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Reisetagebuch Kapitel 22 [August 2010 - Oktober 2011] als PDF (Als Touristen und Naturisten durch Europa: Teil 1 - Teil 2) |
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Deutschland: Fachwerkhäuser und malerische Flüsse
Am 5.
August 2010 legten wir mit der Autofähre Huckleberry-Finn
nach der 5 ½ stündigen ruhigen Überfahrt, von Schweden her kommend nach Deutschland, in Rostock an. Schon als sich die Fähre
dem Hafen näherte, kamen uns mehrere Windjammer und andere alte Segelschiffe
entgegen. Erst jetzt erfuhren wir vom Grossanlass „Hansa Sail“ der heute begann und 1 Mio. Besucher
erwartete. Dies war also der Grund, weshalb wir um Rostock kein Zimmer gefunden
hatten. Stattdessen fuhren wir auf der erfrischend leeren Autobahn südwärts, etwa
70km nach Schwerin.
Schwerin: eine
imposante Stadt
Am
späten Abend erreichten wir unser vorgebuchtes Etap-Hotel am Stadtrand von Schwerin. Die € 29.- für ein
Doppelzimmer mit Bad, sowie WLAN Anschluss, waren sicher ein guter Preis. Am
nächsten Morgen nahmen wir den Bus ins Stadtzentrum, stiegen aber vorher spontan
aus, als wir das stattliche Schloss zu Gesicht bekamen. Wir näherten uns ihm
durch einen neu gestalteten Park, der verschiedene moderne, oft auch
funktionelle Elemente, wie z.B. Parkbänke aufweist. Es gibt auch mehrere
angelegte Teiche, einige davon in modernem, diejenigen näher beim Schloss
hingegen, eher in traditionellem Layout. Viele Türmchen und Zinnen verzieren
das Schloss, welches in verschiedenen Architektur-Stilen auf einer Insel im
Schweriner See gebaut wurde, wo es sich wunderschön im Wasser spiegelt.
Vom
Schloss aus muss man nur eine Brücke überqueren und schon ist man in der
Altstadt. Die 100‘000 Einwohner zählende Stadt Schwerin hat ein recht grosses
Stadtzentrum mit mehreren grossen Plätzen. Alles ist sehr schön restauriert, obwohl
es um ein Haar hätte anders kommen können. In den sechziger Jahren gab es Pläne,
das gesamte Zentrum abzureissen und durch Plattenbauten (Fertig-Element
Konstruktionen) zu ersetzten. Glücklicherweise fehlte der damaligen DDR
Regierung das Geld um diese Pläne umzusetzen. Stattdessen begann man anfangs
der achtziger Jahre mit sanfter Restaurierung und nach der Deutschen
Wiedervereinigung kam die Renovation der Altstadt auf Hochtouren. Heute findet
der Besucher eine sehr schöne Stadt mit einer harmonischen Mischung aus
Fachwerkhäusern und anderen Gebäuden aus verschiedenen Epochen. Dazwischen gibt
es viele kopfsteingepflasterte Plätze.
Nach
drei Tagen ging unsere Reise weiter nach Uelzen, einer hübschen Kleinstadt
mit vielen Fachwerkhäusern in Norddeutscher Backsteingotik. Auch hier
faszinierte es uns, durch die Strassen zu wandern. Obwohl wir mit dem eigenen
Wagen hierhergekommen waren, galt unser eigentlicher Besuch dem Bahnhof. Für die Expo 2000 wollte man
diesem Gebäude ein Facelifting verpassen und beauftragte Friedensreich
Hundertwasser den Umbau zu planen. In typischem Hundertwasser-Stil wurde dieser
sehr bunt und verspielt, und fast ohne gerade Linien gestaltet. Leider verstarb
der Künstler kurz vor der Fertigstellung seines Uelzer Bahnhofs.
Später
fuhren wir durch die dünn besiedelte Region der Lüneburger Heide und viele
reizende Dörfer. Einige hatten eher ungewöhnliche Namen, wie z.B. Meinkot.
Im Harz
Schon
bald erreichten wir den Harz und klingelten bei einigen der
vielen Häuser mit „Zimmer frei“ Schild. So kamen wir zu einem wunderschönen
Studio oberhalb von Wernigerode, einer malerischen und
deshalb auch sehr touristischen Kleinstadt. Obwohl sie 35‘000 Einwohner zählt,
hat man in der belebten und gut erhaltenen Altstadt eher das Gefühl in einem
Dorf zu sein. Das grosse Ortszentrum besteht fast ausschliesslich aus zwei- bis
dreistöckigen Fachwerkhäusern. Es fiel auf, wie harmonisch und einheitlich sich
die Architektur präsentierte, obwohl jedes Haus individuell dekoriert war.
Das
schöne Rathaus am Marktplatz versucht die anderen Gebäude noch zu übertrumpfen.
Mit seinen zwei charakteristischen Türmen lässt sich leicht nachvollziehen,
warum es von den Einheimischen Spielhaus genannt wird. Ebenfalls etwas
verspielt ist das Schloss, welches über der Stadt thront.
Wernigerode
war bereits vor dem zweiten Weltkrieg eine Schönheit und danach wurde es zu
einer Vorzeigestadt der DDR. Damals war die Stadt ein beliebtes Ferienziel der
Ostdeutschen, da ihnen im Ausland nicht viele Urlaubsmöglichkeiten zur
Verfügung standen. Sowohl unsere Vermieter, als auch andere Einheimische, waren
sich einig, dass das Leben in der damaligen DDR eigentlich gar nicht so
schlecht war, was ihnen fehlte, war vor allem die Freiheit. Einige Ost-Deutsche
waren anscheinend etwas enttäuscht, als sie nach dem Fall des Eisernen Vorhangs
zum ersten Mal in den Westen reisten. Aus dem illegal konsumierten Westfernsehen
hatten sie den Eindruck gewonnen, dass drüben alles viel besser sein müsste –
und nun waren die Strassen doch nicht vergoldet. Vor allem Menschen aus
privilegierten Orten wie Wernigerode waren überrascht, wie baufällig gewisse
Quartiere im Westen waren. Niemand möchte die Zeit zurückdrehen, aber in der
Zwischenzeit haben viele realisiert, dass sie für die Freiheit auch einen Preis
bezahlt haben, und dass einige Dinge im alten System doch besser geregelt
waren. Auch zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung sind sowohl Preise, als
auch Löhne im ehemaligen Osten noch immer etwas tiefer als im Westen. Sonst
gibt es aber heute keine grossen Unterschiede mehr, ausser dass es in den neuen
Bundesländern einen grösseren Anteil an neuen Autobahnen und frischer Farbe
hat.
Die
Innerdeutsche-Grenze ging mitten durchs Harzgebirge. Gedenktafeln erinnern an
die ehemalige Zonengrenze, an die heute viele nicht einmal mehr einen Gedanken
verschwenden, wenn sie die friedliche Landschaft auf beiden Seiten betrachten.
Die
Nachbarsstadt Goslar befindet sich bereits auf der anderen Seite
der ehemaligen Zonengrenze. Sie ist etwas städtischer, doch in mancher Hinsicht
sehr ähnlich zu Wernigerode. Auch Goslar hat viele schöne Fachwerkbauten,
dazwischen aber auch viele „steinerne Schindelhäuser“. Bisher kannten wir nur
Schieferdächer, aber hier sind ganze Fassaden mit Schiefer belegt. Sie waren
oft handgefertigt und hatten sehr dekorative Muster. So beeindruckend diese
Handwerksarbeit auch ist, die graue Farbe des Schiefers vermittelt aber doch
einen etwas deprimierenden Eindruck.
Während
unserer Stadtbesichtigung stach uns das Restaurant „Butterhanne“
ins Auge, welches Windbeutel gegen den kleinen Hunger anbot. Kommt uns wie
gerufen, dachten wir und setzten uns ins Gartenrestaurant. Als wir für Heinz
einen grossen (€ 4.50), und für Brigitte einen kleinen Windbeutel (€ 3.50) bestellen
wollten, warnte uns die Kellnerin, dass auch die kleinen recht gross seien,
worauf wir dann nur zwei kleine Profiterolen bestellten.
Die „bescheidenen“ Portionen, die wir daraufhin serviert bekamen, waren
wirklich kaum grösser als unsere Köpfe und gefüllt mit höchstens je ½ lt. Sahne…
Als
wir zurück in Wernigerode waren, unterhielten wir uns wieder etwas mit unseren
Vermietern. Sie erzählten uns, dass es in dieser Stadt schon immer von
Restaurants und Strassencafés wimmelte und dass diese zu DDR Zeiten so
preiswert waren, dass es sich jeder leisten konnte auswärts zu essen, wenn auch
die Küche damals noch nicht ganz so raffinert, aber doch auch gut gewesen sei.
Im Gegensatz zu heute füllten sich die Lokale damals noch jeden Abend.
Wir
befolgten die Ratschläge unserer Vermieter und besuchten ein paar
Sehenswürdigkeiten im Harz. Verschiedene Sagen handeln von Hexen und Teufeln
und dies wird von der Tourismusindustrie natürlich kräftig vermarktet. Nachdem
wir Gernrodes
Kuckucks Uhr, die grösste ausserhalb des Schwarzwaldes, besichtigt hatten, besuchten
wir als nächstes die Teufelsmauer bei Weddersleben.
Es handelt sich um eine 8km lange Sandsteinmauer die von der Natur, bzw. gemäss
der Sage, vom Teufel empor geschoben wurde. Es ist schon merkwürdig wie stark
sich die Mauer talwärts, in Richtung des darunterliegenden Dorfes neigt. Die einzelnen
Abschnitte bestehen aus über 10m hohen schrägen Felsen, die wie einzelne Steine
erscheinen.
Oben
im Harzgebirge erreichten wir den Hexentanzplatz. Auch dies ist ein
sagenumwobener Platz, doch die Skulptur einer Hexe hingegen, ist zeitgemäss;
sie trägt Birkenstock Sandalen. Von hier oben sieht man in die dramatische
Bode-talschlucht. In der Legende ist auch die
gegenüberliegende Talseite mit eingeschlossen und dort befindet sich, an einem
weiteren Aussichtspunkt, die sogenannte „Rosstrappe“ (Pferdehuf Abdruck). Unsere
Rückfahrt führte uns durch sattgrüne Harzlandschaften, vorbei an Gaststätten
und Pensionen, welche sich in Schluchten oder enge Täler einschmiegen.
Entlang der Deutschen Fachwerkstrasse
Nach
drei intensiven Tagen verabschiedeten wir uns in Wernigerode und folgten einem
Teilstück der „Deutschen
Fachwerkstrassen“, die von diversen Touristen Broschüren gut dokumentiert werden. Insgesamt
gibt es 7 Abschnitte dieser Strasse, die sich im zick-zack
quer durch Deutschland zieht. Es würde Ewigkeiten dauern, alle Fachwerk-Dörfer
zu besuchen und es wurde uns bewusst, wie viele malerische Orte es im ganzen
Land gibt. So suchten wir uns einfach einige aus, die wir gut in unseren Weg
einbauen konnten. Eines davon war Uslar, ein kleines schmuckes Dorf.
Noch
am selben Nachmittag überquerten wir mehrere Gebirgsketten, bevor wir
schlussendlich in Hannoversch
Münden landeten. Diese hübsche Kleinstadt mit 25‘000 Einwohnern ist zwischen
drei Flüssen eingebettet. In der malerischen Altstadt gibt es fast nur alte,
oft schiefe Fachwerkhäuser. Hann. Münden ist eine
befestigte Stadt und Teile der Stadtmauer, sowie ein paar Wachtürme sind immer
noch intakt. Wie in vielen anderen Städten, gibt es auch in Hann.
Münden ein stattliches Rathaus. Dieses wurde nicht als Fachwerk-, sondern als
Steingebäude erstellt. Der Eingang, sowie das danebenliegende Fenster sind sehr
aufwändig gestaltet.
Wir
hatten Glück, dass wir ein kleines Studio mitten im Zentrum fanden. Es lag im
dritten Stock eines schiefen Fachwerkbaus. Man hat es zwar renoviert und dem
heutigen Standard angepasst, doch der schräge Fussboden war nicht begradigt
worden. Jedes Zimmer hatte ein unterschiedliches Niveau und oft hatte man Keile
untergeschoben, um die Möbel gerade zu stellen. Es war alles sehr charmant,
aber wir mussten immer aufpassen, dass wir keine Kopfabdrücke an Deckenbalken
und Türrahmen hinterliessen.
Bevor
wir am nächsten Morgen weiterfuhren, frühstückten wir noch in einer der vielen
Bäckereien mit Stehcafé. Diese Deutsche Institution
ist uns so richtig ans Herz gewachsen. In vielen Bäckereien gibt es eine kleine
Ecke, entweder mit Tischen oder einer Stehbar, wo die
Kunden ihre Backwaren gleich verzehren und dazu eine Tasse Kaffee bestellen
können. So kamen wir täglich zu einem guten und preiswerten Frühstück.
Als
wir entlang der Fachwerkstrasse weiter südwärts fuhren, besuchten wir zwei
weitere Juwelen: Fritzlar und Alsfeld. Beide waren enorm hübsch,
aber an diesem Tag mussten wir leider in neue Regenschirme investieren;
anscheinend fand der Wettergott, dass wir wieder einmal eine Hirnwäsche nötig
hätten. Das Positive daran war, dass wir so noch ein Fachwerkhaus von innen
sahen: eines wo Kaffee und Kuchen serviert wurde. Dies war eine willkommene
Abwechslung zu unserem täglichen Eisbecher in einer der vielen Italienischen Eisdielen.
Wir
übernachteten in Marburg, einer hübschen 80‘000 Seelenstadt an der
Lahn. Die Altstadt liegt an einem Hügel über dem neuen Stadtteil und über allem
thront majestätisch das Schloss Marburg und wacht über die vielen
Fachwerkhäuser zu seinen Füssen. Am Abend zog es alle in die atmosphärisch
beleuchtete Altstadt, den Ort, um zu sehen und gesehen zu werden!
Ein paar Tage entlang der Mosel
Anderntags
ging’s weiter nach Koblenz, wo wir ins Moseltal abzweigten. Dies ist ein
beliebtes Feriengebiet mit steilen Hängen oberhalb der Flussufer. Dort werden
oft bis hinauf zu unvernünftig hohen und steilen Lagen Reben angebaut. Die
ganze Gegend ist sehr malerisch und durchstreut mit
romantischen Schlössern, Ruinen und Dörfern. Da wir hier ein paar Tage
verweilen wollten, suchten wir nach den „Zimmer frei“ Schildern, welche man in
den meisten Dörfern entlang der Mosel reichlich findet. Da es noch früher
Nachmittag war, hofften wir im ansprechenden Ort Alken auf eine Unterkunft an
schöner Lage und mit allem Pipapo. Nachdem wir eine
Stunde lang überall abgewiesen wurden, krebsten wir mit unseren Wünschen
zurück. In der Zwischenzeit hatten wir erfahren, dass an diesem Wochenende ein
beliebter Anlass im Dorf stattfinden würde und so sahen wir uns anderswo um.
Mit viel Glück fanden wir schlussendlich ein hübsches Zimmer in einem netten
Haus in Niederfell.
Am
nächsten Tag zeigte sich das Wetter von der besten Seite und so schwärmten wir in
die Umgebung aus. Als wir der Mosel entlang fuhren, fiel uns eine
bemerkenswerte Anzahl grosser Boote auf. Darunter waren
Mini-Kreuzfahrts-Schiffe oder Ausflugsboote, aber am häufigsten: unglaublich
lange Frachter. Diese Kähne waren weder breit noch hoch oder tief, doch sie
konnten bis 110 Meter lang sein. Die Länge war wahrscheinlich nur durch die
vielen engen Moselschlaufen und die Schleusen beschränkt. Die Kapitäne und ihre
Helfer führten jeweils ihre Autos und ab und zu auch ein Sportboot auf dem Deck
mit.
Das Schloss
Liebig und einige schmucke Dörfer wie Hatzenport und Treis spiegelten sich wunderschön im Fluss. Die Burgruine Thurant hingegen, thront noch immer majestätisch hoch über
dem Dorf Alken. Cochem ist ebenfalls sehr schön, aber
auch schön touristisch. Es war schon eine Herausforderung einen Parkplatz zu
finden und dann mussten wir uns in der Stadt durch die Menschenmassen drängen.
Wir können uns kaum vorstellen, wie es hier im Herbst aussehen muss, denn dann
sollen noch vielmehr Touristen hierher pilgern, wie uns gesagt wurde. Die Leute
strömen nach Cochem wegen der engen, von schönen Fachwerkhäusern gesäumten kopfsteingepflasterten
Gassen. Auch die mittelalterliche Reichsburg, welche über der Stadt thront, ist
ein Besuchermagnet.
Am
selben Tag fuhren wir noch zur Burg Eltz. Es war eine lange, aber schöne Fahrt durch Felder
und das Schloss schien uns viel weiter von der Mosel entfernt, als es wirklich
ist. Wir hatten schon bald das Gefühl, dass wir uns auf einer Hochebene
befänden, da man bald weder von der Mosel, noch von der Eltz
etwas sehen konnte. Die beiden Flüsse waren ganz tief unten im Tal versteckt,
als ob sie in einem Canyon wären. Endlich erreichten wir eine Waldlichtung am
Hügel und erspähten die einsame Burg Eltz unter uns,
welche über den, auf drei Seiten um sie fliessenden Fluss wacht.
Nach
zwei Tagen basierten wir uns in einer weiteren Frühstücks-Pension, diesmal in Ediger-Eller, einem ebenfalls eher
touristischen Dorf. Wie überall entlang der Mosel, gibt es auch hier sehr viele
Restaurants – zu viele, dass sie nur von den Einheimischen überleben könnten.
Alle servierten eher grosse Portionen, aber mit etwas Umsicht konnte man sogar
Lokale finden, bei denen auch die Qualität überzeugte. Viele Besucher kommen
sicherlich wegen des Weines hierher und einige unter ihnen sind wohl nicht so
wählerisch, was sie dazu essen.
Rebberge
findet man selbst an den steilsten Hängen über dem Fluss. Calmont nimmt für sich in Anspruch
mit 65°„der allersteilste“ Rebberg der
Welt zu sein. Es ist nicht nur sehr gefährlich, sondern auch sehr anstrengend
die Reben auf so steilem Terrain zu bewirtschaften. Viele Bauern hatten auch
bereits aufgegeben. Um aber den speziellen Charakter dieser Region zu erhalten,
hat sie die Regierung mit Subventionen zum Weiterführen des Weinbaus
„bestochen“. Irgendwie ist dies verrückt, denn die Regierung gibt ja
schliesslich auch sehr viel Geld aus, um vom Alkohol verursachte Probleme zu
lösen. An den Hängen entlang der Mosel wurden speziell konstruierte Monotrack Eingleis-Systeme installiert. Dies ist eine vereinfachte
Monorail Bahn, mit einer Art Traktörchen mit Einspur-Wägelchen als Anhänger.
Dank der Subventionen kann sich jeder Moselbauer so einen Monotrack leisten und
damit werden heute die geernteten Trauben zu Tal gebracht.
Ein
Spaziergang durch die Rebberge oberhalb der Mosel lohnt sich nur schon wegen
der faszinierenden Aussicht über die engen Fluss-Schlaufen. Es ist
hochinteressant zu beobachten, wie die langen Kähne dort durch navigieren. Wenn
man die eng zusammengeschmiegten Häuser der kleinen Dörfer von oben betrachtet,
sieht man nichts als einhellig graue Schieferdächer, aus denen hie und da ein Kirchturm
emporragt.
Nach
zwei Tagen fuhren wir am 17. August südwestwärts weiter und sahen uns in Traben-Trarbach
kurz das beeindruckende Brückentor mit seinen zwei Türmen an.
Noch
etwas weiter flussaufwärts erreichten wir Bernkastel-Kues, ein weiteres entzückendes
Städtchen, vielleicht das allerschönste an der Mosel. Mit seinen vielen
Fachwerkhäusern entlang der engen kopfsteingepflasterten Strassen, Gassen und
Plätze, ist es ganz besonders reizend. Die Einwohner legen viel Wert auf
Details, wenn sie ihre Häuser dekorieren. Überall sah man Blumen und Figürchen.
Farbe wurde nicht nur dazu verwendet die alten Balken zu streichen, sondern
auch um mittelalterliche Sprüche an die Fassaden zu malen. Fast jede Firma
macht mit einem schmiedeeisernen Schild auf sich aufmerksam.
Saarburg
& Trier
Unsere
nächste Destination war Saarburg, wo wir zwei Nächte blieben.
