< letztes Kapitel | Kapitelauswahl + Photos | nächstes Kapitel > |
Reisetagebuch Kapitel 20 [Juli 2009 - September 2009] als PDF (Nord-Atlantik: eine faszinierende Reise durch die Färöer Inseln, Island und Grönland) |
|
Grönland | Island | Top |
Fotos |
Die Färöer Inseln: unbekannte Juwelen
Als
wir uns entschlossen die Färöer Inseln zu
bereisen war uns klar, dass wir kaum mit gutem Wetter rechnen können.
Ironischerweise traf der Buchungsbeleg für die einzige Unterkunft die wir im
Voraus reserviert hatten, nass und kaum lesbar bei unserer Adresse in der
Schweiz ein. Um die Chancen auf wenigstens ein paar Tage mit passablem Wetter
zu erhöhen, entschieden wir uns zwei Wochen zu bleiben.
Die
18 vom Golfstrom umgebenen Inseln der Färöer Gruppe liegen im Nordatlantik,
etwa auf halbem Weg zwischen Schottland und Island. Die Landfläche misst
ungefähr 1‘400 km2 und die Bevölkerung verteilt sich über 17
spärlich besiedelte Inseln. Von den 49‘000 Einwohnern, lebt die Mehrheit (19‘500)
in Torshavn. Weitere 20‘000 Färöer leben in Dänemark.
Der
Archipel ist ungefähr 113 km lang und 75 km breit. Sehr enge Sunde und Fjorde
trennen die vulkanischen Inseln und kein Punkt der Färöer ist mehr als 5 km vom
Meer entfernt. Wenn man in verschiedenen Reisehandbüchern blättert, das Klima
wird immer mit den drei gleichen Worten beschrieben: wild, nass und windig!
Obwohl die Durchschnitts-Temperatur im Winter dank dem Golfstrom moderate 3°C
beträgt, steigt sie im Sommer gerade auf 11°C.
Historiker
glauben, dass die bis dahin unbewohnten Inseln um das 6. Jahrhundert von
Keltischen Mönchen besiedelt wurden. Etwa im Jahr 800 trafen die ersten Wikinger
ein; Norwegische Bauern. Durch die oft gewaltsame Einführung des Christentums
verloren die Siedler ihre Unabhängigkeit und in der Folge wurde ihr Territorium
1035 dem Norwegischen Königreich einverleibt. Im Jahr 1380 fiel Norwegen an
Dänemark und diese Union wurde erst 1814 aufgelöst, wobei Norwegen unter
Regentschaft des Schwedischen Königs kam. Die Färöer Inseln blieben zusammen
mit Island und Grönland weiterhin unter Dänischer Herrschaft. Ausser einer
kurzen Periode unter Englischer Besetzung während des zweiten Weltkrieges,
gehörten die Färöer Inseln seither zu Dänemark und geniessen heute den Status
eines selbstverwaltenden autonomen Gebietes innerhalb des Königreichs. Die
Landeswährung ist die Dänische Krone, die Banknoten werden aber in Färöischen
Motiven gedruckt.
Erste Eindrücke von Torshavn
Dreissig
Stunden nachdem die riesige Autofähre Norröna von Hanstholm in Dänemark abgelegt
hatte, trafen wir mit diesem Boot, das fast schon ein Kreuzfahrtsschiff ist, am
15.07.2009 in den Färöer Inseln
ein. Wir fuhren unser Auto von der Fähre und waren bereits Mitten in der
Hauptstad Torshavn. Wir fanden bald zu unserer Frühstücks-Pension oberhalb der Stadt und wurden
freundlich empfangen - auch mit Wetterglück, denn der Nebel lichtete sich bei
unserer Ankunft. Torshavn schmiegt sich malerisch an einen Hügel über dem
Hafen, weshalb fast die gesamte Bevölkerung schöne Aussicht hat, wenn das
Wetter einmal mitspielt.
Da
Brigitte Angst hatte, dass dies vielleicht unser einziges Schön-Wetter-Fenster
sein könnte und die nächste Sintflut jederzeit einsetzen könnte, hetzten wir so
schnell wie möglich wieder los um Torshavn zu erkunden. Bis zum Abendessen
hatten wir noch viel Zeit und nachher noch mehr, da es hier nun fast die ganze
Nacht hell blieb. Was uns als erstes ins Auge stach, waren die modernen,
gemütlich aussehenden Häuser. Sowohl einige ältere historische, als auch einige
ausgefallene moderne Häuser hatten ein Grasdach. Dieses bestand aus
ausgestochen Torf-„Ziegeln“ welche mit Moos und Gras bewachsen waren.
Im
Regierungsviertel Lögting sieht man nur traditionelle gut restaurierte Gebäude,
fast alle mit Grasdach. Es erstaunte uns, wie viel Verkehr sich durch die engen
Gassen dieser Kleinstadt zwängt.
Torshavn
bietet eine gute Auswahl an Restaurants, aber viele sind recht teuer. Nachdem
wir die Preise in mehreren Lokalen gesehen hatten, waren wir überrascht, wie
voll sie sind. Da war eine Sushi-Bar die für eine kleine Sushi Platte glatt 750
DKK verlangte (~100 Euros) aber der Kellner informierte uns bedauernd, dass das
Lokal an diesem Mittwochabend bereits ausgebucht sei… In einem Italienischen
Lokal fanden wir schlussendlich vorzügliche Pizza & Pasta Gerichte für etwa
100 DKK. Die Färöer Inseln sind sicher keine preiswerte Destination, aber nicht
nur die Preise, sondern auch der Standard ist sehr hoch was sowohl auf
Unterkünfte, als auch auf Mahlzeiten zutrifft.
Die
Preise sind irgendwie ein Spiegel des hohen Lebensstandards, den die Leute auf
den Färöer Inseln geniessen, obwohl sie während der neunziger Jahre noch in
einer Wirtschaftskrise steckten. Obwohl man im ganzen Land überall Schaf-Farmen
sieht, ist es wirtschaftlich vor allem vom Fischfang und Fischzucht abhängig (95%
der Exporte und 50% des BSP). Als Dänemark der EU beitrat, weigerten sich die
Färöer zu folgen um ihre 200 Meilen-Fischerei-Zone vor der EU Konkurrenz
abzuschotten.
Vogelinsel Mykines
Am
nächsten Morgen schien die Sonne schon wieder und es gab weit und breit kein
Anzeichen einer Sintflut. Deshalb entschieden wir uns gleich zur Insel Mykines aufzubrechen,
welche für ihre Vielfalt an Vogelkolonien bekannt ist. Zuerst fuhren wir über
die dramatische Bergstrasse von der wir die ersten spektakulären Gebirgszüge
mit ihren vielen Felsschichten, die so typisch sind für die Färöer, sehen
konnten. Zudem leuchteten rundherum Inseln aus dem blauen Meer.
Nun
nahmen wir den Untersee-Tunnel, der die Inseln Streymoy und Vágar verbindet.
Auf der anderen Seite erwartete uns wiederum eine schöne Panoramastrasse,
welche uns zum Hafen in Sørvágur führte. Hier parkierten wir unseren
Wagen und nahmen die paar Dinge mit, die wir auf der verkehrsfreien Insel
benötigen würden. Die Passagierfähre war eigentlich eher ein Schnellboot,
welches uns vorbei an spektakulären Klippen und hohen Felsformationen an unser
Ziel brachte.
Der
Hafen von Mykines liegt unterhalb einer hohen Felswand an welcher viele Vögel ihre
Nistplätze haben. Die Luft war erfüllt von ihren lauten Schreien und einem sehr
intensiven Geruch. Über eine steile Treppe stiegen wir hinauf zur einfachen
Herberge. Obwohl nur 5 Personen permanent hier leben, besteht das Dorf aus ein
paar dutzend bunten Häusern. Momentan war es eigentlich gar nicht so ruhig, da
viele einheimische Familien ihre Sommerferien in einem Haus verbrachten,
welches sie geerbt hatten. Alle waren sehr gut unterhalten und hatten meist ein
Grasdach. Das Dorf thront auf einem grünen Hügel mit Blick auf die Westküste,
welche hier auch den westlichsten Punkt der Färöer markiert.
Die
meisten Touristen kommen nur für einen Tagesbesuch hierher, weshalb wir
unvermeidlich auffielen, da wir hier übernachteten. So sprachen uns einige der
„Einwohner“ an und plauderten mit uns.
Wir
brauchten nicht weit zu gehen um die ersten Papageientaucher zu sehen. Sie
nisten in Erdlöchern, ganz zuoberst auf den Klippen über dem Dorf. Diese
putzigen Vögel sind nicht sehr scheu und lassen Menschen bis auf ein paar Meter
an sich heran kommen, bevor sie wegfliegen. Deshalb sind sie einfache Beute und
ergänzen die Nahrung der Färöer seit Jahrhunderten. Selbst kleine Kinder können
sie einfangen.
Mit ihren bunten Schnäbeln sehen die Papageientaucher recht drollig aus und
sind die Fotostars der Touristen. Es gibt aber noch viele weitere Wasservögel
die auf Mykines nesten: Sturmvögel, Basstölpel, sowie Grosse Skuas, Dreizehen-Möwen
und andere Möwen-Arten um nur die auffälligsten zu nennen, insgesamt gibt es
aber über 30 Vogelarten.
Es war mystisch wie schnell Nebel scheinbar aus dem Nichts auftauchte und auch
urplötzlich wieder verschwinden konnte. Wir konnten dieses magische
Naturphänomen gleich mehrmals erleben waren aber trotzdem froh, dass wir vom
richtig dicken Bodennebel, bei dem man nicht einmal mehr die Schuhe sieht,
verschont blieben.
Mykines
ist zwar sehr dünn besiedelt, aber trotzdem sehr gut mit öffentlichem Verkehr
erreichbar. Es gibt natürlich keinen Linien-Bus, aber ausser dem Boot gibt es
einen Linien-Helikopter, genauso wie auf alle anderen Inseln der Färöer. Da
diese Flüge von der Regierung subventioniert werden, sind sie auch nicht all zu
teuer. Es gibt höchstens noch ein Problem: wenn das Meer zu stürmisch ist, kann
das Boot nicht anlegen und wenn der Nebel zu dicht ist, kann der Helikopter
nicht landen.
Nach
dem Abendessen wanderten wir nochmals den steilen Grashang hinauf zu den
Vogelklippen. Die Sonne war bereits hinter dem Horizont verschwunden doch der
Himmel leuchtete noch bis weit nach Mitternacht in den schönsten Farben. Wir
genossen diesen wunderbaren Ausblick über ein Nebelmeer und hörten nur wie die
Wellen tief unter uns an den Klippen brachen, doch das Meer selbst sahen wir
nie. Noch bevor es richtig dunkel werden konnte, hellte sich der Himmel schon
wieder auf.
Am
nächsten Morgen war das Wetter noch perfekter und die Einheimischen sprachen
bereits von tropischen Temperaturen, nachdem das Thermometer auf stattliche18°C
angestiegen war. Man weiss nie wie lange so eine Schönwetter-Periode anhält und
Brigitte wollte noch so viel wie möglich entdecken, bevor die Sintflut
einsetzt. Wir standen sehr früh auf und besuchten schon vor dem Frühstück die
Papageientaucher ein weiteres Mal. Natürlich konnten wir nicht länger bleiben
und so nahmen wir das Morgenboot zurück nach Sørvágur um unsere
Entdeckungsreise auf der Insel Vágar
fortzusetzen. Wir schätzten es, dass der Kapitän diesmal die Felsformationen im
Meer auf der anderen Seite umfuhr, womit wir die spektakuläre Überfahrt aus
einem anderen Blickwinkel erleben konnten.
Besuch auf Vagar und
Streymoy
Wieder
im Auto, erkundeten wir zuerst Vagar‘s gepflegte bunte Häuser in Bøur und Miðvágur.
Nachdem wir wiederum über den mautpflichtigen Untersee-Tunnel zurück nach Streymoy gefahren waren, zahlten wir die fällige Gebühr in einer nahegelegenen
Tankstelle. Es gibt zwei solche Tunnels und genauso wie bei allen Autofähren,
ist die Gebühr nur bei der Rückfahrt zu bezahlen.
Von Hvalvik
aus fuhren wir entlang des Sundes Sundini ins grüne Tal Saksunurdalur. Die Fahrt auf einer neu asphaltierten einspurigen Strasse, führte
entlang eines kleinen Flüsschens und war bereits sehr lohnenswert. Am
nördlichen Ende befindet sich die winzige Ortschaft Saksun. Die Holzhäuser
haben weisse Fensterrahmen und manchmal ein weiss gestrichenes gemauertes
Erdgeschoss. Nach alter Tradition sind sie mit Teer, der gleichzeitig als
Anstrich dient, imprägniert. Ein Grasdach vervollständigt das kontrastreiche
Bild. Die Wiesen an den umliegenden Hängen leuchteten in einem so intensiven
Grün, dass es uns an junge Reisfelder erinnerte. Saksun’s Kirche thront
ausserhalb des Dorfes über einer wunderschönen Lagune. Die Mündung ähnelte
einer engen Schlucht durch die sich ein Fluss sein Bett in den Sand grub. In
der Tat handelt es sich hier aber um eine Gezeiten-abhängige Lagune und die
grell grün leuchtenden Algen werden bei Flut wohl unter Wasser stehen.
Wieder
zurück in Hvalvik bogen wir auf die Küstenstrasse ein und folgten dem Sund bis
an sein nördlichstes Ende. Die Sicht auf die Insel Eysturoy, welche nur ein
paar hundert Meter entfernt ist, wurde leider durch aufkommenden Nebel etwas
getrübt. Er hing an den umliegenden Hügeln und liess ab und zu noch ein paar
Sonnenstrahlen durch, was dem Bild einen mystischen Rahmen gab. Am Ende der
Strasse befindet sich Tjørnuvik, malerisch eingebettet zwischen
intensiv grünen Hügeln und einem schwarzen Sandstrand. Die Häuser sind hier
eher modern, aber nichts desto trotz hängen die Leute auch hier ihren Fisch in
den Garten zum trocknen (und parfümieren der Luft). Die Bauern mähen das Gras
der steilen Berghänge und legen es anschliessend zum trocken über Holzgestelle
(riecht gut!) genauso wie wir es von den Schweizer Alpen kennen.
Fünf
Tage auf Suðuroy
Nun fuhren wir auf schnellstem Weg zurück nach
Torshavn. Dort nahmen wir die Autofähre Smyril die uns in einer zweistündigen
Überfahrt nach Tvøroyri auf der südlichsten Insel Suðuroy brachte. Wir waren überrascht wie voll das Boot war,
wenn man bedenkt, dass nur 4‘600 Menschen auf Suðuroy leben. Überraschend auch, wie gross das
Boot ist. Es kann bis zu 200 Autos gleichzeitig aufnehmen und fährt dennoch
drei- bis vier Mal täglich. Die Fähre ist stattliche 135 Meter lang und 20
Meter breit und bietet mehrere Aufenthaltsräume, ein grosses Restaurant und
einen Kiosk, der das ungemein beliebte Softeis in rauen Mengen absetzt.
Die Überfahrt war sehr ruhig, obwohl es in der
Zwischenzeit so aussah, als ob sich eine Sintflut aufbauen würde. Folgedessen
konnten wir zwar ein paar sehr mystische Bilder aufnehmen, von den berühmten
Felsinseln Litla Dimun und Stora Dimun an denen wir vorbei schipperten, sahen
wir aber nur ein paar Andeutungen.
Für 500 DKK (€ 65) nahmen wir uns in Tvøroyri ein Zimmer in einem sehr komfortablen Gästehaus.
Budget-Unterkünfte kosteten im ganzen Land etwa gleich viel, aber der Standard
lag meist über dem „Budget Standard“ im Rest der Welt. Hier haben wir gemerkt,
dass man auf den Färöern nie ohne Reservation reisen sollte. Viele Gästehäuser
haben gar keine Rezeption und der Hausmeister oder Besitzer kommt nur vorbei um
ankommende Gäste zu empfangen. Diesmal hatten wir Glück, denn eine Familie die
mit demselben Boot kam, hatte Zimmer gebucht und ihretwegen war der Verwalter vor
Ort.
Am nächsten Tag regnete es ein wenig, zwar nicht genug
um von Sintflut zu reden, aber es war doch nass und windig. So kauften wir uns
dunkles schweres Brot, wie man es auf den Färöern überall leicht findet und
blieben im trockenen. Als bescheidene Weltenbummler holten wir als nächstes
unsere Espresso Maschine aus dem Kofferraum und genossen einen schmackhaften
Kaffee dazu. Als der Besitzer des Gästehauses dies sah, wollte er uns das edle
Stück gleich abkaufen, aber nix zu machen; wir geben sie nicht her!
Bereits am nächsten Nachmittag hellte es wieder auf
und wir machten uns sofort auf die Socken um den Norden Suðuroy’s zu erkunden. Entlang
der Strasse erwarteten uns dann noch so ein paar kleine Herausforderungen; wir
mussten durch die ersten beiden unbeleuchteten einspurigen Tunnels – die ersten
von vielen. Der hohe Ausbaustandard des Strassennetzes auf den Färöer Inseln ist
beeindruckend, erst recht wenn man sieht, wie viele Dörfer mit nur einer handvoll
Einwohner durch einen Strassentunnel erschlossen sind. Als die Wirtschaft der
Färöer auf dem Höhepunkt war, machte man im Mutterland Dänemark anscheinend
Witze darüber, ob die Inseln in einen Emmentaler umgestaltet würden.
Die vielen
ehrgeizigen Tunnelbau-Projekte führten nach einer Wirtschaftskrise beinahe zum
Staatsbankrott. Aber sobald das Schlimmste vorbei war, wurde fleissig weiter
gebohrt um noch weitere Kleinst-Dörfer ans Strassennetz anzubinden. Ironischerweise
gab es mehr als einen Fall bei dem die letzten Einwohner das Dorf verliessen,
sobald ein Zügelwagen den neuen Tunnel passieren konnte. Auf Kalsoy hat man
sogar einen Tunnel gebaut nur um die Schafe auf der andern Seite des Berges
weiden zu lassen!
Da es nur sehr wenig Verkehr hat, ist es verständlich,
dass sogar 3 km lange Tunnels nur einspurig gebaut wurden. Die eine
Fahrtrichtung hat Vorfahrt und entgegenkommender Verkehr muss in seitlichen
Buchten warten. Da der Fels der Tunnelwand weder betoniert noch gestrichen ist,
fährt man wirklich durch ein stockdunkles Loch. Häufig sind diese schnurgerade
und so sieht man wenigstens Licht am Ende des Tunnels, sofern kein anderes
Fahrzeug entgegen kommt. Wenn aber eines kommt, ist es sogar für die
Einheimischen schwierig einzuschätzen wie weit dieses noch entfernt ist.
Entweder wartet man ewig in der Ausweichstelle, oder man geht das Risiko ein,
dass man im rabenschwarzen Loch den Rückwärtsgang einlegen muss. In den meisten
dieser Tunnels kam uns kein einziges Fahrzeug entgegen, aber Fahrrad-Fahrern
wird definitiv von diesen Tunnels abgeraten.
Sandvik
heisst das Dorf am Ende dieser Strasse und der Name erklärt: es liegt an einer
sandigen Bucht. Hinter dem Dorf marschierten wir zu einem Aussichtspunkt um
etwas vom Glyvraberg, einer Felsinsel unterhalb der Klippen, zu sehen. Es gab
auch noch ein paar andere Möglichkeiten um an die Westküste zu gelangen, wo es
inzwischen sogar sonnig war. Brigitte wurde sofort wieder übermütig und schlug
vor, gleich auch noch die südliche Hälfte Suðuroy’s zu entdecken um das
Schönwetterfenster auszunutzen. Kein Problem, von Nord nach Süd sind es ja nur
53 km. Um die Zeit optimal nützen zu können, assen wir bloss einen Imbiss; wir
fuhren zur nächsten Tankstelle, bestellten einen Französischen Hot Dog und
danach ein Softeis, genau wie die Einheimischen.
Steilklippen im südlichen Suðuroy
Nun
fuhren wir über eine enge Passtrasse in der Hoffnung die steilen Klippen im
besten Sonnenlicht bewundern zu können. Dummerweise hat uns aber der Nebel
einen Strich durch die Rechnung gemacht und wir waren heilfroh, dass wir
überhaupt noch die Strasse vor uns sahen. Sobald wir wieder tiefer kamen,
liessen wir die Nebeldecke hinter uns und als wir Sumba erreichten, war es
sogar wieder sonnig. Vom Akraberg Leuchtturm aus, welchen wir danach besuchten,
konnte unser Blick wieder ungehindert hinaus übers unendliche Meer schweifen.
Genauso
verbreitet wie das sattgrüne Gras auf den Hügeln, sind auch die Schafe die
darauf weiden. Die Schafe auf den Färöern sind äusserst robust und ihre aussergewöhnlich
dicke Wolle schützt sie im harschen Klima. Man erzählte uns, dass sich die kleinen
Herden bei intensivem Schneefall an einem geschützten Ort sammeln und da ihre
Körperwärme den Schnee auf ihrer Wolle schmelzen lässt, entsteht über den
dichtgedrängten Schafen eine Eisdecke. Darunter können sie bis zu zwei Wochen
überleben.
Die meisten Schafe die wir sahen waren nicht geschoren und jetzt im Sommer
stiessen sie ihre alte Wolle ab, da neue dicke bereits im Wachstum begriffen
war. Die alte Wolle hing nun zottig an den Tieren, sodass manches Schaf aussah
als hätte es Rasta Locken! Auch langhaarige Ziegen sah man oft neben den
(flippigen) Schafen grasen.
Da
uns die Sonne am nächsten Tag schon wieder beglückte, entschieden wir uns
diejenigen Ecken Suðuroys nochmals zu besuchen, welche wir tags
zuvor nicht sehen konnten. Diesmal nahmen wir die Küstenstrasse nach Vágur, der
zweitgrössten Gemeinde der Insel. Von dieser Strecke genossen wir eine tolle
Rundsicht: von Fischzuchten im Fjord zu den Gipfeln der Berge. Fast jedes Mal
wenn wir anhielten, ergriffen ein paar Vögel die Flucht. Meistens waren es
entweder Regenbrachvögel die glucksende Laute von sich gaben wenn sie aufflogen
oder Austernfischer, von denen wir nicht wussten, dass sie sich auch gern im Gras
hoch über dem Meer aufhalten. Es hatte auch überall dickes Moos und winzige
Blumen, viel grauer oder brauner Fels, aber auch (theoleiitische) Basalte und
Lava.
Dank dem
Verkehrsbüro in Vágur fanden wir eine steile Strasse die uns zu einem
phantastischen Aussichtspunkt oberhalb der Kamarit Klippen führte. Diese sind
genauso beeindruckend wie die berühmten 476m hohen Beinisvørð
Klippen. Obwohl es kaum Wind hatte, trauten wir uns fast nicht unsere Nasen
über den Abgrund zu strecken weil es so viele Erdspalten entlang der
Abbruchkante hatte. Stellt Euch vor wie wir die Kamera ausstrecken, die Augen
schliessen und abdrücken um danach auf dem Monitor nachzusehen was auf dem Bild
ist… Aber nein! Wir wollten nicht auf dem Bauch an die Kante robben, weil
wirklich überall Schafsmist lag.
Wir
hatten noch nicht genug und wollten unbedingt noch mehr von diesen steilen
Klippen sehen. So nahmen wir noch einmal die schmale und kurvenreiche
Bergstrasse in Angriff, welche gestern im dicken Nebel versunken war. Heute war
die Sicht zwar viel besser, doch um die höchsten Gipfel hing wieder eine
Nebeldecke. Wenigstens war die Sicht nach unten ziemlich frei und so konnten
wir doch zumindest etwas weniges von diesen unglaublich hohen, fast senkrecht
abfallenden Beinisvørð Cliffs erspähen.
Auf
unserem Rückweg machten wir noch einen Abstecher zuerst nach Vikarfjorður und
danach einen weiteren über eine Passtrasse nach Famjin. Dieses hübsche Dorf an
der Westküste ist bekannt für seine intensiven Sonnenuntergänge. Wir stoppten
bei einem Schild auf welchem sich dieser Ort damit brüstet im Jahr 2006 einen
„Clean & Green“ (sauber und grün) Preis gewonnen zu haben. Wir waren total
perplex! Noch nie haben wir ein Land gesehen das so ordentlich, sauber und grün
war wie die unberührten Färöer Inseln (sorry Neuseeland). Wie können sie nur
auf die Idee kommen, dass ein Ort noch besser und grüner sei als ein anderer?
Für uns war er genauso gut wie jeder andere auch!
