroy’s zu erkunden. Entlang der Strasse erwarteten uns dann noch so ein paar kleine Herausforderungen; wir mussten durch die ersten beiden unbeleuchteten einspurigen Tunnels – die ersten von vielen. Der hohe Ausbaustandard des Strassennetzes auf den Färöer Inseln ist beeindruckend, erst recht wenn man sieht, wie viele Dörfer mit nur einer handvoll Einwohner durch einen Strassentunnel erschlossen sind. Als die Wirtschaft der Färöer auf dem Höhepunkt war, machte man im Mutterland Dänemark anscheinend Witze darüber, ob die Inseln in einen Emmentaler umgestaltet würden.

Die vielen ehrgeizigen Tunnelbau-Projekte führten nach einer Wirtschaftskrise beinahe zum Staatsbankrott. Aber sobald das Schlimmste vorbei war, wurde fleissig weiter gebohrt um noch weitere Kleinst-Dörfer ans Strassennetz anzubinden. Ironischerweise gab es mehr als einen Fall bei dem die letzten Einwohner das Dorf verliessen, sobald ein Zügelwagen den neuen Tunnel passieren konnte. Auf Kalsoy hat man sogar einen Tunnel gebaut nur um die Schafe auf der andern Seite des Berges weiden zu lassen!

 

Da es nur sehr wenig Verkehr hat, ist es verständlich, dass sogar 3 km lange Tunnels nur einspurig gebaut wurden. Die eine Fahrtrichtung hat Vorfahrt und entgegenkommender Verkehr muss in seitlichen Buchten warten. Da der Fels der Tunnelwand weder betoniert noch gestrichen ist, fährt man wirklich durch ein stockdunkles Loch. Häufig sind diese schnurgerade und so sieht man wenigstens Licht am Ende des Tunnels, sofern kein anderes Fahrzeug entgegen kommt. Wenn aber eines kommt, ist es sogar für die Einheimischen schwierig einzuschätzen wie weit dieses noch entfernt ist. Entweder wartet man ewig in der Ausweichstelle, oder man geht das Risiko ein, dass man im rabenschwarzen Loch den Rückwärtsgang einlegen muss. In den meisten dieser Tunnels kam uns kein einziges Fahrzeug entgegen, aber Fahrrad-Fahrern wird definitiv von diesen Tunnels abgeraten.

 

Sandvik heisst das Dorf am Ende dieser Strasse und der Name erklärt: es liegt an einer sandigen Bucht. Hinter dem Dorf marschierten wir zu einem Aussichtspunkt um etwas vom Glyvraberg, einer Felsinsel unterhalb der Klippen, zu sehen. Es gab auch noch ein paar andere Möglichkeiten um an die Westküste zu gelangen, wo es inzwischen sogar sonnig war. Brigitte wurde sofort wieder übermütig und schlug vor, gleich auch noch die südliche Hälfte Suðuroy’s zu entdecken um das Schönwetterfenster auszunutzen. Kein Problem, von Nord nach Süd sind es ja nur 53 km. Um die Zeit optimal nützen zu können, assen wir bloss einen Imbiss; wir fuhren zur nächsten Tankstelle, bestellten einen Französischen Hot Dog und danach ein Softeis, genau wie die Einheimischen.

 

Steilklippen im südlichen Suðuroy

 

Nun fuhren wir über eine enge Passtrasse in der Hoffnung die steilen Klippen im besten Sonnenlicht bewundern zu können. Dummerweise hat uns aber der Nebel einen Strich durch die Rechnung gemacht und wir waren heilfroh, dass wir überhaupt noch die Strasse vor uns sahen. Sobald wir wieder tiefer kamen, liessen wir die Nebeldecke hinter uns und als wir Sumba erreichten, war es sogar wieder sonnig. Vom Akraberg Leuchtturm aus, welchen wir danach besuchten, konnte unser Blick wieder ungehindert hinaus übers unendliche Meer schweifen.

 

Genauso verbreitet wie das sattgrüne Gras auf den Hügeln, sind auch die Schafe die darauf weiden. Die Schafe auf den Färöern sind äusserst robust und ihre aussergewöhnlich dicke Wolle schützt sie im harschen Klima. Man erzählte uns, dass sich die kleinen Herden bei intensivem Schneefall an einem geschützten Ort sammeln und da ihre Körperwärme den Schnee auf ihrer Wolle schmelzen lässt, entsteht über den dichtgedrängten Schafen eine Eisdecke. Darunter können sie bis zu zwei Wochen überleben.
Die meisten Schafe die wir sahen waren nicht geschoren und jetzt im Sommer stiessen sie ihre alte Wolle ab, da neue dicke bereits im Wachstum begriffen war. Die alte Wolle hing nun zottig an den Tieren, sodass manches Schaf aussah als hätte es Rasta Locken! Auch langhaarige Ziegen sah man oft neben den (flippigen) Schafen grasen.

 

Da uns die Sonne am nächsten Tag schon wieder beglückte, entschieden wir uns diejenigen Ecken Suðuroys nochmals zu besuchen, welche wir tags zuvor nicht sehen konnten. Diesmal nahmen wir die Küstenstrasse nach Vágur, der zweitgrössten Gemeinde der Insel. Von dieser Strecke genossen wir eine tolle Rundsicht: von Fischzuchten im Fjord zu den Gipfeln der Berge. Fast jedes Mal wenn wir anhielten, ergriffen ein paar Vögel die Flucht. Meistens waren es entweder Regenbrachvögel die glucksende Laute von sich gaben wenn sie aufflogen oder Austernfischer, von denen wir nicht wussten, dass sie sich auch gern im Gras hoch über dem Meer aufhalten. Es hatte auch überall dickes Moos und winzige Blumen, viel grauer oder brauner Fels, aber auch (theoleiitische) Basalte und Lava.

 

Dank dem Verkehrsbüro in Vágur fanden wir eine steile Strasse die uns zu einem phantastischen Aussichtspunkt oberhalb der Kamarit Klippen führte. Diese sind genauso beeindruckend wie die berühmten 476m hohen Beinisvørð Klippen. Obwohl es kaum Wind hatte, trauten wir uns fast nicht unsere Nasen über den Abgrund zu strecken weil es so viele Erdspalten entlang der Abbruchkante hatte. Stellt Euch vor wie wir die Kamera ausstrecken, die Augen schliessen und abdrücken um danach auf dem Monitor nachzusehen was auf dem Bild ist… Aber nein! Wir wollten nicht auf dem Bauch an die Kante robben, weil wirklich überall Schafsmist lag.

 

Wir hatten noch nicht genug und wollten unbedingt noch mehr von diesen steilen Klippen sehen. So nahmen wir noch einmal die schmale und kurvenreiche Bergstrasse in Angriff, welche gestern im dicken Nebel versunken war. Heute war die Sicht zwar viel besser, doch um die höchsten Gipfel hing wieder eine Nebeldecke. Wenigstens war die Sicht nach unten ziemlich frei und so konnten wir doch zumindest etwas weniges von diesen unglaublich hohen, fast senkrecht abfallenden Beinisvørð Cliffs erspähen.

 

Auf unserem Rückweg machten wir noch einen Abstecher zuerst nach Vikarfjorður und danach einen weiteren über eine Passtrasse nach Famjin. Dieses hübsche Dorf an der Westküste ist bekannt für seine intensiven Sonnenuntergänge. Wir stoppten bei einem Schild auf welchem sich dieser Ort damit brüstet im Jahr 2006 einen „Clean & Green“ (sauber und grün) Preis gewonnen zu haben. Wir waren total perplex! Noch nie haben wir ein Land gesehen das so ordentlich, sauber und grün war wie die unberührten Färöer Inseln (sorry Neuseeland). Wie können sie nur auf die Idee kommen, dass ein Ort noch besser und grüner sei als ein anderer? Für uns war er genauso gut wie jeder andere auch!

 

Ausser dass wir hier ein weiteres bildhübsches Dorf an wunderschöner Lage vorfanden, genossen wir hier die besten

Waffeln nördlich von Belgien. Sie wurden mit einem wunderbaren Duft, mit einem guten Kaffee und erst noch mit einer kleinen Rechnung serviert.

 

An unserem letzten Tag in Suðuroy spazierten wir nur noch etwas in und um Tvøroyri, mit 1‘800 Einwohnern die grösste Gemeinde der Insel. Die grosse Kirche war in Norwegen gebaut und stückweise hierher verschifft worden. Sie wurde von einer einheimischen Kaufmannsfamilie gestiftet. Nicht nur hinter der Kirche sondern auch an mehreren Orten ausserhalb des Dorfes sahen wir Basaltsäulen. Die Bauern waren damit beschäftigt Gras zu schneiden um es dann auf Holzgestellen trocknen zu lassen. Wir wissen nicht genau weshalb sie es mit Netzen abdecken, aber wir denken es ist wohl damit der Wind das Heu nicht davon bläst.

 

Auf der gegenüberliegenden Seite des Fjordes befindet sich die Anlegestelle für die grosse Autofähre. Das Meer kam uns zwar ruhig vor, doch als wir die Smyril auslaufen sahen, waren wir verdutzt wie stark sie in den Wellen schaukelte. Als wir am nächsten Morgen dasselbe Boot zurück nach Torshavn nahmen, hatte sich das Meer zum Glück wieder beruhigt, obwohl es nun regnete. Heinz hat fast den ganzen Trip verschlafen da er sein Frühstück vorsichtshalber noch mit ein paar Tabletten gegen Seekrankheit anreicherte, für alle Fälle.

 

Rundfahrt durch Eysturoy

 

Von der Fähre fuhren wir zur Insel Eysturoy im Nordosten. Wir kamen in Eiði vorbei und besichtigten ausserhalb des Dorfes die zwei markanten Felsnadeln, welche auch für eine Legende berühmt sind.

Als wir im Gästehaus Gjaargardur in Gjógv unser (reserviertes) Zimmer beziehen wollten, führte man uns zu den sogenannten “Viking Style Alkoven“. Mensch; die sind aber winzig! Jedes Japanische Capsule Hotel-Fach ist grösser. Es bestand aus einer Doppelmatratze die zwischen Wand und Dachseite eingeklemmt war und einem Fenster direkt über dem Gesicht (in der Dachschräge) damit man die Mitternachtssonne auch sieht. Man konnte nur hinein kriechen und nur derjenige direkt neben der Schiebetür konnte in diesem Taubenschlag aufrecht sitzen.

Nun… so kann’s einem gehen, wenn man sich das Zimmer vor der Reservation nicht ansehen kann. In krassem Gegensatz zu diesen winzigen privaten „Doppelsärgen“ sind die Gemeinschaftsräume verschwenderisch gross. Brigitte konnte überhaupt nicht verstehen, weshalb der Architekt nicht 2 Meter davon an die „Zimmer“ abgegeben hat. Sie schimpfte wie ein Rohrspatz, zugegeben, schaute aber ungläubig wie die umliegenden Taubenschläge vorwiegend von älteren Paaren bezogen wurden. – wenn wenigstens jeder einen eigenen Schlag bekommen hätte. Na ja, man kriegt was man bezahlt und wir wollten ja auch nicht für zwei “Zimmer“ bezahlen und schon gar nicht für die grossen Luxuszimmer im Annex.

Um ihr Temperament wieder etwas zu besänftigen servierte das Restaurant recht gutes Essen. Der Speisesaal war zwar unnötigerweise beheizt, wie dies im ganzen Land üblich ist. Man sagte uns, dass hier niemand je die Heizung auch nur einen Tag im Jahr ausschaltet, nicht einmal in einem Ausnahme-Sommer wie diesem. In den Färöern jammert man zwar auch gerne über zu hohe Energiekosten, aber wo immer wir uns ein Zimmer mieteten; es war für unser Empfinden überall zu stark geheizt. Brigitte wunderte sich schon, dass sie nun urplötzlich mit jeder Tasse Kaffee Wallungen bekommt, obwohl sie im Haus bloss ein Singlet trug. Bei Heinz flogen die abnehmbaren Hosenbeine, sobald er durch eine Färöische Haustüre kam. 

 

Die Landschaft auf dem Weg nach Gjógv ist äusserst spektakulär und auch das Dorf selbst sitzt auf einem schönen Fleck. Sein natürlicher Hafen ist nicht viel mehr als eine breite Felsspalte und dahinter beginnen gleich wieder steile Klippen. Wir mussten nicht allzu weit gehen um diese Vogelfelsen zu erreichen, wo wir wiederum ein paar Papageientaucher sahen.

Normalerweise ist es in Gjogv sehr ruhig, aber an Tagen an denen im 70 km entfernten Torshavn ein Kreuzfahrtsschiff anlegt, geht hier die Post ab. Die ganze Bootsladung wird in Buskolonnen hierher verfrachtet und die geschäftstüchtigen Einheimischen verkaufen überteuerte in der Mikrowelle erwärmte Waffeln und Postkarten zu 2 Euros (Kronen haben ja die Kreuzfahrts-Touristen nicht).

 

Von hier aus erkundeten wir während der nächsten zwei Tage die gesamte Insel Eysturoy. Die meisten Hügel erreichen eine Höhe von 500 – 800 Metern, erscheinen aber eher wie Berge in den Alpen. Die Strasse führt regelmässig über spektakuläre Passhöhen von den Ufern des einen Fjordes zum nächsten. Ein sehr intensives Grün dominiert die Berghänge auf sämtlichen Inseln und auch hier grasen überall die Schafe.

 

Die wenigen Dörfer, die es in dieser Fjordlandschaft gibt, sind alle sehr hübsch, bunt und sauber. Am besten gefielen uns Funnigur, Funnigsfjørður, Elduvík und Hellur.

Der südöstliche Teil Eysturoys war flacher und dichter bevölkert, sodass die Ortschaften schon fast zusammen schmolzen. Bei Aeduvik ganz im Süden sieht man zur Insel Nolsoy und sogar auf die Umgebung von Torshavn. Hier stehen ein paar Windgeneratoren was in den windreichen Färöer Inseln nach einer guten Idee tönt. Allerdings ist der Wind hier oft so stark, dass die Generatoren regelmässig abgeschaltet werden müssen. Er ist auch so stark, dass Baustellen-Container an massiven Betonfundamenten angebunden werden müssen, damit sie nicht davon fliegen.

 

Während unseres Aufenthaltes auf Eysturoy wurde in der Nähe von Gøtugjógv das jährliche Rock-Festival abgehalten. Es nennt sich ganz einfach G! Wie in der ganzen Welt geht es den Zuschauern wohl auch hier mehr darum sich zu betrinken, als um gute Musik zu hören, obwohl man jedes Jahr ein paar international bekannte Artisten engagiert. Als wir dort zum ersten Mal vorbei fuhren, war gerade eine grosse Zeltstadt am Entstehen. Als wir dort kurz nach Ende des Spektakels erneut vorbeikamen, lagen zwischen viel Müll noch die letzten Betrunkenen herum und andere amüsierten sich gerade damit, bäuchlings über Autoscheiben hinunterzurutschen!

 

Eindrückliche Nord-Inseln

 

Am 24. Juli 2009 nahmen wir den zweiten Untersee-Tunnel des Landes, nach Klaksvík auf der Insel Bordoy. Mit etwa 4‘600 Einwohnern ist dies die zweitgrösste Ortschaft der Färöer Inseln und für uns ein idealer Ausgangspunkt um die nordöstlichen Inseln zu entdecken. Zwei Fjorde treffen hier fast aufeinander, aber Klaksvik sitzt genau in der Mitte. Die Häuser liegen zerstreut an den Hängen oberhalb der Fjorde, wovon der nördliche als Hafen dient.

Wir waren froh, dass das Verkehrsbüro vor kurzem eine Jugendherberge eröffnet hat, da die einzige zentrumsnahe Alternative ein teures Hotel gewesen wäre. Allerdings war diese Herberge ein wenig wie eine Villa Kunterbunt und zudem hat sich die junge Rezeptionistin ans G! Festival verzogen. Wir sahen sie zumindest noch, aber andere Gäste wurden so vernachlässigt, dass sie nicht einmal die Schlüssel zu ihrem vorausbezahlten Zimmer kriegten…

 

Als erstes wollten wir zur Nachbarinsel Kalsoy. Während wir für die Autofähre anstanden, las Brigitte in unserem Reise-Führer etwas über eine interessante Wanderung zu einem Leuchtturm. Heinz rechnete aus, dass die Zeit knapp würde, um mit der letzten Fähre zurückzukehren. Genau in dem Moment als sich die Kolonne Richtung Boot in Bewegung setzte, machten wir einen Rückzieher und scherten aus.

 

Stattdessen fuhren wir nun zur Insel Viðoy. Um dorthin zu gelangen mussten wir zwei unbeleuchtete Einspur-Tunnels durchfahren. Im Gegensatz zu den anderen Einspur-Tunnels in den Färöern, hatte es hier recht viel Verkehr. In den beiden je 2km langen Tunnels mussten wir mindestens zwanzig Mal in einer Ausweichstelle anhalten. Einmal kam es sogar vor, dass ein Lastwagen rückwärtsfahren musste, da die Ausweichstelle nicht den gesamten Gegenverkehr aufnehmen konnte. Diese beiden Tunnels waren echt furchterregend! Später erzählte uns jemand, dass dies die ersten beiden Tunnels seien, welche auf der Inselgruppe gebaut wurden. Damals, 1965 hat niemand erwartet, dass das Verkehrsaufkommen so stark zunehmen würde. Wie auch immer, es gab Licht am Ende des Tunnels und am Ende der Strasse wartete das bildhübsche Dorf Viðareiði.

 

Wie die meisten andern Dörfer, sah auch dieses viel grösser aus, als dies die offizielle Einwohnerzahl erwarten lässt. Wir hatten oft den Eindruck, dass hier viele Häuser leer stehen, obwohl sie nie vernachlässigt aussehen. Man hat uns erklärt, dass viele Färöer während der Woche in Torshavn leben (und arbeiten) und nur an den Wochenenden in ihre kleinen Dörfer zurückkehren.

 

Wie überall, kamen wir auch hier leicht mit den Einheimischen ins Gespräch. Die Menschen sind ausserordentlich freundlich und sprechen in der Regel gut Englisch, was wir sehr schätzten. Leider kennen wir Färöisch und auch ihre zweit-Sprache Dänisch, nur vom Namen her. Obwohl wir uns den Satz „do you speak English“ in Färöisch einprägten, schafften wir es nie, ihn so zu betonen, dass man uns auch verstand. Die Leute schauten uns jeweils nur fragend an und fragten schüchtern in gutem Englisch: ob wir auch etwas Englisch sprächen. Nun; Problem gelöst, wir konnten uns immer gut verständigen.

 

In Viðareiði schwärmten wir in verschiedene Richtungen aus und genossen an der Ostküste die grossartige Aussicht zu den Inseln Fugloy und Svínoy. Westwärts sah man zu den Inseln Borðoy, Kunoy und Kalsoy. He, was sieht man denn da? Auf der am weitesten entfernten, der höchsten der drei Inseln, hatte es nun einen Nebelhut und der Leuchtturm, den wir ursprünglich besuchen wollten, war verhüllt. Na da hatten wir ja Glück, dass wir unseren Plan geändert hatten, denn hier standen wir in der Sonne!

 

Nun wollten wir noch zur verlassenen Siedlung Múli. Sie lag auf der Nachbarinsel Borðoy nur etwa 2 km Luftlinie über den Sund. Auf der Strasse waren es aber 20 km, denn wir mussten erst entlang der halben Insel zurück bis zur Brücke fahren. Dank dem die meisten Inseln recht nah beieinander liegen, war es einfach, sie mittels Brücken zu verbinden.

 

Genauso war auch die Insel Kunoy, die wir als nächstes besuchten, verbunden. Um die einzige Siedlung an der Westküste zu erreichen, mussten wir noch einen 3km langen unbeleuchteten Einspur-Tunnel durchqueren, den wir ganz für uns alleine hatten. Das Dorf hiess ebenfalls Kunoy und die Berge standen wie ein Amphitheater im Halbkreis über dieser Siedlung. Während eines Spaziergangs etwas ausserhalb des Dorfs sahen wir einen Schafsbock der mit seinen gerundeten Hörnern im Maschendrahtzaun stecken blieb. Da wir dem armen Viech nicht helfen konnten, klopften wir beim nächsten Bauernhaus an die Tür und versuchten sein Dilemma zu schildern – diesmal in Zeichensprache, denn diese alten Leutchen sprachen kein Englisch. Also setzte Brigitte „Hörner“ auf und rannte zum Gartenzaun – nur um zu zeigen… Um es klar(er) zu stellen, zeigte Heinz das Foto auf der Digitalkamera.

 

Einmalige Aussicht

 

Früh am nächsten Morgen, brachen wir nun definitiv zum Kallur Leuchtturm auf. Schliesslich hat man uns versichert, dass die Sicht nur an wenigen Tagen im Jahr so klar sei, wie heute. Und genauso war es! Wir nahmen die Autofähre nach Kalsoy und fuhren dann Richtung Trøllanes, einem kleinen Dorf am nördlichsten Ende der Insel. Obwohl die Wanderung zum Leuchtturm sehr beliebt ist und an diesem Tag von mindestens 10 Personen in Angriff genommen wurde – sowohl von Einheimischen als auch Touristen, gab es weder einen Wegweiser noch einen markierten Pfad. Wir mussten den Weg durch die steilen Schafsweiden selbst finden. Es dauerte fast eine Stunde bis wir in der Ferne etwas vom Leuchtturm erspähten und somit sicher waren, dass wir auf dem „richtigen Weg“ sind. Dies ist nur eine von vielen Wanderungen in den Färöer Inseln, welche fantastisch sind, sofern das Wetter mitmacht, aber sehr gefährlich, wenn Nebel aufkommt und man oberhalb der steilen Klippen die Orientierung verliert.

 

Für uns hätte es aber nicht besser sein können und das Wetter blieb klar, sodass wir hoch über den Klippen die wirklich spektakuläre Aussicht voll geniessen konnten. Unser Blick schweifte uneingeschränkt zu unzähligen Inseln von Ost bis West.

