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Reisetagebuch Kapitel 21 [September 2009 - August 2010] als PDF (Skandinavien: charmant zu jeder Jahreszeit ) |
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Fotos |
Dänemark: ein paar Ferienwochen
Wir
trafen am Samstag dem 26. September 2009, von Island her kommend mit der
grossen Autofähre Norröna in der Dänischen Hafenstadt Esbjerg ein. Während
der letzten Jahre suchten wir im Herbst jeweils nach einem warmen Ort um den
Winter zu verbringen, doch dieses Jahr sollte es anders sein! Wir wollten uns
der Kälte stellen und entschieden uns, in Skandinavien zu überwintern. Langsam
reisten wir nordwärts und verbrachten die meiste Zeit in Ferienhäusern entlang
unseres Weges. Bis zum Frühling wollten wir’s bis in die Nähe des Nordkaps
geschafft haben, um dann entlang der Norwegischen Küste wieder südwärts zu
ziehen. Danach wollten wir den Sommer in Schweden verbringen.
Aber
starten wir jetzt im September, als wir in Jütland eintrafen. Esbjerg ist eine überraschend hübsche
Kleinstadt der etwas Aufmerksamkeit gebührt. Nach den vielen kleinen Orten,
welche wir im Atlantik besuchten, empfanden wir hier die Fussgängerzone als
riesig, sehr lebhaft und kosmopolitisch.
Wie
schon vor unserer Abfahrt mit der Norröna, folgten wir wiederum der
landschaftlich sehr schönen Strasse entlang Jütlands Westküste. Vor allem auf
dem südlichen Abschnitt wimmelte es immer noch von Deutschen Touristen, welche
von und zu ihren Ferienhäusern unterwegs waren. Bis zum Abend erreichten wir denselben
Campingplatz etwas Inland bei Humlum, wo wir schon vor 2 Mon. logiert hatten.
Hier übernachteten wir im selben alten Hüttchen und überfielen nochmals das
grossartige Büffet im Humlum-Kro.
Am
nächsten Morgen fuhren wir entlang des wunderschönen Limfjordes nach Tranum, wo
wir für die nächsten 4 Wochen ein Sommerhaus organisiert hatten. Sommerhäuser
sind in Dänemark sehr beliebt und können total unterschiedlich sein. Eine
einfache romantische Hütte am Wasser, oder häufiger: ein echtes Luxushaus. Sie
werden über mehrere Agenturen vermietet, welche Ferienhaus-Kataloge herausgeben,
dicker als Telefonbücher. In der Nebensaison gehen sogar die luxuriösesten zu
moderaten Preisen.
Das
Haus welches wir ausgewählt hatten, war erst ein Jahr alt. Es hatte 3
Schlafzimmer, 2 Bäder und eine voll verglaste Südfassade. Es hatte nicht
weniger als 8 Glastüren, von denen 7 ins Freie führten… Das Wohnzimmer mit der
angeschlossenen offenen Küche war sehr gross und sehr hell. Um sicherzustellen,
dass die Feriengäste auch richtig ausspannen können, war das Haus mit
Geschirrspüler, Waschmaschine, Trockner, einer Badewanne mit Massagedüsen,
einer Sauna, Sonnenliegen, Satelliten Fernsehen, DVD Video und Internetzugang
ausgestattet. Auf der anderen Seite waren die Schlafzimmer sehr schmal – bei
den meisten konnte man aber durch 3 Türen die Flucht ergreifen, falls man
Platzangst kriegte… Mit sovielen Annehmlichkeiten die einem hier zur Verfügung
standen, sollte man aber nicht meckern und das Tüpfelchen auf dem i war sicher
das Sprudelbad im Garten, welches für 6 Personen Platz bot.
Ausflüge zu viert in die Umgebung unseres Sommerhauses
Nach
zehn Tagen gesellten sich Heinz’Schwester Edith und ihr Partner Kari zu uns.
Nachdem wir sie vom Flughafen Aalborg abgeholt hatten, verbrachten wir 10 sehr
nette Tage zusammen. Neben viel erzählen, kochen und essen, war unser Bad im
Jacuzzi jeweils der Höhepunkt des Tages, manchmal noch ergänzt mit einer
Schwitzrunde in der Sauna. Wir genossen es auch um den Kamin zu sitzen, den Kari
des Öfteren einfeuerte, wenn ihn Edith darum bat. Obwohl Edith und Kari auch
gerne ein Buch lasen und sicher mehr Entspannung brauchten als wir, hatten sie
immer Energie für Ausflüge. Zwei Mal liessen wir sie allein mit dem Auto losfahren,
aber meistens zogen wir zu viert aus, um die Umgebung zu erkundigen. Dabei
machten wir lange Spaziergänge am Strand von Tranum und anderen Orten an der Jammerbucht. Wir besuchten das
touristische Feriendorf Blokhus und das Städtchen Fjerritslev. Wir waren
überrascht, wie viele alte Windmühlen wir in der flachen grünen Landschaft
vorfanden. Daneben gab es aber auch viele moderne Windfarmen.
Auch
die nahegelegene Ortschaft Brovst war mehr als nur unser Einkaufsort. Dänemark
hat ja nicht gerade den Ruf einer billigen Destination und gewisse Artikel sind
wirklich ziemlich teuer. Allerdings kann Einkaufen recht preiswert sein, denn
Dänische Supermärkte offerieren immer wieder riesige Rabatte auf Grossmengen.
Wenn ein Artikel z.B. 10 Kronen kostet (€ 1.33/CHF 2), kann es gut sein, dass
man für 14 Kronen 3 Stück davon kriegt. Oft ist es sogar noch viel extremer:
wenn ein Artikel 30 Kronen kostet, kriegt man für 50 Kronen vielleicht schon 4
davon. Das Unglaublichste war: 1 Stück für 10 DKK oder 5 Stück für 18 DKK! Auch
für Fleisch gibt es oft Angebote mit Grosspackungen. Für ein Schweinefilet
zahlt man üblicherweise 60-75 Kronen; im Angebot sahen wir aber einmal 3 Filets
für 99 Kronen und es kam nicht einmal auf das Gewicht an, denn die kleinste
Packung wog 900g und die grösste über 2 kg – aber drei Stück sind drei Stück –
also 99 Kronen! Ähnlich verhält es sich mit Früchten die oft zum Stückpreis
angeboten werden. Oft kann man zum Einheitspreis von 20 Kronen 8-10 Stück
unterschiedlicher Früchte aussuchen. In der Schweiz kriegt man für denselben
Preis kaum mehr als ein halbes Kilo Äpfel! Deshalb raten wir allen Touristen in
grossen Gruppen über Dänemark „herzufallen“, viel zu essen und im Gepäck immer
Platz für das Überzählige freizuhalten.
Zurück
zu unseren Ausflügen; die schönste Stadt in der Umgebung war sicher Aalborg, wo wir einen vollen Tag
verbrachten. Wir genossen die hübsche Fussgängerzone und die vielen
historischen Gebäude im Zentrum. In einem nahegelegenen Park stand der
Aussichtsturm “Aalborg-Tårnet”. Wir hatten Glück, dass er an diesem Tag noch
geöffnet hatte, da dies der letzte Tag der Schulferien war (13.10.09). Die 360°
Aussicht dort oben war wirklich grossartig! Wir sahen nicht nur über die
gesamte Stadt, sondern auch über den blauen Limfjord, die herbstliche
Landschaft und selbst das offene Meer an der Jammerbucht.
Ein
anderes Mal besichtigten wir die eindrückliche Wanderdüne bei Rubjerg Knude, wo
der Leuchtturm langsam aber sicher dem Sand unterliegt. Als der Leuchtturm im
Jahr 1900 in Betrieb genommen wurde, stand er 200 Meter vom Ufer entfernt auf
einem Hügel. Bis 1968 hatte sich der Sand so hoch vor dem 23 m hohen Leuchtturm
aufgeschichtet, dass er vom Meer her nicht mehr sichtbar war. In der
Zwischenzeit ist die Düne am Turm vorbei gewandert und geht weiter inland. Auf
der anderen Seite wird die Küste jährlich um 1-2 Meter ins Landesinnere
ausgewaschen. Die Wellen nagen an den hohen Sandklippen, welche in der
Zwischenzeit schon so nah am Leuchtturm sind, dass dieser in naher Zukunft ins
Meer fallen wird. In 100 Jahren wurden also 200 Meter Land einfach ins Meer
gespült.
Am
18. Oktober 2009 brachten wir Edith & Kari zurück zum Flughafen Aalborg.
Mittlerweile hatte der Herbst sichtbar Einzug gehalten und die Nächte waren oft
frostig. Wir nutzten unsere letzte Woche im Tranum Haus um uns in Schweden und
Norwegen ein paar schöne Ferienhäuser zu organisieren um sicher zu stellen,
dass wir in den kommenden Wintermonaten ebenfalls stilvoll wohnen können.
Kopenhagen: Kurzbesuch
in einer wunderschönen Stadt
Am 25.
Oktober 2009 fuhren wir 450 km durch die herbstlich bunte Landschaft
südostwärts nach Kopenhagen. Für drei Tage übernachteten
wir in der fast ausgestorbenen Jugendherberge Amager. Diese befindet sich am
Stadtrand, ist aber mit dem öffentlichen Verkehr hervorragend ans Zentrum
angebunden. Damit besuchten wir die Sehenswürdigkeiten der Dänischen
Hauptstadt, auch wenn es oft regnete.
Wir
genossen es in der grossen Fussgängerzone und am Wasser beim touristischen
Nyhavn zu flanieren. Wir hatten zwar das Gefühlt, dass es schon eher kühl war,
doch die meisten Restaurants boten noch immer „al fresco dining“ auf der
Terrasse an. Um potentielle Gäste hereinzulocken, wurden Wolldecken und
Gaspilze zur Verfügung gestellt.
Wir
waren natürlich begeistert, dass wir von so vielen verschiedenen Küchen
auswählen konnten, welche die zahllosen Restaurants aus aller Herren Ländern
anboten. Einige Mittags-Angebote werden so scharf kalkuliert, dass es kaum
billiger ist, sich im Supermarkt selbst etwas zusammenzustellen.
In
Kopenhagen findet man eine gute Mischung zwischen gut restaurierten
historischen Gebäuden und ultramodernen Bauten der Neuzeit. Nach 2 ½ Monaten im
dünn besiedelten Nordatlantik war es für uns ein besonderer Genuss, ins
quirlige Treiben dieser Metropole einzutauchen.
Wir
verliessen Dänemark über die eindrückliche 16 km lange Öresund Verbindung nach
Schweden. Die Strasse führt zuerst durch einen Untersee-Tunnel auf eine
künstliche Insel. Von dort schwingt sie sich auf eine fast 8 km lange Brücke,
welche schwindelerregende 57 Meter hoch über das Meer führt. Die vier Haupt-Pfeiler
des beeindruckenden Bauwerks sind über 200 Meter hoch.
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Fotos |
Schweden: ein paar Wochen im Herbst
Auf
der Schwedischen Seite der Öresund Brücke brachte
uns die Schnellstrasse bald ins Stadtzentrum von Malmö, welches wir am 28. Oktober 2009 besichtigten. Mit 280‘000
Einwohnern, die sich aus 150 Nationen zusammensetzen, ist Malmö die
drittgrösste und auch multikulturellste Stadt des Landes. Als erstes besuchten
wir das Stadtzentrum mit vielen schönen historischen Gebäuden. Auch die
Altstadt Gamla Staden, sowie der alte Fischerhafen in der Nähe des Schlosses
sind sehr reizvoll. Gleich neben dem Schloss befindet sich eine alte Windmühle.
Sie steht in einem Park, welcher in den schönsten Herbstfarben leuchtete.
Es gibt aber auch beeindruckende Gebäude der Neuzeit, wie den Wolkenkratzer „turning
torso”, welcher erst 2005 fertiggestellt wurde. Der berühmte Spanische
Architekt Santiago Calatrava hat dieses 190 Meter hohe Gebäude, welches von unten
bis oben um 90° verdreht ist, entworfen.
Noch
bevor wir die Stadt um 16:00 Uhr wieder verliessen, konnten wir schöne Fotos im
Dämmerlicht machen. Als wir im Regen weiterfuhren, war es gegen 17:00 Uhr schon
recht dunkel.
Nach
einer Stunde trafen wir in Helsingborg
ein, wo wir für die nächsten drei Nächte ein Zimmer in einer kleinen Pension
gebucht hatten. Die Stadt mit ihrer langen Strandpromenade ist sehr einladend.
Nach Sonnenuntergang wirkt die Altstadt (Gamla Stan) mit ihren vielen
Geschäften und Restaurants entlang der mit Kopfstein gepflasterten Gassen ganz
besonders attraktiv. Die schönsten und zugleich auffälligsten Gebäude sind das
Rathaus, sowie der eckige Turm Kärnan. Zusammen mit den imposanten Stufen die
sich romantisch zwischen Torbögen und Rundtürmen hinaufschwingen, bildet er die
letzten Überbleibsel einer Burg, die einst über der Stadt thronte. Man muss der
Burg aber nicht allzu stark nachtrauern, denn das Rathaus mit seinen dutzenden
kleinen Türmchen macht den Verlust wett. Das imposante rote Backsteingebäude
strahlte im flachen Sonnenlicht; ein wirklich beeindruckender Anblick!
Die
Fähren, welche die nur 4 km breite Meerenge nach Dänemark überbrücken, legen
direkt im Stadtzentrum an. Helsingborg hat einen bunten Markt und mehrere
Parks. In Erwartung der Wintertemperaturen liess die Stadtverwaltung ihre
Blumenständer mit Zierkohl bepflanzen.
Sehenswürdigkeiten
ausserhalb Helsingborgs
An unserem
zweiten Tag schwärmten wir aus um die Umgebung zu erkunden, zuerst zu Fuss,
dann mit unserem fahrbaren Untersatz. Auf unserem Spaziergang zum Sofiero
Schloss im nordwesten der Stadt, bewunderten wir die bunten Herbstbäume.
Buchen, Eichen und Birken zeigten ein Feuerwerk goldbrauner Farben, in
Konkurrenz mit kleineren Büschen die mit Rot und Grüngelb auftrumpften. Mitten
aus dieser Farbpalette heraus leuchteten die roten Backsteinmauern des
Schlosses über dem glitzernd blauen Meer.
Hungrig
von diesem langen Marsch kehrten wir in Helsingborgs Winterbad Palsjö zum
Mittagessen ein. Vom hervorragenden Restaurant sahen wir auf das einzigartige
Badehaus. Es besteht aus 36 kleinen Strandhäuschen, sowie ein paar grösseren
Gebäuden, welche alle ein paar Meter vom Ufer entfernt, auf Pfählen über dem
Wasser thronen. Die Leute gehen im Winter dorthin um sich in der Sauna
aufzuheizen und danach im kalten Meer abzukühlen. Während unseres Essens sahen
wir alle paar Minuten jemanden die Leiter hinunter steigen und nackt ins Wasser
eintauchen.
Anschliessend
fuhren wir zum malerischen Kulla Peninsula, wobei wir an der wunderschönen
alten Windmühle Kullabygden bei Höganäs und im hübschen Fischerdorf Mölle vorbeikamen.
An der Spitze der Halbinsel befinden sich das Kullaberg Naturreservat und ein
Leuchtturm. Wir mussten uns beeilen, denn Ende Oktober geht die Sonne schon
früh unter. Eine magische Landschaft mit steilen Klippen und windgeprüften
Bäumen umgab uns. Das Meer schimmerte in einem Spektrum von Pastelltönen und
wir genossen diesen bezaubernden Sonnenuntergang sehr.
Stilvolles Ferienhaus in
Skavböke
Am
31. Oktober 2009 fuhren wir nach Skavböke, etwa 30 km nordöstlich von Halmstad,
wo wir für die nächsten 4 Wochen ein Ferienhaus arrangiert hatten. Obwohl sich
dieses von aussen nicht viel von einer Hütte auf einem Campingplatz
unterschied, sah es innen schon fast aus wie ein Designer-Haus. Das Wohnzimmer
war bis unters Dach offen und daran angeschlossen befand sich eine offene Küche
und ein Essplatz. Das Schlafzimmer war alles andere als klein, aber trotzdem
nur knapp grösser als das Badezimmer. Eine Wendeltreppe führte ins
Obergeschoss, wo sich zwei offene Schlafzimmer befanden. Das eine lag über dem
grossen Schlafzimmer und dem Bad, das andere auf der gegenüberliegenden
Gebäudeseite, direkt über dem Gartensitzplatz. Die beiden Zimmer waren durch
eine Brücke verbunden, die sich über das Wohnzimmer schwang. Alles war modern
dekoriert, vor allem in Schwarz und Weiss.
Das
Haus war Teil einer Farm, der junge Besitzer (in unserem Alter) der es gebaut
hatte, lebte aber von seinem Baugeschäft, welches offensichtlich auch sein
Hobby war. Er wäre sicher auch ein guter Architekt geworden.
Wir
nutzten unsere Zeit in diesem modernen Haus vor allem dazu, den Reisebericht
über unsere Nordatlantik-Reise zu erstellen. Dafür war es hier perfekt, denn
das Wetter war es meist nicht. Während des ganzen Novembers war es meist
regnerisch und stürmisch, mit launischen Temperaturen zwischen -10°C und +10°C.
An den wenigen sonnigen Tagen machten wir Spaziergänge in den nahen Wald und
staunten, dass es die Sonne nicht mehr über die Baumwipfel schaffte. Sie ging
auch täglich merklich früher unter und an den meisten (wolkigen) Tagen wurde es
noch bevor der Monat endete, gegen 15:00 Uhr schon dunkel.
Dies
hatte natürlich auch seine guten Seiten. So konnten wir bei unserem Ausflug
nach Halmstad schon gleich nach dem Frühstück schöne Aufnahmen mit Dämmerlicht
machen. Diese lebhafte Stadt bietet gute Einkaufsmöglichkeiten und wurde gerade
weihnächtlich dekoriert. Hier konnten wir auch ein Set guter
Occasions-Spikes-Reifen aufziehen lassen, welche uns sicher durch den
Skandinavischen Winter bringen sollten. Auf dem Rückweg zu unserem Ferienhaus
sahen wir drei Elche die Strasse überqueren. Nur schade, dass es zu dunkel war um
mit der Kamera auf sie zu zielen.
Als
unsere Zeit hier vorbei war, fuhren wir Richtung Norwegen. Während eines kurzen
Stopps an der Bohuslän Küste merkten wir sehr schnell, dass hier um diese
Jahreszeit tote Hose herrscht. So mussten wir auf das ausgemalte stilvolle
Mittagessen am Meer verzichten und mit einer simplen Pizzeria im Dorf Ljungskile
vorlieb nehmen.
In
Strömstad, kurz vor der Norwegischen Grenze, war hingegen wieder einiges los.
Die Norweger pilgern für „billige“ Geschäfte, Restaurants und/oder Besäufnisse
hierher. Man sah hier fast mehr Norwegische als Schwedische Autos. Strömstad
ist ein charmantes Städtchen am Meer, welches sich in der Dämmerung besonders
schön präsentiert.
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Norwegen: drei Winterwochen im Kvitfjell
Am
28. November 2009 kamen wir über die Grenzbrücke bei Halden nach Norwegen. Nach kurzer Zeit erreichten
wir die Jugendherberge Tuneheimen in Sarpsborg, wo wir ein Zimmer reserviert
hatten, da wir nicht allzu lange im Dunkeln fahren wollten. Wenn es aber darum
geht, die Sehenswürdigkeiten der Region anzusehen, sieht die Sache wieder
anders aus: die kurzen Tage sind für uns keine Entschuldigung die touristischen
Höhepunkte auszulassen. Diese können nach Sonnenuntergang sogar noch
idyllischer wirken als bei Tageslicht. So fuhren wir zur historischen Altstadt
Fredrikstads: „Gamle Byen“. Dort gibt es viele gut unterhaltene Holzgebäude mit
bis zu vier Stockwerken. Darunter fanden wir auch ein gutes Restaurant, wo wir
ein traditionelles Norwegisches Weihnachtsmahl genossen.
Als
wir in die Jugendherberge zurück kamen, wimmelte es im Korridor von Leuten in
Frack und Abendkleidern. An diesem Abend war der Speisesaal für eine Feier
gebucht. Wie viele Jugendherbergen in Skandinavien war auch dieses „Vandrarhjem”
eher ein Konferenz- und Veranstaltungs-Zentrum mit einem Gästehaus, welches dem
Internationalen Jugendherbergsverband angeschlossen ist, als ein Treffpunkt
Weltreisender. Einige Alleinreisende finden es vermutlich befremdend, dass sie
hier eher unter Geschäftsleuten und einheimischen Familien sind, als unter
Weltenbummlern. Für NOK 670 (€ 80) kriegten wir ein Doppelzimmer mit eigenem
Bad und ein grossartiges Frühstücks-Büffet mit einem üppigen Angebot an
leckeren Speisen. Dieses ermöglichte es uns, mehrere Käsesorten zu probieren,
welche man sonst in Skandinavischen Supermärkten nur in ein- und zwei-Kilo-Packungen
findet.
Am nächsten Tag fuhren wir über Nebenstrassen Richtung Kvitfjell, nördlich von
Lillehammer. Als wir losfuhren, war die Landschaft noch grün, doch nördlich von
Oslo war sie schon etwas schneebedeckt und die Seen waren entlang ihrer Ufer
bereits gefroren. Zu dem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass wir für die
nächsten fünf Monate nur noch von weissen Landschaften, sowie gefrorenen Seen
und Flüssen umgeben sein würden.
Ferienhaus im Schnee
Sobald
wir die E6 verliessen, waren die Strassen mit Glatteis bedeckt und unsere
Spikes-Reifen konnten sich bereits zum ersten Mal beweisen. Bei Ankunft in
unserem Ferienhaus in Fåvang war es eiskalt und viele Eiszapfen hingen vom
Dach. Innen war es jedoch herrlich warm, denn man hatte uns die Bodenheizung
bereits am Vortag eingeschaltet. Die Holzwände und Decken machten dieses Haus
zwar heimelig, aber auch etwas dunkel. Hier hatten wir dafür mehr Platz und
Luxus als wir brauchten, denn es bot Geschirrspüler, Sauna und Solarium.
Dieses Ferienhaus war super gelegen; nur ein paar hundert Meter vom Dorfzentrum
Fåvangs entfernt. Dort fanden wir neben mehreren Supermärkten auch eine sehr
gute Bäckerei und freuten uns so doppelt auf die nächsten drei Wochen.
Das Tal
war zwar schneebedeckt, aber es lagen kaum 10cm. Ausser einer kurzen Periode
mit etwas weniger kalten Temperaturen, zeigte das Thermometer meist etwas
zwischen 12°C und 29°C unter dem Gefrierpunkt an. So konnten wir sowohl das
Zufrieren des Troms Baches in Fåvang, als auch des Flusses durch das
Gudbrandsdalen, der hier zum Lagen See wird, miterleben. Das Eis auf dem See
bestand aus flachen Eisplatten, doch da der Fluss darunter in Bewegung war,
rieben sie sich aneinander und stellten sich wie Keilstücke auf. Dies sah man
vor allem entlang der Bruchkanten, welche sich wie lange dunkle Fäden über den
See zogen. Beim schnell fliessenden Fluss Troms bot sich ein ganz anderes Bild.
Um jeden grösseren Stein im Wasser gefror das Eis zu vielfältigen Formen, welche
sich täglich veränderten. Am Anfang war der Fluss erst entlang des Ufers
gefroren. Um die Steine, welche nur ganz knapp unter der Wasseroberfläche
lagen, bildeten sich flammenförmige Eisplatten. Nur zwei Tage später waren die
Steine unter Wasser von wulstigen Eisgebilden umgeben bis schlussendlich alles zufror.
Ausflüge ins Winter Wunderland
Nur
10km nördlich von Fåvang befindet sich Ringebu, eine grössere Gemeinde mit
vielen Einkaufsmöglichkeiten und was für Touristen noch interessanter ist;
einer der grössten und bedeutendsten Stabkirchen Norwegens. Sie wird in einem
Dokument aus dem Jahre 1220 zum ersten Mal erwähnt und wurde im Laufe der Zeit
mehrmals restauriert. Stabkirchen gehören zu den ältesten Holzgebäuden die
heute noch existieren und den Namen gab man ihnen aufgrund ihrer Stabbau
Architektur, bei der die Last des Gebäudes auf senkrecht stehenden
"Stäben" ruht, welche mit Querträgern verbunden sind.
Im
Dezember sah Ringebu dank seinen Weihnachtsdekorationen besonders ansprechend aus.
Sowohl Strassen, als auch viele Fenster der Wohnhäuser waren hell beleuchtet.
Das
Besuchermagnet der Region ist sicher das Kvitfjell (bedeutet einfach weisser
Berg) das sowohl für seine Skipisten, als auch zum wandern bekannt ist.
Brigitte hatte anfänglich etwas bedenken, ob wir es mit unserem Wagen
dorthinauf schaffen würden, da die Strasse nicht nur sehr steil sondern auch
sehr eisig war. Heinz steuerte unser Auto aber souverän zum Parkplatz inmitten
der tief verschneiten Berge hinauf. Schon unterwegs machten wir einen ersten
Halt, da wir an einer hohen Felswand vorbeikamen die fast gänzlich mit riesigen
Eiszapfen behangen war. Nicht nur die Eiszapfen waren faszinierend, sondern
auch die vereisten Zweige der Büsche unterhalb des Felsens. Sie waren von einer
dicken transparenten Eisschicht umgeben, die etwa zehnmal so dick war, wie die
Zweige selbst.
Hier
in den Bergen hatte es viel mehr Schnee als in Fåvang, welches bloss ein paar
hundert Meter tiefer liegt. Die Tannen waren dick mit Schnee bedeckt; es war
ein echtes Winter-Wunderland! Wir freuten uns über die vielen Spazier-Möglichkeiten
auf den Erschliessungs-Strässchen zu den Ferienhäusern die gepflügt, aber weiss
belassen waren.
Die Wände vieler Ferienhäuser waren so stark mit Frost behaftet, dass sie fast
weiss erschienen. Dies gab ihnen ein märchenhaftes Aussehen, vor allem
denjenigen, deren Holzbalken mit Schnitzereien verziert waren. Das Thermometer
zeigte jetzt nur noch etwa 15°C Minus, doch diese fühlten sich dank der
trockenen Luft viel wärmer an.
Kvitfjells
Skipisten wurden Tag und Nacht beleuchtet, waren aber momentan noch alles
andere als überfüllt. Ein Besuch lohnt sich aber auch für Nicht-Skifahrer. Von
einem Punkt aus hatten wir uneingeschränkte Sicht über das Gudbrandstal,
hinüber zu den baumlosen Gipfeln in den Nationalparks Dovrefjell und Rondane.
Ein paar Sonnenstrahlen erleuchteten diese Gebirgskette, sodass sie in einem
unwirklichen Licht wie „Schnee-Dünen“ leuchtete.
Kvitfjell West
Zwei
Tage später brachen wir erneut ins Kvitfjell auf, diesmal an die westliche
Flanke. Auch hier drehte sich jetzt alles ums Skifahren, obwohl es hier nicht
ganz so viele Lifte gibt. Die Landschaft ist allerdings ebenso beeindruckend!
Wir befanden uns etwa an der Baumgrenze, aber hier hatte es noch Mischwald:
Birken und Tannenbäume, die alle mit dickem Raureif überzogen waren. Die Bäume
bogen sich unter ihrer Schneelast und selbst die Stämme waren buchstäblich in
Schnee und Frost gehüllt. Es war magisch hier zu spazieren, doch wir mussten uns
an die gepflügten Pfade halten, da wir sofort Hüfttief im Schnee versanken,
sobald wir nur einen Schritt daneben machten.
Skipisten
und Langlaufloipen kreuzten die Strassen oft über Brücken. Obwohl es bereits
Mitte Dezember war, waren noch 95% der Ferienwohnungen und Aparthotels leer.
Die meisten Hotels standen immer noch vor der Saisoneröffnung. Kaum
vorstellbar, dass in nur 10 Tagen der Weihnachtsrummel in vollem Gang sein
sollte.
Hier
oben schien die Sonne deutlich länger als unten im Tal. Das heisst, sie ging
etwa um 14:00 Uhr unter, wogegen wir sie von unserem Ferienhaus aus etwa ab
10:30 Uhr für nur 100 Minuten sahen, denn schon um 12:10 Uhr verschwand sie
wieder hinter einem Hügel. Es waren nicht nur wenige Sonnenstunden, die Sonne
stieg auch nie hoch über den Horizont. Während wir den Sonnenschein genossen,
fiel es uns nicht auf, dass hier das Licht so viel weniger intensiv ist, als
beispielsweise in der Schweiz. Den Skandinaviern hingegen fällt dies schon auf
und deshalb sind die Skipisten auch tagsüber voll beleuchtet. Handwerker
benutzen starke Scheinwerfer, selbst wenn sie in der Mittagssonne an einer
Fassade arbeiten. Bei bewölktem Wetter fiel es auch uns auf, wie dunkel es
eigentlich ist. Wir waren überrascht von wie weit her wir die Scheinwerfer
entgegenkommender Fahrzeuge selbst am Mittag wahrnahmen.
Sobald
wir in unser Holzhaus eintraten, hatten wir das Gefühl es sei selbst dann noch
dunkel, nachdem wir das Licht einschalteten. Wir fanden eine Studie die belegt,
dass es die Sonne während des Winters nicht einmal in Deutschland schafft, soviel
Licht auf die Erde zu strahlen, dass der Körper genügend Vitamin D produzieren
kann um einen positiven Effekt zu erzeugen. Je weiter nördlich die Menschen
leben, desto mehr sind sie davon betroffen. Viele Skandinavier leiden unter
Winterdepression (SAD = Seasonal Affective Disorder), ausser Isländer. Von
ihnen nimmt man an, dass sie dank ihres hohen Fischkonsums nicht davon
betroffen sind.
Das coole Venabygdsfjell
Ein weiterer Ausflug führte uns aufs Venabygdsfjell,
wo wir eine phantastische Sicht auf die Kette der weissen Gipfel in den
Dovrefjell- und Rondane Nationalparks hatten. Von hier aus sahen sie noch viel
spektakulärer aus als vom Kvitfjell, da sie uns hier um einiges näher waren.
Auch hier lag sehr viel Schnee und die Bäume waren mit Raureif dekoriert, der
sich wegen des Windes allerdings nur auf der einen Seite der Äste ansetzte.
Mancherorts sah der Raureif aus wie eine steife Fahne, da er zehnmal so breit
sein konnte wie der Ast an dem er sich kaum sichtbar festhielt.
Auch hier gab es unzählige tolle Fotosujets, doch
manchmal war es fast unmöglich ein Bild zu machen, ohne dass unser Schatten
darin sichtbar war. Wegen der tief stehenden Sonne konnte er auch um die
Mittagszeit bis 20 Meter lang sein. Das Venabygdsfjell liegt auf 920 Metern
über Meer und die Temperatur lag mittlerweile bei 25°C unter dem Gefrierpunkt.
Sogar mit langer Unterwäsche fühlte sich dies empfindlich kalt an und jedes Mal
wenn wir unser Auto für mehr als ein paar Minuten verliessen, begannen die
Scheiben auch innen zu gefrieren. Stellt Euch vor wie überrascht wir waren, als
wir sahen, dass der Campingplatz geöffnet hatte und der Schnee zwischen den ~50
Wohnwagen der Dauermieter sauber geräumt war. Viele Vorzelte und Wohnwagen
waren weihnächtlich dekoriert und sahen überhaupt nicht verlassen aus. Auf
unserer Rückfahrt kreuzten wir ein paar Touristen aus Deutschland und Norwegen,
die ihre Wohnwagen im Schlepptau hatten; das sind die wirklich hartgesottenen
Camper!
Noch am selben Abend sank die Temperatur auch bei
unserem Ferienhaus im Tal auf Minus 30°C. Nach dem Schwitzen in der Sauna
rannten wir aber trotzdem barfuss bis zum Hals hinaus in den Schnee. Die Kälte
versuchte aber richtiggehend ins Haus hinein zu kriechen; sogar die gut
isolierten dreifach-verglasten Fenster gefroren entlang der Ränder. Um das
Schlüsselloch setzte sich auch im Innern des Hauses Frost an, genauso wie an
allen Lüftungsschlitzen in den Wänden. Um es angenehm warm zu halten, mussten
wir die Heizung noch mehr aufdrehen, was bei unserer Abreise nach 3 Wochen mit
€ 300 zu Buche schlug.
Bei
unserer Rückreise nach Schweden kamen wir erst durch Schneegestöber, aber etwas
weiter südlich schien zum Glück wieder die Sonne. Wir waren überrascht, dass
die Hauptverbindungsstrasse E6, welche streckenweise eine Autobahn ist, direkt
durch Oslo’s Stadtzentrum führte.
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Fotos Videos |
Schweden im Winter: kalt aber wunderschön
Als
wir am 19. Dezember 2009 zurück nach Schweden kamen, war alles weihnächtlich
geschmückt. Ganz im Gegensatz zu den Schweizern, welche allabendlich ihre
Vorhänge ziehen damit niemand in die Wohnung sehen kann, lieben es die
Skandinavier und die Schweden im Besonderen, ihre Fenster nach aussen hin zu
dekorieren. Hier in Nordeuropa sind sie eigentlich vor allem als Schaufenster
für die Nachbarn gedacht. Wenn es einmal Vorhänge hat, dienen diese nur als
Rahmen um die „Ausstellung“. Stilvolle Ausstellungsobjekte werden ins Fenster
gestellt und dass man sie auch nachts sieht, gehört ein Beleuchtungskörper
dazu. Üblicherweise gibt es in jedem Fenster eine Lampe und diese sind auch dann
eingeschaltet, wenn niemand zu Hause ist.
Die
Dekorationen werden der Jahreszeit angepasst und zur Weihnachtszeit werden die
Lämpchen im Fenster mit Julstake‘s ersetzt. Dies sind elektrische Kerzen, welche
auf einer Art Torbogen stehen. Die meistverbreiteten bestehen aus 7 Kerzen und
sie leuchten überall; sogar in unbewohnten verlassenen Gebäuden, oder in
Ferienhäusern die den ganzen Winter über leer stehen. Auch aussen werden die
Häuser oft wunderschön dekoriert und deshalb ist es im Dezember besonders
lohnenswert, nachts durch Schwedische Dörfer und Städte zu schlendern, da sie dann
noch ansprechender aussehen.
Ferienhaus in Färgelanda
Es
war bereits dunkel als wir in unserem Ferienhaus bei Färgelanda, nordöstlich
von Göteborg eintrafen. Vor und im Haus brannten Kerzen und die Fenster waren
mit ‚Julstakes‘ dekoriert. Obwohl das Haus einem Deutschen Paar gehört, war es
so schwedisch dekoriert wie es nur sein kann. Es war fast, als ob wir in einen
weihnächtlichen Themenpark eintreten würden. Als Kerzenhalter dienten grosse oder
kleine Zwerge und Nikoläuse und dazu gab es einen winzigen aber echten
Weihnachtsbaum, sowie Tischläufer, Tischsets und Geschirr mit Weihnachtsmustern.
Das Haus erschien von aussen recht klein, weil die beiden Zimmer aber je ein
ganzes Stockwerk einnahmen, fühlte es sich grosszügig an. Für Sommergäste hatte
man ein zusätzliches Schlafzimmer angebaut. Dieses war aber nicht so gut
isoliert wie der Rest des Hauses. In diesem ungeheizten Zimmer fielen die
Temperaturen regelmässig unter den Gefrierpunkt, obwohl der Raum auf der
anderen Seite der dünnen Holztür auf 20°C aufgeheizt war.
Das
Ferienhaus steht am Waldrand direkt neben dem Haus der Besitzer, hat aber nur
wenige andere Nachbarshäuser.
In
der Woche vor unserer Ankunft war in Südschweden der erste Schnee gefallen und
alles lag nun unter einer weissen Decke. Es war schon so kalt, dass die Seen
zufroren. Während unseren 17 Tagen in Färgelanda, konnten wir beobachten wie
das Eis auf dem nahegelegenen See dicker wurde. Zu Beginn schimmerte es noch im
Sonnenlicht und es gab Streifen aus Raureif quer über den See. Nachdem mehr
Schnee gefallen war, schlossen sich die letzten der witzigen sternförmigen
Löcher und das Eis wurde bald ebenfalls von Schnee bedeckt, wonach man das Ufer
kaum noch ausmachen konnte.
Schneemassen bringen Freud und Leid
In
der Tat kam am Weihnachtstag so viel Schnee, dass sich viele Bäume unter der
Last bogen und sogar brachen. Da viele Stromleitungen auf Masten durch die
Wälder geführt sind, wurden etliche durch umgefallene Bäume unterbrochen.