Ausser
dass wir hier ein weiteres bildhübsches Dorf an wunderschöner Lage vorfanden,
genossen wir hier die besten
Waffeln
nördlich von Belgien. Sie wurden mit einem wunderbaren Duft, mit einem guten
Kaffee und erst noch mit einer kleinen Rechnung serviert.
An
unserem letzten Tag in Suðuroy spazierten wir nur noch etwas in und um Tvøroyri, mit 1‘800 Einwohnern die grösste Gemeinde der Insel. Die grosse Kirche war
in Norwegen gebaut und stückweise hierher verschifft worden. Sie wurde von
einer einheimischen Kaufmannsfamilie gestiftet. Nicht nur hinter der Kirche
sondern auch an mehreren Orten ausserhalb des Dorfes sahen wir Basaltsäulen.
Die Bauern waren damit beschäftigt Gras zu schneiden um es dann auf
Holzgestellen trocknen zu lassen. Wir wissen nicht genau weshalb sie es mit
Netzen abdecken, aber wir denken es ist wohl damit der Wind das Heu nicht davon
bläst.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Fjordes befindet
sich die Anlegestelle für die grosse Autofähre. Das Meer kam uns zwar ruhig
vor, doch als wir die Smyril auslaufen sahen, waren wir verdutzt wie stark sie
in den Wellen schaukelte. Als wir am nächsten Morgen dasselbe Boot zurück nach
Torshavn nahmen, hatte sich das Meer zum Glück wieder beruhigt, obwohl es nun
regnete. Heinz hat fast den ganzen Trip verschlafen da er sein Frühstück
vorsichtshalber noch mit ein paar Tabletten gegen Seekrankheit anreicherte, für
alle Fälle.
Rundfahrt durch Eysturoy
Von
der Fähre fuhren wir zur Insel Eysturoy im
Nordosten. Wir kamen in Eiði vorbei und besichtigten ausserhalb des Dorfes die
zwei markanten Felsnadeln, welche auch für eine Legende berühmt sind.
Als
wir im Gästehaus Gjaargardur in Gjógv
unser (reserviertes) Zimmer beziehen wollten, führte man uns zu den sogenannten
“Viking Style Alkoven“. Mensch; die sind aber winzig! Jedes Japanische Capsule
Hotel-Fach ist grösser. Es bestand aus einer Doppelmatratze die zwischen Wand
und Dachseite eingeklemmt war und einem Fenster direkt über dem Gesicht (in der
Dachschräge) damit man die Mitternachtssonne auch sieht. Man konnte nur hinein
kriechen und nur derjenige direkt neben der Schiebetür konnte in diesem
Taubenschlag aufrecht sitzen.
Nun…
so kann’s einem gehen, wenn man sich das Zimmer vor der Reservation nicht
ansehen kann. In krassem Gegensatz zu diesen winzigen privaten „Doppelsärgen“
sind die Gemeinschaftsräume verschwenderisch gross. Brigitte konnte überhaupt
nicht verstehen, weshalb der Architekt nicht 2 Meter davon an die „Zimmer“
abgegeben hat. Sie schimpfte wie ein Rohrspatz, zugegeben, schaute aber
ungläubig wie die umliegenden Taubenschläge vorwiegend von älteren Paaren
bezogen wurden. – wenn wenigstens jeder einen eigenen Schlag bekommen hätte. Na
ja, man kriegt was man bezahlt und wir wollten ja auch nicht für zwei “Zimmer“
bezahlen und schon gar nicht für die grossen Luxuszimmer im Annex.
Um
ihr Temperament wieder etwas zu besänftigen servierte das Restaurant recht
gutes Essen. Der Speisesaal war zwar unnötigerweise beheizt, wie dies im ganzen
Land üblich ist. Man sagte uns, dass hier niemand je die Heizung auch nur einen
Tag im Jahr ausschaltet, nicht einmal in einem Ausnahme-Sommer wie diesem. In
den Färöern jammert man zwar auch gerne über zu hohe Energiekosten, aber wo
immer wir uns ein Zimmer mieteten; es war für unser Empfinden überall zu stark
geheizt. Brigitte wunderte sich schon, dass sie nun urplötzlich mit jeder Tasse
Kaffee Wallungen bekommt, obwohl sie im Haus bloss ein Singlet trug. Bei Heinz
flogen die abnehmbaren Hosenbeine, sobald er durch eine Färöische Haustüre
kam.
Die
Landschaft auf dem Weg nach Gjógv ist äusserst spektakulär und auch das Dorf
selbst sitzt auf einem schönen Fleck. Sein natürlicher Hafen ist nicht viel
mehr als eine breite Felsspalte und dahinter beginnen gleich wieder steile
Klippen. Wir mussten nicht allzu weit gehen um diese Vogelfelsen zu erreichen,
wo wir wiederum ein paar Papageientaucher sahen.
Normalerweise
ist es in Gjogv sehr ruhig, aber an Tagen an denen im 70 km entfernten Torshavn
ein Kreuzfahrtsschiff anlegt, geht hier die Post ab. Die ganze Bootsladung wird
in Buskolonnen hierher verfrachtet und die geschäftstüchtigen Einheimischen
verkaufen überteuerte in der Mikrowelle erwärmte Waffeln und Postkarten zu 2
Euros (Kronen haben ja die Kreuzfahrts-Touristen nicht).
Von hier
aus erkundeten wir während der nächsten zwei Tage die gesamte Insel Eysturoy.
Die meisten Hügel erreichen eine Höhe von 500 – 800 Metern, erscheinen aber
eher wie Berge in den Alpen. Die Strasse führt regelmässig über spektakuläre
Passhöhen von den Ufern des einen Fjordes zum nächsten. Ein sehr intensives
Grün dominiert die Berghänge auf sämtlichen Inseln und auch hier grasen überall
die Schafe.
Die
wenigen Dörfer, die es in dieser Fjordlandschaft gibt, sind alle sehr hübsch,
bunt und sauber. Am besten gefielen uns Funnigur, Funnigsfjørður,
Elduvík und Hellur.
Der
südöstliche Teil Eysturoys war flacher und dichter bevölkert, sodass die
Ortschaften schon fast zusammen schmolzen. Bei Aeduvik ganz im Süden sieht man
zur Insel Nolsoy und sogar auf die Umgebung von Torshavn. Hier stehen ein paar
Windgeneratoren was in den windreichen Färöer Inseln nach einer guten Idee
tönt. Allerdings ist der Wind hier oft so stark, dass die Generatoren
regelmässig abgeschaltet werden müssen. Er ist auch so stark, dass Baustellen-Container
an massiven Betonfundamenten angebunden werden müssen, damit sie nicht davon
fliegen.
Während
unseres Aufenthaltes auf Eysturoy wurde in der Nähe von Gøtugjógv das jährliche Rock-Festival abgehalten. Es nennt sich ganz
einfach G! Wie in der ganzen Welt geht es den Zuschauern wohl auch hier mehr
darum sich zu betrinken, als um gute Musik zu hören, obwohl man jedes Jahr ein
paar international bekannte Artisten engagiert. Als wir dort zum ersten Mal
vorbei fuhren, war gerade eine grosse Zeltstadt am Entstehen. Als wir dort kurz
nach Ende des Spektakels erneut vorbeikamen, lagen zwischen viel Müll noch die
letzten Betrunkenen herum und andere amüsierten sich gerade damit, bäuchlings
über Autoscheiben hinunterzurutschen!
Eindrückliche Nord-Inseln
Am 24. Juli
2009 nahmen wir den zweiten Untersee-Tunnel des Landes, nach Klaksvík auf der
Insel Bordoy. Mit etwa 4‘600 Einwohnern ist dies die zweitgrösste Ortschaft der
Färöer Inseln und für uns ein idealer Ausgangspunkt um die nordöstlichen
Inseln zu entdecken. Zwei Fjorde treffen hier fast aufeinander, aber
Klaksvik sitzt genau in der Mitte. Die Häuser liegen zerstreut an den Hängen
oberhalb der Fjorde, wovon der nördliche als Hafen dient.
Wir
waren froh, dass das Verkehrsbüro vor kurzem eine Jugendherberge eröffnet hat,
da die einzige zentrumsnahe Alternative ein teures Hotel gewesen wäre.
Allerdings war diese Herberge ein wenig wie eine Villa Kunterbunt und zudem hat
sich die junge Rezeptionistin ans G! Festival verzogen. Wir sahen sie zumindest
noch, aber andere Gäste wurden so vernachlässigt, dass sie nicht einmal die
Schlüssel zu ihrem vorausbezahlten Zimmer kriegten…
Als
erstes wollten wir zur Nachbarinsel Kalsoy. Während wir für die Autofähre
anstanden, las Brigitte in unserem Reise-Führer etwas über eine interessante
Wanderung zu einem Leuchtturm. Heinz rechnete aus, dass die Zeit knapp würde, um
mit der letzten Fähre zurückzukehren. Genau in dem Moment als sich die Kolonne
Richtung Boot in Bewegung setzte, machten wir einen Rückzieher und scherten
aus.
Stattdessen
fuhren wir nun zur Insel Viðoy. Um dorthin zu gelangen mussten wir zwei
unbeleuchtete Einspur-Tunnels durchfahren. Im Gegensatz zu den anderen
Einspur-Tunnels in den Färöern, hatte es hier recht viel Verkehr. In den beiden
je 2km langen Tunnels mussten wir mindestens zwanzig Mal in einer
Ausweichstelle anhalten. Einmal kam es sogar vor, dass ein Lastwagen rückwärtsfahren
musste, da die Ausweichstelle nicht den gesamten Gegenverkehr aufnehmen konnte.
Diese beiden Tunnels waren echt furchterregend! Später erzählte uns jemand,
dass dies die ersten beiden Tunnels seien, welche auf der Inselgruppe gebaut
wurden. Damals, 1965 hat niemand erwartet, dass das Verkehrsaufkommen so stark
zunehmen würde. Wie auch immer, es gab Licht am Ende des Tunnels und am Ende
der Strasse wartete das bildhübsche Dorf Viðareiði.
Wie
die meisten andern Dörfer, sah auch dieses viel grösser aus, als dies die
offizielle Einwohnerzahl erwarten lässt. Wir hatten oft den Eindruck, dass hier
viele Häuser leer stehen, obwohl sie nie vernachlässigt aussehen. Man hat uns
erklärt, dass viele Färöer während der Woche in Torshavn leben (und arbeiten)
und nur an den Wochenenden in ihre kleinen Dörfer zurückkehren.
Wie
überall, kamen wir auch hier leicht mit den Einheimischen ins Gespräch. Die
Menschen sind ausserordentlich freundlich und sprechen in der Regel gut
Englisch, was wir sehr schätzten. Leider kennen wir Färöisch und auch ihre
zweit-Sprache Dänisch, nur vom Namen her. Obwohl wir uns den Satz „do you speak
English“ in Färöisch einprägten, schafften wir es nie, ihn so zu betonen, dass
man uns auch verstand. Die Leute schauten uns jeweils nur fragend an und
fragten schüchtern in gutem Englisch: ob wir auch etwas Englisch sprächen. Nun;
Problem gelöst, wir konnten uns immer gut verständigen.
In Viðareiði
schwärmten wir in verschiedene Richtungen aus und genossen an der Ostküste die
grossartige Aussicht zu den Inseln Fugloy und Svínoy. Westwärts sah man zu den
Inseln Borðoy, Kunoy und Kalsoy. He, was sieht man denn da? Auf der am
weitesten entfernten, der höchsten der drei Inseln, hatte es nun einen Nebelhut
und der Leuchtturm, den wir ursprünglich besuchen wollten, war verhüllt. Na da
hatten wir ja Glück, dass wir unseren Plan geändert hatten, denn hier standen
wir in der Sonne!
Nun
wollten wir noch zur verlassenen Siedlung Múli. Sie lag auf der Nachbarinsel Borðoy
nur etwa 2 km Luftlinie über den Sund. Auf der Strasse waren es aber 20 km,
denn wir mussten erst entlang der halben Insel zurück bis zur Brücke fahren.
Dank dem die meisten Inseln recht nah beieinander liegen, war es einfach, sie
mittels Brücken zu verbinden.
Genauso
war auch die Insel Kunoy, die wir als nächstes besuchten, verbunden. Um die
einzige Siedlung an der Westküste zu erreichen, mussten wir noch einen 3km
langen unbeleuchteten Einspur-Tunnel durchqueren, den wir ganz für uns alleine
hatten. Das Dorf hiess ebenfalls Kunoy und die Berge standen wie ein
Amphitheater im Halbkreis über dieser Siedlung. Während eines Spaziergangs
etwas ausserhalb des Dorfs sahen wir einen Schafsbock der mit seinen gerundeten
Hörnern im Maschendrahtzaun stecken blieb. Da wir dem armen Viech nicht helfen
konnten, klopften wir beim nächsten Bauernhaus an die Tür und versuchten sein
Dilemma zu schildern – diesmal in Zeichensprache, denn diese alten Leutchen
sprachen kein Englisch. Also setzte Brigitte „Hörner“ auf und rannte zum
Gartenzaun – nur um zu zeigen… Um es klar(er) zu stellen, zeigte Heinz das Foto
auf der Digitalkamera.
Einmalige Aussicht
Früh
am nächsten Morgen, brachen wir nun definitiv zum Kallur Leuchtturm auf.
Schliesslich hat man uns versichert, dass die Sicht nur an wenigen Tagen im
Jahr so klar sei, wie heute. Und genauso war es! Wir nahmen die Autofähre nach
Kalsoy und fuhren dann Richtung Trøllanes,
einem kleinen Dorf am nördlichsten Ende der Insel. Obwohl die Wanderung zum
Leuchtturm sehr beliebt ist und an diesem Tag von mindestens 10 Personen in
Angriff genommen wurde – sowohl von Einheimischen als auch Touristen, gab es
weder einen Wegweiser noch einen markierten Pfad. Wir mussten den Weg durch die
steilen Schafsweiden selbst finden. Es dauerte fast eine Stunde bis wir in der
Ferne etwas vom Leuchtturm erspähten und somit sicher waren, dass wir auf dem
„richtigen Weg“ sind. Dies ist nur eine von vielen Wanderungen in den Färöer
Inseln, welche fantastisch sind, sofern das Wetter mitmacht, aber sehr
gefährlich, wenn Nebel aufkommt und man oberhalb der steilen Klippen die
Orientierung verliert.
Für
uns hätte es aber nicht besser sein können und das Wetter blieb klar, sodass
wir hoch über den Klippen die wirklich spektakuläre Aussicht voll geniessen
konnten. Unser Blick schweifte uneingeschränkt zu unzähligen Inseln von Ost bis
West.
Auf
dem Weg zurück zur Fähre durchfuhren wir erneut die vier Einspur-Tunnels,
welche der schmalen Insel den Übernamen „die Flöte“ beschert haben. In den drei
winzigen Dörfern entlang unseres Weges bestaunten wir die bunten oder schwarz
geteerten Häuser, mit oder ohne Grasdächer.
Unser
Abendessen hatten wir in „DEM Hotel“ wo sich die Hotelgäste mit denjenigen der
Jugendherberge mischten. Obwohl Klaksvik mit 4‘600 Einwohnern die zweitgrösste
Ortschaft ist, kann die gastronomische Szene überhaupt nicht mit derjenigen
Torshavens Schritt halten. Ausser einem weiteren Restaurant, das allerdings
geschlossen hatte (keine Option) und einigen Fast-Food Optionen (dito), gab es
keine weitere Gaststätte im Ort.
Weil
so wenige Touristen die Färöer Inseln besuchen, läuft man den wenigen anderen
Touristen immer wieder über den Weg. Irgendwie kommt man miteinander ins
Gespräch, da man sich an den verschiedenen Aussichtspunkten und in den hübschen
Dörfern immer wieder trifft. Die allermeisten Besucher kommen aus
Skandinavischen Ländern – die meisten aus (dem Mutterland) Dänemark. Diese
fürchten sich vermutlich am wenigsten vor dem schlechten Wetter.
Apropos
Wetter: während unserer zwei Wochen hatten wir viel besseres Wetter als
Brigitte befürchtete – sozusagen ein „blaSt“(= Magy’s blaue Störung) nach dem
andern. Nach so vielen sonnigen Tagen, hat Brigitte ihre Albträume von der
Sintflut längstens vergessen. Wir wissen natürlich auch, dass wir (wieder
einmal) sehr viel Wetterglück hatten, aber wenn es neblig wäre, führe man an den
beeindruckendsten Landschaften vorbei, ohne sie überhaupt wahrzunehmen.
Den
Färöern scheint Nässe kaum viel auszumachen; wenn es regnet, klappen sie nicht
einmal ihre Kapuzen hoch. Ein Schirm ist normalerweise auch nicht lange von
Nutzen; die nächste Windböe kommt eher früher als später. Mehrmals sahen wir
Kinder in Gummistiefeln am Strand spielen. Wenn sie hinter irgendetwas her
rannten, achteten sie sich kaum darauf, ob sie schon knietief im Wasser waren
oder nicht. Anschliessend drehten sie ihre Stiefel kurzerhand um und die Sache
war erledigt.
Andererseits
zogen sich die Leute aber meistens ziemlich warme Kleider über, auch wenn das
Wetter alles andere als kalt war. Obwohl Frauen oft in Strandlatschen unterwegs
waren, kicherten sie oft, wenn sie Heinz in Shorts sahen.
Zurück in Torshavn
Wir
fuhren zurück nach Torshavn und verbrachten unsere letzten drei Tage wieder in
derselben Frühstückspension in der wir bereits unsere erste Nacht verbracht
hatten.
Wir
waren überrascht, wie viele grosse Läden man in und um die Kleinstadt Torshavn
findet. Wie überall fielen uns auch hier wieder die vielen sehr jungen und
kinderreichen Paare auf. Als wir jemanden fragten, ob unser Eindruck richtig
sei, erfuhren wir, dass die durchschnittliche Frau hierzulande 2.6 Kinder zur Welt
bringt.
Die
Menschen machen einen sehr zufriedenen Eindruck (zumindest im Sommer) und
diejenigen mit denen wir sprachen, bestätigten dies. Die Färöer sehen ihre
Nation gern als eine grosse Familie. Von allen Skandinavischen Ländern haben
sie die niedrigsten Raten an Abtreibungen, Scheidungen und Selbstmorden.
Obwohl die grösste Partei die totale Unabhängigkeit von Dänemark „anstrebt“,
realisiert die Mehrheit der Färöer, dass dies kein vernünftiger Vorschlag ist.
Die kleineren Parteien haben eine Koalition gebildet, um die grösste Partei von
den Regierungsgeschäften fern zu halten. Der Besitzer unseres B&B sagte es
unverblümt: „die Oppositionspartei ist gut im Reden, es sind ja schliesslich
alles Populisten. Zum Regieren sind sie aber überhaupt nicht zu gebrauchen; sie
wissen ja nicht einmal woher das Geld kommt…“
Nationalfeiertag Ólavsøka
Am
28. und 29. Juli, unseren beiden letzten Tagen in Torshavn, hatten wir das
Glück die Feierlichkeiten zum National-Feiertag Ólavsøka
mitzuerleben. Die ganze Bevölkerung war herausgeputzt und die meisten trugen
eine Tracht.
Die Leute versammelten sich im Stadtzentrum um dem Umzug beizuwohnen und den
Reden zuzuhören. Es gab Ruderboot-Wettkämpfe zu denen Mannschaften von allen
Inseln anreisten und anschliessend traf man sich zur Kirmes.
Vor
allem die Trachten der Frauen, genannt Strakkur, sind sehr farbenfroh. Sie
unterscheiden sich je nach Herkunft der Trägerin. Zuerst sah man nicht allzu
viel, da die Röcke unter grossen schwarzen Capes (Ponchos) vor Nieselregen
geschützt wurden. Bald aber kam auch an diesem wichtigen Tag die Sonne wieder
hervor und alle gaben ihre wunderschönen Kostüme preis. Die Tracht der Frauen
ist auf der Brust reich bestickt und mit Silberknöpfen verziert. Der Seidenschal
passt jeweils farblich zur langen Schürze.
Die
Trachten der Männer nennt man Sjóstúka. Sie bestehen aus engen knielangen
Hosen, sowie einem Lodenmantel, beides in Schwarz. Darunter blitzt ein rotes
Gilet hervor, an dem Silberknöpfe glänzen. Die schwarzen Lackschuhe die
traditionellerweise die Kleidung ergänzen, verursachen naturgemäss Blasen, weil
sie oft nur zu diesem jährlichen Anlass getragen werden. Deshalb sieht man am
zweiten Tag deutlich weniger Männer ihre Tracht tragen, viele haben dann nur
noch ihre Mütze (Stavnhetta) auf.
Ganz
süss sind auch die vielen kleinen Kinder die sichtbar stolz ihre Trachten-Kleidchen
zur Schau tragen.
An
diesen beiden Tagen fand auch eine Kirmes statt, die vorwiegend Attraktionen
für kleine Kinder bot. Es war eindrücklich, mit welch einfachen Mitteln die
Kinder hier noch zufrieden gestellt werden konnten, denn es ist kaum
finanzierbar Karussells oder grosse Achterbahnen auf diese kleinen Inseln zu
verfrachten. Stattdessen gab es viele aufblasbare Schlösser und Hüpf-Burgen.
Eine Auto-Scooter-Bahn wurde aus alten Reifen und Seifenkisten improvisiert.
Dann gab es diese, mit Blei versetzten runden Overalls, in denen die kleinen
Spitzbuben zwar selbst kaum stehen konnten, aber immer noch versuchten ihr
Gegenüber umzustossen.
Letzte Eindrücke von der grossen Autofähre
Der eigentliche Nationalfeiertag war aus touristischer
Sicht weniger interessant: der Premier Minister hielt eine Ansprache und
eröffnete die neue Parlaments-Session und danach ging die Bevölkerung brav zur
Kirche. Wir hatten zu packen und schafften es wieder all unsere nicht zu knappen
Habseligkeiten inklusive Zelt- und Küchen-Ausrüstung, Bettzeug, Sommer- und
Winterkleider, Espresso-Maschine und Drucker komplett im Kofferraum unserer Dacia
zu verstauen. Der Fahrgastraum blieb wie immer leer!
Für den Nachmittag hatten wir die Überfahrt mit der
grosse Autofähre Norröna nach Island gebucht. Als das Boot ablegte, war der
Himmel grau und es nieselte, aber kaum waren wir aus dem Hafen brachen ein paar
Sonnenstrahlen durch die Wolken. Zu unserer Überraschung steuerte der Kapitän
den grossen Kahn nicht auf direktestem Weg aufs offene Meer hinaus, sondern
segelte entlang der eindrücklichsten Klippen zwischen den Inseln. Wir konnten
es kaum glauben, wie nah sich der Kapitän an diese gigantischen, meist mehrere
hundert Meter hohen Klippen heran wagte. Unter ihnen schien selbst das riesige
Boot klein. Für uns war dies ein perfekt inszenierter Abschied von den Färöer
Inseln. Die meisten anderen Passagiere haben auf ihrem Weg nach Island nur kurz
den Hafen von Torshavn gesehen und jetzt wurde ihnen wohl bewusst, dass die
Färöer Inseln sicher auch ein lohnenswertes Reiseziel sind.
Die Fähre, welche Platz für 1‘482 Passagiere bietet,
war berstend voll und fast alle standen an Deck und bewunderten die anmutige
Schönheit dieser einzigartigen Landschaft die während fast zwei Stunden vor
unseren Augen vorbei zog. Diese Klippen waren einfach enorm hoch, senkrecht
abfallend, aber auch zerklüftet und mit Schluchten durchzogen. Als Tüpfelchen
auf dem i ragte ab und zu wieder eine Felsnadel am Fuss der Klippen aus dem
Meer auf. Einzigartig - so ein Abschied von einer so einzigartigen Inselwelt.
Die beeindruckende Autofähre Norröna wird von der Smyril
Line, einer Färöischen Gesellschaft betrieben. Die dortige Regierung
ist einer der Hauptaktionäre. Das 9 stöckige Boot, welches in Deutschland
gebaut und 2003 in Betrieb genommen wurde, ist 165 Meter lang und 30 Meter
breit. In seinem Bauch haben bis zu 800
Autos, oder viel Fracht Platz. An Bord befindet sich viel Luxus um die maximal
1‘482 Passagiere auf der 2–2½ tägigen Überfahrt zwischen Dänemark und Island bei
Laune zu halten. Sogar ein Schwimmbad, eine Sauna, sowie ein Fitnessstudio
stehen zur Verfügung. Eine Mannschaft
aus 118 Seeleuten ist für den Betrieb des Bootes samt seiner drei Restaurants,
mehreren Bars, sowie des unumgänglichen Zollfrei-Geschäfts verantwortlich. Entgegen
unseren Befürchtungen hielten sich die Preise fürs Essen und die Getränke noch
im Rahmen, sie entsprachen in etwa dem Preisniveau, welches auf den Färöer
Inseln und in Dänemark üblich ist.