Dies ist eine sehr hübsche Stadt über der Saar. Ein weiteres Gewässer, der Leukbach, fliesst mitten durchs Zentrum. Direkt zwischen
den Häusern fällt er über einen hohen Wasserfall und treibt darunter mehrere
Wasserräder an. In früheren Zeiten wurden sie zum Mahlen von Getreide und Öl
benutzt. Saarburgs Burg thront auf einem Felsvorsprung über der Altstadt und
ist am Abend sehr schön beleuchtet.
Am
nächsten Tag nahmen wir den Zug ins nahegelegene Trier. Diese Stadt mit 100‘000
Einwohnern wurde einst von den Römern unter dem Namen Augusta Treverorum gegründet und beansprucht damit den Titel, die
älteste Stadt Deutschlands zu sein. Die mächtige Porta Nigra
(Schwarze Pforte) ist das einzige Tor, das noch von der Römischen Stadtmauer
übrig ist. Viele weitere Relikte aus der Römerzeit findet man auch heute noch
in der ganzen Stadt, so z.B. ein Amphitheater, die Kaisertherme, die Barbara-Thermen
und eine Römische Brücke.
Im
schmucken Stadtzentrum findet man eine gute Mischung aus Fachwerkhäusern, sowie
aus Gebäuden in Jugendstil und Barock. Wir fanden auch recht viele grosse
Plätze, Kirchen und Paläste. Trier ist nicht nur ein Magnet für Touristen,
sondern dank der Universität auch eines für Studenten, und dank der vielen
Geschäfte, auch eines für Schnäppchenjäger.
Wir
waren überrascht, wie selten Kreditkarten in Deutschland akzeptiert wurden.
Weder Restaurants, noch Läden oder kleine Hotels nahmen Kreditkarten an – sie
wollten alle nur das eine: Bargeld!
Auch Internet-Zugang, der in Skandinavien in so gut wie jeder Jugendherberge
selbstverständlich war, gab es in unseren Deutschen Unterkünften kaum.
Ironischerweise bot nur das preiswerteste Quartier beides.
Quer durch den Schwarzwald
Um den
Schwarzwald zu erreichen, entschlossen wir
uns, eine Abkürzung durch das Französische Elsass zu nehmen. Mit einer
Autofähre über den Rhein, die zu unserer grossen Überraschung sogar gratis war,
kamen wir zurück auf Deutsches Gebiet. Unser Ziel war die Strasse Nr. 500,
welche unter dem Namen „Schwarzwald Hochstrasse“ bekannt ist. Wir hofften auf
eine Nebenstrasse mit wenig Verkehr, fanden aber eine Hauptstrasse mit sehr
viel Verkehr, denn diese ist bei Touristen sehr beliebt, seien sie nun mit dem Fahrrad,
Motorrad, oder mit dem Auto unterwegs. Vor allem entlang des nördlichen
Strassenabschnittes sah man mancherorts wunderschön über die Landschaften und
Hügelzüge des Schwarzwaldes.
Für
unsere nächste Übernachtung fanden wir wieder eine nette Frühstückspension. Sie
befand sich in Schiltach, einem unglaublich
malerischen Dorf, das nicht einmal vom Touristenstrom überrannt war. Es liegt
an einem Berghang beim Zusammenfluss zwei kleiner Flüsse. Im
kopfsteingepflasterten Zentrum findet man fast nur Fachwerkhäuser, von denen
einige schon im 16. Jh. erbaut wurden. Nachdem wir am nächsten Morgen wiederum
eine Bäckerei für unser Frühstück überfallen hatten, machten wir uns bei
schönstem Wetter wieder auf den Weg.
Unseren
ersten Halt machten wir in Triberg, welches nur bekannt wurde,
weil sich hier die grösste Kuckucks-Uhr der Welt befindet. Genauer gesagt
befindet sie sich an einem Haus mit einem grossen Touristengeschäft. Oberhalb einer
riesigen Uhr befindet sich ein Fenster, bei dem sich alle 15 Minuten die
Fensterläden öffnen. Ein hölzerner Vogel erscheint und verbeugt sich vor seinem
Publikum, das zu spendierfreudigen Kunden seines Besitzers werden soll. Dabei
ruft der Holzvogel sein obligatorisches Kuckuck. Im Ladeninnern hört man diesen
Ruf hundertfach, da alle Wände mit solchen Uhren überfüllt sind. Die meisten
sind aus Holz hergestellt und mit vielen Schnitzereien verziert. Wir fanden die
meisten sehr kitschig, doch die Preisschilder möchten uns Kritiker Lügen
strafen.
Triberg ist kein besonders hübsches Dorf, aber die
vielen Kuckucks Uhren-Geschäfte wirken wie ein Touristenmagnet. Etwas oberhalb
des Ortes gibt es einen Wasserfall und da die Leute vor allem hierher kommen,
um Geld auszugeben, wird Eintritt verlangt, um diesen zu sehen. Wir gaben unser
Geld lieber für einen letzten Eisbecher aus, bevor wir weiterfuhren.
Nur
im mittleren und südlichen Schwarzwald sahen wir ab und zu ein paar typische
Schwarzwälder Bauernhäuser. Oft waren ihre grossen Dächer, oder die ihrer
Stallungen, mit Solarzellen belegt. Gute Bauern wissen wofür man Subventionen
kriegt; einmal ist es Mais, ein anderes Mal sind es Solarzellen, und diese
brauchen nicht einmal Dünger…
Unseren
letzten Stopp in Deutschland machten wir in Titisee, am See mit dem gleichen
Namen. Allein schon die Grösse des riesigen Parkplatzes liess einen grossen
Touristenaufmarsch vermuten. Und genau das war es – nichts anderes! Zugegeben,
die Lage der vielen Touristen-Hotels, Touristen-Lokale und Touristen-Geschäfte
direkt am See, ist wirklich sehr hübsch. Es gibt aber auch viele andere Seen,
die ebenso schön sind, nur dass es dort keine Touristenfallen hat. Wir machten
das Beste draus; genehmigten uns ein grosses Stück Schwarzwälder Torte und
fuhren danach in die Schweiz, wo uns Heinz’ Schwester zu ihrer Geburtstagsfeier
erwartete.
Sicherlich war unsere zweiwöchige Deutschlandreise noch viel lohnenswerter gewesen,
als wir es erwartet hatten. Weit weg von den Autobahnen, erlebten wir entlang
von Nebenstrassen, ein liebliches Land mit viel Kultur, malerischen
Landschaften und reizenden Dörfern und Städten.
Via Frankreich nach Südspanien
Wir
hielten uns nur ganz kurz in der Schweiz auf, besuchten unsere Eltern und Schwestern
und schon bald setzten wir unsere Reise fort. In Erstfeld
besichtigten wir eine Baustelle des neuen Gotthard-Basistunnels,
welcher nach seiner Eröffnung etwa in 2016, der längste Tunnel der Welt sein
wird. Als nächstes fuhren wir über die atemberaubende Furka-Strasse
und besuchten kurz nach der Passhöhe die künstlich angelegte Eisgrotte
im Rhonegletscher. Im Wallis fanden wir eine
nette Pension in Obergesteln und genossen ein gutes
Wildgericht in einem nahegelegenen Hotel. Am nächsten Morgen fuhren wir weiter
Talwärts bis Martigny, wo wir nach Frankreich abbogen.
Eine
weitere Passtrasse führte uns über den Col de Montets nach Chamonix. Von dort ging’s weiter bis ins
nette Städtchen St. Jean de Maurienne, wo wir übernachteten. Am nächsten Tag
überquerten wir den 2‘067m hohen Col de la Croix de Fer, sowie den 1‘457m hohen Col de Menée. Bevor wir bei Nonières wieder ins Tal kamen, sahen wir entlang unseres
Weges viele Felsformationen die zu Steinsäulen erodiert waren. Danach besuchten
wir kurz die Ortschaften Chatillon en Diois und Die, bevor wir abends Crest erreichten, wo wir ein
weiteres Mal übernachteten.
Am
nächsten Morgen, dem 10. September, war es nur noch eine kurze Fahrt bis zum Domaine
de la Sablière, einem netten FKK-Gelände. Es liegt im Cèze-Tal etwa 7 km ausserhalb
von Barjac in der Nähe der Ardèche Schlucht. Wir mieteten uns ein Mobilheim und
genossen sechs sonnige Tage auf diesem sehr natürlichen Platz, zu dem wir immer
wieder gerne zurückkommen.
Am 16. September ging unsere Reise weiter westwärts durch die spektakuläre ‚Gorge de la Vis‘.
Später sahen wir uns das malerische Dorf Olargues an. Danach
übernachteten wir in einem Hotel im Zentrum Mazamets.
An diesem Abend genossen wir eine letzte Französische Gourmet-Mahlzeit.
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Zum Überwintern nach Spanien
Tags drauf fuhren wir über die Pyrenäen nach Spanien weiter. Kurz nach dem neuen Tunnel de Vielha, erreichten wir
mehrere Spanische Skiorte entlang der Strasse N230. Danach setzte ein
sintflutartiger Regen ein und wir waren froh, dass wir in Bernabarre
ein gutes Zimmer in einem Hostal fanden. Am nächsten
Morgen erreichten wir bereits nach wenigen Kilometern einen Höhepunkt: die
wirklich spektakuläre Schlucht des Rio Esera. Hier hatten sich die Gesteinsschichten fast
vertikal aufgefaltet und dem kleinen Fluss blieb nur eine enge Felsspalte.
Zaragossa umfuhren wir im Nordwesten und bogen bei Ejea
de los Caballeros nach Süden ab. Vorbei an grossen Feldern und vielen kleinen
Dörfern, gelangten wir bis am Abend nach Molina
de Aragón, wo wir wiederum übernachteten. Die Rezeptionistin erzählte uns, dass wir im kältesten Ort
Spaniens gelandet seien, und es fühlte sich hier wirklich deutlich kälter an,
als an den letzten Orten. Molina liegt zwar nicht zwischen Bergen, aber doch
auf einer Höhe von 1‘000 Metern. Hier wurde einmal die Rekord-Tiefsttemperatur
von -28°C gemessen.
Reste
einer Moorischen Festung mit mehreren intakten Wachtürmen, thronen über dem
hübschen Ort. Innerhalb der alten Stadtmauer gibt es aber kein einziges Haus
mehr. Die jetzige Ortschaft liegt vollkommen unterhalb der Festung (Alcazar). Obwohl Molina nur 3‘500 Einwohner zählt, war hier
am Abend ziemlich viel los. Mit den vielen Leuten die auf der „Rambla“ spazierten, fühlte es sich so richtig Spanisch an.
Uns ist aber weder hier, noch in anderen ähnlich grossen Inland-Dörfern, ein
richtiger Supermarkt aufgefallen, von einem Einkaufszentrum ganz zu schweigen!
In den Küstenorten die wir kennen, gibt es überall grosse Filialen
verschiedener Supermärkte. Die Spanischen Touristenorte werden wohl besser
versorgt, als die einsamen Orte im Landesinnern.
Am
nächsten Tag fuhren wir entlang der Strasse CM210 weiter südwärts. Die
Landschaft blieb ländlich und eher karg, ab und zu flach, dann wieder hügelig.
Manchmal kamen wir an einer Windfarm, oder an einem Solarzellen-Kraftwerk
vorbei. Meist waren es aber traditionelle Korn- oder Sonnenblumenfelder und
Olivenhaine. Am späten Nachmittag erreichten wir die Sierra de Segura, wo wir in Orcera ein
nettes Hotelzimmer fanden. Dies ist ein weisses Dorf, welches an einem Hang
klebt. Genauso wie sein Nachbardorf Segura de Sierra,
gleicht es den typischen Andalusischen Dörfern und dorthin fuhren wir als
nächstes. Es war eine spektakuläre Fahrt durchs Gebirge, wo oft grosse
Nadelwaldgebiete durch Olivenplantagen ersetzt worden waren. Kurz nach der
Passhöhe des 1‘600 Meter hohen Puerto del Pinar, erreichten wir die
Mittelmeerküste. Während unserer letzten 100 km regnete es nun wieder in
Strömen, ausser an unserem Ziel: Vera Playa. Selbst
in Vera goss es noch, doch Natsun war definitiv UNSER PLATZ AN DER SONNE!
Zurück im Natsun in Vera Playa
Am
20. September 2010 erreichten wir die Reception von Natsun. Wir wurden von den Besitzern
Hedi & Jan herzlich empfangen und waren sehr erfreut, dass sie uns dasselbe
Apartment zuteilten, welches wir schon beim letzten Mal hatten.
So
konnten wir wiederum von der tollen Aussicht profitieren, die man von mancher
von Natsuns Ferienwohnungen geniessen kann. Zudem
hatten wir nun also wieder dieselben netten Nachbarn, mit denen wir während
unserer 1½ Jahre im Hohen Norden Kontakt gehalten hatten.
Da
einige der Kleinigkeiten, die wir hier zurückgelassen hatten, immer noch im
Apartment waren, fühlten wir uns sofort wie zuhause. Den Grossteil unserer
„Schätze“ mussten wir allerdings im Keller holen, so z.B. unseren Backofen,
Shaker und ein paar zusätzliche dekorations- und möblierungs
Elemente. Bei 30°C im Schatten war dies eine schweisstreibende Angelegenheit.
Sehr froh waren wir nun über die schattenspendende Pergola, die man neu auf der
Terrasse errichtet hatte.
Wettermässig
hatten wir riesiges Glück, da wir nicht nur mit einem aussergewöhnlich warmen
Herbst beschert wurden, sondern auch mit einem aussergewöhnlich warmen und
sonnigen Winter und Frühling. In Andalusien ist es normalerweise bis im
November, manchmal sogar noch zu Silvester möglich, im Meer zu baden. In diesem
Jahr waren die Lufttemperaturen aber im Oktober meistens noch so hoch wie
normalerweise im August.
Bis
etwa Mitte Oktober war Natsun fast ausgebucht, aber danach ging es bis Neujahr
eher ruhig zu. Bald darauf kamen so viele Rentner, die dem kalten Winter in
Zentral- und Nordeuropa entfliehen wollten, dass die Anlage schnell wieder
brechend voll war. Paradoxerweise sehnen sie sich alle nach Sonne, obwohl sie
für ihren Aufenthalt die kälteste Jahreszeit auswählen. Obwohl dies einer der
wärmsten Winter war, den wir je in Andalusien erlebt hatten, wurde dieser von
etwa zwei Wochen ungewöhnlich kaltem Wetter unterbrochen. Während dieser Zeit
stiegen die Temperaturen kaum über 5°C und es gab mehrmals Gewitter, gefolgt
von Hagelstürmen, was hier sehr selten vorkommt. An einem Abend schneite es
sogar. Ironischerweise erhielten wir genau während dieser Kälteperiode mehrere
e-Mails von Freunden, die uns um das (wie sie glaubten) „warme“ Winterquartier
beneideten! Grund zu jammern haben wir aber sicherlich nicht; an einigen
Januar-Tagen war das Wetter so warm, dass man „ganz ohne“ einen
Strandspaziergang machen konnte.
Wohl
aus Gewohnheit pilgern jeden Winter dieselben Leute hierher. Deshalb kennt man
sich, was oft zu Geselligkeit führt. Egal ob am Strand, auf dem Parkplatz, oder
auf einem Spaziergang; man trifft immer wieder Bekannte und hält für einen
kleinen Schwatz inne. Oft luden wir jemanden zum Kaffee oder Abendessen ein,
oder wir wurden eingeladen. Andere Male wiederum, gingen wir mit jemandem zum
Essen aus. Dies war meist nicht ohne unangenehme Kompromisse möglich, da die
meisten Winter-Flüchtlinge schon das Abendessen einnehmen, wenn die letzten
Spanier gerade mit ihrem Mittagessen fertig sind. Wir hingegen ziehen es vor,
spät zu essen.
Vom Strand hinaus aufs Land
Mehrmals
schwärmten wir aus, um den frühen Frühlingsanfang zu erleben. Unser grösster
Ausflug brachte uns für ein paar Tage nach Valencia, etwa 400km nordöstlich von
Vera. Da wir noch mehr Mandelbäume in der Blüte erleben wollten, entschieden
wir uns für kleine Nebenstrassen durchs Landesinnere. Wir kamen durch hügelige
Landschaften, wo der sonst karge Boden mit Wildblumen übersät war. In einigen
Gegenden war die Mandelblüte zwar schon vorbei, aber sobald wir etwas in die
Höhe kamen, wie z.B. zwischen Caravaca und dem Jumilla Pass, erschienen die Mandelhaine und Obstplantagen
wie gigantische rosarote oder weisse Blütenteppiche. Entlang unseres Weges
kamen wir an der Baustelle eines grossen Solarparks vorbei. Wie wir erst später
erfuhren, wird dieser zum grössten Teil von der Stadt Zürich und vom EW des
Kantons Basel finanziert.
Am 1.
März 2011 erreichten wir das Ibis Hotel am Stadtrand von Valencia. Obwohl unser
Hotel nur 5km vom Zentrum entfernt lag und einen Busstop
direkt vor der Tür hatte, war es nicht ganz so einfach, wenn man sich auf den
öffentlichen Verkehr verlassen wollte. Obwohl die Spanier die ganze Nacht
ausgehen, fällt fast der gesamte öffentliche Verkehr in Spanischen Grosstädten (inklusive Madrid und Barcelona) um 10 Uhr
abends in einen tiefen Schlaf. Irgendwie können wir es nachvollziehen, dass
sich die Spanier überhaupt nicht dran stören. So zwischen 19:00 und 22:00 Uhr
schwärmen sie für Tapas aus, suchen sich zwischen 21:00 Uhr und Mitternacht ein
geeignetes Lokal fürs Abendessen, machen danach einen Spaziergang bevor sie in
die Disco gehen, welche so zwischen 02:00 und 03:00 Uhr morgens öffnet. Bis sie
dann nach Hause wollen, fahren schon längst wieder die ersten Morgenbusse oder
Züge… Wir nahmen dann halt notgedrungen den letzten Bus um 22:00 Uhr und
tafelten danach in einem Restaurant in der Nähe unseres Hotels.
Die
Einheimischen waren immer sehr hilfreich, wenn wir uns, mit unserem limitierten
Spanisch, nach dem Weg, oder dem richtigen Bus, erkundigten. Sie gaben sich die
grösste Mühe uns zu helfen das Ziel zu finden. Ein Mann nahm uns sogar in
seinem Auto mit, damit wir schneller zur U-Bahn Station kamen, welche mehr oder
weniger auf seinem Weg lag. Witzigerweise fuhr er ebenfalls
eine Dacia, welche mit unserer sowohl im Modell, als auch in Farbe identisch
war.
Futuristische
Gebäude der „Ciudad de las Artes
y las Ciencias“
Wir
waren vor allem nach Valencia gekommen, um die eindrücklichen futuristischen
Gebäude der „Ciudad de las Artes y de las Ciencias“, der Stadt der Künste und
der Wissenschaften zu bewundern. Dieses architektonische Meisterwerk wurde vom
bekannten Stararchitekten Santiago Calatrava
entworfen. Er stammt aus Valencia und studierte sowohl in seiner Heimatstadt,
als auch in Zürich.
Um
der 800‘000 Seelen Stadt eine grüne Lunge zu schaffen, wurde der Fluss Turia in
ein neues Bett, ausserhalb der Stadt umgeleitet und das alte Flussbett in einen
riesigen Stadtpark umgestaltet. Ein kleiner, etwa 2km langer Abschnitt dieses
Parks wurde zum Bau der „Ciudad de las Artes y de las Ciencias
(CAC)“ verwendet. Diese Ansammlung ultramoderner Gebäude ist ein wahres Fest
für jeden Architekturliebhaber und beeindruckt Besucher jung und alt. Sie besteht
aus vier faszinierenden Gebäudekomplexen, sowie aus zwei weiteren extravaganten
Strukturen; einem riesigen Bogengang aus Metall; genannt „Umbracle“,
sowie der harfen-ähnlichen Brücke; „Puente de l’Assut
de l’Or“.
Wir
beginnen im Nordwesten des „CAC“ wo sich der 70m hohe „Palacio
de las Artes Reina Sofía“ (Kunstpalast Königin Sofia) befindet. Er beherbergt
Oper- und Theatersäle. Dieses prächtige Bauwerk hat etwa die Form eines Eies
mit vielen Strukturen. Der augenfälligste Teil ist die 230m lange, sogenannte
Feder, welche sich über das Dach schwingt.
Daneben
liegt ein kleineres extravagantes Gebäude: „el Hemisfèric“. Es hat die Form eines Auges, welches aus einem
spiegelnden Wasserbecken blinzelt. Darin befindet sich ein IMAX Kino, dessen runde
Leinwandkuppe einer Pupille gleicht. Es wurde 1998 als erstes Gebäude der „CAC“
fertiggestellt.
Das
nächste spezielle Bauwerk ist einem weiteren Mitglied der Spanischen
Königsfamilie gewidmet: „Museo de las Ciencias Príncipe Felipe“, das Museum der Wissenschaften.