Auf dem Weg zurück zur Fähre durchfuhren wir erneut die vier Einspur-Tunnels, welche der schmalen Insel den Übernamen „die Flöte“ beschert haben. In den drei winzigen Dörfern entlang unseres Weges bestaunten wir die bunten oder schwarz geteerten Häuser, mit oder ohne Grasdächer.

 

Unser Abendessen hatten wir in „DEM Hotel“ wo sich die Hotelgäste mit denjenigen der Jugendherberge mischten. Obwohl Klaksvik mit 4‘600 Einwohnern die zweitgrösste Ortschaft ist, kann die gastronomische Szene überhaupt nicht mit derjenigen Torshavens Schritt halten. Ausser einem weiteren Restaurant, das allerdings geschlossen hatte (keine Option) und einigen Fast-Food Optionen (dito), gab es keine weitere Gaststätte im Ort.

 

Weil so wenige Touristen die Färöer Inseln besuchen, läuft man den wenigen anderen Touristen immer wieder über den Weg. Irgendwie kommt man miteinander ins Gespräch, da man sich an den verschiedenen Aussichtspunkten und in den hübschen Dörfern immer wieder trifft. Die allermeisten Besucher kommen aus Skandinavischen Ländern – die meisten aus (dem Mutterland) Dänemark. Diese fürchten sich vermutlich am wenigsten vor dem schlechten Wetter.

 

Apropos Wetter: während unserer zwei Wochen hatten wir viel besseres Wetter als Brigitte befürchtete – sozusagen ein „blaSt“(= Magy’s blaue Störung) nach dem andern. Nach so vielen sonnigen Tagen, hat Brigitte ihre Albträume von der Sintflut längstens vergessen. Wir wissen natürlich auch, dass wir (wieder einmal) sehr viel Wetterglück hatten, aber wenn es neblig wäre, führe man an den beeindruckendsten Landschaften vorbei, ohne sie überhaupt wahrzunehmen.

 

Den Färöern scheint Nässe kaum viel auszumachen; wenn es regnet, klappen sie nicht einmal ihre Kapuzen hoch. Ein Schirm ist normalerweise auch nicht lange von Nutzen; die nächste Windböe kommt eher früher als später. Mehrmals sahen wir Kinder in Gummistiefeln am Strand spielen. Wenn sie hinter irgendetwas her rannten, achteten sie sich kaum darauf, ob sie schon knietief im Wasser waren oder nicht. Anschliessend drehten sie ihre Stiefel kurzerhand um und die Sache war erledigt.

Andererseits zogen sich die Leute aber meistens ziemlich warme Kleider über, auch wenn das Wetter alles andere als kalt war. Obwohl Frauen oft in Strandlatschen unterwegs waren, kicherten sie oft, wenn sie Heinz in Shorts sahen.

 

Zurück in Torshavn

 

Wir fuhren zurück nach Torshavn und verbrachten unsere letzten drei Tage wieder in derselben Frühstückspension in der wir bereits unsere erste Nacht verbracht hatten.

Wir waren überrascht, wie viele grosse Läden man in und um die Kleinstadt Torshavn findet. Wie überall fielen uns auch hier wieder die vielen sehr jungen und kinderreichen Paare auf. Als wir jemanden fragten, ob unser Eindruck richtig sei, erfuhren wir, dass die durchschnittliche Frau hierzulande 2.6 Kinder zur Welt bringt.

 

Die Menschen machen einen sehr zufriedenen Eindruck (zumindest im Sommer) und diejenigen mit denen wir sprachen, bestätigten dies. Die Färöer sehen ihre Nation gern als eine grosse Familie. Von allen Skandinavischen Ländern haben sie die niedrigsten Raten an Abtreibungen, Scheidungen und Selbstmorden.


Obwohl die grösste Partei die totale Unabhängigkeit von Dänemark „anstrebt“, realisiert die Mehrheit der Färöer, dass dies kein vernünftiger Vorschlag ist. Die kleineren Parteien haben eine Koalition gebildet, um die grösste Partei von den Regierungsgeschäften fern zu halten. Der Besitzer unseres B&B sagte es unverblümt: „die Oppositionspartei ist gut im Reden, es sind ja schliesslich alles Populisten. Zum Regieren sind sie aber überhaupt nicht zu gebrauchen; sie wissen ja nicht einmal woher das Geld kommt…“

 

Nationalfeiertag Ólavsøka

 

Am 28. und 29. Juli, unseren beiden letzten Tagen in Torshavn, hatten wir das Glück die Feierlichkeiten zum National-Feiertag Ólavsøka mitzuerleben. Die ganze Bevölkerung war herausgeputzt und die meisten trugen eine Tracht. Die Leute versammelten sich im Stadtzentrum um dem Umzug beizuwohnen und den Reden zuzuhören. Es gab Ruderboot-Wettkämpfe zu denen Mannschaften von allen Inseln anreisten und anschliessend traf man sich zur Kirmes.

 

Vor allem die Trachten der Frauen, genannt Strakkur, sind sehr farbenfroh. Sie unterscheiden sich je nach Herkunft der Trägerin. Zuerst sah man nicht allzu viel, da die Röcke unter grossen schwarzen Capes (Ponchos) vor Nieselregen geschützt wurden. Bald aber kam auch an diesem wichtigen Tag die Sonne wieder hervor und alle gaben ihre wunderschönen Kostüme preis. Die Tracht der Frauen ist auf der Brust reich bestickt und mit Silberknöpfen verziert. Der Seidenschal passt jeweils farblich zur langen Schürze.

 

Die Trachten der Männer nennt man Sjóstúka. Sie bestehen aus engen knielangen Hosen, sowie einem Lodenmantel, beides in Schwarz. Darunter blitzt ein rotes Gilet hervor, an dem Silberknöpfe glänzen. Die schwarzen Lackschuhe die traditionellerweise die Kleidung ergänzen, verursachen naturgemäss Blasen, weil sie oft nur zu diesem jährlichen Anlass getragen werden. Deshalb sieht man am zweiten Tag deutlich weniger Männer ihre Tracht tragen, viele haben dann nur noch ihre Mütze (Stavnhetta) auf.

Ganz süss sind auch die vielen kleinen Kinder die sichtbar stolz ihre Trachten-Kleidchen zur Schau tragen.

 

An diesen beiden Tagen fand auch eine Kirmes statt, die vorwiegend Attraktionen für kleine Kinder bot. Es war eindrücklich, mit welch einfachen Mitteln die Kinder hier noch zufrieden gestellt werden konnten, denn es ist kaum finanzierbar Karussells oder grosse Achterbahnen auf diese kleinen Inseln zu verfrachten. Stattdessen gab es viele aufblasbare Schlösser und Hüpf-Burgen. Eine Auto-Scooter-Bahn wurde aus alten Reifen und Seifenkisten improvisiert. Dann gab es diese, mit Blei versetzten runden Overalls, in denen die kleinen Spitzbuben zwar selbst kaum stehen konnten, aber immer noch versuchten ihr Gegenüber umzustossen.

 

Letzte Eindrücke von der grossen Autofähre

 

Der eigentliche Nationalfeiertag war aus touristischer Sicht weniger interessant: der Premier Minister hielt eine Ansprache und eröffnete die neue Parlaments-Session und danach ging die Bevölkerung brav zur Kirche. Wir hatten zu packen und schafften es wieder all unsere nicht zu knappen Habseligkeiten inklusive Zelt- und Küchen-Ausrüstung, Bettzeug, Sommer- und Winterkleider, Espresso-Maschine und Drucker komplett im Kofferraum unserer Dacia zu verstauen. Der Fahrgastraum blieb wie immer leer!

 

Für den Nachmittag hatten wir die Überfahrt mit der grosse Autofähre Norröna nach Island gebucht. Als das Boot ablegte, war der Himmel grau und es nieselte, aber kaum waren wir aus dem Hafen brachen ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken. Zu unserer Überraschung steuerte der Kapitän den grossen Kahn nicht auf direktestem Weg aufs offene Meer hinaus, sondern segelte entlang der eindrücklichsten Klippen zwischen den Inseln. Wir konnten es kaum glauben, wie nah sich der Kapitän an diese gigantischen, meist mehrere hundert Meter hohen Klippen heran wagte. Unter ihnen schien selbst das riesige Boot klein. Für uns war dies ein perfekt inszenierter Abschied von den Färöer Inseln. Die meisten anderen Passagiere haben auf ihrem Weg nach Island nur kurz den Hafen von Torshavn gesehen und jetzt wurde ihnen wohl bewusst, dass die Färöer Inseln sicher auch ein lohnenswertes Reiseziel sind.

 

Die Fähre, welche Platz für 1‘482 Passagiere bietet, war berstend voll und fast alle standen an Deck und bewunderten die anmutige Schönheit dieser einzigartigen Landschaft die während fast zwei Stunden vor unseren Augen vorbei zog. Diese Klippen waren einfach enorm hoch, senkrecht abfallend, aber auch zerklüftet und mit Schluchten durchzogen. Als Tüpfelchen auf dem i ragte ab und zu wieder eine Felsnadel am Fuss der Klippen aus dem Meer auf. Einzigartig - so ein Abschied von einer so einzigartigen Inselwelt.

 

Die beeindruckende Autofähre Norröna wird von der Smyril Line, einer Färöischen Gesellschaft betrieben. Die dortige Regierung ist einer der Hauptaktionäre. Das 9 stöckige Boot, welches in Deutschland gebaut und 2003 in Betrieb genommen wurde, ist 165 Meter lang und 30 Meter breit. In seinem Bauch haben bis zu  800 Autos, oder viel Fracht Platz. An Bord befindet sich viel Luxus um die maximal 1‘482 Passagiere auf der 2–2½ tägigen Überfahrt zwischen Dänemark und Island bei Laune zu halten. Sogar ein Schwimmbad, eine Sauna, sowie ein Fitnessstudio stehen zur Verfügung.  Eine Mannschaft aus 118 Seeleuten ist für den Betrieb des Bootes samt seiner drei Restaurants, mehreren Bars, sowie des unumgänglichen Zollfrei-Geschäfts verantwortlich. Entgegen unseren Befürchtungen hielten sich die Preise fürs Essen und die Getränke noch im Rahmen, sie entsprachen in etwa dem Preisniveau, welches auf den Färöer Inseln und in Dänemark üblich ist.

 

Wie schon auf unserer ersten Etappe mit diesem Boot, hatten wir auch jetzt wieder Glück, dass das Meer meist sehr ruhig war. Selbst wenn die See rau ist, schaukelt die Norröna dank ihrer Stabilisatoren, weniger als so manches Kreuzfahrtsschiff. Eine Liege in einer Nische mit 6 oder 9 Kajütenbetten ist selbst im Preis der billigsten Fahrkarte enthalten. Diese sind aber ungemein eng, sogar noch schlimmer als im Taubenschlag. In der neuer-Schlafnische ist über dem obersten, der drei-stöckigen Kajüten-Betten nicht einmal ein halber Meter Luftraum – nichts für Menschen mit Platzangst! Natürlich gibt es auch schöne Kabinen, sofern man das notwendige Kleingeld dafür ausgeben möchte. Vor allem ausserhalb der Hauptsaison lohnt es sich, über den Mehrpreis nachzudenken (mach Dir ja keine Hoffnungen, dass das Boot dann halbleer sei).

 

Kurz durch Island

 

Am 30. Juli gingen wir in Seyðisfjörður, einem kleinen Dorf an der Ostküste Islands an Land. Obwohl uns das Wetter am Anfang unserer Island-Rundreise ab und zu im Stich liess, hat uns das Land sofort fasziniert. Wir hatten nur 9 Tage, doch wir freuten uns jetzt schon, dass wir nach unserer Grönlandreise mit mehr Zeit nach Island zurückkehren durften. Um unsere Eindrücke über dieses faszinierende Land nicht auseinander zu reissen, werden wir es weiter unten am Stück beschreiben.

Im Moment wollen wir nur verraten, dass wir entlang Islands Südküste bis nach Reykjavík gefahren sind, wo wir ein Flugzeug nach Grönland bestiegen.

 

Färöer_Inseln
Grönland
Island Top
Fotos Videos

Grönland: warme Arktische Sommerwochen in der Disko Bucht

Für einige Leute ist Grönland ein raues kaltes Land, welches nur mit einer Expedition erreicht werden kann. Andere finden es sinnlos dorthin zu gehen, weil es ausser viel Eis nichts gibt und kaum Menschen dort leben. Für andere wiederum ist es DIE Kreuzfahrt Destination und für viele bleibt es nur ein Traum: zu teuer und zu weit weg.

 

Als wir am 8. August 2009 an Bord eines 37-Plätzers von Air Iceland an Grönlands Westküste eintrafen, bot sich unseren Augen bereits beim Landeanflug auf Ilulissat ein unglaubliches Bild. Die Sicht über die gigantische Eiskappe mit ihren vielen Gletscherzungen und auf die abgebrochenen Eisberge, welche zwischen den felsigen Fjorden trieben, war einfach umwerfend schön. Auf einigen der gigantischen Eisberge hatte es stahlblaue Seen. Mancherorts lagen die Eisberge so dicht nebeneinander im Wasser, dass wir die einzelnen nicht voneinander unterscheiden konnten. Welch ein Bilderbuch Empfang in diesem faszinierenden Erdteil!

 

Mit 2’166’086 km2 ist Grönland die grösste nicht kontinentale Insel der Welt. Etwa 85% der Landmasse ist mit einer bis zu 3 km dicken Eiskappe bedeckt. Falls diese schmelzen sollte, würde der gesamte Meeresspiegel um 7 Meter ansteigen. Mit 57‘000 Einwohnern ist Grönland auch das am dünnsten besiedelte Land und nur 12 Siedlungen haben mehr als 1‘000 Einwohner. Grönländer nennen ihre Insel “Kalaallit Nunaat” was „Land der Leute“ bedeutet. Es ist ein autonomes Gebiet innerhalb des Dänischen Königreiches mit der Dänischen Krone als Zahlungsmittel. Da 90% der Exporte von der Fischerei abhängig sind, hat Grönland die EU verlassen um seine Fischereizonen zu schützen. Das Gebiet ist stark von Dänischen Subventionen abhängig, welche jährlich 633 Mio. USD oder $ 11‘300 pro Kopf der Bevölkerung ausmachen.

 

Eintauchen in eine Postkarte

 

Als wir das Flughafengebäude verliessen, hatten wir den Eindruck, als ob wir direkt in ein Postkartenbild eintauchen würden. In Ilulissat sind alle Häuser sehr farbenfroh; wirklich auffällig bunt und die Lage am Eisfjord ist einfach atemberaubend! Viele Eisberge trieben auf dem stahlblauen Wasser und dazwischen navigierten kleine Boote. Wir bezogen unser Zimmer in der Jugendherberge, welche zwar einfach aber nicht unbedingt billig ist. Es gibt hier nur kleine zweier Zimmer mit Kajüten-Betten, doch Uli der freundliche Herbergsleiter kompensiert für den Mangel an Komfort. Kompensiert wird man hier ja vor allem durch die einmalige Umgebung und so genossen wir diese nun in vollen Zügen und verschoben heimeliges Wohnen auf Länder wo die Standards zwar höher, aber die Landschaften im Vergleich zu Grönland eher banal sind. Wir schwärmten sofort aus um die einzigartige Umgebung direkt vor der Tür zu erkunden.

           

Ilulissat Kangerlua: die Mutter der gigantischen Eisberge

 

Das aussergewöhnlich hübsche Dorf  Ilulissat ist bereits eine Attraktion für sich selbst. Die Natur hält aber gleich um die Ecke eine Hauptattraktion bereit, die dem Dorf sogar noch die Schau stiehlt: Ilulissat Kangerlua ein gigantischer Eisfjord. Seinetwegen kamen wir hierher und gaben all dieses Geld aus! Von den Felsen sieht man hinunter auf den Fjord der aussieht, als wäre er ein Fluss voll von gigantischen Eisbergen. Es ist ein ehrfurchtgebietender Anblick, obwohl man die wahre Grösse des Fjords selbst von der höchsten Stelle nicht richtig ausmachen kann. Dieser ist tatsächlich 65 km lang und 7 km breit. Die kleineren Eisberge trieben sanft Richtung Meer während die grösseren irgendwo stecken geblieben sind.

 

Diese Eisberge kommen alle vom Sermeq Kujalleq, dem grössten Gletscher auf der nördlichen Halbkugel und konsequenterweise dem grössten Abfluss des Inlandeises. Jedes Jahr brechen 20 Billionen Tonnen (oder 35km3) Eis von diesem (sich zurück ziehenden) Gletscher ab. Im Tagesdurchschnitt entspricht dies in etwa dem jährlichen Wasser-Verbrauch von New York City. Der Gletscher kalbt nur etwa alle zwei Wochen und dann tönt es wie das grösste Donnerwetter. Die Eismasse die an der 7km breiten Abbruchkante abbricht ist gigantisch. Wissenschaftler berechneten, dass dies einem Abfluss von 40 Metern pro Tag entspricht. Es kann bis zu zwei Jahre dauern, bis ein Eisberg, welcher unterwegs noch mehrmals auseinander brechen kann, die Mündung des Fjordes 65km flussabwärts erreicht.

Viele der Eisberge, die bis zu 7 Mio. Tonnen schwer sein können, laufen bei der Unterwasser-Moräne auf, die quer zur Fjordmündung liegt. Dort sitzen sie bis zu einem Jahr fest, da das Wasser an dieser Stelle nur 200-300 Meter tief ist, viel zu wenig für die meisten dieser Eisgiganten. Die 50 Meter oder so, welche aus dem Wasser ragen, sind nur die legendäre Spitze des Eisbergs, denn 87% ihrer Masse liegt unter der Wasseroberfläche. Kein Wunder also, dass sie an der Moräne stecken bleiben und geduldig warten müssen, bis sie weiter auseinander brechen oder von einer Springflut in die Disko Bucht hinaus gehoben werden. Je nach momentanen Wind- und Strömungsverhältnissen, treiben sie dort zuerst in unterschiedliche Richtungen, aber schlussendlich zieht es die meisten an die Ostküste Kanadas.

 

Ilulissat: ein Touristen Magnet

 

Dank der Moräne ist die Mündung des Eisfjords immer vollgepackt mit Eisbergen und dadurch wurde Ilulissat zum touristischen Hauptort Grönlands. Deshalb ist dieser Ort auf Touristen eingestellt. An Tagen an denen Kreuzfahrt-Schiffe anlegen, wird er aber mit bis zu 600 zusätzlichen Besuchern für ein paar Stunden etwas überrannt. Sobald sie abgezogen sind, ist es im Ort wieder ruhig und eigentlich nicht übermässig touristisch.

 

Der Zufall wollte es, dass wir vier der Passagiere kannten, welche diesen Sommer eine Kreuzfahrt nach Ilulissat gebucht hatten. Zwei davon kamen erst später, aber Brigittes Verwandte kamen genau während unseres Aufenthaltes. Obwohl uns aufgefallen war, dass ihr Kreuzfahrt-Schiff im Hafen vor Anker lag, war es doch mehr Zufall als Planung, dass wir den beiden hier begegneten. An diesem Tag machten wir eine grössere Wanderung und unter einer der vielen Gruppen, die wir kreuzten erkannten wir plötzlich diese zwei Schweizer: Mia & Hansruedi. Sie riefen ganz spontan aus:“bis jetzt hatten wir nicht den Eindruck, dass Grönland so klein ist!“ Wir hatten nur ganz kurz Zeit für einen Schwatz bevor die beiden ihre Gruppe einholen mussten, welche von Moskitos umgeben war. Wir waren spät genug in der Saison, dass wir kaum noch Mücken ertragen mussten. Im Sommer müssen diese enorm lästig sein und die wenigen die noch übrig blieben, umschwärmten erstaunlicherweise vorwiegend die Gruppen der Kreuzfahrt-Passagiere. Wir hatten Glück, dass den Mücken der Duft des Parfüms, welches einige Leute trugen, besser zusagte als der Duft unseres Schweisses.

 

Täglich wanderten wir entlang eines der gut markierten Pfade, welche zwischen zwei und acht Kilometer lang sind. Diese führen entlang der felsigen Hügellandschaft mit atemberaubender Aussicht auf den Eisfjord. Jedes Mal wurden wir mit einer neuen Ansicht der Eisberge belohnt. An einigen Tagen veränderte sich das Panorama gegenüber dem Vortag kaum, an den meisten Tagen gruppierten sich die Eisberge aber in einem ganz anderen Bild. Ab und zu konnten wir beobachten, wie ein Eisberg auseinander brach oder eine Ecke verlor. Ein paarmal konnten wir einem Wal beim tummeln zwischen den Eisbergen zusehen. Zweimal hatten wir sogar das Glück einem seltenen Polarfuchs zu begegnen. Beide Male war das junge (momentan dunkle) Pelzknäuel so neugierig auf uns, wie wir auf ihn! 

 

Transport in Grönland: von Hundeschlitten bis zu Helikoptern

 

Einmal folgte uns ein offensichtlich verirrter junger Hund, über ganze 2 km bis wir zurück im Dorf waren. Dort suchte er dann zwischen den sechstausend Schlittenhunden, welche in Ilulissat leben nach seinem Rudel. Diese sind weder Stubentiere noch Wachhunde, sondern reine Arbeitstiere. Wir fanden es angenehm, dass Schlittenhunde nie Passanten anbellen, doch wenn sie gefüttert werden, heulen sie ohrenbetäubend. Während des Sommers sind die ausgewachsenen Hunde gruppenweise angekettet, doch im Winter (Oktober bis Mai) ziehen sie die Schlitten, welche in der kalten Jahreszeit ein wichtiges Transportmittel sind.

 

Da die Siedlungen untereinander nicht mit Strassen verbunden sind, sind die Grönländer im Sommer von Flugzeugen, Helikoptern und Booten abhängig. Es gibt nur wenige Dörfer und diese liegen weit auseinander. Natürlich wäre es ein echtes Wunder der Technik, wenn man es schaffen würde einen Fjord so mit einer Brücke zu überspannen, dass darunter immer noch Eisberge von der Grösse einer Kleinstadt passieren könnten oder einen Tunnel durch das Inlandeis zu bohren…  Das Grönländische Strassennetz beschränkt sich auf die Siedlungen. Im Auto oder Taxi durchs Dorf hin und her zu fahren, ist für viele Einheimische eine beliebte Freizeitbeschäftigung, obwohl sich auch joggen und wandern grosser Beliebtheit erfreuen.