Wie schon auf unserer ersten Etappe mit diesem Boot,
hatten wir auch jetzt wieder Glück, dass das Meer meist sehr ruhig war. Selbst
wenn die See rau ist, schaukelt die Norröna dank ihrer Stabilisatoren, weniger
als so manches Kreuzfahrtsschiff. Eine Liege in einer Nische mit 6 oder 9
Kajütenbetten ist selbst im Preis der billigsten Fahrkarte enthalten. Diese
sind aber ungemein eng, sogar noch schlimmer als im Taubenschlag. In der
neuer-Schlafnische ist über dem obersten, der drei-stöckigen Kajüten-Betten
nicht einmal ein halber Meter Luftraum – nichts für Menschen mit Platzangst!
Natürlich gibt es auch schöne Kabinen, sofern man das notwendige Kleingeld
dafür ausgeben möchte. Vor allem ausserhalb der Hauptsaison lohnt es sich, über
den Mehrpreis nachzudenken (mach Dir ja keine Hoffnungen, dass das Boot dann
halbleer sei).
Kurz durch Island
Am
30. Juli gingen wir in Seyðisfjörður, einem kleinen Dorf an der Ostküste
Islands an Land. Obwohl uns das Wetter am Anfang unserer Island-Rundreise ab
und zu im Stich liess, hat uns das Land sofort fasziniert. Wir hatten nur 9
Tage, doch wir freuten uns jetzt schon, dass wir nach unserer Grönlandreise mit
mehr Zeit nach Island zurückkehren durften. Um unsere Eindrücke über dieses
faszinierende Land nicht auseinander zu reissen, werden wir es weiter unten am
Stück beschreiben.
Im
Moment wollen wir nur verraten, dass wir entlang Islands Südküste bis nach Reykjavík
gefahren sind, wo wir ein Flugzeug nach Grönland bestiegen.
Färöer_Inseln |
|
Island | Top |
Fotos Videos |
Grönland: warme Arktische Sommerwochen in der Disko Bucht
Für
einige Leute ist
Grönland ein raues
kaltes Land, welches nur mit einer Expedition erreicht werden kann. Andere
finden es sinnlos dorthin zu gehen, weil es ausser viel Eis nichts gibt und
kaum Menschen dort leben. Für andere wiederum ist es DIE Kreuzfahrt Destination
und für viele bleibt es nur ein Traum: zu teuer und zu weit weg.
Als
wir am 8. August 2009 an Bord eines 37-Plätzers von Air Iceland an Grönlands
Westküste eintrafen, bot sich unseren Augen bereits beim Landeanflug auf
Ilulissat ein unglaubliches Bild. Die Sicht über die gigantische Eiskappe mit ihren
vielen Gletscherzungen und auf die abgebrochenen Eisberge, welche zwischen den
felsigen Fjorden trieben, war einfach umwerfend schön. Auf einigen der
gigantischen Eisberge hatte es stahlblaue Seen. Mancherorts lagen die Eisberge
so dicht nebeneinander im Wasser, dass wir die einzelnen nicht voneinander
unterscheiden konnten. Welch ein Bilderbuch Empfang in diesem faszinierenden
Erdteil!
Mit
2’166’086 km2 ist Grönland die grösste nicht kontinentale Insel der
Welt. Etwa 85% der Landmasse ist mit einer bis zu 3 km dicken Eiskappe bedeckt.
Falls diese schmelzen sollte, würde der gesamte Meeresspiegel um 7 Meter
ansteigen. Mit 57‘000 Einwohnern ist Grönland auch das am dünnsten besiedelte
Land und nur 12 Siedlungen haben mehr als 1‘000 Einwohner. Grönländer nennen
ihre Insel “Kalaallit Nunaat” was „Land der Leute“ bedeutet. Es ist ein
autonomes Gebiet innerhalb des Dänischen Königreiches mit der Dänischen Krone
als Zahlungsmittel. Da 90% der Exporte von der Fischerei abhängig sind, hat
Grönland die EU verlassen um seine Fischereizonen zu schützen. Das Gebiet ist
stark von Dänischen Subventionen abhängig, welche jährlich 633 Mio. USD oder $
11‘300 pro Kopf der Bevölkerung ausmachen.
Eintauchen in eine Postkarte
Als
wir das Flughafengebäude verliessen, hatten wir den Eindruck, als ob wir direkt
in ein Postkartenbild eintauchen würden. In Ilulissat sind alle Häuser sehr
farbenfroh; wirklich auffällig bunt und die Lage am Eisfjord ist einfach
atemberaubend! Viele Eisberge trieben auf dem stahlblauen Wasser und dazwischen
navigierten kleine Boote. Wir bezogen unser Zimmer in der Jugendherberge, welche zwar einfach
aber nicht unbedingt billig ist. Es gibt hier nur kleine zweier Zimmer mit
Kajüten-Betten, doch Uli der freundliche Herbergsleiter kompensiert für den
Mangel an Komfort. Kompensiert wird man hier ja vor allem durch die einmalige
Umgebung und so genossen wir diese nun in vollen Zügen und verschoben
heimeliges Wohnen auf Länder wo die Standards zwar höher, aber die Landschaften
im Vergleich zu Grönland eher banal sind. Wir schwärmten sofort aus um die
einzigartige Umgebung direkt vor der Tür zu erkunden.
Ilulissat Kangerlua: die Mutter der gigantischen Eisberge
Das aussergewöhnlich
hübsche Dorf Ilulissat ist bereits eine
Attraktion für sich selbst. Die Natur hält aber gleich um die Ecke eine
Hauptattraktion bereit, die dem Dorf sogar noch die Schau stiehlt: Ilulissat
Kangerlua ein gigantischer Eisfjord. Seinetwegen kamen wir hierher und gaben
all dieses Geld aus! Von den Felsen sieht man hinunter auf den Fjord der aussieht,
als wäre er ein Fluss voll von gigantischen Eisbergen. Es ist ein ehrfurchtgebietender
Anblick, obwohl man die wahre Grösse des Fjords selbst von der höchsten Stelle
nicht richtig ausmachen kann. Dieser ist tatsächlich 65 km lang und 7 km breit.
Die kleineren Eisberge trieben sanft Richtung Meer während die grösseren
irgendwo stecken geblieben sind.
Diese
Eisberge kommen alle vom Sermeq Kujalleq, dem grössten Gletscher auf der
nördlichen Halbkugel und konsequenterweise dem grössten Abfluss des Inlandeises.
Jedes Jahr brechen 20 Billionen Tonnen (oder 35km3) Eis von diesem (sich
zurück ziehenden) Gletscher ab. Im Tagesdurchschnitt entspricht dies in etwa
dem jährlichen Wasser-Verbrauch von New York City. Der Gletscher kalbt nur etwa
alle zwei Wochen und dann tönt es wie das grösste Donnerwetter. Die Eismasse
die an der 7km breiten Abbruchkante abbricht ist gigantisch. Wissenschaftler
berechneten, dass dies einem Abfluss von 40 Metern pro Tag entspricht. Es kann
bis zu zwei Jahre dauern, bis ein Eisberg, welcher unterwegs noch mehrmals
auseinander brechen kann, die Mündung des Fjordes 65km flussabwärts erreicht.
Viele
der Eisberge, die bis zu 7 Mio. Tonnen schwer sein können, laufen bei der
Unterwasser-Moräne auf, die quer zur Fjordmündung liegt. Dort sitzen sie bis zu
einem Jahr fest, da das Wasser an dieser Stelle nur 200-300 Meter tief ist,
viel zu wenig für die meisten dieser Eisgiganten. Die 50 Meter oder so, welche
aus dem Wasser ragen, sind nur die legendäre Spitze des Eisbergs, denn 87%
ihrer Masse liegt unter der Wasseroberfläche. Kein Wunder also, dass sie an der
Moräne stecken bleiben und geduldig warten müssen, bis sie weiter auseinander
brechen oder von einer Springflut in die Disko Bucht hinaus gehoben werden. Je
nach momentanen Wind- und Strömungsverhältnissen, treiben sie dort zuerst in
unterschiedliche Richtungen, aber schlussendlich zieht es die meisten an die
Ostküste Kanadas.
Ilulissat: ein Touristen Magnet
Dank
der Moräne ist die Mündung des Eisfjords immer vollgepackt mit Eisbergen und
dadurch wurde Ilulissat zum touristischen Hauptort Grönlands. Deshalb ist
dieser Ort auf Touristen eingestellt. An Tagen an denen Kreuzfahrt-Schiffe
anlegen, wird er aber mit bis zu 600 zusätzlichen Besuchern für ein paar
Stunden etwas überrannt. Sobald sie abgezogen sind, ist es im Ort wieder ruhig
und eigentlich nicht übermässig touristisch.
Der
Zufall wollte es, dass wir vier der Passagiere kannten, welche diesen Sommer
eine Kreuzfahrt nach Ilulissat gebucht hatten. Zwei davon kamen erst später,
aber Brigittes Verwandte kamen genau während unseres Aufenthaltes. Obwohl uns
aufgefallen war, dass ihr Kreuzfahrt-Schiff im Hafen vor Anker lag, war es doch
mehr Zufall als Planung, dass wir den beiden hier begegneten. An diesem Tag
machten wir eine grössere Wanderung und unter einer der vielen Gruppen, die wir
kreuzten erkannten wir plötzlich diese zwei Schweizer: Mia & Hansruedi. Sie
riefen ganz spontan aus:“bis jetzt hatten wir nicht den Eindruck, dass Grönland
so klein ist!“ Wir hatten nur ganz kurz Zeit für einen Schwatz bevor die beiden
ihre Gruppe einholen mussten, welche von Moskitos umgeben war. Wir waren spät
genug in der Saison, dass wir kaum noch Mücken ertragen mussten. Im Sommer
müssen diese enorm lästig sein und die wenigen die noch übrig blieben,
umschwärmten erstaunlicherweise vorwiegend die Gruppen der
Kreuzfahrt-Passagiere. Wir hatten Glück, dass den Mücken der Duft des Parfüms,
welches einige Leute trugen, besser zusagte als der Duft unseres Schweisses.
Täglich
wanderten wir entlang eines der gut markierten Pfade, welche zwischen zwei und
acht Kilometer lang sind. Diese führen entlang der felsigen Hügellandschaft mit
atemberaubender Aussicht auf den Eisfjord. Jedes Mal wurden wir mit einer neuen
Ansicht der Eisberge belohnt. An einigen Tagen veränderte sich das Panorama
gegenüber dem Vortag kaum, an den meisten Tagen gruppierten sich die Eisberge
aber in einem ganz anderen Bild. Ab und zu konnten wir beobachten, wie ein
Eisberg auseinander brach oder eine Ecke verlor. Ein paarmal konnten wir einem
Wal beim tummeln zwischen den Eisbergen zusehen. Zweimal hatten wir sogar das
Glück einem seltenen Polarfuchs zu begegnen. Beide Male war das junge (momentan
dunkle) Pelzknäuel so neugierig auf uns, wie wir auf ihn!
Transport in Grönland: von Hundeschlitten bis zu Helikoptern
Einmal
folgte uns ein offensichtlich verirrter junger Hund, über ganze 2 km bis wir
zurück im Dorf waren. Dort suchte er dann zwischen den sechstausend
Schlittenhunden, welche in Ilulissat leben nach seinem Rudel. Diese sind weder
Stubentiere noch Wachhunde, sondern reine Arbeitstiere. Wir fanden es angenehm,
dass Schlittenhunde nie Passanten anbellen, doch wenn sie gefüttert werden,
heulen sie ohrenbetäubend. Während des Sommers sind die ausgewachsenen Hunde
gruppenweise angekettet, doch im Winter (Oktober bis Mai) ziehen sie die
Schlitten, welche in der kalten Jahreszeit ein wichtiges Transportmittel sind.
Da
die Siedlungen untereinander nicht mit Strassen verbunden sind, sind die Grönländer
im Sommer von Flugzeugen, Helikoptern und Booten abhängig. Es gibt nur wenige
Dörfer und diese liegen weit auseinander. Natürlich wäre es ein echtes Wunder
der Technik, wenn man es schaffen würde einen Fjord so mit einer Brücke zu
überspannen, dass darunter immer noch Eisberge von der Grösse einer Kleinstadt
passieren könnten oder einen Tunnel durch das Inlandeis zu bohren… Das Grönländische Strassennetz beschränkt
sich auf die Siedlungen. Im Auto oder Taxi durchs Dorf hin und her zu fahren,
ist für viele Einheimische eine beliebte Freizeitbeschäftigung, obwohl sich
auch joggen und wandern grosser Beliebtheit erfreuen.
Alle
die denken, dass Grönländer in Iglus leben, sind falsch gewickelt! Das
Gegenteil ist der Fall: die Leute leben in sehr gut geheizten Holzhäusern und
gehen mit der Energie eher verschwenderisch um. Die Heizung wird üblicherweise
durch Öffnen der Fenster reguliert und Autofahrer lassen während dem Einkaufen
den Motor laufen (verriegeln aber die Türen).
Die
Häuser in Ilulissat sind alle bunt und sehr hübsch, selbst die vielen
Wohnblocks. Einige Häuser stehen auf Pfählen und andere stehen direkt auf dem
felsigen Untergrund. Zwischen den Häusern gibt es oft nur Trampelpfade, aber
keine richtigen Wege. Wer einen Wagen hat parkiert einfach irgendwo. Gärten und
Zäune gibt es hier eigentlich nicht, dafür sieht man oft Boote, Schneekatzen,
Hundeschlitten oder Fisch-trocknungs-Gestelle (unordentlich) ums Haus verteilt.
Die Inuit zwischen Tradition und Moderne
Die
traditionelle Lebensweise verliert für die modernen Inuit immer mehr an
Wichtigkeit. Der westliche Lebensstil in geheizten Wohnungen verringert die Abhängigkeit
von der Natur, auf die ihre Vorfahren noch angewiesen waren. Die moderne Welt
hat auf die Inuit einen gewaltigen Einfluss und zudem haben sich ihre Gene
durch Beziehungen mit anderen Kulturen stark vermischt. Für uns war es fast
unmöglich sie von den Einwanderern aus Asien zu unterscheiden. In der Tat sehen
Archäologen die Wurzeln einiger Eskimos-Stämme in Asien. In der Sprache der
Einheimischen bedeutet das Wort „Eskimo“ „Esser von rohem Fleisch“, während
„Inuit“ ganz simpel für „Mensch“ steht. Im grössten Teil Grönlands und auch in
Kanada finden es die Uransässigen beleidigend, als „Eskimo“ bezeichnet zu
werden und ziehen den Ausdruck „Inuit“ vor. In Alaska, Sibirien und im
Nordosten Grönlands hingegen, haben die Menschen aus dieser Kultur kein
Problem, sich selbst als Eskimos zu bezeichnen.
Wie
auch immer; den Bilderbuch-Eskimo aus unseren romantischen Vorstellungen findet
man heute kaum noch. Man trägt hier ebenso moderne Kleidung wie in jeder
Europäischen Grossstadt. Nur zu ganz speziellen Anlässen tragen Inuit ihre
traditionelle Bekleidung aus Pelz und Leder. Wir hatten das Glück, bereits an
unserem ersten Tag in Grönland ein Paar in ihrer Tracht kennen zu lernen, die
sie zur Taufe ihres Kindes trugen.
Zu
ihrem ersten Schultag, tragen viele Kinder traditionelle Kleidung. Obwohl dies
auch in Grönland ein wichtiger Anlass ist, erschienen etwa 20% der aufgebotenen
Kinder nicht zur Einschulung. Dies wird akzeptiert, da viele Kinder in
Übereinstimmung mit lokalen Sitten nicht für ihr (Fehl?)Verhalten bestraft
werden. Die Inuit glauben, dass ihre Kinder sowohl den Namen, als auch die
Namens-Seele von ihren Vorfahren erben und folgedessen wäre eine Zurechtweisung
eine Beleidigung der verstorbenen Vorväter. Von den Kindern wird erwartet, dass
sie aus ihren Fehlern lernen und nicht aus dem Groll ihrer Eltern.
Konsequenterweise sieht man Tag und Nacht Kinder jeden Alters beim Spielen und
Herumspazieren auf der Strasse.
Die
Grönländische Sprache mit ihren oft langen Wörtern ist sehr komplex und
schwierig. Sie besteht aus verschiedenen Dialekten, welche alle mit den
Kanadischen und Russischen Eskimo-Aleut-Sprachen verwandt sind. Das Wort für
Verkehrsbüro lautet beispielsweise:“takornarissanut allaffik”. Die Welt hat aber
auch einige (kurze) Grönländische Wörter in den globalen Sprachgebrauch
aufgenommen, so z.B. Iglu und Kajak (Qajaq).
Das
traditionelle Kajak wurde vor allem als Jagdboot verwendet. Es bestand aus einem
Rahmen von Walknochen, welcher mit Robbenhaut bespannt und mit Tierfett
wasserdicht gemacht wurde. In Arktischen Gewässern muss der Kanute genau
wissen, was er tut und falls er die Eskimo-Rolle nicht beherrscht, hat er Pech
gehabt! In diesem eisigen, nur etwa 0°C bis 4°C Grad warmen Wasser geben die
Organe bereits nach ein paar Minuten wegen Unterkühlung den Geist auf. Wer
etwas Nervenkitzel sucht, kann aber einen Tauchgang unter die Eisberge buchen.
In
Ilulissat befinden sich offensichtlich die meisten Geschäfte im Besitz von
Ausländern oder dann von Grönländern mit (sehr viel) Dänischem Blut. Sogar die
Fahrer der Touristenbusse sind meistens Ausländer. Die Inuit leben sehr stark
im „hier und jetzt“. Diese spirituelle Gabe ist leider in der heutigen
kapitalistischen Wirtschaftsordnung selten von Vorteil. „Wenn Geld vorhanden
ist, soll es ausgegeben werden“ ist eine gängige Inuit Denkweise. Am Zahltag
fliesst leider nur zu viel des sehnlichst erwarteten Geldes in Alkohol, was all
die unschönen Konsequenzen übermässigen Alkoholkonsums nach sich zieht. Einige
Kinder gehen wahrscheinlich die ganze Nacht nicht nach Hause um zu vermeiden,
dass sie von ihren Eltern geschlagen werden, welche ihre Traditionen in Alkohol
ertränkten. Die westliche Lebensart hat sich hier zu schnell ausgebreitet und
es ist nur normal, dass viele Inuit immer noch Mühe haben, damit umzugehen.
Zerschlagene Bierflaschen sah man überall wo es auch nur ganz wenig
Zivilisation hat, selbst auf den einsamsten Wanderwegen oberhalb des Eisfjords,
Stunden vom Dorf entfernt.
Mit dem Boot zwischen den Eisbergen
Der
Strom der Eisberge ist ein grandioses Naturspektakel dem zuzusehen wir nie müde
wurden. Obwohl die Eisberge auch vom Ufer aus nicht klein erschienen, waren wir
jedes Mal aufs Neue erstaunt, wenn grosse Frachter oder Kreuzfahrt-Schiffe
hinter den Eisbergen verschwanden, als wären es nur kleine Spielzeugboote. Um
einen realistischen Eindruck der wahren Grösse der Eisberge zu bekommen, ist es
am besten darüber zu fliegen, oder gar noch besser: mit einem Boot zwischen
ihnen durch zu schippern.
Wir
wollten ursprünglich mit einem Ausflugsboot etwas näher an die „Berge“ im
Eisfjord herankommen, doch unsere Fahrt mit dem Linienboot von Ilulissat nach
Qasigiannguit war so einmalig, wir können uns kaum vorstellen, dass eine Tour
mit dem Touristenboot noch eindrücklicher wäre. Das kleine Boot der Disko Line
fährt während fast 10 km zwischen und sehr nahe an den Eisbergen, während es
auf seiner (2xwöchentlichen) Route südwärts die Mündung des Eisfjords durchquert.
Die Sicht von unten und entlang der gigantischen Eiswände, welche sich im
stahlblauen Wasser spiegelten, war absolut spektakulär – wirklich
atemberaubend! Man spürte die Kälte des Eises bis auf die Knochen, wir waren
aber total ergriffen von der Schönheit dieser unglaublichen Eislandschaft und
es war höchst beeindruckend 50 Meter an so einer weissen Wand empor zu schauen!
Nachdem
das Boot das Gebiet mit der höchsten Konzentration dieser eisigen Giganten
durchquert hatte, konnte man Handschuhe und Mützen wieder ausziehen. Die
„Vorstellung“ war aber damit noch lange nicht beendet. Die ganze Disko Bucht
ist mit grossen Eisbergen übersät als ob das Meer ein riesiger
Skulpturen-Garten wäre. Ab und zu gab es für ein paar Kilometer keine Eisberge,
doch dann trieben wieder mehrere in einer Gruppe zusammen auf dem Wasser. Man
sieht sie in jeder Grösse und jeder nur erdenklichen Form – einige sehen bloss
aus wie gigantische Eiswürfel oder schwimmende Säulen, aber oft sieht man auch
grosse Torbögen aus Eis. Andere wiederum erinnern ein wenig an ein Schloss, einen
Thai Tempel, einen fliegenden Schwan oder an die coolste und grösste Toblerone
Schokolade der Welt.
Nach
mehreren Stunden erreichten wir das kleine Dorf Qasigiannguit. Wie alle anderen
Grönländischen Siedlungen, besteht auch dieses aus sehr bunten Häusern und hat
ein hässliches Tanklager am Eingang zum Hafen. Da es hier keine Preiswerte
Unterkunft gab, gingen wir hier nicht von Bord. Das einzige Hotel verlangte
nämlich stolze € 170 pro Nacht. So fuhren wir nach Aasiaat weiter, wobei wir
noch an vielen weiteren Eisbergen vorbei kamen und zudem das Glück hatten, zwei
Wale und ein paar Seelöwen zu sehen.
Aasiaat, ein reizendes und ursprüngliches Dorf
Als
wir um neun Uhr abends den Hafen von Aasiaat erreichten, leuchteten die bunten
Häuser noch intensiver als gewöhnlich in der untergehenden Sonne. Obwohl es
inzwischen Mitte August war, wurde es nachts noch immer nicht vollkommen
dunkel. Die Disko Bucht liegt fast auf dem 70° nördlichen Breitengrad, was etwa
der Höhe von Tromsø in Nordnorwegen entspricht. Somit scheint die
Mitternachtssonne von Mitte Mai bis Ende Juli. Inzwischen verschwand sie aber
wieder ein wenig unter dem Horizont. Momentan gehen die leuchtenden Farben des
Abendrots übergangslos in diejenigen des Morgenrots über. Trotz der langen Tage
steigt die Sonne nie sehr hoch über den Horizont was für Fotografen eine echte
Herausforderung ist.
Ein
Besuch in Aasiaat lohnt sich sehr, da das Dorf ursprünglich und überhaupt nicht
touristisch ist. Hier hatten wir ein Zimmer im „Hotel Seemannsheim“ gleich am
Hafen gebucht. Als wir ins Zimmer kamen, fühlten wir uns gleich wie in einer
Sauna. Wir wussten zwar, dass es die Einheimischen warm mögen, aber wir hätten
nicht gedacht, dass es über 30°C sein müssen. Da sich nicht alle Heizkörper
abschalten liessen, mussten auch wir das ausgeklügelte Grönländische
Heizungs-Regulierungs-System benutzen: Fenster öffnen…
Als
wir ausschwärmten um das Dorf zu erkunden, grüssten uns überall die Menschen,
sogar Teenager. Entlang Aasiaats Küste sahen wir nicht allzu viele Eisberge,
dafür kann man dort ab und zu Wale sehen. Da sich keine zeigten, richteten wir
unsere Kamera auf die hübschen bunten Häuser und beobachteten die
Schlittenhunde. Erstaunlicherweise gab es hier bessere Strassen, mehr Gehsteige
aber weniger Verkehr als in Ilulissat. Mit 3‘300 Einwohnern ist das Fischerdorf
Aasiaat die viert grösste Gemeinde des Landes, nach Ilulissat mit 5‘000 (nur
Sisimiut und die Hauptstadt Nuuk sind grösser).
Abhängig oder unabhängig?
Sowohl
in Gesprächen mit Einheimischen, als auch mit Dänischen Immigranten erfuhren
wir einiges darüber wie die Leute hier leben, wie sie ihre Freizeit gestalten,
was sie über ein unabhängiges Grönland denken und wie das Land funktioniert.