Seine interaktiven Ausstellungen beanspruchen 26‘000 m2 Fläche. Etwa
20‘000 m2 Glas wurden zum Bau dieses Komplexes verwendet. Mit seinen
220 Metern Länge, 80 Metern Breite und 55 Metern Höhe ist es das grösste, der
vier ungewöhnlichen Gebäude. Als Schweizer sahen wir gewisse Ähnlichkeit zu
einer gigantischen Toblerone aus Stahl und Glas.
Als
letztes erbaute man „el Ágora“,
eine geräumige Halle, welche für Ausstellungen und andere Anlässe genutzt wird.
Obwohl sie bereits im Jahr 2009 offiziell eröffnet wurde, war sie auch im März
2011 noch nicht ganz fertiggestellt. Dieses dunkelblaue Gebäude entspricht von
der Form her einer gigantischen, aufrecht stehenden Muschel, welche (ihr Dach)
öffnen und schliessen kann.
Gleich
dahinter befindet sich das ozeanographische Museum und Aquarium „Oceanogràfic“, das etwa 500 verschiedene Spezien aus dem Umfeld des Meeres beherbergt. Nur wer
Eintritt bezahlt, kann das herausragendste Gebäude
des „Oceanogràfic“ bewundern, welches von Felix
Candela entworfen wurde.
Die
übrigen futuristischen Gebäude der „Ciudad de las Artes y de las Ciencias“ kann man hingegen von aussen ohne Eintritts- oder
sonstige Kontrolle, bewundern und nach Lust und Laune zwischen diesen
beeindruckenden Strukturen herumwandern. Dies lohnt sich Tag und Nacht und wir
fanden die Dämmerungs- und Abendstunden besonders interessant, da dann die
gesamte „ciudad“ wunderschön beleuchtet wird.
Historisches und verrücktes Valencia
Nachdem wir am ersten Abend nur die „CAC“ und ein
Restaurant besuchten, stand am nächsten Tag Valencia’s historisches Stadtzentrum auf
dem Programm. Wir wunderten uns, wie es die grossen Stadtbusse schaffen, sich
durch die engen Strassen zu zwängen, welche auch noch beidseitig mit parkierten
Autos überstellt sind. Nachdem wir den Bus im Zentrum verliessen, erkundigten
wir die Stadt zu Fuss.
Die Altstadt liegt am trockengelegten Flussbett der
Turia und die alten Brücken führen den Verkehr nun über den Stadtpark, statt
über das Wasser. In der gesamten Stadt gab es immer wieder historische Gebäude
zu bewundern. Darunter waren die grosse Markthalle im Zentrum und der „Mercado de Colon“, beide mit
schönen Markthallen. Wunderschön sind auch die Hauptpost, der Nordbahnhof und
natürlich unzählige Kirchen und die obligatorische Stierkampf-Arena. Zudem gab
es mächtige Stadttore, ein beeindruckendes Rathaus und mehrere Plätze, welche alle
hübsch mit Blumen eingefasst waren.
Momentan steckte die Stadt mitten in den
Vorbereitungen zu den „Fallas”, wie Valencia’s berühmter
Karneval genannt wird. Ganze Strassenzüge wurden, ähnlich wie zu Weihnachten,
mit Lichtornamenten dekoriert. Einige Strassen hatten eher bescheidene
Beleuchtungen, andere wiederum bemühten sich um den Titel der Strasse mit der
ausgefallensten „Fallas“ Dekoration. Diesen Quartieren ist kein Aufwand zu viel
und sie umrahmen ihre Strassen regelrecht mit Lichtschlössern und Bogengängen
mit hunderttausenden von bunten Lichtgirlanden. Wir konnten beobachten, wie die
Rahmen mit den kleinen Lämpchen entlang der Gehsteige aufgebaut wurden. Sie
sehen aus wie sehr hohe schmiede-eiserne Ornamente, welche die Strassenzüge
tunnelförmig überspannen. Spezialisten aus Italien waren gerade dabei diese zu
errichten, so waren wir leider etwas zu früh, um nachts die beleuchteten
Schlösser und Strassenzüge zu sehen.
Hingegen gerieten wir mitten am Nachmittag direkt und
ungewollt in eine „Falle der Fallas“; die „Mascleta“.
Plötzlich waren wir in einem riesen Menschenauflauf, aus dem es kein Entrinnen
gab. Irgendwie schien die Masse auf etwas zu warten. Ein grosser Platz war von
hohen Zäunen abgeriegelt und von Ambulanzen umgeben. Was in der Mitte war,
konnten wir nicht sehen. Unsere Versuche, die Umstehenden zu fragen worauf sie
warteten, war wenig erfolgreich; die erste Antwort lautete: „sprechen sie
Deutsch?“ Es war eine Touristin die ebenfalls ahnungslos gefangen war. Die
Antwort einer älteren Dame war schon etwas aufschlussreicher, sie sagte kurz
und bündig und mit viel gestikulieren: „bum bum, bum bum“.
Wenig später hörten und fühlten wir was sie meinte.
Die Mascleta ist nichts
anderes als ein Feuerwerk mitten am Tag. Es geht einzig um Lärm! Ein heftiges
Konzert von koordinierten Knallkörpern und Schiesspulver. Jedes Jahr wird zwischen
dem 1. und dem 19. März die „Mascleta“ täglich jeweils um 14:00 Uhr auf der Plaza del Ayuntamiento gezündet.
Das grosse „bum bum“ ist sehr beliebt und zieht viel Volk an. Obwohl es bei
einem Tagesfeuerwerk offensichtlich nicht sehr viel zu sehen gibt, hat sich
eine kleine Spanierin lautstark beschwert, dass wir in ihrer Sicht stünden.
Nun, wir konnten ihr aber auch nicht aus dem Weg
gehen, da es zu viele Leute hatte, als dass wir uns in irgendeine Richtung
hätten bewegen können. Was für die Einheimischen der Höhepunkt ist, kommt am
Ende des etwa 20 minütigen Spektakels: „el terremoto“ was wörtlich übersetzt Erdbeben heisst. In der
Tat, für mindestens 5 Minuten eskalierten die künstlichen Explosionen so stark,
dass sowohl der Boden, als auch die Körper der Anwesenden heftig vibrierten. Es
war schon fast schmerzhaft, doch die Menge johlte und klatschte.
Zurück nach Vera Playa
Nach
zwei erlebnisreichen Tagen wählten wir für die Rückfahrt eine andere
Inland-Route. Unseren ersten Halt machten wir bei der unglaublich klaren Quelle
„el Pou clar“ bei Ontinyent, welche
über eine steile Treppe zugänglich gemacht wurde. Nur 7km weiter kamen wir zur
Ortschaft Bocairent,
die stolz auf einem Hügel thront. Im darunterliegenden Tal findet man
mittelalterliche Höhlen und Zeugen früherer Siedlungen.
Auf
engen Nebenstrassen erreichten wir die Sierra
de Espuña. Auch hier waren wieder viele Bäume in
voller Blüte und die Landschaft war sehr spektakulär. Wegen dunkler Wolken war
die Fernsicht zwar nicht so gut, dafür bildeten die schwarzen Stämme der
Mandelbäume einen tollen Kontrast dazu.
Als wir Lorca erreichten,
begann es zu regnen und deshalb unterbrachen wir unsere Reise fürs Abendessen,
nachdem wir uns zuerst eine Weile im neuen Einkaufszentrum umgesehen hatten. Es
war ziemlich spät, bis wir wieder in unserem Apartment in Vera Playa eintrafen. Nun war es trocken und die Nachbarn
erzählten uns, dass der Himmel furchterregend ausgesehen hatte, sich aber hier
nicht entlud und es sogar bis 16 Uhr sonnig gewesen sei. Dies ist kein
ungewöhnliches Phänomen. Während unserer Zeit hier in Vera Playa
war es oft sonnig, während es nur 5km weiter regnete.
Bereits im Herbst ist uns aufgefallen, dass die meisten der ausländischen
Langzeiturlauber und Einwanderer an den langen Wochenenden, wenn viele
Einheimische hierher pilgern, Vera Playas langen
Strand zu meiden scheinen. Sobald aber die Spanier an ihren Arbeitsplätzen
zurück sind, strömen die “extranjeros” (Ausländer) wieder zurück an den Strand. Wir
wissen nicht, ob einige Besucher befürchten, dass die Einheimischen beissen
(oder etwas wegschauen). Für uns ist es irgendwie schockierend zu sehen, dass
viele Langzeiturlauber eher über den Lebensstil der Andalusier jammern, statt
versuchen, wenigstens ein paar Worte der Landessprache ihres Gastlandes zu
lernen! Dass einige unter ihnen in ihren Heimatländern Wähler der
rechtspopulistischen Parteien sind, gibt umso mehr zu denken!
Wir sind immer noch beeindruckt, wie Vera Playas grosse FKK Zone ganz ohne Zäune und Markierungen
übergangslos in die umliegende Textilzone übergeht und wie problemlos die
Nackten und die Prüden hier miteinander umgehen. In dieser Hinsicht gehört die
Spanische Gesellschaft sicherlich zu den tolerantesten unseres Planeten. Daher
ist es überhaupt kein Problem, dass der (inzwischen) frühere Spanische
Präsident Zapatero in einer Textilen Ferienanlage in
Vera Playa,
welche von FKK Ferienanlagen und dem FKK-Strand umgeben ist, eine
Ferienwohnung besitzt.
Fallen
Der kaum wahrnehmbare Übergang von der FKK- in die
Textile-Zone, sowie die tolerante Spanische Gesellschaft gehören, zweifellos zu
den grossen Pluspunkten Vera Playas. Dies wird leider allzu oft von skrupellosen
Immobilien-Maklern ausgenutzt, welche FKK-Anhängern Appartements in
Textilanlagen andrehen, oder umgekehrt. Seriöse Beratung und
Verkaufskommissionen sind eigentlich schon ein Wiederspruch in sich selbst. In
Ländern wie Spanien, wo die Geschichte für lange Zeit von einer Diktatur
geprägt wurde und die Korruption deshalb noch nicht vollständig ausgerottet
ist, ist die Situation naturgemäss noch schlimmer.
Wohnungen und Häuser, welche ohne gültige Baubewilligung verkauft werden,
gehören zu den weiteren Fallen. Normalerweise passiert überhaupt nichts, ab und
zu statuiert die Regierung ein aber Exempel und lässt eines der Gebäude
abreissen, bei welchem die Baubewilligung mit Schmiergeldern bezahlt wurde.
Falls der momentane Besitzer beim Kauf von der rechtlichen Situation nichts
geahnt hat, könnte er eventuell eine Entschädigung für den Verlust seines Heims
erhalten. Wie auch immer, die Spanische Justiz arbeitet sehr langsam und wir
hörten von Ausländern, deren Fall sieben Jahre nachdem ihr Haus per
Regierungsbeschluss abgebrochen wurde, immer noch beim Gericht pendent liegt!
Veränderungen
Mieten ist eine gute Möglichkeit, um Vera Playa sorgenfrei zu erleben. Nur das Schwimmbecken trennt
Natsun, die Ferienanlage in der wir wohnten, von der Beach. Deshalb hat man von
den meisten Wohnungen Sicht zum Strand. An den (seltenen) Tagen mit starkem
Wellengang ist das Meer wahrlich spektakulär. Es ist beeindruckend zu erleben,
wie schnell 30 Meter Sand im Meer verschwinden können, um vielleicht (hoffentlich)
nach ein paar Tagen, Wochen oder Monaten wieder zurückzukommen. Dies sind wohl
die dramatischsten Veränderungen, welche wir in Vera Playa
beobachten konnten, sonst hat sich aber in den letzten zwei Jahren nicht allzu
viel getan.
Die Immobilienkrise ist schlussendlich auch in diesem Teil Andalusiens
angekommen. Immerhin endeten die unzähligen Ferienwohnungen, an welchen vor
zwei Jahren gearbeitet wurde, nicht als Bauruinen, sondern werden langsam, aber
sicher fertiggestellt. Der grosse Consum Supermarkt,
welcher direkt an die “Zona Naturista”
angrenzt, wurde noch etwas erweitert und hebt sich nun Qualitätsmässig noch
deutlicher von den anderen Supermärkten der Umgebung ab. Im Gebäude welches
früher Veras Intermarché beherbergte, befindet sich
nun „Iceland by Overseas“, eine Britische Detailhandelskette in Spanien,
welche ausschliesslich englischsprachiges Personal beschäftigt. Ein paar wenige
Produkte kann man wirklich nur dort finden. Über 80% der Artikel sind aber
identisch mit denjenigen, welche man auch in jedem Spanischen Supermarkt
findet, nur dass sie hier gegen einen bescheidenen 20% - 200% Zuschlag in der
Original-verpackung aus Grossbritannien angeboten
werden - selbst wenn es sich um Paella handelt!
Die Anzahl der Chinesischen
Billigläden ist in den letzten Jahren ebenfalls stark gestiegen. Immer wenn in
Spanien ein Generalstreik angesagt ist, werden Streikposten eingesetzt, welche
sicherstellen dass alle, also auch die ausländischen Ladenbesitzer, mitmachen.
Am Vortag eines gossen Generalstreiks sagte uns ein sichtlich frustrierter
Chinesischer Geschäftsmann: „Irgendwie ist es eine verrückte Welt; in China
kann ich Probleme kriegen wenn ich streike, hier in Spanien kann ich Probleme
kriegen, wenn ich NICHT streike. Hier ist es kein bisschen besser, einfach
umgekehrt!“
In Vera Playa
sind die meisten Ferienanlagen umzäunt; Natsun ist da eine der wenigen, aber
angenehmen, Ausnahmen. Deshalb fühlt man sich hier wirklich wie in einem
Badeort mit Sicht über den Strand und
nicht wie in einem Ghetto hinter Mauern. Natsun hat viele Stammgäste und ist,
im Vergleich zu den umliegenden FKK Ferienanlagen, ganzjährig recht gut belegt.
Dies sorgt naturgemäss für mehr Sicherheit, als ein Zaun bieten könnte. Die
meisten der Deutschen „Winterflüchtlinge“ die wir kennen, entschieden sich
zuerst spontan für eine umzäunte FKK Anlage in der Nähe. Innerhalb von zwei
Jahren zogen dort aber alle wieder aus und suchten sich etwas anderes, da sie
sich dort eher wie in einem menschenleeren Ghetto hinter Mauern fühlten!
Unsere
Zeit in Natsun verging wie im Flug und auch das Wetter war wiederum sehr
langweilig; wir hatten so oft gutes Wetter, dass wir ab und zu auch sonnige
Tage dazu nutzten, etwas in der Wohnung zu machen. Normalerweise ist der
Frühling in Vera Playa zwar recht warm, aber immer
wieder auch sehr windig. Dieses Jahr war es aber (fast) den ganzen Frühling
windstill. Nur an den verlängerten Wochenenden war das Wetter nicht immer so
kooperativ. Trotzdem war der Strand während der „Semana
Santa“ (Osterwoche) zeitweise fast so beliebt wie im Hochsommer. Nur ein paar
Tage später ging es aber am Strand wieder genauso ruhig zu und her wie zuvor;
ein paar hundert FKKler bevölkerten den Strand unter der Woche, vielleicht
tausend am Wochenende. Der textile Strandabschnitt hingegen, blieb bis August
so gut wie menschenleer. Wenn die Sonne den Po nicht erreichen kann, ist es zum
Sonnenbaden im Frühjahr einfach noch zu kalt. Nur wer die nackten Tatsachen
offenlegt, scheint unter der Andalusischen Vorsaison-Sonne schnell braun zu
werden und warm zu bekommen!
Abreise von Vera Playa
Mit
vielen guten Erinnerungen im Gepäck, verliessen wir Vera Playa
am 22. Mai 2011, nachdem wir uns von Hedi und Jan, den Eigentümern von Natsun,
verabschiedet hatten. Zuerst folgten wir der spektakulären Küstenstrasse bis Aguilas, wo wir Inland, Richtung Lorca, abbogen. Es war
erst 10 Tage her, dass ein Erdbeben der Stärke 5.4 in dieser Stadt ein paar
Gebäude zum Einstürzen gebracht hatte. Natürlich hatten sich die Medienberichte
vor allem auf die 9 Toten und die am schwersten beschädigten Gebäude
konzentriert, sodass der Eindruck entstand, die ganze Stadt sei am Boden
zerstört. Als wir aber am Stadtrand vorbeikamen, sahen wir überhaupt keine
Erdbebenschäden. Wegen der engen Spanischen Bauweise gibt es leider kaum
Fluchtmöglichkeiten, wenn bei einem Beben etwas herunter fällt.
Nun
folgten wir den Landstrassen RM711 und CM3203 nordwärts. Je weiter weg wir von
der Küste kamen, desto grüner wurde die Gegend. Die Landschaft war entlang der
gesamten Strecke sehr ansprechend und viele Dörfer und Weiler präsentierten
sich aus der Distanz so richtig malerisch. Wenn man diese allerdings
durchqueren musste, war es oft reine Glückssache, auf der Durchgangsstrasse zu
bleiben, da diese oft nicht markiert und zu eng war, um als Hauptstrasse
erkennbar zu sein. Wenn man sich verfährt ist es fast unausweichlich, dass man
sich im typischen engen Labyrinth der Spanischen Ortschaften verklemmt, wie uns
dies in Caravaca de la Cruz wieder einmal passierte.
Sogar mit unserem eher kleinen Auto waren gewisse T-Verzweigungen nicht ohne
mehrmaliges Rücksetzen zu schaffen. Auch für Fussgänger ist dies mühsam, aber
zumindest kann man sie einfach um Hilfe bitten, solange sie zwischen einer
Hausmauer und dem Wagen gefangen sind.
Als
wir die beeindruckende Bergkette bei Socovos
erreichten, sahen wir langsam wieder Bäume in der sonst sehr kargen Landschaft.
Immer häufiger zierte zudem Mohn und Ginster die Felder. Kurz vor Ayna erreichten wir die spektakuläre Aussichtsplattform „mirador de los infiernos“, von wo
aus man hinunter in die tiefe Schlucht des Rio Mundo
sah. Die Ortschaft Ayna und die dahinter liegenden
roten Felsen leuchteten im warmen Licht der Abendsonne. Nicht viel später
erreichten wir eine Hochebene und sahen uns langsam nach einer geeigneten
Übernachtungsmöglichkeit um. Wir kamen an einigen einladenden Dörfern vorbei,
welche zwar alle mehrere Gaststätten, aber leider keine Unterkünfte boten.
Schlussendlich fanden wir ein Zimmer in einem Hostal
direkt an der Strasse kurz vor Balazote. Es entpuppte
sich allerdings nicht unbedingt als Glückstreffer.
Am
nächsten Morgen fuhren wir Richtung Cuenca weiter. Wiederum nahmen wir
hauptsächlich Nebenstrassen, welche normalerweise in ganz Spanien sehr gut
ausgebaut sind. Dank gigantischen Bewässerungssystemen ist die hier topfebene Gegend
sehr fruchtbar und mit riesigen Feldern intensiv bewirtschaftet. Zudem sieht
man oft Windgeneratoren. Auch hier leuchteten immer wieder rote Mohnblumen in
den Feldern. Die Landschaft präsentierte sich auffällig bunt und am
dramatischsten war es um den stahlblauen Stausee „Embalse
de Alarcon“ bei Valverde de Jucar.
Es waren nicht nur die verschiedenen Pflanzen, welche das Bild wie die Palette
eines Malers einfärbten, sondern auch die rote Erde, die im selben Acker hellere
und dunklere Schattierungen aufweisen konnte.
Als
wir die spektakuläre Schlucht kurz vor Valeria erreichten, bald bot uns die
Landschaft schon wieder ein ganz anderes Bild.
Da
nun langsam Hunger aufkam, fragten wir in einem Dorf, wo es hier was zu essen
gäbe. Man verwies uns an ein aussergewöhnlich gutes Restaurant bei einem
Campingplatz, ein Lokal das wir ohne Tipp schlichtwegs
ignoriert hätten. Während des Mittagessens kam ein Gewitter auf, doch bis wir
weiterfuhren, konnten wir die Felsformationen in den „Hoz de Beteta“ Bergen, entlang der Str.
CM210, wieder unter blauem Himmel bestaunen. Erst etwas später kriegten wir
eine kurze Autowäsche (vom Himmel). Obwohl es noch recht früh war, betrachteten
wir dies als Zeichen, bereits in Molina
de Aragón zu übernachten. Hier kannten wir sowohl
ein gutes Hotel, als auch ein ausgezeichnetes Restaurant. Da sich das Wetter
inzwischen wieder von der besten Seite zeigte, konnten wir nun die
Festungsruine der Alcazar bei Sonnenschein bewundern
und nochmals durch dieses historische Dorf schlendern, welches wir schon vor
ein paar Monaten besucht hatten.