 

Alle die denken, dass Grönländer in Iglus leben, sind falsch gewickelt! Das Gegenteil ist der Fall: die Leute leben in sehr gut geheizten Holzhäusern und gehen mit der Energie eher verschwenderisch um. Die Heizung wird üblicherweise durch Öffnen der Fenster reguliert und Autofahrer lassen während dem Einkaufen den Motor laufen (verriegeln aber die Türen).

Die Häuser in Ilulissat sind alle bunt und sehr hübsch, selbst die vielen Wohnblocks. Einige Häuser stehen auf Pfählen und andere stehen direkt auf dem felsigen Untergrund. Zwischen den Häusern gibt es oft nur Trampelpfade, aber keine richtigen Wege. Wer einen Wagen hat parkiert einfach irgendwo. Gärten und Zäune gibt es hier eigentlich nicht, dafür sieht man oft Boote, Schneekatzen, Hundeschlitten oder Fisch-trocknungs-Gestelle (unordentlich) ums Haus verteilt.

 

Die Inuit zwischen Tradition und Moderne

 

Die traditionelle Lebensweise verliert für die modernen Inuit immer mehr an Wichtigkeit. Der westliche Lebensstil in geheizten Wohnungen verringert die Abhängigkeit von der Natur, auf die ihre Vorfahren noch angewiesen waren. Die moderne Welt hat auf die Inuit einen gewaltigen Einfluss und zudem haben sich ihre Gene durch Beziehungen mit anderen Kulturen stark vermischt. Für uns war es fast unmöglich sie von den Einwanderern aus Asien zu unterscheiden. In der Tat sehen Archäologen die Wurzeln einiger Eskimos-Stämme in Asien. In der Sprache der Einheimischen bedeutet das Wort „Eskimo“ „Esser von rohem Fleisch“, während „Inuit“ ganz simpel für „Mensch“ steht. Im grössten Teil Grönlands und auch in Kanada finden es die Uransässigen beleidigend, als „Eskimo“ bezeichnet zu werden und ziehen den Ausdruck „Inuit“ vor. In Alaska, Sibirien und im Nordosten Grönlands hingegen, haben die Menschen aus dieser Kultur kein Problem, sich selbst als Eskimos zu bezeichnen.

Wie auch immer; den Bilderbuch-Eskimo aus unseren romantischen Vorstellungen findet man heute kaum noch. Man trägt hier ebenso moderne Kleidung wie in jeder Europäischen Grossstadt. Nur zu ganz speziellen Anlässen tragen Inuit ihre traditionelle Bekleidung aus Pelz und Leder. Wir hatten das Glück, bereits an unserem ersten Tag in Grönland ein Paar in ihrer Tracht kennen zu lernen, die sie zur Taufe ihres Kindes trugen.

 

Zu ihrem ersten Schultag, tragen viele Kinder traditionelle Kleidung. Obwohl dies auch in Grönland ein wichtiger Anlass ist, erschienen etwa 20% der aufgebotenen Kinder nicht zur Einschulung. Dies wird akzeptiert, da viele Kinder in Übereinstimmung mit lokalen Sitten nicht für ihr (Fehl?)Verhalten bestraft werden. Die Inuit glauben, dass ihre Kinder sowohl den Namen, als auch die Namens-Seele von ihren Vorfahren erben und folgedessen wäre eine Zurechtweisung eine Beleidigung der verstorbenen Vorväter. Von den Kindern wird erwartet, dass sie aus ihren Fehlern lernen und nicht aus dem Groll ihrer Eltern. Konsequenterweise sieht man Tag und Nacht Kinder jeden Alters beim Spielen und Herumspazieren auf der Strasse.

 

Die Grönländische Sprache mit ihren oft langen Wörtern ist sehr komplex und schwierig. Sie besteht aus verschiedenen Dialekten, welche alle mit den Kanadischen und Russischen Eskimo-Aleut-Sprachen verwandt sind. Das Wort für Verkehrsbüro lautet beispielsweise:“takornarissanut allaffik”. Die Welt hat aber auch einige (kurze) Grönländische Wörter in den globalen Sprachgebrauch aufgenommen, so z.B. Iglu und Kajak (Qajaq).

Das traditionelle Kajak wurde vor allem als Jagdboot verwendet. Es bestand aus einem Rahmen von Walknochen, welcher mit Robbenhaut bespannt und mit Tierfett wasserdicht gemacht wurde. In Arktischen Gewässern muss der Kanute genau wissen, was er tut und falls er die Eskimo-Rolle nicht beherrscht, hat er Pech gehabt! In diesem eisigen, nur etwa 0°C bis 4°C Grad warmen Wasser geben die Organe bereits nach ein paar Minuten wegen Unterkühlung den Geist auf. Wer etwas Nervenkitzel sucht, kann aber einen Tauchgang unter die Eisberge buchen.

 

In Ilulissat befinden sich offensichtlich die meisten Geschäfte im Besitz von Ausländern oder dann von Grönländern mit (sehr viel) Dänischem Blut. Sogar die Fahrer der Touristenbusse sind meistens Ausländer. Die Inuit leben sehr stark im „hier und jetzt“. Diese spirituelle Gabe ist leider in der heutigen kapitalistischen Wirtschaftsordnung selten von Vorteil. „Wenn Geld vorhanden ist, soll es ausgegeben werden“ ist eine gängige Inuit Denkweise. Am Zahltag fliesst leider nur zu viel des sehnlichst erwarteten Geldes in Alkohol, was all die unschönen Konsequenzen übermässigen Alkoholkonsums nach sich zieht. Einige Kinder gehen wahrscheinlich die ganze Nacht nicht nach Hause um zu vermeiden, dass sie von ihren Eltern geschlagen werden, welche ihre Traditionen in Alkohol ertränkten. Die westliche Lebensart hat sich hier zu schnell ausgebreitet und es ist nur normal, dass viele Inuit immer noch Mühe haben, damit umzugehen. Zerschlagene Bierflaschen sah man überall wo es auch nur ganz wenig Zivilisation hat, selbst auf den einsamsten Wanderwegen oberhalb des Eisfjords, Stunden vom Dorf entfernt.

 

Mit dem Boot zwischen den Eisbergen

 

Der Strom der Eisberge ist ein grandioses Naturspektakel dem zuzusehen wir nie müde wurden. Obwohl die Eisberge auch vom Ufer aus nicht klein erschienen, waren wir jedes Mal aufs Neue erstaunt, wenn grosse Frachter oder Kreuzfahrt-Schiffe hinter den Eisbergen verschwanden, als wären es nur kleine Spielzeugboote. Um einen realistischen Eindruck der wahren Grösse der Eisberge zu bekommen, ist es am besten darüber zu fliegen, oder gar noch besser: mit einem Boot zwischen ihnen durch zu schippern.

 

Wir wollten ursprünglich mit einem Ausflugsboot etwas näher an die „Berge“ im Eisfjord herankommen, doch unsere Fahrt mit dem Linienboot von Ilulissat nach Qasigiannguit war so einmalig, wir können uns kaum vorstellen, dass eine Tour mit dem Touristenboot noch eindrücklicher wäre. Das kleine Boot der Disko Line fährt während fast 10 km zwischen und sehr nahe an den Eisbergen, während es auf seiner (2xwöchentlichen) Route südwärts die Mündung des Eisfjords durchquert. Die Sicht von unten und entlang der gigantischen Eiswände, welche sich im stahlblauen Wasser spiegelten, war absolut spektakulär – wirklich atemberaubend! Man spürte die Kälte des Eises bis auf die Knochen, wir waren aber total ergriffen von der Schönheit dieser unglaublichen Eislandschaft und es war höchst beeindruckend 50 Meter an so einer weissen Wand empor zu schauen!

Nachdem das Boot das Gebiet mit der höchsten Konzentration dieser eisigen Giganten durchquert hatte, konnte man Handschuhe und Mützen wieder ausziehen. Die „Vorstellung“ war aber damit noch lange nicht beendet. Die ganze Disko Bucht ist mit grossen Eisbergen übersät als ob das Meer ein riesiger Skulpturen-Garten wäre. Ab und zu gab es für ein paar Kilometer keine Eisberge, doch dann trieben wieder mehrere in einer Gruppe zusammen auf dem Wasser. Man sieht sie in jeder Grösse und jeder nur erdenklichen Form – einige sehen bloss aus wie gigantische Eiswürfel oder schwimmende Säulen, aber oft sieht man auch grosse Torbögen aus Eis. Andere wiederum erinnern ein wenig an ein Schloss, einen Thai Tempel, einen fliegenden Schwan oder an die coolste und grösste Toblerone Schokolade der Welt.

 

Nach mehreren Stunden erreichten wir das kleine Dorf Qasigiannguit. Wie alle anderen Grönländischen Siedlungen, besteht auch dieses aus sehr bunten Häusern und hat ein hässliches Tanklager am Eingang zum Hafen. Da es hier keine Preiswerte Unterkunft gab, gingen wir hier nicht von Bord. Das einzige Hotel verlangte nämlich stolze € 170 pro Nacht. So fuhren wir nach Aasiaat weiter, wobei wir noch an vielen weiteren Eisbergen vorbei kamen und zudem das Glück hatten, zwei Wale und ein paar Seelöwen zu sehen.

 

Aasiaat, ein reizendes und ursprüngliches Dorf

 

Als wir um neun Uhr abends den Hafen von Aasiaat erreichten, leuchteten die bunten Häuser noch intensiver als gewöhnlich in der untergehenden Sonne. Obwohl es inzwischen Mitte August war, wurde es nachts noch immer nicht vollkommen dunkel. Die Disko Bucht liegt fast auf dem 70° nördlichen Breitengrad, was etwa der Höhe von Tromsø in Nordnorwegen entspricht. Somit scheint die Mitternachtssonne von Mitte Mai bis Ende Juli. Inzwischen verschwand sie aber wieder ein wenig unter dem Horizont. Momentan gehen die leuchtenden Farben des Abendrots übergangslos in diejenigen des Morgenrots über. Trotz der langen Tage steigt die Sonne nie sehr hoch über den Horizont was für Fotografen eine echte Herausforderung ist.

Ein Besuch in Aasiaat lohnt sich sehr, da das Dorf ursprünglich und überhaupt nicht touristisch ist. Hier hatten wir ein Zimmer im „Hotel Seemannsheim“ gleich am Hafen gebucht. Als wir ins Zimmer kamen, fühlten wir uns gleich wie in einer Sauna. Wir wussten zwar, dass es die Einheimischen warm mögen, aber wir hätten nicht gedacht, dass es über 30°C sein müssen. Da sich nicht alle Heizkörper abschalten liessen, mussten auch wir das ausgeklügelte Grönländische Heizungs-Regulierungs-System benutzen: Fenster öffnen…

 

Als wir ausschwärmten um das Dorf zu erkunden, grüssten uns überall die Menschen, sogar Teenager. Entlang Aasiaats Küste sahen wir nicht allzu viele Eisberge, dafür kann man dort ab und zu Wale sehen. Da sich keine zeigten, richteten wir unsere Kamera auf die hübschen bunten Häuser und beobachteten die Schlittenhunde. Erstaunlicherweise gab es hier bessere Strassen, mehr Gehsteige aber weniger Verkehr als in Ilulissat. Mit 3‘300 Einwohnern ist das Fischerdorf Aasiaat die viert grösste Gemeinde des Landes, nach Ilulissat mit 5‘000 (nur Sisimiut und die Hauptstadt Nuuk sind grösser).

 

Abhängig oder unabhängig?

 

Sowohl in Gesprächen mit Einheimischen, als auch mit Dänischen Immigranten erfuhren wir einiges darüber wie die Leute hier leben, wie sie ihre Freizeit gestalten, was sie über ein unabhängiges Grönland denken und wie das Land funktioniert. Trotz der erdrückenden Abhängigkeit von Dänischem Kapital und Know-how, schaffte es eine populistische Partei, die Mehrheit der Grönländer dafür zu gewinnen bei einer Volksabstimmung für die Unabhängigkeit zu stimmen. Den meisten der besser gebildeten Grönländern ist bewusst, dass dies kein geschickter Zug war, wenn man die Grösse und all die sozialen Probleme dieses dünn besiedelten Gebietes in Betracht zieht. Ihnen ist bewusst, dass Nationalstolz allein nicht reicht, um ein Land zu führen.

 

Heute liegt das Gesundheits-, Bildungs- und Polizeiwesen in der Verantwortung der (königlich) Dänischen Regierung. Die meisten Firmen befinden sich entweder in ausländischem Besitz oder unterliegen der Grönländischen „Home-Rule Verwaltung“ (z.B. der Meerfrüchte-Gigant „Royal Greenland“).

In Grönland herrscht ein grosser Mangel an qualifiziertem Inuit Personal. Momentan kommen fast alle Ärzte und Krankenschwestern aus Dänemark und sogar Primarschulen müssen ab und zu auf Dänische Lehrkräfte zurückgreifen, obwohl diese nicht Grönländisch sprechen. Wir trafen zwei Dänische Psychologen, welche uns erzählten, dass sie mit Übersetzern arbeiten, da viele ihrer Patienten nicht Dänisch und sie nicht Grönländisch sprechen.

Momentan ist nur die Grundschul-Ausbildung landesweit verfügbar. Weil nicht viele Grönländische Jugendliche an einem Studium interessiert sind, müssen Studenten die eine weitergehende Ausbildung absolvieren möchten, nach Dänemark reisen. Sehr zum Leidwesen Grönlands, verleitet das höhere Lohnniveau in Dänemark die Studienabgänger oft zum Bleiben. Die wenigen die doch zurück kommen, suchen sich am ehesten eine Anstellung in der Hauptstadt Nuuk (16‘200 Einwohner), da sie nicht in den kleinen isolierten Dörfern leben möchten. Um daran etwas zu ändern sind momentan Bemühungen im Gang wenigstens in Grönlands grösseren Orten eine Hochschulausbildung zu ermöglichen. So gibt es nun in Aasiaat eine neue Hochschule, die allerdings nur Dänische Lehrkräfte fand.

 

Am Samstagabend assen wir in einem sehr guten Restaurant, waren aber die einzigen Gäste. Der Wirt tat uns fast leid, doch er erklärte, dass die Einheimischen im Sommer nach einem anderen Rhythmus leben. Nun fahren fast alle mit ihren Booten übers Wochenende zum Fischen und Campieren. So kommen die Leute nur unter der Woche zu einem Abendessen ins Lokal. In den kälteren 9 Monaten sieht die Sache natürlich ganz anders aus: dann erscheinen die meisten Gäste am Wochenende.

 

Disko-Island: wo die Abgeschiedenheit beginnt

 

Nach zwei Tagen fuhren wir mit dem Boot weiter zur Disko Insel (=Scheibe) und kamen dabei wiederum an vielen allein treibenden Eisbergen vorbei. Nach etwa drei Stunden erreichten wir Qeqertarsuaq, ein Dorf mit tausend Einwohnern und noch viel mehr Schlittenhunden. Kangerluk mit seinen 20 Häusern, ist die einzige andere permanent bewohnte Siedlung auf dieser Insel, die etwa 120x120km (8‘600 km2) gross ist. Auch die Disko Insel hat eine Eiskappe und dazu einen galoppierenden Gletscher, der sich bis zu 100 Meter pro Tag vorarbeitet. Es gibt auch etwa 2‘000 sogenannte „heisse Quellen“, welche dank der grell-grünen Pflanzen in ihrem Umfeld von weitem erkennbar sind. Sie verlockten uns aber nicht zum Baden, da sie meist nur zwischen 2°C bis 5°C warm sind. Auch wenn sie uns jetzt kalt vorkamen, werden sie spätestens dann „heiss“ erscheinen, wenn alles rundherum gefroren ist.

 

Qeqertarsuaq ist ein eher verschlafenes Fischerdorf das nicht vom Tourismus verdorben ist, ausser an den wenigen Tagen, an denen ein Kreuzfahrtschiff anlegt. Das Leben war eher etwas einfacher als in den Orten die wir zuvor besucht hatten, aber auch hier standen bunte Häuser, ein Kraftwerk und ein Tanklager. Es gab deutlich weniger Autos, was nicht bedeutete, dass es auch weniger Verkehr hatte. Jedes Fahrzeug das zur Verfügung stand, wurde regelmässig für Vergnügungsfahrten verwendet: der Lieferwagen der Post, das Feuerwehrauto und sogar der Krankenwagen. Zwei Tage vor unserer Ankunft, waren sicher alle auf ‚stand-by‘ gewesen, da in diesem kleinen Fischerdorf ein Grossanlass stattfand: die Grönländische Fussball-Meisterschaft. Die Bandenwerbung war noch da. Sie war mit derjenigen, wie man sie sonst überall auf der Welt sieht, überhaupt nicht zu vergleichen; hier bestand sie nur aus handbeschrifteten bunten Kartonplakaten. Man hat diese auf Holzgestelle aufgeklebt und um den staubigen Platz am Meer aufgestellt, welcher der Austragungsort der Meisterschaft war.

 

Eisberge unterwegs

 

Um den Hafen von Qeqertarsuaq ist es recht felsig, aber hinter dem Dorf liegt ein schwarzer Sandstrand. Durch die Strömungen werden hier häufig grosse Eisberge angeschwemmt. Es war faszinierend zuzusehen, wie immer wieder etwas von einem Eisberg abbrach oder wie einer auseinander brach und zwei immer noch grosse Eisberge hinterliess. Ab und zu haben sie sich auch nur etwas in der Strömung gedreht und so sah das Bild alle paar Stunden anders aus. 

 

Entgegen landläufigem Glauben, schmelzen Eisberge nicht einfach dahin. Wegen innerer Spannungen bersten sie auseinander, da sich die im Eis eingeschlossene Luft im wärmeren Wasser oder der Luft dehnt. Dies verursacht fast eine „Explosion“, welche sich anhört wie ein Böllerschuss, wenn aber ein Eisberg auseinander fällt, tönt dies wie Donner. Wenn es nicht ein sehr grosser war, ist das Spektakel meist schon vorbei bis das Auge ausmachen kann, wo der Lärm herkam. Zum Auspacken der Kamera ist es bis dann sicher schon längst zu spät.

Wenn man einmal Glück hat, bricht vielleicht zuerst ein kleines Stück ab, dem dann grössere folgen. Dann dreht sich alles wie im Zeitlupentempo, als ob ein schwerer Wal im Wasser springen würde. Ein paar Wellen und zerbröckeltes Eis auf der Wasseroberfläche sind die einzigen Zeugen des Ereignisses, aber sehr bald kehrt wieder Stille ein - bis zum nächsten verheissungsvollen Knacken.

 

Die Eisberge, die hier an den Strand gespült wurden, sind keine 100 Kilometer weit gekommen seitdem sie die Mündung des Eisfjords verlassen haben. Die meisten gehen aber auf eine viel längere Reise, welche normalerweise erst nordwärts führt. Noch bevor sie realisieren, dass sie in einer Sackgasse sind, bleiben sie im Packeis stecken. Nachdem sie der Frühling wieder frei gibt, treiben sie im Labrador Strom sachte südwärts, entlang der Ostküste von Baffin Island Richtung Davisstrasse. Nördlich von Labrador müssen sie danach einen weiteren Winter im Packeis verharren, bevor sie im darauf folgenden Sommer ihre Reise beenden, wenn sie an der Küste Neufundlands an Land gespült werden. Dieser Küsten-Abschnitt ist bekannt unter dem Namen „Iceberg Alley“. Nur ein paar ganz „hartgesottene“ schaffen es weiter als St. John, wo sie aber bald auf den Golfstrom treffen und dann ist es auch mit ihnen vorbei.

 

Den Umständen angepasst

 

Während unserer Woche in Qeqertarsuaq, logierten wir im Napasunguit Hostel, einem blauen, typisch Grönländischen Holzhaus. Es liegt auf einer Anhöhe etwas ausserhalb des Dorfes und selbst vom Küchenfenster aus, konnte man Eisberge sehen. So romantisch dies alles war, die Innenausstattung war aber eher einfach. Wir erinnern uns an den sarkastischen Ausspruch eines Englischen Paares, nachdem sie einen Rundgang im Haus absolviert hatten: „Hm… sieht ja sehr interessant aus…und diese Jugendherberge soll besser sein als das Hotel? Ob sich da unser Reisebüro nicht geirrt hat?“ Das Preis-Leistungs-Verhältnis für Unterkünfte in Grönland ist nicht immer sehr berauschend. Oft erhält man wenig Leistung für viel Geld. Es hat halt seinen Preis so ein einmaliges und abgelegenes Land zu besuchen. Mit 450 DKK (€ 60) war dies die preiswerteste Unterkunft, während unseres Grönland Aufenthaltes und wir wollen eh nicht jammern, denn wir hatten das ganze Haus die meiste Zeit für uns alleine.

 

 

Wie alle Haushalte nördlich von Ilulissat, war auch diese Jugendherberge in Qeqertarsuaq mit einem Trockenklo ausgestattet. In einem Land in welchem der felsige Boden für 8-9 Monate pro Jahr gefroren ist, ist es nicht ganz einfach Wasser- und Abwasserleitungen zu verlegen. Deshalb gibt es im Norden Grönlands nicht nur eine Müllabfuhr, sondern auch eine Kot-Abfuhr. Die gelben Toiletten-Säcke werden vor den bunten Häusern deponiert und warten bis sie vom Kot-Mann abgeholt werden.

Überall sahen wir dick isolierte Wasserleitungen, welche mit Heizkabeln ausgerüstet waren. Heutzutage sind die neueren Häuser an der kommunalen Wasserversorgung angeschlossen, viele haben aber auch heute noch einen Tank im Haus. Mit einem roten und einem grünen Licht an der Fassade wird dem Fahrer des Wasser-Tanklastwagens angezeigt, wann eine Nachfüllung fällig ist.