Nur
ein paar Minuten nach dem ersten Stromunterbruch erkundigten sich die Besitzer
unseres Ferienhauses, ob wir Taschenlampen und weitere Kerzen benötigten.
Nebenbei erwähnten sie, dass wir am nächsten Morgen bei ihnen einziehen
könnten, falls der Stromunterbruch bis dahin nicht behoben sei, da sie mit
Holzöfen und einem Generator ausgestattet sind.
Wir
machten uns keine Sorgen da wir uns sicher waren, dass der Strom schon bald
wieder funktionieren würde, aber da irrten wir uns gewaltig! Am nächsten Morgen
brachten uns die Eigentümer Tost, gekochte Eier, sowie eine Thermos-Flasche
voll Kaffee und informierten uns, dass sie nun ihr Gästezimmer für uns bereit
machen würden. Um uns aufzuwärmen gingen wir auf einen langen Spaziergang und
als wir zurückkehrten, insistierten unsere Vermieter, dass wir jetzt in ihr
Haus kommen sollten, da es in unserer Hütte ohne Strom inzwischen zu kalt sei.
So
begaben wir uns in ihr Untergeschoss, wo man uns sowohl ein Wohn- als auch ein
Schlafzimmer hergerichtet hatte. Wenn es eine zweite Nacht ohne Elektrizität
gäbe, sollten wir da schlafen. Sie heizten den Kamin so stark ein, dass wir
fast das Bedürfnis bekamen uns auszuziehen. Nun hatten wir also genug Licht und
mehr als genug Wärme, doch wir mussten uns was einfallen lassen, wie wir das
Abendessen zubereiten sollten, da der Generator für den Kochherd nicht genug Strom
lieferte. Glücklicherweise hatte Brigitte gestern noch zwei Brote gebacken und
zudem hatten wir eine grosse Wurst, welche unsere Vermieterin in einer Pfanne
auf dem Holzofen aufwärmte. Nach etwa 40 Stunden war die Stromleitung am
nächsten Morgen gegen 10 Uhr wieder repariert.
Die
Aussentemperaturen lagen bei etwa 20°C unter null und alle Heizkörper liefen
auf vollen Touren. Kaum war es in unserem Haus wieder angenehm warm, fiel der
Strom noch am selben Abend erneut aus. Inzwischen hatten unsere Vermieter
Freunde zu Besuch, die über Neujahr blieben und so waren ihre Gästezimmer nun
besetzt. Um uns zu retten, fuhren die Eigentümer unverzüglich in die nächste
Stadt, kauften Kabel, bohrten ein Loch und installierten für unser Haus
ebenfalls eine Notstrom-Versorgung. Nach noch einmal 40 Stunden mit kalten
Mahlzeiten, lief die öffentliche Stromversorgung schlussendlich wieder an.
Die
Schneefälle endeten und die Sonne zeigte sich wieder. Nachdem wir unser Auto
ausgegraben hatten, machten wir Ausflüge in die märchenhafte Winterlandschaft.
Wir mussten nicht weit ausschwärmen um zu sehen, wie viel Schaden der Schnee
den Wäldern und konsequenterweise auch den unzähligen Stromleitungen zugefügt
hatte. Wo immer wir hinkamen, sahen wir umgeknickte Bäume und Mitarbeiter des
Schwedischen Stromversorgers Vattenfall, die emsig Leitungen flickten. Schon
fast Armee-mässig durchkämmten sie die Wälder mit Kleinpanzern auf der Suche
nach weiteren unterbrochenen Stromleitungen. Nachdem wir dies gesehen hatten,
waren wir fast überrascht, dass wir nur noch drei weitere Stromunterbrüche
erdulden mussten und diese waren alle recht kurz.
Abgesehen
davon, war es unglaublich schön über die weissen Strassen zu fahren und die
tief verschneite Landschaft zu bewundern. Dank dem viele Einheimische nun mit
Kettensägen unterwegs waren, um allfällige Bäume aus dem Weg räumen zu können,
kamen wir überall durch. Die Flüsse und Seen leuchteten zwar nicht mehr in
ihrem kontrastreichen Blau da sie gefroren waren, die hübschen Schwedenhäuser
hingegen erschienen nun in einem viel stärkeren Kontrast zu ihrer verschneiten
Umgebung. Die typisch roten und gelben Häuser leuchteten richtiggehend im
goldenen Licht der tiefstehenden Wintersonne. Die Bäume bogen sich nicht nur
vor lauter Schnee, sie waren auch mit einer dicken Schicht Raureif überzogen,
was sie noch schöner machte. Die Kälte machte uns nichts aus, da wir von dieser
faszinierenden Landschaft kaum genug kriegen konnten. Mit den Spikes-Reifen war
es einfach, auf den kleinen schneebedeckten, aber gut gepflügten Strassen
herumzukurven. Sie waren sehr griffig und wir kamen nie ins schleudern.
Vor
unserem Ferienhaus bauten wir aus den Schneebergen einen Eisberg mit Loch,
welcher uns an die Zeit in Grönland erinnern sollte. Und weil noch mehr Schnee
kam, honorierte Brigitte auch Island, indem sie einen Vulkan formte dessen
Krater sie nachts mit einer Kerze befeuerte (ohne Einschränkungen des
Flugverkehrs)...
Bohuslän und Dalsland
An
einem sonnigen Tag schwärmten wir aus, um zwei der schönsten Dörfer der
Bohuslän-Küste zu besuchen: Smögen und Fjällbacka. Es war sehr ungewöhnlich,
Smögens Bryggan (Seebrücke) ganz für uns alleine zu haben. Jetzt war sie mit
einem Hauch von Schnee überzogen, wogegen sie im Sommer regelrecht von
Touristen überschwemmt wird.
Im
touristischen Teil Smögens sahen wir nur ein paar Schlittschuhläufer die sich
auf den gefrorenen Teichen zwischen den Felsen vergnügten. Mit der
tiefstehenden Wintersonne sahen die sich spiegelnden Häuser entlang des Hafens
nun besonders schön aus. Entlang Smögen’s Hafenpromenade reihen sich
Souvenir-Shops und Cafés aneinander, aber alle waren geschlossen. Nur das
Dorfzentrum war belebt und die Leute gingen dort ihrem täglichen Trott nach.
In
Fjällbacka war es ähnlich; unzählige geschlossene Touristen-Geschäfte aber
keine Urlauber. Als wir um 15:00 Uhr dort eintrafen, war der Zeitpunkt gerade
richtig um schöne Bilder im Abendrot zu machen. Die Häuser die sich an den Hang
oberhalb des Wassers schmiegen, leuchteten richtiggehend im letzten Abendlicht
- es war einfach magisch! Fjällbackas grosser Sportshafen war nun leer. Das
Meer dampfte als Zeichen dafür, dass es wohl bald einfrieren würde. Hier lagen
zwar nicht die Schneemassen wie in Färgelanda, 70km im Landesinnern, doch Fjällbacka
fühlte sich kälter an.
Ein
anderer Ausflug führte uns zum Aquädukt und den Schleusen von Håverud am
Vänernsee. Hier kreuzen sich eine Strassen-, eine Eisenbahn- und eine
Kanalbrücke auf verschiedenen Ebenen. Das Aquädukt wurde 1868 als Teil des Dalsland-Kanals gebaut. Nach der Durchquerung
des Aquädukts müssen die Boote 4 Schleusen passieren, bevor sie das Niveau des
Vänernsees erreichen. Im Sommer ist es interessant, die Boote zu beobachten,
doch jetzt fror alles zu.
Wir
fuhren weiter nach Köpmannebro, wo sich die Ferien- und Farmhäuser gerade
magisch im Wasser spiegelten, welches erst am Rand gefroren war. Als wir in
Mellerud eintrafen, schmunzelten wir über die Verkehrskreisel, die mit mehreren
Dutzend Kerzen beleuchtet waren, die im Schnee standen. Somit fühlte man sich
im Kreisverkehr, als ob man um eine gigantische Geburtstagstorte fahren würde.
Später fiel uns auf, dass viele Gemeinden ihre Plätze, Brücken und Kreisel
abends jeweils mit brennenden Kerzen schmücken. In Schweden ist es sehr beliebt
in den langen Winternächten Kerzen anzuzünden, sei es vor Haustüren oder
Geschäften. Teelichter brennen auf jedem Tisch und auf jedem Fenstersims und
wir wundern uns, ob IKEA wohl mit Kerzen oder mit Möbeln mehr Umsatz macht.
Schon
stand Sylvester vor der Tür. Um das für uns besonders erlebnisreiche Jahr 2009
gebührend zu verabschieden, bereiteten wir uns eine speziell gute Mahlzeit zu:
Fondue Chinoise mit vielen verschiedenen Saucen. Zu unserer Überraschung zündeten
unsere Vermieter um Mitternacht ein (halb-professionelles) Feuerwerk.
Wir
genossen noch ein paar weitere Tage in Färgelanda und machten viele
Spaziergänge durch den Wald oder zum gefrorenen See. Wir mussten zwar nicht
einmal das Haus verlassen um Rehe zu sehen; während des ganzen Winters sahen
wir sie regelmässig zwischen den Häusern oder auf offenen Feldern, oft sogar
mitten am Tag. Die schlauen Kerle wissen wohl, wann die Jagdsaison vorbei ist…
Dank
dem das Wetter schön blieb, gingen wir noch ein paar Mal auf Entdeckungsfahrt,
fanden den Skihügel des Dorfes, bewunderten noch mehr der wunderschönen
Schwedischen Häuser und freuten uns über die magischen Szenen, welche die
Auennebel über die sonnige Landschaft zauberten.
Zwei Tage um Örebro
Am 5.
Januar 2010 zogen wir ostwärts weiter nach Örebro, welches etwa in der Mitte
zwischen der Westküste (Göteborg) und Stockholm liegt. Örebro ist eine hübsche
Stadt mit 130‘000 Einwohnern und sie präsentierte sich im Winter besonders
ansprechend. Im ganzen Zentrum waren die Strassen geräumt aber immer noch weiss
und so war es sehr einfach, auch nach Sonnenuntergang noch gute Aufnahmen zu
machen. Schneeberge türmten sich überall und beschränkten die Zirkulations- und
Parkflächen. Bei Temperaturen von minus 20 Grad erwies sich unsere
Jugendherberge im Stadtzentrum als ideal.
Die vielen Plätze und breiten Strassen waren von historischen Gebäuden gesäumt
und immer noch weihnächtlich dekoriert. Im Rathaus diente jedes Fenster als
Teil eines Advents-Kalenders, wo jeden Tag ein neues Bild aufgedeckt worden
war. Auf einem anderen Platz stand ein riesiger „Jul Bok“, ein Ziegenbock aus
Tannenzweigen. Er gilt als Beschützer-Symbol zu Weihnachten. Als nicht
Saison-abhängige Sehenswürdigkeiten bieten sich das Vasa Schloss und Wadköping
an. Das Schloss dient heute der Regierung als Bürogebäude. Im Museums-Dorf
Wadköping werden im Sommer Leute angestellt um ein althergebrachtes Leben in traditioneller
Kleidung zu mimen. Jetzt hatte es natürlich keine Statisten, doch das
Museumsdorf war geöffnet und wir konnten nicht nur zwischen den schiefen alten
Holzhäusern umher spazieren, sondern auch in einige eintreten um die
Ausstellungen und die Eisblumen an den Fenstern zu bewundern. Ein Besuch in
Wadköping war auch im Winter lohnenswert.
Nach
zwei Tagen fuhren wir nach Nora weiter. Dort besuchten wir zuerst das
stillgelegte Eisenbergwerk Pershyttan mit seinem Bergmansbyn (Arbeiterdorf)
dessen rote Gebäude sich gut vom Schnee abhoben.
Auch
Nora selbst ist bekannt für seine schönen Holzgebäude und diese sind wirklich
sehr hübsch, obwohl es in ganz Schweden überall schöne Städtchen gibt. Nora liegt
wunderschön an einem nun gefrorenen See. Während des Sommers bringt ein
Touristenzug die Besucher zum alten Eisenbergwerk. So ist es kaum
verwunderlich, dass es hier viele Unterkünfte und Restaurants gibt. Im
Gegensatz zu anderen Urlaubszielen waren hier aber auch jetzt alle Lokale
geöffnet.
Mit
so einem Überangebot, aber fast keinen Touristen, war es kaum verwunderlich,
dass die Preise für Mittags-Angebote noch tiefer lagen, als sie sonst in
Schweden schon sind. Die günstigsten Mittagessen wurden für SEK 45 (€ 4.50)
angeboten und bestanden aus einem Salat, einem frisch zubereiteten Hauptgericht
(Pizza, Steak mit Pommes und Béarnaise Sauce oder ein Teller mit Kebab), dazu
ein Süssgetränk und Café. Anderswo kosten ähnliche Angebote zwischen SEK 60 und
75, vielleicht 95 in einem echten Gourmet-Tempel. Für diesen Preis erhält man
natürlich kein Rinds-Filet, doch auf Pizzas werden häufig Streifen davon
serviert, selbst zum Mittagspreis. Salate nimmt man sich meist von einem
kleinen Büffet und dazu gibt es dicke Saucen oft mit Joghurt. Auch Fleisch wird
normalerweise mit einer sämigen Sauce gereicht. Sauce Béarnaise beispielsweise,
ist so beliebt, dass sie sogar mit Pizza serviert wird. In Schweden werden
preiswerte Lokale meist von Einwanderern aus dem Nahen oder Fernen Osten
geführt. Einheimische sagten uns, dass kein Schwede so lange und so hart
arbeiten würde.
Auch
Thailänder sind in Schweden überraschend gut vertreten. Je nördlicher wir kamen
um so mehr sahen wir. Sie werden offensichtlich vom kühlen Klima angezogen,
welches sie schön weiss hält (andere Länder – andere Sitten). Wie schon in
Grönland, gibt es auch hier viel mehr Thailänder als Chinesen. Thailändische
Restaurants und Imbiss-Buden sind in ganz Schweden zu finden und bieten eine
gesunde Alternative zu Fast-Food. Thailändisches Essen (genauso wie Pizzas) ist
so populär; fast jedes Restaurant fühlt sich dazu verpflichtet, wenigstens ein
paar wenige Thailändische Gerichte anzubieten.
Viele
Schweden kennen Thai-Food von ihrem Urlaub. In den meisten Schwedischen
Buchhandlungen ist es einfacher Thailändische-
als Skandinavische Strassenkarten zu finden! Diejenigen 33% der Thailänderinnen
aus dem Nordosten ihres Landes, die weder mit einem Deutschen noch mit einem
Schweizer verheiratet sind, müssen wohl mit einem Skandinavier verheiratet
sein!
Zwei Tage um Västerås
Zurück
nach Schweden: von Nora fuhren wir weiter nach Västerås, wo wir ebenfalls zwei
Tage verweilten. Die dortige Jugendherberge ist Teil der 4-Sterne Unterkunft
„Quality Hotel“ und als wir das Zimmer betraten, war der Fernseher bereits
eingeschaltet und wir wurden auf dem personalisierten Bildschirm namentlich begrüsst.
Die Gäste der Jugendherberge kriegen normale, wenn auch nicht die besten,
Einzelzimmer mit einem kleinen Sofa, das zu einem zweiten Bett ausgezogen
werden kann. Vom Fenster sah man in die grosse Halle, denn man war unter einem
Glasdach. Wie hier in Jugendherbergen üblich, sind Handtücher und Bettlaken
nicht im Preis inbegriffen (aber mietbar) und man erwartet von den Gästen, dass
sie ihr Zimmer selbst reinigen. Das Hotel lag etwa 2km ausserhalb des Zentrums
doch wir stellten uns der Kälte und gingen zu Fuss in die Stadt.
Genauso
speziell wie unsere Unterkunft, war auch das Stadtzentrum (d.h. luxuriös aber
kurios). Es bestand vor allem aus einer Ansammlung hässlicher Shopping-Komplexe.
Die Strassen und Fussgängerzonen
dazwischen, waren beheizt und deshalb absolut Schneefrei. Dies war ein solch skurriler
Anblick, inmitten des Winters; irgendwie total künstlich! Wenigstens gab es
noch zwei Stadtviertel mit hübschen alten Häusern und schneebedeckten Strassen.
Dazwischen stand eine grosse Kirche: die Domkyrka und ein Park. Dutzende zahmer
Enten rannten und flogen dort auf alle Passanten zu. Da der Boden sehr eisig
war, landeten viele Enten drollig auf dem Bauch und einige überrollten sich sogar
direkt vor unseren Füssen. Nicht genug der Kuriositäten: der Fluss neben diesem
Park hatte ein paar Stromschnellen und diese waren mit Eiszapfen übersäät. Das
dampfende Wasser war nur noch in der Flussmitte offen und dort bildete sich bei
allen Wasserwirbeln Pfannkucheneis. Dieses sah aus wie Seerosenblätter aus Eis,
welche auf dem Wasser tanzten.
In
der Nähe des Quality Ho(s)tels befindet sich das Museumsdorf Villby. Es besteht
aus einer Sammlung roter Holzgebäude, welche in einem Waldstück verteilt
stehen. Mit soviel Schnee, aber keinen anderen Touristen, war es einfach gute
Aufnahmen zu machen.
Ängelsberg
war ein kleiner Umweg auf unserem Weg nordwärts. Dort befindet sich ein anderes
Eisenbergwerk aus früheren Zeiten (1680) und dieses gehört sogar zum
Weltkulturerbe. Zu jener Zeit war die angewandte Technologie „State of the Art“
und diese Mine wurde dadurch sehr wichtig.
Ferienhaus bei Falun
Am 9.
Januar 2010 erreichten wir unsere Temporär-Bleibe für die nächsten zwei Wochen:
ein schmuckes Ferienhaus in Svärdsjö. Es stand in einem Waldstück direkt neben
dem Haus der Eigentümer. Als grosses Plus hatte es hier einen Holzofen,
zusätzlich zu den elektrischen Heizkörpern. Bei unserer Ankunft war es fast
30°C unter null und der Besitzer erzählte uns, dass es am Morgen sogar minus 33°C
gehabt hätte. Er jammerte, dass es noch nie so kalt gewesen sei. Als wir
nachfragten, wie kalt es denn in einem „normalen Winter“ werde, antwortete er
nach etwas nachdenken: „Minus 33°C sind hier schon normal, aber erst im
Februar!“ Na gut, da wussten wir wenigstens was uns erwartete!
Da
die Schwedischen Häuser alle gut isoliert sind, kann man sie problemlos auf
angenehme Temperaturen aufheizen. Elektrizität ist normalerweise im Mietpreis nicht
inbegriffen und unsere bisherigen Mietobjekte waren alle nur mit elektrischen Heizkörpern
ausgestattet gewesen. Ganz offensichtlich kann es nicht billig sein, ein Haus
von -33°C auf +20°C aufzuheizen. Mit dem Holzofen der uns hier zur Verfügung
stand, sah die Sache natürlich ganz anders aus! Für SEK 100 die Woche (€ 10),
konnten wir so viel Feuerholz verwenden wie wir brauchten. Der Ofen war so
effizient, dass wir die Elektro-Heizungen die meiste Zeit ausschalten konnten.
Auf
seinen 80m2 bot uns dieses Haus eine sehr grosse Küche, ein
grosszügiges Wohnzimmer, sowie ein Schlafzimmer. Es stand uns auch eine
Waschmaschine zur Verfügung, bei der sich allerdings die Tür nicht schliessen
liess. Dies war aber kein Problem; bereits am nächsten Tag stellte uns der
Vermieter eine brandneue Maschine ins Bad.
Als
die Wasch-Maschine in unserem Norwegischen Ferienhaus gestreikt hatte, stellte
man uns sogar noch am selben Tag eine neue ins Haus! Auch mit der
Internet-Verbindung stimmte etwas nicht. Da der defekte Router aber noch unter
Garantie stand, dauerte es 10 Tage, bis er ersetzt wurde. Nun; der gelieferte
Garantie-Ersatz hatte zwar eine gebrochene Antenne, aber man konnte ihn
zumindest mit etwas Klebstreifen provisorisch in Betrieb nehmen.
Besuch im berühmten Falun
Zuoberst
auf unserer Liste der Ausflüge stand Falun, eine weitere Minen-Stadt,
welche in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Im 17. Jahrhundert
förderte diese Kupfermine, welche bis 1992 in Betrieb war, stolze 70% des
Weltbedarfs. Dadurch war Falun damals ebenso wichtig wie die Hauptstadt. Die
beeindruckend grosse Grube und mehrere Minen-Gebäude können immer noch
besichtigt werden. Ein Teil des Geländes wird nun aber von anderen Firmen
genutzt.
Schweden
ist für seine roten Häuser mit weissen Giebeln und Ecken bekannt. Die Farbe,
welche man für den typisch roten Anstrich verwendet, heisst „Falu Rödfärg“ und
ist ein Nebenprodukt der Kupfergewinnung. Sie wird aus dem roten Ocker der Mine
hergestellt, ist sehr billig und schützend für das Holz.
Faluns
Wohlstand manifestiert sich in seinen vielen schönen Häusern, aber auch
Elsborg, das ehemalige Wohnquartier der Mineure ist beeindruckend. Dort stehen
viele Reihen hübscher einfacher Häuser. Bei manchen sind spezielle Spiegel vor
die Fenster montiert. Diese ermöglichen es den Bewohnern das Leben auf der Strasse
zu beobachten ohne das Fenster öffnen zu müssen. Ganz ohne Vorhänge ist es
logischerweise möglich, nicht nur hinein- sondern auch hinaus- zu schauen.
Da
die Schönwetterperiode anhielt, war es weiterhin sehr kalt. So ist halt der
Schwedische Winter; entweder ist es sonnig und sehr kalt (zwischen -20°C und
-30°C ev. auch kälter) oder es ist bewölkt und etwas wärmer (so -5° bis -10°C).
Verglichen
mit der Schweiz ist die trockene Luft für uns sehr ungewöhnlich. So sind die
tiefen Temperaturen viel besser zu ertragen und auf den Autoscheiben bildet
sich meist nicht einmal bei -33°C eine Eisschicht.
Unsere Dacia startete pflichtbewusst auch unter so
kalten Bedingungen. Das Vorglühen des Dieselmotors dauerte allerdings bis zu 30
Sekunden und nachdem der Motor anlief, tönte er zuerst wie ein alter Traktor.
Nach ein paar hundert Metern auf der Strasse, tönte er aber schon wieder normal
und wenn die Temperaturen nicht unter -20°C fielen, war alles von Anfang an,
wie es sich gehört.
Die Einheimischen konnten kaum glauben, wie problemlos
unser Wagen immer startete. In Schweden werden alle Autos mit einer
Standheizung verkauft, welche mit 220 Volt betrieben wird. Konsequenterweise
sind alle Parkplätze nördlich von Stockholm mit Steckdosen ausgerüstet. Oft
wird nicht nur der Motor, sondern auch der Fahrgastraum elektrisch vorgeheizt. Auch
ohne Zusatzheizung wurde unser Innenraum immer innert nützlicher Frist warm.
Nur mit den Türen hatten wir ab und zu ein Problem; manchmal fror eine zu und
liess sich wochenlang nicht mehr öffnen - zum Glück betraf dies nur die
hinteren Türen.
Tour um gefrorene Seen
Ein
anderer Ausflug führte uns um die vielen gefrorenen Seen der Umgebung. Sogar um
die Mittagszeit leuchteten die hübschen roten, gelben und weissen
Schwedenhäuser wie im schönsten Abendrot. Da alles unter einer weissen Decke
lag, ging das Land übergangslos in die gefrorenen Seen über.
Bei
unserem Ausflug zum berühmten Siljan See bot sich uns wiederum ein ähnliches
Bild. Nur dass hier die Bäume zusätzlich noch wunderschön mit Raureif überzogen
waren. Dieser entstand „dank“ des aussergewöhnlichen Nebels, der nun den
riesigen gefrorenen See versteckte. Hätten wir ihn nicht vor Jahren einmal im
Sommer gesehen, könnten wir nie erahnen wie gross er ist.
In
dieser Gegend ist es Brauch, den Maibaum stehen zu lassen. Direkt neben einem
mit riesigen roten Kugeln beladenen Weihnachtsbaum, bot der Maibaum ein
bizarres Bild, wie er nun so gefroren dastand. Der touristischste Ort war
Tällberg, wo die meisten Hotels geöffnet waren, weil sie mit Konferenzen auch
im Winter gutes Geschäft machen können. Auch Rättvik, der geschäftliche
Knotenpunkt der Region Siljan See, sah mit Weihnachtsdekorationen sehr
ansprechend aus.
Schon
war unsere Zeit in Falun vorbei und wir fuhren weiter nordwärts, wobei wir
einen Mittagshalt in Järvsö einlegten. Die Fahrt entlang der Strasse Nr. 83
nach Ljusdal war besonders schön, da sie vielen gefrorenen Seen folgte. Die
Strasse war zwar nicht sehr angenehm zu fahren, weil das Eis tiefe Spurrillen
aufwies. Vor allem auf Nebenstrassen ist es bei Temperaturen die regelmässig
unter -20°C fallen, nicht einfach das Eis zu beseitigen. Als wir später auf die
Schnellstrasse E4 einbogen, war diese zum grössten Teil schnee- und eisfrei.
Hier donnerte der Verkehr mit bis zu 110 km/h entlang und es schauerte uns ein
wenig, als wir die Spuren der Schneemobile sahen, welche immer wieder die Strasse
kreuzten.
Häuschen in Svedje nördlich von Sundsvall
Vom
23. Januar bis zum 20. Februar wohnten wir in einem kleinen Ferienhaus, welches
der Marketing Organisation “Bo på lantgård” (Ferien auf dem Bauernhof)
angehört. Die junge Besitzerfamilie hält zwar ein paar Tiere, aber ihren
Lebensunterhalt verdienen sie mit anderen Jobs. Wir verstanden uns sehr gut mit
ihnen und sie luden uns sogar zu einem leckeren Abendessen ein. Unser Häuschen
war zweistöckig, wobei das ganze obere Stockwerk nur aus einem grossen
Schlafzimmer unter der Dachschräge bestand. Das Erdgeschoss war unterteilt in
Küche, Wohn- und Badezimmer und fühlte sich dadurch etwas eng an.
Während
unseres Monats kam sehr viel Schnee, ab und zu gab es sogar Schneestürme. Eines
Nachts deckte eine Schneeverwehung den gesamten 30 Meter langen Zugangsweg zu
unserer Hütte zu. Heinz musste sich durch hüfttiefen Schnee kämpfen um die
Schaufel zu erreichen, welche dummerweise am falschen Ende des ehemaligen
Pfades wartete. Er brauchte recht viel Zeit einen neuen Weg freizuschaufeln,
doch es sollte nicht das letzte Mal sein. Zwischen dem vielen Schneetreiben
hatten wir aber auch viele sonnige, wenn auch sehr kalte Tage.
Sundsvall
An
einem der seltenen Tage, an dem die Temperatur entgegen aller Gewohnheit, ein
bis zwei Grad über Null stieg, fuhren wir nach Sundsvall. Die verschneite Stadt
präsentierte sich im schönsten Sonnenschein. Mit dem Tauwetter wurde es jedoch
gefährlich, den Gebäuden entlang zu spazieren. Von vielen Dächern hingen
gigantische Eiszapfen. Die Stadtverwaltung hatte bereits diejenigen Abschnitte
der Gehsteige gesperrt, über denen die grössten Brocken hingen. Genauso wie die
Einheimischen, gingen wir wo immer möglich, mitten auf der Strasse statt auf
den Trottoirs. Während Heinz gerade ein Foto schoss, kam eine grosse
Schneeladung von 10 Metern über ihm herunter.
Da
stand er nun, wie vom Blitz getroffen und wusste gar nicht wie es ihm geschah. Verdutzt
realisierte er, dass er die Kamera nicht mehr in den Händen hielt und dass auch
die Brille nicht mehr auf seiner Nase sass. Als er empor schaute, konnte er
sich immer noch nicht erklären, wo all dieser Schnee hergekommen war, der ihm
nun zu Füssen und in seinem Kragen lag. Zum Glück war die Brille noch ganz und
die Kamera funktionierte auch wieder nachdem wir sie trockneten.
Sundsvall
unterscheidet sich grundlegend von anderen Schwedischen Städten aus derselben
Periode, da es im Zentrum keine Holzgebäude gibt. Nach einem verheerenden Brand
im Jahr 1888 wurde Sundsvall als Steinstadt neu aufgebaut. Da damals dank der
boomenden Holz und Sägerei-Industrie viel Wohlstand herrschte, wurden
Architekten aus ganz Europa für den Wiederaufbau herbeigerufen, welche sich
hier mit den neuesten Architekturtrends verwirklichen konnten. Manche Gebäude Sundsvalls
sind mit Türmchen und Zinnen verziert; eine wirklich einladende Stadt mit vielen
grossen Plätzen.
Auskundschaften der umliegenden Dörfer
Neben
vielen Spaziergängen in der näheren Umgebung, fuhren wir auch oft hinaus zu den
umliegenden Fischer- und Feriensiedlungen. Jedes Mal erlebten wir dabei wieder
eine andere Überraschung. Viele Einheimische nahmen sich Zeit, uns die verschiedenen
Aspekte des Schwedischen Winters näher zu bringen.
Als
wir uns der gefrorenen Bucht bei Holmö auf der Insel Åstön näherten, kamen uns
drei Eisfischer entgegen, die ihre grossen Eisbohrer und ihren Fang auf den
Schultern trugen. Als wir sie fragten, ob es sicher sei, aufs Eis zu gehen,
lachten sie nur und erklärten uns, wie dick die Eisschicht sei und dass man
sicher noch bis Mitte April aufs Eis gehen könne. Sie erzählten uns wie viel
Kraft es koste, ein Loch ins Eis zu bohren. Nun waren wir also sicher und
spazierten direkt hinaus zu den Bootsanlegestellen im Hafen, wo sich wie
überall, keine Boote mehr befanden. Es war verrückt die verankerte Boje zu
berühren, die oberhalb der Eis- und Schneeschicht geblieben war. Nun konnten
(auch) wir übers Meer gehen und es war witzig die Hafenmole auch ohne Boot aus
der Perspektive eines Kapitäns zu sehen. Viele Ferienhäuser säumten das
gefrorene Ufer und auch sie waren wirklich bildhübsch.
Bei
einem Ausflug nach Svenskär, sahen wir entlang eines Eiszapfen-verzierten Piers,
eine Reihe von Fischerhütten direkt am Meer. Sie waren alle schön renoviert und
dienten nun als Sommerhäuser für diejenigen „die zum Fischen geboren, aber zum
Arbeiten gezwungen“ sind. Die meisten Hütten standen leer, doch ein Paar war hierhergekommen,
um den Schnee vom Dach zu räumen. Sie waren sehr nett und zeigten uns gleich
ihr Fischerhaus, welches auf Pfeilern über dem Eis (Wasser) steht. Sie
erklärten uns, wie im Sommer der Fang, zusammen mit dem Boot in die Hütte gehoben
wird.
Schnee und Eis
Nachdem
eine Sportshalle in Stockholm der schweren Schneelast nicht mehr standhalten
konnte und einstürzte, standen plötzlich fast alle Schweden auf ihren
Hausdächern und befreiten sie von der weissen Pracht.
Der
Schnee brachte nicht nur zusätzliche Arbeit, sondern auch viele zusätzliche Möglichkeiten
der Freizeitgestaltung. Je weiter nördlich wir kamen, desto mehr Schneemobile
kreuzten unseren Weg. Als wir einmal anhielten um ein paar zu fotografieren,
kamen die Eigentümer dazu und erklärten uns, dass die Motoren einiger
Schneemobile mehr PS hätten, als unser Auto und dass ihre Maschinen
Geschwindigkeiten von 160km/h erreichen können. Nachdem wir dies hörten,
verzichteten wir dankend auf den offerierten Ritt. Für die wenigsten sind
Schneemobile Nutzfahrzeuge, mit denen sie ihre Insel erreichen können, wenn das
Wasser gefroren ist. Für die meisten sind sie reine Spass-Vehikel mit denen sie
über Schnee und Eis flitzen. Die mit Raupen versehenen Motorschlitten sind
vorne mit Kufen (mit kleinen Rädern) ausgestattet und können problemlos über
Eis, Schnee und sogar Asphalt fahren.
Nun
fuhren wir zu einer Stelle von der wir auf das Bottnische Meer sehen konnten.
Entlang des Ufers war alles gefroren und nur wenn wir auf einen Hügel stiegen,
konnten wir ganz in der Ferne noch etwas blaues Wasser sehen. Wir mussten uns
aber an gepflügte Pfade halten, sonst sanken wir hüfttief in den Schnee ein. Brigitte
musste es immer mal wieder probieren um es zu glauben, da sie überall Felsen
sah, die sich als Foto-Podest eignen könnten.
Das
gefrorene Meer hatte auf uns eine besondere Faszination und es zog uns immer
wieder an sein Ufer. Dies soll natürlich nicht heissen, dass im Landesinnern
nichts Sehenswertes auf uns wartete. Wir malten uns aus, der gefrorene
Wasserfall Västanåfallet müsste grossartig aussehen. Allerdings lag dann die
Eisschicht, welche ihn zum grössten Teil zudeckte noch unter einer
Schneeschicht und so hörten wir mehr von ihm, als wir sahen.
Die
Fahrt dorthin hat sich aber auf jeden Fall gelohnt. Dabei kamen wir an der
alten Kirche von Viksjö vorbei, die wie viele Schwedische Kirchen einen freistehenden
Glockenturm aufweist. Daneben standen ein paar alte Stallungen, welche mit
dickem Raureif überzogen waren und deshalb besonders süss aussahen. Die Strasse
führte weiter entlang des gefrorenen Graningesjön Sees, aus welchem eine kleine
Insel mit einem kleinen Sommerhaus aus dem Nebel aufragte der dicht über dem
Eis schwebte.
Es
war mystisch über kleine verschneite Landstrassen durch den dichten Wald zu
fahren. Oft kamen wir auch an Felswänden vorbei, die von einem dicken Vorhang
aus Eiszapfen überzogen waren. Wenn das Wasser mit verschiedenen Mineralien
angereichert war, bargen die Eiszapfen unterschiedliche Farben. Die ~20 Meter
breite Eiszapfen-Wand am Kramforsån See war einfach unglaublich. Sie schimmerte
in den unterschiedlichsten Pastelltönen; von grün über blau und gelb zu braun,
abgesehen von weiss natürlich!
Die Höga Küste
Auf
zwei eindrücklichen Ausflügen erkundeten wir die Höga Küste. Die berühmte Hängebrücke mit
demselben Namen, war ein ganz besonderer Anblick, wie sie sich über den
gefrorenen Storfjärden schwang. Das beeindruckende Bauwerk ist 1‘867m lang, hat
zwei 180m hohe Hauptpfeiler, eine Spannweite von 1,2km und führte uns auf luftigen
40m über das Eis.
Kleine
Nebenstrassen mit weiteren imposanten Brücken erschliessen die Küstenlandschaft
der „Höga Kusten“. Im Sommer sieht man viele Boote, die zwischen den Inseln
schippern, doch jetzt sah man Langläufer, Schneemobile, sowie all ihre Spuren
auf den gefrorenen Gewässern. Die weisse Landschaft leuchtete im goldenen Licht
der Sonne die immer noch sehr tief im Himmel stand, obwohl es jetzt schon Mitte
Februar war.
Wir
besuchten mehrere Dörfer entlang der Küste und zu einem kehrten wir ein zweites
Mal zurück: Bönham – unser Favorit. Mit seiner Häuserzeile ähnlicher Fischerhütten,
die nur unterschiedliche Torfarben haben, sieht das Dorf wirklich bildhübsch
aus. Diese Häuser gruppieren sich um ein Hafenbecken, das bereits bei unserem
ersten Besuch Ende Januar gefroren war. Nun waren drei Wochen vergangen und
inzwischen war auch das Meer gefroren, soweit unser Auge sehen konnte.
Mehrere
Schneemobile waren vor dem Dorfpub parkiert, wohingegen es bei unserem letzten
Besuch so ruhig war, dass Rehe und Füchse sogar mitten am Tag um die Häuser
schlichen.
Obwohl
Bönhamn im Winter ziemlich ausgestorben ist, ist es in der Nacht gar nicht so
dunkel, da in vielen Häusern das Licht brennt, obwohl die Besitzer nur im
Sommer hier sind. Dies beobachteten wir im ganzen Land. Die Schweden schalten
die Aussenbeleuchtung und auch die Beleuchtung der Fenster auch dann ein, wenn
niemand zuhause ist. Seltsamerweise scheinen die Skandinavier mehr Energie
dafür zu verwenden, ihre Häuser von aussen schön beleuchtet zu präsentieren,
denn die Zimmer zu erhellen in denen sie sich aufhalten; diese sind oft eher
schummrig.