Am
nächsten Morgen fuhren wir weiter in nördlicher Richtung. Sobald die Strasse
die Provinzgrenze nach Aragon erreichte, bekam sie, wie dies zwischen
Spanischen Provinzen üblich ist, eine neue Nummer und so wurde aus der CM210
die A202, welche in diesem Fall auch deutlich enger war. Über eine weitere
fruchtbare Hochebene kamen wir hinunter nach Nuevalos,
einem Dorf das majestätisch über dem Stausee „Embalse
de la Tranquera“ thront. Richtung Zaragoza nahmen wir
für 40km die Autobahn, welche steil hinunter ins Flachland führte. Auch nachdem
wir die „autovia A2“ bei Calatorao
verliessen, hatte es auf der Strasse entlang des Rio Jalón
anfangs noch immer sehr viel Verkehr. Da sie jedoch entlang weisser
Sandsteinklippen führte, war sie sehr malerisch. Vor Sadaba
war die Gegend wieder sehr flach und oft war Reis angebaut, was wiederum
Störche anzog, die wir auf Strommasten nisten sahen.
Weiter in die Pyrenäen
Entlang
der Strasse A127 erreichten wir die Ortschaft Sos del
Rey Católico, von wo wir plötzlich eine
atemberaubende Sicht über mehrere Täler zu den teilweise noch schneebedeckten
Gipfeln der Pyrenäen hatten. Bevor wir das Land verliessen, wollten wir noch
einen Tag lang im Zick-Zack durch diese Bergkette fahren, die sich zwischen
Frankreich und Spanien erhebt. Auf der Strasse A1601 kamen wir an den Ruinen
der “Ermita San Jacobo” vorbei, eine von vielen
verlassenen Siedlungen. Die heutigen Spanier leben gerne dort, wo sie viele
Menschen um sich haben und nicht an einsamen Orten, wie dies Immigranten oft
bevorzugen.
Kurz
darauf kamen wir an den Yesa Stausee. An seinem Ufer
war der Sandsteinboden so stark ausgewaschen, dass er wie Spritzbeton aussah.
Von Puente
de la Reina de Jaca machten wir einen Abstecher
entlang der A132 und A1205 in die Sierra de la Peña. Wiederum wurden wir mit
atemberaubenden Aussichten über die Berggipfel und auch enge bewaldete
Flusstäler belohnt. Überall wo wir nun stoppten, wurden wir von einem Konzert von
Vogelstimmen begrüsst, aus dem wir oft einen Kuckuck heraushörten.
Wir
übernachteten in Jaca, einem ansprechenden, wenn
auch touristischen Skiort mit vielen Hotels. Seine 14‘000 Einwohner
verdreifachen sich während der Hauptsaison, doch momentan war es eher ruhig.
Das Angebot der meisten Restaurants schien dem Geschmack der Französischen
Touristen angepasst zu sein und versprach folgedessen eine recht raffinierte
Küche. Da wir ja auf dem Weg nach Frankreich waren, entschieden wir uns hier
für ein Sushi-Restaurant, das wohl auf moderne Spanische Stadtmenschen
ausgerichtet war. Auch an unserem letzten Tag schien die Sonne und so
schlenderten wir ein weiteres Mal durch Jaca, wobei
wir historische Bauten, wie die Zitadelle oder die Altstadthäuser, aber auch
sein modernes Gesicht, wie die hypermoderne Eishalle bewunderten.
Unsere
Weiterfahrt führte uns immer noch durch atemberaubende Pyrenäenlandschaften,
vorbei an vielen Ferienorten, welche teilweise von riesigen, momentan leer
stehenden Ferienwohnungs-Siedlungen umgeben waren. Von der Architektur her sind
sie grundverschieden von denjenigen der Spanischen Küstenorte, da man versuchte,
sie vom Stil her ein wenig den Bergdörfern anzupassen. Unser Weg führte uns
über die N260 via Biescas und dem hübschen Ort Broto nach Ainsa. Wir überquerten
mehrere kristallklare Bergbäche und folgten schlussendlich der begradigten und
recht schnellen A138 entlang des Rio Cinca hinauf
nach Bielsa, von wo wir den 3,5 km langen Tunnel nach
Frankreich durchquerten.
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Frankreich |
Sommer in Frankreich: Kleider- und Sorgenfrei
Frankreich ist ein sehr stolzes Land,
berühmt für seine unwiderstehliche Haute Cuisine und seine regelmässigen
landesweiten Streiks. Ein Land von 60 Mio. Einwohnern, die sich über eine
Fläche von 543’965 km2 verteilen. Ein Land, welches Zentral von
seiner Hauptstadt Paris aus regiert wird, die von der Provinz Île de France (Insel Frankreichs) umgeben ist.
Wie
schon vor 10 Jahren, kamen wir auch diesmal nach Frankreich, um einen FKK
Sommer mit viel „vivre nu et manger
bien“ zu verbringen. Wir wollten beide auch ein paar
für uns neue Regionen entdecken. Deshalb wollen wir vor allem FKK Gelände
berücksichtigen, in denen wir entweder noch nie, oder schon lange nicht mehr
waren. Wir hatten nach Ferienanlagen gesucht, welche Unterkünfte mit gutem
„Preis-Leistungs-Verhältnis“ anbieten. Damit konnten wir es vermeiden, unser
kleines Zelt aufzustellen, und mussten unser Sparschwein trotzdem nicht
schlachten. Für uns bedeutet campieren eigentlich nur „sparen, egal wieviel es
kostet“!
Am
25. Mai 2011 erreichten wir also die Französische Seite des Bielsa-Aragnouet
Tunnels durch die Pyrenäen. Hier war es nun viel dichter bevölkert, als kurz
vorher in Spanien. Eine steile und kurvenreiche Strasse windet sich ins Tal
hinunter und nach etwa einer Stunde waren wir wieder im Flachland.
L'Eglantière: FKK und Haute Cuisine
Wir
verbrachten unsere ersten zwei Wochen im l'Eglantière, einer netten FKK
Ferienanlage bei Castelnau-Magnoac, etwa 20km nördlich
von Lannemezan. Mit 45 ha ist dies ein eher grosses Gelände, welches den
Urlaubern viel Platz bietet. Die 120 Stellplätze waren noch nicht allzu gut
belegt, hingegen waren die etwa 30 Mobilheime und Chalets schon sehr begehrt.
Wir bezogen ein gut ausgestattetes und sehr neues Mobilheim mit einer gedeckten
Terrasse, einem grossen Bett (1,60 x 2m), sowie einem elektrischen Boiler,
welchen wir viel angenehmer empfanden, als die sonst üblichen Gasgeräte. Obwohl
wir es immer schaffen, all unsere Habseligkeiten einzig und allein im
Kofferraum unserer Dacia zu verstauen, beanspruchten diese locker das ganze
zweite Schlafzimmer, nachdem wir alles ausgepackt hatten.
Da
die Saison gerade erst richtig anlief, hatte Eglantière’s Shop noch nicht
geöffnet. Hingegen konnte man, wie fast überall in Frankreich, bereits frisches
Brot bestellen. Lautlos wurde es jeden Morgen direkt auf unsere Terrasse
geliefert, ohne unseren Schlaf zu stören.
Das
Restaurant im Eglantière eröffnete mit einem neuen
Küchenchef, einem wahren Meister der Gourmetküche. Was er zubereitete war von
vorzüglicher Qualität und auch fürs Auge ansprechend präsentiert. Es konnte
sich ohne weiteres mit dem Angebot in so manchem preisgekrönten Gourmet-Tempel
messen, war aber deutlich preiswerter und hob sich trotzdem deutlich von dem
ab, was man normalerweise auf einem Campingplatz erwarten kann. Sogar ein „amuse bouche“ wurde jeweils
serviert.
Jede
Woche werden Gemeinschaftsmahlzeiten organisiert, einmal ein einfacher
Grillabend und einmal ein leckeres Mehrgänge-Menü mit Spezialitäten aus der
Region.
Ein
Schwimmbecken, Spiel- und Sportplätze, sowie WLAN Zugang um das Hauptgebäude, ergänzen
das Angebot von Eglantière.
Nach
einer langen Zeit in Südspanien, mussten wir uns erst wieder daran gewöhnen,
dass die Temperaturen nachts stark fallen. Das Wetter war hier nun wieder viel
abwechslungsreicher, als in Andalusien und ab und zu bescherte uns der Himmel
auch eine Hirnwäsche. Wir waren ziemlich verdutzt, dass es anfangs Juni sogar
so kalt werden konnte, dass wir die Heizung im Mobilheim in Betrieb nehmen
mussten. Wir schätzten es, dass nun die Sauna spontan eingeheizt wurde. Wir
wollen aber nicht jammern, denn sonst brauchten wir an den meisten Tagen überhaupt
keine Kleider.
L’Eglantière
wird von einer Familie aus der Region enthusiastisch und auf sehr persönliche
Art geführt. Isabelle, Xavier und ihre Kinder im Teenageralter
werden von einer kleinen, sympathischen Mannschaft unterstützt, darunter ein
paar Ferien-Techniker aus aller Welt, die Arbeit und Urlaub verbinden.
Informationen zu Aktivitäten werden oft persönlich überbracht und nicht nur auf
einem Anschlagbrett kommuniziert. Am Muttertag verteilte Isabelle sogar jeder
Frau auf dem Platz eine Rose.
Wie
bei unserem letzten Aufenthalt vor 10 Jahren, genossen wir die ausgedehnten Wege
in der Domaine. Das Flüsschen Gers schlängelt sich für mehr als einen Kilometer
durchs Gelände, welches ebenfalls Waldstücke und Wiesen aufweist. Es schien uns,
dass nicht allzu viele den Weg zum Wald auf der Hügelkrete unter die Füsse nahmen,
da wir dort jedes Mal Rehe sahen. Wir genossen es, im Evas- und Adamskostüm
durch die natürliche Umgebung dieses Ortes zu streifen.
Wenn
wir uns dazu durchrangen, nicht nur Wanderschuhe, sondern auch ein paar Lumpen
über zu streifen, gab es auf den umliegenden Nebensträsschen unzählige Spazier-
und Radfahrmöglichkeiten durch die Felder und Weiler der Umgebung. Wenn das
Wetter mitmachte, hatten wir zudem eine phantastische Sicht auf die Pyrenäen.
Ein Einbrecher aus Down Under
L’Eglantière
ist zwar räumlich recht gross, aber noch immer klein und persönlich und so ist
es einfach, mit den anderen Gästen ins Gespräch zu kommen. Als wir an einem Nachmittag
von einem langen Spaziergang zurückkehrten, waren unseren Nachbarn ganz
aufgeregt. Sie erzählten uns, dass ein merkwürdig gekleideter Mann um unser
Mobilheim geschlichen sei. Sie beobachteten, wie er danach hinter ein weiteres
Mobilheim ging und dort in den Büschen verschwand. Sie waren besorgt, es könnte
ein Einbrecher sein, und wollten die Rezeption informieren.
Am nächsten Morgen kam dieser Fremde wieder, und klopfte an unsere Tür. Es war
Brian aus Neuseeland, der uns einen Überraschungsbesuch abstatten wollte. Er
erzählte uns, dass er bereits am Vortag vorbei kam, neugierig ob wir ihn in
seiner originellen Verkleidung ebenfalls erkennen würden. Obwohl wir wussten,
dass Brian ab und zu im Eglantière aushilft,
erwarteten wir nicht, ihn hier zu treffen. Wir hatten ihn und seine Partnerin
Kay, vor fünf Jahren auf unserer Neuseeland Rundreise kennengelernt. Die beiden
führten damals „Aoraki Naturally“ ein FKK Gelände am Tekapo See. Von Brian erfuhren wir, dass wir damals zu den
letzten Gästen gehörten, da sie kurze Zeit später umzogen. In der Nähe von Blenheim eröffneten sie danach “Wai-natur”, ihr neues FKK Paradies. Wir sassen noch
mehrmals zusammen und informierten uns gegenseitig darüber, was seither
passierte. Dabei kam auch das Erdbeben, das Christchurch am 22. Februar 2011
erschütterte, zur Sprache. Brian erklärte dass, obwohl die Zerstörungen im
Stadtzentrum enorm waren, die umliegenden Orte kaum Schäden aufweisen. So haben
z.B. die Gebäude des Vereinsgeländes Pineglade, nur
20km ausserhalb von Christchurch, das Erdbeben schadlos überstanden.
Wir
erfuhren auch, dass Kay mittlerweile nicht mehr Präsidentin des
Neuseeländischen Naturistenverbandes ist, dafür aber “Mrs New Zealand Naturist Magazine”, da sie sich zur Verfügung stellte, die
Redaktion des Magazins “gonatural” zu übernehmen.
Deshalb fehlt ihr nun die Zeit, zusammen mit Brian den Sommer in Europa zu
verbringen.
Unsere
Zeit im Eglantière verging sehr schnell und gegen
Ende unseres Aufenthalts, verdreifachte sich die Zahl der Urlauber, da nun ein
langes Wochenende auf das nächste folgte.
Mehrdeutige Ortsnamen entlang unseres Weges
Am 8. Juni 2011 ging unsere Reise über sanfte grüne
Hügel weiter nordwärts. Zum Mittagessen stoppten wir in der netten Ortschaft Condom, die am momentan ziemlich trüben Fluss Baïse liegt. Der Ortsname ist von der alten Gallo-Römischen
Bezeichnung "Condatomagus“ abgeleitet und hat
überhaupt nichts damit zu tun, woran die meisten deutschsprachigen bei diesem
Namen denken mögen. Wie auch immer; die Franzosen nennen jenes Ding entweder “préservatif" oder
“capote anglaise„
(Englisches Hütchen).
Nur 15km westlich von Condom,
liegt das kleine charmante Dorf Montréal, eines der Namensvettern von Québec’s
grösster Stadt. Mehr historische Fachwerkbauten konnten wir im nahe gelegenen Fourcès bewundern, welches auf der
Liste “Les plus Beaux Villages de France”, der
hübschesten Dörfer Frankreichs, vertreten ist. Über einige der typischen, mit
Baumalleen gesäumten Strassen, erreichten wir Ste-Foy-la-Grande in der Dordogne. Etwas später machten wir
einen Stopp beim gedeckten Markt in Gontaud-de-Nogaret, wo wir die schönen alten Holzornamente
bewunderten.
Le Portrait: klein & persönlich
Etwa
12km nordwestlich von Riberac erreichten wir die „Domaine
Le Portrait“, ein kleiner FKK Camping im Charente Bezirk.
Unsere Holländischen Freunde Tineke & Wim, die
diesen Platz erst vor zwei Jahren eröffneten, begrüssten uns im Tenü
splitternackt. Wir finden das gut, aber leider ist dies nicht bei allen FKK-Betreibern
selbstverständlich. Wir denken, dass damit die ersten Berührungsängste bei
FKK-Neulingen abgebaut werden, weil ihnen so selbstbewusst und natürlich die
FKK Ideale vorgelebt werden.
Im Jahr 2009 waren wir unter Tineke & Wim‘s ersten Gästen gewesen, nachdem die langersehnte
Bewilligung eingetroffen war und ihr kleines Paradies endlich legalisierte. Vor
zwei Jahren waren bereits die notwendigen Einrichtungen in die alten
Farmgebäude integriert. Ein Gemeinschaftsraum befindet sich im alten Kuhstall
und die Duschen im ehemaligen Schweinestall, was dem Platz eine spezielle Note
gibt. Nur das Schwimmbad ist brandneu und wird auch regelmässig von den
Behörden getestet. Die Inspektoren hätten die Idee, den Pool in die ehemalige
Jauchegrube zu integrieren, wohl kaum akzeptiert.
Inzwischen
kam noch einiges an Luxus dazu und Tineke & Wim
arbeiten hart, ihr Gelände noch besser zu machen. Es gibt jetzt z.B. ein
schönes Chalet für zwei Personen und genau dort hausten wir. Da in Le Portrait
alles „hausgemacht“ ist, unterscheidet es sich sehr stark von den
Standardlösungen, welche die meisten Campingplätze bei grossen Herstellern
einkaufen. Nur die kompakte Bauweise des Häuschens ist sehr ähnlich. Sonst
sieht und fühlt man aber, dass alles von guter Qualität und geschmackvoll
dekoriert ist.
Ein neues Sanitärgebäude war im Bau und wartete auf die Anlieferung der
Fliesen. Wenn alles nach Plan verlief, war es noch vor der Hochsaison in
Betrieb.
Momentan
verfügt Le Portrait über 16 Campingplätze, das erwähnte Chalet, einen
Miet-Wohnwagen, sowie ein Miet-Zelt. Nach Fertigstellung des neuen Toiletten-
und Duschblocks wird die Kapazität etwas erweitert werden. Eine Fläche für
zusätzliche Zelt- und Wohnwagenplätze wurde bereits planiert. Da es aber diesen
Frühling aussergewöhnlich trocken und warm gewesen war, ist darauf leider
bisher noch überhaupt kein Gras gesprossen. Zum Glück ist die Ausbreitung von
WLAN Signalen weniger wetterabhängig und so ist inzwischen der Zugang zum
Internet auf dem ganzen Gelände möglich.
Tineke & Wim’s Vision nimmt dadurch immer mehr
Gestalt an, und es kommen noch dauernd neue Projekte dazu. Um sicher zu
stellen, dass sie ihre Ideen nicht auf die lange Bank schieben müssen, kehren
die beiden in den kalten Wintermonaten jeweils in die Niederlande zurück, um
das nötige Kleingeld für die vielen Investitionen zu verdienen.
Wenn
man bedenkt, wie klein dieses Gelände ist, wird hier nicht nur ein sehr
persönlicher, sondern auch ein ausgesprochen guter Service geboten. Leckere
französische Mehrgänge-Menüs werden auf Bestellung an sechs Tagen pro Woche
frisch zubereitet. Wir sind immer noch von der Brot-Liste beeindruckt. Jedes
Gebäck wird mit einem Bild, sowie dem Gewicht vorgestellt, damit niemand die
Katze im Sack kauft. Das bestellte Brot wird den Gästen jeden Morgen direkt auf
den Stellplatz geliefert. Alles andere findet man im nahegelegenen Dorf St.
Séverin.
Le
Portrait ist von Feldern und Hügeln umgeben und sitzt selbst auf einer
Hügelkrete. Deshalb können die Gäste ungehinderte Sicht in alle Richtungen
geniessen. Nacktspaziergänge sind zwar auf ein paar hundert Meter beschränkt,
doch in der Umgebung findet man unzählige Möglichkeiten um zwischen den Feldern
und Weilern zu spazieren und zu radeln. Wir hatten es leider gerade verpasst,
von den Kirschen profitieren zu können, waren aber noch zu früh, um die
ausgedehnten Sonnenblumenfelder der Umgebung blühen zu sehen.
Le Portrait ist ein kleiner, wunderschöner und
persönlicher Platz, perfekt für alle die einfach für ein paar Tage, oder Wochen,
etwas ausspannen möchten.
Weiter an den Atlantik
Über
kleine Nebenstrassen fuhren wir gemächlich westwärts durch die liebliche
Landschaft bis Blaye am Mündungs-trichter der
Gironde. Da die Autofähre nach Lamarque jeden Tag nur
wenige Male ablegt, blieb uns genügend Zeit dieses charmante Städtchen mit
seiner, im UNESCO Weltkulturerbe gelisteten Zitadelle, zu bewundern.
Wir
fanden den Preis von 20 Euro für die 3km lange Überfahrt nicht gerade
bescheiden. Sogar im eher teuren Norwegen hätten wir für so eine kurze
Fährfahrt weniger bezahlt.
Die
Ufer der Gironde waren mit malerischen, aber einfachen Fischerhütten auf
Stelzen gesäumt. Normalerweise hing ein viereckiges Netz, genannt „Carrelet“ davor.
Nun waren wir im Médoc, einer Gegend, welche für ihre
teuren Traubensäfte bekannt ist. In diesem Gebiet wimmelt es nur so von „Chateaux“, aber die meisten haben mit einem Schloss wenig
gemeinsam. Die meisten Chateaux dienen nur als
Marketing-Instrument, um den süssen Trauben einen wohlklingenderen Namen zu
geben, nachdem sie in ein saures Getränk umgewandelt wurden… Wie auch immer,
die Reben verliehen der Landschaft ein ganz anderes Gesicht, als die
ausgedehnten Kiefernwälder, die entlang der nahen Atlantikküste gepflanzt
wurden.
CHM Montalivet; ein komplettes Dorf für Naturisten
Es
war 19 Uhr, als wir am 11. Juni 2011 das „Centre Hélio
Marin“ (CHM) in Montalivet erreichten. Die Rezeption war zwar bereits
geschlossen, doch bei der Pförtnerin erhielten wir die Schlüssel, und erst noch
viel schneller, als wir dies erwartet hatten. Auch das Ein-checken am nächsten
Morgen ging sehr schnell von statten, ganz im Gegensatz zu unseren früheren
Erfahrungen. Wir wissen nicht, ob dies unserem Vorausbuchen zu verdanken war,
oder den neuen Besitzern des CHM.