 

Im Gegensatz zu den letzten beiden Dörfern, gab es in Qeqertarsuaq nur einen einzigen modernen Supermarkt. Wenn man bedenkt, dass hier nur 1‘000 Menschen leben, war dieser weder klein, noch war das Angebot beschränkt. Die Lebensmittel-Abteilung war beeindruckende 2‘000 m2 gross, der Umsatz war aber offensichtlich eher bescheiden. Jedenfalls fanden wir mehrere tiefgefrorene Produkte, die schon vor über einem Jahr abgelaufen waren. Aber was will man in so einem abgeschiedenen Ort machen? Es gibt entweder dies oder gar nix! Die Auswahl war aber beeindruckend und entgegen Reiseberichten aus den Vorjahren, es gab sogar frische Gemüse und Früchte, welche nicht einmal überteuert waren.

Die Situation am Brot-Schalter war dagegen deprimierend. Bereits eine Stunde nach Ladenöffnung waren die Brotgestelle soviel wie leer und das Personal bereitete sich dahinter noch 8 Stunden auf den Feierabend vor. Irgendwie kam es niemandem in den Sinn, von den im Hintergrund sichtbaren gefrorenen Rohlingen einige in den Ofen zu stecken.

 

In der Nähe des Supermarkts befand sich die Agentur, welche für unser Hostel zuständig war. Obwohl dieses Büro offiziell täglich für 8 Std. geöffnet sein sollte, brauchte es mehrere Anläufe, bis jemand zu Diensten war und wir unser Geld abliefern konnten. Seltsamerweise wurde der tägliche Reinigungs-Service auf Eis gelegt, sobald die Rechnung bezahlt war… Die Arbeitsmoral ist nicht sehr hoch und die Einheimischen haben immer ein paar innovative Ideen, wie sie ihre Arbeitslast noch weiter reduzieren können. So z.B. die Typen von Disko Line, welche die Linienboote in der Disko Bucht betreiben. Wenn man das mit viel Personal besetzte Büro betritt um eine Fahrkarte zu erstehen, wird einem freundlich, aber bestimmt angeraten, dies doch bitte im Internet zu erledigen. Falls man trotzdem insistiert, tritt sofort Plan B in Kraft, und es werden einem ~€ 10 Buchungsgebühr für jede, der eh nicht billigen Fahrkarten angedroht. Dasselbe gilt auch für Fahrkarten die direkt auf dem Boot gekauft werden. Im Internet kann man dann gegen eine Gebühr von € 4 so viele Fahrkarten erstehen wie man braucht. Es gab keinen Weg drum herum und wir wollten ja auch wirklich gerne mit dem Boot reisen, da die Fahrten zwischen den Eisbergen einfach fantastisch sind!

 

Auf unserer Rückfahrt trieb direkt vor Ilulissat viel mehr Eis als bei unserer Abfahrt. Wir spähten auf den Radar im Steuerhaus, welcher jeden Eisberg detektierte und waren beeindruckt, wie gut der Kapitän das Boot in vorsichtigem Zick-Zack um die kleinen und grossen Berge steuerte. Sowohl die Boote, als auch die Besatzung der Disko Line sind sehr zuverlässig und so waren wir gegen Mitternacht wieder im Hafen von Ilulissat zurück, obwohl die See in der Disko Bucht bei dieser Überfahrt aussergewöhnlich rau gewesen war. Als wir in der Jugendherberge ein-checkten, versicherte man uns, dass dies in den Sommermonaten sehr selten ist.

 

Sonnenverwöhnte Disko Bay

 

Während unserer drei August Wochen in Grönland (8.-29.) hatten wir immer sehr gutes Wetter, abgesehen von 3 Tagen mit etwas Regen auf Disko Island. Es ist nur natürlich, dass die Wolken dort am 1‘000 Meter hohen Hochplateau hängen bleiben. Sonst hatten wir aber konstant sonniges und fast windstilles Wetter. Die Temperaturen lagen im Mittel so zwischen 6-12°C, doch dank dem die Luft sehr trocken und ruhig war, fühlte es sich bedeutend wärmer an. Beim Wandern genügten Shorts und T-Shirts vollkommen. Wer mehr trug schwitzte spätestens nach der ersten Steigung und band sich kurz danach, was immer er ausziehen konnte, um die Hüften, oder es quellte oberhalb der zusätzlich mitgetragenen Pullover aus dem Rucksack.

Wegen der extrem dünnen und sauberen Luft, kommen die Sonnenstrahlen hier fast ungefiltert durch die Atmosphäre. Aus diesem Grund ist auch die Sicht extrem gut, was zur Folge hat, dass die meisten Touristen Distanzen massiv unterschätzen. Wir tappten in dieselbe Falle, als wir die Distanz von Ilulissat zur Disko Insel mit ihrer deutlich sichtbaren Eiskappe auf 5 Kilometer einschätzten. Es sind aber sage und schreibe 50!

 

Mehrere Einheimische bestätigten uns, dass man an der Disko Bay von Mitte Juni bis Ende August mit sonnigem und windstillem Wetter rechnen kann. Mit so angenehmem Klima, wäre es sogar denkbar ein FKK Gelände in Grönland zu eröffnen. Dieses würde sicher sehr viel Medien-Interesse wecken, aber wohl fast keine Gäste kriegen, da kaum jemand glauben würde, dass es hier wirklich warm genug ist. Diejenigen, die es tatsächlich versuchen würden, hätten wohl bald einen bösen Sonnenbrand eingefangen.

Grönland und Kälte sind für viele zwei so untrennbare Begriffe, dass sie gar nicht glauben können (wollen), dass es hier auch warm sein kann. Gleich drei Mal trafen wir reisefreudige Männer deren Partnerinnen sich geweigert hatten mitzukommen, weil sie panische Angst hatten, hier zu erfrieren.

Die Grönländer hingegen wissen ihren warmen Sommer zu geniessen. Liegestühle, Sonnenschirme und Gartengrille sieht man hier deutlich öfter auf Terrassen, als in der Schweiz.

 

Wir verbrachten 6 weitere Tage in Ilulissat und unternahmen nochmals viele Wanderungen. Wir bewunderten das sich immerzu ändernde Bild der Eisberge, sowohl im Eisfjord Ilulissat Kangerlua als auch direkt vor dem Dorf. Natürlich verbrannten wir dabei viel Energie und so waren wir immer sehr hungrig, wenn wir abends nach Hause kamen.

 

Grönländische Delikatessen

 

Dank dem steten Touristenstrom gibt es in Ilulissat eine gute Auswahl an vorzüglichen Speiselokalen. Dank dem es in Grönland keine Mehrwert-Steuer gibt, sind Restaurant Preise hier etwa 25% billiger als in Dänemark. Die Qualität ist hoch und die Preise sind angemessen, für das was geliefert wird.

 

Jedes der drei grössten Hotels bietet während den Sommer-Monaten ein Grönländisches Büffet zu 250 DKK (€ 33) an. Man empfahl uns dasjenige im Hotel Hvide Falk wo bereits die Präsentation mit vielen asiatischen Früchte- und Gemüse-Schnitzereien zu beeindrucken vermochte. Sowohl Blumen und Vögel, als auch Drachen und Pagoden verzierten die grossartige Auswahl an hervorragend zubereiteten Delikatessen.

 

Es gab mehrere Fleisch- und Fischgerichte, welche wir noch nie probiert hatten: Arktischer Saibling, Seehund, Wal, Moschusochse oder Karibu. Der Eisbär wurde leider schon die Woche vor unserem ersten Büffet aufgegessen. Auch Lamm, Rentier, Lachs, weisser Heilbutt, Garnelen, Königs-Krabben und vieles mehr wurden zu essbaren Sensationen zubereitet. Diese Vielfalt gab es entweder roh, graved, geräuchert oder getrocknet, aber auch eingelegt oder als Salat und Cocktail zubereitet. Ausnahmsweise war auch etwas gekocht und zu allem gehörte immer eine Sauce. Wir konnten nicht widerstehen, diese kulinarische Sensation noch ein zweites Mal auszukosten, bevor wir das Land wieder verliessen. Es war schlichtweg unmöglich alles durchzukosten da die Auswahl einfach zu gross war, aber beim zweiten Mal wussten wir bereits, dass getrockneter Fisch nicht unser Ding ist, wogegen wir getrocknetes Fleisch und Wal sensationell fanden. Auch Mattak liessen wir links liegen, da wir sonst noch heute am Kauen dieser Wal-Haut wären. Viele sagen, dass Mattak die typischste Inuit Spezialität sei, doch es gibt noch viele weitere.

 

Als Selbstversorger haben die Inuit seit Jahrtausenden Wale und Seehunde gejagt und deshalb hatten wir hier auch kein schlechtes Gewissen, von diesen Tieren zu essen. Zudem war es ja der kommerzielle Walfang der Europäer, der einige Arten fast ausrottete, aber die Inuit haben die Eco-Balance nie aus dem Gleichgewicht gebracht. Moderne Inuit essen immer noch Wal- und Seehund-Fleisch, aber heute darf es ruhig auch in einem Thailändischen Curry schwimmen.

 

Da das Grönländische Büffet nur wegen den Touristen angeboten wird, war dies das letzte dieser Saison. Für die Inuit enthält dieses Büffet zu viel „geräuchertes, mariniertes und gekochtes“ oder kurz gesagt: es ist zu verwestlicht. Im Winter bieten viele Hotels ein Thailändisches Büffet an, welches von den Einheimischen sehr geschätzt wird. Wie uns der Manager anvertraute, wird aber auch dieses etwas angepasst, um den Geschmacksnerven der Inuit entgegen zu kommen.

 

Authentische Thailändische Gerichte zu finden, ist in Grönland im Sommer und im Winter problemlos, da erstaunlich viele Thailänder in der Arktis leben. Alleine in Ilulissat stehen in mindestens 4 Restaurants Thailänder in der Küche und diese sind auch die Künstler, die für die geschnitzten Dekorationen der Büffets verantwortlich sind.

 

Auch an Tagen mit à la Carte Menü ist es herrlich in den Restaurants der Hotels Icefjord oder Hvide Falk zu essen. Bei beiden sieht man vom Speisesaal direkt aufs Wasser und die Eisberge liegen einem zu Füssen. Wir kennen die Aussicht mit der Mitternachtssonne zwar nicht, aber im August wurde das Abendessen immer von einem wunderschönen Sonnenuntergang begleitet. Wir hatten auch am Schluss noch das Gefühl, in einer Postkarte zu sitzen, wenn wir beobachteten wie das mit Eisbergen übersäte Meer und der Himmel die Farben von Blau zu Orange wechselten. Um noch mehr von dieser majestätischen Atmosphäre einzusaugen, machten wir nach dem Abendessen meist noch einen Spaziergang in der einzigartigen Umgebung. Erst während unserer letzten Tage erlöschte das Glühen um Mitternacht ganz und dann wurde es sogar wieder richtig dunkel, aber auch kalt.

Schlussgedanken

 

Nur zu bald waren unsere drei Wochen um, obwohl wir uns sicher viel mehr Zeit nahmen als die meisten andern Touristen. Inzwischen hatten wir einen guten Eindruck gewonnen wie das Leben in der Disko Bucht abläuft; es ist viel gastlicher als wir dies in unseren kühnsten Träumen zu hoffen wagten und wir können uns gut vorstellen, nochmals zurück zu kommen. Es ist noch ein Ort, der uns immer mehr ans Herz wuchs. Es ist ein Ort wo sowohl die Abgeschiedenheit und die Schönheit der Natur, als auch die Freundlichkeit der Menschen anziehend wirken. Der Charme steht über allem!

Unser Rückflug nach Island am 29.8.09 (der letzte der Saison) war ein perfekter Abschied von Grönland und zugleich ein Panorama-Rundflug. Der Pilot drehte zuerst eine Schlaufe nordwärts über die Felsküste mit vielen grünen Seen. Nachdem wir den Ilulissat Kangerlua Eisfjord überflogen hatten, erreichten wir bald das Inlandeis. Dieses ist so gigantisch, dass wir nicht mehr ausmachen konnten, wo das Eis in die weissen Wolken am Horizont über ging. Erst nach anderthalb Stunden Flug kam die Ostküste mit weiteren beeindruckenden Gletschern in Sicht. Hier sahen wir zwar keine bunten Häuser, aber hohe spitze Berggipfel und vor der Küste trieben Eisberge die genauso gross waren, wie diejenigen die wir erst noch aus der Nähe sehen durften. Grönland ist so mächtig und beeindruckend! Es war eine fantastische Reise in ein überwältigendes Land!

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Island: naturgemäss vielfältig

Da wir bereits vor unserer Grönland-Reise 8 Tage in Island verbrachten, machen wir einen Zeitsprung zurück zum 30. Juli 2009, als wir im Osten des Landes mit unserem Wagen von der Autofähre Norröna fuhren. Doch zuerst ein paar Hintergrund-Informationen:

 

Mit einer Fläche von 103‘000 km2 und einer Bevölkerung von 320‘000 ist Island ein sehr dünn besiedeltes Land, erst recht wenn man bedenkt, dass nur ein Drittel der Einwohner ausserhalb des Ballungszentrums um Reykjavik lebt, die allermeisten davon entlang der Küste.

 

Das Land wurde Ende des 9. Jahrhunderts erstmals von Norwegern und Kelten (Schottische und Irische Mönche) besiedelt. Island rühmt sich des Welt-ersten demokratischen Parlaments, dem 930 gegründeten Alting. Nach 300 Jahren Unabhängigkeit musste sich Island von 1262 bis 1918 Norwegen und später Dänemark unterwerfen, von dem es 1944 in die Unabhängigkeit entlassen wurde. Dänisch wird auch heute noch an allen Grundschulen gelehrt.


Mit seinen vielfältigen vulkanischen Aktivitäten ist Island irgendwie immer noch im Entstehen begriffen. Seit seiner Besiedlung müssen sich die Menschen immer wieder den Naturgewalten unterwerfen. Das Landesinnere besteht aus hohen Bergen, ewigem Eis, Vulkanen, gigantischen Vulkanstaub- und Sandwüsten, welche immer wieder von Gewässern durchzogen sind. Es ist bestimmt eine sehr raue Schönheit, wenn auch unwirtlich, karg und unfruchtbar. Niemand lebt dort. Im Landesinnern gibt es keine richtigen Strassen; bloss ein paar 4x4 Pisten ohne Brücken. Für einige Abenteurer ist dies genau was sie suchen und jeden Sommer

schwärmen Horden von Anti-Asphalt-Rittern mit ihren ausgeklügelten Safarifahrzeugen aus, um sich der Herausforderung und der Einsamkeit des unbarmherzigen Landes zu stellen.

 

Entlang des Küstengürtels führt die gut ausgebaute Ringstrasse durch fruchtbares, dünn besiedeltes Land. Die meisten der vielfältigen und faszinierenden Sehenswürdigkeiten können über diese 1‘300 km lange, immer noch sehr einsame Strasse (Nummer 1) erreicht werden. Daneben gibt es noch viele Schotterstrassen, welche auch mit normalen PKWs wie unserem (ein Dacia Logan) befahren werden können. Solch unasphaltierte Strassen führen z.B. in die malerischen Fjorde im Osten, Norden und Westen, oder zu weiteren lohnenswerten Zielen im Landesinnern.

 

Ankunft in Island

 

Bereits als die Autofähre Norröna in den 17 km langen Fjord Seyðisfjörður einfuhr, lichtete sich der Nebel und das Land begann seine Schönheit zu offenbaren. Unzählige kleine Wasserfälle plätscherten die grünen Berghänge hinunter. Als wir vom Boot fuhren, bildete sich entlang der Strasse ein Stau, da sich 20 Italienische Wohnmobile direkt am Hafen versammelten und auf ihr Leitfahrzeug warteten, um ihre Reise im Konvoi um Island antreten zu können.

 

Wenn die Norröna im Hafen ist, ist in der kleinen Ortschaft Seyðisfjörður richtig etwas los. Innerhalb einer Stunde spuckt der Bauch der Fähre bis zu 800 Abenteuerfahrzeuge, Wohnmobile und Autos aus. Da die allermeisten ihre Hetztour um Island unverzüglich in Angriff nahmen, war es in der 740 Seelen Gemeinde bereits wieder ruhig, bis wir uns in der Jugendherberge angemeldet und das Frühstück eingenommen hatten. Nachdem wir uns im Dorf umgesehen hatten, nahmen wir die steile Passtrasse nach Egilsstadir. Das intensive grün der Landschaft wurde nur durch weisse Schneefelder unterbrochen die Ende Juli immer noch nicht geschmolzen waren, obwohl sie nur ein paar hundert Meter über dem Meeresspiegel liegen. Wir genossen den spektakulären Ausblick und die ersten tosenden Wasserfälle.

 

Nun folgten wir dem Ufer des Stausees Lagarfljót südwärts. Das Wasser war generell ziemlich trübe, ausser hinter einigen Sandbänken, wo sich neues Wasser aus anderen Einläufen nicht mit dem Gletscherwasser gemischt hatte und deshalb in einem unwirklichen Blau schimmerte. Über eine Brücke gelangten wir auf die andere Seeseite direkt zum Hengifoss Parkplatz. Von dort führte ein guter Wanderweg hinauf zu zwei sehr spektakulären Wasserfällen: Lítlanes- und Hengifoss. Der erste beeindruckt mit vertikalen Basaltsäulen und Hengifoss ist mit seinen 120 m Höhe Islands dritt-höchster Wasserfall. Die dunkelbraune Felswand des Hengifoss ist mit ihren rötlichen Gesteinsschichten ebenso einzigartig wie der Basalt im unteren Fall. Beide haben uns ungemein beeindruckt – welch ein toller Einstieg!

 

Als wir zurück beim Auto waren überkam uns der Hunger. So folgten wir der Empfehlung des Verkehrsbüros und fuhren zum Klausturkaffi, welches sich im ehemaligen Skriðuklaustur Kloster befindet, das heute ein Museum ist. Ein ansprechendes Kaffee- und Kuchen-Buffet, welches auch pikantes wie Salate und Gratins beinhaltete, wurde dort für 1‘500 ISD (€ 9) angeboten. Normalerweise sind wir eher Museums-Muffel, aber falls es in sämtlichen Isländischen Museen solch tolle Kaffeestuben geben sollte, werden wir vielleicht doch bald zu Museums-Freaks! Bald sahen wir, dass tatsächlich viele Isländische Museen ein Café haben, das auch ohne Museums-Eintritt zugänglich ist.

Wieder zurück in Seyðisfjörður überprüften wir am Abend, ob die Qualität der Isländischen Küche ihrem guten Ruf gerecht wird und wurden wiederum nicht enttäuscht!

 

Auch am nächsten Tag war das Wetter alles andere als langweilig; es war nass, windig und neblig. Da aber unser Flug nach Grönland gebucht war, mussten wir weiter, egal ob wir wollten oder nicht. Als wir entlang der östlichen Fjorde südwärts fuhren, enthüllte der Nebel nur selten etwas weniges der zerklüfteten Bergspitzen. Wir übernachteten in Djúpivogur, einer kleinen Ortschaft mit nur 360 Einwohnern, welche malerisch an einem Fischerhafen liegt. Es gibt nur ein Hotel im Ort, aber dieses bietet Übernachtungsmöglichkeiten in verschiedenen Preisklassen, darunter auch Budget-Zimmer sowie ein gutes, aber nicht allzu teures Restaurant.

 

Unterkünfte in Island

 

Nicht nur Jugendherbergen, sondern auch viele Hotels, Gästehäuser und Bauernhöfe bieten in Island sogenannte „sleeping bag accommodation“ (Schlafsack Unterkünfte) an. Dort sollen die Gäste ihr eigenes Bettzeug mitbringen. Ab und zu werden Kissen und Decken (ohne Bezüge) zur Verfügung gestellt, manchmal auch nicht. Das Bad befindet sich in der Regel auf dem Flur und oft steht eine einfache Küche zur Verfügung. Dasselbe Zimmer wird oft auch mit Bettwäsche (und Frühstück) vermietet, geht aber als Schlafsackunterkunft zu einem deutlich tieferen Preis. Die meisten Reisebüros „wissen nichts“ darüber. Wir organisierten unsere Übernachtungen selbst und zahlten zwischen ISK 4‘400 und 7‘000 fürs Doppel Zimmer (sleeping bag double rooms). In 2009, dem 1. Jahr nach dem Kollaps der Isländischen Krone entsprach dies etwa 24 bis 44 Euros (10% Schwankung eingerechnet).

In den meisten Logis die Schlafsack-Unterkünften anbieten sind diese ganzjährig verfügbar, in anderen jedoch nur in der Nebensaison. Unabhängig vom Preis sind die meisten Zimmer eher klein. Wie überall in der Welt zahlt man in der Hauptstadt deutlich mehr und es ist deutlich schwieriger kurzfristig ein Zimmer zu finden. Mit € 55 kamen wir in Reykjavik noch gut weg, wenn man bedenkt, dass die Jugendherberge im Stadtzentrum für ein „Schlafsack Doppel“ € 90 verlangt.

 

Bevor wir am nächsten Morgen von Djúpivogur aufbrachen, benutzten wir ganz enthusiastisch erstmals einen der an vielen Tankstellen  gratis zur Verfügung stehenden Autowasch-Plätze. Als wir gestern über nasse Schotterstrassen fuhren, wurde unser Auto sehr schmutzig. Als wir unsere Zeit mit waschen vertrödelten, wussten wir noch nicht, dass bloss ein paar Kilometer weiter, gleiches auf uns wartete. Sobald unser Wagen wieder aussah wie zementiert, besserte sich das Wetter natürlich… Da wir auf ein verlängertes Wochenende zu gingen, war der Verkehr ziemlich dicht und viele Einheimische begegneten uns mit Wohnwagen und Zeltklapp-Anhängern.

 

Während der ersten Stunden schlichen Nebelschleier mysteriös um die Berge und nah der Küste zogen die Schwaden zwischen Felsen durch, von denen einige aussahen als wären sie von Menschen gebaute Steinmauern. Bald lichtete sich der Nebel und wir konnten das blaue Meer zu unserer Linken, und steile Berghänge zu unserer Rechten bewundern. Bei Lon fuhren wir auf einer Brücke über eine riesige schwarze „Sander“ (=von Isländisch Sandur: Sandebene unterhalb eines Gletschers mit angeschwemmten Sediments-Ablagerungen). Nicht weit vor der Küste sahen wir etwas später mehrere bis zu 40 km lange schwarze Sandbänke, welche jeweils parallel zum Strand verliefen.