Trotz der erdrückenden Abhängigkeit von Dänischem Kapital und Know-how,
schaffte es eine populistische Partei, die Mehrheit der Grönländer dafür zu
gewinnen bei einer Volksabstimmung für die Unabhängigkeit zu stimmen. Den
meisten der besser gebildeten Grönländern ist bewusst, dass dies kein
geschickter Zug war, wenn man die Grösse und all die sozialen Probleme dieses
dünn besiedelten Gebietes in Betracht zieht. Ihnen ist bewusst, dass
Nationalstolz allein nicht reicht, um ein Land zu führen.
Heute
liegt das Gesundheits-, Bildungs- und Polizeiwesen in der Verantwortung der
(königlich) Dänischen Regierung. Die meisten Firmen befinden sich entweder in
ausländischem Besitz oder unterliegen der Grönländischen „Home-Rule Verwaltung“
(z.B. der Meerfrüchte-Gigant „Royal Greenland“).
In
Grönland herrscht ein grosser Mangel an qualifiziertem Inuit Personal. Momentan
kommen fast alle Ärzte und Krankenschwestern aus Dänemark und sogar Primarschulen
müssen ab und zu auf Dänische Lehrkräfte zurückgreifen, obwohl diese nicht
Grönländisch sprechen. Wir trafen zwei Dänische Psychologen, welche uns
erzählten, dass sie mit Übersetzern arbeiten, da viele ihrer Patienten nicht
Dänisch und sie nicht Grönländisch sprechen.
Momentan
ist nur die Grundschul-Ausbildung landesweit verfügbar. Weil nicht viele
Grönländische Jugendliche an einem Studium interessiert sind, müssen Studenten
die eine weitergehende Ausbildung absolvieren möchten, nach Dänemark reisen.
Sehr zum Leidwesen Grönlands, verleitet das höhere Lohnniveau in Dänemark die
Studienabgänger oft zum Bleiben. Die wenigen die doch zurück kommen, suchen
sich am ehesten eine Anstellung in der Hauptstadt Nuuk (16‘200 Einwohner), da
sie nicht in den kleinen isolierten Dörfern leben möchten. Um daran etwas zu
ändern sind momentan Bemühungen im Gang wenigstens in Grönlands grösseren Orten
eine Hochschulausbildung zu ermöglichen. So gibt es nun in Aasiaat eine neue
Hochschule, die allerdings nur Dänische Lehrkräfte fand.
Am
Samstagabend assen wir in einem sehr guten Restaurant, waren aber die einzigen
Gäste. Der Wirt tat uns fast leid, doch er erklärte, dass die Einheimischen im
Sommer nach einem anderen Rhythmus leben. Nun fahren fast alle mit ihren Booten
übers Wochenende zum Fischen und Campieren. So kommen die Leute nur unter der
Woche zu einem Abendessen ins Lokal. In den kälteren 9 Monaten sieht die Sache
natürlich ganz anders aus: dann erscheinen die meisten Gäste am Wochenende.
Disko-Island: wo die Abgeschiedenheit beginnt
Nach
zwei Tagen fuhren wir mit dem Boot weiter zur Disko Insel (=Scheibe) und kamen
dabei wiederum an vielen allein treibenden Eisbergen vorbei. Nach etwa drei
Stunden erreichten wir Qeqertarsuaq, ein Dorf mit tausend Einwohnern und noch
viel mehr Schlittenhunden. Kangerluk mit seinen 20 Häusern, ist die einzige
andere permanent bewohnte Siedlung auf dieser Insel, die etwa 120x120km (8‘600
km2) gross ist. Auch die Disko Insel hat eine Eiskappe und dazu
einen galoppierenden Gletscher, der sich bis zu 100 Meter pro Tag vorarbeitet.
Es gibt auch etwa 2‘000 sogenannte „heisse Quellen“, welche dank der
grell-grünen Pflanzen in ihrem Umfeld von weitem erkennbar sind. Sie verlockten
uns aber nicht zum Baden, da sie meist nur zwischen 2°C bis 5°C warm sind. Auch
wenn sie uns jetzt kalt vorkamen, werden sie spätestens dann „heiss“
erscheinen, wenn alles rundherum gefroren ist.
Qeqertarsuaq
ist ein eher verschlafenes Fischerdorf das nicht vom Tourismus verdorben ist,
ausser an den wenigen Tagen, an denen ein Kreuzfahrtschiff anlegt. Das Leben
war eher etwas einfacher als in den Orten die wir zuvor besucht hatten, aber
auch hier standen bunte Häuser, ein Kraftwerk und ein Tanklager. Es gab
deutlich weniger Autos, was nicht bedeutete, dass es auch weniger Verkehr
hatte. Jedes Fahrzeug das zur Verfügung stand, wurde regelmässig für
Vergnügungsfahrten verwendet: der Lieferwagen der Post, das Feuerwehrauto und
sogar der Krankenwagen. Zwei Tage vor unserer Ankunft, waren sicher alle auf
‚stand-by‘ gewesen, da in diesem kleinen Fischerdorf ein Grossanlass stattfand:
die Grönländische Fussball-Meisterschaft. Die Bandenwerbung war noch da. Sie
war mit derjenigen, wie man sie sonst überall auf der Welt sieht, überhaupt
nicht zu vergleichen; hier bestand sie nur aus handbeschrifteten bunten
Kartonplakaten. Man hat diese auf Holzgestelle aufgeklebt und um den staubigen
Platz am Meer aufgestellt, welcher der Austragungsort der Meisterschaft war.
Eisberge unterwegs
Um
den Hafen von Qeqertarsuaq ist es recht felsig, aber hinter dem Dorf liegt ein
schwarzer Sandstrand. Durch die Strömungen werden hier häufig grosse Eisberge
angeschwemmt. Es war faszinierend zuzusehen, wie immer wieder etwas von einem
Eisberg abbrach oder wie einer auseinander brach und zwei immer noch grosse
Eisberge hinterliess. Ab und zu haben sie sich auch nur etwas in der Strömung
gedreht und so sah das Bild alle paar Stunden anders aus.
Entgegen
landläufigem Glauben, schmelzen Eisberge nicht einfach dahin. Wegen innerer
Spannungen bersten sie auseinander, da sich die im Eis eingeschlossene Luft im
wärmeren Wasser oder der Luft dehnt. Dies verursacht fast eine „Explosion“,
welche sich anhört wie ein Böllerschuss, wenn aber ein Eisberg auseinander
fällt, tönt dies wie Donner. Wenn es nicht ein sehr grosser war, ist das
Spektakel meist schon vorbei bis das Auge ausmachen kann, wo der Lärm herkam. Zum
Auspacken der Kamera ist es bis dann sicher schon längst zu spät.
Wenn
man einmal Glück hat, bricht vielleicht zuerst ein kleines Stück ab, dem dann
grössere folgen. Dann dreht sich alles wie im Zeitlupentempo, als ob ein
schwerer Wal im Wasser springen würde. Ein paar Wellen und zerbröckeltes Eis
auf der Wasseroberfläche sind die einzigen Zeugen des Ereignisses, aber sehr
bald kehrt wieder Stille ein - bis zum nächsten verheissungsvollen Knacken.
Die
Eisberge, die hier an den Strand gespült wurden, sind keine 100 Kilometer weit
gekommen seitdem sie die Mündung des Eisfjords verlassen haben. Die meisten
gehen aber auf eine viel längere Reise, welche normalerweise erst nordwärts
führt. Noch bevor sie realisieren, dass sie in einer Sackgasse sind, bleiben
sie im Packeis stecken. Nachdem sie der Frühling wieder frei gibt, treiben sie
im Labrador Strom sachte südwärts, entlang der Ostküste von Baffin Island
Richtung Davisstrasse. Nördlich von Labrador müssen sie danach einen weiteren
Winter im Packeis verharren, bevor sie im darauf folgenden Sommer ihre Reise
beenden, wenn sie an der Küste Neufundlands an Land gespült werden. Dieser
Küsten-Abschnitt ist bekannt unter dem Namen „Iceberg Alley“. Nur ein paar ganz
„hartgesottene“ schaffen es weiter als St. John, wo sie aber bald auf den
Golfstrom treffen und dann ist es auch mit ihnen vorbei.
Den Umständen angepasst
Während
unserer Woche in Qeqertarsuaq, logierten wir im Napasunguit Hostel, einem
blauen, typisch Grönländischen Holzhaus. Es liegt auf einer Anhöhe etwas
ausserhalb des Dorfes und selbst vom Küchenfenster aus, konnte man Eisberge
sehen. So romantisch dies alles war, die Innenausstattung war aber eher
einfach. Wir erinnern uns an den sarkastischen Ausspruch eines Englischen
Paares, nachdem sie einen Rundgang im Haus absolviert hatten: „Hm… sieht ja
sehr interessant aus…und diese Jugendherberge soll besser sein als das Hotel?
Ob sich da unser Reisebüro nicht geirrt hat?“ Das Preis-Leistungs-Verhältnis
für Unterkünfte in Grönland ist nicht immer sehr berauschend. Oft erhält man
wenig Leistung für viel Geld. Es hat halt seinen Preis so ein einmaliges und
abgelegenes Land zu besuchen. Mit 450 DKK (€ 60) war dies die preiswerteste
Unterkunft, während unseres Grönland Aufenthaltes und wir wollen eh nicht
jammern, denn wir hatten das ganze Haus die meiste Zeit für uns alleine.
Wie
alle Haushalte nördlich von Ilulissat, war auch diese Jugendherberge in
Qeqertarsuaq mit einem Trockenklo ausgestattet. In einem Land in welchem der
felsige Boden für 8-9 Monate pro Jahr gefroren ist, ist es nicht ganz einfach
Wasser- und Abwasserleitungen zu verlegen. Deshalb gibt es im Norden Grönlands
nicht nur eine Müllabfuhr, sondern auch eine Kot-Abfuhr. Die gelben Toiletten-Säcke
werden vor den bunten Häusern deponiert und warten bis sie vom Kot-Mann abgeholt
werden.
Überall
sahen wir dick isolierte Wasserleitungen, welche mit Heizkabeln ausgerüstet
waren. Heutzutage sind die neueren Häuser an der kommunalen Wasserversorgung
angeschlossen, viele haben aber auch heute noch einen Tank im Haus. Mit einem
roten und einem grünen Licht an der Fassade wird dem Fahrer des Wasser-Tanklastwagens
angezeigt, wann eine Nachfüllung fällig ist.
Im
Gegensatz zu den letzten beiden Dörfern, gab es in Qeqertarsuaq nur einen einzigen
modernen Supermarkt. Wenn man bedenkt, dass hier nur 1‘000 Menschen leben, war
dieser weder klein, noch war das Angebot beschränkt. Die Lebensmittel-Abteilung
war beeindruckende 2‘000 m2 gross, der Umsatz war aber
offensichtlich eher bescheiden. Jedenfalls fanden wir mehrere tiefgefrorene
Produkte, die schon vor über einem Jahr abgelaufen waren. Aber was will man in
so einem abgeschiedenen Ort machen? Es gibt entweder dies oder gar nix! Die
Auswahl war aber beeindruckend und entgegen Reiseberichten aus den Vorjahren, es
gab sogar frische Gemüse und Früchte, welche nicht einmal überteuert waren.
Die
Situation am Brot-Schalter war dagegen deprimierend. Bereits eine Stunde nach
Ladenöffnung waren die Brotgestelle soviel wie leer und das Personal bereitete
sich dahinter noch 8 Stunden auf den Feierabend vor. Irgendwie kam es niemandem
in den Sinn, von den im Hintergrund sichtbaren gefrorenen Rohlingen einige in
den Ofen zu stecken.
In
der Nähe des Supermarkts befand sich die Agentur, welche für unser Hostel
zuständig war. Obwohl dieses Büro offiziell täglich für 8 Std. geöffnet sein
sollte, brauchte es mehrere Anläufe, bis jemand zu Diensten war und wir unser
Geld abliefern konnten. Seltsamerweise wurde der tägliche Reinigungs-Service
auf Eis gelegt, sobald die Rechnung bezahlt war… Die Arbeitsmoral ist nicht
sehr hoch und die Einheimischen haben immer ein paar innovative Ideen, wie sie
ihre Arbeitslast noch weiter reduzieren können. So z.B. die Typen von Disko
Line, welche die Linienboote in der Disko Bucht betreiben. Wenn man das mit
viel Personal besetzte Büro betritt um eine Fahrkarte zu erstehen, wird einem
freundlich, aber bestimmt angeraten, dies doch bitte im Internet zu erledigen.
Falls man trotzdem insistiert, tritt sofort Plan B in Kraft, und es werden
einem ~€ 10 Buchungsgebühr für jede, der eh nicht billigen Fahrkarten
angedroht. Dasselbe gilt auch für Fahrkarten die direkt auf dem Boot gekauft werden.
Im Internet kann man dann gegen eine Gebühr von € 4 so viele Fahrkarten
erstehen wie man braucht. Es gab keinen Weg drum herum und wir wollten ja auch
wirklich gerne mit dem Boot reisen, da die Fahrten zwischen den Eisbergen
einfach fantastisch sind!
Auf
unserer Rückfahrt trieb direkt vor Ilulissat viel mehr Eis als bei unserer
Abfahrt. Wir spähten auf den Radar im Steuerhaus, welcher jeden Eisberg
detektierte und waren beeindruckt, wie gut der Kapitän das Boot in vorsichtigem
Zick-Zack um die kleinen und grossen Berge steuerte. Sowohl die Boote, als auch
die Besatzung der Disko Line sind sehr zuverlässig und so waren wir gegen
Mitternacht wieder im Hafen von Ilulissat zurück, obwohl die See in der Disko
Bucht bei dieser Überfahrt aussergewöhnlich rau gewesen war. Als wir in der
Jugendherberge ein-checkten, versicherte man uns, dass dies in den
Sommermonaten sehr selten ist.
Sonnenverwöhnte Disko Bay
Während
unserer drei August Wochen in Grönland (8.-29.) hatten wir immer sehr gutes
Wetter, abgesehen von 3 Tagen mit etwas Regen auf Disko Island. Es ist nur
natürlich, dass die Wolken dort am 1‘000 Meter hohen Hochplateau hängen
bleiben. Sonst hatten wir aber konstant sonniges und fast windstilles Wetter.
Die Temperaturen lagen im Mittel so zwischen 6-12°C, doch dank dem die Luft
sehr trocken und ruhig war, fühlte es sich bedeutend wärmer an. Beim Wandern
genügten Shorts und T-Shirts vollkommen. Wer mehr trug schwitzte spätestens
nach der ersten Steigung und band sich kurz danach, was immer er ausziehen
konnte, um die Hüften, oder es quellte oberhalb der zusätzlich mitgetragenen
Pullover aus dem Rucksack.
Wegen
der extrem dünnen und sauberen Luft, kommen die Sonnenstrahlen hier fast
ungefiltert durch die Atmosphäre. Aus diesem Grund ist auch die Sicht extrem
gut, was zur Folge hat, dass die meisten Touristen Distanzen massiv
unterschätzen. Wir tappten in dieselbe Falle, als wir die Distanz von Ilulissat
zur Disko Insel mit ihrer deutlich sichtbaren Eiskappe auf 5 Kilometer
einschätzten. Es sind aber sage und schreibe 50!
Mehrere
Einheimische bestätigten uns, dass man an der Disko Bay von Mitte Juni bis Ende
August mit sonnigem und windstillem Wetter rechnen kann. Mit so angenehmem
Klima, wäre es sogar denkbar ein FKK Gelände in Grönland zu eröffnen. Dieses
würde sicher sehr viel Medien-Interesse wecken, aber wohl fast keine Gäste
kriegen, da kaum jemand glauben würde, dass es hier wirklich warm genug ist.
Diejenigen, die es tatsächlich versuchen würden, hätten wohl bald einen bösen
Sonnenbrand eingefangen.
Grönland
und Kälte sind für viele zwei so untrennbare Begriffe, dass sie gar nicht
glauben können (wollen), dass es hier auch warm sein kann. Gleich drei Mal
trafen wir reisefreudige Männer deren Partnerinnen sich geweigert hatten
mitzukommen, weil sie panische Angst hatten, hier zu erfrieren.
Die
Grönländer hingegen wissen ihren warmen Sommer zu geniessen. Liegestühle,
Sonnenschirme und Gartengrille sieht man hier deutlich öfter auf Terrassen, als
in der Schweiz.
Wir
verbrachten 6 weitere Tage in Ilulissat und unternahmen nochmals viele
Wanderungen. Wir bewunderten das sich immerzu ändernde Bild der Eisberge,
sowohl im Eisfjord Ilulissat Kangerlua als auch direkt vor dem Dorf. Natürlich
verbrannten wir dabei viel Energie und so waren wir immer sehr hungrig, wenn
wir abends nach Hause kamen.
Grönländische Delikatessen
Dank
dem steten Touristenstrom gibt es in Ilulissat eine gute Auswahl an
vorzüglichen Speiselokalen. Dank dem es in Grönland keine Mehrwert-Steuer gibt,
sind Restaurant Preise hier etwa 25% billiger als in Dänemark. Die Qualität ist
hoch und die Preise sind angemessen, für das was geliefert wird.
Jedes
der drei grössten Hotels bietet während den Sommer-Monaten ein Grönländisches
Büffet zu 250 DKK (€ 33) an. Man empfahl uns dasjenige im Hotel Hvide Falk wo
bereits die Präsentation mit vielen asiatischen Früchte- und
Gemüse-Schnitzereien zu beeindrucken vermochte. Sowohl Blumen und Vögel, als
auch Drachen und Pagoden verzierten die grossartige Auswahl an hervorragend
zubereiteten Delikatessen.
Es
gab mehrere Fleisch- und Fischgerichte, welche wir noch nie probiert hatten:
Arktischer Saibling, Seehund, Wal, Moschusochse oder Karibu. Der Eisbär wurde
leider schon die Woche vor unserem ersten Büffet aufgegessen. Auch Lamm,
Rentier, Lachs, weisser Heilbutt, Garnelen, Königs-Krabben und vieles mehr
wurden zu essbaren Sensationen zubereitet. Diese Vielfalt gab es entweder roh, graved,
geräuchert oder getrocknet, aber auch eingelegt oder als Salat und Cocktail
zubereitet. Ausnahmsweise war auch etwas gekocht und zu allem gehörte immer
eine Sauce. Wir konnten nicht widerstehen, diese kulinarische Sensation noch
ein zweites Mal auszukosten, bevor wir das Land wieder verliessen. Es war
schlichtweg unmöglich alles durchzukosten da die Auswahl einfach zu gross war,
aber beim zweiten Mal wussten wir bereits, dass getrockneter Fisch nicht unser
Ding ist, wogegen wir getrocknetes Fleisch und Wal sensationell fanden. Auch
Mattak liessen wir links liegen, da wir sonst noch heute am Kauen dieser Wal-Haut
wären. Viele sagen, dass Mattak die typischste Inuit Spezialität sei, doch es
gibt noch viele weitere.
Als
Selbstversorger haben die Inuit seit Jahrtausenden Wale und Seehunde gejagt und
deshalb hatten wir hier auch kein schlechtes Gewissen, von diesen Tieren zu
essen. Zudem war es ja der kommerzielle Walfang der Europäer, der einige Arten
fast ausrottete, aber die Inuit haben die Eco-Balance nie aus dem Gleichgewicht
gebracht. Moderne Inuit essen immer noch Wal- und Seehund-Fleisch, aber heute
darf es ruhig auch in einem Thailändischen Curry schwimmen.
Da
das Grönländische Büffet nur wegen den Touristen angeboten wird, war dies das
letzte dieser Saison. Für die Inuit enthält dieses Büffet zu viel
„geräuchertes, mariniertes und gekochtes“ oder kurz gesagt: es ist zu
verwestlicht. Im Winter bieten viele Hotels ein Thailändisches Büffet an,
welches von den Einheimischen sehr geschätzt wird. Wie uns der Manager
anvertraute, wird aber auch dieses etwas angepasst, um den Geschmacksnerven der
Inuit entgegen zu kommen.
Authentische
Thailändische Gerichte zu finden, ist in Grönland im Sommer und im Winter
problemlos, da erstaunlich viele Thailänder in der Arktis leben. Alleine in
Ilulissat stehen in mindestens 4 Restaurants Thailänder in der Küche und diese
sind auch die Künstler, die für die geschnitzten Dekorationen der Büffets
verantwortlich sind.
Auch
an Tagen mit à la Carte Menü ist es herrlich in den Restaurants der Hotels Icefjord
oder Hvide Falk zu essen. Bei beiden sieht man vom Speisesaal direkt aufs
Wasser und die Eisberge liegen einem zu Füssen. Wir kennen die Aussicht mit der
Mitternachtssonne zwar nicht, aber im August wurde das Abendessen immer von
einem wunderschönen Sonnenuntergang begleitet. Wir hatten auch am Schluss noch
das Gefühl, in einer Postkarte zu sitzen, wenn wir beobachteten wie das mit
Eisbergen übersäte Meer und der Himmel die Farben von Blau zu Orange
wechselten. Um noch mehr von dieser majestätischen Atmosphäre einzusaugen,
machten wir nach dem Abendessen meist noch einen Spaziergang in der
einzigartigen Umgebung. Erst während unserer letzten Tage erlöschte das Glühen
um Mitternacht ganz und dann wurde es sogar wieder richtig dunkel, aber auch
kalt.
Schlussgedanken
Nur
zu bald waren unsere drei Wochen um, obwohl wir uns sicher viel mehr Zeit
nahmen als die meisten andern Touristen. Inzwischen hatten wir einen guten
Eindruck gewonnen wie das Leben in der Disko Bucht abläuft; es ist viel
gastlicher als wir dies in unseren kühnsten Träumen zu hoffen wagten und wir
können uns gut vorstellen, nochmals zurück zu kommen. Es ist noch ein Ort, der
uns immer mehr ans Herz wuchs. Es ist ein Ort wo sowohl die Abgeschiedenheit
und die Schönheit der Natur, als auch die Freundlichkeit der Menschen anziehend
wirken. Der Charme steht über allem!
Unser
Rückflug nach Island am 29.8.09 (der letzte der Saison) war ein perfekter
Abschied von Grönland und zugleich ein Panorama-Rundflug. Der Pilot drehte
zuerst eine Schlaufe nordwärts über die Felsküste mit vielen grünen Seen.
Nachdem wir den Ilulissat Kangerlua Eisfjord überflogen hatten, erreichten wir
bald das Inlandeis. Dieses ist so gigantisch, dass wir nicht mehr ausmachen
konnten, wo das Eis in die weissen Wolken am Horizont über ging. Erst nach
anderthalb Stunden Flug kam die Ostküste mit weiteren beeindruckenden
Gletschern in Sicht. Hier sahen wir zwar keine bunten Häuser, aber hohe spitze
Berggipfel und vor der Küste trieben Eisberge die genauso gross waren, wie
diejenigen die wir erst noch aus der Nähe sehen durften. Grönland ist so
mächtig und beeindruckend! Es war eine fantastische Reise in ein
überwältigendes Land!
Färöer_Inseln | Grönland |
|
Top |
Fotos Videos |
Island: naturgemäss vielfältig
Da
wir bereits vor unserer Grönland-Reise 8 Tage in Island
verbrachten, machen wir einen Zeitsprung zurück zum 30. Juli 2009, als wir im
Osten des Landes mit unserem Wagen von der Autofähre Norröna fuhren. Doch
zuerst ein paar Hintergrund-Informationen:
Mit
einer Fläche von 103‘000 km2 und einer Bevölkerung von 320‘000 ist
Island ein sehr dünn besiedeltes Land, erst recht wenn man bedenkt, dass nur
ein Drittel der Einwohner ausserhalb des Ballungszentrums um Reykjavik lebt,
die allermeisten davon entlang der Küste.
Das
Land wurde Ende des 9. Jahrhunderts erstmals von Norwegern und Kelten
(Schottische und Irische Mönche) besiedelt. Island rühmt sich des Welt-ersten
demokratischen Parlaments, dem 930 gegründeten Alting. Nach 300 Jahren
Unabhängigkeit musste sich Island von 1262 bis 1918 Norwegen und später
Dänemark unterwerfen, von dem es 1944 in die Unabhängigkeit entlassen wurde.
Dänisch wird auch heute noch an allen Grundschulen gelehrt.
Mit seinen vielfältigen vulkanischen Aktivitäten ist Island irgendwie immer
noch im Entstehen begriffen. Seit seiner Besiedlung müssen sich die Menschen
immer wieder den Naturgewalten unterwerfen. Das Landesinnere besteht aus hohen
Bergen, ewigem Eis, Vulkanen, gigantischen Vulkanstaub- und Sandwüsten, welche
immer wieder von Gewässern durchzogen sind. Es ist bestimmt eine sehr raue
Schönheit, wenn auch unwirtlich, karg und unfruchtbar. Niemand lebt dort. Im Landesinnern
gibt es keine richtigen Strassen; bloss ein paar 4x4 Pisten ohne Brücken. Für
einige Abenteurer ist dies genau was sie suchen und jeden Sommer
schwärmen
Horden von Anti-Asphalt-Rittern mit ihren ausgeklügelten Safarifahrzeugen aus,
um sich der Herausforderung und der Einsamkeit des unbarmherzigen Landes zu
stellen.