Wir
bezogen ein neues, sehr kompaktes Mobilheim, welches aber dank seines
geschickten Grundrisses deutlich grösser erschien, als es wirklich ist. Ausser
einer Wohnküche bot es auch zwei Schlafzimmer, ein Bad, ein separates WC und
mehrere Schränke. Mit seinen 23 m2 war es allerdings so kompakt,
dass wir dauernd mit dem Kopf oder Ellbogen irgendwo anstiessen. Wir sollten
aber nicht jammern, schliesslich haben wir ein kleines, nicht ein grosses
Mobilheim gewählt.
Das
CHM Monta besteht bereits seit 1950 und gehört zu den grössten FKK
Campingdörfern Europas. Direkt am Atlantik bietet dieses Gelände, zwischen 200
Hektaren Kiefernwald, Grundstücke für insgesamt 3’500 Stellplätze, Mobilheime
und Chalets. Ein grosser Teil davon ist an Dauermieter vergeben. Die einen
besitzen nur einen kleinen Wohnwagen oder eine lottrige alte Hütte, andere
hingegen ein grosses und grossartiges Mobilheim oder ein adrettes Holzhaus.
Einige kommen an jedem Wochenende und in den Ferien, ein paar wenige bleiben
sogar das ganze Jahr. Einige Dauermieter lassen ihr Grundstück sandig wie es
ist, oder belegen es mit Gartenplatten aus Waschbeton, dass kein Unkraut wachsen
kann. Andere wiederum, legen schmucke kleine Gärtchen um ihre Freizeitbehausung
an.
Im
Sommer kommen zu den Dauermietern noch mehrere tausend Urlauber hinzu, welche
entweder einen Wohnwagen anschleppen, ein Zelt aufstellen oder von den
unzähligen Mietmöglichkeiten profitieren. Im Hochsommer pilgern bis zu 16‘000
(sechzehntausend) begeisterte Naturisten ins CHM Monta. Früher oder später
werden alle hungrig. Um die sich daraus ergebende Nachfrage zu decken,
versuchen rund 40 Shops und Restaurants die (Na)Touristenschar zufrieden zu stellen.
Es gibt mehrere Bäckereien, eine grosse Metzgerei, ein Fischgeschäft und einen
Take-Away, welcher zwar keine Hamburger, dafür aber eine erstaunlich grosse
Auswahl an delikaten Hauptgerichten, Salaten und Desserts anbietet. Auch wenn
es hier zum einkaufen keine Kleider braucht, braucht es doch eine Geldbörse,
denn es kann ja schliesslich auch den Nackten „das Geld aus der Tasche“ gezogen
werden – Geschäft ist Geschäft! Es gibt also keinen Grund das Feriendorf zu
verlassen, erst recht nicht, da es in der Umgebung weder viele Dörfer, noch
gute Geschäfte gibt. Das nächstgrössere „Einkaufszentrum“ mit weiteren 40 Geschäften
befindet sich wohl im Euronat, dem zweiten gigantischen FKK
Zentrum der Region, keine 10 Kilometer nördlich, immer noch am selben Strand.
Unendlicher goldener Sandstrand
Es
ist sicherlich der Atlantik, welcher die Massen sozusagen zum Ausziehen
anzieht. Ein fast 250 Kilometer langer goldener Sandstrand erstreckt sich
zwischen Biarritz und dem Mündungstrichter der Gironde nördlich von Montalivet.
Der Unterschied zwischen Ebbe und Flut ist riesig und hier, vor dem CHM Monta,
kann der Strand ausnahmsweise auf 10 Meter schrumpfen, nur um bald darauf
wieder 500 Meter breit zu sein. Starke Strömungen und kraftvolle Wellen sind
für die Badenden nicht ganz ungefährlich. Deshalb wird der Strand hier von
Rettungsschwimmern überwacht, die in Australien ausgebildet wurden und ihren
Job unter anderem, mit Hilfe von Surfboards ausüben. Das Küstengebiet hinter
dem Strand ist vor den Launen des Atlantiks durch eine bewachsene Düne
geschützt. Diese wird durch Wind und Wasser bedroht, weshalb sie unter Schutz
gestellt wurde, um weitere Schäden einzudämmen. Aus diesem Grund sind die
Strandbesucher angehalten, nur die angelegten Wege zu benutzen, was leider zu
oft missachtet wird.
Wir
genossen es sehr, so weit dem Strand entlang
spazieren zu können, welcher momentan überhaupt noch nicht überfüllt war. Dies
traf auf das kleine Touristendorf Montalivet Plage noch viel mehr zu. Dort
waren in der zweiten Junihälfte die meisten Geschäfte und Restaurants immer
noch dicht und es sah hier aus wie in einer Geisterstadt. Obwohl auch im CHM
Monta, wo wir wohnten, immer noch Vorsaison war, war es doch deutlich belebter
als hier. FKKler glauben viel eher an gutes Wetter in der Nebensaison, als die
anderen (mit Textilien) die oft glauben, dass gutes Wetter nur zwischen Mitte
Juli und Mitte August zutreffen könne.
In
der Tat war das Wetter während unseres Aufenthaltes nicht immer so sonnig und
manchmal kaum wärmer als 21°C. Andererseits vernahmen wir aber, dass es im
letzten August noch viel schlechter gewesen sei, dafür diesen April mit 30°C
über längere Zeit sehr heiss war. Auch am Atlantik nehmen die Wettergötter
keine Rücksicht auf Schulferien, sondern leben ihre eigenen Launen aus.
Mehr als das Touristenherz begehrt
Nicht
nur der Strand bietet unzählige Möglichkeiten für Bewegung, auch im
eigentlichen FKK Zentrum gibt es ein mehrere duzend Kilometer langes Wegenetz,
welches zu ausgiebigen Spaziergängen einlädt. Während unseren Streifzügen durch
das CHM Monta kamen wir nicht nur an den modernen, gut ausgebauten Quartieren
vorbei, sondern auch in den älteren, wo es keine Elektrizität und viele alte
Hütten gibt, welche noch von den „Pionieren“ des Naturismus erbaut wurden. Hier
spürt man immer noch den Geist und die Bescheidenheit der Gründer, wenn auch
heutzutage Sonnenkollektoren in diesem Gebiet sehr verbreitet sind. Solange der
Fernseher und das Internet laufen, fällt es den meisten nicht schwer, auf Strom
zu verzichten, wie uns einmal gesagt wurde… Offensichtlich ziehen junge Familien
die neueren Quartiere, mit Elektrizität und WLAN-Deckung vor. CHM war zwar der
einzige Platz, auf welchem wir für den Internet-Zugang extra bezahlen mussten,
dafür wird ein grosser Teil des Geländes mit etwa 40 Antennen abgedeckt.
Ausser
dem grossen Shopping-Komplex in der „Ortsmitte“, bietet das CHM auch
ausgedehnte Sportplätze und grosse Kinderspielplätze. Darunter befinden sich
aufblasbare Schlösser und Hüpfburgen, sowie ein grosses Segelschiff zum
Klettern, aber natürlich auch Rutschbahnen und Schaukeln. Obwohl es nun einen
neuen Aqua Park mit Wasserrutschen gibt, betreibt man zusätzlich noch immer das
alte Schwimmbad (Französisch: piscine /
ausgesprochen: piss-in).
Damit
sich bestimmt niemand langweilt, können sich die Urlauber am Anschlagbrett über
die unzähligen Animationen, Tourniere und work-shops
informieren, die organisiert werden. Von Yoga zur frühen Morgenstunde bis zu
nächtlichen Filmvorführungen im Freiluft-Kino, wird so einiges geboten. Für
alle, die es lieber etwas ruhiger mögen, gibt es eine grosse Bibliothek, sowie
das Wellness Zentrum „Therme“, welches gegen Geld Schönheit und Entspannung
verspricht.
Toiletten
und Waschräume gibt es viele, selbst in Sektionen wo dies jeder im eigenen Haus
oder Mobilheim hat. Alle sind sehr sauber gehalten, aber ein paar wenige sind
bei brütenden Vögeln fast so beliebt, wie die Vogelfelsen Vestmanna
auf den Färöer Inseln, nur dass hier bloss Schwalben nesten, statt
Papageientaucher.
Da die
Médoc Region nicht allzu viele Höhepunkte zu bieten
hat, weder kulinarische, noch touristische, gingen wir nur einmal aus, um fein
zu essen. An diesem Abend wurden wir von Freunden begleitet; einem humorvollen
Englischen Paar, dem wir den Spitznamen „Funny hat’s“ gaben. Da die beiden
permanent im CHM Monta wohnen, nahmen wir die Gelegenheit wahr, sie mehrmals zu
treffen und wurden sogar noch zu seiner Geburtstags-Party eingeladen.
Von ihnen erfuhren wir einiges an Insider-Stories, aber auch, dass diese lebhafte
Sommerferien-Destination im Winter, wenn ausser der Rezeption alles geschlossen
hat, ziemlich ausgestorben wirkt.
Nach
zwei genussreichen Wochen fuhren wir weiter. Durch fast endlose Kiefernwälder
umfuhren wir Bordeaux im Südwesten. Erst nach unserem Mittagsstopp in St. Symphorien, kamen wir wieder in hügeliges Gebiet mit vielen
Kornfeldern und Wiesen. In der Ortschaft Villandraut bestaunten
wir die romantische Ruine eines grossen alten Schlosses und fuhren danach weiter
ins Landesinnere.
Domaine Laborde; Niederländische Perfektion gepaart mit Französischem Charme
Am
25. Juni 2011 erreichten wir die Domaine Laborde, ein nettes FKK Gelände auf halbem Weg zwischen Monflanquin und Monpazier. Es
befindet sich direkt an der Grenze zwischen den Provinzen Lot et Garonne und
Dordogne. Obwohl dieses Gelände von der Grösse her nur einem Bruchteil des
letzten, welches wir besuchten, entspricht, ist es mit seinen 23 Hektaren doch
nicht so klein. Momentan war es hier noch recht ruhig, doch dies war wohl nur
die Ruhe vor dem Sturm. Erst etwa 20% der 120 Stellplätze waren belegt und von
den 30 Chalets waren es etwa die Hälfte. Sehr bald füllten sich die Hüttchen
jedoch alle, denn man konnte sie noch immer zum selben „Neben-Saison Tarif“ wie
im April mieten, welcher inzwischen zum Schnäppchen wurde.
Wir hatten
uns bei der Buchung für ein sogenanntes „Chalet simple“ entschieden. Es war
recht gross, hatte eine gut ausgestattete Küche, sogar mit Espresso-Maschine,
jedoch kein Badezimmer. Uns gefielen der offene Schlafboden und die
uneingeschränkte Sicht zum gegenüberliegenden Hügel, welche unser Chalet an
Hanglage bot. Da es während unserer ersten paar Tagen brütend heisse 37 Grad
wurde, schlenderten wir oft durch den unteren Teil des Geländes. Dort gab es
viel mehr schattenspendende Bäume und zudem mehrere Spazierwege, die durch
dichten Wald führten. Sehr hübsch sahen auch die drei kleinen Teiche aus, wo es
nur so von Fischen und Fröschen wimmelte. Momentan störte niemand die
Reflektionen der Bäume auf dem Wasser, doch dies wird sich wohl sehr bald
ändern. Wenn wir das über’s Wasser gespannte Seil am
einen, und das Floss auf dem andern Teich betrachten, können wir uns
vorstellen, dass sich hier Kinder in den kommenden Wochen sowohl im, als auch
am Wasser so richtig austoben werden.
Flug in neuer Richtung
Domaine
Laborde gehört einer Niederländischen Familie und wir erfuhren, dass diese vor
20 Jahren ihre gutgehende Fabrik verkaufte, um mit diesem „lifestyle
business“ ihren Traum zu leben. Fotos dokumentieren
wie die Gebäude der ehemaligen Farm renoviert und anders genutzt wurden. Dazu
kamen mehrere Neubauten, welche alle im Stil der bestehenden Gebäude errichtet
wurden. Drei davon beinhalten Nachbildungen von Taubenschlag-Türmen,
offensichtlich eine Leidenschaft der Eigentümer. Sie geizten nicht mit
Investitionen und stellen sehr viele Einrichtungen zur Verfügung, von denen
nichts auf billig gemacht ist. Neben einem Aussen-Pool und Sprudelbad, können
die Gäste auch von einem grossen Hallenbad profitieren, welches auf 28°C
geheizt wird. Zudem findet man dort eine grosszügige Sauna, ein kaltes
Tauchbecken, ein kleines Dampfbad und viel Platz zum entspannen.
Ein
Taubenschlag Turm dient als Startpunkt für die zwei grossen Wasserrutschen,
welche die Tollkühnen schreiend in ein separates Becken ausspucken. Es gibt
eine gerade, 20 Meter lange Rutschbahn, sowie eine 50 Meter lange Röhre, die
sich spiralförmig hinunterschlängelt. Beide sind bei
den jungen total beliebt, reizen aber ab und zu auch einen Erwachsenen. Der
WLAN Zugang um den Eingangsbereich war ebenfalls sehr beliebt.
Der
Platz bietet ein paar ausserordentliche Dienstleistungen, wie das grosse
überdachte Lager für Caravans oder Schlafsack-Unterkünfte, wo Kampierer ihre
letzte Nacht verbringen können. Dies erlaubt ihnen nach dem Zusammenpacken noch
einmal gut auszuschlafen und am Morgen trotzdem zeitig loszufahren.
Laborde
ist schön angelegt, mit grossen Wiesen als Freifläche zwischen den
Stellplätzen. Überall sieht man alte Gerätschaften und Kunstwerke. Gepflegte
Wege erschliessen das Grundstück, auf welchem es ebenfalls viele Spiel- und
Sportplätze gibt. Auch wenn das Gelände voll sein wird, hat es bestimmt noch
für jeden sehr viel Platz.
Die Eigentümer suchen dauernd nach Verbesserungsmöglichkeiten und auch in der
Hauptsaison hören sie nicht damit auf, den Platz weiter zu verschönern und zu
verändern. So wurden z.B. am 10. Juli, auf ein perfektes intaktes Well-Eternit-
Dach zusätzlich Tonziegel in derselben Farbe aufgesetzt.
Dies mag
eine Symbiose aus Niederländischer Perfektion, gepaart mit dem Ehrgeiz des
Eigentümers sein. Wir mochten es aber, dass wir an diesem Ort auch etwas
Französischen Charme vorfanden, da alle Angestellten an der Rezeption, neben
anderen Sprachen, auch Französisch sprachen. Unter ihnen befand sich ein
Franzose, der dauernd mit allen Spässe machte. Er nahm besonders gern die
jungen Holländerinnen, welche hier einen Ferienjob hatten, in Französisch auf
die Schippe. Über ein Dutzend Studenten kamen hierher, um während der
Sommerferien Arbeit und Vergnügen zu verbinden. Die meisten von ihnen kämpften
etwas mit der Französischen Sprache und sprachen alle Gäste in Holländisch an,
ob sie dies verstanden oder nicht. Dies kam natürlich bei Urlaubern aus anderen
Ländern, darunter viele Franzosen, nicht sehr gut an!
Heinz
genoss es jeden Morgen beim Brot abholen im Lebensmittelgeschäft, die jungen
Studentinnen an der Kasse mit etwas Französisch zu necken. Auch wenn unser
Französisch nicht perfekt ist, genügt es noch lange um sie etwas zu fordern.
Auf der anderen Seite, wurden wir aber oft von den Französischen Feriengästen
gefordert. Auf unseren Spaziergängen kreuz und quer durchs grosse Grundstück,
kamen wir nämlich immer wieder mit Leuten ins Gespräch. Dreimal wurden wir von
Französischen Paaren zum Apéro eingeladen. Mit
Urlaubern aus den Niederlanden unterhielten wir uns meist in Englisch, ab und
zu auch in Deutsch.
Schlemmen und Ausflüge ums Laborde
Laborde
hat einen Take-Away und ein Restaurant, von dem wir hörten, dass es für seine
Pizzen berühmt ist. Wenn wir aber in ein Lokal gingen, zogen wir die
einheimische Küche vor und kombinierten Restaurantbesuche gern mit einem
Ausflug. Auf Empfehlung eines Französischen Paares besuchten wir einmal eine
„Ferme Auberge“. Dieser Ausdruck steht für ein
Restaurant, welches einem Hof angeschlossen ist, ähnlich einem Straussi in Süddeutschland. Normalerweise werden dort
herzhafte traditionelle Gerichte serviert, welche mit Fleisch und Gemüse aus
eigener Produktion zubereitet werden. Meist sind die Portionen riesig und
sowohl Wein, als auch Aperitif und Digestiv um das ganze runterzuspülen, sind
im Preis inbegriffen – für Abstinenzler nicht unbedingt das beste Angebot. Wir
trinken ja keinen Alkohol und da wir in solch rustikalen Lokalen für Wasser
extra bezahlen mussten, begannen wir diese zu meiden. Die „Ferme Auberge de Selles“ hingegen, war
in mancher Hinsicht ganz anders! Alle Getränke werden separat verrechnet und
die Aufmachung der Gaststube war sehr elegant. Die Zutaten wie Ente, Früchte
und Gemüse, stammten auch hier vom eigenen Hof und die Portionen waren immer
noch sehr grosszügig bemessen, doch sowohl die Präsentation, als auch die
Zubereitung der Gerichte entsprach eher dem Standard eines Gourmet-Restaurants.
Es war einfach super lecker!
Farm-Restaurants
im Gourmet Stil sind eine Ausnahme, Gourmet-Restaurants findet man hingegen
sehr viele. Wir kauften uns (einmal mehr) eine der Feinschmecker Bibeln für
Frankreich: den Gault-Millau. Mit dessen Hilfe konnten
wir vorsortieren, welche Gourmet-Tempel
gut, aber eher teuer sind, und welche wir uns leisten können, aber dennoch
hervorragend kochen.
In
der näheren Umgebung von Laborde, gibt es nicht nur viele Möglichkeiten um gut
zu essen, sondern auch viel zu sehen, darunter einige hübsche Dörfer. Monflanquin, nur
12km südlich der Domaine Laborde, war das erste, das wir besuchten. In den
Provinzen Lot et Garonne und Dordogne gibt es viele Dörfer mit
Befestigungsmauer, die „bastides“ genannt werden. Monflanquin ist eines davon und thront auf einem Hügel,
überragt von einer grossen Kirche. Die Gassen zu ihren Füssen sind gesäumt von
jahrhundertealten Häusern.
Weiter
südlich besuchten wir Villeneuve sur Lot, welches mit 23‘000 Einwohnern zehn Mal so
gross ist wie Monflanquin. Es gibt hier viele schöne
Gebäude zu bewundern, allen voran die majestätische Kirche „Eglise
Sainte Catherine“ mit ihrem 55m hohen Turm aus
kunstvoll verziertem rotem Backstein im Römisch-Byzantinischen Stil. Ebenfalls
sehr beeindruckend, war die Sicht entlang des Flusses Lot bis hinauf zu einer
fast überhängenden Kapelle und einer schmucken Markthalle. Nur einen Steinwurf
weiter, thront das ehemals von einer Stadtmauer umgebene Dorf Pujols auf einem
Hügel. Dort waren es eher die neuzeitlichen Dekorationen und die vielen Blumen,
die den uralten Gebäuden Charme verliehen.
Diese
Region ist auch berühmt für ihre vielen Schlösser. Das erste liegt nur ein paar
wenige Kilometer von Laborde entfernt: Château
Biron. Es steht auf einem Felsvorsprung über
einer winzigen Siedlung. Auch die Ruine des Château Gavaudun thront auf einem Felsen,
direkt über einer anderen kleinen Siedlung und dort gibt es sogar ein von
Gault-Millau ausgezeichnetes Restaurant. Durch eine malerische Schlucht fuhren
wir weiter nach Fumel und erreichten bald darauf das
wunderschöne Schloss Bonaguil.
Zurück
im Laborde genossen wir das warme Sommerwetter, welches ab und zu schon fast zu
warm wurde. So schlenderten wir oft durch das Gehölz, oder nahmen ein
erfrischendes Bad im Pool. Am Abend genossen wir manchmal die hervorragende
Sauna Anlage. Momentan durften wir diese immer noch gratis benutzen, doch
während der Hauptsaison ist ein Eintritt fällig um die steigende Nachfrage in
erträglichen Grenzen zu halten.