 

Kalbende Gletscher und Eisberge

 

Nach einem „pit stop“ in Höfn sahen wir bald die ersten Gletscherarme aus dem Vatnajökull herausquellen. Nach Grönland und der Antarktika ist dieser gigantische Gletscher die dritt-grösste Eiskappe der Welt. Unsere heutige Haupt-Attraktion war aber die mit Eis gefüllte Gletscherlagune Jökulsárlón. Die vielen Eisberge im Wasser sind sehr beeindruckend und wunderschön anzusehen. Nur etwa 15% ihrer Masse ragt aus dem Wasser. Es hatte vor allem „Bergy Bits (1-5m über Wasser) und Growlers (weniger als 1m über Wasser), selten auch „echte“ Eisberge (über 5 m über dem Wasser). Sie begeisterten uns mit ihren verschiedenen Formen und Farben, denn sie waren oft in sehr unterschiedlichen Farbtönen geschichtet; von hellblau bis schwarz.

 

Weil es in der Nähe regnete, war das Licht sehr mystisch und liess das Eis in der grünen Lagune beinahe leuchten. All diese Eisberge stammen vom riesigen Breiðamerkur-jökull Gletscherarm, den man im Hintergrund sieht. Sie verbringen bis zu 5 Jahre in der 17 km2 grossen und 600 m tiefen Lagune, bevor sie ins offene Meer geschwemmt werden – direkt unter der Brücke der Strasse Nr. 1 durch. Dort werden sie von den Wellen erfasst und teilweise wieder zurück, an den schwarzen Sandstrand gespült. Er war übersät mit schmelzenden Eis-Skulpturen von denen die ältesten vollkommen transparent waren.

 

Obwohl es so aussieht, als ob die Eislagune Jökulsárlón schon seit Ewigkeiten hier wäre, ist sie erst in den dreissiger-Jahren entstanden. Bis dahin reichte der Gletscher bis zur Ringstrasse, aber im Moment zieht er sich rapide zurück weshalb die Lagune weiter wächst.

 

Die nächsten zwei Nächte verbrachten wir auf dem Litla Hof in Öraefi, einem von vielen Farmstays. Wir wählten diese Unterkunft wegen ihrer Lage zwischen der Jökulsárlón Lagune und dem Skaftafell National Park, welchen wir am nächsten Tag bei stahlblauem Himmel besuchten. Wir dachten (auch) wir müssten hinauf wandern zum Svartifoss *Star von hundert Postkarten*. Wir reihten uns zusammen mit all den anderen Ameisen in die Kolonne der Bustouristen ein und los ging’s. Was wir zu sehen bekamen hat uns ein wenig enttäuscht; es war bloss eine Mini-Version des viel weniger hochgelobten, aber aus unserer Sicht viel beeindruckenderen Litlanesfoss! Auf dem Retourweg wollten wir eine Zusatzschlaufe einlegen von der aus man auf die Vatnajökull Eiskappe sehen sollte, aber irgendwie konnten wir diesen Weg nicht finden. Wir kapitulierten und suchten uns ausserhalb des National Parks einen anderen Weg. Das Glück war auf unserer Seite und nachdem wir beim Fosshotel, wo wir am Vorabend sehr gut gegessen hatten, parkierten fanden wir einen Weg der uns direkt zum Svinafell Gletscher führte. Auf dem felsigen Boden entlang des Weges gab es lauter dickes Moos, das ab und zu noch von winzigen Blumen durchwachsen war. Der Gletscher lag wie eine weisse Wand vor uns am Berg und nur der kleine dunkle Moränensee trennte uns. Mit seinen braunen Eis-Enden sah es fast so aus, als ob er seine Finger in Schokolade getunkt hätte. Welch ein grandioser Anblick!

 

An diesem Nachmittag sahen wir noch viele weitere Gletscher, welche alle Ableger des Vatnajökull sind. Später fuhren wir nochmals zur Eis Lagune. Diesmal präsentierte sich Jökulsárlón in einem ganz anderen Licht und in einer ganz anderen Zusammensetzung. Heute hatte es bei weitem nicht so viele Bergy Bits wie am Tag zuvor und am Strand waren sie gar alle verschwunden. Sie müssen in der Zwischenzeit alle von den Fluten weggespült worden sein. Dafür sahen wir viele Arktische Küstensee-Schwalben, sowie einige Seehunde in der Lagune und im Meereszufluss schwimmen.

 

Ob du’s glaubst oder nicht; das prächtige Wetter hielt sich. So fuhren wir sogar ein drittes Mal zur Eislagune um zu sehen, welch wunderbare Veränderung sie über Nacht wieder erfahren hatte. Bevor wir dort eintrafen, besuchten wir noch ein paar ihrer weniger bekannten Geschwister.

Als erstes fuhren wir zum Fuss des Kviarjökulskambar Gletschers, der sich zurück zu ziehen scheint. Sein Terminus sah aus, als ob es mit Schokoladenpulver bestäubt worden wäre. Aber die grossen Eisstücke die davon abgebrochen sind, schienen wie Opale in der Sonne. Dieser Gletscher ist flankiert von ungewöhnlichem vulkanischem Gebirge.

 

Am meisten beeindruckt hat uns aber der nächste Gletscher: Fjallsarlon mit seiner Eislagune Breidarlon vor dem Terminus. Es handelt sich dabei um einen breiten Gletscher der sich im Slalom den Berghang hinunter schlängelt und in die Lagune kalbt. In der kleinen Lagune schwimmen nicht so viele Icy Bits wie im bekannten Jökulsárlón ein paar Kilometer weiter östlich, aber sie ist viel weniger touristisch. Zudem sieht man hier direkt auf die Abbruchkante des Gletschers und kann die „Geburt“ eines neuen Eisberges miterleben, wenn man Glück hat. Schon wieder eine beeindruckende Naturkulisse am Ende einer holprigen Schotterpiste, aber immer noch nah der Hauptstrasse!

 

Fjallsarlon war nicht der einzige Gletscher in unserem Blickfeld; gleich daneben befindet sich ein weiterer und dann noch einer und noch einer… aber jetzt war es für uns höchste Zeit zu gehen, denn das Reisehandbuch führte noch viele weitere Sehenswürdigkeiten entlang unseres Weges auf der „Muss(t-)see(n)“ Liste auf.

 

Leben mit aktiven Vulkanen

 

Nach einer kurzen Fahrt erreichten wir den Skeiðarársandur, welcher mit stattlichen 1’300 km2 der grösste Sander der Welt ist. Dieser „Sandur“ ist übrigens Namensgeber für sämtliche Sandar der Welt. Als die Ringstrasse gebaut wurde, war dieser Sander das grösste Hindernis und die „Lücke“ wurde erst 1974 geschlossen. Bereits 1996 wurde die Strasse genau an dieser Stelle durch Naturgewalten wieder unterbrochen. Ein paar verdrehte Stahlträger einer weggeschwemmten Brücke stehen als Denkmal neben der neuen Strasse. Regelmässige Ausbrüche des Vulkanes Grímsvötn, welcher sich unter der Vatnajökull Eiskappe befindet, führen zu Eisbeben und verheerenden Überschwemmungen. Durch diese Eruptionen beginnt das Eis zu schmelzen und sobald eine Eisbarriere bricht, donnern riesige Wassermassen mit Eisbergen talwärts und alles das im Weg steht, wird wie Zündhölzer weggespült. Infolge des Ausbruchs 1996 stürzten bis zu 50‘000 m3 Wasser pro Sekunde an die Küste. Die nächste Eruption im Jahr 2004 hingegen verursachte keine Überschwemmung, da sich die Eisbarriere noch nicht geschlossen hatte und das Wasser dadurch fortlaufend abfliessen konnte. Diesmal wurde nur der Flugverkehr behindert, weil er der riesigen Aschenwolke ausweichen musste.

 

Naturgewalten haben schon seit jeher das Leben der Isländer bestimmt. Der Laki Ausbruch von 1783 führte zu einer Hungersnot, welcher ein Viertel der Bevölkerung zum Opfer fiel. Die gewaltige Aschen und Staub-Wolke verdunkelte den Himmel über dem grössten Teil Europas und sogar teilweise über Asien und Afrika während mehreren Monaten.

 

Die Auswirkungen der Askja Eruption im Jahr 1875 waren so verheerend, dass in der Folge 20% der Isländischen Bevölkerung auswanderte, die meisten von ihnen nach Nordamerika. Island ist ein junges Land das offensichtlich immer noch im Entstehen begriffen ist und bei mehreren Vulkanen ist der nächste Ausbruch schon überfällig.

 

Unsere Fahrt über den schwarzen Sander war überhaupt nicht eintönig. Hier dominierten zwei Farben: schwarz vom Sand und blau vom Wasser, ausser neben einem Damm: dort sahen wir ein buntes Farbenspiel bestehend aus Algen, Gras und Moosen, welche hier Fuss fassen konnten. Immer wieder wehte etwas Sand über die Fahrbahn, die abwechslungsweise über Dämme oder Brücken führte. Wie überall waren sogar lange Brücken oft nur einspurig befahrbar, aber in einem Land mit so wenig Verkehr, ist dies problemlos.

  

Am andern Ende der Sandebene lag Núpsstaður, wo eine gut erhaltene Torf-Siedlung besichtigt werden kann. Die Gebäude sind zur Hälfte in den Boden eingelassen, die Wände aus Steinen, Torf und Gras aufgeschichtet und mit einem Grasdach versehen. Diese Art von Schuppen und Ställen sieht man ab und zu heute noch bei bewirtschafteten Höfen in ganz Island. Hier steht aber ein ganzer Bauernhof aus Torf-Gebäuden samt eigener Kirche. Diese ist ein begehrtes Foto-Objekt, denn sie ist nicht nur urig bewachsen sondern auch niedlich klein. Im Kirchenschiff(lein) findet man die Jahreszahl 1789 eingraviert, sie wurde aber in der Geschichtsschreibung schon im Jahr 1200 erwähnt.

Direkt hinter der Torf-Siedlung befinden sich bizarr erodiert Berge vulkanischen Ursprungs, sowie eine Höhle an deren Decke Basaltsäulen hängen, was diesem Ort noch einen würdigen Rahmen gibt.

 

Nach nur 10 Minuten Fahrt überquerte die Hauptstrasse die ausgedehnten Eldhraun Lavafelder(~600 km2). Zu Beginn sahen wir viele Lavaschollen aber diese wurden immer mehr von einem ungewöhnlich dicken Moosteppich überdeckt. Und dick heisst wirklich dick; sicher 20 cm, vielleicht sogar mehr. Das Zackenmützenmoos (Racomitrium lanuginosum) verdeckt die skurrilen Formen der Lavaschollen wie eine gigantische Decke.

 

Nach so viel Besichtigungsprogramm stoppten wir kurz in Kirkjubaejarklaustur, einem Weiler der vor allem aus einer Tankstelle, Imbiss-Lokalen, Camping und einem Hotel besteht.

 

Danach machten wir einen Abstecher zur nahen Fjaðrárgljúfur Schlucht. Sie ist nicht in ein Gebirge eingegraben, sondern eher in einem grünen Hügel der urplötzlich einen ca. 2 km langen Einschnitt aufweist. Die Wände dieses besonders malerischen Canyons sind besonders rund geschliffen und gewunden, man könnte meinen sie seien fast ineinander verschlungen.

 

Eine halbe Stunde bevor wir Vik erreichten, kamen wir an einem Gebiet vorbei das mit lauter 20-30 Meter hohen Kratern übersät war. Da sie sehr speziell aussahen, fuhren wir zum Aussichtspunkt. Dort gab es zwar eine Informationstafel, aber wie auch schon, ging es um irgendeine Sage die sich erst noch in einer ganz anderen Ecke Islands abspielte, statt um die faszinierende Landschaft direkt vor unseren Augen.

 

Wir übernachteten in der Jugendherberge in Vik. Dieses Dorf war wie die meisten Siedlungen im Süden Islands eher funktionell als charmant. Die Natur hingegen, hat hier wirklich etwas zu bieten. Das Wahrzeichen des Ortes ist eine Ansammlung von Felsnadeln, die direkt vor dem schwarzen Sandstrand bis zu 66 m aus dem Meer ragen. Vor allem im  Abendrot sahen die (etwa) 6 Finger besonders eindrücklich aus.

 

Wasser überall

 

Am nächsten Morgen zeigte sich das Wetter von einer ganz anderen Seite. Es war so nass und windig, dass wir nicht einmal aus dem Auto stiegen als wir beim Felstor ausserhalb von Vik ankamen. Was wir dabei verpassten sieht sehr ähnlich aus wie die berühmte „London bridge“ an der Great Ocean Road in Australien. Der Wind rüttelte wie wild am Auto und die wenigen tapferen Touristen die sich der Natur stellten, waren innerhalb von ein paar Sekunden total durchnässt.

Feige fuhren wir einfach weiter und wurden sogar noch mit einem Regenbogen belohnt auf den bald die Sonne folgte. Zuerst sahen wir einige hübsche Torf-Hütten und gepflegte Bauernhöfe, umgeben von fruchtbarem Land. Dann aber wurde dies ein Tag der Wasserfälle. Als erstes erreichten wir gleich den grössten und höchsten: Skogafoss. Umrahmt von grünen Hügeln ergiesst sich sein Wasser über eine breite Felskante und fällt 62 Meter in die Tiefe.

Nur ein paar Kilometer weiter westwärts (an Str. 249 Richtung Þórsmörk) war ein Wasserfall der all denjenigen gelegen kam die entweder heute noch nicht in Vik waren, oder keine Zeit zum Duschen hatten bevor sie ihr Besichtigungs-Programm in Angriff nahmen. Beim Seljalandsfoss kann man nämlich hinter dem Fall durch gehen. Er fällt von einer hufeisenförmigen Felswand in ein tiefes grünes Becken.

Die grossen Parkplätze dieser beiden berühmten Fälle wurden auch von Tour-Bussen angefahren. Die nächsten beiden Wasserfälle hatten wir aber ganz für uns alleine, obwohl der nächste bloss ein paar hundert Meter weiter lag. Der spezielle Gljúfurárfoss lag fast versteckt in seiner engen Schlucht. Diese war so eng, dass sich sogar mehrere Felsbrocken zwischen ihren Wänden verkeilten. Der Fall führte zwar nicht viel Wasser, war aber sehr reizvoll anzusehen. Der letzte Wasserfall hat eine ähnliche Kulisse, es sah aber fast so aus, als ob sich das Wasser hier einen Tunnel gegraben hätte. Von vorne sah man aber nur wenig vom Wasser, denn es gab nur eine schmale Öffnung in der Felswand. Wir können nur sagen, dass sich dieser Fall an der Strasse 250 bei Mulakot befindet. Es gab kein Namensschild und so können wir leider keinen weiteren Zungenbrecher servieren.

 

Energie aus Erdwärme

 

Heute übernachteten wir auf einer Pferdefarm. Die legendären Islandpferde sieht man überall. Es gibt viele Reithöfe und wahrscheinlich reitet jeder Isländer ab und zu so einen Gaul.

 

Mit 2‘000 Einwohnern ist das nahe gelegene Hveragerði die grösste Ortschaft die wir seit unserer Ankunft in Island gesehen hatten. Viele Menschen arbeiten hier in Gewächshäusern, in denen mit Hilfe von Erdwärme Früchte, Gemüse und Blumen gezogen werden. Dank Hortikultur und Geothermal-Energie stammt ein Grossteil des Isländischen Grünzeug-Konsums aus inländischer  Produktion.

 

Das Gewächshaus Eden ist für die Fahrer der Touristenbusse ein „obligatorischer Halt“ denn sie hoffen, dass ihre Passagiere voller Begeisterung das dortige Souvenir-Geschäft räumen. Unser Lonely Planet Reiseführer beschreibt sarkastisch, dass dieses Gewächshaus nur gebaut wurde um “Dummköpfe und Geld“ zu trennen. Das mussten wir natürlich (auch) erleben und Brigitte hoffte zudem zu sehen wie man hier Früchte und Gemüse zieht. Es dauerte keine fünf Minuten bis wir wieder draussen waren; Eden ist wirklich nichts anderes als eine grosse Touristenfalle!

Trotzdem ist es beeindruckend zu erfahren, dass in den vielen Gewächshäusern nicht nur die Energie für die Heizung, sondern oft auch der Strom für die künstliche Beleuchtung aus Thermal-Energie gewonnen wird.

 

Mit 22 aktiven Vulkanen, 250 geo-thermisch aktiven Gebieten und 780 heissen Quellen, ist Erdwärme in Island im Überfluss vorhanden. Obwohl sie vielfältig genutzt wird, wird nur ein Bruchteil angezapft. Vielerorts gibt es öffentliche Schwimmbecken oder gar Thermal Bäder. Heisse Quellen, welche unentgeltlich benutzt werden können, findet man da und dort in der freien Natur. Andere wiederum werden übertrieben hochgelobt und kommerzialisiert, beispielsweise die berühmte Blaue Lagune.         

 

Etwa 87% der Haushalte beziehen die Energie für Zentralheizung und Heisswasser aus Geothermal-Energie. In kleinem aber steigendem Ausmass wird sie auch zur Elektrizitäts-Erzeugung genutzt. Kein Wunder, dass die Isländer mit Energie eher verschwenderisch umgehen. Der jährliche Stromverbrauch gehört mit 28‘200 kWh pro Kopf zu den höchsten der Welt! Die Heizung wird üblicherweise durch Öffnen der Fenster reguliert.

 

In Gästehäusern wurden wir oft daran erinnert, dass man das Hahnenwasser trinken kann, da Isländisches Wasser sehr gesund sei. Dies stimmt wohl auch, doch genau wie Medizin, schmeckt es eher unangenehm, denn es wird oft direkt an der heissen Quelle gefasst.

 

Für Touristen sind dampfende Spalten und Schlammlöcher sicher ein spannender Anschauungs-Unterricht über die Energie aus der Erde. Hier in Hveragerði sahen wir unsere ersten geothermisch aktiven Gebiete in Island. An mehreren Orten im Dorf setzte die Erde immer wieder Dampf frei und ein paar besonders interessante Ecken wurden markiert und für den Tourismus zugänglich gemacht. Um die dampfenden Spalten variierten die Farben von weiss bis rot, von grau bis braun, je nach Mineralgehalt des Dampfes. Weil die Erdkruste um solch dampfende Löcher sehr dünn sein kann, ist es gefährlich seine Nase zu tief in diese teuflisch heissen Spalten hinein zu stecken. Brigitte hatte kein leichtes Los den Mittelweg zwischen Neugier und Sicherheit zu finden, versuchte aber auch nicht zu vergessen, dass die Begierde nach einem guten Foto leicht bereut werden könnte.

 

Die Hauptstadt Reykjavik

 

Am 5. August 2009 trafen wir in Reykjavik ein und bezogen unser Zimmer im Gardur Inn, das ausserhalb der Sommerferien als Studentenheim dient. Mit seiner zentralen Lage waren die ISK 9’000 (€ 55 in 2009) für ein Doppel Zimmer mit Frühstück für die Hauptstadt ein echtes Schnäppchen. Wir konnten das Auto gratis parkieren und in nur 5 Minuten ins Zentrum spazieren.

 

Im Gegensatz zu den meisten anderen Siedlungen in Island, hat Reykjavik ein erkennbares Herz und sogar eine Seele. Im Zentrum gibt es viele alte gut restaurierte Gebäude. Die Stadt strahlte Farbe und Wärme aus und es herrschte eine lebhafte Atmosphäre in den Strassen. Im Erdgeschoss des modernen Stadthauses, welches mit seinen „Füssen“ im kleinen Tjörnin See steht, besichtigen wir ein grosses Relief-Modell von Island.

Entlang Reykjaviks Haupteinkaufsstrasse gibt es breite Gehsteige aber nur eine schmale Fahrbahn. Trotzdem drängen sich die Automobilisten mit ihren oft überbreiten Fahrzeugen dort durch. Es hatte so viele Touristen, die Strasse wäre auch ohne Autos immer noch überlaufen. Die Stadt wurde richtiggehend von Touristen überrannt.

 

Wir genossen die langen Sommerabende und natürlich auch die kulinarischen Höhepunkte. Bald konnten wir noch längere Tage geniessen, da wir drei Tage später nach Grönland abreisten (siehe oben). Für 8‘000 ISK (€ 45) konnten wir unseren Wagen für 3 Wochen beim Flughafen Keflavik parkieren. Dies war nicht nur sehr bequem, sondern auch günstiger als zweit Retour-Billette mit dem Flughafenbus.

 

Als wir am 29. August zurück kehrten, war das Wetter sogar für Reykjavik immer noch extrem warm. Mit Temperaturen um die 20°C war es sogar deutlich wärmer als bei unserer Abreise.

Im Generellen ist Island berühmt-berüchtigt für seine schnell wechselnden Wetterlaunen. Nichts desto trotz sind Reykjaviks durchschnittliche Wintertemperaturen über denen von Zürich oder New York, was dem Golfstrom zu verdanken ist, der Island umgibt. Ohne seinen Einfluss wäre Island kaum bewohnbar. Im Landesinnern fallen die Temperaturen im Winter aber auf -35°C und dort kann es auch im Sommer unangenehm kalt sein.

Während unseres Aufenthalts im August und September erlebten wir entlang der Küste durchschnittliche Tagestemperaturen von etwa 12°C. Wenn es sich einmal kalt anfühlte, war dies eher starkem Wind, als tiefen Temperaturen zuzuschreiben. Da wir uns nicht allzu weit vom Küstengürtel entfernten, erlebten wir keine Extreme. Wir hatten sowohl ein paar Tage mit Regen, als auch mit Nebel, doch meist schien die Sonne für uns und der September war zudem aussergewöhnlich warm.

Als wir anfangs August die südliche Landeshälfte erkundeten, hatten wir einen vorgegebenen Zeitplan. Aber jetzt im September konnten wir die nördliche Hälfte mit deutlich mehr Zeit angehen und deshalb reservierten wir unsere Unterkünfte auch nicht im Voraus. Dies gab uns die Freiheit, auf besseres Wetter warten zu können, sollte es Mal Katzen hageln.