Entlang
des Küstengürtels führt die gut ausgebaute Ringstrasse durch fruchtbares, dünn besiedeltes
Land. Die meisten der vielfältigen und faszinierenden Sehenswürdigkeiten können
über diese 1‘300 km lange, immer noch sehr einsame Strasse (Nummer 1) erreicht
werden. Daneben gibt es noch viele Schotterstrassen, welche auch mit normalen
PKWs wie unserem (ein Dacia Logan) befahren werden können. Solch unasphaltierte
Strassen führen z.B. in die malerischen Fjorde im Osten, Norden und Westen,
oder zu weiteren lohnenswerten Zielen im Landesinnern.
Ankunft in Island
Bereits
als die Autofähre Norröna in den 17 km langen Fjord Seyðisfjörður einfuhr, lichtete
sich der Nebel und das Land begann seine Schönheit zu offenbaren. Unzählige
kleine Wasserfälle plätscherten die grünen Berghänge hinunter. Als wir vom Boot
fuhren, bildete sich entlang der Strasse ein Stau, da sich 20 Italienische
Wohnmobile direkt am Hafen versammelten und auf ihr Leitfahrzeug warteten, um
ihre Reise im Konvoi um Island antreten zu können.
Wenn
die Norröna im Hafen ist, ist in der kleinen Ortschaft Seyðisfjörður richtig
etwas los. Innerhalb einer Stunde spuckt der Bauch der Fähre bis zu 800
Abenteuerfahrzeuge, Wohnmobile und Autos aus. Da die allermeisten ihre Hetztour
um Island unverzüglich in Angriff nahmen, war es in der 740 Seelen Gemeinde
bereits wieder ruhig, bis wir uns in der Jugendherberge angemeldet und das
Frühstück eingenommen hatten. Nachdem wir uns im Dorf umgesehen hatten, nahmen
wir die steile Passtrasse nach Egilsstadir. Das intensive grün der Landschaft
wurde nur durch weisse Schneefelder unterbrochen die Ende Juli immer noch nicht
geschmolzen waren, obwohl sie nur ein paar hundert Meter über dem Meeresspiegel
liegen. Wir genossen den spektakulären Ausblick und die ersten tosenden
Wasserfälle.
Nun
folgten wir dem Ufer des Stausees Lagarfljót südwärts. Das Wasser war generell
ziemlich trübe, ausser hinter einigen Sandbänken, wo sich neues Wasser aus
anderen Einläufen nicht mit dem Gletscherwasser gemischt hatte und deshalb in
einem unwirklichen Blau schimmerte. Über eine Brücke gelangten wir auf die
andere Seeseite direkt zum Hengifoss Parkplatz. Von dort führte ein guter
Wanderweg hinauf zu zwei sehr spektakulären Wasserfällen: Lítlanes- und
Hengifoss. Der erste beeindruckt mit vertikalen Basaltsäulen und Hengifoss ist
mit seinen 120 m Höhe Islands dritt-höchster Wasserfall. Die dunkelbraune
Felswand des Hengifoss ist mit ihren rötlichen Gesteinsschichten ebenso
einzigartig wie der Basalt im unteren Fall. Beide haben uns ungemein
beeindruckt – welch ein toller Einstieg!
Als
wir zurück beim Auto waren überkam uns der Hunger. So folgten wir der
Empfehlung des Verkehrsbüros und fuhren zum Klausturkaffi, welches sich im
ehemaligen Skriðuklaustur Kloster befindet, das heute ein Museum ist. Ein
ansprechendes Kaffee- und Kuchen-Buffet, welches auch pikantes wie Salate und
Gratins beinhaltete, wurde dort für 1‘500 ISD (€ 9) angeboten. Normalerweise
sind wir eher Museums-Muffel, aber falls es in sämtlichen Isländischen Museen
solch tolle Kaffeestuben geben sollte, werden wir vielleicht doch bald zu
Museums-Freaks! Bald sahen wir, dass tatsächlich viele Isländische Museen ein
Café haben, das auch ohne Museums-Eintritt zugänglich ist.
Wieder
zurück in Seyðisfjörður überprüften wir am Abend, ob die Qualität der
Isländischen Küche ihrem guten Ruf gerecht wird und wurden wiederum nicht
enttäuscht!
Auch
am nächsten Tag war das Wetter alles andere als langweilig; es war nass, windig
und neblig. Da aber unser Flug nach Grönland gebucht war, mussten wir weiter,
egal ob wir wollten oder nicht. Als wir entlang der östlichen Fjorde südwärts
fuhren, enthüllte der Nebel nur selten etwas weniges der zerklüfteten
Bergspitzen. Wir übernachteten in Djúpivogur, einer kleinen Ortschaft mit nur
360 Einwohnern, welche malerisch an einem Fischerhafen liegt. Es gibt nur ein
Hotel im Ort, aber dieses bietet Übernachtungsmöglichkeiten in verschiedenen
Preisklassen, darunter auch Budget-Zimmer sowie ein gutes, aber nicht allzu
teures Restaurant.
Unterkünfte in Island
Nicht
nur Jugendherbergen, sondern auch viele Hotels, Gästehäuser und Bauernhöfe bieten
in Island sogenannte „sleeping bag accommodation“ (Schlafsack Unterkünfte) an.
Dort sollen die Gäste ihr eigenes Bettzeug mitbringen. Ab und zu werden Kissen
und Decken (ohne Bezüge) zur Verfügung gestellt, manchmal auch nicht. Das Bad
befindet sich in der Regel auf dem Flur und oft steht eine einfache Küche zur
Verfügung. Dasselbe Zimmer wird oft auch mit Bettwäsche (und Frühstück)
vermietet, geht aber als Schlafsackunterkunft zu einem deutlich tieferen Preis.
Die meisten Reisebüros „wissen nichts“ darüber. Wir organisierten unsere
Übernachtungen selbst und zahlten zwischen ISK 4‘400 und 7‘000 fürs Doppel
Zimmer (sleeping bag double rooms). In 2009, dem 1. Jahr nach dem Kollaps der
Isländischen Krone entsprach dies etwa 24 bis 44 Euros (10% Schwankung eingerechnet).
In
den meisten Logis die Schlafsack-Unterkünften anbieten sind diese ganzjährig
verfügbar, in anderen jedoch nur in der Nebensaison. Unabhängig vom Preis sind
die meisten Zimmer eher klein. Wie überall in der Welt zahlt man in der
Hauptstadt deutlich mehr und es ist deutlich schwieriger kurzfristig ein Zimmer
zu finden. Mit € 55 kamen wir in Reykjavik noch gut weg, wenn man bedenkt, dass
die Jugendherberge im Stadtzentrum für ein „Schlafsack Doppel“ € 90 verlangt.
Bevor
wir am nächsten Morgen von Djúpivogur aufbrachen, benutzten wir ganz
enthusiastisch erstmals einen der an vielen Tankstellen gratis zur Verfügung stehenden
Autowasch-Plätze. Als wir gestern über nasse Schotterstrassen fuhren, wurde
unser Auto sehr schmutzig. Als wir unsere Zeit mit waschen vertrödelten,
wussten wir noch nicht, dass bloss ein paar Kilometer weiter, gleiches auf uns
wartete. Sobald unser Wagen wieder aussah wie zementiert, besserte sich das
Wetter natürlich… Da wir auf ein verlängertes Wochenende zu gingen, war der
Verkehr ziemlich dicht und viele Einheimische begegneten uns mit Wohnwagen und
Zeltklapp-Anhängern.
Während
der ersten Stunden schlichen Nebelschleier mysteriös um die Berge und nah der
Küste zogen die Schwaden zwischen Felsen durch, von denen einige aussahen als
wären sie von Menschen gebaute Steinmauern. Bald lichtete sich der Nebel und
wir konnten das blaue Meer zu unserer Linken, und steile Berghänge zu unserer
Rechten bewundern. Bei Lon fuhren wir auf einer Brücke über eine riesige
schwarze „Sander“ (=von Isländisch Sandur: Sandebene unterhalb eines Gletschers
mit angeschwemmten Sediments-Ablagerungen). Nicht weit vor der Küste sahen wir etwas
später mehrere bis zu 40 km lange schwarze Sandbänke, welche jeweils parallel
zum Strand verliefen.
Kalbende Gletscher und Eisberge
Nach
einem „pit stop“ in Höfn sahen wir bald die ersten Gletscherarme aus dem
Vatnajökull herausquellen. Nach Grönland und der Antarktika ist dieser
gigantische Gletscher die dritt-grösste Eiskappe der Welt. Unsere heutige
Haupt-Attraktion war aber die mit Eis gefüllte Gletscherlagune Jökulsárlón.
Die vielen Eisberge im Wasser sind sehr beeindruckend und wunderschön
anzusehen. Nur etwa 15% ihrer Masse ragt aus dem Wasser. Es hatte vor allem
„Bergy Bits (1-5m über Wasser) und Growlers (weniger als 1m über Wasser),
selten auch „echte“ Eisberge (über 5 m über dem Wasser). Sie begeisterten uns
mit ihren verschiedenen Formen und Farben, denn sie waren oft in sehr unterschiedlichen
Farbtönen geschichtet; von hellblau bis schwarz.
Weil
es in der Nähe regnete, war das Licht sehr mystisch und liess das Eis in der
grünen Lagune beinahe leuchten. All diese Eisberge stammen vom riesigen Breiðamerkur-jökull
Gletscherarm, den man im Hintergrund sieht. Sie verbringen bis zu 5 Jahre in
der 17 km2 grossen und 600 m tiefen Lagune, bevor sie ins offene
Meer geschwemmt werden – direkt unter der Brücke der Strasse Nr. 1 durch. Dort
werden sie von den Wellen erfasst und teilweise wieder zurück, an den schwarzen
Sandstrand gespült. Er war übersät mit schmelzenden Eis-Skulpturen von denen
die ältesten vollkommen transparent waren.
Obwohl
es so aussieht, als ob die Eislagune Jökulsárlón schon seit Ewigkeiten hier
wäre, ist sie erst in den dreissiger-Jahren entstanden. Bis dahin reichte der
Gletscher bis zur Ringstrasse, aber im Moment zieht er sich rapide zurück
weshalb die Lagune weiter wächst.
Die
nächsten zwei Nächte verbrachten wir auf dem Litla Hof in Öraefi, einem von
vielen Farmstays. Wir wählten diese Unterkunft wegen ihrer Lage zwischen der Jökulsárlón
Lagune und dem Skaftafell National Park, welchen wir am nächsten Tag bei
stahlblauem Himmel besuchten. Wir dachten (auch) wir müssten hinauf wandern zum
Svartifoss *Star von hundert Postkarten*. Wir reihten uns zusammen mit all den
anderen Ameisen in die Kolonne der Bustouristen ein und los ging’s. Was wir zu
sehen bekamen hat uns ein wenig enttäuscht; es war bloss eine Mini-Version des
viel weniger hochgelobten, aber aus unserer Sicht viel beeindruckenderen
Litlanesfoss! Auf dem Retourweg wollten wir eine Zusatzschlaufe einlegen von
der aus man auf die Vatnajökull Eiskappe sehen sollte, aber irgendwie konnten
wir diesen Weg nicht finden. Wir kapitulierten und suchten uns ausserhalb des
National Parks einen anderen Weg. Das Glück war auf unserer Seite und nachdem
wir beim Fosshotel, wo wir am Vorabend sehr gut gegessen hatten, parkierten
fanden wir einen Weg der uns direkt zum Svinafell Gletscher führte. Auf dem
felsigen Boden entlang des Weges gab es lauter dickes Moos, das ab und zu noch
von winzigen Blumen durchwachsen war. Der Gletscher lag wie eine weisse Wand
vor uns am Berg und nur der kleine dunkle Moränensee trennte uns. Mit seinen
braunen Eis-Enden sah es fast so aus, als ob er seine Finger in Schokolade getunkt
hätte. Welch ein grandioser Anblick!
An
diesem Nachmittag sahen wir noch viele weitere Gletscher, welche alle Ableger
des Vatnajökull sind. Später fuhren wir nochmals zur Eis Lagune. Diesmal
präsentierte sich Jökulsárlón in einem ganz anderen Licht und in einer ganz
anderen Zusammensetzung. Heute hatte es bei weitem nicht so viele Bergy Bits
wie am Tag zuvor und am Strand waren sie gar alle verschwunden. Sie müssen in
der Zwischenzeit alle von den Fluten weggespült worden sein. Dafür sahen wir
viele Arktische Küstensee-Schwalben, sowie einige Seehunde in der Lagune und im
Meereszufluss schwimmen.
Ob du’s
glaubst oder nicht; das prächtige Wetter hielt sich. So fuhren wir sogar ein
drittes Mal zur Eislagune um zu sehen, welch wunderbare Veränderung sie über
Nacht wieder erfahren hatte. Bevor wir dort eintrafen, besuchten wir noch ein
paar ihrer weniger bekannten Geschwister.
Als
erstes fuhren wir zum Fuss des Kviarjökulskambar Gletschers, der sich zurück zu
ziehen scheint. Sein Terminus sah aus, als ob es mit Schokoladenpulver bestäubt
worden wäre. Aber die grossen Eisstücke die davon abgebrochen sind, schienen
wie Opale in der Sonne. Dieser Gletscher ist flankiert von ungewöhnlichem
vulkanischem Gebirge.
Am
meisten beeindruckt hat uns aber der nächste Gletscher: Fjallsarlon mit seiner
Eislagune Breidarlon vor dem Terminus. Es handelt sich dabei um einen breiten
Gletscher der sich im Slalom den Berghang hinunter schlängelt und in die Lagune
kalbt. In der kleinen Lagune schwimmen nicht so viele Icy Bits wie im bekannten
Jökulsárlón ein paar Kilometer weiter östlich, aber sie ist viel weniger
touristisch. Zudem sieht man hier direkt auf die Abbruchkante des Gletschers
und kann die „Geburt“ eines neuen Eisberges miterleben, wenn man Glück hat.
Schon wieder eine beeindruckende Naturkulisse am Ende einer holprigen
Schotterpiste, aber immer noch nah der Hauptstrasse!
Fjallsarlon
war nicht der einzige Gletscher in unserem Blickfeld; gleich daneben befindet
sich ein weiterer und dann noch einer und noch einer… aber jetzt war es für uns
höchste Zeit zu gehen, denn das Reisehandbuch führte noch viele weitere Sehenswürdigkeiten
entlang unseres Weges auf der „Muss(t-)see(n)“ Liste auf.
Leben mit aktiven Vulkanen
Nach
einer kurzen Fahrt erreichten wir den Skeiðarársandur, welcher mit stattlichen
1’300 km2 der grösste Sander der Welt ist. Dieser „Sandur“ ist
übrigens Namensgeber für sämtliche Sandar der Welt. Als die Ringstrasse gebaut
wurde, war dieser Sander das grösste Hindernis und die „Lücke“ wurde erst 1974
geschlossen. Bereits 1996 wurde die Strasse genau an dieser Stelle durch
Naturgewalten wieder unterbrochen. Ein paar verdrehte Stahlträger einer
weggeschwemmten Brücke stehen als Denkmal neben der neuen Strasse. Regelmässige
Ausbrüche des Vulkanes Grímsvötn, welcher sich unter der
Vatnajökull Eiskappe befindet, führen zu Eisbeben und verheerenden
Überschwemmungen. Durch diese Eruptionen beginnt das Eis zu schmelzen und
sobald eine Eisbarriere bricht, donnern riesige Wassermassen mit Eisbergen
talwärts und alles das im Weg steht, wird wie Zündhölzer weggespült. Infolge
des Ausbruchs 1996 stürzten bis zu 50‘000 m3 Wasser pro Sekunde an
die Küste. Die nächste Eruption im Jahr 2004 hingegen verursachte keine
Überschwemmung, da sich die Eisbarriere noch nicht geschlossen hatte und das
Wasser dadurch fortlaufend abfliessen konnte. Diesmal wurde nur der Flugverkehr
behindert, weil er der riesigen Aschenwolke ausweichen musste.
Naturgewalten
haben schon seit jeher das Leben der Isländer bestimmt. Der Laki Ausbruch von
1783 führte zu einer Hungersnot, welcher ein Viertel der Bevölkerung zum Opfer
fiel. Die gewaltige Aschen und Staub-Wolke verdunkelte den Himmel über dem grössten
Teil Europas und sogar teilweise über Asien und Afrika während mehreren Monaten.
Die
Auswirkungen der Askja Eruption im Jahr 1875 waren so verheerend, dass in der
Folge 20% der Isländischen Bevölkerung auswanderte, die meisten von ihnen nach
Nordamerika. Island ist ein junges Land das offensichtlich immer noch im
Entstehen begriffen ist und bei mehreren Vulkanen ist der nächste Ausbruch
schon überfällig.
Unsere
Fahrt über den schwarzen Sander war überhaupt nicht eintönig. Hier dominierten
zwei Farben: schwarz vom Sand und blau vom Wasser, ausser neben einem Damm:
dort sahen wir ein buntes Farbenspiel bestehend aus Algen, Gras und Moosen,
welche hier Fuss fassen konnten. Immer wieder wehte etwas Sand über die
Fahrbahn, die abwechslungsweise über Dämme oder Brücken führte. Wie überall
waren sogar lange Brücken oft nur einspurig befahrbar, aber in einem Land mit
so wenig Verkehr, ist dies problemlos.
Am
andern Ende der Sandebene lag Núpsstaður, wo eine gut erhaltene Torf-Siedlung
besichtigt werden kann. Die Gebäude sind zur Hälfte in den Boden eingelassen,
die Wände aus Steinen, Torf und Gras aufgeschichtet und mit einem Grasdach
versehen. Diese Art von Schuppen und Ställen sieht man ab und zu heute noch bei
bewirtschafteten Höfen in ganz Island. Hier steht aber ein ganzer Bauernhof aus
Torf-Gebäuden samt eigener Kirche. Diese ist ein begehrtes Foto-Objekt, denn
sie ist nicht nur urig bewachsen sondern auch niedlich klein. Im
Kirchenschiff(lein) findet man die Jahreszahl 1789 eingraviert, sie wurde aber
in der Geschichtsschreibung schon im Jahr 1200 erwähnt.
Direkt
hinter der Torf-Siedlung befinden sich bizarr erodiert Berge vulkanischen
Ursprungs, sowie eine Höhle an deren Decke Basaltsäulen hängen, was diesem Ort
noch einen würdigen Rahmen gibt.
Nach
nur 10 Minuten Fahrt überquerte die Hauptstrasse die ausgedehnten Eldhraun
Lavafelder(~600 km2). Zu Beginn sahen wir viele Lavaschollen aber
diese wurden immer mehr von einem ungewöhnlich dicken Moosteppich überdeckt.
Und dick heisst wirklich dick; sicher 20 cm, vielleicht sogar mehr. Das
Zackenmützenmoos (Racomitrium lanuginosum) verdeckt
die skurrilen Formen der Lavaschollen wie eine gigantische Decke.
Nach
so viel Besichtigungsprogramm stoppten wir kurz in Kirkjubaejarklaustur, einem
Weiler der vor allem aus einer Tankstelle, Imbiss-Lokalen, Camping und einem
Hotel besteht.
Danach
machten wir einen Abstecher zur nahen Fjaðrárgljúfur Schlucht. Sie ist nicht in
ein Gebirge eingegraben, sondern eher in einem grünen Hügel der urplötzlich
einen ca. 2 km langen Einschnitt aufweist. Die Wände dieses besonders
malerischen Canyons sind besonders rund geschliffen und gewunden, man könnte
meinen sie seien fast ineinander verschlungen.
Eine
halbe Stunde bevor wir Vik erreichten, kamen wir an einem Gebiet vorbei das mit
lauter 20-30 Meter hohen Kratern übersät war. Da sie sehr speziell aussahen,
fuhren wir zum Aussichtspunkt. Dort gab es zwar eine Informationstafel, aber
wie auch schon, ging es um irgendeine Sage die sich erst noch in einer ganz
anderen Ecke Islands abspielte, statt um die faszinierende Landschaft direkt
vor unseren Augen.
Wir
übernachteten in der Jugendherberge in Vik. Dieses Dorf war wie die meisten
Siedlungen im Süden Islands eher funktionell als charmant. Die Natur hingegen,
hat hier wirklich etwas zu bieten. Das Wahrzeichen des Ortes ist eine
Ansammlung von Felsnadeln, die direkt vor dem schwarzen Sandstrand bis zu 66 m
aus dem Meer ragen. Vor allem im
Abendrot sahen die (etwa) 6 Finger besonders eindrücklich aus.
Wasser überall
Am
nächsten Morgen zeigte sich das Wetter von einer ganz anderen Seite. Es war so nass
und windig, dass wir nicht einmal aus dem Auto stiegen als wir beim Felstor
ausserhalb von Vik ankamen. Was wir dabei verpassten sieht sehr ähnlich aus wie
die berühmte „London bridge“ an der Great Ocean Road in Australien. Der Wind
rüttelte wie wild am Auto und die wenigen tapferen Touristen die sich der Natur
stellten, waren innerhalb von ein paar Sekunden total durchnässt.
Feige
fuhren wir einfach weiter und wurden sogar noch mit einem Regenbogen belohnt
auf den bald die Sonne folgte. Zuerst sahen wir einige hübsche Torf-Hütten und
gepflegte Bauernhöfe, umgeben von fruchtbarem Land. Dann aber wurde dies ein
Tag der Wasserfälle. Als erstes erreichten wir gleich den grössten und höchsten:
Skogafoss. Umrahmt von grünen Hügeln ergiesst sich sein Wasser über eine breite
Felskante und fällt 62 Meter in die Tiefe.
Nur
ein paar Kilometer weiter westwärts (an Str. 249 Richtung Þórsmörk) war ein
Wasserfall der all denjenigen gelegen kam die entweder heute noch nicht in Vik
waren, oder keine Zeit zum Duschen hatten bevor sie ihr Besichtigungs-Programm
in Angriff nahmen. Beim Seljalandsfoss kann man nämlich hinter dem Fall durch
gehen. Er fällt von einer hufeisenförmigen Felswand in ein tiefes grünes
Becken.
Die
grossen Parkplätze dieser beiden berühmten Fälle wurden auch von Tour-Bussen
angefahren. Die nächsten beiden Wasserfälle hatten wir aber ganz für uns
alleine, obwohl der nächste bloss ein paar hundert Meter weiter lag. Der
spezielle Gljúfurárfoss lag fast versteckt in seiner engen Schlucht. Diese war
so eng, dass sich sogar mehrere Felsbrocken zwischen ihren Wänden verkeilten. Der
Fall führte zwar nicht viel Wasser, war aber sehr reizvoll anzusehen. Der
letzte Wasserfall hat eine ähnliche Kulisse, es sah aber fast so aus, als ob
sich das Wasser hier einen Tunnel gegraben hätte. Von vorne sah man aber nur
wenig vom Wasser, denn es gab nur eine schmale Öffnung in der Felswand. Wir
können nur sagen, dass sich dieser Fall an der Strasse 250 bei Mulakot
befindet. Es gab kein Namensschild und so können wir leider keinen weiteren
Zungenbrecher servieren.
Energie aus Erdwärme
Heute
übernachteten wir auf einer Pferdefarm. Die legendären Islandpferde sieht man
überall. Es gibt viele Reithöfe und wahrscheinlich reitet jeder Isländer ab und
zu so einen Gaul.
Mit
2‘000 Einwohnern ist das nahe gelegene Hveragerði die grösste Ortschaft die wir
seit unserer Ankunft in Island gesehen hatten. Viele Menschen arbeiten hier in
Gewächshäusern, in denen mit Hilfe von Erdwärme Früchte, Gemüse und Blumen
gezogen werden. Dank Hortikultur und Geothermal-Energie stammt ein Grossteil
des Isländischen Grünzeug-Konsums aus inländischer Produktion.
Das
Gewächshaus Eden ist für die Fahrer der Touristenbusse ein „obligatorischer
Halt“ denn sie hoffen, dass ihre Passagiere voller Begeisterung das dortige
Souvenir-Geschäft räumen. Unser Lonely Planet Reiseführer beschreibt
sarkastisch, dass dieses Gewächshaus nur gebaut wurde um “Dummköpfe und Geld“
zu trennen. Das mussten wir natürlich (auch) erleben und Brigitte hoffte zudem
zu sehen wie man hier Früchte und Gemüse zieht. Es dauerte keine fünf Minuten
bis wir wieder draussen waren; Eden ist wirklich nichts anderes als eine grosse
Touristenfalle!