Begegnungen
Als
wir im Laborde eintrafen, herrschte eine unheimliche Stille. Keine Kinder weit
und breit, nur stille FKKler, welche sich kaum je bewegten und uns vorkamen,
als wären sie an ihren Liegestühlen festgezurrt. Nach etwa einer Woche änderte
sich dies Schlag auf Fall. Anfangs Juli waren alle Chalets belegt, wenn auch
die Stellplätze noch nicht all zu voll wurden. Trotzdem war der Platz nun viel
lebhafter geworden, da die meisten Pensionäre kurz vor der Hauptsaison die
Flucht ergriffen und nun von Familien mit Kindern ersetzt wurden. Dass sich
nicht nur die Eigentümer, sondern auch die meisten der jungen Studenten, welche
zum Arbeitsurlaub hier waren, regelmässig auszogen, trug zur natürlichen Atmosphäre
bei und half mit, Jugendliche zu motivieren es ihnen gleichzutun.
Die
meisten Neuankömmlinge stammten aus den Niederlanden, aber es kam auch ein
weiterer Exote aus der Schweiz. Somit konnten wir nicht mehr für uns in
Anspruch nehmen, die einzigen Vertreter dieser Alpenrepublik im Herzen Europas
zu sein. Wir sassen recht oft zusammen und obwohl er ein begeisterter Camper
war, fand er die Idee eine Hütte zu mieten, schon fast etwas besser, als zu
zelten.
Dies
traf ganz sicher für unsere Belgischen Nachbarn zu. Da sie nur für kurze Zeit
kamen, entschieden sie, dass es sich nicht lohnt, ihren Wohnwagen
herzuschleppen. Die beiden dachten an ein luxuriöses Chalet und waren zuerst
etwas enttäuscht, dass diese alle reserviert waren. Schlussendlich bekamen sie
ein Einfaches, wie wir es bewohnten, halt eben ohne Toilette. Nur ein paar Tage
später hatten sie sich entschieden ihren Wohnwagen zu verkaufen, nachdem sie
sahen, dass selbst die einfachste Hütte deutlich mehr Platz und Komfort bietet,
als der Caravan, den sie seit 20 Jahren in den Ferien umherschleppten.
Sie rechneten sich aus, dass Mieten eine preiswertere Variante ist, wenn man
sowohl die Anschaffungs-, Unterhalts- und Lagerkosten für den Caravan, als auch
die höheren Strassengebühren und den höheren Treibstoffverbrauch mit einrechnet.
Wir konnten ihnen nur zustimmen.
Fast
jedes Mal, wenn wir die kleinen Seelein umrundeten,
trafen wir ein paar Fischer. Die meisten waren überhaupt nicht daran
interessiert, ihren Fang zu verspeisen. Sie liessen ihn zurück ins Wasser,
nachdem sie den Haken entfernt hatten. Fische hatte es viele und es brauchte
wenig Zeit, dieses Spiel mit ein paar Dutzend Fischen zu machen. Die Regeln und
Gesetze die der Mensch aufstellt, sind oft etwas verrückt. Ein Tier zu
verletzen kann entweder als Tierquälerei, oder als Sport gelten – wir zweifeln,
ob die betroffenen Tiere den feinen Unterschied im Kleingedruckten spüren…
Auf
der anderen Seite gibt es aber im Laborde auch Tiere, die sich selbst
verstümmeln. Zwei Australische Kakadus bewohnen eine grosse Volière
und einer der beiden sieht fast aus wie ein gerupftes Huhn, er ist nun ein
echter FKK Vogel, der seine graue Haut freilegte. Er zupfte sich alle Federn
auf seiner Brust und sogar einige auf seinem Rücken aus. Es hat uns
beeindruckt, dass die beiden Papageien sprechen können – natürlich
Niederländisch, wen wundert’s? In einer anderen Voliere sind mehrere Hühner und
ein Fasan untergebracht. Zudem gab es noch ein paar Ziegen. Wie uns ein
Angestellter erklärte, dienen sie als „Schweine“ indem sie Resten verwerten. Die
Geländeleitung weiss wohl, dass es den Eltern lieber ist, wenn ihre Kinder
Ziegen statt Schweine streicheln!
Einige
dieser Tiere geben zeitweise sehr viel Lärm von sich. Es scheint aber, dass
sich immer genügend Camper finden, die freiwillig ihr Zelt oder ihren Wohnwagen
in die Nähe dieser Viecher stellen. Wir waren aber sehr froh, dass man von
unserem Häuschen den Hahn nicht hören konnte.
Weitere lohnenswerte Ausflüge
Egal
wohin wir auch fuhren, immer kamen wir an wunderschönen Sonnenblumenfeldern
vorbei. Jetzt war auch Erntezeit fürs Getreide. Somit mussten wir auf den engen
Landstrassen oft noch auf überbreite Landmaschinen achtgeben. Ein Strässchen
führte ins charmante Dorf Castillonnès, wo wir die gedeckte Markthalle bestaunten. An
einem Morgen besuchten wir den Mittwochsmarkt in Villeréal und später fuhren wir
noch zur Bastide Monpazier, einem sehr touristischen
Ort.
Es
gibt viele weitere lohnenswerte Ziele in der Nähe von Laborde. Da wir aber an
diesen Orten, welche um die 50km entfernt sind, noch einige unserer
Lieblingsrestaurants besuchen wollten, zogen wir lieber für 4 Tage in ihre Nähe,
um in der Nacht nicht noch zurückfahren zu müssen. Da wir mehr Zeit als Geld
haben, nehmen wir logischerweise einen anderen Rhythmus an, als diejenigen
denen die Zeit fehlt. So verabschiedeten wir uns am 12. Juli vom Laborde und
fuhren der Dordogne entgegen. Bereits nach 25km stoppten wir in Belvès, wo momentan noch alle
Strassen und Gassen mit künstlichen Blumen überhängt waren. Diese Dekoration
waren anlässlich des „Fête Félibrée Pays d'Anaïs“ angebracht worden, welches
die alte Kultur und Sprache der Okzitanischen Region ehrte. Es war ein buntes
Bild und sah aus, als hinge der Himmel voller Blumen.
Verlorene Reservation
Nach
weiteren 25 Kilometern erreichten wir La Roque-Gageac, ein ungemein malerisches
Dorf über dem Ufer der Dordogne. Hier hatten wir uns bereits im April eine
Frühstückspension reserviert. Unser Buchungsformular landete allerdings im
Spam-Mail unseres Schlummervaters. Weil er dieses nicht sah, ging er davon aus,
wir wären nicht mehr an einem Aufenthalt in seinem B&B interessiert. Zudem
scheint er so gut bei Kasse zu sein, dass er auch unsere 50 Euro Anzahlung
nicht wahrnahm. So stornierte er unsere Buchung und sagte das Zimmer jemand
anderem zu, der ein paar Tage später eintrudeln wollte. Nachdem wir in der
Vorwoche nach dem Weg zum B&B gefragt hatten, realisierte der Besitzer
seine Misere. In aller Eile organisierte er uns für die letzte Nacht ein Zimmer
in einem nahen Hotel – auf seine Kosten. Die ersten drei Nächte in seiner
Frühstückspension waren aber ok.
Wir
kennen diese Gegend recht gut und wollten einfach wieder einmal gerne in die
reichhaltige historische Vielfalt, die schöne Natur, sowie die gastronomischen
Höhepunkte dieser Region eintauchen. Letztere waren so köstlich wie immer doch
der Zahn der Zeit und die Naturgewalten nagten an der steilen Felswand über La
Roque Gageac. Bei einem kleinen Felssturz gab es zwar
nur geringen Schaden an wenigen Hausdächern, als Vorsichtsmassnahme wurde aber
unter der gefährdetsten Stelle ein massives Stahlnetz errichtet. Leider
blockiert diese hässliche Struktur den malerischen Weg durch den oberen Teil
des Dorfes. Dies zwingt noch mehr Touristen sich auf der engen Hauptstrasse
zwischen den Häusern und der Dordogne durch den Verkehr zu zwängen, denn für
einen Gehsteig hat es hier schon gar keinen Platz. Auch wenn die Saison noch
nicht mal richtig in Schwung war, war der Fluss bereits richtiggehend
überschwemmt mit Kanus und Ausflugsbooten. Man konnte schon beinahe von Boot zu
Boot hüpfen um die andere Flussseite zu erreichen. Wir müssen aber neidlos
zugeben, dass die „boat people“
wohl die beste Sicht auf das hübsche Dorf hatten, welches sich an die
Felsklippen anschmiegt.
An
einem sonnigen Tag machten wir einen längeren Spaziergang nach Beynac, einem
Dorf das ebenfalls majestätisch über dem Fluss Dordogne thront. Teilweise
führte der Pfad malerisch entlang des Flusses. Leider beinhaltete unser Weg aber
auch zwei Kilometer entlang der engen Hauptstrasse mit vielen unübersichtlichen
Kurven, was bei dem vielen Ferienverkehr schon fast lebensgefährlich war. Nach
einer Weile kamen wir entlang einiger Sonnenblumenfelder. Darüber erspähten wir
das Schloss Castelnaud-la-Chapelle,
bevor uns der Weg ans Ufer der Dordogne führte. Dort wimmelte es, sozusagen zu
Füssen des Château de Milandes, wiederum nur so von Bötchen und Badenden.
Kurz darauf erreichten wir eine Brücke durch deren Bogen wir das stattliche
Schloss über Beynac sahen. Nach einem steilen und
schweisstreibenden Aufstieg zu diesem Schloss, wurden wir mit einem leckeren
Mittagessen und einer tollen Aussicht über das Dordognetal
belohnt.
Französischer Nationalfeiertag in Sarlat-la-Canéda
Um
den Französischen Nationalfeiertag vom 14. Juli zu
erleben, besuchten wir das sehr touristische Städtchen Sarlat-la-Canéda. Am Nachmittag war eigentlich
noch nicht viel los, ausser den Touristenmassen, die sich wie üblich durch die
engen Gassen zwängten. Einmal sahen wir eine Troubadour Band durch die Strassen
der Altstadt schmettern. Dieser folgten ein paar Kriegsveteranen, die stolz
ihre Orden auf der Brust zur Schau trugen.
Sicherlich
assen wir auch hier wieder in einem gut benoteten Gourmet-Tempel und waren nun
sehr froh, dass wir bereits am Morgen einen Tisch reserviert hatten.
Als wir gestern Abend, nach einem ausgezeichneten Essen in einem erstaunlich
ruhigen Lokal, den Kellner gefragt hatten, wann denn die Hauptsaison beginne, hatte
er ohne Zögern geantwortet: „morgen, am Nationalfeiertag juillet 14!“ Es scheint, als hätte er absolut recht und für die
gesamte Französische Tourismusindustrie gesprochen. Währendem wir hier unser
Abendessen genossen, musste die Kellnerin mindestens doppelt so viele hungrige
möchte-gern-Gäste abweisen, als sie beherbergen konnte. Zum Glück haben wir
schon vor längerem gelernt, dass man in gastronomischen Lokalen Frankreichs
immer zum Voraus reservieren sollte. Sonst kriegt man oft auch dann keinen
Tisch, wenn es eigentlich Platz hätte. Da auch die Vorbereitungen in der Küche
sehr aufwändig sind, möchte man gerne gut gewappnet sein, bevor die hungrigen
Gäste eintreffen.
Fast
wie bei einem grossen Knall trafen alle Touristen gleichzeitig in dieser Region
ein. Auch das Feuerwerk um 23:00 Uhr startete mit einem grossen Knall. Nach
einem etwa zwanzigminütigen Lichterzauber gingen die Feierlichkeiten mit
Livemusik auf verschiedenen Plätzen im Stadtzentrum vermutlich noch die ganze
Nacht weiter. Wir folgten aber dem Menschenstrom zurück zum Parkplatz und
kehrten nach La Roque-Gageac zurück.
Nach
unserer Nacht im Hotel in das man uns einquartiert hatte, verliessen wir die
malerische Dordogne-Region und fuhren nordwärts, dem Zentrum Frankreichs
entgegen. Es war ein eher regnerischer Tag und so machten wir nicht allzu viele
Zwischenstopps, ausser natürlich, als wir hungrig waren. So lernten wir das
historische Örtchen Corrèze
kennen. Das Restaurant, das wir dort fanden, sah für ein schnelles Mittagessen
schon fast zu gut aus. Im nächsten Dorf sah das einzige Lokal eher wie eine Bar
aus, aber es versprach ein schnell serviertes “Menu du Jour”. Wir waren aber
trotzdem etwas überrascht, dass die Vorspeise ohne weitere Nachfrage eintraf,
kaum hatten wir uns niedergesetzt. Was uns serviert wurde, war reichhaltig und
schmeckte sehr gut. Wir sollten uns eigentlich nicht mehr wundern: in
Frankreich sind sogar einfache Gerichte meist raffinierter zubereitet, als
etwas Exklusiveres in Spanien.
Creuse Nature; ein wahrlich holländisches FKK Gelände
Am
16. Juli 2011 trafen wir im Distrikt Creuse ein, welcher nach den beiden
Flüssen Petite Creuse und Grande Creuse benannt ist. Wir bezogen Quartier auf
dem Naturisten-Camping Creuse Nature. Wir hatten uns im Voraus
einen Miet-Wohnwagen reserviert und bekamen nun einen ganz in der Nähe des
kleinen Teiches zugewiesen.
Ein
grosser Rundbau mit lichtdurchlässigem Kuppeldach bildet das Herz von Creuse
Nature. Der durchdachte Grundriss beinhaltet ein Hallenbad in der Gebäudemitte.
Dieses ist umgeben von einer Reihe Toiletten, einem Wasch- und Duschraum,
Waschküche, Ping-Pong Tisch, sowie einer Bar mit
Restaurant und zugehörender Küche.
In der Nähe befinden sich ein Aussenschwimmbecken und mehrere Spiel- und
Sportplätze. Die 100 Stellplätze und ~25 Mietunterkünfte, sind in einem
Waldstück verteilt. Manchen mögen die 18 Hektaren recht gross vorkommen, uns
als Fans grosser Gelände, kam es hingegen eher etwas eng vor. Wir waren aber
positiv überrascht, wie viele Waldwege die Campingplätze umgeben.
Im
kleinen Tümpel wimmelte es von Fischen. Baden ist zwar verboten, die Gäste
dürfen hingegen angeln, müssen jedoch ihren Fang wieder ins Gewässer
zurückgeben. Also schon wieder ein „Fisch-folter-Teich“. Wir möchten nicht
wissen, wie oft derselbe Fisch diese Tortur mitmachen muss.
Wir
hörten, dass im diesjährigen Ausnahmefrühling auch Creuse Nature mit trockenem
und 30°C warmem Aprilwetter verwöhnt wurde. Wie immer gibt es auch eine
Kehrseite der Medaille: wenn der Sommer bereits im April stattfindet, mag das
Aprilwetter im Juli kommen und genau das hatten wir jetzt – wie ganz
Zentraleuropa! Während der ganzen ersten, unserer drei Wochen, war es so nass
und kalt, dass eine Person die nicht dick wie ein Michelin-Männchen
eingekleidet war, entweder einer Fata-Morgana entsprach, oder dann im Duschraum
oder Hallenbad gesichtet wurde. Und nur dort sah man FKKler so, wie man sie
sich vorstellt: splitterfasernackt.
Sobald
die Temperaturen aber wieder etwas anstiegen und die ersten Sonnenstrahlen
durchkamen, schälten sich die Urlauber so schnell sie nur konnten. Auch Els und
Reinier, die Niederländischen Besitzer von Creuse
Nature, gingen dann oft nackt ihrer Arbeit nach, auch am Empfang. Dies
empfanden wir als viel natürlicher, als die dauern bekleideten Mitarbeiter auf
so manch anderem Gelände. Els und Reinier führen
ihren Platz sehr persönlich und nahmen sich oft Zeit für einen kleinen Schwatz.
Sie sind sehr sprachbegabt und beherrschen natürlich auch Französisch.
Unnötigerweise glaubten sie, dass sie uns einen Gefallen tun, wenn sie uns in
Deutsch oder Englisch, statt in Französisch ansprachen. Mit den meisten Gästen
konnten sie eh in ihrer Muttersprache Holländisch kommunizieren. Wir fanden es
schade, dass nicht alle Informationen am Anschlagbrett vom Niederländischen, auch
in andere Sprachen übersetzt wurden – oft nicht einmal ins Französische! Einige
Animationen wurden sogar nur auf Holländisch angeboten. Es wurden gerade so
viele Aktivitäten angeboten, um diejenigen zufrieden zu stellen, die sich gerne
inspirieren lassen, aber genauso wenige, dass immer noch genügend Raum zum
Ruhen und Ausspannen blieb. Die erwähnenswertesten sind wohl der Kinderzirkus,
sowie das „open podium“ bei dem die Gäste eingeladen
sind, ihre Talente unter Beweis zu stellen.
Das
Restaurant von Creuse Nature serviert zwar keine „à la carte
Gerichte“, bietet jedoch „take away“,
sowie sechs Mal wöchentlich eine Gemeinschaftsmahlzeit an. Diese ist sowohl vom
Preis, als auch vom Zeitpunkt her, sehr familien-freundlich
ausgelegt. Ein Pizza-Wagen kommt einmal pro Woche so zwischen 17 und 19 Uhr
vorbei. Der Pizzaiolo erzählte uns, dass er
ursprünglich bis 21 Uhr blieb, aber bald feststellte, dass hier mit den vielen
Niederländern nach 19 Uhr kaum noch Geschäft zu machen ist. Ihm ist dies mehr
als recht, denn so geht er nun anschliessend noch zu einem von Franzosen
dominierten Zeltplatz, wo sich die Leute freuen, dass sie zwischen 20 und 23
Uhr eine Pizza bestellen können. Wir waren auch ziemlich überrascht, als wir
sahen, wie viele Familien hier schon um 5 Uhr mit dem Abendessen beginnen. Wir
essen deutlich später und mussten uns zum Glück auch nicht anpassen, wenn wir
in eines der umliegenden Restaurants fuhren.
Beim
Frühstück hingegen, sah die Sache etwas anders aus! Jeden Morgen kam einer von
zwei mobilen Bäckern auf den Platz und bot sein Brot in einem Lieferwagen zum
Verkauf an. Wenn wir es verpassten, zwischen 9 und 10 Uhr anzustehen, mussten
wir ohne Croissant und Baguette auskommen.
Am
Abend zog unser Vorzelt jeweils ein paar ungebetene Gäste an: grosse nervöse
Hornissen. Nach ein paar Nächten hatten wir die Fähigkeit erlangt, diese mit
Gläsern zu fangen. Da es nicht ihr Fehler ist, dass wir am Abend Licht machen,
gaben wir ihnen jeweils eine zweite Chance und entliessen sie am nächsten
Morgen in den Wald. Allerdings machten sie bis dahin einen sehr erschöpften
Eindruck und bewegten sich nur noch langsam. So zweifelten wir daran, ob sie
ihre nächtliche Gefangenschaft überhaupt überleben. Um Klarheit zu kriegen, setzten
wir sie auf einem Baumstrunk frei, den wir „Opferplatz der Hornissen“ tauften.
Zu unserer Überraschung blieben sie alle dort und schliefen friedlich – für
immer!
Wegen
des kalten Wetters sprachen wir nicht allzu oft mit dem Paar, das auf dem
Stellplatz neben uns zeltete. Trotzdem kann es überraschend sein, wenn man
erfährt was die Nachbarn über einem denken. Kurz vor ihrer Abreise sagten die
beiden, wie sie uns beneiden, dass wir offensichtlich so viel Spass miteinander
haben und immer miteinander reden, während sie bloss schweigend nebeneinander
Bücher lesen. Zudem waren sie felsenfest davon überzeugt, dass wir aus England
stammen, da sie uns Englisch sprechen hörten. Wir konnten uns keinen Reim
darauf machen bis uns plötzlich einfiel, dass sie uns wohl gehört hatten, als
wir an der Englischen Version dieses Reiseberichts „gearbeitet“
hatten! Für uns war ihre Folgerung ziemlich überraschend, da wir selbst das
Gefühl haben, dass wir oft ziemlich an unseren Sätzen herumknorzen. Unser
Lachen über die witzigen Begebenheiten muss wohl doch deutlich dominiert haben.
Moderne Camper
Creuse
Nature bietet auf dem gesamten Gelände WLAN-Zugang an. Dies wurde rege genutzt
und wir waren etwas erstaunt, wie viele Leute davon profitierten, ohne sich
Gedanken über die Sicherheit zu machen. Da sie sich hier wie zu Hause fühlten,
dachte mancher Urlauber nicht daran, seinen Netzwerkstandort als „öffentlicher
Ort“ zu deklarieren. Viele verbinden ihre Geräte mit denselben Einstellungen
die sie in ihrem Heim- oder Büronetzwerk verwenden, auch mit Creuse Nature‘s öffentlichem Netz. Dabei ermöglichen sie allen,
auf kleinere oder grössere Teile ihrer Harddisk zuzugreifen, je nach ihren
Netzwerkeinstellungen. Wenn wir online waren, waren bis zu 15 (fünfzehn!)
andere Computer im Netzwerk sichtbar. Mehrere gutgläubige Urlauber stellten
allen anderen einen grosszügigen, passwortfreien Zugang zu ihren Musik- Foto-
und Video-Bibliotheken zur Verfügung. Da viele Passwörter eh einfach zu erraten
sind, braucht es kein hochintelligentes Genie, um nicht nur auf ihre
Bibliotheken, sondern auf ihre gesamte Harddisk zuzugreifen!