Umgang mit extremen Winter-Wetterbedingungen
Wenn
wir Richtung Sundsvall fuhren, kamen wir am grossen Einkaufszentrum Birsta
vorbei, welches eigentlich aus mehreren grösseren Shoppingkomplexen besteht,
darunter einem riesigen IKEA. Der Schnee auf den Parkplätzen türmte sich höher
als die Gebäude. Diesen Winter erhielten auch die Schweden noch mehr Schnee und
noch kältere Temperaturen, als in einem durchschnittlichen Jahr. Im Vorjahr, so
beklagten sie sich allerdings, sei es zu warm gewesen und hätte zuwenig Schnee
gehabt. Zu warm hiess, dass die Temperaturen „nur“ etwa bis -20°C fielen und
die gesamte Gegend hier oben von Ende November bis Mitte April unter (wenig) Schnee
lag. Somit lag der Unterschied zu diesem Jahr nur darin, dass sich die
Schneeberge noch etwas höher türmten und die Temperaturen öfters -25°C bis
-35°C erreichten.
Im
Gegensatz zu den Ländern weiter südlich, sind die Skandinavier gewohnt und
gewappnet mit solch tiefen Temperaturen und grossen Schneemengen umzugehen. Wir
mussten grinsen als wir im Englischen TV-Sender BBC eine Reportage über einen
grossen Kälteeinbruch in Schottland sahen. Zusätzlich zu heftigen Schneefällen
fielen die Temperaturen auf +2°C bis -5°C. Dies veranlasste die Leute dazu die
Supermärkte panikartig leerzukaufen, da sie davon ausgingen, dass die
Strassenbedingungen die Lieferung neuer Waren verhindern würden und sie selbst
das Haus auch nicht mehr verlassen könnten.
Im
nördlichen Skandinavien macht niemand auf Panik wegen heftigen Schneefällen und
eisigen Strassen, da dies hier einfach zum Winter gehört. Dankdem fast alle
Autos Spikes-Reifen haben, ist das Fahren auf vereisten oder Schnee-bedeckten
Strassen recht sicher. Die Schneeräumung ist gut organisiert und es scheint,
dass immer genügend Lastwagen und Traktoren zur Verfügung stehen, welche mit
Schneepflügen und Schneeschleudern ausgerüstet sind. Um den wirklich dicken Eisschichten
wenigstens auf Hauptstrassen Herr zu werden, wurden oft sogar Grader
(Strassenhobel) eingesetzt.
Südlich
von Sundsvall besuchten wir das malerische Fischerdorf Lörudden. Im Sommer ist
es wohl ziemlich touristisch, doch jetzt im Winter war es total tot. Hübsche
Fischerhütten umrahmten den Hafen in dem ein paar Boote im Eis eingefroren
waren. Hier hat niemand richtig den Schnee geräumt und die meisten Türen waren
zugeschneit.
Auf
dem Rückweg nahmen wir noch den steilen Weg auf einen, der beiden
Aussichtsberge über Sundsvall unter die Räder. Von beiden hat man eine super
Aussicht auf die Stadt und konnte zudem dort Skifahren.
Mieten von Ferienhäusern in Skandinavien
Normalerweise
fanden wir unsere Ferienhäuser über Agenturen, in Schweden auch über Web-Seiten,
bei denen der Besitzer sein Haus jeweils direkt anbietet. Wir denken, dass es
während der Hauptsaison (Mitte Juni bis Mitte August, ausser in Skigebieten),
oder abseits der beliebtesten Ferienregionen, meist am preiswertesten ist, wenn
man das Ferienhaus direkt vom Besitzer mietet. In Schweden halfen uns die
folgenden Internet Seiten weiter:
·
Bo på Lantgård (Ferien auf dem Bauernhof ): www.bopalantgard.org
Während
der Nebensaison (Mitte August bis Mitte Juni, ausser in Skigebieten) sieht die
Sache aber ganz anders aus. Nicht nur in Schweden, sondern auch in Dänemark und
Norwegen fanden wir die besten Angebote eigentlich immer über Agenturen. Wir
buchten jeweils via Internet und haben mit folgenden Vermittlungsbüros gute
Erfahrungen gemacht: Dancenter, Novasol und Interchalet. Alle bieten recht Benutzer-freundliche
Internet Seiten, auf denen man eine Fülle an Informationen über jedes Haus findet.
Was uns aber noch viel wichtiger erschien, war die Tatsache, dass gezielte
Suchkriterien halfen, unser jeweiliges Traumhaus in der richtigen Region, zur
gewünschten Zeit und mit dem erhofften Komfort und Preis zu finden. Weiter gibt
es auch Casamundo, einen Zwischenhändler,
der Ferienhäuser mehrerer Agenturen, inklusive der oben erwähnten, vermittelt.
Da wir oft eher kurzfristig buchten, erwies es sich als einfacher, direkt zu
buchen, obwohl der Preis derselbe gewesen wäre.
Die Lage eines Ferienhauses ist natürlich auch von
Bedeutung. In einem abgeschiedenen Haus mag man zwar viel Privatsphäre haben,
doch der Eigentümer der in der Nähe wohnt gibt einem vielleicht auch gute Tipps
und räumt im Winter pflichtbewusst die Zufahrt vom Schnee. Bei Wintermieten
können die Energiekosten einen grossen Teil der Miete ausmachen. Wenn man ein
Haus von eisigen -35°C auf behagliche 21°C aufheizt, kann dies offensichtlich
nicht billig sein. Am preiswertesten ist es sicher, wenn es einen Holzofen,
oder eine Wärmepumpe hat (meist eine Klima-Anlage die auch heizen kann). Leider
gibt es aber oft nur elektrische Radiatoren oder Bodenheizungen. Wir haben
selbst erfahren, dass es ziemlich ungemütlich werden kann, wenn im Winter der
Strom ausfällt und kein Schwedenofen zur Verfügung steht. Was wir dafür sehr
schätzten: jedes Haus war bei unserer Ankunft bereits vorgeheizt!
Ferienhaus in Tavelsjö
westlich von Umeå
Am
20. Februar 2010 fuhren wir 250km nordwärts nach Tavelsjö, wo wir für die
nächsten 4 Wochen ein weiteres Ferienhaus reserviert hatten. Dieses war das
erste, das wir direkt vom Eigentümer gemietet hatten.
Der Besitzer führte uns zum Blockhaus im Finnischen Stil. Es war gemütlich und
komfortabel und bot sogar zwei Schlafzimmer. Das Haus hatte auch eine grosse
Terrasse, die aber nicht ganz schneefrei war, was Heinz jedoch bald änderte.
Allerdings schaufelte er noch oft, denn während unseres Aufenthalts kam sehr viel
mehr, der weissen Pracht vom Himmel geflogen. Schon bei unserer Ankunft lag ein
halber Meter Schnee auf dem Dach und bald wurde es noch mehr.
Während
der ersten zwei Wochen fielen die Temperaturen regelmässig auf 20 bis 25 Grad
unter den Gefrierpunkt. Torbjörn, unser Vermieter hatte viel Arbeit. Er räumte
regelmässig mit seinem Traktor den Schnee von den Zufahrten und hackte Holz für
uns und seine Verwandtschaft. In der dritten Woche hatten wir sogar eine kurze
Warmfront. An einem Tag kletterte das Thermometer tatsächlich auf PLUS 8 Grad.
Als Folge davon rutschte die schwere Schneelast von unserem Dach hinunter, was
sich anfühlte wie ein Erdbeben von oben. Es tönte beängstigend, als innerhalb
von Sekunden mehrere Tonnen Schnee herunter donnerten. Nachdem wir hinausrannten,
sahen wir, dass unter der Schneeschicht eine 5cm dicke Eisschicht haftete. Nun
waren wir froh, dass wir unser Auto vorher weggestellt hatten um dem Traktor
für die nächste Holzlieferung Platz zu machen.
Bald
sahen wir den ersten Regen in diesem Jahr, aber kurz darauf wurde es wieder kalt und wir wurden mit
weiteren Schneemassen beglückt. Der Schneeberg neben unserem Haus wuchs auf
über fünf Meter an, doch er war zu hart um sich modellieren zu lassen! Wir
hörten, dass es im März oft mehr schneit, als während der übrigen Wintermonate.
Auch
hier lernten wir wieder viel über das Leben in Schweden, da wir mehrmals mit Torbjörn
und seiner Partnerin Marie Louise zusammen sassen. Den beiden haben wir es zu
verdanken, dass wir einen Elch so nahe sahen wie noch nie; nämlich auf unseren
Tellern. Wir genossen die leckere Mahlzeit und revanchierten uns bald, indem
wir sie in ihr eigenes Ferienhaus zum Abendessen einluden.
Sie
ermöglichten uns, eine typisch Schwedische Winteraktivität zu erleben, da sie
uns ihre ‚Sparken‘ ausliehen. Dieser Ausdruck steht kurz für „Sparkstötting“
oder Tretschlitten. Falls du noch nichts darüber gehört hast: ein Sparken sieht
aus wie ein Stuhl auf 2 Meter langen schmalen Kufen. Man stösst ihn wie einen
Einkaufswagen. Wer fit ist, steht mit einem Fuss auf der einen Kufe und gibt
mit dem anderen an, wie bei einem Trottinett (für die Jungen: Micro Scooter). Am
besten läuft er auf Glatteis oder sehr hartem Schnee und überall, wo es bergab
geht, lassen ihn die Mutigen laufen und setzen den zweiten Fuss auf die andere
Kufe. Nachdem Brigitte wie ein Käfer auf dem Rücken die Auffahrt hinunter schlitterte,
vergass sie diese olympische Disziplin. Stattdessen erinnerte sie sich daran,
dass der Tretschlitten von älteren, und nicht ganz tretsicheren Menschen, als
Gehhilfe benutzt wird, wie ein Rollator speziell für Eis und Schnee.
Ausser an Tagen mit Neuschnee machte es richtig Spass mit unseren Sparken
auszuschwärmen. Im Umkreis einiger Kilometer um unser Haus wurde die leicht
befahrene Nebenstrasse regelmässig gepflügt, aber immer noch weiss belassen.
Sie führte an adretten Höfen, gefrorenen Seen, Wäldern und Wiesen vorbei. An
einer Stelle wurde die Strasse regelmässig von Elchen gekreuzt, doch wir sahen
jeweils nur ihre neuen Spuren.
Ausflüge um Umeå
Nur
20km nördlich von Tavelsjö befindet sich die Ortschaft Vindeln. Die
Stromschnellen im dortigen Fluss Vindelälven waren die einzigen Stellen wo die
Wasseroberfläche nicht ganz zugefroren war. Der Schnee auf dem Holzsteg und der
Aussichts-Plattform beinahe so hoch wie das Geländer. Dankdem schon jemand vor
uns dort rumgestapft war, blieb es uns erspart, die Schuhe mit Schnee zu
füllen. Da es an diesem Tag sehr kalt war, dampfte das Wasser an den wenigen
offenen Stellen. Die Eisränder am schnell fliessenden Fluss hatten wunderschöne
Formen. Nicht weit von den Stromschnellen entfernt, war der Fluss jedoch komplett
zugefroren und die Eisschicht offensichtlich dick genug, dass sich die
Einheimischen sicher fühlten, mit ihren Schneemobilen darüber zu rasen.
Ein
weiterer Ausflug führte uns nach Umeå, einer angenehmen
Studentenstadt. Im Zentrum sahen wir viele wunderschöne Gebäude wie das
Rathaus, den Bahnhof, oder einfach die Villen der reichen Schnösel. Erst vor
kurzem wurde hier ein Schnee- und Eisskulpturen-Festival abgehalten und die
Kunstwerke konnten immer noch bewundert werden. In einer Stadt mit 100‘000
Einwohnern ist es logischerweise nicht ganz einfach, Platz für den geräumten
Schnee zu finden. So waren hier die Gehsteige und die Fahrbahn durch meterhohe
Schneeberge getrennt.
Eine
Woche lang fand in Umeå ein Sami-Festival statt, welches vor allem aus
Vorträgen bestand. In der Englisch-sprachigen Broschüre des Verkehrsbüros
wurden aber auch mehrere Anlässe für die Öffentlichkeit erwähnt. Wir suchten
uns den Tag aus, an dem die Broschüre versprach: „das Universitätsgelände wird
von Sami und ihren Rentieren in Beschlag genommen“. Welch ein Witz! Da stand
ein Sami-Zelt, davor zwei Sami-Frauen, drei Rentiere und etwa zwanzig Touristen
aus Asien, welche mit ihren Kameras die „Sami-Kultur“ festzuhalten versuchten… Im
nördlichen Skandinavien d.h. vor allem in Lappland, sieht man regelmässig
Rentiere entlang der Strassen. Die Sektionen wo die Fahrer am ehesten mit
Rentieren rechnen müssen, werden mit schwarzen Plastiksäcken markiert. Diese
warnen die Automobilisten, dass Sami ihre Herden durch dieses Gebiet treiben.
Das gefrorene Bottnische Meer: etwas ganz Normales
Von Umeå
gibt es eine Fährverbindung zur Finnischen Stadt Vasa auf der
gegenüberliegenden Seite des Bottnischen Meerbusens. Da dieser nun gefroren
war, nahm es uns wunder, ob die Fähre immer noch auslaufen kann und so fuhren
wir zum Fährhafen bei Holmsund. Dies war ein sehr interessanter Ausflug. Wir
fanden die grosse Autofähre vertäut im Hafen, umgeben von Eis. Zwei Eisbrecher
der Küstenwache lagen gleich daneben vor Anker. In der Abfertigungshalle
wimmelte es von Schulkindern, welche heute Nacht noch nach Finnland übersetzen
wollten. Das einzige, was wir hier nicht vorfanden, war irgendein Hinweis auf
offenes Wasser. Das Bottnische
Meer
friert in seinem nördlichen Teil alljährlich komplett zu. Im Süden gefriert es
mindestens entlang der Küste, aber in besonders harschen Wintern kann es auch
bis zur Dänischen Insel Bornholm komplett zufrieren.
In einem durchschnittlichen Winter wächst die Eisdecke auf 280‘000 km2
an und kann bis zu 1.2 Metern dick werden. Die Fähren, welche während des
Winters das Bottnische Meer überqueren, haben mittelmässige Eisbrecher-Qualitäten.
Trotzdem bleibt ab und zu eine im Eis stecken und dann muss ein echter
Eisbrecher zu Hilfe gerufen werden. Dieser Winter war besonders hart und
deshalb mussten Rettungs-Eisbrecher öfters ausrücken als in anderen Jahren.
Alleine an einem Februartag blieben 50 Schiffe im Eis stecken. Ab und zu werden
die Schiffe von den zu Hilfe eilenden Eisbrechern angehalten, sich an einem
bestimmten Punkt zu versammeln. Von dort aus werden sie im Konvoi zu ihren
Destinationen geführt. In kalten Wintern wie diesem, werden Eisbrecher auch auf
mehreren Inlandseen in Südschweden und sogar an der Westküste um Göteborg
eingesetzt.
Von Umeås
Fährhafen schwärmten wir noch etwas weiter nordwärts und besuchten mehrere
kleine Dörfer, unter anderem Ratan. Hier gibt es eine Handvoll netter Häuser
und eine kleine Insel direkt vor der Küste. Zunächst sah es so aus, als könnten
wir über’s Eis die beiden Gebäude auf der Insel erreichen, welche wunderschön
in der Sonne leuchteten. Doch die Schneedecke auf dem Eis war zu dick. Für das
Reh, das gemütlich im Sonnenlicht hinüberlief, war dies offensichtlich kein
Hindernis.
Biomasse oder Energie aus Holz
Oft
waren wir sowohl zu Fuss, als auch mit dem Auto in den Wäldern unterwegs. Diese
sind meist angepflanzt und liefern 16% des Schwedischen Energiekonsums. Die gesamte
Biomasse Schwedens kommt aus dem Wald und wird vorwiegend zum heizen, ab und zu
auch zum generieren von Strom eingesetzt. Es wird zwar sehr viel Holz
geschlagen, doch der Wald wird so bewirtschaftet, dass die Waldflächen immer
noch zunehmen.
Wir
waren sehr beeindruckt zu sehen, wie die Schweden ihre Bäume „ernten“. Eine
eher kleine Vorrichtung wird entweder an einem Bagger, Traktor oder an einem
manövrierbaren Erntegerät montiert. Diese Maschinen sind in der Lage eine 30
Meter hohe Tanne zu fällen, alle Äste zu entfernen und den Stamm in gleichlange
Stücke zu zersägen; alles innerhalb einer einzigen Minute! Für uns war dies
eine sehr beeindruckende Vorführung.
Dankdem so viel Holz zur Verfügung steht, sind die
Häuser gut geheizt, aber auch sehr gut isoliert. So frönen die Schweden auch im
Winter ihrer Liebe zu Eiscreme. Dies wissen natürlich auch diejenigen, die
damit Geld verdienen. So kommt der “Eis Mann” mit seinem Hemglass (Heim Eis)Verkaufswagen
wöchentlich in die Wohnquartiere, egal ob das Thermometer 30°C über, oder unter
dem Gefrierpunkt anzeigt. Wir waren sehr erstaunt darüber, diese Hemglass-Wagen
den ganzen Winter immer wieder zu sehen. Da wir uns ein wenig integrieren
wollten, stellten wir uns an, nachdem vom Eis-Wagen direkt neben unserer Ferienhütte
die (Eis)weltverbindende Melodie „The Entertainer“ von Scott Joplin ertönte.
Lichtverhältnisse im Winter
Am
21. März, ist ja bekanntlich die Tag- und Nachtgleiche. Dies bedeutete für uns,
dass wir ab sofort längere Tage geniessen durften, als die Leute südlich von
uns. Die „dunkle Zeit“ war nun vorbei, doch sie war bei weitem nicht so schlimm
gewesen, wie viele glauben. Natürlich waren die Tage kurz und die Sonne stieg nur
ganz wenig über den Horizont. Auf der anderen Seite verschwindet sie hier oben
am Abend auch nicht so tief unter den Horizont, was zu sehr langer Dämmerung
führt. Da in Nordskandinavien lange Schnee liegt, wird das schwache Licht
reflektiert, wodurch die Tage länger erscheinen, als sie wirklich sind. Dadurch
bekamen wir die Möglichkeit viele Fotos in schönem weichem Licht zu schiessen.
Die
folgende Grafik soll aufzeigen wie hoch die Sonne am längsten und am kürzesten
Tag in den Himmel steigt, und wie viele Stunden sie über dem Horizont bleibt.
Durch die lange Morgen- und Abenddämmerung, wird es in den Skandinavischen
Sommernächten auch weit unterhalb des Polarkreises nicht richtig dunkel.
|
21.12. |
21.06. |
||
|
Sonne |
Sonnen-Höchststand |
Sonne |
Sonnen-Höchststand |
N – Tromsø (350
km nördl. des Polarkreises) |
geht nicht auf |
1,9° unter’m Horizont |
geht nicht unter |
43,8° |
N - Bodø (70
km nördl. des Polarkreises) |
44 min. |
0,1° |
geht nicht unter |
46,2° |
S – Umeå (300
km südl. des Polarkreises) |
4 h 17 min. |
3,0° |
20 h 50 min. |
49,6° |
S – Stockholm (800
km südl. des Polarkreises) |
6 h 03 min. |
7,3° |
18 h 38 min. |
54,1° |
D – Berlin (1’500
km südl. des Polarkreises) |
7 h 39 min. |
14,1° |
16 h 50 min. |
60,9° |
CH – Bern (2’100
km südl. des Polarkreises) |
8 h 30 min. |
19,7° |
15 h 53 min. |
66,5° |
E – Malaga (3’400
km südl. des Polarkreises) |
9 h 39 min. |
29,9° |
14 h 40 min. |
76,7° |
Reizendes Piteå
Unsere
nächste Destination war die hübsche Küstenstadt Piteå am Bottnischen Meer.
Während den (zwei) Sommer-Monaten strömen die Urlauber zu den warmen Stränden
und zum Schärengarten. Im Juli erreichen die Temperaturen regelmässig 30°C doch
momentan arbeitete man hart, um die Strassen von Eis und Schnee zu befreien.
Das Verkehrs-Büro bot momentan wöchentlich Touren mit einem Eisbrecher an.
Wir
übernachteten in der Jugendherberge, welche sich an ruhiger Lage nur wenige
Gehminuten vom Stadtzentrum befindet. Dort gibt es viele Holzgebäude, alte und
auch neue, welche dem Ort einen ganz speziellen Charme verleihen. Piteå ist
eine Kleinstadt mit einem Herz und einer Seele.
Auf
einem verschneiten (Grün-)Streifen war ein grosser Osterhase aus Schnee
modelliert worden. Es war zum schreien, wie er nachts mit seinen rot leuchteten
Augen blinzelte. Da der untere Teil der Skulptur von Schnee umgeben war, sah es
aus, als würde der Hase direkt daraus auftauchen.
Die Kirchendörfer Öjebyn & Gammelstad
Ein
weiterer Höhepunkt erwartete uns 5km ausserhalb von Piteå im Dorf Öjebyn. Dort
gibt es 175 alte Holzhütten welche sich um eine Kirche gruppieren. Diese bilden
das „Kyrkstaden”, was einfach Kirchendorf heisst. Hier übernachteten die Leute
zu jener Zeit, als es noch ein Verbrechen war nicht in die Kirche zu gehen, da
viele von weither anreisen mussten um ihre wöchentliche Pflicht zu erfüllen.
Dieses Gesetz wurde erst 1860 abgeschafft, doch die Trennung von Kirche und
Staat wurde in Schweden erst 1990 vollzogen.
Obwohl
wir fanden, dass die malerischen Hütten im Schnee besonders schön aussahen, zog
es keine anderen Touristen n.
Auf
unserem Weg nordwärts besuchten wir in der Nähe von Luleå ein weiteres
Kirchendorf: Gammelstad. Da dies das grösste und besterhaltene Kirchendorf im
Norden Schwedens ist, wurde es in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.
Die 424 Holzhäuschen stammen aus dem 17. Jahrhundert. Auch diese waren sehr
hübsch, jedoch gefielen uns diejenigen in Öjebyn mindestens so gut. Deren unbehandelte
Holzwände hatten jeweils bunt gestrichene Türen und Fensterläden, wogegen in
Gammelstad, alle Häuser rot, mit weissen Türen und Fensterrahmen waren; alle
uniform gleich.
Luleå: unerwartete Abenteuer auf dem Eis
Am 23.
März erreichten wir Luleå, das fast zuoberst am Bottnischen Meerbusen
liegt. Bereits bevor wir in unserer Herberge im Zentrum eintrafen, fiel uns
auf, wie viel Volk zu Fuss und mit Schlittschuhen unterwegs war. Es sah aus,
als ob die Leute ganz normal mit Kind und Kegel auf einem Spaziergang wären.
Doch da gab es einen kleinen, aber bedeutenden Unterschied; sie waren auf dem
gefrorenen Meer unterwegs. Luleås Zentrum liegt wunderschön auf einer Halbinsel,
umgeben vom nun gefrorenen Meer. Jeden Winter präpariert die Stadtverwaltung
darauf ein 10 km langes Netz von Schlittschuhbahnen. Diese werden beidseitig
von Fusswegen flankiert, welche aus Schnee präpariert sind, sodass man darauf
spazieren kann. Von dieser Möglichkeit machte die Bevölkerung rege Gebrauch und
wir schlossen uns bald an, indem wir einen 7km langen Marsch machten.
Dass
man auf dem Meer gehen kann, ist nicht die einzige ungewöhnliche Attraktion,
die die Stadt im Winter zu bieten hat. Luleå präpariert jährlich auch etwa 30km
befahrbare Strassen über das Meer. Die sogenannten „Isvägen“ (Eis-Strassen)
werden Teil des öffentlichen Strassennetzes und deshalb ist man auf ihnen
genauso versichert, wie auf anderen
Strassen.
Mehrere
hundert Kilometer solcher Eisstrassen werden jeden Winter in ganz Skandinavien
angelegt, die meisten davon sind aber inoffiziell. Man ist sich einig, dass
eine 10cm dicke Eisschicht genügt um ein Auto zu tragen und 15cm reichen schon
für einen Lastwagen. Die offiziellen Eisstrassen, welche von der Regierung
aufbereitet werden, unterstehen allerdings viel strengeren Bestimmungen. Sie
werden erst freigegeben, nachdem die Eisschicht eine Dicke von 50cm erreicht
hat. Ironischerweise werden sie von schwerem Gerät präpariert und anschliessend
mit einem Gewichtslimit von 2 Tonnen versehen, sofern die Schicht „nur“ einen
halben Meter dick ist. Erst wenn das Eis auf 80cm Dicke anwächst wird das Limit
kontinuierlich auf 9 Tonnen angehoben. Diese Eisstärke ist in der nördlichen
Hälfte des Bottnischen Meeres nichts Ungewöhnliches, sie wächst ab und zu sogar
auf 120cm an.
Eisstrassen
werden erstellt, um bewohnte Inseln zu erreichen, welche im Winter
offensichtlich nicht mehr mit Autofähren angelaufen werden können. Die Bewohner
dieser Inseln überbrücken die Zeit bis zur Eröffnung der Eisstrassen indem sie
mit ihren Schneemobilen zum Festland fahren. Normalerweise gefriert das Meer um
Luleå anfangs November und die Eisstrassen werden um Weihnachten oder im Januar
eröffnet. Etwa Mitte April werden sie geschlossen, obwohl das letzte Eis erst
im Juni schmilzt.
Als
wir von diesen Eisstrassen hörten, wollten wir sie natürlich gleich selbst
erleben. So organisierten wir uns eine Seekarte, auf welcher die „Isvägen“
ebenfalls eingezeichnet sind, und stachen mit unserem Auto in See. Mit einem
etwas komischen Gefühl im Bauch, fuhren wir über den 45 Meter breit gepflügten
Pfad auf dem Eis zu einer Insel, die etwa 20km von der Küste entfernt liegt.
Die meisten anderen Fahrer, denen wir begegneten, beachteten zwar die Höchst-geschwindigkeit
von 30 km/h, das Anhalteverbot hingegen, wurde oft ignoriert. Ein paar Leute
sonnten sich auf Liegestühlen oder frönten dem Eisfischen direkt neben ihren
Wagen.
Die
einzigen Herausforderungen waren die sehr schmal gepflügten Strassen auf der
Insel, sowie die Stellen wo wir vom Land auf das Meer wechselten: dort lag
nämlich Wasser. Zum Glück hat uns eine Mitarbeiterin des Verkehrsbüros davor
gewarnt. Sie klärte uns auf, dass es sich dabei um ein natürliches Phänomen
handelt aber absolut sicher sei, da die Eisschicht darunter sehr dick ist.
Eishotel in Jukkasjärvi
Am 25.
März 2010 fuhren wir wieder auf asphaltierten Strassen weiter und überquerten
den Polarkreis, bevor wir die Eisenminen-Stadt Kiruna erreichten. Dort warteten
weitere eisige Höhepunkte auf uns. Das Eishotel in Jukkasjärvi, etwa 18 km
südöstlich von Kiruna ist sicherlich die winterliche Hauptattraktion der
Region. Nachdem wir während der letzten Monate fast immer die einzigen
Touristen waren, umgaben uns hier plötzlich Besucher aus aller Welt. Was vor 20
Jahren als eine verrückte Idee Gestalt annahm, ist mittlerweile zu einer
gewinnträchtigen Institution geworden, welche sogar ausserhalb Schwedens
Filialen betreibt. Ein Team aus 150 kälteresistenten Mitarbeitern beginnt
alljährlich im November Schnee und Eis zu modellieren. Die Eckpfeiler aus
soliden Eisblöcken werden jeweils schon im Frühjahr aus dem Fluss Torneälv
herausgesägt, der gleich neben dem Hotel liegt. Dank einem Kühlhaus kann nun
die Arbeit aufgenommen werden, bevor das neue Eis dick genug ist. Die Wände und
Decken werden wie Beton in Schalungen gegossen. Statt Beton wird allerdings Snice
verwendet, eine Mischung aus Schnee und Wasser.
Nach
seiner Eröffnung Mitte Dezember, wird das Eishotel tagsüber jeweils als Museum
betrieben. Nachdem die Besucher einen happigen Eintritt (€ 30) entrichtet
haben, dürfen sie alle Räume frei betreten und sich zudem einer geführten Tour
anschliessen. Deshalb dürfen Hotelgäste (welche deutlich mehr bezahlen) ihre
Zimmer nicht vor 18:00 Uhr beziehen. Im Winter 2009/10 gab es im Eishotel 70
Zimmer, 10 mehr als im Vorjahr. Alle Betten haben einen Lattenrost und eine
Matratze, welche mit Rentierfellen belegt ist. Die Zimmer werden mit LED Lampen
beleuchtet und können nur mit einem Vorhang gegenüber dem Korridor hin
„abgeschlossen“ werden. Dank einer kleinen Öffnung durch die Decke kommt immer
genug Frischluft ins Zimmer und die Wärme der Schlafenden kann entweichen. Der
Teppich, d.h. der Schnee am Boden wird wöchentlich ausgewechselt.
Die
einfachsten Zimmer waren sogenannte Schneezimmer. Sie waren sehr nüchtern
eingerichtet, mit einem aus Schnee modellierten Bett. Je nach Woche (Saison)
zahlte man für eines dieser Zimmer zwischen € 250 und € 410 pro Nacht. Es gab auch
sogenannte Eiszimmer. Dort war das Bett aus Eis modelliert und zudem gab es ein
Tischchen und zwei Stühle, ebenfalls aus Eis. Man merkte aber bald, dass man
nicht darauf sitzen kann, da das Eis nicht nur kalt sondern auch rutschig ist!
Trotzdem; sie sehen sehr originell aus. Ein Doppelzimmer kostete hier zwischen
€ 270 und € 540.
Diese Zimmer sind alle ziemlich nüchtern und wer im Eishotel übernachten
möchte, will sicherlich in einem der ausgefallenen, von Künstlern gestalteten
Zimmer schlafen, die das Eishotel so berühmt gemacht haben. Für € 340 bis € 640
pro Doppelzimmer ist man dabei. In diesem Jahr gab es 22 solche „Art Rooms“ und
sie wurden alle von Künstlern aus der ganzen Welt individuell gestaltet. Ihre
Namen, sowie das Thema ihres Werkes sind jeweils in ein beleuchtetes Eisschild
neben dem Zimmer-Eingang eingraviert. Diese Räume sind alle recht gross und ein
wahres Fest für die Augen. In diesen Flügeln ist es beeindruckend von einem
Zimmer ins nächste zu gehen, denn die Themen die die Künstler gewählt haben,
sind total unterschiedlich und manche ziemlich verrückt.
Etwa
Mitte April werden die Bettgestelle und Leuchtkörper weggeräumt und das Hotel
schliesst. Danach wird es der immer länger scheinenden Sonne überlassen, kann
aber während des Schmelzprozesses noch lange besichtigt werden, bis es
schlussendlich vollständig in den Torneälv-Fluss zurückgeflossen ist.
Jukkasjärvi ist einer der kältesten Orte Schwedens,
aber wie kalt es auch immer draussen sein mag, im Innern des Eishotels
herrschen konstant behagliche fünf Grad unter dem Gefrierpunkt. Wir brauchten
fast einen halben Tag um alles zu bewundern, doch schon nach einer Stunde
hatten wir kalte Füsse. Wir fragen uns, wie oft die Leute die hier übernachten,
wohl zur Toilette rennen müssen. Diese sind ziemlich weit von den Zimmern
entfernt – befinden sich aber in einem gut geheizten Gebäude. Es muss wohl
etwas kompliziert sein aus dem speziellen Eishotel-Schlafsack herauszukriechen
und in die eiskalten Schuhe zu steigen.
Kalte Füsse
Sehr
beeindruckend war die vier Meter hohe Eingangshalle des Hotels, gestützt von halb-durchsichtigen
hellblauen Eispfeilern. Selbstverständlich waren auch die Kronleuchter aus Eis gemacht.
Die Eisbar war ebenfalls sehr cool! Flaschen in allen Farben waren auf
Eistablaren ausgestellt und die Getränke konnten sogar in Eisbechern bestellt
werden. Allerdings hatte es weder Kaffee noch Tee zum Aufwärmen auf dem Menü.
Die Bar bestand aus einer grosszügigen und sehr hellen Halle mit vielen
(eisigen) Sitzgelegenheiten und einer Tanzfläche. Hier werden viele Brauttänze
aufgeführt, da in der Hoteleigenen Eiskapelle täglich 2-4 Trauungen abgehalten
werden. Die meisten die hier heiraten, haben wohl im wahrsten Sinne des Wortes
kalte Füsse gekriegt! Viele Paare kommen mit total romantischen Vorstellungen
zu ihrer Hochzeit ins Eishotel und möchten möglichst viele Bilder vor einem
tollen Hintergrund mit nach Hause nehmen. Den meisten wird es erst hier
bewusst, dass es nicht ganz so spassig ist, für mindestens eine halbe Stunde im
rückenfreien Kleid bei Minus 5°C zu posieren. Die Bräute beginnen meist sehr
bald zu schlottern und mit den Zähnen zu klappern, von den tauben Füssen in
ihren Stöckelschuhen ganz zu schweigen. Tapfer richten sie ihr gefrorenes
Lächeln in Richtung des Fotografen, der Daunenjacke, Handschuhe, Mütze und auch
warme Stiefel trägt. Der Touren-Führer erzählte uns, dass sich nur ganz selten
ein Paar dazu entscheidet im Ski-Anzug zu heiraten…
Glücklicherweise
wärmte uns draussen die Sonne. Dort wurden gerade grosse Eisblöcke für das
nächste Eishotel aus dem Fluss Torneälv gesägt. Wir konnten es kaum glauben,
mit welch schweren Maschinen das Eis zerteilt wurde. An einem Baggerarm war eine
Art überlange Kettensäge montiert, die die gefrorene Flussoberfläche aufteilte.
Mit einer speziellen Pallett-Gabel wurden danach die 2m x 80cm x 80cm grossen
Eisblöcke aus dem Wasser gehoben. Während des ganzen Vorgangs stehen die
schweren Baumaschinen direkt an der Kante des frisch aufgeschnittenen Eises.
Reihenweise werden die tonnenschweren Blöcke danach auf dem Eis gelagert, bevor
sie ins Kühlhaus abtransportiert werden.
Währendem
wir dem Geschehen zusahen, kam immer wieder ein Hundeschlitten-Gespann oder
eine Gruppe mit Motorschlitten vorbei. Das Eishotel bietet eine Fülle von
Touren an und viele Gäste haben vermutlich gar nicht die Zeit, all die verschiedenen
Räume des Komplexes anzusehen, da sie sich schon den ganzen Tag mit Touren auf
Trab gehalten werden um den Schnee und die Nordlichter (falls man sie sehen
kann) zu geniessen. Die Idee des Eishotel-Managements ist, dass die Gäste eine
Nacht in einem Eis- oder Schnee-Zimmer verbringen, sowie ein paar weitere
Nächte in billigeren, gewöhnlichen, aber komfortableren (geheizten) Zimmern
oder Chalets des Eishotels.
Kiruna
Wir
entschieden uns für ein Zimmer in Kiruna, in derselben Unterkunft, in der wir schon
vor 10 Jahren logiert hatten. Obwohl Kiruna über 20‘000 Einwohner hat, fühlt es
sich eher wie eine grosse Ansammlung von Häusern und Wohnblocks, als wie eine
echte Stadt an. Als Kontrast zu den hübschen Schwedenhäusern sieht man
vielerorts auch reihenweise eher hässliche Wohnblocks.
Das
staatliche Eisenbergwerk ist der grösste Arbeitgeber und da das Abbaugebiet
grössere Ausmasse annimmt als ursprünglich geplant, wird die ganze Stadt
etappenweise an eine neue Stelle in der Nähe verschoben.
Soweit
nördlich ist das Klima deutlich harscher als weiter südlich. Hier lag deutlich
mehr Schnee und viele Gebäude waren buchstäblich hinter Schneebergen versteckt.
Während unserer vier Tage wurden wir mit noch mehr der weissen Pracht beglückt.
Es scheint, dass die meisten Leute das Beste draus machen und (fast) alle
besitzen einen Snow-Scooter.
Als
sich die Wolken wieder lichteten, konnten wir die majestätischen Berge, welche
die Stadt umgeben, bewundern. Die Rezeptionistin unseres Gästehauses meinte,
dass der Mai der einzig deprimierende Monat sei, da sich dann die Landschaft
weder weiss noch grün, sondern grau präsentiere. Es habe dann zu wenig Schnee
um den Motorschlitten zu gebrauchen aber noch zuviel Eis auf den Seen, um mit
dem Boot in See zu stechen. Die Schneeberge schmelzen und überall liege Matsch
der dann alles sumpfig macht. Momentan hatte es allerdings noch überall hohe Schneeberge,
aber auch Eisskulpturen vor den Eingängen vieler Geschäfte, Hotels und auch vor
Kirunas Verkehrsbüro.