Trotzdem
ist es beeindruckend zu erfahren, dass in den vielen Gewächshäusern nicht nur
die Energie für die Heizung, sondern oft auch der Strom für die künstliche Beleuchtung
aus Thermal-Energie gewonnen wird.
Mit
22 aktiven Vulkanen, 250 geo-thermisch aktiven Gebieten und 780 heissen
Quellen, ist Erdwärme in
Island im Überfluss vorhanden. Obwohl sie vielfältig genutzt wird, wird nur ein
Bruchteil angezapft. Vielerorts gibt es öffentliche Schwimmbecken oder gar
Thermal Bäder. Heisse Quellen, welche unentgeltlich benutzt werden können, findet
man da und dort in der freien Natur. Andere wiederum werden übertrieben
hochgelobt und kommerzialisiert, beispielsweise die berühmte Blaue Lagune.
Etwa
87% der Haushalte beziehen die Energie für Zentralheizung und Heisswasser aus Geothermal-Energie.
In kleinem aber steigendem Ausmass wird sie auch zur Elektrizitäts-Erzeugung
genutzt. Kein Wunder, dass die Isländer mit Energie eher verschwenderisch
umgehen. Der jährliche Stromverbrauch gehört mit 28‘200 kWh pro Kopf zu den
höchsten der Welt! Die Heizung wird üblicherweise durch Öffnen der Fenster
reguliert.
In
Gästehäusern wurden wir oft daran erinnert, dass man das Hahnenwasser trinken
kann, da Isländisches Wasser sehr gesund sei. Dies stimmt wohl auch, doch genau
wie Medizin, schmeckt es eher unangenehm, denn es wird oft direkt an der
heissen Quelle gefasst.
Für
Touristen sind dampfende Spalten und Schlammlöcher sicher ein spannender
Anschauungs-Unterricht über die Energie aus der Erde. Hier in Hveragerði sahen
wir unsere ersten geothermisch aktiven Gebiete in Island. An mehreren Orten im
Dorf setzte die Erde immer wieder Dampf frei und ein paar besonders
interessante Ecken wurden markiert und für den Tourismus zugänglich gemacht. Um
die dampfenden Spalten variierten die Farben von weiss bis rot, von grau bis
braun, je nach Mineralgehalt des Dampfes. Weil die Erdkruste um solch dampfende
Löcher sehr dünn sein kann, ist es gefährlich seine Nase zu tief in diese
teuflisch heissen Spalten hinein zu stecken. Brigitte hatte kein leichtes Los
den Mittelweg zwischen Neugier und Sicherheit zu finden, versuchte aber auch
nicht zu vergessen, dass die Begierde nach einem guten Foto leicht bereut werden
könnte.
Die Hauptstadt Reykjavik
Am 5.
August 2009 trafen wir in Reykjavik ein und
bezogen unser Zimmer im Gardur Inn, das ausserhalb der
Sommerferien als Studentenheim dient. Mit seiner zentralen Lage waren die ISK
9’000 (€ 55 in 2009) für ein Doppel Zimmer mit Frühstück für die Hauptstadt ein
echtes Schnäppchen. Wir konnten das Auto gratis parkieren und in nur 5 Minuten
ins Zentrum spazieren.
Im
Gegensatz zu den meisten anderen Siedlungen in Island, hat Reykjavik ein
erkennbares Herz und sogar eine Seele. Im Zentrum gibt es viele alte gut
restaurierte Gebäude. Die Stadt strahlte Farbe und Wärme aus und es herrschte
eine lebhafte Atmosphäre in den Strassen. Im Erdgeschoss des modernen
Stadthauses, welches mit seinen „Füssen“ im kleinen Tjörnin See steht, besichtigen
wir ein grosses Relief-Modell von Island.
Entlang
Reykjaviks Haupteinkaufsstrasse gibt es breite Gehsteige aber nur eine schmale
Fahrbahn. Trotzdem drängen sich die Automobilisten mit ihren oft überbreiten
Fahrzeugen dort durch. Es hatte so viele Touristen, die Strasse wäre auch ohne
Autos immer noch überlaufen. Die Stadt wurde richtiggehend von Touristen
überrannt.
Wir
genossen die langen Sommerabende und natürlich auch die kulinarischen
Höhepunkte. Bald konnten wir noch längere Tage geniessen, da wir drei Tage
später nach Grönland abreisten (siehe oben). Für 8‘000 ISK (€ 45) konnten wir
unseren Wagen für 3 Wochen beim Flughafen Keflavik parkieren. Dies war nicht
nur sehr bequem, sondern auch günstiger als zweit Retour-Billette mit dem Flughafenbus.
Als
wir am 29. August zurück kehrten, war das Wetter sogar für Reykjavik immer noch
extrem warm. Mit Temperaturen um die 20°C war es sogar deutlich wärmer als bei
unserer Abreise.
Im Generellen
ist Island berühmt-berüchtigt für seine schnell wechselnden Wetterlaunen.
Nichts desto trotz sind Reykjaviks durchschnittliche Wintertemperaturen über
denen von Zürich oder New York, was dem Golfstrom zu verdanken ist, der Island
umgibt. Ohne seinen Einfluss wäre Island kaum bewohnbar. Im Landesinnern fallen
die Temperaturen im Winter aber auf -35°C und dort kann es auch im Sommer
unangenehm kalt sein.
Während
unseres Aufenthalts im August und September erlebten wir entlang der Küste durchschnittliche
Tagestemperaturen von etwa 12°C. Wenn es sich einmal kalt anfühlte, war dies
eher starkem Wind, als tiefen Temperaturen zuzuschreiben. Da wir uns nicht
allzu weit vom Küstengürtel entfernten, erlebten wir keine Extreme. Wir hatten
sowohl ein paar Tage mit Regen, als auch mit Nebel, doch meist schien die Sonne
für uns und der September war zudem aussergewöhnlich warm.
Als
wir anfangs August die südliche Landeshälfte erkundeten, hatten wir einen
vorgegebenen Zeitplan. Aber jetzt im September konnten wir die nördliche Hälfte
mit deutlich mehr Zeit angehen und deshalb reservierten wir unsere Unterkünfte
auch nicht im Voraus. Dies gab uns die Freiheit, auf besseres Wetter warten zu
können, sollte es Mal Katzen hageln.
Dass
diese Freiheit auch einen Haken haben kann, mussten wir erleben, als wir am 29.
August von Grönland zurück kehrten. Budget Unterkünfte in Reykjavik waren noch
immer solide ausgebucht und wir suchten ewig, bis wir endlich ein passendes
Zimmer fanden. Schlussendlich konnten wir im Bláklukka Gästehaus reservieren, welches
etwa 5 km vom Zentrum entfernt liegt. Wir hatten Glück und kriegten dort ein
schönes Studio wo wir uns auf den zweiten Teil unserer Islandreise einstimmen
konnten.
Am 1.
September 2009 zogen wir los, um die eindrucksvollsten Naturwunder Islands auszukundschaften.
Kurz ausserhalb der Hauptstadt hielten wir irgendwo an, um ein paar skurrile
Felsen zu fotografieren. Allerdings stahl eine Herde junger Islandpferde ihnen
aber schnell die Show. Wir wunderten uns, ob diese Gäule schon gefrühstückt
hatten oder nicht, auf jeden Fall überboten sie sich gegenseitig mit gähnen.
Verblüffende Landmannalaugar
Wir
wagten uns nach Landmannalaugar und liessen uns auf dem Weg
dorthin beim Youth Hostel Árnes unsere Zimmerschlüssel aushändigen. Da die
Wetterprognose für das Hochland eine Sintflut voraus sagte, stürmten wir sofort
los, obwohl das Wetter auch jetzt nicht perfekt war. Bis 40 km vor unserem Ziel
war die Strasse noch asphaltiert, doch das letzte Teilstück war eine echte
Holperpiste. Diese Strecke war für unseren Kleinwagen eine Herausforderung,
aber mit vorsichtigem Fahren haben wir sie problemlos geschafft. Etwa 200 Meter
vor dem Info Zentrum und der Berghütte führt die Strasse durch einen Fluss. Für
alle die kein Allrad-angetriebenes Fahrzeug haben, steht hier ein grosser
Parkplatz zur Verfügung. Die anderen hatten bei der „Durchquerung der Fluten“ ein
paar sensationslüsterne Zuschauer auf sicher.
Wir
müssen immer noch über die Bemerkung eines entnervten Deutschen Touristen
schmunzeln: „mit meinem eigenen Wagen würd ich diese Strasse niemals befahren,
aber mit dem Mietwagen ist’s mir egal“. Wir denken, er hat wohl das
Kleingedruckte in seinem Mietvertrag nicht gelesen. 2-WD Mietwagen sind auf
dieser Strasse meist vom Versicherungsschutz ausgeschlossen; bei Flussquerungen
sind ja nicht einmal 4x4 versichert. Bei unserem eigenen Wagen hingegen wussten
wir, dass wir Versicherungsschutz haben. Bis zu diesem Parkplatz ist die Strasse
208 offiziell für sämtliche Fahrzeuge zugelassen, danach wird sie zu einer
„F-Strasse“ (F208) was heisst, dass nur noch 4WD Vehikel dort fahren dürfen.
In
Landmannalaugar waren wir von faszinierenden Rhyolite Bergen umgeben, die in
unglaublichen Farben leuchten. Nicht nur eine Farbe, sondern eine ganze Palette
verschiedener Farbtöne in Felsen und Steinen und in jede Richtung wieder
anders! Auch die Formen waren sehr unterschiedlich. Es ist fast unmöglich zu
beschreiben, aber glaubt uns: es ist überwältigend hoch zehn!
Wir
fragen uns, ob es überhaupt noch faszinierender sein kann, wenn die Sonne hier
scheint. Da die Nacht bald anrückte, mussten wir uns mit einer kurzen zwei
Stündigen Rundwanderung entlang hoher Lavaschollen und dampfenden Löchern
begnügen. Bereits auf der Anfahrt, hatten wir mehrmals an ebenso faszinierenden
Stellen angehalten. In Landmannalaugar spürt man wirklich die Kraft der Natur.
Für uns ist es immer noch unglaublich wie stark so eine unendlich erscheinende
Landschaft von den Vulkanen geprägt und verändert werden kann. Wir verbrachten
etwa 4 Stunden in dieser einzigartigen Umgebung; bizarr und überwältigend so
weit das Auge reicht, wir wollten unbedingt am nächsten Tag zurückkehren. Aber
am nächsten Morgen sahen wir, dass es hinter dem Vulkan Hekla regnete, wogegen
es im Osten, wo die nächsten Naturwunder auf uns warteten, noch die Sonne
schien.
Um den „golden circle“
Als
nächstes besuchten wir die Bruarhlöt Schlucht wo das Wasser den braunen Fels
ganz rund geschliffen hatte und sogar einige Stümper im Fluss Hvitá stehen
liess. Dieser donnert ein paar Kilometer flussaufwärts über den beeindruckenden
Wasserfall Gullfoss.
Schon
bald standen wir oberhalb dieses imposanten Wasserfalls. Gullfoss fällt
spektakulär über zwei Kaskaden, wobei er einen unübersehbaren Wasserspray-Vorhang
abgibt, wenn das Wasser 32 Meter in die Tiefe donnert. Unerwarteterweise wurden
wir weniger feucht, je näher wir an den Fall kamen. Selbstverständlich
erreichten wir die dem Wind abgewandte Seite erst, nachdem wir schon nass
waren.
Zuerst
fällt das Wasser über ein paar breite Stufen, bevor es über eine engere und
höhere Felswand donnert. Dort erreicht die Wassermasse eine Geschwindigkeit der
das Auge nicht mehr zu folgen vermag und verschwindet in der engen Schlucht darunter.
Hoch über dem Gullfoss befindet sich eine Cafeteria mit Souvenir-Geschäft und dort
hatten wir eine kleine Zwischenmahlzeit.
Nur 9
km weiter wartete die Mutter aller Geysire. Dieser sprühenden Wasserfontaine
gaben die Isländer den Namen Geysir und da der übrigen Welt nichts Besseres
einfiel, hat sie den Namen übernommen und jetzt sind alles „Geysire“. Heute ist
sie allerdings etwas altersschwach und meist schläfrig (weil 1950 dämliche
Touristen Steine in ihren Schlund warfen). Zum Glück hat sie aber rechtzeig
einen Lehrling eingearbeitet und heute ist es Strokkur, der die Touristen mit
seinen regelmässigen Heisswasser-Ausbrüchen entzückt. Seine Fontaine ist zwar
mit 15-30 Metern Höhe recht stattlich, kommt aber nicht annähernd an die 40-80
Meter heran, welche Geysir in ihren besten Zeiten ausspie.
Touristen
sind aber mit Strokkur mehr als zufrieden, da er alle paar Minuten von neuem
ausbricht. Es ist höchst interessant dem Zyklus der Eruptionen zuzuschauen.
Sein Schlund gleicht zuerst einem gigantischen Ablaufloch. Darin beginnt es zu
kochen und das Wasser beginnt sachte auf und ab zu schwappen. Nach einer Weile
bildet sich eine riesige tiefblaue Wasserblase, welche sich nach oben wölbt, bis
aus ihrer Mitte eine kraftvolle Fontaine aufsteigt. Die Dampfwolke kühlt in der
Luft schnell ab, das Wasser sammelt sich am Boden und verschwindet wieder im
Abfluss. Ab und zu wiederholt sich die Schau nach nur wenigen Sekunden.
Geysir
Ausbrüche ereignen sich, wenn kochendes Wasser innerhalb des Geysirs-Schlundes
von einer darüber liegenden kalten Wasserschicht zurück gehalten wird bis sie
explodiert und sich den Weg an die Erdoberfläche sucht. Es kann süchtig machen,
dieses Schauspiel immer wieder von neuem zu beobachten.
Diese
beiden Wasserspeier sind Teile eines Gebietes mit Geo-thermalen Aktivitäten,
welches noch mehr Interessantes auf Lager hat. So z.B. glasklare heisse
Quellen, dampfende Erdspalten, sowie mehrfarbige Ablagerungen. Auch hier wurden
überall Wege und Holzstege angelegt, Info-Tafeln aufgestellt und wo notwendig
Abschrankungen montiert. Obwohl viel Aufwand betrieben wurde, um die Natur dem
Menschen zugänglich zu machen, wird in Islands grossartigen Naturparks nie
Eintritt verlangt! Im Gegenteil; es werden sogar noch gratis Parkplätze zur
Verfügung gestellt. Nur bei den aller touristischsten Sehenswürdigkeiten, wie
z.B. hier entlang des „goldenen Circle“ gibt es Souvenir-Geschäfte und Kaffeehäuser,
damit die Touristen wenigstens etwas Geld los werden können.
Die Welt reisst auseinander
Unser
letztes Ziel im „goldenen Dreieck“, war im wahrsten Sinne des Wortes eine Doppel-Attraktion:
der þingvellir (Thingvellir) National Park. Historisch ist er von Bedeutung
weil hier im Jahr 930 erstmals Isländische Grossgrundbesitzer zu Räten gewählt
wurden und eine jährliche Versammlung einführten, welche im Stil eines
demokratischen Parlaments über das Schicksal des Landes entschied. In der
Geschichtschreibung gilt diese Tagung, genannt Alþing, als das erste
demokratische Parlament der Welt.
Dieses
Parlament mag die Isländer näher zusammen geschweisst haben, doch genau an
dieser Stelle reisst die Welt im wahrsten Sinne des Wortes auseinander!
Geologisch gesehen ist þingvellir einer von nur zwei Orten auf
der Erdkruste an denen die Bewegungen Tektonischer Platten studiert werden
können (ebenfalls im Rift Valley System Ost Afrikas) ohne nasse Füsse zu
kriegen.
Die Tektonischen
Platten Nordamerikas und Eurasiens verschieben sich und reissen Island
unaufhaltsam in drei Teile (die Nordamerikanische Platte teilt sich genau hier
in eine Haupt- und eine Nebenplatte). Normalerweise verschieben sie sich nur
langsam (7mm pro Jahr) aber ein Erdbeben kann eine Veränderung von mehreren
Metern auf einmal bewirken. Über die Jahrmillionen sind die Verschiebungen
der Tektonischen Platten fast unglaublich. Wissenschaftler glauben, dass
sich Europa und Afrika einst im Gebiet der heutigen Antarktika befanden,
wogegen Down Under sogar einmal in der nördlichen Hemisphäre lag.
Rein
geographisch gesehen, gehören die meisten Isländer und sämtliche Grönländer zu
Nord Amerika und darüber lässt sich nicht streiten! Um die Tektonische Spalte
zu veranschaulichen, wurde ein versunkener Weg angelegt, der gleichzeitig als Zugang
zum Thingvellir-Besucherzentrum dient. Er vermittelt die Illusion mit einem
Bein in Europa und mit dem anderen in Amerika zu stehen, doch der Spaltenboden
ist in Wirklichkeit 10 bis 25 km breit. Wenn man das Tal das durch die
Verschiebung der Platten entstand betrachtet, sieht man aber nicht in die Magma
Kammern. Es ist eine unauffällige Ebene mit Wiesen, Flüssen und Seen die
beidseitig von Klippenähnlichen Felswänden eingerahmt ist. Wenn man aber weiss,
was hier genau passiert, kommt ein ehrfürchtiges Gefühl auf.
Schon
bald waren wir wieder in der Nähe von Reykjavik und haben damit den „Goldenen
Circle“ geschlossen. Gegen Abend erreichten wir Akranes und mieteten dort
spontan ein kleines Ferienhaus für die Nacht.
Wie die
meisten Isländer, sprachen auch unsere Vermieter sehr gut Englisch, was uns das
Reisen enorm erleichterte, da die Isländische Sprache für uns nicht so leicht
verständlich ist. Im Supermarkt hatten wir aber meist ein leichtes Spiel, da
viele Produkte in diversen Sprachen beschriftet waren, aber nicht immer auf
Isländisch.
An
diesem Abend hatten wir keine Lust zu kochen und ein gemütliches Lokal fanden
wir auch nicht, weshalb wir schlussendlich bei der Sandwich-Kette Quiznos Sub’s
landeten. Der Preis für ein Sandwich erschien uns zwar etwas hoch, von Hunger
getrieben bestellten wir aber ein „Set“ bestehend aus zwei Eingeklemmten und
einem Getränk. Mensch, so grosse Sandwiches haben wir überhaupt noch nie
gesehen! Die Resten reichten locker noch für eine zweite Mahlzeit, genauso wie
die 2 Liter Süssgetränk.
Am
nächsten Tag brachen wir auf um die Halbinsel Snæfellsnes zu erkunden.
Unsere Streck führte Anfangs über eine für Isländische Verhältnisse stark
befahrene Schnellstrasse entlang der Küste. Deshalb mussten wir uns hier vor
allem auf den Verkehr konzentrieren, statt die Landschaft zu geniessen. Nach
Borganes hatten wir die Strasse wieder fast für uns alleine und wir kamen durch
ländliche Umgebungen mit vereinzelten Bauernhöfen. Nur 500 Meter neben der
Hauptstrasse erreichten wir die ungewöhnliche Basalt-Mauer Gerduberg. Sie ist
ungefähr 2 km lang und beeindruckend hoch. Etwas weiter entlang derselben
Schotterstrasse erreichten wir den kleinen Vulkankrater Raudhals. Man konnte
über rotes Lava-Geröll zu seinem 100 Meter hohen Kraterrand hinauf kraxeln und
durch dickes Moos, das dicht mit schwarzen Krähenbeeren bedeckt war, zurück
gehen. Auf unserer Weiterfahrt Richtung Westen kamen wir an der bildhübschen
Siedlung Staðastaðdur vorbei, die hinter dem See wunderschön in der Sonne
leuchtete.
Verlotterte Häuser und protzige Autos
Schon
bald war es wieder Zeit sich nach einer Unterkunft umzusehen und so fragten wir
in einem Golf-Hotel nach Schlafsack-Zimmern. Ihr denkt wohl, dass man uns
schräg angeschaut hat, aber der „Hippie-Typ“ an der Rezeption hat uns ganz cool
an seine Schwester verwiesen. Sie hat soeben ein altes verlottertes Haus
renoviert und bietet nun 15 Betten an. Sie erzählte uns, dass sich ihr Haus
während der Sommermonate allabendlich mit Gästen wie uns füllte, obwohl sie
bisher noch nie Werbung gemacht hat. Innen war das Gästehaus mit seinen
charmanten, geschmackvoll dekorierten und grossen Zimmern spitzenmässig
eingerichtet. Es gab einen grosszügigen Gemeinschaftsraum mit einer gut
ausgestatteten Küche. Von aussen würde man allerdings kaum glauben, dass es
sich um ein und dasselbe Gebäude handelt! Die Risse in der Mauer waren nicht
einmal mit Farbe kaschiert, da diese auch schon vor Ewigkeiten abgeblättert
war.
Dies war
das extremste Beispiel, doch wir übernachteten in Island oft in Häusern, welche
von innen gemütlich und sehr gepflegt waren, sich von aussen jedoch eher
verlottert präsentierten. Es scheint so, als ob die Einheimischen auf die Wohnlichkeit
ihrer Häuser viel mehr Wert legen, als auf das äussere Erscheinungsbild.
Wenn
es um Autos geht, sieht die Sache allerdings ganz anders aus. Isländer lieben
grosse protzige Autos. Big Foot (Autos mit extrem grossen Rädern) sieht man
häufig und wenn man hierzulande von einem „normalen Wagen“ spricht, geht es um
einen 4x4 und nicht um ein banales zwei-Rad angetriebenes Fahrzeug. Diese
Monster können vielleicht von Vorteil sein, wenn es darum geht im Hochland einen
Fluss zu durchqueren, auf den meisten Schotterstrassen auf denen wir unterwegs
waren, war das Fahren neben der Strasse ausdrücklich verboten um die fragile
Landschaft zu schützen. Wir haben mehrfach gehört, dass die Einheimischen von
plötzlicher Blindheit befallen werden, wenn sie an solchen „Hinweis-Schildern“
vorbei kommen. Einen Big Foot zu kreuzen hiess meist, dass wir zur Seite
ausweichen mussten. Die Fahrer dieser überbreiten Fahrzeuge nehmen den Fuss nämlich
gar nicht gern vom Gas!
Mehr
über das rüpelhafte Fahrverhalten der Big Foot Piloten, erfährt man in den
folgenden Artikeln:
der
erste stammt von einer Deutschen die in Island als Hüttenwartin arbeitet http://www.forum.islandreise.info/viewtopic.php?f=8&t=1448&start=30
Snæfellsnes Peninsula
Viele
Sehenswürdigkeiten warteten ganz in der Nähe unserer gemütlichen Lotter-Villa.
Da es aber am Morgen regnete, blieben wir eine zweite Nacht. Unsere Landlady
gab uns ein paar gute Tipps und so brachen wir am Nachmittag auf um zuerst die
Spalte im Berg Raudfeldsgja zu finden. Sie hat nicht übertrieben, wir mussten
uns richtiggehend durch eine Felsspalte zwängen; sie war keinen Meter breit.
Die beiden Felswände waren so gewunden und halb ineinander verschlungen, dass
man kaum den Himmel sah. Es war so eng, dass wir über die Felsen im Bächlein
klettern mussten, da es für einen Weg keinen Platz gab. Die Spalte muss von
einem reissenden Wasserfall ausgefressen worden sein, den es allerdings jetzt
nicht mehr gibt. Noch etwas anderes hat uns hier stutzig gemacht: viele Vögel
(Dreizehen-Möwen/Kittiwakes) brüten in den vertikalen Felswänden links und
rechts dieser Schlucht und mehrere offensichtlich heruntergefallene hockten am
Boden. Wir konnten uns dies nicht erklären. Sie hatten gebrochene Beine oder
Flügel, doch es waren keine Jungvögel. Sie versuchten sich tapfer zu
verteidigen als wir uns an ihnen vorbei zu drängen versuchten.
Wir
sahen etwas vom roten Sandstrand bei Budavik, bevor wir am erkalteten Lavafluss
des Stapafell Vulkanes vorbei kamen. Danach genossen wir Kaffee und Kuchen im
kleinen Strand-Café in Hellnar. Der felsige Strand darunter war übersät mit
runden Steinen in grau und schwarz und über ihnen thronten mehrere spektakuläre
Felsformationen. Ein dramatischer Lavafluss formte Torbögen, Höhlen und
Basaltsäulen. Hinter dem Strand war die Lava mit einer dicken samtenen Moosdecke
überzogen.