So
gut wie jede Familie hatte mindestens einen, aber eher zwei oder mehr Laptops
dabei. Oft konnte man Urlauber dabei beobachten, wie sie bei schönstem
Sonnenschein fast in ihre Monitore hineinkrochen, später hingegen, als es schon
ziemlich dunkel war, ein Buch lasen. Damit wollten sie wohl wenigstens einen
Hauch des simplen Campinglebens erhalten. Als weiterer Beweis, wie einfach sie
leben können, verzichten viele auf Strom an ihrem Stellplatz. Dies führte dann
dazu, dass sie ihre „Heimelektronik“ jeden zweiten Tag in der Bar benutzten,
weil sie dort ihre Akkus aufladen konnten, damit die Geräte am nächsten Tag
wieder auf dem Stellplatz fit waren.
Was
die heutigen Camper so alles mitbringen, ist einfach unglaublich! Wir erlebten
schon Urlauber, die ihr Zelt mit Kühlschränken, Gefriertruhen, Backofen,
Mikrowellengeräten, Geschirrspüler und Klimaanlagen ausstatteten und letzthin
sogar noch mit Staubsauger und Heizlüfter, von Liegestühlen und Faltbetten
abgesehen… Jene mit Wohnmobilen führen oft nicht bloss ein paar Fahrräder mit,
sondern nicht selten Anhänger mit Motorrädern, Quad’s,
Strandbuggys, wenn nicht gar einem Smart.
Selbst
Leute die eine Unterkunft mieten, sind ab und zu alles andere als bescheiden
und wir geben zu, dass auch wir deutlich mehr, als das Allernotwendigste
mitführen. Wir sind allerdings nicht bloss 2, sondern 52 Wochen pro Jahr
unterwegs. Zumindest passt bei uns noch alles in den Kofferraum, inklusive
Laptops, Drucker, Espressomaschine und Shaker. Wir müssen weder Sitze
umklappen, noch das Auto bis unters Dach füllen. Das Rezept dafür, ist
ausgeklügelte kompakte Packordnung und der Verzicht auf sperrige Dinge wie
Liegestühle. Wir sind immer stolz, wenn uns wieder jemand zusammen mit unserem
„bescheidenen Gepäck“ im Kofferraum, fotografieren will.
Wir
denken, dass unser „mobiler Haushalt“ alles andere als bescheiden ist. Wenn wir
ihn aber damit vergleichen, was andere alles mit sich führen, ist er es
tatsächlich! Oft erleben wir Urlauber, die sowohl mit einem Anhänger, als auch
mit einem Sarg auf dem Dach, bei ihren Mobilheimen und Campinghütten
eintreffen. Die vierköpfige Familie die wir vor kurzem sahen, hat aber
definitiv den Vogel abgeschossen. In einem Kleinbus, sowie einem 12 m3
grossen Mietanhänger verbarg sich alles, was die Familie für einen gemütlichen
vierzehntägigen Urlaub im Mobilheim als notwendig erachtete. Wir denken, dass
wohl auch die Luft für das aufblasbare Krokodil und andere Spielsachen mit
dabei war.
Leben im Wohnwagen; Platz ist der wahre Luxus
Wir
sind schon oft gefragt worden, weshalb wir uns nicht für ein Wohnmobil
entschieden hätten. Da wir gerne viel Platz haben, kam für uns so ein Gefährt
nie in Frage. Hier im Creuse Nature erlebten wir, dass auch ein Caravan nur
sehr wenig Raum bietet. Unser Miet-Wohnwagen war sicher sehr schön und recht
preiswert für das, was er bot. Im Vorzelt gab es einen Holzboden mit
Spannteppich und auch der Caravan selbst, war sehr gut ausgestattet. Es gab ein
richtiges Bett, eine Gasheizung, sowie einen Gasherd mit drei Brennern. Ein
Frischwassertank mit Pumpe sorgte für beschränktes Hahnenwasser und ein
winziger Kühlschrank, welcher diesen Namen eigentlich gar nicht verdient hat,
sorgte dafür, dass wir doch ein paar Nahrungsmittel etwas abkühlen konnten.
Das
alles war natürlich kein Vergleich zu den 15 Meter langen Monstern, die wir ab
und zu in Australien gemietet hatten. Es war ein gewöhnlicher, 4 Meter langer,
Wohnwagen, wie ihn viele Familien durch Europa schleppen. Wir mussten zuerst
lernen, mit dem beschränkten Platz auszukommen. Es begann nur schon damit, dass
der Tisch zu klein war, um all unsere Frühstücksmarmeladen auszubreiten. Um die
vollen Kaffeetassen vom Wohnwagen ins Vorzelt zu bringen, bedurfte es einiger
akrobatischer Verdrehungen. Bevor wir die dazu notwendigen Fähigkeiten erarbeitet
hatten, stiess Heinz entweder mit dem Kopf an den niedrigen Türrahmen oder
verschüttete den Kaffee. Das Frühstück war ja noch einfach zu bewältigen, aber
zu kochen, war eine echte Herausforderung! Um das Schneiden von Gemüse und
Fleisch zu erleichtern, stand eine grosszügige Arbeitsfläche zur Verfügung.
Bloss; sobald man den Kochherd oder die Spüle gebrauchen wollte, musste man
diese Fläche hochklappen, da sich alles darunter verbarg. Eigentlich sind ja
drei Gasbrenner nicht zu wenig, doch wenn die Bratpfanne platziert war, blieb
schlichtweg kein Platz für weitere Töpfe.
Wenn
wir früher jeweils sahen, dass Camper bloss eine Büchse aufwärmen und den
Inhalt danach direkt aus dem Kochtopf essen, dachten wir immer, dass echte
Camper schlichtweg keinen Sinn dafür haben, gut und stilvoll zu essen.
Inzwischen wissen wir es besser; sie passen sich einfach ihren beschränkten Möglichkeiten
an und versuchen alles zu vermeiden, das beim Kochen oder Abwaschen unnötige
Umtriebe verursacht.
In
unseren Augen bieten Gemeinschaftsküchen auf Campingplätzen, wie diese in
Skandinavien oder in Jugendherbergen üblich sind, viel mehr Komfort als ein
Wohnwagen. Anderen mag „klein, aber mein“ ansprechender erscheinen, als das
Teilen von Platz, Geschichten und „Schmutz“ in grosszügigen
Gemeinschaftseinrichtungen.
Campieren; sparen, egal wieviel es kostet!
Aus
purer Neugier schauten wir im Internet nach, wie teuer denn so ein “Heim auf
Rädern” sei. Die ~€ 20‘000 für die gängigsten Wohnwagenmodelle erscheinen uns
einfach zuviel Geld, für zuwenig
Komfort. Wie viele Wochen in einem viel geräumigeren Mobilheim oder
Ferienhäuschen könnte man dafür erhalten?
Im
Creuse Nature zahlt eine Familie mit zwei Kindern über 11 Jahren (in der
Hauptsaison), pro Woche für ein 30 m2 grosses Mobilheim, nur etwa €
150 mehr, als für einen Stellplatz mit Strom. Campieren ist hier um einiges
preiswerter, als an vielen anderen Orten. Im Allgemeinen denkt man, dass zelten
eine billige Angelegenheit sei, aber eigentlich stimmt dies überhaupt nicht!
Da
die meisten Stellplätze nur für ein paar wenige Wochen pro Jahr belegt sind,
kann campieren gar nicht billig sein, da die gesamte Infrastruktur in dieser
kurzen Zeit amortisiert werden muss. Mietunterkünfte hingegen, können mit gutem
Marketing oft mehrere Monate im Jahr ausgemietet werden. Es ist daher einfach,
konkurrenzfähige Mieten für Ferienunterkünfte zu finden, in der Nebensaison
erst recht.
Wenn
alle Kosten für Campingausrüstung, zusätzliche Mautgebühren und
Kraftstoffverbrauch, seriös mit einberechnet werden, ist das Mieten einer
Unterkunft normalerweise sogar preiswerter und sicherlich komfortabler, als der
Aufenthalt in einem Zelt oder Wohnwagen. Natürlich ist unsere Rechnung etwas
rudimentär und lässt einige Faktoren aus. In den letzten Jahren verrieten uns
mehrere selbstironische Holländer, wie ihre Rechnung aufgeht: „Was ihr nicht in
Betracht zieht: als echte Niederländer füllen wir mindestens die Hälfte unseres
Wohnwagens mit billigen Konserven von zu Hause und so müssen wir in Ländern,
die teurer sind, kaum Lebensmittel einkaufen!“.
Für
diejenigen, die Flexibilität und das einfache Leben in einem kleinen Zelt
mögen, ist campieren sicherlich das Richtige und kann ein guter Ausgleich sein.
Dies ermöglicht es auch, ohne Reservationen umherzuziehen. Wenn wir aber die
aufwendigen Zeltausrüstungen sehen, mit welcher die meisten für zwei bis drei
Wochen am selben Ort residieren, erscheint uns diese Art zu campieren, als
nicht viel mehr, als klischeehaftes „sparen, egal wieviel es kostet“.
Ausflüge um Creuse Nature
Immer
wenn wir im Gelände spazierten, vermissten wir das “bonjour”;
jedermann grüsste auf Holländisch mit “Goedemiddag!”.
Da 90% der anderen Urlauber aus den Niederlanden stammten, darunter sogar
einige, die mit in Deutschland oder Frankreich registrierten Fahrzeugen hier
eintrafen, war es kaum verwunderlich, dass die meisten dachten, alle müssten
aus den Niederlanden stammen. Wir mögen die Niederlande sehr, aber hier waren
wir in Frankreich und dies wollten wir auch spüren! So verliessen wir die Holländische Kolonie immer wieder und schwärmten hinaus
nach Frankreich, entweder zum essen oder für ein paar Ausflüge.
Die
Creuse Provinz ist sehr dünn besiedelt, was aber nicht heisst, dass es hier
nicht auch ein paar Sehenswürdigkeiten gibt. Nur drei Kilometer von Creuse
Nature entfernt liegt Boussac, ein hübsches Dorf das auch zum einkaufen ideal
ist. Nach ein paar weiteren Kilometern findet man die balancierenden
Felsbrocken „Pierres Jaumâtres“.
Diese sind sehr beeindruckend und können über einen angenehmen Wanderweg durch
moosigen Wald erreicht werden. Die meisten dieser Felsen ragen bis zu zehn
Meter in die Höhe. Sie befinden sich auf dem Gemeindegebiet von Toulx-Sainte-Croix,
einem Dorf das für seinen Aussichtsturm bekannt ist.
Um
etwas Stadtluft zu schnuppern fuhren wir ins mittelalterliche Montluçon, etwa 40km östlich. In dieser
Stadt mit 40‘000 Einwohnern findet man viele gute Restaurants. Wir mussten aber
leider auf die harte Tour lernen, dass die besten unter ihnen am Wochenende
ausgebucht sind. Nach sechs erfolglosen Telefonanrufen am Samstagmorgen, gaben
wir auf und entschieden uns für ein gutes Vietnamesisches-, statt für ein
feines Französisches Restaurant. Die Stadt ist aber wirklich sehenswert, vor
allem ihr historisches Zentrum!
Auch
in unseren letzten zwei Wochen in Creuse Nature war das Wetter alles andere als
perfekt, aber zumindest etwas wärmer und sonniger und so konnten wir doch die
meisten Tage für ein paar Stunden nackt im Gelände herumschlendern. Einige
Urlauber reisten frühzeitig ab und hofften woanders besseres Wetter zu finden.
Es wird ihnen wohl kaum geholfen haben, da es diesen Sommer in ganz Europa
aussergewöhnlich kalt war.
Am
Morgen unserer Abreise regnete es wieder in Strömen und das schlechte Wetter
begleitete uns fast den ganzen Weg nordwärts bis Paris. Wer sicherlich mit
diesen nass-kalten Bedingungen zufrieden war, waren die vielen Pilzsammler, die
wir sahen.
Heliomonde; perfekt für einen längeren Aufenthalt
Inzwischen
war es der 6. August 2011. Wir trafen im Heliomonde einem grossen FKK Gelände vor
den Toren von Paris ein. Dieses ist wohl das „französischste“ Mitglied von “France4naturisme”, einem erfolgreichen
Zusammenschluss von etwa einem Dutzend Ferienanlagen für Naturisten, welche
sich gemeinsam vermarkten.
Selbstverständlich
wird an der Rezeption auch Englisch gesprochen, wir zogen es aber vor, mit dem
humorvollen Personal unser Französisch etwas aufzupolieren. Wir entdeckten
Heliomonde vor zwei Jahren und kamen nun für einen dreiwöchigen Aufenthalt
hierher zurück. Wiederum mieteten wir ein kleines Chalet. Dieses war deutlich
grösser, als der Wohnwagen, den wir am letzten Ort gemietet hatten und erst
noch etwas günstiger. Um die Urlauber zu einem längeren Aufenthalt zu
motivieren, sind die Wochenpreise im Vergleich zu den Tagespreisen, sehr
konkurrenzfähig gestaltet.
Wenn
man die Attraktivität und die hervorragende Ausstattung dieses Platzes in
Betracht zieht, ist es eine Schande, dass ihn die meisten Touristen bloss als
Übernachts-Stopp, oder als Basis für einen Besuch von Paris nutzen. Der
Erholungswert qualifiziert Heliomonde ohne weiteres, dass man dort den gesamten
Urlaub verweilen könnte! Die Pariser sind von diesem Gelände bereits seit
langem begeistert. Viele strömen für ein entspannendes Wochenende hierher und
etwa 350 Familien besitzen eine Holzhütte und verbringen soviel
Zeit wie möglich hier.
Trotz
seiner Nähe zu Paris liegt Heliomonde auf einem 47ha grossen Waldgrundstück,
inmitten ländlicher, von Landwirtschaft geprägter Umgebung. Es gibt eine
Vielzahl guter Wege durch das Gehölz, einige sind drei Meter breit, andere
wiederum nur Trampelpfade. Da Fahrzeuge nur am Ankunfts- und Abfahrtstag auf
dem Gelände erlaubt sind, eignen sich alle Wege hervorragend für
Nacktwanderungen. Sowohl zwei-, als auch drei- kilometerlange Rundwege sind
markiert, doch es gibt noch unzählige weitere Wege zu entdecken. Wir wissen
nicht, wie viele Kilometer wir dort marschiert sind, doch unsere Schuhsohlen
wurden fast löchrig!
Einmal
sahen wir sogar zwei Rehe, und diese waren überraschenderweise nicht im Unterholz,
sondern mitten zwischen bewohnten Hütten. Wohnwagen und Mobilheime sieht man
hier eher selten, da die meisten Dauermieter eine Holzhütte besitzen von denen
so viele im Wald verteilt stehen. Ihr Aussehen und ihre Dekorationen sind sehr
individuell und wir bekamen den Eindruck, dass viele jährlich ein neues Gesicht
kriegen, da die meisten Eigentümer wahre do-it-yourself Enthusiasten sind.
Es wird noch besser
Der
Virus, alles immer noch zu perfektionieren, hat nicht nur die Hüttenbesitzer,
sondern auch die Eigentümer von Heliomonde infiziert. Seit unserem letzten
Besuch kam ein Fitnesszentrum voll mit modernen Folterinstrumenten und Spiegeln
dazu. Dies bietet eine athletische Alternative für all diejenigen, welche ihren
Muskelzuwachs lieber eitel im Spiegel bewundern, statt einfach nur im Wald
herumzurennen. Die vielen Sport- und Spielplätze bieten ebenfalls gute
Möglichkeiten für Bewegung an frischer Luft.
Auf
der anderen Seite braucht es nun aber keine Bewegung mehr, um ein WLAN-Signal
zu finden, da sich dieses von selbst über die Zone mit den meisten
Mietmöglichkeiten und Stellplätzen verteilt. Es war natürlich viel
komfortabler, das Internet direkt in unserem Chalet zu nutzen, statt in einer
viel zu hellen open-air WLAN-Zone, wie auf vielen
anderen Plätzen.
Dank ein paar weiteren Chalets, neuen Mietzelten mit Holzboden, sowie einer originellen
Baumhütte für Gäste mit „gehobenen“ Ansprüchen, stehen mittlerweile etwa 20
Mietobjekte zur Verfügung.
Das
bisherige Restaurant war durch einen Neubau ersetzt worden. Obwohl es fertig
aussah und in Betrieb war, realisierten wir nach einer Weile, dass die Arbeiten
noch nicht vollständig abgeschlossen waren. Momentan wurde gerade an einer
riesigen Dachterrasse gearbeitet. Das Restaurant setzt auf einfache, aber gute
und preiswerte Küche, inklusive Pizza. Es gibt zwar kein Lebensmittelgeschäft
auf dem Gelände, frische Backwaren werden aber im Restaurant von morgens früh
um 8 bis abends um 10 Uhr angeboten. Es war für uns himmlisch, den ganzen Tag
frisches Brot kaufen zu können, gerade soviel wie wir
Lust hatten.
Gleich
neben dem Schwimmbad befindet sich das Gebäude, welches eine grosse Sauna,
sowie ein Dampfbad, komplettiert mit Ruheräumen und Duschen beherbergt. In den
Sommermonaten wird die Sauna täglich eingeheizt. Da Heliomonde ganzjährig
geöffnet ist, wird die Sauna und das Dampfbad auch an Winterwochenenden zwischen
Freitag und Montag betrieben. Beide sind gesellig und sehr beliebt.
Heliomonde
ist dank seiner Lage im Wald, seiner Grösse und seiner hervorragenden
Einrichtungen, in unseren Augen mindestens so attraktiv, wie so manches, bei
Urlaubern viel beliebteres Gelände. Viele Touristen nehmen sich nicht einmal
die Zeit, die Vorzüge kennenzulernen. Nicht wenige kommen spät an, mühen sich
drei Stunden damit ab ihre ausgeklügelte Zeltausstattung aufzustellen und
hetzen dann vor 22 Uhr noch ins Restaurant, gerade bevor die Küche schliesst. Am
nächsten Morgen früh sind sie dann bereits wieder unterwegs, oder vielleicht
auf einem touristischen Marathon durch Paris. Hätten derart gehetzte Menschen
nicht einen viel entspannteren Abend, wenn sie ihn in
einem (Budget) Hotel verbringen würden?
Für
uns ist es unverständlich, wie viele Naturisten zwar in dieses Paradies kommen,
es aber auf ihrer krankhaften Suche nach sonnigeren Regionen, fluchtartig
wieder verlassen, bevor sie sich überhaupt umgesehen haben.
Unter
der Woche kamen die meisten Camper sicher aus dem Ausland, aber an sonnigen
Wochenenden wurden die Stellplätze von Franzosen in Beschlag genommen. Uns ist
aufgefallen, dass diese eine ganz andere Einstellung zum campieren haben, als
andere Nationalitäten. Normalerweise sind die Franzosen nicht mit aufwendigen
Zeltausrüstungen bewaffnet, sondern eher nur mit einem kleinen Zelt. Dieses
stellen sie schnell auf und nehmen dann ihre Mahlzeiten im Restaurant ein.
Diejenigen die sich etwas mehr Komfort gönnen möchten, entscheiden sich meist
für eine Mietunterkunft.
Trotz
der vielen „Blitz-Camper“ fallen den Bungalow-Besitzern die wenigen Touristen
schnell auf, die etwas länger bleiben und so ist es einfach, Kontakt zu finden.
Obwohl sich der Campingplatz jeden Morgen dramatisch leerte, waren wir froh,
dass wir unser Bungalow lange im Voraus reserviert hatten. Alle Mietobjekte
waren eigentlich immer belegt und da Heliomonde für einen vier-tägigen
Aufenthalt gleichviel verrechnet, wie für einen ein-wöchigen, nahmen doch
einige Urlauber die Gelegenheit wahr und blieben etwas länger.
Die
Atmosphäre hier, war sehr Französisch und sehr kosmopolitisch zugleich. Wir
hatten den Eindruck, dass Immigranten in Frankreich viel besser integriert
seien, als anderswo, zumindest wenn es um FKK geht. Menschen verschiedenster
Kontinente und Hautfarben machten begeistert mit und zogen sich aus. Bei Paaren
verschiedener Kulturen war es oft sogar die eingewanderte Hälfte, welche
unbedingt hierher kommen wollte.