Abisko Nationalpark
Als
wir noch weiter nördlich zogen, erreichten wir die Bergkette Lapporten. Nachdem
wir diese hinter uns liessen, waren wir bereits im Abisko Nationalpark. Obwohl
es sich um eine sehr kalte Gegend handelt, lag hier nur wenig Schnee, da er von
den regelmässigen Windböen weggefegt wird. Als wir auf dem 70km langen
Torneträsk See spazierten, wurde dies noch offensichtlicher. Die Schneedecke
auf dem Eis war sehr dünn aber hart. Der Wind hatte Muster auf dem Schnee
hinterlassen, wie man sie sonst im Sand sieht. Immer wieder fanden wir eine
kleine blanke Eisfläche, die aussah wie ein gesprungenes dickes Fenster nach unten.
Obwohl das Eis ziemlich klar war, konnten wir das Wasser nicht sehen, da die
Eisschicht sehr dick war. Neugierig näherten wir uns einigen der vielen
Wohnwagen, Hütten und Zelten die auf dem ganzen See verteilt standen. Bald
wurde uns bewusst, dass diese den Eisfischern als Windschutz dienten. Oft bläst
der Wind so stark, dass diese „Behausungen auf dem Eis“ mit starken Seilen und
riesigen, in die „See Oberfläche“ gebohrten Heringen angebunden werden müssen.
Einige Hütten standen auf Kufen damit sie einfacher übers Eis und zurück ans
Ufer gezogen werden können, bevor das Eis unstabil wird. Wir hörten später,
dass man voraussichtlich bis Ende Mai eisfischen und den See betreten kann.
Da
die Unterkünfte in diesem Nationalpark sehr gut belegt waren, hatten wir das
Privileg zwei verschiedene auszuprobieren. Die erste Nacht verbrachten wir im
„Dog Camp“ einer Backpacker’s Herberge welche viele Touren anbietet, die
meisten davon mit Schlittenhunden. Am Abend lädt der Eigentümer jeweils alle
Gäste in die Sauna ein. An diesem Abend waren wir bloss drei, die ihm in den
Schwitzkasten folgten. Er erzählte uns, dass er an einigen Abenden sogar drei
Sitzungen abhalten muss, da so viele Gäste von der Sauna profitieren möchten.
Seitdem in einem Chinesischen Reiseführer erwähnt ist, dass dieses Hostel
Hundeschlitten-Touren und gemischte FKK Sauna Sitzungen anbietet, wimmelt es
hier von Chinesischen Gästen. Er erzählte uns, dass in der Zwischenzeit 70%
seiner Kunden Chinesische Studenten sind, welche irgendwo in Europa studieren.
Es ist offensichtlich, dass sich die Welt des Tourismus ändert und alternative
Ideen auch in Asien Fuss fassen.
Traditionsgemäss
kommen die meisten Besucher des Abisko Nationalparks aus Schweden oder
Norwegen. Vor allem die Norweger kommen nicht nur wegen der wild-herben Natur
hierher, sie möchten auch von den deutlich tieferen Schwedischen Preisen
profitieren. Obwohl das Dorf Abisko bloss 150 permanente Einwohner zählt, gibt
es hier einen grossen Supermarkt, welcher fast alles in Grosshandels-Packungen
anbietet. Wir hatten den Eindruck, dass die Preise eher hoch angesetzt seien,
wenn wir aber die überladenen Einkaufswagen der Norweger sahen, war es klar,
dass sie sich hier wie im Konsumenten-Paradies fühlten. Nicht nur der
Kofferraum, auch der Sarg auf dem Autodach wurden randvoll gefüllt, genauso wie
der Magen und der Treibstoff Tank!
Am
letzten Märztag fuhren wir Richtung Riksgränsen an die Grenze zu Norwegen. Die
Strasse war sehr eisig und von riesigen Schneemassen gesäumt. Es gab Stellen
mit hohen Schneeverwehungen und andere wo man den nackten Fels sah, da der
Schnee vom Wind weggefegt worden war.
Campingplätze
waren aus den Schneemassen ausgegraben worden und erfreuten sich, vor allem bei
Norwegischen Gästen grosser Beliebtheit, da die Osterferien nahten. Dieser
stahlblaue Tag war ein perfekter Abschied von Schweden.
Schlussgedanken zum Winter in Schweden
Es war
für uns absolut erlebnisreich und lohnenswert den Winter in Schweden zu
verbringen; eine tolle Erfahrung! Obwohl die Temperaturen mehrmals 33°C unter
null erreichten, fühlte es sich gar nicht so kalt an, da die Luft hier viel
trockener ist als weiter südlich. An sonnigen Tagen fühlte sich -10°C schon
richtig mild an und dank dem es nie Nebel hatte, war das Wintererlebnis noch
positiver. Die eiskalten Wetterbedingungen haben auch ihre guten Seiten; nach
dem Einkaufen kann man ohne weiteres noch für ein paar Stunden einen Ausflug machen,
ohne dass man sich dabei um tiefgefrorene Produkte, Fleisch oder Fisch im
Kofferraum, Sorgen machen müsste: alles wird noch kalt oder gefroren sein, wenn
man zuhause ankommt. Man sollte nur bedenken, bei dieser Kälte weder Salat noch
frische Kräuter zu kaufen, da sie in weniger als einer halben Stunde zu Tode
frieren. Wenn man Pech hat und irgendwelche Flüssigkeit im Kofferraum ausläuft,
muss man erst gar nicht ans Aufwischen denken, da alles innert Sekunden steinpickelhart
einfriert!
Nach
solchen Erfahrungen waren wir jeweils froh zum Aufwärmen wieder in unser Haus
zu kommen. Hier im hohen Norden sind die Häuser alle sehr gut isoliert und
nachdem wir etwas Bio-Treibstoff d.h. ein paar Bäume, in den Holzofen steckten,
wurde es in unseren jeweiligen Ferienhäusern immer sehr schnell gemütlich warm.
Die
dunkle Zeit haben wir bei weitem nicht als so negativ empfunden, wie ihr Ruf
ist. Im November werden die Tage zwar sehr schnell kürzer, doch schon im
Februar werden sie in derselben Geschwindigkeit wieder sehr viel länger. Dank
dem vielen Schnee fühlten sich auch die kürzesten Tage nicht allzu dunkel an.
Die allgegenwärtigen Weihnachts-Beleuchtungen in den Dörfern verliehen dieser
Jahreszeit zudem einen ganz speziellen Charme.
Solange
es auf den Bäumen noch Schnee hatte, war es nicht unangenehm im Dunkeln zu
fahren, da sich die Tiere kontrastreich vom Weiss abgehoben hätten. Die
Strassen wurden viel besser unterhalten und gepflügt als wir es erwartet
hätten. Es war sicherer an eiskalten Tagen auf der Strasse unterwegs zu sein,
als an den wenigen Tagen, an denen es etwas taute, weil dann der Schnee mehlig
statt griffig war und Matsch die Scheiben verschmierte. Wir hatten zwar sehr
viele Niederschläge, doch da diese als Schnee fielen, halfen sie nur, dass das
Winterwunderland an den nachfolgenden sonnigen Tagen noch schöner dastand.
Die
Schweden sind sehr gastfreundlich und kommunikativ. Sie halfen uns die
verschiedenen kulturellen Unterschiede und Eigenarten aufzunehmen und besser zu
verstehen. Sie zeigten uns auch,
dass das Leben sogar bei extremer Kälte in geordneten Bahnen verlaufen kann.
Nur wegen etwas Kälte, Eis und Schnee werden in Skandinavien weder Strassen
noch Flughäfen gesperrt!
Schweden
ist sicher immer einen Besuch wert, aber viele Sehenswürdigkeiten sind im
weissen Winterkleid noch beeindruckender! Irgendwie war es ein Privileg, auch
die touristischsten Höhepunkte ganz für uns alleine zu geniessen und im sanften
Licht der tiefstehenden Sonne bewundern zu können. Wir waren beeindruckt zu
sehen wie Flüsse, riesige Seen und sogar das Meer zufroren. Während hier in
Schweden solides Eis ein ganz normaler Teil des Winters ist, bedeutet ein
gefrorener See in der Schweiz ein Jahrhundert-Ereignis und sollte jemand daran
denken, mit dem Auto darauf zu fahren, würde er vermutlich sofort ins nächste
Irrenhaus eingeliefert!
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Norwegen im Frühling: vom Schnee zu sattgrünen Wiesen
Am
31. März 2010 überquerten wir die Grenze von Schweden nach Norwegen auf der E10
nördlich von Abisko. Zuerst veränderte sich die Landschaft noch nicht stark.
Wir waren immer noch von riesigen Schneemassen umgeben, nur dass die Strasse
hier auf der Norwegischen Seite etwas vereister war, als vor der Grenze und sich
die Schneehaufen zudem am Strassenrand noch höher türmten. Auf einmal hatte es
deutlich mehr Verkehr, da viele Norweger jetzt kurz vor Ostern in die Berge
strömten. Alle paar hundert Meter hatte man einen Parkplatz aus dem Schnee
gefräst und so waren die Autos hinter meterhohen Schneemauern parkiert. Es war
fast unmöglich diese Parkfächer von weitem zu erkennen, aber falls man doch das
Glück hatte eine der engen Einfahrten zu finden, waren sicher schon alle
Parkplätze überstellt. Viele Einheimische kamen zum Langlaufen, Schneemobil
fahren oder zum Eisfischen. Wer ein hier ein Ferienhaus hatte, kam über Ostern
her. Für einige der „möchte-gern-Urlauber“ war es fast ein Ding der
Unmöglichkeit, einen Pfad zu ihrem Ferienhaus freizuschaufeln. Mehr als einmal
sahen wir, wie ein armer Teufel mit einer kleinen Schaufel vor einer 4 Meter
hohen Schneemauer stand und hoffnungsvoll versuchte, sein mehrere hundert Meter
vom Strassenrand entferntes Haus, noch vor Ferienende zu erreichen. Sie standen
alle da, wie Esel am Berg.
Ein
paar Kilometer weiter trafen wir einen Troll Riesen, der das hinter ihm
liegende Restaurant bewachte, obwohl es vollständig in den Schneemassen
versunken, auf den Sommer wartete. Er sah recht drollig aus, wie er einen
halben Meter Schnee auf seiner Betonnase balancierte. Weniger als 50 km hinter
der Grenze erreichten wir bei Narvik die Küste. Hier sahen wir das erste blaue
Wasser seit Monaten. Der Fjord, der uns in Norwegen willkommen hiess, war nicht
gefroren! Doch die gesamte Landschaft lag auch hier noch unter einer dicken
Schneedecke.
Auf
dieser kurzen Strecke machte das Klima einen gigantischen Sprung vorwärts. Dank
dem Golfstrom ist es entlang Norwegens Küste viel milder, als im Landesinnern,
oder in Schweden und Finnland. Bald entdeckten wir, dass trotz spürbar höheren
Temperaturen auch hier, sowohl alle Seen, als auch die Enden einiger tief
eingeschnittener Fjorde noch von einer Eisschicht überzogen waren. Auch hier
ist das Eisfischen und Langlaufen auf gefrorenen Seen sehr beliebt. Später
erfuhren wir, dass die Seen jeden Winter zufrieren, Fjorde hingegen, nur in
einem speziell kalten Winter wie diesem. Ganz offensichtlich ist der Winter
auch an der vom Golfstrom verwöhnten Küste, nicht ganz so mild.
Ferienhaus auf den Vesterålen
Inseln
Wir
fuhren zu den Vesterålen Inseln nördlich der Lofoten,
wo wir unser nächstes Ferienhaus reserviert hatten. Seine Lage war einfach
fantastisch! Das Haus thronte direkt über einem Fjord bei Myre. Es war gut
ausgestattet und sehr geräumig. Ausser einem Wohn-Esszimmer, hatte es ein
Obergeschoss mit zwei Schlafzimmern, und sogar einen Keller.
Hier
wurden die Tage nun sehr schnell länger und am 1. April blieb die Sonne schon
bis 20:00 Uhr am Himmel. Um 21:30 Uhr war es noch immer nicht vollkommen dunkel,
und täglich schien die Sonne 10 Minuten länger. Dies war nun also unsere letzte
Chance überhaupt noch Nordlichter zu beobachten. Diese sahen wir auch, dank dem
der Himmel während unserer 10 Tage meist klar war. Fast jeden Abend boten uns
diese flackernden Lichtstrahlen eine fantastische Vorführung. Manchmal konnten
wir sie schon sehen, bevor es vollkommen dunkel war und wenn sie besonders
stark waren, störten nicht einmal mehr die Lichter des Dorfes vom
gegenüberliegenden Ufer des Fjordes. Wir verbrachten viel Zeit damit, Nordlichter
von unserer Terrasse aus zu beobachten. Nach einigem Fummeln an Kamera und
Stativ schafften wir es sogar, ein paar Szenen der Aurora Borealis aufs Bild zu
bannen. Nur schade, dass die besten so spät erschienen.
Dank
dem guten Wetter gingen wir fast täglich auf Erkundungsfahrt. Unser Ferienhaus
hatte auch eine perfekte, zentrale Lage, um die verschiedenen Inseln der Vesterålen
zu erkunden. Wir kamen oft spät nach Hause, kochten und assen unser Abendessen,
schauten Fotos durch und beschrifteten diese, und dann begannen die Lichter zu
tanzen… wie gesagt; wir hatten nicht viel Schlaf während dieser Zeit!
Entdeckungsfahrten auf den schneebedeckten Vesterålen Inseln
Die
langen Tage und die wunderschöne schneebedeckte Landschaft machten es besonders
lohnenswert, die Umgebung zu erkundigen. Unsere ersten Ausflüge führten uns in
den Norden Langøyas. Die Inseln und Fjorde sind durch schmale Strassen und
faszinierende Brückenbauwerke untereinander verbunden. Es gibt hohe zerklüftete
Berge und kleine Fischerdörfer. Mancherorts hing der Dorsch (Kabeljau), welcher
jeweils im Winter in diesen Gewässern gefangen wird, an grossen Holzgestellen
zum trocknen.
Auf
der Karte sah es so aus, als würde die Strasse über Dämme zu nahe gelegenen
Inseln führen. Um uns herum war jedoch alles von Schnee und Eis bedeckt und wir
konnten nicht ausmachen, wo das Land aufhört und das Meer beginnt. Wir befanden
uns immer noch inmitten eines faszinierenden Winter-Wunderlandes. Bei einigen
Fjorden konnten wir beobachten, wie sie langsam auftauten und grosse Eisplatten
über das blau schimmernde Wasser davon schwammen. Die Strassen waren
schneegesäumt, aber schon schwarz und trocken, ausser nachts wenn das
Schmelzwasser gefror.
Anfangs
April erreichten die Tages-Temperaturen oft so um die 5°C, aber nachts fielen
sie regelmässig unter den Gefrierpunkt. Dank unserem windgeschützten Balkon
konnten wir manchmal ‚ganz ohne‘ ein Sonnenbad nehmen. Dabei sahen wir hinunter
zum Fjordarm, der in den Nächten regelmässig wieder zufror. Obwohl Heinz zum
Schnee schaufeln nur das Adamskostüm trug, begann er zu schwitzen.
Ganz
am Ende einer engen Strasse liegt Nyksund, ein ehemaliges Walfängerdorf, das
einst verlassen wurde, momentan aber wieder bevölkert und schön restauriert
wird. Dank dem ruhigen Wasser spiegelten sich die Häuser im schönsten Licht und
so sahen sogar die letzten baufälligen Gebäude fast schön aus. In Nyksund haben
sich auch viele Möwen angesiedelt. Diese Vögel müssen wirklich schwanzgesteuert
sein, sonst hätten sie bei dem vielen Schnee nicht schon im März angefangen zu nesten.
Einige bauten ihr Nest sogar auf Schneeflecken in der steilen Felswand.
Mehrmals
konnten wir beobachten, wie eines der bekannten Hurtigruten-Boote zwischen den
Inseln navigierte. Anfänglich hat man sie eingeführt, um die abgelegenen Dörfer
entlang der Norwegischen Küste mit Post und dringend benötigten Gütern zu
versorgen. Inzwischen sind sie wohl eher zu Kreuzfahrtschiffen geworden, die
nebenbei noch ein paar Dienstleistungen im Allgemeininteresse übernehmen.
Manchmal sahen wir uralte Raupenfahrzeuge, die wie Pistenfahrzeuge aus der
Vorkriegszeit aussahen. Wir wunderten uns, in einem sonst so fortschrittlichen
und wohlhabenden Land, so altmodische Fahrzeuge zu finden.
Nachdem
wir die Brücke bei Sortland überquert hatten, erkundeten wir die nordwestlichste
der Vesterålen Inseln: Andøya. Ausser dem hübschen Ort Nordmela, hat sich
dieser Ausflug eher für die Landschaft, als für die Dörfer gelohnt. Der
Hauptort Andenes ist, wegen seiner Touren zur Wal- und
Papageientaucher-Beobachtung, im Sommer sehr touristisch. Jetzt war hier aber absolut
tote Hose. Die Insel ist von einer Gebirgskette dominiert die zum Meer hin
flach ausläuft. Die Lichtverhältnisse hatten sich natürlich verändert, bis wir
zurückfuhren und die Schneeberge schimmerten nun golden. Da sich der Wind inzwischen gelegt hatte, spiegelten sie sich
nun majestätisch im Wasser, was wir vor allem von der Hogn-Brücke auf Hinnøya
toll erlebten. Auch die Bogenbrücke selbst, sah grossartig aus, umso mehr
zusammen mit den rosa Wölkchen über dem blauen Fjord.
Auf
einem anderen Tagesausflug besuchten wir den westlichen Teil Langøyas. Die
Strasse folgte mehreren, teilweise gefrorenen Fjorden, in denen sich die
schneebedeckten Berge majestätisch spiegelten. Diese Landschaft war einfach
umwerfend. Unser erster grösserer Stopp galt Ringstad, wo wir die
Jugendherberge wieder fanden, in der wir vor 10 Jahren übernachtet hatten.
Bereits damals gab es hier eine einladende Terrasse über dem Wasser. Wir
erinnern uns, dass wir dort zweimal von Passanten gefragt wurden, ob‘s Kaffee
gäbe, da sie dachten, die Jugendherberge sei ein Restaurant.
In
der Zwischenzeit war es nun tatsächlich in eines umgebaut worden, und was der
ausländische Küchenchef lieferte, schmeckte hervorragend. Als wir weiterzogen,
erreichten wir das malerische Fischerdorf Nykvåg, wo sich bunte Häuser und
Boote im stillen Wasser spiegelten. Auch hier versuchten die Möwen den
Fortbestand ihrer Gattung dadurch zu sichern, dass sie auf noch schneebedeckten
Klippen Nester bauten.
Während
unserer zehn Tage in den Vesterålen hatten wir so tolles Wetter, dass wir uns
jeweils kaum entscheiden konnten, ob wir
einen weiteren Ausflug machen, oder einfach zu Hause die Aussicht
geniessen sollten, die normalerweise, oder ausserhalb Norwegens, Millionären
vorbehalten ist.
Ferienwohnung auf den Lofoten
Am
10. April 2010 fuhren wir weiter zu den Lofoten Inseln. Über Brücken und
Untersee-Tunnels arbeiteten wir uns viele Inseln weiter. Vorbei an vielen
gefroren oder auftauenden Seen und der Stadt Svolvær, erreichten wir den Weiler
Mølnarodden, in welchem wir eine Ferienwohnung arrangiert hatten. Der
Eigentümer, der normalerweise im Obergeschoss desselben Hauses wohnt, konnte
uns nicht persönlich empfangen. Der Isländischer Vulkan unter dem
Eyjafjallajökull Gletscher verzögerte seine Rückkehr nach Norwegen.
Glücklicherweise hat er einen netten Nachbarn, der sich um uns kümmerte. Diese
Wohnung war nun etwas einfacher, aber wir hatten wohl einfach mit all den
anderen mehr Glück gehabt, als wir es verdient hätten. Aber für Ausflüge war
ihre Lage wiederum perfekt. Wir mussten allerdings eine Woche warten, bis uns
das gute Wetter wieder einholte. Während dieser ersten Woche hatten wir einige
Schneestürme und typisch launisches Aprilwetter. Es kam oft vor, dass wir eitel
Sonnenschein sahen, wenn wir durch das vordere Fenster schauten, hingegen
heftige Schneeschauern, wenn wir durchs hintere sahen, oder umgekehrt. Direkt
hinter dem Haus lag ein kleiner See und wir hatten die Illusion, dass wir
beobachten könnten, wie er langsam auftaut. Bei unserer Abreise, zwei Wochen
später, war er allerdings fester gefroren, als vorher und lag nun wieder unter
einer Schneedecke, obwohl sich in der Zwischenzeit die erste Krokusse zeigten.
Henker: in Nord-Norwegen eine alltägliche Arbeit
Überall
wo wir auf den Lofoten hinkamen, sahen wir riesige, oft giebeldachförmige Holzgestelle,
an denen Dorsch zum trocknen hing. Seit über 1‘000 Jahren ist bekannt, dass
jeden Winter grosse Polardorsch-Schwärme zum laichen in diese Gewässer kommen. Ihr
Fang wurde für ganz Norwegen sehr wichtig und ist unter dem Namen „Lofoten
Fischerei“ bekannt geworden. Noch immer pilgern jeden Winter tausende von
Saisonarbeitern hierher. Obwohl es inzwischen notwendig wurde, den Dorschfang
zu beschränken, werden immer noch jährlich mehrere zehntausend Tonnen gefangen.
Diejenigen
Fische die das Pech haben sich in den Netzen zu verfangen, werden enthauptet.
Nun werden ihre Zungen für eine einheimische Spezialität entnommen und ihre
Köpfe dutzendweise an Schnüren aufgehängt. Danach werden ihre Körper paarweise
am Schwanz zusammengebunden und auf den Holzgerüsten zum Trocknen aufgehängt. Dadurch
werden sie zu Stockfisch und das ideale Klima der Lofoten ist für die ‚gute
Qualität‘ verantwortlich, die sie während der 16 wöchigen Trocknungsphase erhalten.
In dieser Zeit verliert der Fisch 80% seines Gewichts.
In
ganz Nord-Norwegen hing immer wieder der Geruch von trocknendem Fisch in der
Luft. Da der so konservierte Fisch für lange Zeit essbar (jedoch kaum ein
Genuss!) bleibt, war er früher auf langen Seereisen sehr wichtig. Stockfisch
hatte bereits im Mittelalter seinen Weg nach Italien gefunden, wo ihn die
Katholiken als Fastenspeise adoptierten. Zumindest ist das Essen von
wieder-aufgeweichtem Stockfisch wirklich eine religiöse Busse, wogegen das
Essen von frischem Fisch eher eine Fest- als eine Fastenspeise ist. Der
Hauptabnehmer für Stockfisch ist immer noch Italien, wogegen die getrockneten
Fischköpfe vorwiegend nach Afrika exportiert werden, vor allem nach Nigeria, wo
sie in Suppen enden.
Heute
sind nur noch die Ober-Henker der hiesigen Fischindustrie Norweger, die meisten
Henker und Enthaupter hingegen, sind Gastarbeiter aus den Baltischen Staaten
oder aus Osteuropa. Auch die meisten anderen Saisonstellen in Norwegen sind mit
Gastarbeitern aus den ehemaligen Ostblock-Ländern besetzt; sogar in der
Touristeninformation.
Die
meisten Einheimischen fischen selbst und trocknen ein paar Stockfische in ihrem
Hinterhof. Oft sahen wir ein paar an Wäscheleinen hängen, zusammen mit
T-Shirts, BHs oder Teppichen…
Hübsche Lofoten-Dörfer in rauer Landschaft
Å am
südwestlichen Ende der Strasse E10, ist eines der bekanntesten Lofoten-Dörfer. Å ist auch der letzte Buchstabe des Norwegischen
Alphabets, daher stammt der Ortsname. Heute ist es ein Museumsdorf und die
Türen zu vielen Häusern sind während des Sommers geöffnet. Während dieser Zeit
können die Besucher miterleben, wie das Leben hier einst war. Jetzt im April,
war aber noch nicht einmal das Restaurant geöffnet. Überall hing Fisch zum
trocknen und man arbeitete daran, die Rorbuer für die Touristen bereit zu
machen. In früheren Zeiten waren Rorbu einfache Hütten, die den Fischern in der
(Stockfisch) Saison als Unterkunft gedient hatten. Heutzutage sind die meisten
dieser Hütten, welche sich auf Pfählen über dem Wasser befinden, nett renoviert
und mit Badezimmern und anderem Luxus ergänzt worden. Die meisten davon werden
während der Ferienzeit für gutes Geld vermietet. Sie sind in der Zwischenzeit
so gefragt, dass ganze „Rorbu- Siedlungen“ exklusiv für Hobby-Fischer und
andere Touristen gebaut werden.
Die
hohen und steilen Berge waren immer noch schneebedeckt und boten einen
spektakulären Hintergrund zu den bunten Dörfern. Die meisten der echten
Fischerdörfer auf den Lofoten sind sehr malerisch. Wir fuhren häufig hinaus und
besuchten das eine oder andere und genossen die spezielle Atmosphäre. Am besten
gefielen uns: Hamnøy, Sakrisøy, Moskenes/Reine, Sørvågen, Napp und Henningsvær.
Dann gibt es noch Nusfjord, welches es auf die berühmte
Weltkulturerbe-Liste geschafft hat. Heute ist es fast nur noch ein Museumsdorf
und in seinem Hafen fehlten die Fischerboote. Stattdessen sahen wir überall
Schilder, auf denen angegeben war, wieviel es kostet hier herumzuschlendern. Im
April fehlten aber die Touristen und folgedessen auch der Abzocker.
Die
Strassen, welche die einzelnen Inseln der Lofoten untereinander verbinden, sind
oft sehr schmal. Wir fragen uns, wie sie mit den 300‘000 Touristen
zurechtkommen, die in den zwei Sommermonaten hierher pilgern. Während wir bei
jedem Wetter auf diesen engen Strassen herumkurvten, wurde uns bewusst, wie
stark die Einheimischen der unglaublich starken Macht der Natur ausgesetzt
sind. Die Inseln sind karg und sehr schmal, weshalb die Strasse oft sehr nah
entlang des Wassers führt. Es war beeindruckend zu sehen, wie wild das Meer
manchmal tobt und wir hörten von Vorfällen bei denen Autos wie Spielzeuge ins
Meer gespült worden seien. Die Strassenabschnitte, welche am dichtesten dem Wasser
entlang führen, sind neu mit einem automatischen Warnsystem ausgestattet. Wenn irgendwo
die Wellen zu hoch werden, senkt sich dort eine Barriere. Wer hinter einer
solchen Barriere stecken bleibt, betet am besten zu Neptun, oder nimmt sich gleich
ein Zimmer in der nächsten Pension. Die Lofoten sind zweifelsohne sehr schön,
aber es ist eine raue Schönheit.
Am 24. April verabschiedeten wir uns von den Lofoten und gingen dem
Norwegischen Festland entgegen. In Lødingen auf der Ofoten Inselgruppe, nahmen
wir die Autofähre nach Bognes. Auf der Überfahrt kamen wir an beeindruckenden schneebedeckten
Bergen vorbei. Diese bestachen durch ihre skurrilen Formen, die für hier oben
typisch sind.
Die Strasse Nr. 17: der Kystriksveien
Auch
auf dem Festland waren die Seen und viele Fjordenden noch steinpickelhart
gefroren. Wenn man einmal eine kleine ungefrorene Stelle sah, war es weil ein
Kraftwerk dort Wasser einliess, welches durch die Generatoren geflossen war.
Am
Abend übernachteten wir in einem kleinen Hüttchen auf einem Campingplatz in Bodø.
Als wir am nächsten Morgen aus dem Fenster schauten, wurden wir von einem
Schneesturm begrüsst. So liessen wir uns Zeit und frühstückten erst mal in
aller Ruhe. Währenddessen zeigte sich tatsächlich schon bald die Sonne und wir
machten uns auf den Weg, entlang der beeindruckenden Küstenstrasse Nr. 17; dem Kystriksveien.
Nur
33 km südlich von Bodø befindet sich der Saltstraumen, einer der stärksten
Gezeitenströme der Welt. Weil die Mündung zu einem gigantischen, über 40km
tiefen Fjordsystem nur 150 Meter breit ist, fliesst das Gezeitenwasser mit
Geschwindigkeiten bis zu 20 Knoten durch die 3 km lange Meerenge. Die dabei
entstehenden Wirbel haben bis zu 10 Meter Durchmesser und bis zu 5 Meter Tiefe.
Nur bei Gezeitenwechsel steht das Wasser für einige Zeit still, aber alle 6
Stunden drängen sich bis 400 Mio. Kubikmeter Wasser durch diese Meerenge.
Dadurch könnte man meinen, diese sei ein Fluss, der einmal flussaufwärts- und
dann wieder flussabwärts fliesst. Dann wölbt sich der Wasserstrom in der Mitte deutlich
sichtbar nach oben. Die dadurch verursachten gefährlichen Wirbel und Strömungen
stellen schon für so manches Boot eine echte Herausforderung dar.
Nach
der Durchfahrt des 7,6 km langen Svartisen-Tunnels, sahen wir den gleichnamigen
Gletscher. Vom Weiler Holand aus, sieht man auf der gegenüberliegenden
Fjordseite zwei Gletscherarme über die Bergkreten, zum Fjord herunter-kriechen.
Zur Freude der Touristen wurden entlang dieser Strasse, welche von der
Norwegischen Regierung als „Nationale Touristen Route“ designiert worden ist,
viele Aussichts- und Picknick-Plätze eingerichtet.
An
diesem Tag überquerten wir zwei Fjorde mit Autofähren. Die zweite brachte uns
von Jektvik nach Kilboghamn und damit wieder südlich des Polarkreises. Wir
waren vom hohen Standard der Fähren beeindruckt. Oft gab es eine Cafeteria,
welche Snacks oder sogar richtige Mahlzeiten anbot. Das Essen auf den
Autofähren war weder überteuert, noch besser oder schlechter als das, was man
in einem normalen Restaurant kriegt. Wie überall in Norwegen, war es weder
speziell preiswert, noch speziell kreativ.
Nur
wenige Kilometer hinter dem Fähranleger fanden wir eine hübsche Campinghütte für
die nächste Übernachtung. Sie war eigentlich schon fast ein richtiges Ferienhaus.
Da wir ausserhalb der Saison kamen, zahlten wir NOK 500 (€65), aber im Sommer
muss man dafür fast das Doppelte hinblättern.
Südlich des Polarkreises
Obwohl
wir uns nun wieder südlich des Polarkreises befanden, war es immer noch
offensichtlich, dass der wärmende Einfluss des Golfstroms nicht weit über die
Fjorde reicht. Die Küste war nun schneefrei, doch weniger als 50 Meter (!) über
dem Meeresspiegel, lag die Landschaft noch immer unter einer weissen
Schneedecke. Dies war schon unser zweiter „Tag der Elche“, da wir fast hinter
jedem Schild “stor elgfare” (grosse Elchgefahr) eines dieser gigantischen Tiere
zu Gesicht bekamen. Sie stellen im Strassenverkehr eine grosse Gefahr dar und
wir hatten Glück, dass wir sie immer aus sicherer Distanz sahen. Zu unserer
Überraschung sahen wir Elche oft in der Nähe von Häusern.
Die
Strasse führte uns über drei weitere Fähren, sowie über die beeindruckende
Helgeland Brücke vor Sandnessjøen. Mit 1‘065m Länge ist sie eine der längsten
Schrägseilbrücken der Welt. Über künstlich angelegte Dämme schwingt sich die
Strasse in einer Kurve hinauf zur Bücke, auf 45m über dem Meeresspiegel.
Wiederum
übernachteten wir in einer Hütte auf einem Campingplatz, diesmal in Brønnøysund.
Erst regnete es in Strömen, doch während der Nacht schneite es. So mussten wir
am nächsten Morgen unser Auto zunächst von 5cm Schnee befreien, bevor wir
wieder losfahren konnten. Es war nun der 27. April und das Wetter präsentierte
uns seine gesamte mögliche Palette, ausser Donner. Es war sonnig, als wir
anhielten um den berühmten Berg Torghatten zu fotografieren. Er hat ein grosses
Loch, durch das man jetzt allerdings nicht hindurch sehen konnte, da es mit Eis
verstopft war. Kurz darauf begann es wieder zu schneien und hageln, und als nächstes
wiederholte sich das ganze Wetter-Menü von vorn.
Schon
bald sahen wir wieder Elche, und auch die ersten gelben Blümchen, die tapfer dem
rauen Wetter trotzen. Die Strasse führte uns wiederum durch spektakuläre
Küsten-Landschaften und über mehrere Autofähren. Wir machten einen Umweg und
verliessen dazu die Strasse Nr. 17, um den malerischen Küstenort Rørvik, mit seinen traditionellen
Hafenhäusern zu besuchen. Das neue Wahrzeichen ist das super moderne “Norveg Museet Midt”, welches von einem
Isländischen Architekten entworfen wurde. Die Frontfassade stellt drei Segel im
Wind dar. Für Norwegen ist dieses schon fast übertrieben modern, da die meisten
Norwegischen Gebäude eher funktionell, als schön sind. Man findet dieselben simplen
Haustypen im ganzen Land, wieder und wieder.
Weiter
ging es, über sehr schöne Streckenabschnitte. Manchmal sahen wir vom selben Ort
aus Sonnenschein, dunkle Wolken und Schneeschauer, was der Landschaft einen
magischen Anstrich mit krassen Farben verlieh. Die roten Felsen bei Ytterbysund
erschienen im letzten Sonnenlicht noch röter. Schon war es wieder Zeit, nach
Unterkunft zu suchen und wiederum verbrachten wir die Nacht in einem
Campinghüttchen. Obwohl es mittlerweile Ende April war, hatte es noch kaum
anderen Touristen und wir waren auch hier die ersten Gäste des Jahres. Dieser
Camping befand sich in der Nähe von Steinkjer, wo der Kystriksveien endet.
Wir
waren froh, dass wir vorgängig die handliche Broschüre “Kystriksveien RV17” vom
Touristenbüro in Namsos bestellt hatten. Auf 160 Seiten findet man detaillierte
Fahrpläne der Autofähren und eine Liste der Gaststätten und Logiermöglichkeiten.
Wir mussten vorsichtig wählen, da viele Unterkünfte erst im Mai öffnen. Dafür
bekamen wir oft sehr gute Angebote, mit viel tieferen Preisen als in der
Hochsaison, ohne danach zu fragen. Die Reise führt über schmale Strassen, oft
entlang malerischer Fjorde oder durch dramatische Landschaften. Die gesamte
Fahrt entlang der Strasse Nr. 17 beinhaltet 7 Autofähren, von denen einige nur
10-20 Minuten, andere aber eine Stunde dauern. Wenn das Wetter mitmacht, sind
diese Überfahrten besonders schön und bieten weitere Möglichkeiten für Fotos
und Pausen. Für die 7 Fährüberfahrten zahlten wir insgesamt ~ €140 (1 Pkw + 2
Passagiere). Dies ist eigentlich nicht zuviel, wenn man Norwegens hohe
Lebenshaltungskosten in Betracht zieht.
Auf unserem Weg nach Trondheim fühlten wir, dass der Frühling definitiv
unterwegs war. Je südlicher wir kamen, desto wärmer wurde es. Die Seen waren
immer noch gefroren und mehr als 50 Meter über Meereshöhe lag immer noch sehr
viel Altschnee. Auf Meereshöhe hingegen, sprossen nun schon Blumen und frisches
Gras in der vom Schnee braunen Landschaft. Entlang des Skauga Flusses war eine
grosse Wiese mit riesigen schmutzigen Eisbrocken übersät. Einige dieser
Eisblöcke lagen mehrere hundert Meter vom Flussbett entfernt. Jemand erklärte uns,
dass es regelmässig vorkommt, dass die Eisdecke über dem Fluss durch eine
Überschwemmung angehoben und in der Umgebung verteilt wird. Ganz offensichtlich
schmilzt dieses Eis auf den Feldern deutlich langsamer, als im Wasser, wo es
mit dem Schmelzwasser aus den Bergen zusammentrifft.
Trondheim
Wir
trafen frühzeitig in Trondheim ein und bezogen ein Zimmer in der
Jugendherberge. Da die Tage schon recht lang waren, blieb danach noch viel Zeit,
diese wunderschöne Stadt zu erkundigen. Mit seinen 170‘000 Einwohnern ist
Trondheim eine der grössten Städte des Landes. Die vielen alten Holzgebäude
verleihen ihr viel Charme. Besonders reizvoll sind die Werfthäuser am Flussufer
der Nidelva. Diese grossen bunten Gebäude säumen auf einer Länge von etwa 700
Metern beide Ufer. Die Werfthäuser ruhen alle auf Pfählen über dem Wasser. Bei
den meisten dieser Häuser handelt es sich um alte, schön renovierte Gebäude,
andere sind aber Neubauten, welche eine Fassade im alten Stil erhalten haben.