Auf
der ganzen Snæfellsnes Halbinsel sahen wir mehrere kleine Holzkirchen. Als wir
von unserer Landlady erfuhren, dass in allen regelmässig Messen gehalten
werden, konnten wir es kaum glauben. Wir wissen zwar, dass Isländer sehr gläubig
sind und haben gesehen, dass oft sogar sehr kleine Siedlungen eine Kirche
haben, aber in dieser „gottverlassenen“ Gegend müssen doch die Kirchen auch
dann fast leer sein, wenn alle hingehen, dachten wir. Sie erklärte uns, dass
der Pfarrer samt Kirchenchor die Messe jeden Sonntag in einem anderen Kirchlein
durchführt.
Die
hübsche kleine Kirche in welcher sie geheiratet hat, sah man von unserem
Fenster aus in der Ferne. Direkt daneben befand sich auch das Hotel Búðir, doch
dies waren die beiden einzigen Gebäude weit und breit. Welch glücklicher
Zufall; das Restaurant dieses Hotels hat einen sehr guten Ruf und gilt als DER
Ort schlechthin. Unser Reisehandbuch erwähnte zu dieser Adresse: „wenn Du
irgendwo auf dieser Reise über die Stränge hauen willst um Dich zu verwöhnen;
dies ist der richtige Ort! Das liessen wir uns natürlich nicht nehmen und
genossen ein hervorragendes 5-Gänge Menü (8’100 ISK; €48.-) in diesem Gourmet
Lokal, welches bis auf den letzten Tisch belegt war.
Weitere
felsige Sehenswürdigkeiten erwarteten uns entlang der Küste. Die faszinierenden
vulkanischen Felsformationen im natürlichen Hafen von Arnarstapi waren
geschickt in die Hafenmole integriert. Bis Hellnar ist die ganze Küste übersät
mit Höhlen und Felsbogen, Blowholes (Fontänen speiende Blaslöcher) und
skurrilen Lavaformationen. Gleich vor der Küste hat die Laune der Natur
Basaltsäulen so „hingelegt“ dass sie aussehen wie Paletten mit Backsteinen oder
Holzbeigen. Überall in den Klippen nisten Wasservögel, da die meisten aber
jetzt ausgeflogen waren, blieben nur noch die weissen Rückstände ihrer
Sommertoilette sichtbar.
Beim Þúfubjarg
(Tufuberg) etwas weiter westlich, befinden sich Überreste des Vulkankraters
Lóndrangar, welche vom Meer ausgewaschen wurden. Heute sind nur noch zwei
Säulen übrig geblieben, wovon die höhere stattliche 75 Meter misst.
Bevor
wir die Südküste des Snæfellsnes Peninsula verliessen, lichteten sich die
Wolken und wir konnten einen Blick auf die Eisdecke des Vulkans Snæfellsjökull
erhaschen.
Am
Westzipfel sahen wir zwei weitere kleine Vulkankrater, von denen der erste:
Holaholar, zum rein fahren und der zweite: Saxhöll, zum rauf kraxeln gedacht
war!
Entlang
der Nordküste war die Strasse noch immer von hohen vulkanischen Gebirgszügen
flankiert. Es war eine malerische Strecke doch da es inzwischen zu regnen
begann, machten wir nur einen kurzen Verpflegungs- und Einkaufs-Halt in
Grundarfjörður. Danach übernachteten wir in Stykkisholmur, welches eines der
schöneren Dörfer des Landes ist.
Essen in Island
Allgemein
betrachtet, assen wir in Island sehr gut! Sogar einfache Gerichte sind
normalerweise sehr gut zubereitet. Mittagessen oder Zwischenverpflegungen sind
in jeder Siedlung von einer gewissen Grösse problemlos zu finden, obwohl
dazwischen schon recht viele Kilometer liegen können. Die meisten Tankstellen
bieten neben Fast-Food auch ein Tagesgericht an, welches normalerweise für
unter ISK 1‘500 (€ 9) zu haben ist. Dieses ist oft auch abends verfügbar und
wird entweder als Tellergericht mit währschaften traditionellen Speisen oder
von einem Büffet angeboten. Normalerweise wird alles frisch zubereitet.
Ein mit Käse und frisch angebratenem Speck gefülltes und grilliertes Sandwich
ist ein echter Fast-Food Leckerbissen. Sogar Selbstverpfleger können unterwegs mit
Stil essen. Viele Lebensmittel-Geschäfte stellen Tische und Stühle zur
Verfügung, wo der Kunde die soeben gekauften Delikatessen gleich verzehren kann.
Auch
Gourmet-Mahlzeiten können in Island einfach gefunden werden. Es ist nicht
unbedingt eine preiswerte Angelegenheit, aber seit die Krone eingebrochen ist, sind
diese nun auch für das „Fussvolk“ aus dem Ausland in erschwinglich. Qualität
und Zubereitung sind phantasievoll und innovativ.
Genauso
wie die Unterkünfte sehen auch Gourmettempel von aussen nicht immer sehr
einladend aus. Einige schicke Restaurants befinden sich in unauffälligen
Schuppen im Industriegebiet, kochen aber hervorragend und servieren ihre
Gerichte in gemütlichem Ambiente. Für etwa ISK 5‘000 (€ 30) gab es oft ein
vorzügliches Mehrgänge Menü aus lokalen Spezialitäten wie Lamm oder Lachs.
Westfjorde
Am 6.
September 2009 machten wir uns auf, um die Westfjorde zu entdecken. Bereits auf
dem Weg dorthin kamen wir durch die ersten Fjordlandschaften. Entlang des Breidafjördur
waren die Hügel schon im Herbstkleid. An windgeschützten Hängen wuchsen
Heidelbeeren und Zwergbirken von etwa einem halben Meter Höhe. Diese färbten
sich bereits gelb und rot. Hier sahen wir Leute die Beeren sammelten, doch in
ganz Island bleiben wohl tonnenweise Heidelbeeren ungeerntet am Busch. Im
grössten Teil des Gebirges können nur Moos und Flechten gedeihen, aber oft ist
es so steinig, dass sie es nicht schaffen eine Fläche vollkommen zu bedecken.
Steinig
sind auch viele Strassen in den Westfjorden, wie beispielsweise die enge
Strasse hinunter zum Strand in Rauðisandur. Dieser ist bekannt für den
rötlichen Sand um seine blaue Lagune. Vielleicht weil wir am späten Nachmittag
und bei Ebbe dort eintrafen, erschien uns der Sand nicht allzu rot. Auf der
andern Seite leuchteten dafür die Berge deren Spitzen gerade von etwas Nebel
umhüllt wurden, majestätisch in der Sonne. Deshalb fuhren wir bis ans Ende der
Strasse und genossen diese mystische Landschaft. Wegen dem aufkommenden Nebel
und weil schon alle Vögel, auch die drolligen Papageientaucher, ihre Nistplätze
verlassen hatten, fuhren wir nicht auch zu den berühmten Vogelfelsen am
Látrabjarg.
In
Patreksfjörður fanden wir schon wieder eine Unterkunft, welche inwendig top und
von aussen eher ein Flopp war.
Wir
waren überrascht, wie viele moderne Kirchen wir immer wieder sahen. Island ist
wohl das einzige Land der Welt, wo so eine alte Institution wie die Kirche so
moderne Gebäude baut.
Da
das Wetter wieder viel bessere Laune hatte als vorausgesagt war, nahmen wir am
nächsten Tag den Weg nach Ísafjörður unter die Räder. Dieser Teil des
Fjordlands wurde von engen Schotterstrassen durchzogen, wir wurden aber entlang
des ganzen Weges mit spektakulären Landschaften belohnt. Die Strecke kurz vor
Bíldudalur war im wahrsten Sinne des Wortes Bildschön. Entlang des stahlblauen
Fjordes hatte es immer wieder farbige Moose und ab und zu Heidelbeer-Stauden.
Das gegenüberliegende Ufer war meist nur ein paar Kilometer entfernt, aber
immer nur über eine lange und malerische Strasse um einen Fjordarm zu
erreichen. Die Fahrt durch die Westfjorde braucht viel Zeit, doch es lohnt sich
auf jeden Fall. Immer wieder spiegelte sich das vulkanische Gebirge im Wasser
entlang unseres Weges. Nachdem wir ein Hochplateau überquert hatten, tauchte
plötzlich der bildhübsche Wasserfall Dynjandifoss vor unseren Augen auf. Erst
jetzt wurde uns bewusst, dass die Strasse kurz vorher den Fluss überquerte,
dessen Wasser hier in die Tiefe stürzt. Es fällt in mehreren Stufen über eine
sehr breite Felswand. Im Frühsommer muss der Wasserfall wohl noch viel
eindrücklicher sein als jetzt.
Manchmal
war die Strasse in sehr steile Felswände eingeschnitten und oft auch sehr eng
und kurvenreich, dass wir nur hofften kein anderes Fahrzeug komme in den
unübersichtlichen Kurven entgegen. Kurz vor Ísafjörður war die Strasse dann
wieder asphaltiert und flach, aber auch nass, da es nun zu regnen begann. Mit
3‘500 Einwohnern ist Ísafjörður die grösste Ortschaft in den Westfjorden. Wir
genossen unseren Spaziergang durch die Gassen welche mit alten Häusern gesäumt
waren von denen viele dekorierte Fenster hatten, genauso wie in Skandinavien.
Im neu renovierten Zentrum gibt es viele Geschäfte und sogar den Luxus von zwei
Bäckereien. Die meisten Isländischen Ortschaften sind viel zu klein für eine
Bäckerei und ab und zu wird das Brot per Flugzeug von der Hauptstadt
eingeflogen. Bis dieses Brot eintrifft sind wir meist schon über alle Berge und
wir stehen ja wirklich nicht früh auf!
Am
nächsten Morgen sahen wir uns kurz im (geschlossenen) Fischerei Museum in
Bolungarvík um. In den dortigen Schuppen mit Grasdach wird Fisch getrocknet.
Danach hatten wir einen langen Tag an dem wir im Zick-Zack entlang der vielen
Fjorde zurück zur Ringstrasse fuhren. Ab und zu regnete es, ab und zu auch
nicht, aber immer wenn es wieder ein Sonnenstrahl durch die Wolken schaffte,
leuchtete die Landschaft in den intensivsten Farben.
Vatsnes Peninsula
Nach
einer Übernachtung in einem Hüttchen das zu einer Jugendherberge Mitten im
Nichts gehörte, verliessen wir die Ringstrasse schon wieder um die Halbinsel Vatsnes zu
entdecken. Mittlerweile brauchten wir das Gefühl, auf einer Schotterstrasse
unterwegs zu sein. Als erstes hielten wir in Hvammarsrett bei einem Sammelplatz
für Schafe an. Der Holzzaun hatte die Form eines ovalen Querschnitts einer
Orange und der Platz lag malerisch über dem Meer. Momentan war er verlassen,
aber bald werden die Schafe wieder von den Bergen zusammen getrieben nachdem sie
im Sommer frei herumstreunen konnten.
Bald
sahen wir die ersten Hinweistafeln welche andeuteten, dass es am Strand Seelöwen
haben könnte. Leider hatte es hier keine. Welche Enttäuschung; ein anständiges
Hinweisschild aber keine Seelöwen! Normalerweise ist es in Island eher
umgekehrt: grossartige Sehenswürdigkeiten aber keine Beschilderung. Und wenn es
einmal ein Schild hat, ist es oft nur in Isländisch.
Island
ist so unglaublich vielfältig wie die ganze Welt. Als Tourist möchte man am
liebsten alle paar hundert Meter anhalten. Leider ist dies nicht immer ganz
einfach, ausser man ist so verwegen und hält mitten auf der Strasse an. Oft
befindet sich die Fahrbahn auf einem Damm, welcher kaum breiter ist als die
Fahrspuren. Abzweigungen in Seitenstrassen sind oft sehr eng und von weitem
kaum erkennbar. Mit einem Kleinwagen wie unserem schafft man es noch knapp
diese zu erwischen, doch mit einem grösseren Fahrzeug, wie einem Campingbus
kann man es glattweg vergessen.
Bald
schon kam der nächste Platz an dem sich manchmal Seelöwen tummeln und dort
hatten wir nun Glück, allerdings mussten wir einen Schauer über uns ergehen
lassen. Ein innovativer Bauer hat in Ilugastadir sein Land der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht und einen Weg zu der Stelle angelegt, wo man oft Seelöwen
beim Faulenzen zusehen kann. Ein kleiner Campingplatz und ein Kiosk bringen ihm
während des Sommers einen willkommenen Nebenverdienst. Etwa 20 m vor der Küste
tummelten sich zwanzig Tiere auf einer Sandbank und auf ein paar Felsen. Ab und
zu schwamm ein Seelöwe im Wasser unter uns vorbei.
In
Island ist nicht nur die Landschaft, sondern auch das Wetter alles andere als
langweilig; inzwischen schien nämlich schon wieder die Sonne. Nachdem wir die
Spitze der Halbinsel umfahren hatten, erreichten wir Hvitserkur, einen 15 Meter
hohen Felsen im Meer. Mit seinen beiden Felsbogen ragt er wie ein gigantisches
freistehendes M aus dem Wasser. Bei Ebbe kann man aber zu ihm hingehen. Wenn
man von hier ein paar hundert Meter südwärts geht, sieht man bereits die
nächste Seelöwen Kolonie. Die Sandbank auf der sie faulenzen, ist zwar viel
weiter vom Ufer entfernt, als am letzten Ort, dafür sahen wir hier aber viel
mehr Tiere und oft schwammen einige sehr nah am Strand. Da uns diese Umgebung
so gut gefiel und die Jugendherberge Osar nur ein paar hundert Meter entfernt
war, entschieden wir uns gleich hier zu übernachten, obwohl wir heute noch
keine 50 km weit gekommen sind. Eine kilometerbreite schwarze Sandbank bildete
einen kontrastreichen Hintergrund zu den goldenen Kornfeldern und den grünen
Wiesen, welche in der Abendsonne leuchteten. Diese Sandbank erstreckte sich
kilometerlang bis zur danebenliegenden grossen Halbinsel Skagi.
Die Nordküste entdecken
Am
nächsten Tag kamen wir in Sauðárkrókur vorbei, wo ein Grossteil der Bevölkerung
vom Fangen und Trocknen von Fisch lebt. Neben dem Hafen hatte es ein riesiges
Areal mit Holzgestellen von etwa 4 Metern Höhe an denen der Fisch zum Trocknen
hing. Laibe und Köpfe hingen an verschiedenen Gestellen, letztere waren wie
Perlen an Schnüren aufgezogen. Wir wissen schon, dass Isländer ganze
Schafsköpfe essen und wir trafen auch schon Touristen, die von solchen aus der
Gefriertruhe im Supermarkt angestarrt wurden aber wir fragen uns, wer wohl
diese getrockneten Fischköpfe essen wird?
Unsere
Reiseroute führte als nächstes entlang des Tröllaskagi Peninsulas. Dieses ist
eher eine Ansammlung zerklüfteter Berge, als der sanften Hügel, die sonst für
das nördliche Island typisch sind. Wie überall wo im Winter viel Schnee und
harsche Strassenbedingungen erwartet werden, hatte es auch hier Rettungshütten
auf den Anhöhen. Diese sind über Funk mit einem Rettungsdienst verbunden und zudem
mit einer Heizung ausgestattet.
Kurz
bevor wir die Spitze der Halbinsel erreichten sahen wir eine vorstehende Felsnase
welche von einem orange-farbenen Leuchtturm dominiert wurde, der fast so aussah
wie ein kleines Schloss.
Das
kleine Dorf Siglufjörður am Ende der Strasse schrieb gross Geschichte. Es wurde
von Norwegern gegründet nachdem man in den umliegenden Gewässern Ende des 19.
Jh. grosse Heringbestände entdeckte. Der Hering verursachte einen richtigen
„Goldrausch“ und immer mehr Arbeiter/innen strömten hierher, sodass die
Bevölkerung in der Blütezeit um die fünfziger Jahre auf 10‘000 Einwohner
anstieg. Isländer verachteten den Hering (bisher) so sehr, dass sie ihn nicht
einmal Fisch nannten und sicher nicht assen - aber damit Geschäfte machen, war
natürlich eine ganz andere Sache! Die immer raffinierteren Fangmethoden rächten
sich schlussendlich und die Fischbestände gingen immer mehr zurück, bis 1969
überhaupt keine Heringschwärme mehr kamen.
Heute
ist Siglufjörður ein charmantes Dorf mit noch etwa 1’300 Einwohnern. Die Launen
der Natur meinen es nicht immer gut mit diesem Ort, denn durch Erdrutsche und
Lawinen sind in der Vergangenheit mehrmals Leute ums Leben gekommen. Um die
Natur zu bändigen wurde vor kurzem eine Lawinenverbauung
erstellt, welche vom WSL, dem Eidgenössischen Institut für Schnee- und
Lawinenforschung geplant wurde.
Heute
ist uns mehrmals aufgefallen, dass die Schafe zusammengetrieben werden. Am
Nachmittag kamen wir dann an einer Schafsauktion vorbei wo die wolligen Viecher
ängstlich blökten währendem die Menschen die Veranstaltung sichtlich genossen.
Es war interessant dem Treiben für eine Weile zuzusehen. Obwohl es noch
mindestens 10°C warm war, trugen viele Frauen einen gestrickten Island
Pullover. Diese erfreuen sich sowohl bei den Einheimischen, als auch bei
Touristen grosser Beliebtheit.
Gegen
Abend erreichten wir Akureyri, die zweitgrösste „Stadt“
Islands. Mit 17‘000 Einwohnern ist dies nur eine Kleinstadt aber nachdem wir in
den entlegenen Gebieten im Westen waren, fühlten wir uns hier wie zurück in der
Zivilisation. Wir genossen es durch die Ladenstrasse im Zentrum zu bummeln und
am Stadtrand gab es sogar noch ein paar grössere Geschäfte. Im Vergleich zu
Europäischen Grosstädten war die Auswahl zwar immer noch sehr bescheiden, aber
für Isländische Verhältnisse, war sie grossartig.
Obwohl
es hier mehr Geschäfte hat als in jedem anderen Ort ausserhalb Reykjaviks, gab
es nur zwei verschiedene Supermarkt Ketten, weshalb Isländer mit einer sehr
kleinen Markenvielfalt zufrieden sein müssen. Nicht dass die Auswahl schlecht
wäre, aber es gibt wirklich nur Bónus oder Samkaup. Natürlich kann man auf
einer Insel mit nur 300‘000 Einwohnern nicht dieselbe Auswahl erwarten, wie auf
einem dicht besiedelten Kontinenten. Bis vor kurzem, d.h. vor dem Kollaps der
Isländischen Krone, flogen viele Isländer regelmässig für Shopping Trips ins
Ausland, aber diesen Spass können sich nun die meisten nicht mehr leisten.
Ein Land in der Krise
Wie
allgemein bekannt, ist der Isländische Staat seit Herbst 2008 quasi
zahlungsunfähig. Es passierte nur ein paar Wochen nachdem wir uns entschieden
hatten, im Sommer 2009 hierher zu kommen. Zu unserer grossen Überraschung
merkten wir während unseres Aufenthaltes überhaupt nichts davon. Dass sich der
Wechselkurs zu unseren Gunsten veränderte war uns natürlich mehr als
willkommen, darüber beschweren wir uns sicher nicht! Für unseren Schweizer
Franken kriegten wir nun doppelt so viele Kronen wie wir vor zwei Jahren
bekommen hätten. Island war aber immer noch kein „Billig Land“ zum reisen, auch
wenn es nun ganz wenig preiswerter war als Frankreich oder Spanien.
Die
Isländer mit denen wir in Kontakt kamen, arbeiteten vorwiegend in der
Tourismus-Branche und hatten auch keinen Grund zu jammern, da der Tourismus in
diesem Jahr richtiggehend boomte. Die Hotels freuten sich darüber, dass ihre
Gäste dieses Jahr im Restaurant deutlich konsumfreudiger waren. Es kamen
deutlich mehr Touristen (eine Verkehrsbüro Angestellte schätzte es waren
doppelt so viele) und zudem dauerte die Hauptsaison im Frühjahr und Herbst je
4-6 Wochen länger. In den Vorjahren waren die meisten Touristenunterkünfte nach
dem 12. August wieder so gut wie leer, doch in diesem Jahr waren die Hostels
noch bis spät in den September randvoll.
Man
erzählte uns auch, dass in den Vorjahren die meisten Island-Urlauber ihre Reise
lange im Voraus geplant hatten um sich einen lange gehegten Wunschtraum zu
erfüllen, während 2009 ein anderer Schlag Leute nach Island pilgerte. Es waren deutlich
mehr jüngere Leute und diese kamen spontan. Auch die Nationalität der Besucher
setzte sich nun anders zusammen. Dieses Jahr kamen vor allem viel mehr
Franzosen, Italiener und noch viel mehr Spanier. Im August konnte man kaum ein
Restaurant betreten ohne dass man Spanisch hörte. Hier in Island haben wir
effektiv mit mehr Spaniern gesprochen als während unseres Jahres in Andalusien.
Ganz gegen ihre Gewohnheiten zu Hause, erschienen sie hier meist sehr früh zum
Abendessen – viel früher als wir!
Die
Isländer beklagten sich, dass die Preise für Importware dramatisch angestiegen
seien aber wir konnten ihnen versichern, dass viele dieser (Luxus) Produkte
hier immer noch günstiger angeboten werden, als im Ursprungsland. Wir sollten
nicht schon wieder über die Preise Spanischer Orangen herziehen, aber hier in
Island kosteten sie bloss etwa 300 ISK pro Kilo, was weniger als € 1.80
entspricht!
Ende
2009 war die Krone immer noch nicht frei konvertierbar, weshalb die
Einheimischen nicht ohne weiteres Hartwährungen kaufen konnten, aber Touristen
können so viele Kronen kaufen wie sie wollen. Viel Bargeld brauchten wir eh
nicht, da man in Island selbst kleinste Beträge üblicherweise mit der
Kreditkarte bezahlt. Kronen auszuführen, ist nicht unbedingt empfehlenswert, da
diese ausserhalb des Landes kaum mehr Wert haben als Spielzeuggeld.
Erstaunlicherweise
konnte uns nie jemand sagen, wie der Kurs der Isländischen Krone festgesetzt
wird, denn die Einheimischen scheinen sich darüber nicht gross den Kopf zu
zerbrechen. Irgendwie macht sich hier sowieso keiner allzu grosse Sorgen wegen
der Krise.
Am
meisten davon betroffen sind diejenigen, welche ihre Hypothek in einer
Fremdwährung aufgenommen haben um die hohen Isländischen Zinsen zu umgehen.
Ihre Schuldenlast verdreifachte sich innerhalb von nur ein paar Monaten. Dank
dem Ausland-Schulden momentan eingefroren sind, machen sie sich nicht allzu
viele Gedanken, wie sie diese je zurückzahlen sollen. Das Leben geht weiter,
man konsumiert noch etwas mehr auf Kredit und hofft auf bessere Zeiten…
Im
exklusiven Einkaufszentrum Kringlan in Reykjavik war in jeder Hinsicht sehr
viel los. Auf der anderen Seite sind aber die Neuwagen Verkaufszahlen massiv
eingebrochen, doch wir hörten von gewieften Ausländern, die nun in Island einen
Neuwagen bestellen und diesen mit der Autofähre (zurück) auf das Europäische
Festland bringen.
Die
Isländer liegen bei Bildung, Lebenserwartung und sozialem Zusammenhang bei den
Weltbesten. Das Land hat mit 66% der Bevölkerung die höchste Rate an
Internetnutzern und Internet-Zugang stand meist auch bei preiswerten
Unterkünften gratis zur Verfügung.
Hotspot Krafla
Als
wir Akureyri verliessen, zeigte sich das Wetter von seiner besten Seite und wir
genossen unsere Fahrt entlang des stahlblauen Fjordes. Um die Mittagszeit
erreichten wir bereits Reykjahlið wo wir uns ein Zimmer in einem Gästehaus
organisierten. Mit nur 200 Einwohnern ist diese Ortschaft der touristische
Hauptort der Mývatn Region. Mý-vatn bedeutet Mücken-Wasser oder einfach Moskito
See. In den Sommermonaten treiben riesige Schwärme die Touristenschar zum
Wahnsinn. Moskitos sind aber eine lebenswichtige Nahrungsquelle für Fische (welche
deren Larven fressen) und Enten (die sie lebendig geniessen). Da wir meist sehr
starken Wind hatten, konnten sich die wenigen noch übrig gebliebenen Blutsauger
nicht an uns festhalten. Dieser Wind war aber oft so stark, dass es eine
Herausforderung war, ein unverschütteltes Bild zu schiessen.