Dass diese Freiheit auch einen Haken haben kann, mussten wir erleben, als wir am 29. August von Grönland zurück kehrten. Budget Unterkünfte in Reykjavik waren noch immer solide ausgebucht und wir suchten ewig, bis wir endlich ein passendes Zimmer fanden. Schlussendlich konnten wir im Bláklukka Gästehaus reservieren, welches etwa 5 km vom Zentrum entfernt liegt. Wir hatten Glück und kriegten dort ein schönes Studio wo wir uns auf den zweiten Teil unserer Islandreise einstimmen konnten.

 

Am 1. September 2009 zogen wir los, um die eindrucksvollsten Naturwunder Islands auszukundschaften. Kurz ausserhalb der Hauptstadt hielten wir irgendwo an, um ein paar skurrile Felsen zu fotografieren. Allerdings stahl eine Herde junger Islandpferde ihnen aber schnell die Show. Wir wunderten uns, ob diese Gäule schon gefrühstückt hatten oder nicht, auf jeden Fall überboten sie sich gegenseitig mit gähnen.

 

Verblüffende Landmannalaugar

 

Wir wagten uns nach Landmannalaugar und liessen uns auf dem Weg dorthin beim Youth Hostel Árnes unsere Zimmerschlüssel aushändigen. Da die Wetterprognose für das Hochland eine Sintflut voraus sagte, stürmten wir sofort los, obwohl das Wetter auch jetzt nicht perfekt war. Bis 40 km vor unserem Ziel war die Strasse noch asphaltiert, doch das letzte Teilstück war eine echte Holperpiste. Diese Strecke war für unseren Kleinwagen eine Herausforderung, aber mit vorsichtigem Fahren haben wir sie problemlos geschafft. Etwa 200 Meter vor dem Info Zentrum und der Berghütte führt die Strasse durch einen Fluss. Für alle die kein Allrad-angetriebenes Fahrzeug haben, steht hier ein grosser Parkplatz zur Verfügung. Die anderen hatten bei der „Durchquerung der Fluten“ ein paar sensationslüsterne Zuschauer auf sicher.

 

Wir müssen immer noch über die Bemerkung eines entnervten Deutschen Touristen schmunzeln: „mit meinem eigenen Wagen würd ich diese Strasse niemals befahren, aber mit dem Mietwagen ist’s mir egal“. Wir denken, er hat wohl das Kleingedruckte in seinem Mietvertrag nicht gelesen. 2-WD Mietwagen sind auf dieser Strasse meist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen; bei Flussquerungen sind ja nicht einmal 4x4 versichert. Bei unserem eigenen Wagen hingegen wussten wir, dass wir Versicherungsschutz haben. Bis zu diesem Parkplatz ist die Strasse 208 offiziell für sämtliche Fahrzeuge zugelassen, danach wird sie zu einer „F-Strasse“ (F208) was heisst, dass nur noch 4WD Vehikel dort fahren dürfen.

 

In Landmannalaugar waren wir von faszinierenden Rhyolite Bergen umgeben, die in unglaublichen Farben leuchten. Nicht nur eine Farbe, sondern eine ganze Palette verschiedener Farbtöne in Felsen und Steinen und in jede Richtung wieder anders! Auch die Formen waren sehr unterschiedlich. Es ist fast unmöglich zu beschreiben, aber glaubt uns: es ist überwältigend hoch zehn!

Wir fragen uns, ob es überhaupt noch faszinierender sein kann, wenn die Sonne hier scheint. Da die Nacht bald anrückte, mussten wir uns mit einer kurzen zwei Stündigen Rundwanderung entlang hoher Lavaschollen und dampfenden Löchern begnügen. Bereits auf der Anfahrt, hatten wir mehrmals an ebenso faszinierenden Stellen angehalten. In Landmannalaugar spürt man wirklich die Kraft der Natur. Für uns ist es immer noch unglaublich wie stark so eine unendlich erscheinende Landschaft von den Vulkanen geprägt und verändert werden kann. Wir verbrachten etwa 4 Stunden in dieser einzigartigen Umgebung; bizarr und überwältigend so weit das Auge reicht, wir wollten unbedingt am nächsten Tag zurückkehren. Aber am nächsten Morgen sahen wir, dass es hinter dem Vulkan Hekla regnete, wogegen es im Osten, wo die nächsten Naturwunder auf uns warteten, noch die Sonne schien.

 

Um den „golden circle“

 

Als nächstes besuchten wir die Bruarhlöt Schlucht wo das Wasser den braunen Fels ganz rund geschliffen hatte und sogar einige Stümper im Fluss Hvitá stehen liess. Dieser donnert ein paar Kilometer flussaufwärts über den beeindruckenden Wasserfall Gullfoss.

Schon bald standen wir oberhalb dieses imposanten Wasserfalls. Gullfoss fällt spektakulär über zwei Kaskaden, wobei er einen unübersehbaren Wasserspray-Vorhang abgibt, wenn das Wasser 32 Meter in die Tiefe donnert. Unerwarteterweise wurden wir weniger feucht, je näher wir an den Fall kamen. Selbstverständlich erreichten wir die dem Wind abgewandte Seite erst, nachdem wir schon nass waren.

Zuerst fällt das Wasser über ein paar breite Stufen, bevor es über eine engere und höhere Felswand donnert. Dort erreicht die Wassermasse eine Geschwindigkeit der das Auge nicht mehr zu folgen vermag und verschwindet in der engen Schlucht darunter. Hoch über dem Gullfoss befindet sich eine Cafeteria mit Souvenir-Geschäft und dort hatten wir eine kleine Zwischenmahlzeit.

 

Nur 9 km weiter wartete die Mutter aller Geysire. Dieser sprühenden Wasserfontaine gaben die Isländer den Namen Geysir und da der übrigen Welt nichts Besseres einfiel, hat sie den Namen übernommen und jetzt sind alles „Geysire“. Heute ist sie allerdings etwas altersschwach und meist schläfrig (weil 1950 dämliche Touristen Steine in ihren Schlund warfen). Zum Glück hat sie aber rechtzeig einen Lehrling eingearbeitet und heute ist es Strokkur, der die Touristen mit seinen regelmässigen Heisswasser-Ausbrüchen entzückt. Seine Fontaine ist zwar mit 15-30 Metern Höhe recht stattlich, kommt aber nicht annähernd an die 40-80 Meter heran, welche Geysir in ihren besten Zeiten ausspie.

Touristen sind aber mit Strokkur mehr als zufrieden, da er alle paar Minuten von neuem ausbricht. Es ist höchst interessant dem Zyklus der Eruptionen zuzuschauen. Sein Schlund gleicht zuerst einem gigantischen Ablaufloch. Darin beginnt es zu kochen und das Wasser beginnt sachte auf und ab zu schwappen. Nach einer Weile bildet sich eine riesige tiefblaue Wasserblase, welche sich nach oben wölbt, bis aus ihrer Mitte eine kraftvolle Fontaine aufsteigt. Die Dampfwolke kühlt in der Luft schnell ab, das Wasser sammelt sich am Boden und verschwindet wieder im Abfluss. Ab und zu wiederholt sich die Schau nach nur wenigen Sekunden.

Geysir Ausbrüche ereignen sich, wenn kochendes Wasser innerhalb des Geysirs-Schlundes von einer darüber liegenden kalten Wasserschicht zurück gehalten wird bis sie explodiert und sich den Weg an die Erdoberfläche sucht. Es kann süchtig machen, dieses Schauspiel immer wieder von neuem zu beobachten.

Diese beiden Wasserspeier sind Teile eines Gebietes mit Geo-thermalen Aktivitäten, welches noch mehr Interessantes auf Lager hat. So z.B. glasklare heisse Quellen, dampfende Erdspalten, sowie mehrfarbige Ablagerungen. Auch hier wurden überall Wege und Holzstege angelegt, Info-Tafeln aufgestellt und wo notwendig Abschrankungen montiert. Obwohl viel Aufwand betrieben wurde, um die Natur dem Menschen zugänglich zu machen, wird in Islands grossartigen Naturparks nie Eintritt verlangt! Im Gegenteil; es werden sogar noch gratis Parkplätze zur Verfügung gestellt. Nur bei den aller touristischsten Sehenswürdigkeiten, wie z.B. hier entlang des „goldenen Circle“ gibt es Souvenir-Geschäfte und Kaffeehäuser, damit die Touristen wenigstens etwas Geld los werden können.

 

Die Welt reisst auseinander

 

Unser letztes Ziel im „goldenen Dreieck“, war im wahrsten Sinne des Wortes eine Doppel-Attraktion: der þingvellir (Thingvellir) National Park. Historisch ist er von Bedeutung weil hier im Jahr 930 erstmals Isländische Grossgrundbesitzer zu Räten gewählt wurden und eine jährliche Versammlung einführten, welche im Stil eines demokratischen Parlaments über das Schicksal des Landes entschied. In der Geschichtschreibung gilt diese Tagung, genannt Alþing, als das erste demokratische Parlament der Welt.  

 

Dieses Parlament mag die Isländer näher zusammen geschweisst haben, doch genau an dieser Stelle reisst die Welt im wahrsten Sinne des Wortes auseinander! Geologisch gesehen ist þingvellir einer von nur zwei Orten auf der Erdkruste an denen die Bewegungen Tektonischer Platten studiert werden können (ebenfalls im Rift Valley System Ost Afrikas) ohne nasse Füsse zu kriegen.

Die Tektonischen Platten Nordamerikas und Eurasiens verschieben sich und reissen Island unaufhaltsam in drei Teile (die Nordamerikanische Platte teilt sich genau hier in eine Haupt- und eine Nebenplatte). Normalerweise verschieben sie sich nur langsam (7mm pro Jahr) aber ein Erdbeben kann eine Veränderung von mehreren Metern auf einmal bewirken. Über die Jahrmillionen sind die Verschiebungen der Tektonischen Platten fast unglaublich. Wissenschaftler glauben, dass sich Europa und Afrika einst im Gebiet der heutigen Antarktika befanden, wogegen Down Under sogar einmal in der nördlichen Hemisphäre lag.

 

Rein geographisch gesehen, gehören die meisten Isländer und sämtliche Grönländer zu Nord Amerika und darüber lässt sich nicht streiten! Um die Tektonische Spalte zu veranschaulichen, wurde ein versunkener Weg angelegt, der gleichzeitig als Zugang zum Thingvellir-Besucherzentrum dient. Er vermittelt die Illusion mit einem Bein in Europa und mit dem anderen in Amerika zu stehen, doch der Spaltenboden ist in Wirklichkeit 10 bis 25 km breit. Wenn man das Tal das durch die Verschiebung der Platten entstand betrachtet, sieht man aber nicht in die Magma Kammern. Es ist eine unauffällige Ebene mit Wiesen, Flüssen und Seen die beidseitig von Klippenähnlichen Felswänden eingerahmt ist. Wenn man aber weiss, was hier genau passiert, kommt ein ehrfürchtiges Gefühl auf.

 

Schon bald waren wir wieder in der Nähe von Reykjavik und haben damit den „Goldenen Circle“ geschlossen. Gegen Abend erreichten wir Akranes und mieteten dort spontan ein kleines Ferienhaus für die Nacht.

 

Wie die meisten Isländer, sprachen auch unsere Vermieter sehr gut Englisch, was uns das Reisen enorm erleichterte, da die Isländische Sprache für uns nicht so leicht verständlich ist. Im Supermarkt hatten wir aber meist ein leichtes Spiel, da viele Produkte in diversen Sprachen beschriftet waren, aber nicht immer auf Isländisch.

 

An diesem Abend hatten wir keine Lust zu kochen und ein gemütliches Lokal fanden wir auch nicht, weshalb wir schlussendlich bei der Sandwich-Kette Quiznos Sub’s landeten. Der Preis für ein Sandwich erschien uns zwar etwas hoch, von Hunger getrieben bestellten wir aber ein „Set“ bestehend aus zwei Eingeklemmten und einem Getränk. Mensch, so grosse Sandwiches haben wir überhaupt noch nie gesehen! Die Resten reichten locker noch für eine zweite Mahlzeit, genauso wie die 2 Liter Süssgetränk.

 

Am nächsten Tag brachen wir auf um die Halbinsel Snæfellsnes zu erkunden. Unsere Streck führte Anfangs über eine für Isländische Verhältnisse stark befahrene Schnellstrasse entlang der Küste. Deshalb mussten wir uns hier vor allem auf den Verkehr konzentrieren, statt die Landschaft zu geniessen. Nach Borganes hatten wir die Strasse wieder fast für uns alleine und wir kamen durch ländliche Umgebungen mit vereinzelten Bauernhöfen. Nur 500 Meter neben der Hauptstrasse erreichten wir die ungewöhnliche Basalt-Mauer Gerduberg. Sie ist ungefähr 2 km lang und beeindruckend hoch. Etwas weiter entlang derselben Schotterstrasse erreichten wir den kleinen Vulkankrater Raudhals. Man konnte über rotes Lava-Geröll zu seinem 100 Meter hohen Kraterrand hinauf kraxeln und durch dickes Moos, das dicht mit schwarzen Krähenbeeren bedeckt war, zurück gehen. Auf unserer Weiterfahrt Richtung Westen kamen wir an der bildhübschen Siedlung Staðastaðdur vorbei, die hinter dem See wunderschön in der Sonne leuchtete.

 

Verlotterte Häuser und protzige Autos

 

Schon bald war es wieder Zeit sich nach einer Unterkunft umzusehen und so fragten wir in einem Golf-Hotel nach Schlafsack-Zimmern. Ihr denkt wohl, dass man uns schräg angeschaut hat, aber der „Hippie-Typ“ an der Rezeption hat uns ganz cool an seine Schwester verwiesen. Sie hat soeben ein altes verlottertes Haus renoviert und bietet nun 15 Betten an. Sie erzählte uns, dass sich ihr Haus während der Sommermonate allabendlich mit Gästen wie uns füllte, obwohl sie bisher noch nie Werbung gemacht hat. Innen war das Gästehaus mit seinen charmanten, geschmackvoll dekorierten und grossen Zimmern spitzenmässig eingerichtet. Es gab einen grosszügigen Gemeinschaftsraum mit einer gut ausgestatteten Küche. Von aussen würde man allerdings kaum glauben, dass es sich um ein und dasselbe Gebäude handelt! Die Risse in der Mauer waren nicht einmal mit Farbe kaschiert, da diese auch schon vor Ewigkeiten abgeblättert war.

Dies war das extremste Beispiel, doch wir übernachteten in Island oft in Häusern, welche von innen gemütlich und sehr gepflegt waren, sich von aussen jedoch eher verlottert präsentierten. Es scheint so, als ob die Einheimischen auf die Wohnlichkeit ihrer Häuser viel mehr Wert legen, als auf das äussere Erscheinungsbild.

 

Wenn es um Autos geht, sieht die Sache allerdings ganz anders aus. Isländer lieben grosse protzige Autos. Big Foot (Autos mit extrem grossen Rädern) sieht man häufig und wenn man hierzulande von einem „normalen Wagen“ spricht, geht es um einen 4x4 und nicht um ein banales zwei-Rad angetriebenes Fahrzeug. Diese Monster können vielleicht von Vorteil sein, wenn es darum geht im Hochland einen Fluss zu durchqueren, auf den meisten Schotterstrassen auf denen wir unterwegs waren, war das Fahren neben der Strasse ausdrücklich verboten um die fragile Landschaft zu schützen. Wir haben mehrfach gehört, dass die Einheimischen von plötzlicher Blindheit befallen werden, wenn sie an solchen „Hinweis-Schildern“ vorbei kommen. Einen Big Foot zu kreuzen hiess meist, dass wir zur Seite ausweichen mussten. Die Fahrer dieser überbreiten Fahrzeuge nehmen den Fuss nämlich gar nicht gern vom Gas!

 

Mehr über das rüpelhafte Fahrverhalten der Big Foot Piloten, erfährt man in den folgenden Artikeln:

der erste stammt von einer Deutschen die in Island als Hüttenwartin arbeitet http://www.forum.islandreise.info/viewtopic.php?f=8&t=1448&start=30

 

Snæfellsnes Peninsula

 

Viele Sehenswürdigkeiten warteten ganz in der Nähe unserer gemütlichen Lotter-Villa. Da es aber am Morgen regnete, blieben wir eine zweite Nacht. Unsere Landlady gab uns ein paar gute Tipps und so brachen wir am Nachmittag auf um zuerst die Spalte im Berg Raudfeldsgja zu finden. Sie hat nicht übertrieben, wir mussten uns richtiggehend durch eine Felsspalte zwängen; sie war keinen Meter breit. Die beiden Felswände waren so gewunden und halb ineinander verschlungen, dass man kaum den Himmel sah. Es war so eng, dass wir über die Felsen im Bächlein klettern mussten, da es für einen Weg keinen Platz gab. Die Spalte muss von einem reissenden Wasserfall ausgefressen worden sein, den es allerdings jetzt nicht mehr gibt. Noch etwas anderes hat uns hier stutzig gemacht: viele Vögel (Dreizehen-Möwen/Kittiwakes) brüten in den vertikalen Felswänden links und rechts dieser Schlucht und mehrere offensichtlich heruntergefallene hockten am Boden. Wir konnten uns dies nicht erklären. Sie hatten gebrochene Beine oder Flügel, doch es waren keine Jungvögel. Sie versuchten sich tapfer zu verteidigen als wir uns an ihnen vorbei zu drängen versuchten.

 

Wir sahen etwas vom roten Sandstrand bei Budavik, bevor wir am erkalteten Lavafluss des Stapafell Vulkanes vorbei kamen. Danach genossen wir Kaffee und Kuchen im kleinen Strand-Café in Hellnar. Der felsige Strand darunter war übersät mit runden Steinen in grau und schwarz und über ihnen thronten mehrere spektakuläre Felsformationen. Ein dramatischer Lavafluss formte Torbögen, Höhlen und Basaltsäulen. Hinter dem Strand war die Lava mit einer dicken samtenen Moosdecke überzogen.

 

Auf der ganzen Snæfellsnes Halbinsel sahen wir mehrere kleine Holzkirchen. Als wir von unserer Landlady erfuhren, dass in allen regelmässig Messen gehalten werden, konnten wir es kaum glauben. Wir wissen zwar, dass Isländer sehr gläubig sind und haben gesehen, dass oft sogar sehr kleine Siedlungen eine Kirche haben, aber in dieser „gottverlassenen“ Gegend müssen doch die Kirchen auch dann fast leer sein, wenn alle hingehen, dachten wir. Sie erklärte uns, dass der Pfarrer samt Kirchenchor die Messe jeden Sonntag in einem anderen Kirchlein durchführt.

Die hübsche kleine Kirche in welcher sie geheiratet hat, sah man von unserem Fenster aus in der Ferne. Direkt daneben befand sich auch das Hotel Búðir, doch dies waren die beiden einzigen Gebäude weit und breit. Welch glücklicher Zufall; das Restaurant dieses Hotels hat einen sehr guten Ruf und gilt als DER Ort schlechthin. Unser Reisehandbuch erwähnte zu dieser Adresse: „wenn Du irgendwo auf dieser Reise über die Stränge hauen willst um Dich zu verwöhnen; dies ist der richtige Ort! Das liessen wir uns natürlich nicht nehmen und genossen ein hervorragendes 5-Gänge Menü (8’100 ISK; €48.-) in diesem Gourmet Lokal, welches bis auf den letzten Tisch belegt war.

 

Weitere felsige Sehenswürdigkeiten erwarteten uns entlang der Küste. Die faszinierenden vulkanischen Felsformationen im natürlichen Hafen von Arnarstapi waren geschickt in die Hafenmole integriert. Bis Hellnar ist die ganze Küste übersät mit Höhlen und Felsbogen, Blowholes (Fontänen speiende Blaslöcher) und skurrilen Lavaformationen. Gleich vor der Küste hat die Laune der Natur Basaltsäulen so „hingelegt“ dass sie aussehen wie Paletten mit Backsteinen oder Holzbeigen. Überall in den Klippen nisten Wasservögel, da die meisten aber jetzt ausgeflogen waren, blieben nur noch die weissen Rückstände ihrer Sommertoilette sichtbar.

 

Beim Þúfubjarg (Tufuberg) etwas weiter westlich, befinden sich Überreste des Vulkankraters Lóndrangar, welche vom Meer ausgewaschen wurden. Heute sind nur noch zwei Säulen übrig geblieben, wovon die höhere stattliche 75 Meter misst.

 

Bevor wir die Südküste des Snæfellsnes Peninsula verliessen, lichteten sich die Wolken und wir konnten einen Blick auf die Eisdecke des Vulkans Snæfellsjökull erhaschen.

 

Am Westzipfel sahen wir zwei weitere kleine Vulkankrater, von denen der erste: Holaholar, zum rein fahren und der zweite: Saxhöll, zum rauf kraxeln gedacht war!

 

Entlang der Nordküste war die Strasse noch immer von hohen vulkanischen Gebirgszügen flankiert. Es war eine malerische Strecke doch da es inzwischen zu regnen begann, machten wir nur einen kurzen Verpflegungs- und Einkaufs-Halt in Grundarfjörður. Danach übernachteten wir in Stykkisholmur, welches eines der schöneren Dörfer des Landes ist.

 

Essen in Island

 

Allgemein betrachtet, assen wir in Island sehr gut! Sogar einfache Gerichte sind normalerweise sehr gut zubereitet. Mittagessen oder Zwischenverpflegungen sind in jeder Siedlung von einer gewissen Grösse problemlos zu finden, obwohl dazwischen schon recht viele Kilometer liegen können. Die meisten Tankstellen bieten neben Fast-Food auch ein Tagesgericht an, welches normalerweise für unter ISK 1‘500 (€ 9) zu haben ist. Dieses ist oft auch abends verfügbar und wird entweder als Tellergericht mit währschaften traditionellen Speisen oder von einem Büffet angeboten.  Normalerweise wird alles frisch zubereitet. Ein mit Käse und frisch angebratenem Speck gefülltes und grilliertes Sandwich ist ein echter Fast-Food Leckerbissen. Sogar Selbstverpfleger können unterwegs mit Stil essen. Viele Lebensmittel-Geschäfte stellen Tische und Stühle zur Verfügung, wo der Kunde die soeben gekauften Delikatessen gleich verzehren kann.