Heute beherbergen diese Bauten Wohnungen, Büros, Geschäfte, Restaurants und
Parkplätze.
Auch
andere Stadtteile sind sehr ansprechend und so zogen wir stundenlang umher. Am
Abend belebte sich die Gegend um den Nedre Elvehavn, da die Leute in die vielen
Restaurants am Wasser strömten. Dort befinden sich auch ein grosser Bootshafen
und das Einkaufszentrum Solsiden. Eigentlich hatten wir Lust, noch mehr Zeit in
dieser Stadt zu verbringen, aber wir hatten erst gerade unser Ferienhaus umgebucht,
und so mussten wir am nächsten Morgen weiter.
Während
unseres Monats in Nord-Norwegen war es eine grosse Ausnahme gewesen, wenn wir
einmal Strassenzoll bezahlen mussten, aber südlich von Trondheim änderte sich
dies sehr schnell. Schon auf den 200 km von Trondheim nach Eide, unserer
nächsten Destination, registrierte eine Kamera nach der andern unser
Nummernschild. Diese gehören zu automatischen Mautstation, oder „Bompenger“ wie
sie hier genannt werden. Die meisten Einheimischen haben ein Gerät in ihrem
Wagen installiert, welches die fällige Maut direkt ihrem Konto belastet.
Ausländer müssen sich darauf gefasst machen, dass man ihnen die Rechnung an
ihren Wohnort zustellt. Theoretisch ist es auch möglich, die fällige Gebühr an
gewissen Tankstellen zu bezahlen, doch diejenigen die wir aufsuchten waren zum
Einkassieren der Gebühren, der von uns befahrenen Teilstrecken nicht zuständig,
und schlugen jeweils vor, dass wir auf die Rechnung warten sollten. Für
grössere Beträge hatte es meistens eine bemannte Mautstation.
Immer
wenn eine Fähre durch eine Brücke, oder einen Untersee-Tunnel ersetzt wird, wird
ein Teil der Baukosten mittels Strassenzoll abbezahlt. Die Maut ist oft höher,
als der Preis für die Überfahrt mit der Fähre, die ersetzt wurde. Dafür kann
die Strasse gratis benutzt werden, sobald das Bauwerk nach ein paar Jahren
abbezahlt ist. Viele Touristen empören sich über die hohen Strassenzölle, doch
sie sollten eigentlich eher mit den Einheimischen Mitleid haben, die solche
Strassen auf ihrem täglichen Weg zur Arbeit benutzen müssen, selbst wenn diese
einen kleinen Rabatt erhalten.
Ferienhaus bei Molde
Am
29. April 2010 erreichten wir unser Ferienhaus in Eide, wo wir für 10 Tage
blieben. Dieses Haus war ein gemütliches kleines Bijou und die Besitzer hatten
uns erst noch eine Fruchtschale und frische Blumen auf den Tisch gestellt. Es
war geschmackvoll dekoriert, wenn auch etwas dunkel. An unserem Ankunftstag
regnete es, doch in der ersten Mai-Woche schneite es dann immer wieder. Etwa an
vier Tagen waren wir beim Aufstehen von einer weissen Landschaft umgeben. Wenn
sich dann die Sonne zeigte, schmolz der Schnee schnell wieder und bis zum
Nachmittag konnten wir auf unserer Terrasse ohne viele Kleider sonnenbaden.
Das
Dorf Eide mit vier Supermärkten war bloss 7 km entfernt. Ausser am Sonntag,
wenn Norwegens Supermärkte alle strikte geschlossen sind, waren sie jeden Abend
bis 23:00 Uhr geöffnet. Da das Dorf nur 2‘500 Einwohner hat, sah man selten
viele Kunden und bei manchen Artikeln war das Verfalldatum bereits
überschritten. Was man in Norwegischen Supermärkten findet, ist meist von guter
Qualität, trifft aber nicht immer den Geschmack von uns Ausländern. So sind
z.B. Fisch oder Fleisch oft stark gesalzen. Gewisse Artikel können ziemlich
teuer sein, wie z.B. Beutel-Suppen, die über 3.- € kosten können. Auf der
anderen Seite sind aber Spanische Orangen oder Mandarinen deutlich preiswerter,
als in den Läden ihres Ursprungslandes. Für etwa 16 Kronen (2.- €) findet man
oft ein halbes Kilo gefrorenen Fisch, wie etwa Lachs, oder ein Kilo gefrorene
Garnelen zum selbst puhlen.
Dramatische Strassen und hübsche Dörfer: von Bud bis Ålesund
Die Umgebung
bot viel zu entdecken und wir begannen mit der nahegelegenen Küste. Das
Fischerdorf Bud ist vor allem um seinen alten Hafen sehr malerisch. Viele
traditionelle Hafenhäuser spiegelten sich im blauen Wasser. Im Hochsommer muss
es hier wohl sehr touristisch sein, doch momentan waren wir fast die einzigen
Besucher. Eine Festung aus dem Zweiten Weltkrieg liegt über dem Dorf und bietet
eine tolle Aussicht über das umliegende Schärengebiet.
Woanders
sahen wir einmal ein grosses Rudel Rehe auf einem Feld, direkt am Strassenrand
weiden.
Nur
10km nördlich unseres Ferienhauses, d.h. 40km nördlich von Molde, befindet sich
ein berühmtes Strassenstück, welches mehrere Inseln miteinander verbindet: der Atlanterhavsvegen. An klaren Tagen sieht man im
Westen das offene Meer mit seinen spektakulären Schären und im Osten hohe
dramatische Berge. Das herausragendste Bauwerk dieses 7km langen Strassenstücks
ist Storseisundbrua, eine seitlich geschwungene Bogenbrücke. Sie hat die Form
einer S-Kurve mit einem Buckel in der Mitte. Dahinter kamen wir auf die Insel Averøya
mit ihrer zerklüfteten Küste. Entlang dieser liegen zahlreiche kleine charmante
Fischerdörfer, wie z.B. das malerische Sveggen. Ganz im Osten der Insel findet
man Kvernes mit seinen zwei schönen Kirchen, wovon die eine, eine Stabkirche
aus dem 13. Jahrhundert ist.
Molde ist eine lebhafte Kleinstadt mit einem neuen
Wahrzeichen; dem Hotel Rica Seilet. Dieses Hochhaus hat die Form eines Segels
und die beste Sicht darauf, hat man wohl von der Autofähre zwischen Molde und
Vestnes. Von dort aus hatten wir auch eine tolle Sicht auf die immer noch
schneebedeckten Berge. Nun Anfangs Mai war es erstaunlich, dass die Norweger
immer noch zum Langlaufen fuhren und erst recht, dass dies nur ein paar hundert
Meter über dem Meeresspiegel möglich war.
Sehr
eindrücklich war auch unser Besuch in Ålesund. Nachdem das gesamte
Stadtzentrum 1904 einem verheerenden Feuer zum Opfer fiel, wurde es Gesetz,
dass kein neues Gebäude im Zentrum aus Holz sein durfte. In sieben Jahren wurde
die Stadt wieder aufgebaut, diesmal im Jugendstil. Das Zentrum hat nun wirklich
viele schmucke Häuser und diejenigen am Hafen sehen besonders malerisch aus,
wenn sie sich im Wasser spiegeln. So adrett die meisten Gebäude auch sind, so
schlecht stehen die Regierungsgebäude, wie Rathaus oder Bibliothek da. Es sind
hässliche Betonbauten aus den 60-er oder 70-er Jahren, welche bereits
abbröckeln und einen sehr verlotterten Eindruck machen!
Wenn
man bedenkt, welch reiches Land Norwegen ist, erstaunt es immer wieder, in
welch schlechtem Zustand sich viele staatliche Gebäude und Strassen befinden.
Obwohl Norwegen mit Öl ein Vermögen verdient, sind die Steuern sehr hoch. Das
Ölgeld wird nicht ausgegeben, sondern investiert, um den nächsten Generationen
ihre Rente zu sichern. Um eine Überhitzung der eigenen Wirtschaft zu verhindern
(und der Norwegischen Sucht nach Bescheidenheit gerecht zu werden) wird der
Gewinn nicht im eigenen Land investiert. Die von der Regierung verwalteten
Ölgelder dürfen nur im Ausland investiert werden, und nur in Firmen die nach
strengen ethnischen Richtlinien produzieren.
Wir
erlebten die Norweger, als von Natur aus bescheidene und eher reservierte
Menschen. Man ist eher bereit, den Status Quo zu akzeptieren, als einen
Konflikt offen auszutragen. Wir sprachen auch mit mehreren Einwanderern und
alle hatten von der Norwegischen Gesellschaft den gleichen Eindruck wie wir.
Als Beispiel; wir hatten ja dieses Ferienhaus in Eide über eine Agentur
gebucht. Da wir schon zwei Tage früher ankommen wollten, riefen wir die
Besitzer an. Bevor wir uns überhaupt erklären konnten, wurde aber der Hörer
mehrmals aufgehängt. Vielleicht sprachen sie ja nicht gut Deutsch oder
Englisch, also versuchten wir es mit einer SMS. Postwendend und in korrektem
Englisch kam die Antwort, dass dies in Ordnung sei. Nebenbei wurden wir noch
gefragt, ob wir die Endreinigung selbst übernehmen wollten oder nicht?
Auf diese Frage gingen wir nicht ein, da wir dachten, wir könnten dies den
Besitzern dann persönlich mitteilen. Sie legten uns den Schlüssel, sowie einen
Blumenstrauss und eine Früchteschale ins Haus. Ausser einer SMS, in dem sie uns
einen schönen Aufenthalt wünschten, hörten und sahen wir aber von ihnen nichts!
Als wir per SMS nachfragten, wieviel denn die beiden Zusatz-Nächte kosten und
ob wir uns zur Bezahlung treffen könnten, kam keine Antwort. Wir machten gerade
Witze, ob die Besitzer uns eher zwei Nächte schenken, als uns zur Bezahlung zu
empfangen, da läutete das Telefon. Eine Dame der Agentur erkundigte sich, ob
wir mit den Hauseigentümern, welche ganz in der Nähe wohnen, ein Problem
hätten. Es käme ihr schon seltsam vor, dass man sie - in Oslo - bat, uns zu
fragen, ob wir die Endreinigung übernähmen.
Keine fünf Minuten, nachdem dies geklärt war, bekamen wir von den Besitzern eine
SMS. Darin wurde uns mittgeteilt, dass wir für die zwei Zusatz-Nächte nichts
bezahlen müssten. Zudem wurden wir gebeten, NACH unserer Abreise eine SMS zu
senden; wohl damit sie wussten, wann die Luft wieder rein ist…
Geiranger Fjord
Als wir
Eide verliessen, entschieden wir uns für eine Weiterreise kreuz und quer durch
das Norwegische Inland. Nach zwei Fährüberfahrten und einer schönen Fahrt
entlang mehrerer gefrorener Seen, erreichten wir den Geiranger Fjord.
Während
es über mehrere Haarnadelkurven hinunter zum Fjord ging, genossen wir die
spektakuläre Aussicht über das enge Tal. Auch jetzt im Mai, war es immer noch
eine Ausnahme, wenn wir andere Touristenfahrzeuge auf der Strasse sahen. Im
Dorf Geiranger hingegen, wimmelte es auf einmal von Touristen, da dieser Ort von
„Postschiffen“ der Hurtig-rute und anderen Kreuzfahrtschiffen angelaufen wird.
Wir durchquerten die gesamte Länge des geschlängelten Fjords mit einer,
vornehmlich auf Touristen ausgelegten, Autofähre. Als wir an einem Wasserfall
vorbei kamen, konnten wir die Schiffstaufe zweier Boote beobachten, die für Norwegens
Offshore Ölplattformen in Dienst genommen wurden. Unsere Fähre war recht voll,
doch neben unserem, war nur noch ein Norwegischer Pkw, sowie ein Reisebus auf
dem Autodeck. Die anderen Passagiere waren Pauschalurlauber, die man per Bus
oder Schiff nach Geiranger gebracht hatte und die froh waren, dass man ihnen
die Sehenswürdigkeiten entlang des Weges per Lautsprecher erklärte. Uns ist
aufgefallen, dass die Gefriertruhe mit Eis auf dieser Fähre leer und
ausgeschaltet war. Dagegen ist auf all den vielen Booten die von Einheimischen
genutzt werden, der Verkauf von Eis ein grosses Geschäft, egal wie kalt es ist
und wieviel Schnee liegt.
Der
Geiranger Fjord ist sicherlich sehr spektakulär, doch in Norwegen findet man
viele ähnlich dramatische Fjorde, die viel weniger touristisch sind. Wieder an
Land, fuhren wir weiter Richtung Sogndal.
Beeindruckende, aber simple Tunnels
Entlang
des Weges passierten wir viele Tunnels. Mit so vielen Fjorden und Bergen sind
Tunnels oft die beste Lösung für eine schnelle und kurze Verbindung. In
Norwegen gibt es viele Untersee-Tunnels und unzählige Löcher durch die Berge.
Eines davon ist der Lærdaltunnel, welcher mit 24.5km der längste Strassentunnel
der Welt ist. Da die Norweger nur für das Allernotwendigste Geld ausgeben, sind
die meisten Tunnels nicht viel mehr, als ein kaum beleuchtetes Loch durch den
Fels. Während der kalten Jahreszeit hängen oft Eiszapfen von der Decke und
bilden Eis-Stalagmiten auf der Fahr-bahn, wenn sie tropfen. Nur an den Stellen,
an denen es besonders stark tropft, wird die Tunnelwand verkleidet; nicht mit
Beton, sondern nur mit Plastikfolie. Es wird wirklich kein Zentimeter mehr abgedeckt,
als absolut notwendig: für 50cm kann der Fels verkleidet sein, dann kommt für
2m nackter Fels und dann wieder ein kurzes Stück mit Plastikverkleidung.
Auch
bei den längsten Tunnels gibt es keine Notausgänge. Auf der anderen Seite,
werden aber Norwegische Tunnels sehr schnell und sehr ökonomisch gebaut.
Während die Schweizer viel Geld ausgeben um ihre Tunnels zu vergolden, könnten
die Norweger wenigstens etwas mehr Geld für die Sicherheit ausgeben. Während
der Neubau des 24.5km langen Lærdaltunnels fünf Jahre dauerte und 130 Mio. Euro
kostete, wird alleine die Renovation des 17km langen Gotthardtunnels, 3-7 Jahre
dauern und 380 Mio. Euro verschlingen, bzw. mehr als das Doppelte, wenn man die
Kosten für die provisorische Verkehrsführung während der Umbauzeit dazurechnet.
In Sogndal
gab es schon sichtbare Anzeichen des Frühlings. Dieses Dorf befindet sich am Sognefjord, welcher mit seinen 200km der
zweitlängste Fjord der Welt ist (nach dem Scoresbysund in Grönland). Durch den
Einfluss dieses gigantischen Fjordes und warmen Winden, ist das Klima um Sogndal
viel milder als, an anderen Orten im Norwegischen Landesinnern. Nach einer
Übernachtung in einem lausigen Gästehaus in Sogndal, folgten wir dem
Lustrafjorden mit seinem türkisgrünen Wasser. Die frisch gesprossenen Blätter
hatten so ein zartes Grün, dass sie fast gelblich erschienen und mit
Herbstfarben verwechselt werden konnten. In diesem Tal war definitiv der
Frühling eingezogen, doch nur ein paar hundert Meter höher kamen wir wieder ins
winterliche Wunderland. Als wir dem Sognefjellsvegen (Strasse Nr.55) folgten war die Landschaft
von den Gipfeln im Jotunenheimen Nationalpark geprägt, die vielfach 2‘500m hoch
sind. Die Strasse erreicht eine Höhe von 1‘400 m ü. M. und sogar hier oben war
sie trocken, wenn auch wieder von meterhohen Schneemauern gesäumt.
Im nächsten Tal erreichten wir die Stabkirche von Lom, welche wir uns in aller Ruhe
anschauten.
Von
dort aus nahmen wir die Valdresflya Strasse (Nr.51) nach Beitostølen, wo wir wieder übernachteten. Dieser Skiort auf 900 M
ü. M. lag selbst Mitte Mai noch unter einer Schneedecke und die Leute kamen
immer noch hierher zum Langlaufen. Das Dorf besteht vor allem aus
Ferienhäusern. Obwohl nur ein paar hundert Menschen permanent hier leben, gibt
es drei grosse Supermärkte. Da viele Norweger hier ihre Winterferien
verbringen, glauben alle Supermarkt-Ketten, dass sie nur schon aus
Prestigegründen vertreten sein müssten. Ausser einigen gigantischen Hotel- und
Aparthotel-Komplexen, haben hier auch mehrere Campingplätze ganzjährig
geöffnet. Auch diese erzielen den grössten Teil ihrer Einnahmen im Winter. Wir
bekamen eine Campinghütte im Schnee, welcher sich zwischen den Wohnwagen noch immer
mehrere Meter hoch türmte.
Als
wir Beitostølen verliessen, begann es ziemlich heftig zu schneien und hörte
recht lange nicht mehr auf. Dies brachte den gefrorenen Seen sicherlich noch
eine zusätzliche Isolationsschicht, um dem bald einziehenden Frühling noch
etwas länger wiederstehen zu können. Unser Weg führte durch viele Wälder, die
mit schweren Maschinen abgeholzt wurden.
Historische Stabkirchen
Bald
erreichten wir die Ortschaft Gol, wo
wir erneut eine wunderschöne Stabkirche besichtigten. Das Original steht zwar
mittlerweile im “Norsk Folkemuseum” in Oslo, doch nun gibt es
hier ein Replikat. Da dieses von einem kommerziellen Unternehmen erbaut worden
ist, muss normalerweise Eintritt bezahlt werden, um es zu sehen. Doch auch hier
waren noch keine Touristen zu sehen, und so kassierte auch niemand ab. Eckige
und runde Türmchen sind an- und übereinander geschichtet und jedes ist von
einem steilen Schindeldach gedeckt. Der höchste Turm steht in der Mitte und
besteht aus sechs übereinander gestuften Pultdächern. Ausser dem Steinfundament
wurde die ganze Kirche, bis hin zum Schindeldach, aus Holz gebaut. Die
einzelnen Dächer sind mit Drachenköpfen verziert. Diese gelten als Symbole aus
der Wikinger Zeit. Aus diesem Grund nennt man die Stabkirchen manchmal auch
„Pagoden des Nordens“.
In Torpo, nur ein paar Kilometer weiter
westlich, befindet sich bereits die nächste Stabkirche. Sie steht direkt neben
einer weissen Steinkirche, welche für Gottesdienste genutzt wird, wohingegen
die Stabkirche „nur noch“ als schönes Monument dient. Im Vergleich zur
Stabkirche in Gol ist diese hier recht simpel, aber ebenfalls in traditioneller
Stabbauweise konstruiert worden. Sie stammt aus dem Jahr 1192 und ist damit
fast 200 Jahre älter als das Original der Stabkirche von Gol. Die Stabkirche
von Torpo hat heute ein Schieferdach aus Steinen unterschiedlicher Farbe,
dieses muss aber ursprünglich anders ausgesehen haben. Durch die Jahrhunderte
wurden die ursprünglich schwarz geteerten Holzwände der alten Kirche
ausgebleicht und erscheinen heute gelblich. Viele Schnitzereien verzieren den
Eingang und den Innenraum, wo es auch Gemälde hat.
In
ganz Norwegen findet man heute nur noch 28 gut erhaltene Stabkirchen, die meist
zwischen 700-900 Jahre alt sind.
Da
wir nun so richtig auf Kirchen eingestimmt waren, hielten wir auch in Hol, wo
wir uns eine neuere rote Holzkirche anschauten. Auch diese ist sehr schön, hat
aber, bis auf weiteres, keine historische Bedeutung.
Von Geilo’s Strandbad hinauf zur Hardangervidda
Nach
ein paar Kilometern erreichten wir Geilo, ein Dorf auf 770m ü. M.. Da es nun
Mitte Mai war, folgten wir dem Schild zum Strandbad. Trotz dem wunderschönen
gelben Sandstrand reizte es uns überhaupt nicht, uns auszuziehen. Um den
einladenden Sandstrand lag nämlich noch überall Schnee und der See war noch
steinpickelhart gefroren!
Enttäuscht
fuhren wir weiter und folgten der Strasse Nr. 7 über die Hardangervidda. Mit ihren 8‘000 km2
ist dies die grösste Hochebene Europas und Teile davon gehören gleichzeitig zu
Norwegens grösstem Nationalpark. Das gesamte Plateau liegt oberhalb der
Baumgrenze und die Strasse steigt bis auf 1‘200m ü. M.. Hier oben sahen wir nun
noch grössere Schneemassen als je zuvor. Von den paar Häusern entlang der
Strasse sahen wir kaum mehr als das Dach und wie zuvor schon erwähnt; es war
bereits Mitte Mai! Es war ein stahlblauer sonniger Tag, aber der Wind wehte ab
und zu so stark, dass die sonst trockene Strasse komplett mit Schneeverwehungen
bedeckt wurde, sodass der Schneepflug nochmals in Einsatz genommen werden
musste. Die Schneestangen entlang der Strasse waren etwa 7 Meter hoch und damit
an einigen Stellen kaum höher als die Schneewände.
Kurz
bevor es von der Hardangervidda steil ins Tal hinunter ging, erreichten wir den
Zwillings-Wasserfall Vøringsfossen. Er zieht jährlich etwa 600‘000 Touristen
an, aber momentan konnte man die Autos auf dem gigantisch grossen Parkplatz an
einer Hand abzählen und wir sahen keinen einzigen Reisebus. Auch die vielen
Souvenir-Geschäfte waren immer noch verlassen. Dieser Wasserfall ist so beliebt,
weil der nahegelegene Eidfjord mit Kreuzfahrtsschiffen angelaufen werden kann. Zwischen
hier und dort muss man allerdings mehrere enge Spiraltunnels durchfahren. Wir
waren heilfroh, dass wir nicht mit Reisebussen kreuzen mussten, welche manchmal
bis zu 2‘500 Kreuzfahrtpassagiere hierher karren.
Grüne Täler und weisse Pässe
Unten
im Tal war es deutlich wärmer und sogar schon etwas grün – ein beeindruckender
Klimasprung! Wir übernachteten im immer noch sehr ruhigen Dorf Eidfjord. Der Besitzer des Gästehauses
erzählte uns, dass wir zu den ersten Touristen des Jahres gehörten, dass aber
das erste Kreuzfahrtsschiff mit 2‘500 Passagieren bereits unterwegs sei.
Als
wir am nächsten Morgen dem Eidfjord und später dem Sørfjord folgten, beides
Seitenarme des Hardangerfjords, waren wir erstaunt, wie eng die Strassen waren.
Meistens mussten wir anhalten, um mit einem anderen Fahrzeug kreuzen zu können.
Wir waren nur froh, dass die Wohnmobile und Wohnwagen noch nicht unterwegs
waren.
Auch
hier leuchtete das Wasser in einer wunderschönen pastellgrünen Farbe. Die Hänge
zwischen den Berggipfeln und den Fjorden waren mit Obstgärten bepflanzt und
genau dafür ist diese Gegend bekannt. Bereits standen die Obstbäume kurz vor
der Blüte. Auf den Weiden wimmelte es von übermütigen kleinen Lämmchen.
Kurz
nach Odda kamen wir an mehreren grossen, malerischen Wasserfällen vorbei.
Überraschenderweise gab es bei den schönsten weder einen Parkplatz noch eine
Info-Tafel. Bei weniger hübschen Kaskaden gab es genau das, und noch mehr. Um
einen Wasserfall berühmt zu machen, braucht es wahrscheinlich einen innovativen
Landbesitzer der den bestmöglichen Aussichtspunkt mit Parkplätzen, einer
Cafeteria und Souvenir Shops ergänzt!
Nun
nahmen wir die Abzweigung nach Røldal, wo wiederum eine Stabkirche steht. Es
ist eher eine schlichte Kirche und einige Sachkundige sind sogar im Zweifel, ob
sie wirklich als Stabkirche, oder als Pfostenbau konstruiert wurde. Im
Mittelalter war Røldals Kirche wegen seines wundertätigen Kreuzes sehr berühmt.
Man glaubte, dass es Krankheiten heilen konnte und zog deshalb viele Pilger an.
In jeder Mittsommer-Nacht konnte eine grosse Pilgerschar miterleben, wie
Wassertropfen aus dem Kreuz austraten. Man sagte diesen Tropfen eine heilende
Wirkung nach. Inzwischen konnten Wissenschaftler allerdings beweisen, dass das
„Schwitzen“ des Kreuzes nichts anderes ist, als das Resultat der, von den
vielen Menschen verursachten hohen Luftfeuchtigkeit …
Nun
folgten wir der Strasse Nr. 520 Richtung Sauda, welche auf 850m ü. M. ansteigt.
Vom Klima her entspricht dies etwa 2‘500 -3‘500 Metern Höhe in den Alpen. Wir
kamen auf eine sehr enge Strasse, welche wie alle andern, sauber und trocken
war, wenn wir einmal von den paar kurzen Schneeschauern absehen.
Unglaublicherweise waren die Schneemauern am Strassenrand hier nochmals höher,
als diejenigen auf der Hardangervidda. Zwischen den teilweise sechs Meter hohen
Schneemauern erschien die Strasse wie eine unendlich lange, verengende weisse
Schlucht - wenigstens gab es ab und zu eine Ausweichstelle. Der grosse Stausee Svartavatnet
(Schwarzes-Wasser) war steinpickelhart gefroren, einzig die dicken Eisschichten
die auf den schwarzen, erhöhten Felsen ruhten, begannen langsam zu schmelzen.
Als wir uns im schönsten Sonnenschein dem Ende der Hochebene näherten,
erwarteten uns schwere schwarze Wolken über dem Tal.
Wir
wurden nicht nass, aber noch schwärzer, als die Wolken, waren die schmutzigen
Fabriken in Sauda. Genauso wie vorher in Odda, befanden sich auch hier viele
hässliche Industriekomplexe mitten in der Stadt. Wie oft in Norwegen, sind auch
hier die Fabriken sehr funktionell, aber für Luxus wie Farbe oder
Rostbehandlung, wird kein Geld ausgegeben. Ironischerweise liest sich das
Selbstportrait eines dieser Industrie-Giganten wie folgt: „unser Standort in
der Mitte von Hardanger, umgeben von
Fjorden, Gletschern, Bergen und Wasserfällen gilt als einer der schönsten der
Welt“ *. Also bitte! In diesem Fall sollte Brigittes beliebtes Sprichwort wohl
eher umgedreht werden. In diesem Fall auf: „schau in den Spiegel und nicht nur
auf die Welt um dich herum“!
* Boliden Odda A/S
Während
unserer Weiterfahrt nach Haugesund präsentierte sich die Landschaft, dank einer
Gewitterstimmung, sehr mystisch, besonders als einige Sonnenstrahlen durch die
Wolken brachen. Es hat uns weniger überrascht, dass es hier, nah den Bergen und
ein paar hundert Meter über Meereshöhe schneite, als dass am 11. Mai sogar die
Küstenstadt Haugesund mit der weissen Pracht beglückt wurde.
Ferienhaus bei Haugesund
Am
Abend erreichten wir unser nächstes Ferienhaus, welches sich auf der Insel Karmøy
in der Nähe von Haugesund befindet. Es war ein grosses altes Haus,
welches neu renoviert und mit modernen Einrichtungen ausgestattet worden war.
Im Obergeschoss befanden sich fünf Schlafzimmer und somit hatten wir wirklich
Platz zum Verschwenden. Neben dem Haus gab es eine grosse Veranda, auf der wir
viel Zeit verbrachten. Es gehörte zum Weiler Ytraland wo es uns schien, als ob
jedermann ein Pferd und ein Boot besässe. Unser Haus stand am Hang und wir
hatten sogar Meersicht, wenn auch bloss durch eine Lücke zwischen Häusern und
Hügeln. Das grosse Grundstück hatte viele Blumen, blühende Büsche und Bäume, an
denen nun die neuen Blättchen sprossen. Der Frühling war in vollem Gang und wir
waren von wahren Blumenteppichen umgeben, wenn auch die Osterglocken hier erst
zu Pfingsten blühten.
Auch
dieses Haus hatten wir via Internet über eine Agentur gebucht. Für Norwegen
waren wir jeweils mit Dancenter oder Novasol erfolgreich. Genauere Details dazu
im oberen Schweden-Kapitel: „Mieten von Ferienhäusern in Skandinavien“.
Da
die Eigentümer dieses Domizils während unserer ersten Woche selbst in den
Ferien waren, hatten sie Freunde organisiert, um uns ein paar touristische
Tipps zu geben. Ihrem Rat folgend besuchten wir das hübsche Dorf Skudeneshavn
am Meer. Die meisten der weissen Häuser stehen auf Pfeilern über dem Wasser;
ein malerisches Bild. Nur schade, dass es keinen durchgehenden Steg entlang des
Wassers gab.
Als
wir hier die Gegend erkundeten, fiel es uns sehr bald auf, dass es hier viel
mehr Verkehr hat, als in den Gegenden die wir zuvor besuchten. Auch dort wo wir
gemäss der Landkarte das Gefühl hatten, dass es nur dünn besiedelt sein müsste,
wimmelte es auf der Strasse nur so von Autos. Überall gab es automatische
„Bompenger“ (Mautstationen). Als wir Süd-Karmøy umrundeten fiel uns auf, dass
die Westküste sehr dicht besiedelt war, entlang der Ostküste hingegen gab es
nicht viel mehr als ein paar Höfe und die Strasse wurde zudem sehr eng.
Das
interessanteste Ausflugsziel in Nordkarmøy war die Kupfermine in Visnes. Dort erinnert
ein kleines Replikat der Freiheitsstatue von New York daran, dass das
verwendete Kupfer aus dieser Mine stammt. Ironischerweise wurde diese Statue
aus Plastik und nicht aus Kupfer nachgebaut. Ganz im Norden Karmøys sieht man
auf Haugesund. Der Anblick ist allerdings eher enttäuschend, da das Ufer von
grossen, unpersönlichen Wohnsilos und Fabriken gesäumt ist.
Ein
paar alte hässliche Fabrikgebäude befinden sich ebenfalls am nördlichsten Ende
der Insel. Einmal mehr konnten wir nicht erkennen, ob sie noch in Betrieb sind,
oder einfach dem Zerfall überlassen wurden.
Der
17. Mai ist Norwegischer Nationalfeiertag und als gute Touristen mussten wir
natürlich dabei sein. An diesem Tag tragen viele Frauen eine Tracht, wogegen
die Männer diesen Tag meist mit einem Anzug ehren. Die Feierlichkeiten
konzentrieren sich auf die Kinder, welche jeweils im Schulhof zusammenkommen.
Am Nachmittag findet in vielen Dörfern ein Umzug statt. Trachten werden in
Norwegen zu vielen Anlässen getragen. Es gibt strenge Regeln, wer diese nähen
darf und wie sie genäht werden müssen. Viele Trachten werden von einer
Generation zur nächsten vererbt. Natürlich kann man eine Tracht auch kaufen.
Obwohl sie sehr teuer sind werden sie nur an Personen verkauft, welche zum Ort
von dem die Tracht stammt, einen Bezug haben. Muster und Farben sind von Region
zu Region unterschiedlich.
In
der Zwischenzeit war die Landschaft saftig grün, der Frühling hatte Einzug
gehalten. Hier in Skandinavien kam er schlagartig und sehr intensiv, genauso
wie es uns die Einheimischen vorhergesagt hatten. Nun war es Zeit unsere
Spikes-Reifen gegen Sommer-Reifen einzutauschen. Da man in Norwegen nicht mit
Gebrauchtreifen handelt, empfahl uns ein Pneu-Händler, unseren immer noch guten
Spikes- Reifen doch einfach die Zähne zu ziehen und weiterzufahren. So machten
wir uns an einem warmen Nachmittag, mit Zangen ausgerüstet, ans Werk und
entfernten etwa 600 dieser lärmigen Stahlstifte. Nach drei Stunden hatten wir die
Mission erfüllt.
Eine letzte Fahrt über schneebedeckte Pässe
Am
25. Mai 2010 verliessen wir unser Ferienhaus bei Haugesund und fuhren auf der
Strasse Nr. 46 nach Ropeid. Dort nahmen wir die Autofähre nach Sand an der
Strasse Nr. 13. Sie führte uns wiederum durch malerische Landschaften und
folgte oft Seitenarmen des Boknafjordes. Manchmal waren die Felswände sehr
steil und sehr hoch, vor allem in der Nähe der Autofähre bei Nesvik. Vor
Stavanger bogen wir Inland auf die Strasse Nr. 45, welche uns ins Skigebiet Sirdal auf etwa 500-800 M ü. M.
führte. Dort übernachteten wir in einer Campinghütte in Sulkeskar. Wir machten
gleichentags noch einen Zusatz-Ausflug, denn es blieb bis nach 22:00 Uhr taghell.
Wir wollten hinunter zum berühmten Lysefjord. Zuerst überquerten wir eine
Hochebene mit vielen kleinen Seen. Sie waren alle im Auftauen begriffen, wurden
aber teilweise noch immer von einer dünnen Eisfläche bedeckt und entlang der
Strasse gab es immer noch Schneefelder.
Der
eigentliche Höhepunkt war die spektakuläre Fahrt hinunter zum engen Fjord. Die
Talfahrt über die 27 Haarnadel-Kurven war so steil, dass wir um unsere Bremsen
fürchteten, aber diese hatten natürlich kein Problem damit. Wir genossen die
atemberaubende Sicht bis hinunter ins Tal.
Am
nächsten Tag machten wir uns auf Nebenstrassen in Richtung der Norwegischen
Hauptstadt auf. Am Anfang gab es entlang der Strasse oft noch
Schneeverwehungen. Das Wetter war nicht gerade grossartig, ab und zu regnete es
und manchmal fiel auch Schnee. An diesem 26. Mai sagte der Wetterbericht sogar
für einige Orte Südnorwegens Schnee voraus. Für uns waren dies aber endgültig die
letzten Schneeflocken dieses Winters.
Weiter
östlich zeigte sich wieder die Sonne und wir kamen an vielen Höfen mit alten
Speichern vorbei. Diese kleinen Holzgebäude haben verblüffende Ähnlichkeit zu
den Walliser „Spycher“ und sind oft mit schönen Holzschnitzereien verziert.
Diese kleinen Häuschen boten einen grossartigen Kontrast zu den hier schon sattgrünen
Weiden, mit ihren vielen Frühlingsblumen. Da wir uns nun im Landesinnern
befanden, führte unser Weg eher an Seen, als an Fjorden vorbei.
Unser
nächster Höhepunkt war die Stabkirche von
Heddal. Nun hatten wir den riesigen Parkplatz fast für uns alleine. Ein paar Wochen
später sah es hier aber bestimmt ganz anders aus. Heddals Stabkirche ist nicht
nur Norwegens grösste, sondern auch eine der schönsten. Ihr Dach ist auf drei
übereinander liegende quadratische Ebenen unterteilt, die jeweils mit einem
runden Turm abgeschlossen werden. Seit diese Stabkirche im dreizehnten
Jahrhundert gebaut wurde, hat sie mehreren Religions-Epochen gedient. Sie ist
heute noch in Gebrauch und steht stolz inmitten eines gepflegten Rasens mit jahrhundertealten
Grabsteinen.
Oslo, Norwegens schmucke Hauptstadt am Fjord
Wir
scheinen ein Talent zu haben, zur falschen Zeit am falschen Ort sein zu wollen.
Wir wollten Oslo bereits im November besuchen, als wir das letzte Mal
hier durchkamen. Wegen eines uns unbekannten Grossanlasses waren aber auch
damals sämtliche Unterkünfte belegt und so verschoben wir unseren Besuch. Nun
machten wir also den nächsten Versuch, aber schon wieder war alles ausgebucht.
Diesmal kam uns der „Concours Eurovision de la chanson“ in die Quere, von dem
wir natürlich nichts wussten. Nachdem wir am Tag vor unserer Abfahrt
stundenlang sämtliche Jugendherbergen und Frühstückspensionen Oslos mit E-Mails
und Telefonanrufen bombardiert hatten, waren wir schlussendlich doch noch
erfolgreich: jemand musste, zu unserem Glück, sein Zimmer annullieren, das er
schon Lichtjahre im Voraus reserviert hatte. So kamen wir in ein nettes B&B,
von dem wir das Zentrum erst noch zu Fuss erreichen konnten.
Als
wir uns Oslo von Westen her näherten, fuhren wir kilometerlang an Sporthäfen vorbei.
Die Norweger lieben es, am und mit dem Meer zu leben.