Die
Myvatn Region ist eine der grössten Attraktionen für jeden Touristen und die
meisten der vielen Sehenswürdigkeiten haben irgendetwas mit vulkanischen
Aktivitäten zu tun. Unsere Fahrt zum Krafla Vulkan war absolut faszinierend und
wir hielten unterwegs mehrmals an. Zuerst kamen wir an einem intensiv
türkisfarbenen See vorbei, welcher in einer bräunlichen, aber mysteriöserweise
auch bunten Landschaft eingebettet ist. Etwas weiter oben gibt es einen Berg
der irgendwie auseinander gebrochen oder explodiert ist und uns an Mt.
Tarrawera in Neuseeland erinnerte. Im Hintergrund dominierte der Hverfell
Vulkan mit seinem klassischen runden Ring aus losem Lava Schotter.
Der
alte Bösewicht Krafla wird heutzutage zur Energie-Gewinnung genutzt. Das
Geothermal-Kraftwerk Köflustöð zapft seinen Dampf an und wandelt ihn in
Elektrizität um. Der Bau dieses Kraftwerks verlief allerdings nicht ohne eine
unliebsame Überraschung. Die Ingenieure waren ursprünglich etwas zu
risikofreudig und wollten mit einer einzigen Bohrung die gesamte Energie für
das Kraftwerk gewinnen. Als der Bohrer auf die Dampfkammer traf, explodierte
diese und hinterliess einen riesigen Krater den man später “man-made hell”
(Sjálfskpar Viti) nannte: die von Menschenhand gemachte Hölle. Jetzt sind sie
gescheiter und haben 17 Bohrlöcher die in der Landschaft verteilt die nun den
Job unter sich aufteilen und jeweils mit einem Aluminium-Iglu abgedeckt sind.
Es
ist möglich den Rand von Krafla’s Hauptkrater, welcher einen Durchmesser von
320 Metern hat, zu umwandern und dabei in seinen tiefen See hinunter zu
blicken. Direkt dahinter befindet sich ein Gebiet mit kochenden Schlammlöchern,
dampfenden Spalten und bunten Wasserlöchern.
Krafla
ist nicht ein klassischer kegelförmiger Vulkan sondern ein überwiegend ebenes
System von Spalten, welche über einer gigantischen Magma Kammer liegen die in
der Vergangenheit mehrfach Lava ausspie und dabei immer wieder neue Krater
kreierte. Eine Serie von zerstörerischen Ausbrüchen begann 1724. Bis 1729 gab
es immer wieder neue Lava-Ausflüsse, wovon einige bis zwei Jahre anhielten.
Momentan hebt sich die Gelände Oberfläche an, was ein Zeichen für zukünftige
vulkanische Aktivitäten ist.
Leirhnjúkur
ist ein weiteres Teilgebiet Krafla’s und wurde den Touristen mit einem Rundweg
zugänglich gemacht. Von seinem höchsten Punkt aus hatten wir eine fantastische
Rundsicht über mehrere erstarrte Lavaflüsse bis zurück zum Hauptkrater den wir
vorhin besichtigten. Eine Spalte bei Gjastykki, 20 km nördlich verursachte 1724
einen gigantischen Lavastrom zum und über den Myvatn See. Hier war dieser
teilweise überschichtet mit Lava aus neueren Ausbrüchen von 1975 und zwischen
1981 und 1984.
Der
Weg in Leirhnjúkur führte direkt in das Gebiet des erstarrten Lavaflusses mit
seinen verschlungenen Lavatunnels und geplatzten Blasen, die oft rötliche
Schichten freigaben. Da es an mehreren Orten dampfte, sah es so aus, als ob
sich die Lava erst abkühlen würde. Dies ergab ein mystisches Bild das so
aussah, als ob Nebel über die schroffe Oberfläche schweben würde. An einigen
Orten war die Lava schon von Moos bewachsen. Daran konnte man erkennen, wie alt
die oberste Lavaschicht war.
Sehenswürdigkeiten um den See Myvatn
Am
nächsten Tag besuchten wir das Geothermalgebiet Hverir das gleich unterhalb des
Bergrückens Námafjall liegt. Die faszinierende Landschaft wurde durch grosse
kochende Schlammlöcher, bunte Schwefelablagerungen und Fumarolen (dampfende
vulkanische Ventile) beherrscht.
Dem
Touristenstrom folgend fuhren wir nachher zu den Lavaschollen nach Dimmuborgir,
wo es aussieht wie in einem riesigen Natur Skulpturen-Park. Es gab verrückt
aussehende Zinnen, hohe Bögen und weitere seltsame Lava-Skulpturen. Die
Hauptattraktion bildete „Kirkjan“ ein Domähnlicher 6 Meter hoher Lavatunnel.
Da es
hier windgeschützt war, konnten wir die Temperaturen die inzwischen wieder auf
17°C angestiegen waren, so richtig geniessen. An dieser geschützten Lage
konnten sich hier sogar viele Bäume ausbreiten, was im sonst fast baumlosen
Island eine grosse Rarität ist. Sie boten uns ein Bild schönster Herbstfarben,
obwohl es erst der 13. September war. Dies war Heinz‘50. Geburtstag und so genossen wir
zum zweiten Mal während unserer Woche am Myvatn See ein tolles Abendessen im
Restaurant des Hotels Reynihlið.
Weitere
Laub- und Nadelbäume warteten ebenfalls im schönsten Herbstkleid beim Naturpark
Höfði am südöstlichen Ufer des Myvatn. Ausser dem schönen Wald sahen wir am
Ufer interessante Lavasäulen aus dem Wasser aufragen.
Am
Südufer besichtigten wir die Pseudo Krater von Skútustaðagígar bei Skútustaðir.
Verstanden? Ganz ehrlich, wir wundern uns, ob alle Isländer diese Namen
problemlos aussprechen können. Zumindest halten sie es simpel, wenn es um ihre
eigenen Namen geht. Anders als in Österreich wo ältere Leute Neuzuzügern die
peinliche Frage stellen: „jo wem g’hörst denn du?“ bräuchte es in Island nur
ein unschuldiges „wie
heisst du?“ Der Name Gunnar Einarsson enthüllt, dass Gunnar der Sohn von
Einar ist, während dem seine Schwester Brynhildur ganz einfach Brynhildur
Einarsdóttir ist; simpler geht‘s nicht! In der Praxis wird dieser „Nachname“ so
gut wie nie gebraucht, man spricht einander mit dem Vornamen an, egal ob es
sich dabei um einen Fremden oder gar um den Staatspräsidenten handelt. Konsequenterweise
ist das Telefonbuch nach Vornamen geordnet.
Oh
je, wir sind wieder Mal abgeschweift – eigentlich wollten wir ja die Pseudo
Krater beschreiben. Obwohl sie aussehen wie perfekte kleine Vulkankegel, hatten
sie nie einen Lava-Ausfluss. Sie sind die Ventile durch welche Wasserdampf
entwich nachdem der See von einem Lavafluss bedeckt wurde. Es gibt dutzende dieser
Pseudo Krater um und im Myvatn See. Die kleinsten haben einen Durchmesser von
nur ein paar Metern, bei den grössten können es aber 300 sein. Die Pseudo
Krater bildeten mit ihrem trockenen braunen Gras und dem schwarzen Lavaschotter
einen schönen Kontrast zu den umliegenden sattgrünen Wiesen auf denen Kühe
weideten.
Am
Nordufer des Myvatn sahen wir an mehreren Orten, dass sich glattflächige
Sektionen des Lavaflusses aufgebäumt hatten und Risse aufwiesen, als wären es
gigantische Eischalen. Wir vermuten, dass daraus wohl Pseudo Krater geworden
wären, wenn die Gasexplosionen darunter noch mehr Druck aufgebaut hätten.
Im
Jahr 1729 drohte ein Lavafluss die Ortschaft Reykjahlið zu verschlucken und einige
Höfe waren bereits verschüttet. Die verängstigte Dorfbevölkerung versammelte
sich in der Kirche und muss sehr inbrünstig gebetet haben, denn die Lava
stoppte direkt hinter dem Kirchlein.
Wie
die meisten unserer Unterkünfte, füllte sich auch das Gästehaus Eldá immer noch
jeden Abend, und dies, obwohl es recht gross ist. Jetzt im September war es
wenigstens möglich auch ohne Reservation ein Zimmer zu kriegen, allerdings nur
wenn man früh eintraf. Anfangs August wäre dies absolut unmöglich gewesen, doch
glücklicherweise hatten wir für diesen Zeitraum vorgängig reserviert. In der
kleinen Küche des Gästehauses kamen wir gut mit den anderen Reisenden ins
Gespräch. An einem Abend stürmte jemand ins Haus und rief: „Nordlichter!
Nordlichter am Himmel; kommt alle schauen!“ Etwa 20 Personen rannten in den
Garten und bewunderten dieses Naturschauspiel, bis es zu kalt wurde.
Jökulsárgljúfur Nationalpark
Wir
machten einen Tagesausflug zum Jökulsárgljúfur Nationalpark, welcher für seine
spektakulären Wasserfälle und eine dramatische 30km lange Schlucht bekannt ist,
die vom Fluss Jökulsá á Fjöllum ausgefressen wurde. Überschwemmungen, ausgelöst
durch Eruptionen unter der Vatnajökull Eisdecke formten diese durchschnittlich
500 Meter breite und 100 Meter tiefe Schlucht.
Bereits
auf dem Parkplatz wurden die Besucher vom Sprühnebel des Dettifoss begrüsst.
Bis wir dann direkt neben dem Wasserfall standen, war es wieder trocken – nur
wir waren es nicht mehr. Die Sprühnebel-Fahne wird vom Wind fortgetragen und
kann von weitem gesehen werden. Durchschnittlich stürzen pro Sekunde 193 m3
Wasser 44 Meter in die Tiefe, was Dettifoss zum kraftvollsten Wasserfall
Europas macht. Als sich die Sonne zeigte, bildete sich ein wunderschöner
Regenbogen, welcher den Wasserfall noch dramatischer erscheinen liess.
Nur
1,5 km flussaufwärts befindet sich Selfoss, ein weiterer eindrücklicher Wasserfall.
Er ist zwar nur 11 Meter hoch, doch er fällt über eine viel breitere Kante und
ist zudem von schönen Basaltsäulen umgeben.
Als
wir wieder zurück beim Parkplatz waren, entschieden wir uns zu einer Wanderung
in die andere Richtung, da es in diesem Nationalpark noch mehr zu sehen gibt.
Wanderwege gibt es hier zwar im Überfluss aber leider sind diese in Island
nicht immer so gut markiert. Über diesem Canyon führt beispielsweise ein
schöner Wanderweg zu einem Aussichtspunkt oberhalb des Hafragilsfoss, welcher
nur 2 km entfernt ist, aber leider ist dieser nicht ausgeschildert. Wenn
Touristen wüssten, dass sie entweder eine halbe Stunde entlang eines
wunderschönen Weges zu Fuss gehen können, oder mit dem Wagen 6 km zurücklegen
müssen, würde wohl so mancher lieber sein Auto auf dem Parkplatz stehen lassen.
Die
Aussicht von diesem Weg entlang der Schlucht-Kante war einfach spektakulär. Man
sah hinunter zum Fluss, der von rötlich gelbem Moos flankiert war und schon
bald kam ein weiterer Foss in Sicht: Hafragilsfoss. In einer Felsnische
unterhalb dieses Wasserfalls hatte sich schwarzer Sand angesammelt und diese
Sandbank sah aus als ob ein Auge aus dem trüben Wasser zwinkern würde. Sie
verhinderte, dass Gletschersedimente des Flusses in die Felsnische gespült werden,
weshalb das Wasser im hintersten Teil in unglaublichen Blautönen schimmerte.
Die
Strasse Nr. 864 welche den Jökulsárgljúfur Nationalpark durchquert, war die
holprigste Schotterstrasse die wir bisher gesehen hatten. Wenn aber ein fähiger
Maschinist mit einem Grader (Bodenhobel Maschine) unterwegs ist, kann sich dies
schnell ändern. Nur 3 Std. später hatten 10 km dieser Strasse bereits wieder
eine Oberfläche, so eben wie bei einer Asphaltstrasse.
Wir
sparten uns den nördlichen Teil dieses Nationalparks für den übernächsten Tag
auf, an dem wir vom Myvatn wieder weiterfuhren. Aus unserem Reisebuch wussten
wir, dass eine hufeisenförmige Schlucht vor uns lag und erwarteten, bald vom
Rand in die Schlucht hinunter sehen zu können. Wir waren etwas verdutzt, dass
die kleine Asphaltstrasse auf 100 Meter hohe Klippenwände zusteuerte. Erst
jetzt realisierten wir, dass die Strasse direkt ans ausweglose Ende des Ásbyrgi Canyon
führte. Da die hufeisenförmige Schlucht sehr guten Windschutz bot, wuchsen hier
bis zu 8 Meter hohe Birken, welche nun in den schönsten Herbstfarben
leuchteten. Ein schöner Spazierweg führte zum Botnstjörn, einem Teich ganz
zuhinterst. Die Klippenwände und Pflanzen spiegelten sich magisch in seinem
kristallklaren Wasser.
Entlang der äussersten Nordost Küste
Auf
der Halbinsel Melrakkaslétta starteten wir unsere Tour entlang Islands
östlichsten Zipfels. Dieser war dominiert von sanften Hügeln und morastigem
Weideland. Nur dort wo das Gras regelmässig gemäht wird, ist es schön grün, die
übrigen Flächen sind verwildert und taugen nicht einmal als Weideland. Eine
Schotterstrasse (mit wenigen asphaltierten Sektionen) verbindet die einsamen
Höfe und lädt die Schafe zum promenieren ein. In Kópaskr, dem ersten der
wenigen Dörfer entlang unseres Weges machten wir Mittagsrast.
Bis
zum Abend umrundeten wir das Peninsula und erreichten Þórshövn wo wir
übernachteten. Dieser Ort liegt abseits des Touristenrummels und seine beiden
Gästehäuser waren verlassen. Niemand öffnete die Türen, als wir klingelten.
Nach einer Weile merkten wir, dass die Tür des zweiten nicht verschlossen war
und fanden dort ein Telefon mit einem Hinweis wie die Verwaltung zu
kontaktieren ist. Dummerweise antwortete aber niemand. Da dies ein kleiner Ort
war, gingen wir davon aus, dass jeder jeden kennt und gingen ins nahe
Restaurant nachfragen. Hier erfuhren wir, dass die Landlady immer zu Hause sei
und dass es unvorstellbar ist, dass dies heut anders sei. So gingen wir zurück
in dieses Gästehaus und versuchten nochmals anzurufen. Jetzt hatten wir Glück,
die Dame antwortete und informierte uns, dass es sehr unwahrscheinlich sei,
dass sie heute noch nach Hause komme. Sie vertraute uns aber und wies uns ein
Zimmer zu. Wir vereinbarten das Geld für die Übernachtung auf dem Tisch zu
deponieren, und überliessen das Haus nach einer seligen Nacht wieder sich
selbst.
Dies
war ein guter Beweis wie sicher Island ist. Die Leute mistrauen einander nicht
und in den meisten Gästehäusern war die Eingangstür Tag und Nacht geöffnet.
Kriminalität gibt es kaum und die grössten Gefahren, denen Touristen ausgesetzt
sind, kommen fast ausschliesslich von unberechenbarem Wetter und übrigen
Naturgewalten wenn da nicht noch ein paar Einheimische wie Kriminelle auf der
Strasse unterwegs wären…
Nachdem
wir gestern den nördlichsten Punkt umrundet hatten, folgten wir nun der Küste
südwärts. Die Hügel waren hier wieder etwas höher und an den Schattenhängen lag
Schnee der den Sommer überdauerte.
In
und um Vopnafjörður sahen wir verschiedenartige Felsformationen. Einige sahen
aus wie riesige Mauern die ganze Hügel überzogen, andere wiederum wie
Felsnadeln oder Felsbogen und standen in den Wellen am Strand.
Obwohl
wir plötzlich von Nebel verfolgt wurden, entschieden wir uns für die Strasse
Nr. 917 über den Hellisheiði Pass. Die Broschüre warnte zwar, dass die weiche
Schotterstrasse bei nassem Wetter unpassierbar werden könnte. Die Serpentine stieg
mit vielen Haarnadel-Kurven auf die Passhöhe des vulkanischen Gebirges. Kurz
danach liessen wir den Nebel hinter uns und vor uns öffnete sich eine
fantastische Sicht hinunter aufs Tal. Das milchig blaue Wasser in der
Heradsfloi Bay bildete einen starken Kontrast zum schwarzen Herads-Sander. Über
weitere Haarnadel-Kurven fuhren wir hinunter ins Tal das mit braun-grünem Moos
bedeckt war. Kein Bild kann dieser atemberaubenden Landschaft gerecht werden!
Als
wir den Fluss erreicht hatten, war es nur noch eine kurze Fahrt auf einer nun
wieder asphaltierten Strasse nach Egilsstaðir. Nun waren wir ganz in der Nähe
des Hafens wo wir vor 7 Wochen unsere Rundreise um Island begonnen hatten. Der
Kreis war jetzt also geschlossen und wir hatten Grund zu feiern!
Wir
fuhren gleich nochmals zum grossartigen Kuchenbuffet am Südende des Sees,
nachdem wir uns vorgängig erkundigt hatten, dass das Lokal noch geöffnet war.
Die Gastwirtin im Klausturkaffi bestätigte, dass sie eine sehr gute
Sommersaison hatte, sie beschwerte sich einzig, dass das Wetter im August viel
regnerischer gewesen sei, als normal – da waren wir zum Glück im sonnigen
Grönland…
Ost Fjorde da capo
Da
wir immer noch 4 Tage Zeit hatten, konnten wir in einem Gästehaus in Egilsstaðir
gemütlich auf das Ende des nun wieder einsetzenden Regens warten. Sobald sich
die Sonne wieder zeigte, schwärmten wir aus und fuhren nochmals in die Ost
Fjorde um zu sehen was uns der Nebel Ende Juli vorenthalten hatte. Diesmal
zeigte sich alles im besten Licht! Toll! Selbst nach 5 Wochen in Island zeigt uns dieses Land
immer noch weitere wunderschöne Vistas und in der Herbstsonne leuchtet alles
noch viel intensiver.
Hinter
dem umstrittenen Aluminium Schmelzwerk in Reyðarfjörður verschwand die Strasse
das letzte Mal bereits bei der ersten Steigung im Nebel. Dieses Mal war es
jedoch ein wahres Vergnügen bis ans Ende der Strasse zu fahren. Nachdem sie
zuerst auf 632m anstieg und danach durch einen kurzen Einspur-Tunnel führte,
schwang sie sich anschliessend hinunter ins Tal bis nach Neskauptstaður. Die
Panoramasicht von den Berggipfeln bis zum tiefblauen Fjord war wirklich
atemberaubend! Wir waren richtig froh, dass wir nochmals hergekommen sind.
Nach
diesem Abstecher folgten wir der Schotterstrasse entlang des Faskrudsfjörður wo
sehr zerklüftete Berge über der Strasse thronten. Man erkannte die
unterschiedlichen Schichten des Gesteins deutlich und immer wieder Mal hatte es
enge Schluchten oder Felsnadeln.
Auch
die riesen lange Sandbank entlang des Ufers konnten wir beim letzten Mal wegen
des schlechten Wetters überhaupt nicht sehen. Wir hielten an wo immer wir
wollten (oder konnten) und fuhren schlussendlich bis 50 km an Höfn heran bevor
wir umdrehten. Wir übernachteten nochmals in Djúpivogur im Hotel Framtið (Fortschritt),
wo wir wiederum eine hervorragende Mahlzeit genossen. In der Zwischenzeit war
es viel ruhiger geworden und im Hafen lagen nun Fischerboote anstelle der
Ausflugsboote, welche im Sommer Touristen zur Vogelinsel Papey brachten.
Am
nächsten Tag entschieden wir uns für die Inlandroute über den Öxi Pass, eine
weitere schmale Schotterstrasse. Wir erwarteten zwar, dass die Landschaft nicht
mit derjenigen entlang der Fjorde zu vergleichen ist, waren aber total
überrascht, dass wir Neuschnee auf den Berggipfeln sahen. Überall stehen grosse
Digital-Anzeigen entlang der Strassen, die die Temperatur am kältesten Punkt des
nächsten Strassenabschnittes anzeigen – ausser hier.
Noch
bevor wir wieder in Egilsstaðir zurück waren, nahmen wir die Abzweigung zum
gigantischen Karahnjukar Staudamm, welcher zusammen mit einem Kraftwerk erst
2008 fertig gestellt wurde um das neue Aluminiumwerk mit Strom zu beliefern.
Wir kamen auf eine Hochebene die zwar nur 600 m. ü. M. lag, aber bereits mit
frischem Pulverschnee bedeckt war, zumindest war die Strasse noch trocken. Über
das schneebedeckte Hochland genossen wir eine fantastische Aussicht bis hin zur
Eiskappe des Vatnajökull. Diese dramatische Landschaft war eine unerwartete
Belohnung für unsere Fahrt zum Staudamm und dank dem Schnee erschien alles nur
noch magischer.
Nun
fuhren wir zurück nach Seyðisfjörður, wo wir unsere letzte Nacht in Island in
der Jugendherberge am Fjord verbrachten. Es war vermutlich ein guter Zeitpunkt
das Land zu verlassen, denn die Passtrasse von Egilsstaðir hierher musste tags
zuvor bereits wegen Schnee und Eisglätte für ein paar Stunden gesperrt werden.
Wir waren froh, dass wir bereits beim Hafen waren und genossen den sonnigen Tag
und die Aussicht über die schneebedeckten Berge, welche den stahlblauen Fjord
einrahmten.
Am
25. September 2009 fuhren wir mit unserem Auto ein letztes Mal in den Bauch der
grossen Fähre Norröna, die uns nun zurück nach Dänemark brachte. Nach einer
ruhigen Überfahrt kamen wir 64 Stunden später wieder zurück nach Jütland. Doch
diesmal dockte die Autofähre in Esbjerg statt in Hanstholm.
Da
wir wussten, dass dies der zweitletzte Boots-Trip dieser Saison war, erwarteten
wir, dass die Fähre ziemlich leer sein würde. Weit gefehlt! Das Boot war fast
voll! Mit geschicktem Marketing wurden sogenannte „Mini Kreuzfahrten“ verkauft,
bei denen die Passagiere ihren eigenen Wagen mit an Bord nehmen konnten. So
lächerlich wie dies (jedenfalls für uns) tönt, beinhaltet diese einwöchige
Kreuzfahrt, welche in Dänemark startet, 6 Nächte auf See und eine siebte in
Island an Bord. Um Land und Leute kennen zu lernen, hatten die Teilnehmer die
einzigartige Möglichkeit, entweder an einer Bustour teilzunehmen oder mit dem
eigenen Wagen an Land zu gehen. Auf den Färöer Inseln waren dafür 6 Stunden auf
der Hin- und 4 Stunden auf der Rückfahrt reserviert, sowie 30 Stunden am Stück
in Island.
Nun:
30 Stunden in Island? Wahrscheinlich könnten sie sich alle selbst einen Tritt
in den A… geben, dass sie sich nicht mehr Zeit nahmen, wenn sie erst mal sehen
wie schön es ist. Aber vielleicht hatten sie ja „Glück“ und das Wetter war so schlecht, dass sie gar nicht sahen, was sie
verpassten. Wir hörten, dass die See auf der Anreise so rau war, dass das
Büffet abgesagt werden musste. Was hat man denn von so einer „Mini-Kreuzfahrt“
ausser Verschwendung von Geld, Grips und Zeit?
Schlussgedanken
Wir
hatten das Privileg insgesamt 5 Wochen auf Island zu verbringen während denen
wir 5‘500 km mit unserem Wagen zurücklegten. Rückblickend würden wir niemandem
empfehlen für weniger als 3 Wochen, besser noch 4, nach Island zu reisen! Wir sind
noch nie in einem Land gewesen das so vielfältig ist wie Island. Oft änderte
sich das Landschaftsbild alle paar Kilometer vollkommen und war aufs Neue
spektakulär. Wo sonst in der Welt kann man all dies so nah zueinander sehen?
grossartige Küstenlandschaften, grüne Vegetation, kalbende Gletscher,
Eiskappen, Eisberge, Lavawüsten, aktive Vulkane, dampfende Geothermal-Gebiete
usw. was immer der Islandbesucher sucht, wird er hier finden. Island bietet
Natur in ihrer ursprünglichsten Form und sogar mit einem zwei Rad angetriebenen
Fahrzeug gibt es mehr zu entdecken als die Zeit erlaubt. Zudem ist die Insel
nur dünn besiedelt, bietet aber eine hervorragende Infrastruktur, welche die
raue Natur den Besuchern zugänglich macht.
Man
hat es wohl schon längstens gemerkt; wir sind von Island total begeistert - es ist einfach super und absolut phantastisch!
< letztes Kapitel | Kapitelauswahl + Photos | nächstes Kapitel > |
© 2010 - |