 

Auch Gourmet-Mahlzeiten können in Island einfach gefunden werden. Es ist nicht unbedingt eine preiswerte Angelegenheit, aber seit die Krone eingebrochen ist, sind diese nun auch für das „Fussvolk“ aus dem Ausland in erschwinglich. Qualität und Zubereitung sind phantasievoll und innovativ.

Genauso wie die Unterkünfte sehen auch Gourmettempel von aussen nicht immer sehr einladend aus. Einige schicke Restaurants befinden sich in unauffälligen Schuppen im Industriegebiet, kochen aber hervorragend und servieren ihre Gerichte in gemütlichem Ambiente. Für etwa ISK 5‘000 (€ 30) gab es oft ein vorzügliches Mehrgänge Menü aus lokalen Spezialitäten wie Lamm oder Lachs.

 

Westfjorde

 

Am 6. September 2009 machten wir uns auf, um die Westfjorde zu entdecken. Bereits auf dem Weg dorthin kamen wir durch die ersten Fjordlandschaften. Entlang des Breidafjördur waren die Hügel schon im Herbstkleid. An windgeschützten Hängen wuchsen Heidelbeeren und Zwergbirken von etwa einem halben Meter Höhe. Diese färbten sich bereits gelb und rot. Hier sahen wir Leute die Beeren sammelten, doch in ganz Island bleiben wohl tonnenweise Heidelbeeren ungeerntet am Busch. Im grössten Teil des Gebirges können nur Moos und Flechten gedeihen, aber oft ist es so steinig, dass sie es nicht schaffen eine Fläche vollkommen zu bedecken.

 

Steinig sind auch viele Strassen in den Westfjorden, wie beispielsweise die enge Strasse hinunter zum Strand in Rauðisandur. Dieser ist bekannt für den rötlichen Sand um seine blaue Lagune. Vielleicht weil wir am späten Nachmittag und bei Ebbe dort eintrafen, erschien uns der Sand nicht allzu rot. Auf der andern Seite leuchteten dafür die Berge deren Spitzen gerade von etwas Nebel umhüllt wurden, majestätisch in der Sonne. Deshalb fuhren wir bis ans Ende der Strasse und genossen diese mystische Landschaft. Wegen dem aufkommenden Nebel und weil schon alle Vögel, auch die drolligen Papageientaucher, ihre Nistplätze verlassen hatten, fuhren wir nicht auch zu den berühmten Vogelfelsen am Látrabjarg.

 

In Patreksfjörður fanden wir schon wieder eine Unterkunft, welche inwendig top und von aussen eher ein Flopp war.

Wir waren überrascht, wie viele moderne Kirchen wir immer wieder sahen. Island ist wohl das einzige Land der Welt, wo so eine alte Institution wie die Kirche so moderne Gebäude baut.

 

Da das Wetter wieder viel bessere Laune hatte als vorausgesagt war, nahmen wir am nächsten Tag den Weg nach Ísafjörður unter die Räder. Dieser Teil des Fjordlands wurde von engen Schotterstrassen durchzogen, wir wurden aber entlang des ganzen Weges mit spektakulären Landschaften belohnt. Die Strecke kurz vor Bíldudalur war im wahrsten Sinne des Wortes Bildschön. Entlang des stahlblauen Fjordes hatte es immer wieder farbige Moose und ab und zu Heidelbeer-Stauden. Das gegenüberliegende Ufer war meist nur ein paar Kilometer entfernt, aber immer nur über eine lange und malerische Strasse um einen Fjordarm zu erreichen. Die Fahrt durch die Westfjorde braucht viel Zeit, doch es lohnt sich auf jeden Fall. Immer wieder spiegelte sich das vulkanische Gebirge im Wasser entlang unseres Weges. Nachdem wir ein Hochplateau überquert hatten, tauchte plötzlich der bildhübsche Wasserfall Dynjandifoss vor unseren Augen auf. Erst jetzt wurde uns bewusst, dass die Strasse kurz vorher den Fluss überquerte, dessen Wasser hier in die Tiefe stürzt. Es fällt in mehreren Stufen über eine sehr breite Felswand. Im Frühsommer muss der Wasserfall wohl noch viel eindrücklicher sein als jetzt.

 

Manchmal war die Strasse in sehr steile Felswände eingeschnitten und oft auch sehr eng und kurvenreich, dass wir nur hofften kein anderes Fahrzeug komme in den unübersichtlichen Kurven entgegen. Kurz vor Ísafjörður war die Strasse dann wieder asphaltiert und flach, aber auch nass, da es nun zu regnen begann. Mit 3‘500 Einwohnern ist Ísafjörður die grösste Ortschaft in den Westfjorden. Wir genossen unseren Spaziergang durch die Gassen welche mit alten Häusern gesäumt waren von denen viele dekorierte Fenster hatten, genauso wie in Skandinavien. Im neu renovierten Zentrum gibt es viele Geschäfte und sogar den Luxus von zwei Bäckereien. Die meisten Isländischen Ortschaften sind viel zu klein für eine Bäckerei und ab und zu wird das Brot per Flugzeug von der Hauptstadt eingeflogen. Bis dieses Brot eintrifft sind wir meist schon über alle Berge und wir stehen ja wirklich nicht früh auf!

 

Am nächsten Morgen sahen wir uns kurz im (geschlossenen) Fischerei Museum in Bolungarvík um. In den dortigen Schuppen mit Grasdach wird Fisch getrocknet. Danach hatten wir einen langen Tag an dem wir im Zick-Zack entlang der vielen Fjorde zurück zur Ringstrasse fuhren. Ab und zu regnete es, ab und zu auch nicht, aber immer wenn es wieder ein Sonnenstrahl durch die Wolken schaffte, leuchtete die Landschaft in den intensivsten Farben.

 

Vatsnes Peninsula

 

Nach einer Übernachtung in einem Hüttchen das zu einer Jugendherberge Mitten im Nichts gehörte, verliessen wir die Ringstrasse schon wieder um die Halbinsel Vatsnes zu entdecken. Mittlerweile brauchten wir das Gefühl, auf einer Schotterstrasse unterwegs zu sein. Als erstes hielten wir in Hvammarsrett bei einem Sammelplatz für Schafe an. Der Holzzaun hatte die Form eines ovalen Querschnitts einer Orange und der Platz lag malerisch über dem Meer. Momentan war er verlassen, aber bald werden die Schafe wieder von den Bergen zusammen getrieben nachdem sie im Sommer frei herumstreunen konnten.

 

Bald sahen wir die ersten Hinweistafeln welche andeuteten, dass es am Strand Seelöwen haben könnte. Leider hatte es hier keine. Welche Enttäuschung; ein anständiges Hinweisschild aber keine Seelöwen! Normalerweise ist es in Island eher umgekehrt: grossartige Sehenswürdigkeiten aber keine Beschilderung. Und wenn es einmal ein Schild hat, ist es oft nur in Isländisch.

Island ist so unglaublich vielfältig wie die ganze Welt. Als Tourist möchte man am liebsten alle paar hundert Meter anhalten. Leider ist dies nicht immer ganz einfach, ausser man ist so verwegen und hält mitten auf der Strasse an. Oft befindet sich die Fahrbahn auf einem Damm, welcher kaum breiter ist als die Fahrspuren. Abzweigungen in Seitenstrassen sind oft sehr eng und von weitem kaum erkennbar. Mit einem Kleinwagen wie unserem schafft man es noch knapp diese zu erwischen, doch mit einem grösseren Fahrzeug, wie einem Campingbus kann man es glattweg vergessen.

 

Bald schon kam der nächste Platz an dem sich manchmal Seelöwen tummeln und dort hatten wir nun Glück, allerdings mussten wir einen Schauer über uns ergehen lassen. Ein innovativer Bauer hat in Ilugastadir sein Land der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und einen Weg zu der Stelle angelegt, wo man oft Seelöwen beim Faulenzen zusehen kann. Ein kleiner Campingplatz und ein Kiosk bringen ihm während des Sommers einen willkommenen Nebenverdienst. Etwa 20 m vor der Küste tummelten sich zwanzig Tiere auf einer Sandbank und auf ein paar Felsen. Ab und zu schwamm ein Seelöwe im Wasser unter uns vorbei.

In Island ist nicht nur die Landschaft, sondern auch das Wetter alles andere als langweilig; inzwischen schien nämlich schon wieder die Sonne. Nachdem wir die Spitze der Halbinsel umfahren hatten, erreichten wir Hvitserkur, einen 15 Meter hohen Felsen im Meer. Mit seinen beiden Felsbogen ragt er wie ein gigantisches freistehendes M aus dem Wasser. Bei Ebbe kann man aber zu ihm hingehen. Wenn man von hier ein paar hundert Meter südwärts geht, sieht man bereits die nächste Seelöwen Kolonie. Die Sandbank auf der sie faulenzen, ist zwar viel weiter vom Ufer entfernt, als am letzten Ort, dafür sahen wir hier aber viel mehr Tiere und oft schwammen einige sehr nah am Strand. Da uns diese Umgebung so gut gefiel und die Jugendherberge Osar nur ein paar hundert Meter entfernt war, entschieden wir uns gleich hier zu übernachten, obwohl wir heute noch keine 50 km weit gekommen sind. Eine kilometerbreite schwarze Sandbank bildete einen kontrastreichen Hintergrund zu den goldenen Kornfeldern und den grünen Wiesen, welche in der Abendsonne leuchteten. Diese Sandbank erstreckte sich kilometerlang bis zur danebenliegenden grossen Halbinsel Skagi.

 

Die Nordküste entdecken

 

Am nächsten Tag kamen wir in Sauðárkrókur vorbei, wo ein Grossteil der Bevölkerung vom Fangen und Trocknen von Fisch lebt. Neben dem Hafen hatte es ein riesiges Areal mit Holzgestellen von etwa 4 Metern Höhe an denen der Fisch zum Trocknen hing. Laibe und Köpfe hingen an verschiedenen Gestellen, letztere waren wie Perlen an Schnüren aufgezogen. Wir wissen schon, dass Isländer ganze Schafsköpfe essen und wir trafen auch schon Touristen, die von solchen aus der Gefriertruhe im Supermarkt angestarrt wurden aber wir fragen uns, wer wohl diese getrockneten Fischköpfe essen wird?

 

Unsere Reiseroute führte als nächstes entlang des Tröllaskagi Peninsulas. Dieses ist eher eine Ansammlung zerklüfteter Berge, als der sanften Hügel, die sonst für das nördliche Island typisch sind. Wie überall wo im Winter viel Schnee und harsche Strassenbedingungen erwartet werden, hatte es auch hier Rettungshütten auf den Anhöhen. Diese sind über Funk mit einem Rettungsdienst verbunden und zudem mit einer Heizung ausgestattet.

 

Kurz bevor wir die Spitze der Halbinsel erreichten sahen wir eine vorstehende Felsnase welche von einem orange-farbenen Leuchtturm dominiert wurde, der fast so aussah wie ein kleines Schloss.

 

Das kleine Dorf Siglufjörður am Ende der Strasse schrieb gross Geschichte. Es wurde von Norwegern gegründet nachdem man in den umliegenden Gewässern Ende des 19. Jh. grosse Heringbestände entdeckte. Der Hering verursachte einen richtigen „Goldrausch“ und immer mehr Arbeiter/innen strömten hierher, sodass die Bevölkerung in der Blütezeit um die fünfziger Jahre auf 10‘000 Einwohner anstieg. Isländer verachteten den Hering (bisher) so sehr, dass sie ihn nicht einmal Fisch nannten und sicher nicht assen - aber damit Geschäfte machen, war natürlich eine ganz andere Sache! Die immer raffinierteren Fangmethoden rächten sich schlussendlich und die Fischbestände gingen immer mehr zurück, bis 1969 überhaupt keine Heringschwärme mehr kamen.

 

Heute ist Siglufjörður ein charmantes Dorf mit noch etwa 1’300 Einwohnern. Die Launen der Natur meinen es nicht immer gut mit diesem Ort, denn durch Erdrutsche und Lawinen sind in der Vergangenheit mehrmals Leute ums Leben gekommen. Um die Natur zu bändigen wurde vor kurzem eine Lawinenverbauung erstellt, welche vom WSL, dem Eidgenössischen Institut für Schnee- und Lawinenforschung geplant wurde.

 

Heute ist uns mehrmals aufgefallen, dass die Schafe zusammengetrieben werden. Am Nachmittag kamen wir dann an einer Schafsauktion vorbei wo die wolligen Viecher ängstlich blökten währendem die Menschen die Veranstaltung sichtlich genossen. Es war interessant dem Treiben für eine Weile zuzusehen. Obwohl es noch mindestens 10°C warm war, trugen viele Frauen einen gestrickten Island Pullover. Diese erfreuen sich sowohl bei den Einheimischen, als auch bei Touristen grosser Beliebtheit.

 

Gegen Abend erreichten wir Akureyri, die zweitgrösste „Stadt“ Islands. Mit 17‘000 Einwohnern ist dies nur eine Kleinstadt aber nachdem wir in den entlegenen Gebieten im Westen waren, fühlten wir uns hier wie zurück in der Zivilisation. Wir genossen es durch die Ladenstrasse im Zentrum zu bummeln und am Stadtrand gab es sogar noch ein paar grössere Geschäfte. Im Vergleich zu Europäischen Grosstädten war die Auswahl zwar immer noch sehr bescheiden, aber für Isländische Verhältnisse, war sie grossartig.

Obwohl es hier mehr Geschäfte hat als in jedem anderen Ort ausserhalb Reykjaviks, gab es nur zwei verschiedene Supermarkt Ketten, weshalb Isländer mit einer sehr kleinen Markenvielfalt zufrieden sein müssen. Nicht dass die Auswahl schlecht wäre, aber es gibt wirklich nur Bónus oder Samkaup. Natürlich kann man auf einer Insel mit nur 300‘000 Einwohnern nicht dieselbe Auswahl erwarten, wie auf einem dicht besiedelten Kontinenten. Bis vor kurzem, d.h. vor dem Kollaps der Isländischen Krone, flogen viele Isländer regelmässig für Shopping Trips ins Ausland, aber diesen Spass können sich nun die meisten nicht mehr leisten.

 

Ein Land in der Krise

 

Wie allgemein bekannt, ist der Isländische Staat seit Herbst 2008 quasi zahlungsunfähig. Es passierte nur ein paar Wochen nachdem wir uns entschieden hatten, im Sommer 2009 hierher zu kommen. Zu unserer grossen Überraschung merkten wir während unseres Aufenthaltes überhaupt nichts davon. Dass sich der Wechselkurs zu unseren Gunsten veränderte war uns natürlich mehr als willkommen, darüber beschweren wir uns sicher nicht! Für unseren Schweizer Franken kriegten wir nun doppelt so viele Kronen wie wir vor zwei Jahren bekommen hätten. Island war aber immer noch kein „Billig Land“ zum reisen, auch wenn es nun ganz wenig preiswerter war als Frankreich oder Spanien.

 

Die Isländer mit denen wir in Kontakt kamen, arbeiteten vorwiegend in der Tourismus-Branche und hatten auch keinen Grund zu jammern, da der Tourismus in diesem Jahr richtiggehend boomte. Die Hotels freuten sich darüber, dass ihre Gäste dieses Jahr im Restaurant deutlich konsumfreudiger waren. Es kamen deutlich mehr Touristen (eine Verkehrsbüro Angestellte schätzte es waren doppelt so viele) und zudem dauerte die Hauptsaison im Frühjahr und Herbst je 4-6 Wochen länger. In den Vorjahren waren die meisten Touristenunterkünfte nach dem 12. August wieder so gut wie leer, doch in diesem Jahr waren die Hostels noch bis spät in den September randvoll.

 

Man erzählte uns auch, dass in den Vorjahren die meisten Island-Urlauber ihre Reise lange im Voraus geplant hatten um sich einen lange gehegten Wunschtraum zu erfüllen, während 2009 ein anderer Schlag Leute nach Island pilgerte. Es waren deutlich mehr jüngere Leute und diese kamen spontan. Auch die Nationalität der Besucher setzte sich nun anders zusammen. Dieses Jahr kamen vor allem viel mehr Franzosen, Italiener und noch viel mehr Spanier. Im August konnte man kaum ein Restaurant betreten ohne dass man Spanisch hörte. Hier in Island haben wir effektiv mit mehr Spaniern gesprochen als während unseres Jahres in Andalusien. Ganz gegen ihre Gewohnheiten zu Hause, erschienen sie hier meist sehr früh zum Abendessen – viel früher als wir!

 

Die Isländer beklagten sich, dass die Preise für Importware dramatisch angestiegen seien aber wir konnten ihnen versichern, dass viele dieser (Luxus) Produkte hier immer noch günstiger angeboten werden, als im Ursprungsland. Wir sollten nicht schon wieder über die Preise Spanischer Orangen herziehen, aber hier in Island kosteten sie bloss etwa 300 ISK pro Kilo, was weniger als € 1.80 entspricht!

 

Ende 2009 war die Krone immer noch nicht frei konvertierbar, weshalb die Einheimischen nicht ohne weiteres Hartwährungen kaufen konnten, aber Touristen können so viele Kronen kaufen wie sie wollen. Viel Bargeld brauchten wir eh nicht, da man in Island selbst kleinste Beträge üblicherweise mit der Kreditkarte bezahlt. Kronen auszuführen, ist nicht unbedingt empfehlenswert, da diese ausserhalb des Landes kaum mehr Wert haben als Spielzeuggeld.

 

Erstaunlicherweise konnte uns nie jemand sagen, wie der Kurs der Isländischen Krone festgesetzt wird, denn die Einheimischen scheinen sich darüber nicht gross den Kopf zu zerbrechen. Irgendwie macht sich hier sowieso keiner allzu grosse Sorgen wegen der Krise.

 

Am meisten davon betroffen sind diejenigen, welche ihre Hypothek in einer Fremdwährung aufgenommen haben um die hohen Isländischen Zinsen zu umgehen. Ihre Schuldenlast verdreifachte sich innerhalb von nur ein paar Monaten. Dank dem Ausland-Schulden momentan eingefroren sind, machen sie sich nicht allzu viele Gedanken, wie sie diese je zurückzahlen sollen. Das Leben geht weiter, man konsumiert noch etwas mehr auf Kredit und hofft auf bessere Zeiten…

Im exklusiven Einkaufszentrum Kringlan in Reykjavik war in jeder Hinsicht sehr viel los. Auf der anderen Seite sind aber die Neuwagen Verkaufszahlen massiv eingebrochen, doch wir hörten von gewieften Ausländern, die nun in Island einen Neuwagen bestellen und diesen mit der Autofähre (zurück) auf das Europäische Festland bringen.

 

Die Isländer liegen bei Bildung, Lebenserwartung und sozialem Zusammenhang bei den Weltbesten. Das Land hat mit 66% der Bevölkerung die höchste Rate an Internetnutzern und Internet-Zugang stand meist auch bei preiswerten Unterkünften gratis zur Verfügung.

 

 

Hotspot Krafla

 

Als wir Akureyri verliessen, zeigte sich das Wetter von seiner besten Seite und wir genossen unsere Fahrt entlang des stahlblauen Fjordes. Um die Mittagszeit erreichten wir bereits Reykjahlið wo wir uns ein Zimmer in einem Gästehaus organisierten. Mit nur 200 Einwohnern ist diese Ortschaft der touristische Hauptort der Mývatn Region. Mý-vatn bedeutet Mücken-Wasser oder einfach Moskito See. In den Sommermonaten treiben riesige Schwärme die Touristenschar zum Wahnsinn. Moskitos sind aber eine lebenswichtige Nahrungsquelle für Fische (welche deren Larven fressen) und Enten (die sie lebendig geniessen). Da wir meist sehr starken Wind hatten, konnten sich die wenigen noch übrig gebliebenen Blutsauger nicht an uns festhalten. Dieser Wind war aber oft so stark, dass es eine Herausforderung war, ein unverschütteltes Bild zu schiessen.

Die Myvatn Region ist eine der grössten Attraktionen für jeden Touristen und die meisten der vielen Sehenswürdigkeiten haben irgendetwas mit vulkanischen Aktivitäten zu tun. Unsere Fahrt zum Krafla Vulkan war absolut faszinierend und wir hielten unterwegs mehrmals an. Zuerst kamen wir an einem intensiv türkisfarbenen See vorbei, welcher in einer bräunlichen, aber mysteriöserweise auch bunten Landschaft eingebettet ist. Etwas weiter oben gibt es einen Berg der irgendwie auseinander gebrochen oder explodiert ist und uns an Mt. Tarrawera in Neuseeland erinnerte. Im Hintergrund dominierte der Hverfell Vulkan mit seinem klassischen runden Ring aus losem Lava Schotter.

 

Der alte Bösewicht Krafla wird heutzutage zur Energie-Gewinnung genutzt. Das Geothermal-Kraftwerk Köflustöð zapft seinen Dampf an und wandelt ihn in Elektrizität um. Der Bau dieses Kraftwerks verlief allerdings nicht ohne eine unliebsame Überraschung. Die Ingenieure waren ursprünglich etwas zu risikofreudig und wollten mit einer einzigen Bohrung die gesamte Energie für das Kraftwerk gewinnen. Als der Bohrer auf die Dampfkammer traf, explodierte diese und hinterliess einen riesigen Krater den man später “man-made hell” (Sjálfskpar Viti) nannte: die von Menschenhand gemachte Hölle. Jetzt sind sie gescheiter und haben 17 Bohrlöcher die in der Landschaft verteilt die nun den Job unter sich aufteilen und jeweils mit einem Aluminium-Iglu abgedeckt sind.

 

Es ist möglich den Rand von Krafla’s Hauptkrater, welcher einen Durchmesser von 320 Metern hat, zu umwandern und dabei in seinen tiefen See hinunter zu blicken. Direkt dahinter befindet sich ein Gebiet mit kochenden Schlammlöchern, dampfenden Spalten und bunten Wasserlöchern.