Als wir im Stadtzentrum ankamen, war die Zeit reif für
unser Abendessen und wir fanden bald ein gutes und preiswertes Sushi Lokal. Norwegen
ist nicht unbedingt ein Paradies für Feinschmecker; das Essen ist hier weder
besonders fantasie-voll noch günstig. Zumindest in der Hauptstadt findet man
noch ein paar Ausnahmen zu dieser Regel. Als wir um 22:30 Uhr satt waren, war
die Sonne gerade untergegangen und wir konnten die Stadt im ansprechenden Dämmerlicht
geniessen. Oslo hat eine gute Mischung von allem: altem und modernem. Die Stadt
ist gut unterhalten und sehr sauber, vielleicht etwas nüchtern. Sie bietet in
jedem Fall ein paar herausragende Sehenswürdigkeiten, die einen Besuch wert
sind.
Oslos
neustes Wahrzeichen steht direkt am Wasser; das im April 2008 eröffnete
Opernhaus. Die Fassade dieses ultra- modernen Gebäudes besteht vor allem aus
Glas, aber auch aus Aluminium. Eine etwa 300 m2 grosse Sektion der
gläsernen Südfassade wurde mit Solarzellen ergänzt. Die Form des Opernhauses
entspricht einem riesigen liegenden Tortenstück auf das ein kleineres Stück in
die entgegengesetzte Richtung gesetzt wurde. Es ist möglich, fast auf den
höchsten Punkt des Gebäudes zu gehen, denn das ganze Dach besteht aus nichts
anderem als aus, teilweise leicht geneigten, teilweise flachen, Terrassen. Sie
sind miteinander verbunden und mit Marmor- und Granitplatten belegt. Der gesamte Aussen- und Dach-Bereich des
Opernhauses ist sogar Skateboard-freundlich ausgelegt – wahrscheinlich ein
cleverer Marketing Trick um die Jugend der Oper näherzubringen.
Nicht
weit vom Opernhaus entfernt liegt der Bezirk mit Oslos neuesten und höchsten
Gebäuden. Diese sind alle sehr modern und passen irgendwie gar nicht so recht
zu Norwegen. Gleich neben diesem futuristischen Quartier steht der
Hauptbahnhof. In der Nähe befindet sich das königliche Schloss, immer noch ganz
im Zentrum. Da die Skandinavier von ihren Adeligen erwarten, dass sie “folkselig”
(volksnah) sind, steht der Schlosspark
der Öffentlichkeit zur Verfügung und der Pöbel kann ungehindert um das Haus der
Königsfamilie herumschleichen.
Für
uns war Oslos Hauptattraktion der beeindruckend grosse Vigeland
Park,
mit Skulpturen, welche vom gleichnamigen Künstler entworfen wurden. Insgesamt
findet man hier 212 Skulpturen aus Granit, Schmiedeeisen und Kupfer. Die
grösste Struktur ist ein17 Meter hoher Monolith, welcher aus 121 ineinander
verschlungenen Körpern besteht. Insgesamt sind 600 nackte Menschen in
verschiedenen Lebenssituationen und fast jeden Alters und jeder Statur
vertreten. Die meisten der Nackten sind lebensgross und lebensgetreu
dargestellt. Der Betrachter kann die portraitierten Situationen leicht
erkennen. Man findet z.B. eine Mutter die ihre Tochter im Teenager Alter
tröstet, spielende Kinder oder einen alten Mann der seine sterbende Frau in den
Armen hält.
Es
dauerte mehrere Jahrzehnte bis dieser Park seine endgültige Form erhalten
hatte. Gustav Vigeland verstarb 1943, sieben Jahre bevor sein Lebenswerk
fertiggestellt war. Ein kleines Museum illustriert den Werdegang der
Skulpturen. Auf Zeichnungen und Bildern sieht man, wie die Figuren entstanden
und an ihren Platz im Park kamen. Beim Eingang, mitten in einem gelben
Tulpenbeet, stand eine Statue Gustav Vigelands, ironischerweise die einzige mit
Kleidern.
Schlussgedanken über Norwegen
Insgesamt
verbrachten wir drei Winterwochen und zwei Frühlingsmonate in diesem
einzigartigen, von Trollen bewohnten Land. Es stimmt: die Menschen sind etwas
reserviert und sehr bescheiden, alles ist etwas teuer und man isst nicht
besonders gut. Bescheiden wie es ist, glänzt Norwegen vor allem mit der
Schönheit seiner Natur, aber alles Hausgemachte sieht oft etwas lottrig oder
schlecht unterhalten aus, dies trifft auch auf die Strassen zu – doch die
Landschaft ist unglaublich spektakulär!
Allen
die etwas mehr über die Eigenheiten der Norweger erfahren möchten, empfehlen
wir das humorvolle Buch „Gebrauchsanweisung für Norwegen“ von Ebba D.
Drolshagen.
Wir
wurden es nicht müde die einmaligen Berglandschaften und die faszinierende
Küstenlinie mit ihren tief eingeschnittenen Fjorden zu bewundern. Da wir
entlang unseres Weges mehrmals Ferienhäuser mieteten, konnten wir die jeweilige
Umgebung immer bei gutem Wetter erkunden. Wenn es schlechte Laune hatte,
blieben wir einfach im Haus oder fuhren zum einkaufen. Wenn wir eine
Reservation für das nächste Haus hatten, mussten wir aber trotz Aprilwetter (im
Mai) weiterfahren. Deshalb erlebten wir wohl den Kystriksveien dieses Mal nicht
als einen ebenso herausragenden Höhepunkt, wie beim letzten Mal.
Als
wir am 31. März in Nord-Norwegen eintrafen, fühlte sich das Klima sofort viel
milder an, als zuvor in Schweden, was sicher auf den Einfluss des Golfstroms
zurückzuführen ist. Trotzdem waren sogar im Süden Norwegens anfangs Mai noch
fast alle Seen gefroren. Mitte Mai sahen wir immer noch viel grössere
Schneemassen entlang Norwegens Strassen, als wir sie während des ganzen Winters
in Schweden je gesehen hatten. Der letzte Schnee fiel Ende Mai, der Frühling
kam aber schlagartig und mit voller Wucht. Die Pflanzen wuchsen genauso schnell,
wie die Tage länger wurden. Schon anfangs April waren die Tage faszinierend
lang und ab Ende April erlebten wir nie mehr eine wirklich dunkle Nacht und dies,
obwohl wir südwärts fuhren.
Dass
wir in der Neben-Saison unterwegs waren, war überhaupt kein Nachteil. Es war
viel schöner in den Dörfern entlang der Küste Fischer anzutreffen, statt lauter
Touristen. Obwohl viele Unterkünfte ihre Saison noch nicht eröffnet hatten, war
es mit etwas Planung immer möglich, ein Bett zu finden.
Einige
Attraktionen, wie die Trollstigen oder der Preikestolen, waren wegen dem Schnee
noch nicht zugänglich. Die weisse Pracht bescherte uns hingegen im Hochland ein
echtes Winter-Wunderland. Die meisten Stabkirchen waren noch bis zur
Hauptsaison abgeschlossen. Wir konnten allerdings immer durch das Grundstück schlendern
und diese schönen Holzkirchen von aussen bewundern – dafür mussten wir weder
Eintritt bezahlen noch warten, bis wir Fotos ohne Bustouristen schiessen
konnten.
Norwegen ist eine grossartige und wirklich
lohnenswerte Destination. Uns hat der Besuch im Winter und Frühling sogar noch
mehr begeistert, als unsere früheren Besuche im Sommer!
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Ein warmer Sommer in Schweden
Von
Oslo fuhren wir in nordöstlicher Richtung nach Kongsvinger. Von dort aus waren
es nur noch etwa 50km zur Schwedischen Grenze bei Torsby, welches
wir am 28. Mai 2010 erreichten. Es war ein sonniger Tag und Schweden
präsentierte sich in den schönsten Frühlingsfarben, genauso wie die meisten
Touristen denken, dass Schweden aussehen muss. Es hatte viele Seen und Teiche,
in denen sich die Wolken wunderschön spiegelten.
Wir
genossen unser Mittagessen in vollen Zügen; hier in Schweden bekamen wir wieder
gutes und preiswertes Essen, statt etwas kaum essbares zu einem überrissenen
Preis, wie im Nachbarland Norwegen. Etwa um 19:00 Uhr promenierte ein grosser
Elch im schönsten Sonnenlicht direkt auf der Strasse auf uns zu. Wir waren so
überrascht, dass wir es nicht einmal schafften ein scharfes Foto von ihm zu
schiessen, bevor er wieder im Unterholz verschwand.
Wir
übernachteten in Mora in einem gemütlichen Hüttchen, welches wir dank eines
Schildes am Strassenrand fanden. Mora liegt zwischen zwei Seen: Orsasjön und
Siljan. Letzteren sahen wir letztmals im Januar, als er steinpickelhart
gefroren und von einer Nebeldecke überzogen war. Im Winter ist Mora das Ziel
des 90km langen Vasaloppet, dem Langlauf-Grossanlass, welcher zu Ehren des
Freiheitskämpfers Gustav Vasa – dem Schwedischen Pendent zu Wilhelm Tell, benannt
wurde.
Eine
alte Dampflokomotive steht am Ufer des Siljansees. Mora ist der südliche
Endpunkt der Inlandbana Eisenbahnstrecke, sowie Ausgangspunkt der Dalabana die
nach Süden führt. Die Stadt ist auch Geburtsort des Malers Anders Zorn, dessen
Aquarelle ihm zu einem Namen und Mora zu Ruhm verhalfen.
Es
dauerte nicht lange bis wir uns nach einem guten Restaurant umsahen. Solche
sind im touristischen Mora nicht schwer zu finden. So genossen wir bald eine
Schwedische Gourmet-Mahlzeit; die erste von vielen.
Am
nächsten Morgen fuhren wir zur Insel Sollerön im Siljansee. Diese ist über
mehrere Dämme mit dem Ufer verbunden. Etwas weiter östlich besuchten wir das
Dorf Siljansnäs, welches majestätisch auf einem Hügel thront. Hier sah es aus
wie im Bilderbuch: sattgrüne Blumenwiesen und lauter typisch rote
Schwedenhäuser. Das Dorf war herausgeputzt und die Leute gingen typischen
Frühlingsaktivitäten nach, wie gärtnern, streichen oder reparieren von Zäunen.
Ferienhaus als privates Naturisten Paradies bei Svanskog
Gegen
Abend erreichten wir unser Ferienhaus in der Nähe von Svanskog, welches wir in
der Vorwoche via Internet reserviert hatten. Es war ein älteres Haus, welches
neu renoviert und angebaut worden war. Der Eigentümer wollte eigentlich diese
Woche noch die letzten Abschlussarbeiten erledigen und war etwas überrascht,
dass jemand dieses Haus so kurzfristig reservierte.
Wir
erklärten ihm, dass wir so kurzfristig gebucht hatten, weil der Norwegische FKK
Verein den wir zuerst besuchen wollten, die Saison noch nicht eröffnet hatte.
Er erwiderte, dass er selbst nie eine Badehose trägt, wenn er im See schwimmen
geht und dass wir es ebenso machen könnten. Er erlaubte uns sogar ums Haus
„ganz uns selbst zu sein“. Im Garten stand ein wunderschöner Apfelbaum in
voller Blüte und wir genossen es, uns darunter zu sonnen.
Wir
konnten es uns kaum vorstellen, dass der Rasen bis vor vier Wochen, d.h. Ende
April, noch unter einer zwei Meter hohen Schneedecke lag. In ganz Skandinavien bricht
der Frühling schlagartig und in voller Kraft aus. Während unserer zwei Wochen
in diesem Ferienhaus, wuchsen überall Lupinen heran und zierten jede Böschung
mit ihren vielfältigen Farben.
Ein
paar hundert Meter vom Haus entfernt, befand sich das Ufer des langgezogenen
Eldan Sees. Dort standen uns eine Feuerstelle, ein eigener Steg, sowie ein
Ruderboot zur Verfügung. Fast täglich ruderten wir hinaus. Wenn wir jeweils
genug Energie hatten, überquerten wir den See und paddelten um die kleinen
Inseln vor dem gegenüberliegenden Ufer. Eine bestand nur aus ein paar Felsen
mit toten Bäumen, welche den Wasservögeln als beliebter Aussichtspunkt dienten.
Das Rudern auf dem See war sehr geruhsam und wir fühlten uns eins mit der
Natur. Die Sonne ging nun etwa um 22:00 Uhr unter und so machten wir manchmal nach
dem Abendessen noch eine „sunset-cruise“. Über das, um diese Zeit spiegelglatte
Wasser zu gleiten, war total idyllisch. Eines Abends, als wir durch den Wald zum
Haus zurückgingen, stand ein junger Elch mitten in unserem Weg und starrte uns
die längste Zeit an, als wollte er fragen: „reicht dies um glückliche Touristen
zu sein?“
Da
die Nächte nun nicht mehr richtig dunkel wurden, konnten die Tiere des Waldes
nicht mehr im Schutze der Dunkelheit auf Futtersuche gehen. So hatten wir das
Glück, dass wir immer wieder Rotwild oder Füchse sahen. Ende Frühling und
anfangs Sommer folgt dem Sonnenuntergang, selbst in Südschweden, eine
stundenlange Dämmerung, wobei die Abenddämmerung ohne Dunkelheit nahtlos in die
Morgendämmerung übergeht.
Svanskog
gehört zu Dalsland, welche eine der
seenreichsten Provinzen Schwedens ist. Sie bietet eine Vielzahl an
Ausflugsmöglichkeiten am und auf dem Wasser und ist landschaftlich sehr
reizvoll. Da uns Heinz‘ Schwester und ihr Partner bald besuchen würden, waren
wir motiviert auszuschwärmen um zu evaluieren, welche Höhepunkte wir ihnen in
ein paar Wochen zeigen wollten. Auf diesen Ausflügen wurde uns erstmals bewusst,
wie kurz die Schwedische Hauptsaison ist. Jetzt, anfangs Juni, erkundigten wir
uns im Verkehrsbüro von Bengtfors nach Bootsmiete für den nächsten Monat. Wir erhielten
folgende Antwort: „Ich würde niemandem empfehlen, hier im Juli ein Boot zu
mieten. Dann wimmelt es auf dem See und in den umliegenden Kanälen nur so von
Booten. Warum mietet ihr euch nicht jetzt ein Boot? Da hättet ihr
wahrscheinlich den ganzen See für euch alleine?“ Später, in Dals Ed,
erkundigten wir uns in der „Moose Ranch“ nach Prospekten. Der Eigentümer
informierte uns, dass sie noch im Druck seien, da die Elch Farm noch nicht
geöffnet war. Er war nur kurz vorbei gekommen, offerierte uns aber spontan
einen Gratis-Eintritt ins Elch-Gehege.
Ein
weiterer Ausflug führte uns ins nahegelegene Åmål, eine ansprechende
Kleinstadt, welche durch den preisgekrönten Film „raus aus Åmål“ (Originaltitel:
fucking Åmål) bekannt wurde. Danach machten wir eine Wanderung im Yttre Bodane
Naturreservat am Vänernsee. Wir besuchten auch das berühmte Aquädukt bei Håverud
und die zerklüftete Vänernküste bei Köpmannebro. Beiden Orten machten wir
bereits im Winter unsere Aufwartung und es war interessant, sie jetzt nochmals
zu sehen. Natürlich hatte die Umgebung jetzt total andere Farben. Nun verkehrten
Boote auf blauem Wasser, statt dass man Eis sah. Dank der Atmosphäre mit der
weissen Schneedecke und dem goldenen Licht, waren die beiden Orte auch im
Winter sehr ansprechend gewesen.
Wir
genossen unsere Ausflüge in vollen Zügen, doch es war auch sehr schön, beim
Haus zu bleiben. Dank dem das tolle warme Wetter anhielt (20°-25°C), konnten wir uns fast täglich in der Sonne aalen und
mit dem Boot hinausfahren. Das Ferienhaus bot allen Luxus: eine kleine Sauna
mit winzigen Sitzbänken, einen Geschirrspüler, eine Waschmaschine und einen
Wäschetrockner. In einem der zwei schön gekachelten Badezimmer stand eine
High-Tech Duschkabine mit Dampf- und Massagedüsen. Damit verbrühte sich Heinz
fast, als er, die Fernbedienung in der Hand, da drin stand und versuchte
herauszufinden, wie dieses moderne Ding funktioniert, ohne sich dabei mit allen
Düsen Wasser ins Gesicht zu spritzen.
Schulabschluss Fest
Nachdem
wir am 11. Juni 2010 von Svanskog Abschied nahmen, ehrten wir, mit unserem
ersten Stopp, eine der wohl bekanntesten Schwedischen Institutionen: IKEA.
Nachdem wir dort die Schwedische, die Chinesische und die Türkische Wirtschaft
anzukurbeln halfen, sahen wir per Zufall eine Feier der Hoffnungsträger für die
Zukunft Schwedens.
Die
Abiturienten von Kristinehamn feierten ihren Schulabschluss. Der Anblick dieser
Jungs und Mädels verhiess für die Zukunft des Landes allerdings nicht allzu
viel Gutes. Grosse, dekorierte Anhänger wurden von Traktoren durch die Stadt
gezogen. Die Schulabgänger johlten in die Menge, sangen und tanzten auf den
Anhängern und betranken sich langsam aber sicher immer mehr. Ab und zu fiel
einer von der Karre - aber einige werden immer (durch)fallen.
Speziell
lobeswert ist aber, dass sage und schreibe 99.5% der Schwedischen Jugend ein
Gymnasium besucht!
Unsere
Reise ging nach einer Weile auf einer malerischen Landstrasse entlang vieler
Seen weiter. Etwas später trafen wir in Nora ein, wo wir ein Zimmer im FKK
Verein bezogen.
Die
Wetterprognose veranlasste uns, rasch nach Stockholm aufzubrechen und das
Entspannen in diesem Verein auf später zu verschieben.
Auf
dem Weg von Nora Richtung Hauptstadt sahen wir immer wieder Lupinen am
Strassenrand. Mit ihren vielen Farben setzten sie einen schönen Akzent. Zum
Mittagessen stoppten wir in Arborga, einem malerischen Dorf mit hübschen
Holzhäusern. Wir gönnten wir uns ein traditionelles Schwedisches Gericht. Im Preis
von SEK 79 (€ 7.90) war auch ein Salatteller, ein Getränk, Kaffee und die
wunderschöne Lage am Fluss mit inbegriffen.
Stockholm: ein Inselreich als Hauptstadt
Am
15. Juni 2010 erreichten wir die Jugendherberge Zinkensdamm in Stockholm, welche wir dank „Google Map
+ Google Street View“ sehr schnell fanden. Wir nutzen diese hilfreichen
Anwendungen öfters und können gar nicht verstehen, weshalb so viele Leute
dagegen sind. Man kann den Datenschutz auch zu ernst nehmen.
Von
dieser Jugendherberge, welche am Rand eines Parkes liegt, kann das Zentrum
bequem zu Fuss erreicht werden. Normalerweise gibt es in Skandinavien keine
Probleme mit Kriminalität, aber hier riet man uns davon ab, unser Auto einfach
entlang der Strasse zu parkieren. Dies hing vermutlich mit den nahegelegenen Bars
zusammen, und so zahlten wir halt die Gebühr für die Tiefgarage im Hostel.
Da es
so aussah, als ob es bald regnen würde, bewaffneten wir uns mit Regenjacke und
Schirm, bevor wir uns aufmachten, die Stadt zu erkunden. Wie immer, wenn man
gewappnet ist, zeigte sich schon bald wieder die Sonne. So konnten wir nun ganz
gemütlich diese 800‘000 Seelen Stadt geniessen, in der es momentan nie richtig
dunkel wurde. Die Metropole Stockholm ist über 14 verschiedene Inseln verteilt,
welche untereinander mit Brücken verbunden sind. Man kriegt hier aber keinen
Inselkoller, denn oft ist das Wasser zwischen den Inseln nicht breiter als ein
Fluss.
Als
seriöse Touristen erkundeten wir natürlich als Erstes die Altstadt „Gamla Stan“
und dies nicht nur, weil hier viele der gastronomischen Höhepunkte der Stadt zu
finden sind… Die mit Kopfstein gepflasterten Strassen und Gassen sind von gut
erhaltenen Handelshäusern gesäumt. Diese erstrecken sich hinauf zur Storkyrka
(grossen Kirche) ganz oben auf dem Hügel. Gleich dahinter erstreckt sich das
königliche Schloss bis hinunter ans Ufer.
Bereits
an diesem ersten Abend kriegten wir einen guten Eindruck der Hauptstadt und es
wurde morgens um 01:00 Uhr bis wir wieder zurück in der Jugendherberge waren.
Am nächsten Morgen war der Himmel wieder stahlblau. Wir hatten das Glück, den
„Montelius Vägen“ zu entdecken. Entlang dieses Pfades hatten wir eine tolle
Aussicht auf die Stadt, währenddem wir entlang Södermalm’s Nordküste, von
Westen her Richtung Gamla Stan gingen. Heute ging unsere Entdeckungstour vom Schloss in
Richtung Helgeandsholmen weiter. Diese kleine Insel beherbergt vor allem das
Schwedische Parlamentsgebäude. Weiter geradeaus über die nächste Brücke,
erreichten wir die belebte Fussgängerzone „Drottninggatan“ (Königinstrasse). Es
handelt sich dabei um eine sehr lange Einkaufsmeile, entlang welcher für
Kaufsüchtige mehr als genug Möglichkeiten geboten werden, um „einzukaufen bis
zum umfallen“. Zur Erholung gibt es aber auch viele Strassencafé’s und
Restaurants. Etwas östlich dieser Fussgängerstrasse befindet sich Sergelstorg,
ein belebter Platz mit dem Kulturhaus, weiteren Geschäften, sowie einem
farbenfrohen Markt. Danach führte unsere Besichtigungstour weiter zu einigen
ansprechenden älteren Gebäuden. Darunter waren z.B. das Hauptpostamt, die
Polizeistation, das Stadttheater, die Oper und das Rathaus. Letzteres ist sehr
schön am Wasser gelegen und hat einen gepflegten Park, der zum Spazieren
einlädt. Am Hauptbahnhof stehen ein paar sehr moderne Gebäude, welche durch das
alte Hauptgebäude ergänzt werden.
Paparazzi wie Sand am Meer
Das
königliche Schloss (Kungliga Slottet) belegt einen grossen Teil von Stockholms
Gamla Stan. Mit seinen 608 Zimmern ist es das grösste Königsschloss der Welt,
das noch heute für seinen ursprünglichen Zweck genutzt wird. Momentan hatten
die Hoheiten alle Hände voll zu tun, denn bis zur Hochzeit von Kronprinzessin Viktoria
mit ihrem Fitness-Trainer Daniel, war es nicht mal mehr eine Woche. Fast jeder
Parkplatz in der weiteren Umgebung ums Schloss war bereits von High-Tech
Ausrüstungen belegt, welche von Schwedischen und internationalen Radio- und
Fernsehstationen angeschleppt wurden. Diese bereiteten sich alle darauf vor,
den grossen Anlass zu übertragen. Die Sattelschlepper der Fernsehgesellschaften
wurden stündlich mehr und viele der Hauptverbindungsstrassen im Zentrum waren
nur noch für Regierungsfahrzeuge und Taxis geöffnet.
Viele
königliche Empfänge fanden bereits vor der “Kungliga Bröllop” (königlichen
Hochzeit) statt, aber die Presse war nicht immer dazu eingeladen. Zwei Mal
beobachteten wir, wie sich Paparazzi in einem Korb von Mobilkränen in
schwinderlerregende Höhen hieven liessen, um mit ihren Kameras in eine
bestimmte Richtung zu zielen. Wir schüttelten nur ungläubig den Kopf und liefen
weiter. Nach ein paar hundert Metern erreichten wir die verankerte Segeljacht A/F
Chapman, welche heute als Jugendherberge genutzt wird. Da wir dort vor ein paar
Jahren in einer Kombüse übernachtet hatten, streckten wir interessiert die Hälse,
um zu sehen, ob dort viel Betrieb herrscht. Und tatsächlich; aber anders als
erwartet. Auf dem Oberdeck drängten sich Paparazzi, die alle ihre übergrossen
Teleobjektive auf den Grossegler „Göteborg“ richteten, welcher in der Nähe vor
Anker lag. Aus reiner Neugier nahm Heinz unsere Kompakt-Kamera hervor und
drückte den magischen Knopf um das Zoomobjektiv voll auszufahren. Er richtete es
in dieselbe Richtung wie die Paparazzi und drückte ab. Ohne zu wissen was
überhaupt los war, schafften wir es als Passanten, ein paar Bilder „der Königs“
zu schiessen. Am nächsten Tag verglichen wir unsere Fotos mit den Bildern, die
wir in den Zeitungen fanden. Wir waren überrascht, dass diejenigen die unter
den übergrossen Schlagzeilen abgebildet waren, kein bisschen besser waren, als
die unseren. Wir haben schliesslich weder Zeit noch Geld investiert um sie zu
machen – aber leider zahlte uns auch niemand etwas dafür…
Die
Stadt Stockholm lud, zusammen mit Sponsoren wie IKEA, Ericsson und Telia, zur
zweiwöchigen Veranstaltung „LOVE 2010“ ein. Genau genommen handelte es sich um
mehrere kleinere Anlässe, wie Konzerte oder Veranstaltungen für Kinder.
In
ganz Stockholm waren Andenken an die königliche Hochzeit ebenso einfach zu
finden, wie das Wasser das die Inseln der Stadt umgibt. Als guter Sohn sandte
Heinz seiner Mutter eine königliche Postkarte, frankiert mit Sondermarken zur
königlichen Hochzeit. Da er es aber nicht lassen konnte, ein paar zynische
Bemerkungen zur abgebildeten Familie auf die Karte zu kritzeln, sorgte sich
seine Mutter anschliessend, wir könnten wegen Majestäts-Beleidigung verhaftet
werden.
Wir
verliessen Stockholm aber genau einen Tag, bevor der Schwedische Normalbürger
Daniel, sein Privatleben im Austausch gegen eine Prinzessin, an die Weltpresse
abgab.
Nur
60km weiter nördlich machten wir als nächstes Halt in Uppsala, einer Stadt mit
180‘000 Einwohnern. Da es hier regnete, gingen wir direkt zum Mittagessen. Wir
könnten uns nun über die Details zu diesem Gourmet Restaurant und die vielen
Geschäfte in denen wir vor dem Regen Zuflucht nahmen auslassen, oder wir können
einfach nur erwähnen, dass die Stadt einen hübschen Eindruck machte.
In
Uppsala sahen wir nicht nur reichlich viel Regen, sondern auch Zeugen einer
reichen Geschichte. Wir wollen damit aber niemanden langweilen, sondern
erwähnen dies nur, weil wir später, als sich die Sonne wieder zeigte, alte
Grabhügel besuchten. Diese stammen aus Vor-Vikinger Zeiten und werden etwa auf
das 6. bis 12. Jahrhundert datiert. An dieser heiligen Stätte wurden damals den
Göttern Menschenopfer dargebracht.
Am
späten Nachmittag fuhren wir auf Nebenstrassen westwärts wieder zurück nach
Nora. Es war viel interessanter die Gegend entlang der Landstrassen zu
erkunden, kostete aber logischerweise viel mehr Zeit, als wenn wir auf der
Autobahn gerast wären. So stoppten wir fürs Abendessen in einem netten
Landgasthof in Norberg. Dort genossen wir einen sehr guten Fisch, sowie eine
typisch Schwedische Spezialität: ein Plank Steak. Dabei handelt es sich um ein
Steak oder ein Fischfilet, welches auf einem Holzbrett gebacken und serviert
wird. Dieses ist von Kartoffelstock umgeben, welcher mittels einer Spritztülle
hübsch garniert wird. Sauce Béarnaise und weitere Saucen runden das Gericht ab.
Naturistengelände Gustavsberg bei Nora
Nora
ist ein bildhübsches Dorf mit vielen schönen Holzhäusern, wie sie für Schweden
so typisch sind. In unserem (Lonely Planet) Reiseführer stand, dass Nora so
hübsch sei, es zieht einem vor lauter Charme die Hose aus („Nora is... clearly
confident in its ability to charm the pants off anyone“). Als wir im Januar
hier gewesen waren, bestaunten wir diesen Ort im Schnee, aber minus 25°C war
definitiv zu kalt, auch nur daran zu denken, irgendetwas auszuziehen…Jetzt lag
der Fall aber ganz anders, und wir zögerten keine Sekunde, uns während unseres
Aufenthaltes in Nora sogar ganz auszuziehen – aber nicht wirklich wegen dem
charmanten Dorf, sondern weil wir hier ein FKK Gelände fanden.
Das Naturistengelände
Gustavsberg liegt an den Ufern des Norasjön Sees, nur etwa 2 km nördlich von Noras
Ortsmitte. Wir übernachteten in einem der 20 preiswerten Zimmer, welche auf
zwei grosse Klubhäuser verteilt sind. Die Zimmer sind klein und nüchtern, die
Gemeinschaftseinrichtungen hingegen, sehr grosszügig und komfortabel. Es gibt
grosse gemütliche Aufenthaltsräume und die Terrassen bieten eine super Aussicht
über den Campingplatz hinunter zum See. In jedem Haus gibt es eine
Gemeinschafts-Küche, in der jedem Zimmer ein grosszügiges Abteil, sowohl im
Kühl-, als auch im Gefrierschrank, zugeteilt ist. Zwei Computer und ein Drucker
sind weitere Annehmlichkeiten, die den Gästen zur Verfügung stehen. WLAN
Empfang ist bis in die hinterste und letzte Ecke des grossen Campingplatzes
möglich.
Als wir am 11. Juni 2010 in Gustavsberg eintrafen,
hatten wir eines dieser grossen Häuser ganz für uns alleine und als wir am 18.
von Stockholm zurück kehrten, war die Situation noch immer dieselbe. Man hatte
uns allerdings bereits bei Ankunft darauf hingewiesen, dass sowohl sämtliche
Zimmer und Apartments, als auch sämtliche Plätze für Wohnwagen über die
Mittsommertage solide ausgebucht seien. Nur für Zelte hätte es dann noch Platz.
So waren wir etwas überrascht, dass vor dem Mittsommerfest, ausser denjenigen
Klubmitgliedern, welche den ganzen Sommer hier verbringen, nur ein paar
Touristen auf dem grossen Gelände waren und dies, obwohl die Schulferien
bereits am 12. Juni angefangen hatten. Dieses Jahr fand die Mittsommer-Feier am
25. Juni statt und wie aus heiterem Himmel kamen hier am 24. Juni innerhalb
weniger Stunden ein paar hundert Schwedische Gäste an. Sie übten sich an der
Rezeption geduldig im Anstehen und bis zum Abend war der FKK Platz Gustavsberg
randvoll. Wohnwagen und Wohnmobile standen an Stellen, wo wir nie gedacht
hätten, dass man überhaupt dorthin kommt, wenn man bedenkt, dass sich das
Gelände an einem Hang befindet. Wir hatten Glück, dass wir diese Nacht noch in
unserem Zimmer bleiben durften, aber am nächsten Tag mussten wir das Zelt
aufstellen, ob wir dies nun mochten oder nicht. Zumindest war der Platz für
Zelte nicht so überlaufen, genauso wenig wie die Küche für Camper. Auch in
Schweden meint man mit „campieren“ eigentlich „Urlaub im Wohnwagen oder
Wohnmobil“.
Das Schwedische Mittsommerfest am 25. Juni 2010
Nach
Schwedischer Tradition, wird am Morgen des Mittsommerfestes eine Birke für die Midsommarstången
(den Maibaum) „geopfert”. Die dünnen Ästchen werden samt Blättern um den
Birkenstamm gebunden. Ein Querbalken wird im oberen Teil angebracht, sodass der
Maibaum nun wie ein Kreuz aussieht. Später wird an dessen äusseren Enden je ein
Ring festgebunden. Diese gelten als Fruchtbarkeitssymbole, denn dieses Kreuz
hat heidnischen, nicht christlichen Ursprung. Danach gehen alle auf die mit
Blumen übersäten Wiesen um Sträusse zu pflücken. Die Blumen werden danach als
Dekoration um den Stamm, und vor allem um die Ringe angebracht.
Wie
auf den meisten Schwedischen FKK Geländen, wird auch in Gustavsberg bei Nora
ein traditionelles Mittsommer-Fest gefeiert und eine Midsommarstånge
aufgerichtet. So konnten wir hier die Vorbereitungen erleben, wollten jedoch
für diesen Anlass, die traditionellen Tänze lieber mit Trachten, als mit Tenü
Splitternackt sehen.
Deshalb
fuhren wir am Nachmittag hinaus, um ein traditionelles Mittsommerfest zu
erleben. Zu unserer Überraschung gab es in Nora selbst keine solche Feier, aber
beim Verkehrsbüro gab man uns eine Liste der geschichtsträchtigen Orte, an
denen sich die Leute versammeln und tanzen. Wir wählten das Mittsommerfest in Siggebohyttans Bergsmansgård aus, wo ein paar alte Minengebäude in ein
Museum umfunktioniert wurden.
Scharenweise
strömten die Familien hierher und machten es sich auf Decken gemütlich. Viele
hatten sich ein Pick-Nick mitgebracht, andere standen in der Cafeteria für
Mittsommer-Kuchen und Kaffee an und es schien so, als ob jeder irgendwann für
Eis anstehen würde. Alkohol wurde weder verkauft noch getrunken und so
herrschte hier eine sehr angenehme Atmosphäre. Viele Kinder und Frauen trugen
einen Blumenkranz im Haar. Nach einer Weile spielte eine kleine Band auf und
eine Volkstanzgruppe begann auf der Wiese zwischen den Gebäuden Tänze
vorzuführen. Nach einer halben Stunde unterhaltsamer und sehr theatralischer
Tänze, folgten wir der Menge, welche sich nun auf eine grössere Wiese begab. Um
15:00 Uhr kam der grosse Moment: die Midsommarstången wurde aufgerichtet. Eine
Vorsingerin stimmte das Mittsommer-Lied (über Frösche) an und die meisten
Eltern mit Kindern schlossen sich dem Reigentanz um den Mai(en)baum an. Es war
sehr süss zuzusehen, wie ernst sich die kleinen Kinder aufs Tanzen
konzentrierten.
Da
uns dieser Anlass sehr gut gefiel und der Nachmittag noch nicht vorbei war, als
es in Siggebohyttan wieder ruhig wurde, gingen wir ins nahegelegene Uskavi, wo
wir ein weiteres Mittsommerfest miterleben durften. Hier begannen die
Festivitäten etwas später und wir trafen fast gleichzeitig mit der Tanzgruppe
ein. Auf der einen Seite gefiel uns hier die Umgebung am Ufer eines Sees mit
vielen Inseln recht gut, aber auf der andern Seite war der Standort dieses
Schauplatzes, der inmitten eines Feriendorfes mit Campingplatz lag, bei weitem
nicht so idyllisch, wie der Festplatz zwischen den historischen Gebäuden in
Siggebohyttan.
Um
diesen perfekten Tag abzurunden, wollten wir uns mit Schwedischer Gourmet-Küche
verwöhnen. Da wir ja jeden Abend in Nora einkehren könnten, entschieden wir,
woanders nach einem geeigneten Lokal Ausschau zu halten. Da ‚stor‘ in der
Schwedischen Sprache gross bedeutet, hofften wir, dass uns in der Stadt Stora
eine grosse Auswahl an Restaurants erwarten würde. Zu unserer Überraschung war
der Ort so klein, dass wir ihn erst kaum finden konnten, und Restaurants schon gar
nicht! In den nächsten paar Orten sah es kein bisschen besser aus, aber
schlussendlich landeten wir in Lindesberg, wo es tatsächlich eine grosse
Auswahl an Speiselokalen gibt. Leider nützte uns dies nicht viel, denn wir
merkten sehr bald, dass am Mittsommerabend die meisten geschlossen sind. Die
Schweden feiern nämlich vorwiegend mit Freunden, entweder zu Hause, oder aber
in den Ferien auf einem Campingplatz, in einem Hotel, oder in einem Sommerhaus.
Nachher will niemand mehr auf die Strasse – viele wollen sich betrinken!
Schlussendlich
war uns aber das Glück doch noch hold; nur zwei Lokale hatten geöffnet und
dasjenige, welches wir aussuchten, kochte wirklich hervorragend. Am
darauffolgenden Tag sieht die Sache dann ganz anders aus; eine ausgelaugte
Kellnerin jammerte, dass ihr Lokal am Mittsommerabend total leer gewesen war,
am nächsten Tag hingegen total überrannt wurde, bis alle Vorräte aufgegessen
waren.
Die wahren Süchte der Schweden...