Krafla ist nicht ein klassischer kegelförmiger Vulkan sondern ein überwiegend ebenes System von Spalten, welche über einer gigantischen Magma Kammer liegen die in der Vergangenheit mehrfach Lava ausspie und dabei immer wieder neue Krater kreierte. Eine Serie von zerstörerischen Ausbrüchen begann 1724. Bis 1729 gab es immer wieder neue Lava-Ausflüsse, wovon einige bis zwei Jahre anhielten. Momentan hebt sich die Gelände Oberfläche an, was ein Zeichen für zukünftige vulkanische Aktivitäten ist.

 

Leirhnjúkur ist ein weiteres Teilgebiet Krafla’s und wurde den Touristen mit einem Rundweg zugänglich gemacht. Von seinem höchsten Punkt aus hatten wir eine fantastische Rundsicht über mehrere erstarrte Lavaflüsse bis zurück zum Hauptkrater den wir vorhin besichtigten. Eine Spalte bei Gjastykki, 20 km nördlich verursachte 1724 einen gigantischen Lavastrom zum und über den Myvatn See. Hier war dieser teilweise überschichtet mit Lava aus neueren Ausbrüchen von 1975 und zwischen 1981 und 1984.

 

Der Weg in Leirhnjúkur führte direkt in das Gebiet des erstarrten Lavaflusses mit seinen verschlungenen Lavatunnels und geplatzten Blasen, die oft rötliche Schichten freigaben. Da es an mehreren Orten dampfte, sah es so aus, als ob sich die Lava erst abkühlen würde. Dies ergab ein mystisches Bild das so aussah, als ob Nebel über die schroffe Oberfläche schweben würde. An einigen Orten war die Lava schon von Moos bewachsen. Daran konnte man erkennen, wie alt die oberste Lavaschicht war.

 

Sehenswürdigkeiten um den See Myvatn

 

Am nächsten Tag besuchten wir das Geothermalgebiet Hverir das gleich unterhalb des Bergrückens Námafjall liegt. Die faszinierende Landschaft wurde durch grosse kochende Schlammlöcher, bunte Schwefelablagerungen und Fumarolen (dampfende vulkanische Ventile) beherrscht.

 

Dem Touristenstrom folgend fuhren wir nachher zu den Lavaschollen nach Dimmuborgir, wo es aussieht wie in einem riesigen Natur Skulpturen-Park. Es gab verrückt aussehende Zinnen, hohe Bögen und weitere seltsame Lava-Skulpturen. Die Hauptattraktion bildete „Kirkjan“ ein Domähnlicher 6 Meter hoher Lavatunnel.

 

Da es hier windgeschützt war, konnten wir die Temperaturen die inzwischen wieder auf 17°C angestiegen waren, so richtig geniessen. An dieser geschützten Lage konnten sich hier sogar viele Bäume ausbreiten, was im sonst fast baumlosen Island eine grosse Rarität ist. Sie boten uns ein Bild schönster Herbstfarben, obwohl es erst der 13. September war. Dies war Heinz‘50. Geburtstag und so genossen wir zum zweiten Mal während unserer Woche am Myvatn See ein tolles Abendessen im Restaurant des Hotels Reynihlið.

Weitere Laub- und Nadelbäume warteten ebenfalls im schönsten Herbstkleid beim Naturpark Höfði am südöstlichen Ufer des Myvatn. Ausser dem schönen Wald sahen wir am Ufer interessante Lavasäulen aus dem Wasser aufragen.

 

Am Südufer besichtigten wir die Pseudo Krater von Skútustaðagígar bei Skútustaðir. Verstanden? Ganz ehrlich, wir wundern uns, ob alle Isländer diese Namen problemlos aussprechen können. Zumindest halten sie es simpel, wenn es um ihre eigenen Namen geht. Anders als in Österreich wo ältere Leute Neuzuzügern die peinliche Frage stellen: „jo wem g’hörst denn du?“ bräuchte es in Island nur ein unschuldiges „wie heisst du?“ Der Name Gunnar Einarsson enthüllt, dass Gunnar der Sohn von Einar ist, während dem seine Schwester Brynhildur ganz einfach Brynhildur Einarsdóttir ist; simpler geht‘s nicht! In der Praxis wird dieser „Nachname“ so gut wie nie gebraucht, man spricht einander mit dem Vornamen an, egal ob es sich dabei um einen Fremden oder gar um den Staatspräsidenten handelt. Konsequenterweise ist das Telefonbuch nach Vornamen geordnet.

 

Oh je, wir sind wieder Mal abgeschweift – eigentlich wollten wir ja die Pseudo Krater beschreiben. Obwohl sie aussehen wie perfekte kleine Vulkankegel, hatten sie nie einen Lava-Ausfluss. Sie sind die Ventile durch welche Wasserdampf entwich nachdem der See von einem Lavafluss bedeckt wurde. Es gibt dutzende dieser Pseudo Krater um und im Myvatn See. Die kleinsten haben einen Durchmesser von nur ein paar Metern, bei den grössten können es aber 300 sein. Die Pseudo Krater bildeten mit ihrem trockenen braunen Gras und dem schwarzen Lavaschotter einen schönen Kontrast zu den umliegenden sattgrünen Wiesen auf denen Kühe weideten.

 

Am Nordufer des Myvatn sahen wir an mehreren Orten, dass sich glattflächige Sektionen des Lavaflusses aufgebäumt hatten und Risse aufwiesen, als wären es gigantische Eischalen. Wir vermuten, dass daraus wohl Pseudo Krater geworden wären, wenn die Gasexplosionen darunter noch mehr Druck aufgebaut hätten.

Im Jahr 1729 drohte ein Lavafluss die Ortschaft Reykjahlið zu verschlucken und einige Höfe waren bereits verschüttet. Die verängstigte Dorfbevölkerung versammelte sich in der Kirche und muss sehr inbrünstig gebetet haben, denn die Lava stoppte direkt hinter dem Kirchlein.

 

Wie die meisten unserer Unterkünfte, füllte sich auch das Gästehaus Eldá immer noch jeden Abend, und dies, obwohl es recht gross ist. Jetzt im September war es wenigstens möglich auch ohne Reservation ein Zimmer zu kriegen, allerdings nur wenn man früh eintraf. Anfangs August wäre dies absolut unmöglich gewesen, doch glücklicherweise hatten wir für diesen Zeitraum vorgängig reserviert. In der kleinen Küche des Gästehauses kamen wir gut mit den anderen Reisenden ins Gespräch. An einem Abend stürmte jemand ins Haus und rief: „Nordlichter! Nordlichter am Himmel; kommt alle schauen!“ Etwa 20 Personen rannten in den Garten und bewunderten dieses Naturschauspiel, bis es zu kalt wurde.

 

Jökulsárgljúfur Nationalpark

 

Wir machten einen Tagesausflug zum Jökulsárgljúfur Nationalpark, welcher für seine spektakulären Wasserfälle und eine dramatische 30km lange Schlucht bekannt ist, die vom Fluss Jökulsá á Fjöllum ausgefressen wurde. Überschwemmungen, ausgelöst durch Eruptionen unter der Vatnajökull Eisdecke formten diese durchschnittlich 500 Meter breite und 100 Meter tiefe Schlucht.

Bereits auf dem Parkplatz wurden die Besucher vom Sprühnebel des Dettifoss begrüsst. Bis wir dann direkt neben dem Wasserfall standen, war es wieder trocken – nur wir waren es nicht mehr. Die Sprühnebel-Fahne wird vom Wind fortgetragen und kann von weitem gesehen werden. Durchschnittlich stürzen pro Sekunde 193 m3 Wasser 44 Meter in die Tiefe, was Dettifoss zum kraftvollsten Wasserfall Europas macht. Als sich die Sonne zeigte, bildete sich ein wunderschöner Regenbogen, welcher den Wasserfall noch dramatischer erscheinen liess.

 

Nur 1,5 km flussaufwärts befindet sich Selfoss, ein weiterer eindrücklicher Wasserfall. Er ist zwar nur 11 Meter hoch, doch er fällt über eine viel breitere Kante und ist zudem von schönen Basaltsäulen umgeben.

 

Als wir wieder zurück beim Parkplatz waren, entschieden wir uns zu einer Wanderung in die andere Richtung, da es in diesem Nationalpark noch mehr zu sehen gibt. Wanderwege gibt es hier zwar im Überfluss aber leider sind diese in Island nicht immer so gut markiert. Über diesem Canyon führt beispielsweise ein schöner Wanderweg zu einem Aussichtspunkt oberhalb des Hafragilsfoss, welcher nur 2 km entfernt ist, aber leider ist dieser nicht ausgeschildert. Wenn Touristen wüssten, dass sie entweder eine halbe Stunde entlang eines wunderschönen Weges zu Fuss gehen können, oder mit dem Wagen 6 km zurücklegen müssen, würde wohl so mancher lieber sein Auto auf dem Parkplatz stehen lassen.

Die Aussicht von diesem Weg entlang der Schlucht-Kante war einfach spektakulär. Man sah hinunter zum Fluss, der von rötlich gelbem Moos flankiert war und schon bald kam ein weiterer Foss in Sicht: Hafragilsfoss. In einer Felsnische unterhalb dieses Wasserfalls hatte sich schwarzer Sand angesammelt und diese Sandbank sah aus als ob ein Auge aus dem trüben Wasser zwinkern würde. Sie verhinderte, dass Gletschersedimente des Flusses in die Felsnische gespült werden, weshalb das Wasser im hintersten Teil in unglaublichen Blautönen schimmerte.

 

Die Strasse Nr. 864 welche den Jökulsárgljúfur Nationalpark durchquert, war die holprigste Schotterstrasse die wir bisher gesehen hatten. Wenn aber ein fähiger Maschinist mit einem Grader (Bodenhobel Maschine) unterwegs ist, kann sich dies schnell ändern. Nur 3 Std. später hatten 10 km dieser Strasse bereits wieder eine Oberfläche, so eben wie bei einer Asphaltstrasse.

 

Wir sparten uns den nördlichen Teil dieses Nationalparks für den übernächsten Tag auf, an dem wir vom Myvatn wieder weiterfuhren. Aus unserem Reisebuch wussten wir, dass eine hufeisenförmige Schlucht vor uns lag und erwarteten, bald vom Rand in die Schlucht hinunter sehen zu können. Wir waren etwas verdutzt, dass die kleine Asphaltstrasse auf 100 Meter hohe Klippenwände zusteuerte. Erst jetzt realisierten wir, dass die Strasse direkt ans ausweglose Ende des Ásbyrgi Canyon führte. Da die hufeisenförmige Schlucht sehr guten Windschutz bot, wuchsen hier bis zu 8 Meter hohe Birken, welche nun in den schönsten Herbstfarben leuchteten. Ein schöner Spazierweg führte zum Botnstjörn, einem Teich ganz zuhinterst. Die Klippenwände und Pflanzen spiegelten sich magisch in seinem kristallklaren Wasser.

 

Entlang der äussersten Nordost Küste

 

 

Auf der Halbinsel Melrakkaslétta starteten wir unsere Tour entlang Islands östlichsten Zipfels. Dieser war dominiert von sanften Hügeln und morastigem Weideland. Nur dort wo das Gras regelmässig gemäht wird, ist es schön grün, die übrigen Flächen sind verwildert und taugen nicht einmal als Weideland. Eine Schotterstrasse (mit wenigen asphaltierten Sektionen) verbindet die einsamen Höfe und lädt die Schafe zum promenieren ein. In Kópaskr, dem ersten der wenigen Dörfer entlang unseres Weges machten wir Mittagsrast.

 

Bis zum Abend umrundeten wir das Peninsula und erreichten Þórshövn wo wir übernachteten. Dieser Ort liegt abseits des Touristenrummels und seine beiden Gästehäuser waren verlassen. Niemand öffnete die Türen, als wir klingelten. Nach einer Weile merkten wir, dass die Tür des zweiten nicht verschlossen war und fanden dort ein Telefon mit einem Hinweis wie die Verwaltung zu kontaktieren ist. Dummerweise antwortete aber niemand. Da dies ein kleiner Ort war, gingen wir davon aus, dass jeder jeden kennt und gingen ins nahe Restaurant nachfragen. Hier erfuhren wir, dass die Landlady immer zu Hause sei und dass es unvorstellbar ist, dass dies heut anders sei. So gingen wir zurück in dieses Gästehaus und versuchten nochmals anzurufen. Jetzt hatten wir Glück, die Dame antwortete und informierte uns, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass sie heute noch nach Hause komme. Sie vertraute uns aber und wies uns ein Zimmer zu. Wir vereinbarten das Geld für die Übernachtung auf dem Tisch zu deponieren, und überliessen das Haus nach einer seligen Nacht wieder sich selbst.

 

Dies war ein guter Beweis wie sicher Island ist. Die Leute mistrauen einander nicht und in den meisten Gästehäusern war die Eingangstür Tag und Nacht geöffnet. Kriminalität gibt es kaum und die grössten Gefahren, denen Touristen ausgesetzt sind, kommen fast ausschliesslich von unberechenbarem Wetter und übrigen Naturgewalten wenn da nicht noch ein paar Einheimische wie Kriminelle auf der Strasse unterwegs wären…

 

Nachdem wir gestern den nördlichsten Punkt umrundet hatten, folgten wir nun der Küste südwärts. Die Hügel waren hier wieder etwas höher und an den Schattenhängen lag Schnee der den Sommer überdauerte.

In und um Vopnafjörður sahen wir verschiedenartige Felsformationen. Einige sahen aus wie riesige Mauern die ganze Hügel überzogen, andere wiederum wie Felsnadeln oder Felsbogen und standen in den Wellen am Strand.

 

Obwohl wir plötzlich von Nebel verfolgt wurden, entschieden wir uns für die Strasse Nr. 917 über den Hellisheiði Pass. Die Broschüre warnte zwar, dass die weiche Schotterstrasse bei nassem Wetter unpassierbar werden könnte. Die Serpentine stieg mit vielen Haarnadel-Kurven auf die Passhöhe des vulkanischen Gebirges. Kurz danach liessen wir den Nebel hinter uns und vor uns öffnete sich eine fantastische Sicht hinunter aufs Tal. Das milchig blaue Wasser in der Heradsfloi Bay bildete einen starken Kontrast zum schwarzen Herads-Sander. Über weitere Haarnadel-Kurven fuhren wir hinunter ins Tal das mit braun-grünem Moos bedeckt war. Kein Bild kann dieser atemberaubenden Landschaft gerecht werden!

 

Als wir den Fluss erreicht hatten, war es nur noch eine kurze Fahrt auf einer nun wieder asphaltierten Strasse nach Egilsstaðir. Nun waren wir ganz in der Nähe des Hafens wo wir vor 7 Wochen unsere Rundreise um Island begonnen hatten. Der Kreis war jetzt also geschlossen und wir hatten Grund zu feiern!

Wir fuhren gleich nochmals zum grossartigen Kuchenbuffet am Südende des Sees, nachdem wir uns vorgängig erkundigt hatten, dass das Lokal noch geöffnet war. Die Gastwirtin im Klausturkaffi bestätigte, dass sie eine sehr gute Sommersaison hatte, sie beschwerte sich einzig, dass das Wetter im August viel regnerischer gewesen sei, als normal – da waren wir zum Glück im sonnigen Grönland…

 

Ost Fjorde da capo

 

Da wir immer noch 4 Tage Zeit hatten, konnten wir in einem Gästehaus in Egilsstaðir gemütlich auf das Ende des nun wieder einsetzenden Regens warten. Sobald sich die Sonne wieder zeigte, schwärmten wir aus und fuhren nochmals in die Ost Fjorde um zu sehen was uns der Nebel Ende Juli vorenthalten hatte. Diesmal zeigte sich alles im besten Licht! Toll! Selbst nach 5 Wochen in Island zeigt uns dieses Land immer noch weitere wunderschöne Vistas und in der Herbstsonne leuchtet alles noch viel intensiver.

Hinter dem umstrittenen Aluminium Schmelzwerk in Reyðarfjörður verschwand die Strasse das letzte Mal bereits bei der ersten Steigung im Nebel. Dieses Mal war es jedoch ein wahres Vergnügen bis ans Ende der Strasse zu fahren. Nachdem sie zuerst auf 632m anstieg und danach durch einen kurzen Einspur-Tunnel führte, schwang sie sich anschliessend hinunter ins Tal bis nach Neskauptstaður. Die Panoramasicht von den Berggipfeln bis zum tiefblauen Fjord war wirklich atemberaubend! Wir waren richtig froh, dass wir nochmals hergekommen sind.

Nach diesem Abstecher folgten wir der Schotterstrasse entlang des Faskrudsfjörður wo sehr zerklüftete Berge über der Strasse thronten. Man erkannte die unterschiedlichen Schichten des Gesteins deutlich und immer wieder Mal hatte es enge Schluchten oder Felsnadeln.

Auch die riesen lange Sandbank entlang des Ufers konnten wir beim letzten Mal wegen des schlechten Wetters überhaupt nicht sehen. Wir hielten an wo immer wir wollten (oder konnten) und fuhren schlussendlich bis 50 km an Höfn heran bevor wir umdrehten. Wir übernachteten nochmals in Djúpivogur im Hotel Framtið (Fortschritt), wo wir wiederum eine hervorragende Mahlzeit genossen. In der Zwischenzeit war es viel ruhiger geworden und im Hafen lagen nun Fischerboote anstelle der Ausflugsboote, welche im Sommer Touristen zur Vogelinsel Papey brachten.

 

Am nächsten Tag entschieden wir uns für die Inlandroute über den Öxi Pass, eine weitere schmale Schotterstrasse. Wir erwarteten zwar, dass die Landschaft nicht mit derjenigen entlang der Fjorde zu vergleichen ist, waren aber total überrascht, dass wir Neuschnee auf den Berggipfeln sahen. Überall stehen grosse Digital-Anzeigen entlang der Strassen, die die Temperatur am kältesten Punkt des nächsten Strassenabschnittes anzeigen – ausser hier.

Noch bevor wir wieder in Egilsstaðir zurück waren, nahmen wir die Abzweigung zum gigantischen Karahnjukar Staudamm, welcher zusammen mit einem Kraftwerk erst 2008 fertig gestellt wurde um das neue Aluminiumwerk mit Strom zu beliefern. Wir kamen auf eine Hochebene die zwar nur 600 m. ü. M. lag, aber bereits mit frischem Pulverschnee bedeckt war, zumindest war die Strasse noch trocken. Über das schneebedeckte Hochland genossen wir eine fantastische Aussicht bis hin zur Eiskappe des Vatnajökull. Diese dramatische Landschaft war eine unerwartete Belohnung für unsere Fahrt zum Staudamm und dank dem Schnee erschien alles nur noch magischer.

 

Nun fuhren wir zurück nach Seyðisfjörður, wo wir unsere letzte Nacht in Island in der Jugendherberge am Fjord verbrachten. Es war vermutlich ein guter Zeitpunkt das Land zu verlassen, denn die Passtrasse von Egilsstaðir hierher musste tags zuvor bereits wegen Schnee und Eisglätte für ein paar Stunden gesperrt werden. Wir waren froh, dass wir bereits beim Hafen waren und genossen den sonnigen Tag und die Aussicht über die schneebedeckten Berge, welche den stahlblauen Fjord einrahmten.

 

Am 25. September 2009 fuhren wir mit unserem Auto ein letztes Mal in den Bauch der grossen Fähre Norröna, die uns nun zurück nach Dänemark brachte. Nach einer ruhigen Überfahrt kamen wir 64 Stunden später wieder zurück nach Jütland. Doch diesmal dockte die Autofähre in Esbjerg statt in Hanstholm.

 

Da wir wussten, dass dies der zweitletzte Boots-Trip dieser Saison war, erwarteten wir, dass die Fähre ziemlich leer sein würde. Weit gefehlt! Das Boot war fast voll! Mit geschicktem Marketing wurden sogenannte „Mini Kreuzfahrten“ verkauft, bei denen die Passagiere ihren eigenen Wagen mit an Bord nehmen konnten. So lächerlich wie dies (jedenfalls für uns) tönt, beinhaltet diese einwöchige Kreuzfahrt, welche in Dänemark startet, 6 Nächte auf See und eine siebte in Island an Bord. Um Land und Leute kennen zu lernen, hatten die Teilnehmer die einzigartige Möglichkeit, entweder an einer Bustour teilzunehmen oder mit dem eigenen Wagen an Land zu gehen. Auf den Färöer Inseln waren dafür 6 Stunden auf der Hin- und 4 Stunden auf der Rückfahrt reserviert, sowie 30 Stunden am Stück in Island.

Nun: 30 Stunden in Island? Wahrscheinlich könnten sie sich alle selbst einen Tritt in den A… geben, dass sie sich nicht mehr Zeit nahmen, wenn sie erst mal sehen wie schön es ist. Aber vielleicht hatten sie ja „Glück“ und das Wetter war  so schlecht, dass sie gar nicht sahen, was sie verpassten. Wir hörten, dass die See auf der Anreise so rau war, dass das Büffet abgesagt werden musste. Was hat man denn von so einer „Mini-Kreuzfahrt“ ausser Verschwendung von Geld, Grips und Zeit?

 

Schlussgedanken

 

Wir hatten das Privileg insgesamt 5 Wochen auf Island zu verbringen während denen wir 5‘500 km mit unserem Wagen zurücklegten. Rückblickend würden wir niemandem empfehlen für weniger als 3 Wochen, besser noch 4, nach Island zu reisen! Wir sind noch nie in einem Land gewesen das so vielfältig ist wie Island. Oft änderte sich das Landschaftsbild alle paar Kilometer vollkommen und war aufs Neue spektakulär. Wo sonst in der Welt kann man all dies so nah zueinander sehen? grossartige Küstenlandschaften, grüne Vegetation, kalbende Gletscher, Eiskappen, Eisberge, Lavawüsten, aktive Vulkane, dampfende Geothermal-Gebiete usw. was immer der Islandbesucher sucht, wird er hier finden. Island bietet Natur in ihrer ursprünglichsten Form und sogar mit einem zwei Rad angetriebenen Fahrzeug gibt es mehr zu entdecken als die Zeit erlaubt. Zudem ist die Insel nur dünn besiedelt, bietet aber eine hervorragende Infrastruktur, welche die raue Natur den Besuchern zugänglich macht.

Man hat es wohl schon längstens gemerkt; wir sind von Island total begeistert -  es ist einfach super und absolut phantastisch!

 


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