Nach
diesem erlebnisreichen Tag waren wir am Mittsommerabend um 23:00 Uhr wieder
zurück im Naturisten Verein. Auf dem Campingplatz war es erstaunlich ruhig,
aber als sich Heinz um Mitternacht noch in die Sauna am See aufmachte, war es
fast, als träte er in ein Wespennest. Er fand dort etwa 40 betrunkene Männlein
und Weiblein, denen es offensichtlich nicht bewusst war, dass ihr Bad nach der
Sauna ihr letztes sein könnte…
In
Schweden sind ausgiebige Trinkorgien wie eben am Mittsommerabend, eher die
Ausnahme als die Regel. Aus unerklärlichen Gründen scheinen die Skandinavier
einfach die gesamte Statistik auf einmal zu trinken. Schweden (und auch
Norwegen) haben sehr strenge Alkoholgesetze. Folgedessen haben die beiden
Länder Europas niedrigste Alkohol-Konsum und Abhängigkeitsraten. In 2009 hiess
dies, dass die Schweden pro Kopf jährlich 4,9 Liter und die Norweger 4,4 l
reinen Alkohol trinken. Der unrühmliche Weltmeister Deutschland versäuft mit
10,2 l mehr als das Doppelte. (Zahlen von 2009) Bevor Schweden der EU beitrat,
lag sein Alkoholkonsum sogar noch etwa 20% tiefer, aber eine eher unsinnige EU
Vorschrift zwang das Land, die Einfuhrbestimmungen für die Droge Alkohol zu
lockern.
In
der Tat sind nicht allzu viele Schweden Alkoholabhängig, die meisten scheinen
aber süchtig nach Eiscrème zu sein, genauso wie die meisten Skandinavier. Auch auf
dem FKK Camping Gustavsberg hörten wir wieder die bekannte Melodie “The
Entertainer” von Scott Joplin. Es ging nicht lange und der Eis-Verkaufswagen
von „HemGlass“ war von einer Schar Kinder und Erwachsener umgeben. Obwohl die
meisten nur für 2-3 Tage hier blieben, hielt sie dies nicht davon ab, die
handlichen Familienpackungen mit 20-50 assortierten Eis-Spezialitäten zu
kaufen. Wir erinnerten uns daran, wie einmal einer dieser Verkaufswagen mitten
im Winter bei Minus 25°C aus dem Schnee auftauchte und immer noch ein gutes
Geschäft machte. Als wir dies den umstehenden Naturisten erzählten, meinten sie
nur: „natürlich essen wir im Winter auch oft ein Eis, wir gehen damit einfach
nicht auf der Strasse spazieren“.
Gesellige Zeit im Verein
Nachdem
wir Schweden zuerst in einem der kältesten Winter seit langem erlebt haben,
wurden wir danach mit einem sehr warmen Sommer belohnt - die Temperaturen
stiegen teilweise bis auf 33°C. Zum Glück (für uns) regnete es aber am Morgen
des 26. Juni, dem Tag nach dem Mittsommerfest, was ein paar Urlauber dazu
veranlasste, den Verein früher zu verlassen, als ursprünglich geplant. So
konnten wir nach nur einer Nacht im Zelt, in einem der Gebäude des Vereins
bereits wieder ein Zimmer beziehen. Während der nächsten Tage sind viele Leute
abgereist.
Sie
wurden aber sogleich wieder von anderen Familien ersetzt, welche hier ihren 1-2
wöchigen Urlaub verbrachten. Dies war recht schön, da wir nun die meisten anderen
Gäste etwas besser kennenlernten und oft mit ihnen, entweder beim grillieren
oder beim Kaffee (aus unserer Espresso Maschine) in der Küche, oder dann auf
der Terrasse, zusammensassen. Oft waren bei diesen geselligen Zusammenkünften
die halben Gäste des Hauses dabei, während die andere Hälfte versuchte zu
schlafen. Dies war nicht wirklich ein Problem, wie eine ältere Dame sich
ausdrückte: „im Zimmer nebenan schläft mein Mann und er ist schwerhörig. Ich
werde nicht vor den letzten ins Bett gehen, also haben WIR überhaupt kein
Problem…“
In
der meist total gemischten Gruppe aus Jungen und Alten, Schweden und
Ausländern, Armen und Reichen, herrschte eine tolle Atmosphäre. Wer Englisch
spricht, hat es in Schweden einfach, denn die meisten Einheimischen sprechen
sehr gut Englisch und lieben die Geselligkeit.
Oft
sassen wir auch mit Robin + Ray zusammen, zwei Holländern, die hier zelteten. Bei
unserem eintägigen Camping-Intermezzo waren die beiden unsere Nachbarn. Sie
waren verwundert, als ihnen bewusst wurde, dass sie offensichtlich die einzigen
auf dem Platz waren, die wirklich zelten wollten. Robin + Ray brachten es auf
den Punkt: „ausser uns betrachten wohl alle die Zeltwiese nur als Warteraum,
bis ein Zimmer verfügbar wird. Sobald eines frei wird, ist jeder in Null Komma
Nix umgezogen“.
Ansonsten
hatten wir aber sehr viel gemeinsames, da die zwei auch zur Gattung der
Globetrotter gehören. Momentan waren sie gerade für 6 Monate unterwegs und
hatten schon früher mehrere längere Reisen in der ganzen Welt unternommen. So
hatten wir natürlich jede Menge Gesprächsstoff.
Der
FKK Camping Gustavsberg ist ein Vereinsgelände und gehört zur “Naturistföreningen Bergslagens Solsport”.
Viele Vereinsmitglieder verbringen hier den ganzen Sommer. Sie wechseln sich
bei den Unterhalts- und Reinigungsarbeiten ab. Der Sanitärblock war immer
quietsch-sauber. Sogar diejenigen Mitglieder die körperlich nicht mehr ganz so
fit waren, halfen, wo immer sie konnten. Ab und zu wurde der Rasen sogar
täglich gemäht – wohl um dem Ausdruck „Vereins-Meier“ gerecht zu werden… Die
Gebäude werden regelmässig neu gestrichen, oft natürlich im typischen Falu
Rödfärg.
Die
Geräte auf dem Kinderspielplatz, wie auch das Floss und die zwei Badestege,
wurden erst ganz kurz vor Saisonbeginn wieder montiert. Da die Seen jedes Jahr
einfrieren, müssen in Skandinavien alle schwimmenden Gerätschaften an Land
gebracht werden, bevor der Winter einbricht.
Als
eine selbst auferlegte Regel, wollen die Vereinsmitglieder nicht mehr als die Hälfte
der 20 Zimmer und 100 Camping-Plätze belegen. Die übrigen sind für Gäste aus
dem In- und Ausland reserviert. Der Verein machte die Erfahrung, dass auf dem
Gelände eine viel bessere Atmosphäre herrscht, wenn sich Dauermieter und
Urlauber gut mischen und die Atmosphäre war hier wirklich grossartig!
Auch bei Ausländern ist Gustavsberg sehr beliebt. Die tolle Lage am See
erinnert irgendwie an die Essenz Schwedens, welche wir hier, an dieser
reizvollen Lage, in zwei der extremsten Formen erleben durften: im Winter
trugen wir Thermo-Unterwäsche und genossen, bei minus 25°C, die Sicht über den
gefrorenen See, während wir uns jetzt, im Sommer, splitternackt in der Sonne
aalten und zur Abkühlung in den 25°C warmen See sprangen!
Der
Platz war nun sehr belebt und alle beschäftigten sich mit irgendetwas wie
sonnenbaden, schwimmen, Sport treiben oder schwitzen in der Sauna am See.
Gemäss dem Schwedischen ‚allemansrätten‘ (Jedermanns-Recht) müssen Gäste, die
nur zum Sonnenbaden und Schwimmen hierher kommen, nicht einmal Eintritt
bezahlen.
Wir
genossen es, dass Noras Ortszentrum in einem schönen zwanzig minütigen
Spaziergang erreicht werden kann. Dort gibt es nicht nur ein paar gut sortierte
Supermärkte und eine gute Auswahl an Speiselokalen, sondern auch „Nora Glass“
was schon fast eine Institution ist. Hier werden täglich drei wechselnde
Eissorten hergestellt und feilgeboten.
Für
uns war Nora im Winter irgendwie noch etwas charmanter gewesen, aber jetzt im
Sommer war es sicherlich das FKK Gelände, das uns „vor Charme die Hosen auszog…“
Ausflüge nach Pershyttan und Örebro
In
der Gegend um Nora gibt es viele Seen mit Inseln. Obwohl es hier etwas
touristisch ist, ist diese Region im Sommer nicht so überlaufen, wie manche Ferienorte
an der Küste. Dasselbe gilt auch für Pershyttan,
ein gut erhaltenes Eisenbergwerk aus dem 14. Jahrhundert, welches nun ein
Museum mit Vorführungen ist. Während des Sommers fährt eine Dampfeisenbahn von
Nora zu dieser Mine und ihrem Arbeiterdorf. Es gibt geführte Touren und in den
ehemaligen Werkstätten sind Ausstellungen eingerichtet, in denen der damalige
Eisenabbau erklärt wird. Sehr beeindruckt hat uns das 11 Meter hohe Wasserrad, dessen
Energie über ein System zusammengefügter Balken übertragen wird. Weil diese
Holzstangen asymmetrisch an den Radseiten befestigt sind, bewegen sie sich vor-
und rückwärts. Die beiden Gestänge aus aneinander befestigten Holzlatten sind
unglaublich lang. Sie ziehen sich einen Hang hinauf und transportieren so die
Energie des Rades bis zu zwei Grubenschächten. Diese beeindruckende
Konstruktion wurde erst 2005 renoviert.
Örebro ist eine hübsche Stadt, etwa 4 Schwedische
Meilen südlich von Nora. Für diejenigen, welche diese Masseinheit noch nicht
kennen; wenn Schweden von 4 mil sprechen, meinen sie 40 Kilometer, denn eine
Schwedische Meile entspricht 10 (Bünzli-Schweizerischen) Kilometern (oder
32‘808 stinkigen Englischen Fuss).
Zurück nach Örebro: Jetzt im Sommer präsentierte sich die Stadt mit einer ganz
andere Atmosphäre, als während unseres Besuches im Winter. Nun wimmelte es
nicht nur in den Strassen, sondern auch in den Gartencafés, von Menschen.
Restaurants,
welche im Winter kaum Gäste hatten, waren nun berstend voll und es sind nun
noch viele weitere Lokale dazugekommen. Offensichtlich lieben die Schweden
Gartenrestaurants im Sommer über alles. Bevor wir uns ihnen anschlossen, hatten
wir aber das Bedürfnis, die Sehenswürdigkeiten der Stadt nochmals abzuklappern.
Das
Wasserschloss Vasa reflektierte wunderschön im Wasser. Wir folgten dem Fluss,
der uns von den Häusern weg in einen Park führte. Hier blühten reihenweise
bunte Blumen und auf dem Spielplatz wimmelte es von Kindern. Schon bald
erreichten wir das Museumsdorf Wadköping mit seinen vielen, gut erhaltenen
alten Holzhäusern. Die Fenster waren nun nicht mehr, wie im Winter mit
Eisblumen, sondern mit etwas zeitgemässem dekoriert. Weil es schon etwas spät
war, hatten die meisten Geschäfte bereits geschlossen und die Schauspieler, die
hier traditionelles Leben in althergebrachten Kostümen mimen, waren schon
heimgegangen, aber wir konnten trotzdem gemütlich durch die Gassen schlendern.
Zurück
im Zentrum bewunderten wir noch das wunderschöne Stadttheater, das sich im
Fluss spiegelte. Nicht viel weiter erreichten wir die Ågatan 3. Dies ist nicht nur eine Adresse, sondern auch gleich der Name eines
Schwedischen Gourmet-Tempels, welcher im „White Guide“ gut bewertet ist. Dieser
ist, wie wir (leider erst) hier erfuhren, das Schwedische Pendent zum Gault
Millau oder Michelin Führer. So genossen wir eine wahre Schlemmermahlzeit.
Auf
unserem Weg zurück nach Nora sahen wir am Strassenrand schon wieder einen
grossen Elch und waren froh, dass wir relativ langsam fuhren, als die
Schnellstrasse den Wald durchquerte.
Am 3.
Juli verabschiedeten wir uns im FKK Gelände Gustavsberg und schlüpften in
unsere T-Shirts, die wir als Abschiedsgeschenke bekamen. So konnten wir mehr
als nur gute Erinnerungen an Gustavsberg mitnehmen, als wir an die Westküste
weiterfuhren. Auf unserer Fahrt entlang des Nordufers des Vänern Sees waren wir
etwas verdutzt, dass wir bereits erste Anzeichen von Herbstfarben an Bäumen und
Farnen entdeckten. Es ist unglaublich, wie schnell die Natur in Skandinavien
voranschreitet!
Mieten von Ferienhäusern
Unser
nächstes Ferienhaus war das zweite, das wir direkt vom Eigentümer, und nicht
über eine Agentur mieteten.
Wie
wir unsere Skandinavischen Ferienhäuser jeweils fanden, erklären wir ein paar
dutzend Seiten weiter oben (nördlich), unter dem Paragraphentitel „Mieten von
Ferienhäusern in Skandinavien“.
Familientreffen im Ferienhaus bei Hunnebostrand
Am 3.
Juli 2010 erreichten wir am späten Nachmittag unser nächstes (und letztes) Ferienhaus
bei Hunnebostrand an der Bohuslän
Küste. Dieses war kein klassisches Ferienhaus, sondern das Einfamilienhaus
der Besitzer, die es während ihren eigenen Sommerferien vermieten. Sie stellen
ein paar persönliche Dinge beiseite, markieren ein paar Schränke mit einem
Zettel „privat“ und vertrauen darauf, dass sich ihre Mieter nicht mit dem
ganzen Hausrat aus dem Staub machen. Nachdem uns ihre erwachsene Tochter
empfangen und das Haus gezeigt hatte, brachen wir zum Flughafen Göteborg auf.
Dort nahmen wir Heinz’ Schwester Edith mit ihrem Mann Karl in Empfang, welche
die nächsten 15 Tage mit uns verbrachten. Da wir erst um 02:00 Uhr morgens mit
ihnen im Haus eintrafen, verschoben wir die genaue Besichtigung unseres
Domizils und seiner Umgebung auf den Morgen.
Das
Anwesen stand ganz alleine zwischen Wald und Wiesen und hatte einen schön
gestalteten Garten. Es gab nur wenige Häuser und einen Golfplatz in der näheren
Umgebung. In einem Fotoalbum sahen wir, wie das Haus immer wieder an- und umgebaut
wurde. Momentan hatte es zwei Schlafzimmer und eine Wohn-Küche mit drei-geteiltem
Wohnzimmer.
Es
gab ein riesiges Badezimmer, einen grosszügigen Wintergarten und eine gewaltige
Terrasse. Es waren aber nicht alle Einrichtungen funktionstüchtig, bzw. zu
unserem Gebrauch gedacht, wie z.B. die Klima-Anlage oder die Sauna. Hingegen
standen uns ein Geschirrspüler, eine Waschmaschine samt Trockner, ein kleines
Sprudelbad, sowie ein riesen Kühlschrank mit Eiswürfel Maschine zur Verfügung.
Sehr
bald entdeckten wir, wie überlaufen und hektisch es in einigen der
nahegelegenen Perlen der Bohuslän Küste zuging und so genossen wir jeweils die
Ruhe und das Entspannen um unser Haus umso mehr, nachdem wir von
erlebnisreichen Erkundungstouren zurückkehrten. Der einzige „Nest Eindringling“
war die angeblich scheue Katze, von der man uns erzählt hatte, dass sie sich
nie zeige, wenn Fremde im Haus seien. Ganz offensichtlich befriedigte sie der
Fütterungsautomat in der Garage nicht vollständig und so suchte sie schon bald
unsere Gesellschaft.
Wettermässig
gab es überhaupt nichts zu motzen: Viel Sonne, hohe Temperaturen und etwa jeden
dritten Tag etwas Regen, sodass man auch mal ein Buch zur Hand nehmen konnte.
Aufwendiges Kochen nahmen wir (hier) nicht ins Programm – entweder feuerte Kari
den Grill ein, oder wir liessen uns vom „White Guide“ zu einem gut bewerteten
Gourmet Tempel führen.
Besichtigungstouren an der Bohuslän Küste
Natürlich
schwärmten wir oft aus um die Höhepunkte der Bohuslän Küste zu entdecken. Diese
erstreckt sich in etwa nördlich von Göteborg bis hinauf zur Norwegischen
Grenze. Es handelt sich um eine dramatische und wunderschöne Schärenküste. Die
kleineren Inseln bestehen typischerweise aus glatten roten Granitfelsen, auf denen
überhaupt nichts wächst; bloss nackter Fels. Sie stehen in starkem Kontrast zu
den unzähligen, üppig bewachsenen Inselchen in den Schwedischen Seen. Auf
grösseren Inseln und entlang der Küste findet man an der Bohuslän oft ebenfalls
nackten Fels. Beeindruckende Brücken und kostenlose Autofähren verbinden die
bewohnten Inseln und das Festland. Die Bohuslän Küste ist eine sehr beliebte
Destination für Angel- und Badeferien, doch wir beschränkten uns auf
Besichtigungstouren.
Entlang
der Küste gibt es viele malerische Fischer- und Feriendörfer. In den meisten
gibt es zusätzlich zu den kommerziellen Fischerhäfen jeweils noch sehr beliebte
Sporthäfen. Die touristischsten Dörfer haben eine „Bryggan“ (Fussgängersteg
entlang des Wassers), welche jeweils mit Cafés und Souvenir-Shops gesäumt ist.
Aber auch diese Ortschaften sind alle bildhübsch und natürlich gewachsen. Es
gab so viele die uns gefallen haben, es ist eigentlich unfair, dass wir nur ein
paar herausragende erwähnen: Grundsund, Fiskebäckskil, Mollösund und
Klädesholmen. Andere wie z.B. Bovallstrand, heben sich durch ihre phantastischen
Aussichtspunkte, oder natürlich gehaltenen Strandbäder auf- und zwischen den
Felsen, ab.
Nicht
ganz überraschend, sind unsere langjährigen Favoriten Smögen und Fjällbacka von
anderen schon lange vor uns entdeckt worden. Obwohl wir beide Orte aus der
ruhigen Reisezeit kennen, sind sie dennoch auch jetzt wirklich lohnenswerte
Reiseziele. Als wir kurz vor Weihnachten zum letzten Mal hier waren, hatten wir
weder ein geöffnetes Souvenir Geschäft, noch einen anderen Touristen gesehen.
Jetzt im Juli, herrschte hier natürlich eine ganz andere Atmosphäre; gelinde
gesagt, wimmelte es auf Smögens Bryggan nur so von Menschen. Im Gästehafen
lagen pro Anlegestelle bis zu sieben Boote nebeneinander vor Anker.
Wahrscheinlich waren die meisten Freizeitkapitäne eh hier, um zu sehen, und
gesehen zu werden. Da die meisten bis spät in die Nacht hinein auf ihren Booten
Party feierten, wäre wohl keiner fit gewesen, frühmorgens abzulegen. Es ist
sicher kein leichtes Unterfangen, ein einzelnes Boot aus diesem Wirrwarr
auszufädeln.
Dessen
ungeachtet, reflektieren die bunten Fischerschuppen, am Ende des langen
Fussgängerstegs, wie eh und je majestätisch im Wasser. Wenn wir noch weiter zu
den Felsen hinter dem Hafen ausschwärmten, konnten wir uns dem Touristengewühl
sogar ganz entziehen. Ausser uneingeschränkter Sicht aufs Meer, fanden wir dort
auch ein paar Fisch-Verarbeitungs-Fabriken. Smögen hat sich mit dem Fang von Hummer
und Garnelen (Smögen Räkor) einen Namen gemacht. Im Sommer werden diese
Delikatessen in vielen Lokalen entlang der „Bryggan“ angeboten. In Schweden ist
es übrigens nicht ungewöhnlich, auch inmitten der Touristenmeilen
ausgezeichnete Restaurants zu finden!
Viele
Sportboote die in Smögen anlegen, sind im Besitz von Norwegern. Auf ihrem Weg
entlang der Küste, wählen viele das ruhige Wasser des Sote Kanals als Passage.
Motorboote können ungehindert durchfahren, doch die Brücke nach Ramsvikslandet
ist für Segeljachten nicht hoch genug. Da sie als Schwenkbrücke konstruiert
wurde, müssen sich Jachten und Autos beim Warten abwechseln. Jetzt im Sommer,
muss man nie lange warten bis sich die Brücke öffnet und ein paar Segelbooten
die Durchfahrt ermöglicht. Etwa 4.8km der 7km langen Passage sind künstlich
angelegt. Jetzt im Jahr 2010 konnte der „Sotekanalen“ schon sein 75. Jubiläum
feiern. Jedes Jahr benutzen etwa 60‘000 Freizeitkapitäne diesen malerischen 15
Meter breiten Kanal, doch für die kommerzielle Schiffahrt ist er bedeutungslos.
Auch
der Bootshafen von Fjällbacka, etwas weiter nördlich, war nun randvoll. Da
Ingrid Bergman in diesem hübschen Küstendorf ihre Ferien verbrachte, ist es
noch mehr zu Ruhm gekommen. Einige Jahrzehnte später, schrieb Astrid Lindgren das
Kinderbuch „Ronja Räubertochter“. Episoden zur Verfilmung wurden hier in der
Kungsklyfta (Königs Kluft) aufgenommen. Mittels Treppen und Holzstegen gelangt
man in diese spektakuläre Schlucht, welche sich in den Felsen, direkt über dem
malerischen Dorf, befindet. Die Wände dieser Felsspalte sind recht hoch, doch
was den engen Durchgang wirklich beängstigend macht, sind die tonnenschweren
Felsbrocken, welche zwischen den Wänden eingeklemmt sind. Wer den Mut aufbringt,
darunter durchzugehen und das Glück hat, nicht wegen einem Erdbeben von einem
Felsbrocken zerquetscht zu werden, wird später auf einem Aussichtspunkt über
den Felsen mit atemberaubender Sicht auf Fjällbacka und die Küste belohnt. Zur
Feier, dass wir dieses Abenteuer überlebt hatten, begaben wir uns alle vier in
ein preisgekröntes Lokal direkt am Hafen und schwelgten in der Schwedischen
Gourmetküche.
Wo auch immer wir an der Bohuslän Küste durchkamen, begeisterte uns die
Landschaft und jedes einzelne der bildhübschen Dörfer. Wir hielten immer wieder
an um Bilder zu schiessen. Einige der besten entstanden auf den hohen Brücken
und auf Autofähren.
Begegnung mit Elchen
Wir mussten
natürlich dafür sorgen, dass auch unsere Kurzzeit-Urlauber den Elch, das
Wahrzeichen der Schwedischen Wälder, kennen lernen. So fuhren wir erneut zur „Moose
Ranch“ in Dals-Ed. Während unseres Skandinavien-Jahres hatten wir
dieses beeindruckende Säugetier in sehr unregelmässigen Abständen gesichtet;
manchmal nur alle paar Monate, manchmal aber auch täglich. Während es Touristen
kaum erwarten können, einen Elch zu sehen, sind die Einheimischen froh, keinem
zu begegnen, da diese ein grosses Unfallrisiko darstellen. Allein in Schweden
sind Elche jeden Tag für durchschnittlich zehn Unfälle verantwortlich. Diese
enden oft für alle beteiligten tödlich. Im Gegensatz zu vielen Touristen
montieren Schweden nie einen Elch-Aufkleber an ihrem Fahrzeug.
Natürlich
posieren freilebende Elche nie so lange, bis Touristen in ihrem verzweifelten
Versuch, ein Foto zu machen, erfolgreich waren. Wenn man am Strassenrand
anhält, rennt erstens der Elch davon, und zweitens werden die einheimischen
Automobilisten ungeduldig. Deshalb war die Elchfarm auch für uns die erste
Möglichkeit, diesen Tieren ohne Gefahr für beide Seiten, nahe zu kommen und sie
in aller Ruhe fotografieren zu können.
Auf
der „Moose Ranch“ hatte es einen grossen Bullen, vier Teenager und vier
Jungelche, welche erst ein paar Wochen alt waren. Der Besitzer der Farm gab
sein Wissen bereitwillig den Besuchern weiter, von denen etwa 10 zugegen waren.
Die meisten Besucher sind überrascht, wie langbeinig diese Tiere sind, obwohl
die Skandinavische Gattung kleiner ist, als ihre Nordamerikanischen Verwandten ‘the
moose’.
Hier
können ausgewachsene Bullen über 500 kg schwer werden und ihr Geweih kann zwei
Meter Spannweite erreichen. Heute leben jeweils vor der Jagdsaison etwa 400‘000
Elche in den Schwedischen Wäldern, und etwa 300‘000 nachher. Die Tiere vermehren
sich sehr schnell, aber der Mensch versucht ihren Bestand zu kontrollieren, um
den Schaden an Wäldern und das Unfallrisiko auf den Strassen zu begrenzen.
Diese Zahlen gelten allein für Schweden, doch der Elch ist in der gesamten
nördlichen Hemisphäre verbreitet; von Alaska über Kanada und Skandinavien bis
in den Osten Sibiriens. Mit dem Kalten Krieg hatten die Elche überhaupt kein
Problem. Sie fühlen sich in Temperaturzonen zwischen 10°C plus und 20°C minus am
wohlsten, doch sie können auch Temperaturen bis minus 50°C problemlos
aushalten.
Ausflüge ins Landesinnere nach Dalsland
Damit
Edith & Kari ein umfassenderes Bild vom typischen Schweden erhalten,
machten wir mit ihnen Ausflüge zur Dalsland Provinz im Landesinnern, wo Wälder
und Seen dominieren. Die Elch-Farm war erst der Anfang, aber eigentlich wollten
wir in erster Linie die Seen und Wälder geniessen. Von letzteren kriegten wir
aber bald mehr als uns lieb war. Als wir einem, wie wir dachten, gut markierten
Waldpfad bei Färgelanda folgten, verirrten wir uns schlussendlich total im
Gehölz. Nach einer Weile kamen wir in ein Gebiet das so stark abgeholzt worden
war, dass wir weder die Markierungen noch den Pfad finden konnten. Wir
brauchten ziemlich lang bis wir wieder aus diesem Chaos von Mikado-Baumstämmen
herausfanden und, mit zerkratzten Beinen, zurück in die Zivilisation kamen.
Wir
liessen uns aber nicht entmutigen und kamen an einem anderen Tag zurück nach
Dalsland. Diesmal hielten wir uns allerdings an Attraktionen, die von
Menschenhand geschaffen wurden. In Mellerud, am Westufer des Vänernsees
besuchten wir eine Glasbläser
Werkstatt. Hier folgten wir einer Vorführung wie Glas geformt wird, widerstanden
aber der Versuchung, im dazugehörenden Souvenir Shop etwas zu kaufen.
Fahrt mit einer Draisine
Nach
einem leckeren Thailändischen Mittagsbüffet fuhren wir nordwärts weiter nach
Forsbacka bei Åmål. Hier machten wir etwas wirklich touristisches, das Spass
macht und ebenfalls zu Schweden gehört wie Volvo (bevor die Marke zuerst von
den Franzosen, dann den Amerikanern und nun den Chinesen gerettet wurde): wir
mieteten Draisinen. Nach einer kurzen Einführung kriegten wir
zwei dieser Schienen-Gefährte, welche wie ein Fahrrad angetrieben werden und
noch mit einer Bank für Passagiere ausgestattet sind. Die stillgelegte
Schienenstrecke führte uns durch typische Dalsländische Landschaften mit Wäldern
und blauen Seen, in denen sich die Bäume spiegelten. Wir hatten das Glück, dass
uns nur zwei andere Parteien entgegen kamen, da eines der schweren Gefährte zum
Kreuzen aus den Schienen gehoben werden muss. In eine Richtung hat der
„Verkehr“ jeweils Vortritt und da dies unsere war, hatten wir doppelt Glück. In
etwas weniger als zwei Stunden radelten wir 14 km durch malerische Landschaften
bis nach Svanskog, dem Dorf wo wir vor einem Monat ein Ferienhaus gemietet
hatten.
Der
Bahnhof war geschlossen, da der Touristenzug mit Dampflokomotive vorübergehend eingestellt
werden musste, nachdem ein Gewitter die Gleise ausgewaschen hatte. Wir holten
uns ein Eis und machten ein paar Gruppenfotos um das alte Dampfross, bevor wir
unsere beiden Draisinen wieder aufs Gleis zurück hoben. Es war bereits 18:00
Uhr, als wir wieder zurück strampelten. Das Licht war nun besonders schön, nur
im kurzen Tunnel war es noch genauso dunkel wie bei der Hinfahrt… Auf den
Abschnitten, wo wir uns vorher anstrengen und keuchen mussten, rollten die
Wagen nun fast von alleine, und natürlich auch umgekehrt. Im Grossen und Ganzen
war es eine leichte Strecke, doch es war ideal, dass wir den menschlichen Motor
von Zeit zu Zeit wechseln konnten. Das ländliche Schweden liess sich mit
unserem Draisinen-Ausflug auf beschauliche Art erleben und es begeisterte uns
vier Junge um die fünfzig alle sehr!
Nachdem
wir die Draisinen abgegeben hatten, war noch genug Energie übrig, um den
Aquädukt und die Schleusen bei Håverud zu besichtigen. Es war nun zwar der
richtige Monat um den Bootsverkehr zu beobachten, doch 21:00 Uhr war definitiv
die falsche Zeit. Die Touristen-Lokale liefen aber auf vollen Touren und die
Menschen genossen es, entlang des Dalsland
Kanals im Gartenrestaurant zu sitzen. Wir machten mit und bestellten uns ein
paar typisch Schwedische Sommerspezialitäten mit handgeschälten Garnelen.
Während unserer 2 ½ stündigen Rückfahrt nach Hunnebostrand sahen wir am
Strassenrand mehrmals Rehe, einen Fuchs und sogar einen Elch.
In
den nächsten Tagen schwärmten wir nochmals aus in die Fischerdörfer an der
Bohuslän Küste, machten ein paar Wanderungen und Spaziergänge, oder entspannten
einfach in unserem Ferienhaus.
Kurzvisite in Göteborg; der zweitgrössten Stadt Schwedens
Am
17. Juli packten wir unsere sieben Sachen wieder zusammen und fuhren Richtung
Göteborg – aber nicht ohne in der Villa Sjötorp, einem altehrwürdigen Restaurant ausserhalb
von Ljungskile, eine Mittagsrast einzulegen. Nachdem wir unsere Gaumen verwöhnt
hatten, fuhren wir weiter nach Mölnlycke. Inmitten eines schönen Parkes fanden
wir das eindrückliche alte Herrenhaus Wendelsberg, das heute auch als
Jugendherberge dient. Die wunderschöne alte Holzvilla aus dem 19. Jahrhundert
beherbergt die Rezeption und den Speisesaal des „Vandrarhem’s“. Unsere Zimmer
befanden sich aber in einem modernen Gebäude. Wir bekamen ein sogenanntes
„Familien Duplex“ wo sich zwei Zimmer ein Bad teilen – gerade richtig für zwei
Paare. Mit SEK 370 (€ 37) pro Doppelzimmer plus SEK 70 pro Frühstück, war der
Preis sicher nicht überrissen. Bettwäsche und Reinigung konnten für eine
Zusatzgebühr bestellt werden. Wendelsberg ist eine unter vielen Schwedischen Unterkünften,
die dem Jugendherbergs-Verband (Hostelling International) angeschlossen sind
und zum Budget-Preis Hotelstandard anbieten. Konferenz- und Banketträume sind
ebenso selbstverständlich, wie Internet-Zugang in jedem Zimmer. Das
Frühstücksbüffet in Wendelsberg und vielen anderen Skandinavischen
Jugendherbergen kann es leicht mit denjenigen in Sterne-gekrönten Hotels
aufnehmen und sogar Kaviar wird standardmässig serviert.
Aber
wir greifen der Zeit wieder vor, denn am Vorabend haben wir uns noch ein wenig
in Göteborg umgesehen. Wir mochten die Uferpromenade
entlang des Flusses Göta Älv, an dem der eindrückliche Viermaster ‚Barken
Viking‘liegt, der heute als Hotelschiff dient. Ein weiteres Wahrzeichen ist
direkt dahinter zu sehen: Utkikken ein rot-weisses Büro- und Shopping Hochhaus,
das wegen seiner Form landläufig als Lippenstift bekannt ist.
Das
moderne Opernhaus befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite des
Sporthafens. Das beeindruckende Gebäude spielt mit Formen und Farben und
vermittelt dem Betrachter, je nach Standort, ganz unterschiedliche Ansichten.
Etwas weiter Flussabwärts befindet sich das Schiffahrtsmuseum Maritiman, wo die
Ausstellung auf 19 verschiedene Kähne, verteilt ist, vom Unterseeboot bis zum
Frachter.
Ein
paar Ecken weiter fanden wir einen der grösseren „Godis Shops“; eine typisch
Schwedische Institution. Diese werden vielleicht in keinem Stadtführer erwähnt,
doch wir finden, dass es sich für Touristen absolut lohnt, einen solchen zu
sehen und zu riechen. Es handelt sich um ein Bonbon- und Schokoladen Geschäft.
Die Kunden können aus einer unglaublichen Vielzahl an Süsswaren ihre Mischung
nach Lust und Laune zusammenstellen. Es ist ein buntes Schlaraffenland mit
überquellenden Büchsen und Handwagen voll von kleinen, süssen Naschereien; von
Lakritz zu Gummibärchen und bunten Bonbons, von simpler Milchschokolade zu
exquisiten Pralinen – keine Leckerei die es hier nicht gibt. Um es einfach zu
machen, wird hier alles zum Einheitspreis abgegeben. Hier waren es
beispielsweise SEK 7.90 (€ 0.79) pro 100 Gramm ‚Godis‘. Die Schwedische
Bevölkerung ist schon richtig süchtig danach. Kein Kiosk und kein Supermarkt
der nicht wenigstens in einer kleinen Ecke ein paar offene Süssigkeiten zum
selbst Mischen anbietet. In grösseren Läden findet man oft ganze Gestelle mit
Naschereien im Offenverkauf zum Tiefstpreis. In einer andere Ecke dann meist
die etwas edleren gefüllten ‚goodies‘, wie Bouchée, oder Schoko Eier von Lindt und
Mozart, die dann auch etwas teurer sind.
Nachdem
sich auch Edith wieder von diesem Geschäft lösen konnte, setzten wir unsere
Besichtigung Göteborgs fort und kamen bald zum ‚Gustav-Adolfs Torg‘, einem
grossen Platz im Zentrum. Wir schlenderten entlang schöner Gebäude, schlürften
ein Getränk in einem Strassencafé und suchten danach ein geeignetes Lokal fürs
Abendessen.
Göteborg
bezeichnet sich gerne als die Gourmet-Kapitale Schwedens und die Auswahl an
Lokalen war auch wirklich gigantisch. Mehrere Strassen waren im wahrsten Sinn
des Wortes mit Restaurants gesäumt. Die Einheimischen genossen die langen
Sommerabende und standen oft in langen Schlangen an, um einen Tisch im
Gartenrestaurant zu ergattern. Dafür waren wir inzwischen zu hungrig und
entschlossen uns, mit einem Speisesaal vorlieb zu nehmen.
Eksjö; ein hübsches Städtchen mit unaussprechlichem Namen
Am
18. Juli 2010 fuhren wir zum Flughafen Landvetter und verabschiedeten uns von
Edith & Kari die ihren Schweden-Aufenthalt wirklich genossen hatten. Da sie
früh abflogen, hatten wir noch einen vollen Reisetag vor uns. Für unsere
Weiterreise Richtung Osten wählten wir kleine Nebenstrassen, damit wir die
Landschaft mit den vielen Seen besser in uns aufnehmen konnten. Am späten
Nachmittag erreichten wir unser Ziel: Eksjö, eine gut erhaltene
Kleinstadt, deren Gassen von schönen alten Holzhäusern gesäumt sind. So schön
der Ort auch ist, seinen Namen korrekt auszusprechen ist für die meisten
Ausländer ein Albtraum. Wer sich eine Fahrkarte dorthin kaufen möchte, sollte
den Ortsnamen aufschreiben – genau wie in China.
Ein
Teil der Stadt wurde bei einem Brand im Jahr 1856 ausradiert und danach durch
Steingebäude im neoklassischen Stil ersetzt. Die schönen Holzgebäude im alten
Teil, stammen aus dem 17. Jahrhundert und säumen die mit Kopf-stein gepflasterten Strassen. Auch
unsere Unterkunft in der Jugendherberge, befand sich in einem dieser charmanten
Holzhäuser. In diesen denkmalgeschützten Gebäuden darf natürlich nicht viel
geändert werden und es bestehen zudem strikte Vorschriften zum Brandschutz. Das
Abbrennen von Kerzen ist absolut tabu, was den Schweden sicher weh tut.
Wir
hätten uns immer daran erinnern müssen, den Kopf einzuziehen, wenn wir im
oberen Stock durch eine Tür gingen. Das Erdgeschoss war hingegen mehr als drei
Meter hoch, da es wahrscheinlich als Stallung gebaut worden war. Wir wunderten
uns, weshalb die Rezeption alle Zwerge im unteren- und alle Riesen im oberen
Stockwerk einquartierte.
Es
war zu jeder Tages- und Nachtzeit schön durch Eksjö zu schlendern. Am Tag
empfanden wir das Städtchen als ziemlich touristisch, am Abend hingegen als
sehr ruhig. Die meisten der vielen Restaurants waren am Sonntagabend
geschlossen, aber wir hatten Glück; dasjenige in dem wir doch noch Zuflucht
fanden, hatte einen sehr guten Koch.
Altehrwürdige Schlösser und Kanäle
Nach
zwei Tagen in Eksjö fuhren wir nordwärts zum Vätternsee. Gegen Mittag
erreichten wir Vadstena, wo wir uns
ein gutes Essen gönnten, bevor wir uns hinter die touristischen Höhepunkte
machten. Es war ein sehr heisser Tag und so waren wir froh um jedes bisschen
Schatten. Zuerst besichtigten wir die 1346 gegründete Abtei des
Birgittinenordens, einem wuchtigen Symbol früherer Kirchenmacht. Die Ortschaft
Vadstena wurde gleichzeitig mit dem Kloster gegründet und man sagt, dass ihr
Rathaus das älteste Schwedens sei. Am anderen Ende des hübschen Dorfes steht
ein beeindruckendes Wasserschloss, welches 1545 von den ersten Vasa Königen
erbaut wurde. Heute wird der grosse Wassergraben, der das Schloss umgibt, als
Sporthafen genutzt. Boote aus ganz Europa lagen hier vor Anker, da diese den
Vätternsee über verschiedene, künstlich angelegte Kanäle erreichen können.
Der
bekannteste unter ihnen ist sicher der Göta Kanal. Sein erster Abschnitt
verbindet das Baltische Meer (die Ostsee) mit dem Vätternsee. Der zweite
Abschnitt wurde zwischen den zwei grössten Seen Schwedens ausgehoben; dem
Vättern- und dem Vänernsee. Letzterer ist durch den Trollhätte Kanal mit der Nordsee verbunden.
Über dieses ausgeklügelte Kanal-System, welches zur Zeit seiner Entstehung vor
200 Jahren, die grösste Meisterleistung der Schwedischen Baukunst war, können
Boote den Weg von der Ostsee zur Nordsee durch das Landesinnere Schwedens
abkürzen. Die Gesamtlänge der Querung beträgt 390 km und schliesst fünf Seen
und mehrere Flüsse mit ein. Die Boote müssen dabei einen Höhenunterschied von
91.8 Metern überwinden und 64 Schleusen passieren.
Der
Göta Kanal hat 58 Schleusen, ist für einen Tiefgang von 2.82m ausgelegt und hat
eine Gesamtlänge von 191km, wovon 87km künstlich angelegt wurden. Der
Trollhätte Kanal hat 6 Schleusen, ist für einen Tiefgang von 5.40m ausgelegt,
seine Länge beträgt 82km, wovon nur 10km von Menschenhand gegraben wurden. Die
übrige Strecke führt über den Fluss Göta Älv. Noch heute ist der Trollhätte
Kanal, der zwischen 1793 und 1800 gebaut wurde, als Handels-route wichtig, denn
er ist mit Frachtschiffen bis 4‘000 Tonnen befahrbar. Im Gegensatz dazu verlor
der Göta Kanal, der zwischen 1810 und 1832 gebaut wurde, seine Stellung als
wichtiger Handelsweg später an die Eisenbahn. Er konnte sich aber inzwischen
als Touristen-Magnet wieder bestens etablieren und zieht jährlich 3 Mio. Besucher
an.
Wir
schlossen uns dem Touristenstrom an und besuchten den malerischen Abschnitt des
Göta Kanals bei Bergs Slussar. Hier kann man beobachten, wie die Boote eine
Klappbrücke passieren und dann auf einer sieben-stufigen Schleusentreppe 19m
Höhenunterschied überwinden. Vor- oder nachher gilt es dann nur noch zwei
zwei-stufige Schleusen zu durchqueren. Es ist ein interessanter Ort um die
Freizeitboote, welche die verschiedenen Schleusenkammern passieren, zu
verfolgen. Es dauert doch so einiges an Zeit, bis sich die Kammern leeren oder
füllen und die Schleusenwärter den Weg in die nächste Kammer freigeben können -
bergauf und bergab.
FKK Verein Vikbolandet
Der
Göta Kanal erreicht das Baltische Meer südlich der, von Farmland und Wäldern
dominierten, Halbinsel Vikbolandet in der Nähe von Norrköping. Vikbolandet ist auch der Name eines FKK
Geländes auf dieser Halbinsel und dort verbrachten wir die nächste Woche. Um
den Campingplatz optimal in die natürliche Umgebung einzupassen, wurde am
Grundstück so wenig wie möglich verändert. Es handelt sich um ein kleines Vereinsgelände
und die Mehrzahl der Gäste gehört diesem Verein an. Es hatte hier nicht so
viele auswärtige Besucher wie auf anderen Geländen. Wir mieteten eines der
beiden Zimmer, welche eine winzige Küche teilen. Es gibt auch zwei komfortable
Holzhütten, doch die waren belegt.
Während
unserer ersten paar Tage was es aussergewöhnlich heiss, weshalb wir oft zum
kleinen Waldstück gingen, das zum Platz gehört. Es ist eine natürliche ruhige
Ecke mit vielen Felsbrocken, welche von Flechten überzogen sind. Es war so
trocken, dass diese unter unseren Schuhen zerbröselten. Schon bald liess sie
der Regen wieder aufleben und wir hatten einen Grund in die grosse Sauna zu
gehen, was immer sehr gesellig war. Meist kamen wir mit jemandem ins Gespräch,
entweder mit Vereins-Mitgliedern, oder dann mit anderen Touristen, wovon die
meisten aus den Niederlanden stammten.
Wir
erfuhren, dass der Klub dieses Grundstück vor 15 Jahren gekauft hatte. Seither
wurde es immer wieder ausgebaut und die Mitglieder versuchen immer noch, es auf
Hochglanz zu bringen. Wir schätzten es, dass jeden Abend jemand dafür
verantwortlich war, die holzbefeuerte Sauna und den Grill einzufeuern. Oft
hielt sich die Runde ums Feuer bis spätnachts und wurde immer feuchtfröhlicher.
Ausser einem grossen Sanitärblock gibt es auch ein Klubhaus, ein Schwimmbecken
mit einer Sonnenterrasse und: selbstverständlich wird an der Rezeption Eis
verkauft.
Unsere
Zeit verging sehr schnell und wir wollten auch noch etwas ausschwärmen um die
Umgebung zu erkunden. Die Gegend um Vikbolandet war von Farmland geprägt und
die vielen Kornfeldern leuchteten nun, Mitte Juli, goldgelb und schienen fast
zum ernten reif.
An einem
Nachmittag fuhren wir nach Linköping, einer angenehmen Stadt mit
einem Museums-Dorf am Stadtrand; Gamla Linköping (Alt Linköping). Dies ist ein
hübscher Ort mit vielen alten Holzhäusern, wo jeden Sommer die Angestellten,
sowohl im Museum, als auch in den Touristen-Geschäften, in mittelalterlicher
Kleidung arbeiten. Wie bei vielen touristischen Einrichtungen Schwedens, werden
auch hier die Gehsteige schon ziemlich früh hochgeklappt. Wenigstens servierte
man uns in der altmodischen Bäckerei noch Kaffee und Kuchen.
Der
neuere Teil Linköpings besteht aus Steingebäuden und hat grosszügige breite
Alleen, wohl weil die Stadt im Jahre 1700 einem verheerenden Brand zum Opfer
gefallen war. Die sauberen Kopfstein-Strassen waren mit Lokalen gesäumt und
Garten-Restaurants, wie überall, berstend voll, da die Leuten die langen warmen
Sommerabende geniessen wollten.
Am
26. Juli 10 verliessen wir Vikbolandet und fuhren südwärts, wie immer entlang
vieler Seen mit süssen kleinen Inselchen. Wir machten Mittagsrast im Dorf
Atvidaberg, wo wir bei der Weiterfahrt zufälligerweise auf viele schöne „Falu
Rödfärg“ Häuser stiessen. Weiter südlich sahen wir vor allem grüne Wiesen,
Blumenfelder und Ent- oder Bewässerungskanäle, welche von Entengrütze überwuchert
waren.
Glasriket; das Schwedische Glasreich
Mittlerweile
waren wir in der Provinz Småland, im Südosten des Landes. Die nächsten zwei
Nächte verbrachten wir in Nybro, einer 20‘000 Seelen Stadt in der abends
enttäuschend wenig los war. Egal, wir waren ja in Nybro weil sich in dieser
Ecke Smålands das ‚Glasriket‘ befindet, was nichts anderes bedeutet als
Glasreich.
Schweden
hat sich einen guten Ruf für die Herstellung von Qualitätsglas aufbauen können.
Wir nahmen die Gelegenheit wahr einige der ~11 Glashütten zu besichtigen,
welche der Öffentlichkeit zugänglich sind. Einige sind grosse Fabriken für die
Massenproduktion von Gebrauchsglas, welche dennoch viel Handarbeit verlangt.
Andere wiederum, sind kleine Designer-Werkstätten mit nur wenigen Angestellten.
In allen sind Besucher willkommen den Glasbläsern über die Schultern zu schauen.
Der Hochsommer ist nicht gerade die beste Zeit für einen Besuch. Die meisten
Zuschauertribünen sind gut belegt, ironischerweise geniessen aber die meisten
Glasbläser gerade jetzt ihre Betriebsferien. Unser letzter Besuch im Herbst war
irgendwie interessanter gewesen. Damals wurde in allen Betrieben auf Hochtouren
gearbeitet. Auf ein paar Besucher kamen oft über hundert Angestellte, welche
pflichtbewusst ihrer täglichen Arbeit nachgingen. Jetzt hingegen, waren in
jedem Betrieb nur zwei bis sechs Freiwillige zugegen, die etwas flüssiges Glas
formten, um die Touristenschar zufriedenzustellen. Manchmal gab es eine Tribüne
und einen Kommentator der die Arbeitsgänge erklärte. Da es natürlich etwas
kostet diese „Vorführungen“ während der Betriebsferien aufrecht zu erhalten,
wurde jeweils ein kleiner Eintritt verlangt.
Ausserhalb
des Betriebsurlaubes konnten wir einst beobachten, wie bis zu fünf Glasbläser
an einem einzigen komplexen Gegenstand arbeiteten. Jetzt hingegen, waren nie
mehr als zwei Handwerker mit demselben Produkt beschäftigt. Als Zückerchen für
ihre Sommerarbeit war es ihnen freigestellt, was und in welcher Form sie es
herstellen wollten. Ab und zu entstanden dadurch sehr interessante Objekte mit
verschiedenen Farben und ungewöhnlichen Formen. Es arbeiteten sowohl erfahrene
Meister, als auch Lehrlinge. Wir schauten den Vorführungen in verschiedenen
Glashütten zu, darunter waren bekannte Hersteller wie Pukeberg, Orrefors und
Kosta Boda. In allen Betrieben gibt es auch Fabrikläden. Bei Kosta Boda ist er aber
nicht nur gross, sondern riesig! Dieser ist von anderen Outlets umgeben, welche
alles anbieten, was einen gut klingenden Markennamen hat. Sie haben es einfach,
den Dummen das Geld abzuknöpfen: der riesige Parkplatz war berstend voll. Von
den vielen Besuchern waren nur wenige an den Vorführungen der Glasbläser
interessiert – aber alle schienen die Outlets zu überfallen!
An
unserem zweiten Abend besuchten wir Kalmar, eine Küstenstadt mit 60‘000
Einwohnern, welche viel schöner war, als wir es erwartet hätten. Ein Teil des
Stadtzentrums befindet sich auf einer Insel. Das beeindruckende Kalmar Schloss,
einst Schwedens wichtigstes, sitzt auf einem eigenen Inselchen. Ein hoher
Wasserturm reflektierte idyllisch im Wasser und die vielen schönen Gebäude der
Stadt leuchteten in der Abendsonne. Wir schlenderten genüsslich durch die Stadt
und als wir das Nordufer erreichten, sah man die 6km lange Brücke zur Insel
Öland. Sehr bald kamen wir dahinter, weshalb das nahe gelegene Nybro wohl so totenstill
war: es schien, als seien alle hier in Kalmar! In den breiten Alleen wimmelte
es von Menschen und die unzähligen Gartenrestaurants waren zum bersten voll. Ein
sommerliches Kulturprogramm bescherte der Stadt Konzerte und
Theatervorführungen. An diesem Abend lauschten die Massen der Live-Musik am
Hauptplatz. Wir genossen ein feines Abendessen und liessen uns aus dem
Hintergrund mit Musik berieseln.
Paradiset-Partisanen: ein ruhiges FKK Gelände
Nur
100 km weiter südlich haben wir uns bei Olofström ins Paradies eingebucht! Genauer
gesagt, ins Paradiset, Partisanen’s Naturistengelände,
wie es sich nun nennt. Auf den ersten Blick sah es hier noch genauso aus, wie vor
9 Jahren, als wir das letzte Mal hier gewesen waren. Als kleine Erweiterung gab
es nun ein Zimmer zu mieten, was wir gerne annahmen. Der Campingplatz liegt
malerisch in einer Waldlichtung, direkt am kleinen Slagesnässjön See, genauso
wie es die Touristen mögen. Etwa 20 Paare und Familien waren auf dem Platz,
fast alles Ausländer. Viele verbrachten hier ihren jährlichen Sommerurlaub. Die
meisten Mittel- und Südeuropäer würden nicht im Traum daran denken, zum
Badeurlaub nach Schweden zu fahren. Einige haben aber doch realisiert, dass es
sogar für FKK Ferien perfekt sein kann
und kommen regelmässig hierher zurück. Im Paradiset finden Touristen lange
warme Sommertage und ein wunderschönes Gelände, welches in typisch Schwedische
Bilderbuchlandschaft eingebettet ist.
Als
wir hier am 28. Juli eintrafen, waren die Tage immer noch sehr lang, aber vor
einer Woche begannen die Nächte wieder richtig dunkel zu werden. Genauso wie
die Nächte im Norden Skandinaviens etwa einen Monat nach Frühlingsanfang nicht
mehr richtig dunkel werden, beginnt es hier in Südschweden etwa einen Monat
nach dem Mittsommerfest wieder richtig dunkel zu werden. Dazwischen hatten wir
etwa vier Monate ohne wirkliche Nacht.
Das
Wasser im See war sehr warm und lud zum Schwimmen ein. Es hat eine kupferrötliche
Farbe, sodass auch ein käse-weisser Schwimmer sofort sonnengebräunt aussieht –
als ob er in einen Farbtopf gesprungen wäre. Den Gästen stehen Holzsteg, Floss
und ein Sprungturm, sowie zwei Ruderboote zur Verfügung. Brigitte war
glücklich, dass Heinz mit ihr in See stach, doch zuvor kam uns Inge der
Geländeverwalter, zu Hilfe und pumpte das Resultat des letzten Regens aus dem
Boot.
Wir
erfuhren von Inge, dass Partisanen’s Vorbesitzer erst vor kurzem verstorben ist
und sich danach das langjährige Klub-Mitglied Sonje spontan dazu entschloss,
das Gelände zu erwerben um es der FKK Bewegung zu erhalten. Der Name des
Campingplatzes wurde auf Paradiset geändert und da der neue Besitzer schon
etwas älter ist, bat er Inge, das Gelände während des Sommers zu führen und zu
unterhalten. Beide Männer sind sehr bescheiden und setzten sich aus voller
Überzeugung für den Naturismus ein. Erst Monate später erfuhren wir, dass Inge,
sowohl Herausgeber des Schwedischen Naturisten-Magazins „Tillsammans“, als auch
Präsident des Schwedischen Verbandes “Naturistförbund” ist.
Inge
und Sonje denken, dass exzessiver Alkoholkonsum und Naturismus nicht zusammen
passen. Sie wollen nicht, dass im Paradiset jeden Abend Party ist, wo die
gleichen alten Vereinsmitglieder zusammen trinken und nicht nur für sich
selbst, sondern auch für die anderen Gäste Probleme verursachen. Die zwei
Männer verhindern regelmässige Besäufnisse erfolgreich, indem sie die Anzahl
der Saison-Plätze beschränken. Ganz bewusst werden keine günstigen
Langzeitmieten offeriert. Man bevorzugt Feriengäste die, regelmässig oder
unregelmässig, für ein paar Wochen hierher kommen. Die beiden wissen was sie
tun und die Atmosphäre im Paradiset ist wirklich sehr angenehm. Das soll nicht
heissen, dass die Leute hier nicht auch zusammensitzen. Fast jeden Abend wurde
der Grill eingefeuert und wer mochte, konnte sich anschliessen und miteinander
essen. Je nachdem, welche Leute zusammenkamen, wurden noch lange Geschichten
erzählt, Reise-Erlebnisse ausgetauscht (da waren wir dabei), oder man versuchte
einfach die Welt zu verbessern… Unter anderen lernten wir Gabriela &
Dietmar kennen, ein fröhliches Künstlerpaar aus Deutschland. Es war sehr
interessant mit ihnen zu philosophieren, da die beiden ebenfalls ein Leben
führen, das aus dem üblichen Rahmen fällt.
Ein Ausflug nach Karlshamn
Zweimal
fuhren wir nach Olofström, dem eigentlichen Servicezentrum der Region.
Etwas südlich besuchten wir die Kleinstadt Karlshamn, welche, wie der Name schon
sagt; an einem Hafen liegt. Gemäss der Web-Seite der Stadt, muss Karlshamn vor
hundert Jahren „Des Teufels Küche“ gewesen sein, da hier zur damaligen Zeit,
grosse Mengen alkoholischer Getränke, Punsch, Tabak, Schnupftabak, sowie fast
sämtliche in Schweden benutzten Spielkarten, hergestellt wurden.
Da die Schweden nicht zu direkt und eher diplomatisch sind, geht die
Stadtverwaltung von Karlshamn darauf ein, dass die Mehrzahl der nicht-Skandinavischen
Urlauber aus Deutschland stammt und man dort mit dem Alkohol- und Tabak-Konsum
wohl auch etwas über die Stränge zu schlagen pflegt. Was in der englischen
Version der Webseite als „The Devil’s workshop“ (Des Teufels Küche), bzw. im
Niederländischen als „De werkplaats van de duivel“ übersetzt wurde, wird auf
der Deutschen Seite als „Frühe Herstellung von Genussmitteln“ verharmlost…
Karshamn
entstand aus dem Dorf Bodekull. Nachdem König Karl X, im 17. Jh. diesen Ort
besuchte und ihm die Stadtrechte verlieh, wurde die Ortschaft zu seinen Ehren
umbenannt. Inzwischen ist es eine sympathische Stadt mit 30‘000 Einwohnern und
einem schmucken Rathaus. Es gibt einen grossen modernen Hafen, doch die alten
restaurierten Holzhäuser am anderen Ende der Stadt, bieten einen schöneren
Anblick.
Während
wir auf einer Bank sitzend ein Eis löffelten, kam eine Familie mit einem
grossen Amerikaner Schlitten angerauscht und steuerte damit auf den Parkplatz
zu. Seit es Sommer ist, haben wir immer wieder solch verschwenderische
Benzinfresser gesehen. In ganz Schweden sind Amerikanische Oldtimer aus den
60-er Jahren sehr beliebt, nicht nur bei Singles die auffallen wollen, sondern
auch bei jungen und älteren Familien.
Ein defekter Ofen und das Radio im Paradiset
Zurück
im Paradis(et) genossen wir den Auslauf; kürzere Waldspaziergänge ohne alles,
oder eine kleinere Wanderung um den See. Für letztere gab uns Inge eine gute
Karte mit auf den Weg. Damit war es einfacher den Pfad zu finden und an einer
etwas unübersichtlichen Stelle sagte uns ein Bauer, wo’s langgeht und meinte
lakonisch, dass die Gäste vom Paradiset an dieser Stelle oft falsch gehen.
Entlang des Pfades erwartete uns eine vielfältige Flora und Fauna. Ausser einer
Schlange, begegneten wir auch vielen weniger furchterregenden Tieren. Wir
hatten andernorts schon kleine Schlangen gesehen und sind überrascht, dass
diese in einem Klima mit solch kalten Wintern überleben können.
Momentan
war es alles andere als kalt und trotzdem heizten wir uns oft in der grossen
Sauna auf, welche sich im sehr sauber gehaltenen Sanitärblock befindet. Die
Gäste können den elektrischen Saunaofen, wann immer sie Lust haben, selbst
einschalten, doch es war üblich, das Vorhaben den anderen Gästen kundzutun und
so wurde es im Schwitzkasten immer sehr unterhaltsam. Am kleinen Schwimmbecken
gingen alle vorbei, denn der See lockte für ein erfrischendes Bad nach der
Sauna einfach viel mehr.
Wir
hatten zwar eine kleine Küche in unserem Zimmer, wenn wir aber etwas backen
wollten, mussten wir den Ofen der Camping-Küche nebenan benutzen. Obwohl der Kochherd
ziemlich neu aussah, dauerte es Lichtjahre bis der Backofen endlich warm war.
Als wir in der Küche mit anderen Gästen darüber lamentierten, erwähnte ein
Holländer, dass auch das Keramik-Kochfeld des Herdes nur sehr langsam aufheizt.
Wie Heinz, hatte auch er früher als Elektriker gearbeitet. Nachdem die beiden
den Kochherd kurz unter die Lupe genommen hatten, kamen sie zum Ergebnis, dass
beim Stromanschluss wohl ein paar Drähte vertauscht worden waren. Nachdem sie dies
dem Geländeverwalter mitgeteilt hatten, war das Problem in 10 Minuten behoben!
Ein verwunderter Inge erzählte, dass der Kochherd VOR ZWEI JAHREN von einem
Fachgeschäft revidiert und neu angeschlossen worden sei. Er konnte es nicht
glauben, dass sich nie jemand beschwert hat, nicht einmal die Frau, die zweimal
die Woche Brot gebacken hatte! „Gut“ meinte er nach einer Pause, „doch, einmal
hat sich jemand beschwert, aber dies war ein notorischer Nörgler, den hab ich ignoriert…“.
Eines
Morgens, als wir unter den Bäumen am See frühstückten, fiel uns auf, dass ein Auto
mit Aufschrift „Schwedisches Radio“ neben der Rezeption parkiert war. Eine
(Promi?) Reporterin interviewte Inge. Später, als er sie auf dem FKK Platz
herumführte, machte sie ein paar Bilder für die Webseite der Radio-Station.
Zusammen mit ein paar anderen, stellten wir uns spontan als Statisten zur
Verfügung, um dem Bild des Geländes einen lebhafteren Eindruck zu geben.
Anfänglich zögerte die Reporterin etwas, aber schlussendlich holte sie sogar
nochmals ihr Mikrofon hervor. Nun wurden WIR interviewt. Sie kam zum Schluss,
dass unsere Meinung für die Zuhörer ebenfalls interessant sein könnte und die
Sendung dadurch erst noch eine internationale Note gewinnen könnte, weil wir
natürlich in Englisch befragt werden mussten. Was dabei herauskam, war
vermutlich etwas anders, als sie gedacht hatte. Sie erwartete wohl kaum, dass
die beiden Schweizer Nackedeis, die da vor ihr sassen, nicht nur den kalten
Winter in Schweden verbracht hatten, sondern zudem seit 11 Jahren in der
Weltgeschichte herumreisen. Als wir gefragt wurden, was wir von der
Alkoholpolitik der Geländeleitung halten, hat Heinz natürlich noch so gerne die
Schwedischen Radiohörer auf den positiven Einfluss eines alkoholfreien ‚Life styles‘
hingewiesen und betont, dass dieser auch in unserem Vereinsgelände in der
Schweiz wesentlich zu einer positiven Atmosphäre beiträgt.
Wenige Wochen später zeigten uns Bekannte ein Schwedisch/Norwegisches FKK
Magazin, in dem ein Bild von uns beim Interview (von Inge) publiziert worden
war.
Nach
sechs sehr genussreichen Tagen im Paradiset, fuhren wir am 3. August 2010
weiter. Jetzt hatten wir nur noch zwei Tage in Schweden vor uns, da die Fähre
nach Deutschland mittlerweile gebucht war.
Skåne: hin- und hergerissen zwischen Schweden und Dänemark
Während
der Konstruktion der Öresund Brücke, die im Jahr 2000 zwischen Kopenhagen und
Malmö eröffnet wurde, kamen auf dem Seegrund Beweise zutage, dass der Öresund
erst vor etwa 7‘000 Jahren entstand, weil der Meeresspiegel damals stark
anstieg. Wäre diese Meerenge nicht entstanden, wären der Bauindustrie stolze 4
Milliarden Euro entgangen. Die Region war nicht nur geographisch
zusammengeschweisst, sondern auch politisch, da die heutige Provinz Skåne bis 1332 zu Dänemark gehörte.
Während der folgenden 400 Jahre, wurde sie stark umkämpft und abwechslungsweise
von Schweden und Dänemark eingenommen, aber schlussendlich konnten sie die
Schweden halten. Der Dänische Einfluss ist auch heute noch, sowohl in der
Architektur, als auch in einem starken Dialekt erkennbar.
Als
wir der Südküste von Skåne folgten, erschien uns sogar die Landschaft, welche
hier sehr flach ist, ziemlich Dänisch. Überall sahen wir Windmühlen und Häuser
mit Strohdächern. Im hübschen Küstenort Simrishamn wollten wir übernachten. Jetzt,
anfangs August, wimmelte es nur so von Menschen und die vielen Strassencafés
erfreuten sich grosser Beliebtheit. Es dauerte ziemlich lang, bis wir eine
Unterkunft fanden. Während wir auf einem Camping nach Hüttchen fragten, stauten
sich hinter uns so viele Wohnmobile, dass wir kaum noch wenden konnten. Erst
als wir etwas ausserhalb suchten, fanden wir, dank einer
Jugendherbergs-Angestellten, ein nettes Gartenhäuschen. Nachdem wir in
Simrishamn zurück waren, schlenderten wir dort nochmals durchs Dorf und fuhren
dann zum Abendessen ins nahegelegene Brantevik. Dies ist ein kleiner Ort, wo
sich viele Ferienhäuser aneinanderreihen. Viele davon sehen aus wie typisch
Dänische Dorf-häuser und die Lage direkt am Meer hatte sehr viel Charme.
Dasselbe kann man auch vom Bykrog sagen, was sich zwar nur als „Dorf-Beiz“ übersetzt, aber
einen echten Gourmet Tempel beherbergt.
Als wir gegenüber dem Kellner erwähnten, dass wir auch den Winter in Schweden
verbracht hatten, sagte er uns, dass hier in Südschweden Schnee zwar eher eine
Ausnahme sei, die Seen aber trotzdem jeden Winter gefrieren und von Zeit zu
Zeit sogar das Baltische Meer direkt vor der Haustür. Er erzählte uns, dass
sich diesen März Packeis bildete, welches sich hier am Ufer bis zu drei Meter
hoch aufgetürmt hatte.
Am
nächsten Morgen fuhren wir entlang Skåne’s Südküste weiter. Die einsame Strasse
war von Kornfeldern gesäumt. Dazwischen hatte es überall Korn- oder Mohnblumen
oder ganze Wiesen voll Margeriten. Wir waren überrascht, wie viele
Touristengeschäfte wie z.B. Souvenir-Geschäfte, Cafés und Bäckereien, kleine
Museen und Farmläden, nur für die kurze Sommersaison plötzlich auftauchten. Einzig
Trödelkram (Loppis) findet man ganzjährig und überall.
Geheimnisvolle Steine und malerische Ortschaften
Etwa
19km vor Ystad nahmen wir die Abzweigung nach Kåseberga. Zu unserer Überraschung fanden wir dort einen riesigen
Parkplatz der randvoll war. Verkehrskadetten wiesen uns auf einen der wenigen
freien Plätze ein. Der Grund für diesen Volksauflauf : Ales
Stenar ein megalithisches
Sonnenschiff, ähnlich dem von Stonehenge. Es ist nicht ganz klar wofür dieses
geheimnisvolle Monument erbaut wurde, man vermutet aber, dass es als
Ritualplatz gedient haben könnte. 59 Felsbrocken wurden in der Form eines Ovals
von 67m Länge und 19m Breite aufgestellt. Sie stellen einen genauen
Sonnenkalender dar, welcher sogar Schaltjahre und Sternbilder berücksichtigt.
Eine Broschüre erklärt: „die Steine sind gegenüber der Sonne so ausgerichtet,
dass die Sonne am Mittsommertag über die nordwestliche Ecke des Monuments
untergeht und zur Wintersonnenwende über die gegenüberliegende Ecke aufgeht.
Die Wissenschaftler kommen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen, wann dieses
beeindruckende Bauwerk entstanden sein soll, haben aber die Mutmassung
verlauten lassen, dass es ums Jahr 600 gewesen sein könnte. Wann auch immer, es
ist ein Beweis für das komplexe Wissen früherer Kulturen. In der Nähe gibt es
zwei ähnliche Sonnenschiffe, welche auf einer schnurgeraden Linie und jeweils
exakt 18km voneinander entfernt stehen.
Bald
erreichten wir Ystad, eine der hübschen
Städte Südschwedens. Es gibt hier reihenweise Häuser im Dänischen Baustil,
entweder Fachwerkhäuser mit rotem Backstein oder verputzte Steinhäuser. Auf dem
Markt wimmelte es von Menschen. Die Feuerwehr hatte ihre alten Fahrzeuge auf
Hochglanz poliert und bot nun Vergnügungsfahrten an, um Geld für einen guten
Zweck zu sammeln. Diese Plauschfahrten kamen bei den vielen Urlaubern mit
Kindern sehr gut an. Ystad ist eine gepflegte, blumengeschmückte Stadt mit
einem hübschen Park um das Kloster.
Vorbei
an weiteren goldenen Kornfeldern und einigen modernen Windgeneratoren,
erreichten wir nach 75km Skanör, am äussersten Zipfel der Halbinsel Falsterbo.
Mit Hilfe der Touristeninformation in Höllviken fanden wir in Skanör eine
ideale Frühstücks-Pension. Rein zufällig lag sie weniger als 50 Meter vom
Restaurant entfernt, welches wir uns für das heutige Abendessen ausgesucht
hatten. Nachdem wir das Zimmer bezogen hatten, blieb immer noch genug Zeit um
das Dorf und den Strand zu erkunden. Skanör hat einen schön gelegenen Hafen der
nicht nur Freizeitkapitäne, sondern auch hungrige Urlauber anzieht, da es hier
eine bekannte Fischräucherei mit Restaurant gibt.
Nördlich
des Hafens beginnt ein langer weisser Sandstrand. Ein Schild weist darauf hin,
dass die nächsten 1100 Meter für die Prüden und der Rest für die Nackten
Badegäste reserviert ist. Dort hinten befindet sich auch der FKK Vereinscamping
Solhejdan, doch für die eine Nacht hatten wir unser Zelt nicht aufstellen wollen
und die Bungalows waren beide belegt.
Ein paar hundert Meter neben dem Hafen ist der Strand mit unzähligen bunten
Strandhüttchen gesäumt, welche direkt vor den Sanddünen stehen. Diese
lieblichen kleinen Häuschen dienen einzig dazu, die Strandsachen zu verstauen.
Da sie bereits verlassen waren, konnten wir uns in aller Ruhe dort umsehen und
Fotos machen. Jedes dieser kleinen Holzhäuschen ist in einer anderen Farbe
gestrichen und zusammen mit der Öresundbrücke, die man im Hintergrund sieht,
verleihen sie Skanör’s Strand einen einzigartigen Charakter.
Zu Unrecht ist Schwedens Gourmetküche in der Welt gar nicht so bekannt, obwohl wir
die Erfahrung machten, dass sie es bestens verdient hätte. Da wir spezielle Tage
gerne mit einem speziellen Essen feiern, wollten wir uns an diesem Abend
verwöhnen. Es war unser 20. Jahrestag und gleichzeitig, nach einem grossartigen
Skandinavienjahr unser letzter Tag in Schweden. Wir hatten Glück und Skanörs Gästgifvaregård, ein im „White Guide“ sehr gut bewertetes Restaurant,
war einer der besten Orte, wo wir uns je kulinarisch verwöhnen liessen! Wir
bestellten uns einen 7-Gänger, welcher dann zwischen 19:30h und 00:30h als
10-Gänger serviert wurde. Zu unserer Überraschung sprach die nette Schwedische
Serviertochter sogar Schweizerdeutsch, weil sie drei Jahre in unserem
Heimatland gearbeitet hatte. Damit bereitete sie uns ein klein wenig auf die
Schweiz vor.
Der
5. August 2010 war also unser letzter Tag in Schweden und so fuhren wir nach
Trelleborg, wo wir auf eine Autofähre nach Rostock in der ehemaligen DDR
gebucht waren. Da die Huckleberry Finn der TT-Line erst um 15:30h in See stach, blieb uns noch genügend
Zeit, uns in Trelleborg umzusehen und ein Mittagessen einzunehmen. Es gab nur
noch ein Problem: wir hatten unsere letzten Schwedischen Kronen bereits in
Umlauf gesetzt und waren nun von der Kreditkarte abhängig, was normalerweise
kein Problem ist. Allerdings hatte der Parkschein-Automat ein technisches
Problem und somit keine Lust, Kreditkarten anzunehmen. Man musste sich mit
Münzen aushelfen, was wir aber nicht konnten, weil wir keine mehr hatten… Ob
du’s glaubst oder nicht; eine ältere Dame spendete uns ein paar Kronen und das
Problem war gelöst. Eine letzte wunderschöne Erfahrung in Schweden…
Schlussgedanken zu unserem Schwedensommer
Es
war für uns eine sehr schöne Erfahrung, auch den Sommer unter den
gastfreundlichen und kommunikationsfreudigen Schweden zu verbringen. Nachdem
hier die Temperaturen im Winter oft unter minus 30°C gefallen waren, stiegen sie
nun im Sommer auch oft über plus 30°C. Dies konnte sogar an ein und demselben
Ort sein. Der Strand, der im Winter noch als Abfahrtspunkt für
Eisbrecher-Touren diente, wurde nun zu einem beliebten Badestrand. Die Natur
macht im hohen Norden enorm schnell Fortschritte.
Kurz nach Mitte April hatten wir nie mehr eine wirklich dunkle Nacht und dies
dauerte volle vier Monate an. Dies hätte sogar noch länger gedauert, wenn wir
über dem Polarkreis geblieben wären. Es war für uns sehr beeindruckend zu
erleben, wie schnell die kurzen Tage zu wirklich langen wurden und wie lange
die Dämmerung dauerte.
Die
Skandinavische Touristen-Saison ist Sommer sehr kurz. Ausser während ein paar
Wochen zwischen Ende Juni und Anfang August, hatten wir die meisten
Sehenswürdigkeiten für uns alleine. Im Juli sieht aber alles anders aus; alles
das mit Tourismus zu tun hat, läuft auf Hochtouren. Die beliebtesten
Attraktionen sind so überlaufen, dass man kaum noch umfallen kann. Nur wenige
Kilometer daneben, ist es meistens aber friedlich und ruhig.
Die
vielen Sommer-Cafés erfreuten sich allabendlich grosser Beliebtheit. Das will
aber nicht heissen, dass bis in alle Nacht hinein gefeiert wird. Ausser in der
Mittsommernacht, sind die meisten Schweden so gegen 23:00 Uhr jeweils wieder
nach Hause gegangen.
Genauso
nett es war, durch die Strassen der vielen hübschen Schwedischen Dörfer und
Städte zu schlendern, und ab und zu die kulinarischen Höhepunkte des Landes zu
geniessen, genauso stark genossen wir auch die Ruhe draussen in der Natur. Die
Quintessenz des ursprünglichsten Schwedens sahen wir in den von Seen
durchzogenen Landschaften, den Wäldern und den Blumenwiesen. Mit einem
Ruderboot über einen stillen See zu gleiten, ist einfach einmalig. Genauso
typisch sind die Raps- und Korn-Felder im Süden des Landes, und überall natürlich:
die roten Häuser mit weissen Fensterrahmen.
…nur
so nebenbei: wir bereuen es nicht im geringsten, dass wir ein ganzes Jahr in
Skandinavien verbracht haben. Dass wir diese Region nicht nur mit recht
heissen, sondern auch mit eiskalten Temperaturen, nicht nur mit hellen Nächten,
sondern auch mit kurzen Tagen, nicht nur flüchtig, sondern ausgiebig erlebt
haben, half uns, die Eigenheiten Skandinaviens zu verstehen. Wir können uns gut
vorstellen wieder hierher zurückzukehren, egal ob im Sommer oder im Winter…
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