Der jährliche „congé“, oder eine ganze Nation im
Urlaub
Das
Dorf St. Chéron
ist von Heliomonde nur drei Kilometer mit dem Auto, oder zwanzig Minuten Fussmarsch
über einen Waldpfad entfernt. Der Ort eignet sich ideal zum einkaufen und zudem
gibt es dort ein paar Restaurants. Ein Asiatisches Lokal, welches wir letztes
Mal besuchten, war ganz oben auf unserer Liste für ein schmackhaftes
Abendessen.
Wenn
wir bisher im August in Frankreich waren, hielten wir uns jeweils an Orten auf,
die auch bei französischen Urlaubern sehr beliebt sind. Dort hatten alle
Geschäfte und Restaurants Hochbetrieb und wir verschwendeten keinen Gedanken
daran, dass die vielen Feriengäste quer durchs ganze Land Lücken in ihren
Betrieben hinterlassen. Egal ob beim Bäcker, Metzger, Apotheker, beim
Elektriker oder im Restaurant, überall hängen nun Schilder „congé
annuel“ (Jahresurlaub) an der Tür! Die meisten geben
an, ab wann sie wieder öffnen, aber man weiss eh, dass dies wohl kaum vor
September der Fall sein wird. Hier sahen wir nun all diese Schilder, welche uns
in den sonst leeren Strassen anstarrten. Nur unser favorisierter Asiate hatte
ein anderes; darauf stand „wegen Umbau geschlossen“. Was sollen wir als „congés permanentes“ (Dauerurlauber) dazu sagen???
So
suchten wir in unserem gelben Gault-Millau Gourmet-Schunken
nach einem Rettungsanker. In unserer näheren Umgebung waren zwar ein paar gute
Optionen aufgelistet, es schien jedoch, dass die Französischen Köche nicht nur
wissen wie man gut kocht, sondern auch, dass man im August Urlaub macht. Alle
Gourmet-Tempel welche wir im Internet abklapperten, hatten ansprechende Menüs,
sowie, sozusagen als Monatshit: eine „congé“ Meldung.
Schnell
wurde uns bewusst, dass ganze Dörfer für einen Monat ohne Bäcker, Fleischer,
oder wen auch immer, auskommen müssen. Irgendwie können wir es auch verstehen;
für wen sollen sie auch geöffnet haben, wenn sich all ihre Kunden am Strand
grillen. Zum Glück bleiben Supermärkte, Warenhäuser, ein paar Imbissbuden und
der öffentliche Verkehr in Betrieb. Sie bedienen die wenigen die entweder
arbeiten müssen, oder denen das Geld fehlt, um in Urlaub zu fahren. So waren
wir froh, dass wir im Chalet eine Kochgelegenheit hatten. So begnügten wir uns
in Erinnerungen unserer Gourmet-Mahlzeiten der Vormonate zu schwelgen und
unseren Appetit für diejenigen aufzusparen, die wir im nächsten Monat geniessen
würden... Derweil überfallen Französische Familien samt Kind und Kegel die
gastronomischen Lokale entlang der Küsten und in jeder anderen touristischen
Gegend. Auch dies gehört zu Frankreich; Kinder sind in jedem Restaurant
willkommen und gut umsorgt, egal ob es sich um eine einfach Pizzeria, oder um
ein hochklassiges Schlemmerlokal handelt.
Paris; leblos, aber pulsierend zugleich
Natürlich
wollten wir noch einmal die Französische Hauptstadt besuchen. Nachdem wir
gesehen hatten, wie ausgestorben die kleinen Dörfer sind, waren wir natürlich
sehr gespannt, wieviel Leben wir in Paris vorfinden würden.
Am
Bahnhof von St. Chéron, welcher nur einen
Katzensprung vom Heliomonde entfern ist, kauften wir eine Tageskarte und
bestiegen einen der Züge, welche halbstündlich verkehren. Während der
einstündigen Bahnfahrt ins Zentrum sahen wir bei fast jeder Station gähnend
leere P+R Parkplätze.
Wir
begannen unser Besichtigungsprogramm bei der Nationalbibliothek François
Mitterrand, wo wir kaum andere Menschen sahen. Entlang der nahen Uferpromenade
an der Seine waren viele Bootsrestaurants vertäut. Sie waren aber alle während
der Sommerferien geschlossen. Dasselbe Bild bot sich bei den endlos langen
Reihen einfacher Trödlerstände entlang des Flusses. Nur ein paar Händler aus
dem Nahen Osten hofften auf Kunden. Da sie wegen dem Ramadan fasteten, machte
es für sie wenig Sinn, in Urlaub zu fahren. Da konnten sie gerade so gut warten
und hoffen, dass ihnen einer der seltenen Passanten ihre angebotenen Sex Videos
abkauft.
Apropos
Sex; es gab auch eine Beach! Um die Stadt für diejenigen ansprechender zu
gestalten die nicht im Urlaub waren, hat man einen Teil des Seine-Ufers mit
Liegestühlen, Sonnenschirmen, Schwimmbecken und Sand angereichert. Diese
Uferabschnitte werden alljährlich für einen Monat eingerichtet und unter dem
Motto „Paris plage“ vermarktet. Dieser
Strand in der Stadt war sehr beliebt und Familien kamen entweder zum
sonnenbaden oder auch nur zum spazieren hierher und bewunderten die riesigen
Sandburgen, die man modelliert hatte.
Abseits
der Seine Ufer war die Stadt wieder sehr ruhig und die meisten Geschäfte und
Restaurants waren geschlossen. Aber kaum kamen wir in die Nähe der berühmten
Sehenswürdigkeiten, änderte sich das Bild dramatisch und in den Strassen
wimmelte es urplötzlich von Fotojägern aus aller Welt. Hier hatten alle
Geschäfte Hochbetrieb. Genauer gesagt: alle Souvenir Geschäfte, sowie
Restaurants, welche wir als Touristenfallen bezeichnen würden.
Wie
zu erwarten, wurden auch wir irgendwann hungrig. So suchten wir nach einem
Lokal, welches weder den jährlichen August congé
beachtete, noch auf Touristenabriss spezialisiert war. Glücklicherweise kriegen
auch diejenigen Japaner, welche in Frankreich leben, ein schlechtes Gewissen,
wenn sie mehr als ein paar Tage nicht arbeiten. In Paris gibt es hunderte von
Japanischen Lokalen und weil es so viele sind, haben sich einige spezialisiert,
genauso wie in Japan. So fanden wir Lokale, welche einzig Ramen-,
Udon-, Tonkatsu-, Tempura-, oder die bekannteren Sushi Gerichte anboten.
Paris ohne Eiffelturm
Gestärkt
folgten wir weiter dem Touristenpfad, genauso wie dies jeder pflichtbewusste
Japaner tun würde. Zuerst konzentrierten wir uns vor allem auf die
Sehenswürdigkeiten, welche wir vor zwei Jahren nicht besichtigt hatten, und
liessen deshalb Eiffelturm und Konsorte links liegen. Selbst wenn man eine
Woche in Paris verbringt, kann es sein, dass man nicht jede der vielfältigen
Attraktionen der Stadt gesehen hat. Neben den bestbekannten Höhepunkten gibt es
noch unzählige andere ansprechende Ecken zu entdecken.
Die
Gegend um den Villette Park mit der “Cité des sciences et de l’industrie” war so ein Ort. Da wir wussten, dass der
Star-Architekt Jean Nouvel damit beauftragt wurde, in
diesem Gebiet die neue Philharmonie zu entwerfen, hofften wir dort ein paar
ultra-moderne Bauwerke vorzufinden. Obwohl die Gebäude des Zentrums der
Wissenschaften bereits ein paar moderne Elemente beinhalten, war die neue
Konzerthalle für die Philharmonie nicht viel mehr, als ein gähnendes Loch mit
ein paar Baukränen, sowie einem kleinen Bautrupp. Das Projekt verzögert sich
wegen finanzieller Engpässe und alles was wir zu sehen bekamen, war ein Modell
und die Grundrisspläne.
So
nahmen wir die U-Bahn ins touristische Arrondissement Montmartre.
Wir bekamen den Eindruck, dass die anderen Passagiere vornehmlich Touristen und
Immigranten waren, da die Franzosen alle irgendwo anders im Urlaub weilten.
Ausländer sah man allerdings massenhaft um die berühmte Sacré
Coeur Basilika. Ebenso in den malerischen Gassen darum herum und in der Nähe
jedes extravaganten Bauwerks, sei es nun die Oper, der Louvre, die Notre Dame
Kathedrale oder das moderne Centre Pompidou.
Das
stattliche Rathaus ist eine dieser beeindruckenden Bauten. Auf dem
davorliegenden Platz wurde mit viel Sand, eine Reihe Beach-Volleyballfelder für
den Sommer eingerichtet. Sand hatte es hier schon früher. Der Platz heisst seit
1803 “Place de l’Hôtel de Ville“,
doch vorher nannte man ihn „place de Grève“, was ursprünglich eine Französische Bezeichnung für
„Sandplatz“ war. Wegen der vielen Versammlungen und Revolten auf diesem ehemals
sandigen Platz, bekam „faire (la) grève“ im Volksmund
die Bedeutung, auf diesem Platz „zu streiken“. So kam es, dass das Französische
Wort „grève“ heute für „Streik“ verwendet wird.
Wir
sind uns nicht sicher, ob die Franzosen auf ihre vielen Streiks stolz sind,
aber sie haben sicherlich viel Nationalstolz. So wurde es uns einfach gemacht,
unseren vielen Fotos Namen zuzuordnen; wenn wir etwas wie „de France, du Président de France, oder nationale française...“
zufügten, war der halbe Name schon richtig.
Eine
andere Modeerscheinung welche in Paris, genauso wie in jeder anderen Grossstadt
Fuss gefasst hat, ist Graffiti. Wir sahen solche „Kunstwerke“ fast überall,
nicht nur an Mauern, sondern auch an Zügen und parkierten Autos.
Kurz nach Mitternacht bestiegen wir den letzten Zug zurück nach St. Chéron.
Szenenwechsel
Die
vierte Augustwoche, welche unsere letzte im Heliomonde war, begann mit einem
sehr warmen Wochenende. Viele Pariser wollten dies ausnützen und zur selben
Zeit brachte das Ende der Schulferien in den Niederlanden eine grosse Zahl an (stop-over) Holländern hierher. Deshalb sahen wir jedes Mal,
wenn wir von unserer Terrasse aufsahen, ein paar weitere Franzosen beim
Aufstellen ihrer kleinen Zelte, oder zusätzliche Niederländische Familien beim
Positionieren ihres Wohnwagens oder beim Aufbau ihrer Zeltschlösser. Bis zum
Montag waren die meisten Französischen Wochenendgäste wieder abgezogen,
hingegen waren nun viele Bungalows der Dauermieter belegt. Es schien uns, als
ob viele Familien aus der Umgebung ihre letzte Ferienwoche in ihrer geliebten
Sommerhütte verbringen.
Die
Touristen die jetzt kamen, brachten keine Kinder mehr mit, denn sie waren
deutlich älter. Diese grauen Nomaden schienen etwas mehr Zeit zu haben, da die
meisten für ein paar Tage blieben. Wo vor nur einer Woche noch überall
Kinderfahrräder auf den Stellplätzen herumlagen, standen nun Ständer mit exakt
ausgerichteten Satellitenschüsseln.
Von
diesen älteren Herrschaften trafen wir kaum jemanden auf unseren Spaziergängen
durch den Wald, ganz im Gegensatz zur vorigen Woche, wo viele Pariser hier
waren. Inzwischen herrschte so warmes Wetter, es war eine Wohltat zwischen den
Bäumen im Schatten zu gehen. Sogar während unserer letzten Woche fanden wir
immer noch neue Pfade. Eine Französische Familie, welche hier seit sechs Jahren
eine Holzhütte besitzt, erzählte uns, dass dies sogar ihnen immer wieder
passiert.
Wettermässig
wurden wir nun, im Vergleich zum diesjährigen kalten Juli, schon fast verwöhnt.
Es war zwar immer noch wechselhaft, aber an den allermeisten Tagen warm genug,
dass wir nackt sein konnten. Wenn der Wind vor unserem Chalet zu stark blies,
fanden wir im „Tal der Inkas“, dem tiefer gelegenen Teil von Heliomonde, meist
Windschutz. Wenn es etwas überzogen war, war es normalerweise am Schwimmbad
noch warm genug, da es dort ebenfalls windgeschützt ist und kaum Bäume hat. In
den letzten Tagen hingegen, suchten wir eher Schatten, da die Temperaturen
wieder gegen 30°C anstiegen.
Unsere
drei Wochen vergingen wie im Flug und schon mussten wir wieder packen. An einem
sonnigen Tag fuhren wir entlang angenehm leerer Landstrassen etwa 300 Kilometer
südwärts. Unser erster Halt war im malerischen Dorf „Chaumont
sur Tharonne“, wo wir das
Mittagessen einnahmen. Kurz darauf bewunderten wir das beeindruckende Schloss
„Château de Valençay“. Für eine Hochzeit wurde es
gerade geschlossen. Kein Problem für uns; wir wollten eh keinen Eintritt
bezahlen, da wir normalerweise zufrieden sind, Schlösser von aussen betrachten
zu können.
La Petite Brenne; ein Gelände mit unverwechselbarer Identität
Etwas
später an diesem 27. August 2011, erreichten wir „La Petite Brenne“, ein mittelgrosses FKK
Gelände im Département Indre.
Wir bezogen ein kleines Mobilheim, welches wir im Voraus reserviert hatten. Es
war brandneu und eigentlich gar nicht so klein. Es hatte zwei kleine
Schlafzimmer, Bad, separate Toilette und einen kleinen Wohnbereich mit Küche,
der allein schon grösser war, als so mancher Wohnwagen der kreuz und quer durch
Europa geschleppt wird.
Sämtliche
der zehn Mietmöglichkeiten waren belegt, doch von den 150 Stellplätzen war
bloss etwa ein Viertel besetzt. Die Zahl der „Zeltler und Wohnwägeler“
verringerte sich während unseres Aufenthaltes schnell. In der ersten Woche
hatte es immer noch Familien mit Kindern, doch danach stieg das
Durchschnittsalter der Gäste dramatisch an. Gleichzeitig verloren die vielen
Spiel- und Sportplätze massiv an Popularität. Schon bald sah es hier sehr leer
aus, obwohl „La Petite Brenne“ dank seiner Grösse von 42 ha, auch wenn es
randvoll ist, nie überfüllt aussehen mag. Der Grossteil der Stellplätze ist um
ausgedehnte offene Weiden herum angeordnet und zudem gibt es auch welche im
bewaldeten Teil. Von einigen hat man Sicht auf den kleinen See, der ebenfalls
zum Gelände gehört.
Bevor
die Holländische Besitzerfamilie dieses Anwesen vor 15 Jahren erwarb, beherbergte
es viele Pferde. Inzwischen sind die grossen Farmgebäude schön renoviert und um
zusätzliche Einrichtungen erweitert worden. Es gibt auch jetzt noch ein paar 4-Beiner,
aber inzwischen ist hier ein wahres Paradies für 2-Beiner entstanden, welche
gerne nackt herumrennen, genauso normal wie dies für Tiere ist. Besucher dürfen
hingegen keine Hunde mitbringen und deshalb muss man höchstens die vier Hunde
abwimmeln, die hier wohnen. So ist „La Petite Brenne“ das einzige FKK Gelände
welches wir kennen, wo die Gäste weder mit viel Hundekot, noch mit viel
Hundegebell leben müssen.
Eines
der zwei ehemaligen Farmgebäude beherbergt nun ein Restaurant mit offenem
Kamin, einen Mini-Shop mit Brotservice, sowie eine Bibliothek und grosse
Gemeinschaftsräume. Diese beinhalten Aufenthaltsräume mit WLAN-Zugang, sowie
Räume mit Spielen und Musikinstrumenten, welche allen Gästen zur Verfügung
stehen.
Es
gibt mehrere Dinge, welche „La Petite Brenne“ im Vergleich zu anderen FKK
Geländen, einen ganz speziellen Charakter verleihen. So gibt es z.B. ein
„Fitness-Center“ unter freiem Himmel mit einigen witzigen und bunten
Fitnessgeräten. Kindern mag es wohl nicht gefallen, dass diese modernen
Spielzeuge Erwachsenen vorbehalten sein sollen. Die Erwachsenen wiederum müssen
sich damit zufrieden geben, den Muskelzuwachs anderer zu bestaunen, da es hier
keine Spiegel gibt – nur frische Luft!
Es
gibt einen ausgeklügelten Irrgarten aus Maschendraht, vielen Torbögen mit
abschliessbaren Gittertüren und sogar einer Überführung. Auch wenn einige der
Kletterpflanzen, welche die Zäune bedecken sollten, eingegangen sind, ist es
immer noch trickreich, den Ausgang zu finden, erst recht, weil der Durchgang
regelmässig durch öffnen und abschliessen der Tore verändert wird. Denjenigen
Kindern (oder Erwachsenen), die heimlich üben, kann es passieren, dass sie in
einer Sackgasse enden, wenn sie ihre Kumpel beeindrucken möchten, ohne zu
wissen, dass die Eigentümer inzwischen den Weg durch den Irrgarten geändert
haben!
Mosaik Euphorie
Das
markanteste Merkmal von „La Petite Brenne“ und woran sich sicher jedermann der
je hier war, erinnern mag, sind die unzähligen Mosaike aus bunten
Keramik-Kacheln. Man findet sie im wahrsten Sinne des Wortes überall! Sie
verschönern nicht nur die Böden im und ums Hauptgebäude, sondern auch viele
Wände und Zimmer. Es gibt auch viele modellierte Tiere, wie z.B. das gestreckte
Pferd, welches einem am Eingang begrüsst.
Die wohl beeindruckendsten Mosaik-Kunstwerke
befinden sich bei den beiden Schwimmbecken. Neben dem Hallenbad befindet sich
eine ganze Reihe fantasievoller Fabelwesen, welche über einer zehn Meter
breiten, anatomisch geformten Sonnenliege wachen.
Noch
viel mehr Platz bietet die schlangenförmige Sitzbank, welche sich der ganzen
Länge des Aussen-Pools entlang schlängelt. Dieses gigantische Schlangen-Mosaik
ist mit etwa 45 Metern mehr als doppelt so lang, als das Schwimmbecken. Der
gesamte „Schlangenkörper“ (d.h. die Bank) ist mit unzähligen individuellen
Sujets dekoriert.
Ganze
Wandmosaike schmücken die Sauna, Sanitärgebäude und was auch immer mit Fliesen
geschützt werden muss, oder zum Anschauen einlädt.
Wer
auch immer etwas von diesen wunderschönen und fantasievollen Kunstwerken
wegschauen möchte, kann sich der Mosaik-Euphorie anschliessen, da Kurse angeboten
werden, in denen man das Handwerk des Keramik-Mosaiklegens erlernen kann.
Chalets
und einige andere Gebäude, deren Wände aus Holzscheitern und Zement, statt mit
Backsteinen gemauert wurden, sind eine weitere Eigenart, die wir bisher
nirgendwo anders gesehen hatten. Auch dies sieht sehr speziell aus und die
sichtbaren Rund- und Schnitthölzer zwischen dem Zement sind sehr dekorativ –
schon fast wie ein Mosaik aus Holz.
Parc naturel de la Brenne
„La
Petite Brenne“ liegt innerhalb der Grenzen des regionalen
Naturparks Brenne. Er bildet ein 183‘000 ha grosses Naturreservat um
seine ca. 2’500 “étangs”, wie diese kleinen
künstlichen Seen genannt werden. Obwohl diese Teiche und kleinen Seen alle von
Menschenhand geschaffen wurden und zur Fischzucht genutzt werden, leisten sie
mittlerweile einen wichtigen ökologischen Beitrag an Flora und Fauna. Es gibt
dort eine Vielzahl natürlicher Nistplätze für Vögel. Der Park wurde nicht nur
geschaffen um die Seen zu schützen, sondern auch um sie der Öffentlichkeit
zugänglich zu machen, da die meisten in Privatbesitz sind. „Unser“ See auf dem
FKK Camping ist einer davon. Er wird zum Schwimmen und Fischen genutzt. Als wir
einmal einen glücklichen Hobbyfischer fragten, ob er seinen Fang zu verspeisen,
oder in den See zurückzugeben gedenke, antwortete dieser lakonisch: „Weder
noch; ich schmeisse ihn in den Müll, er ist nicht essbar und zudem gibt es zu
viele davon!“
Die
meisten Fische die in den Brenne Seen gefangen werden, geben ihr Leben
allerdings für einen sinnvolleren Zweck her; sie werden als lokale Spezialität verspiesen werden. Am häufigsten wird hier Karpfen
gezüchtet, ein Fisch der von vielen, als nicht essbar betrachtet wird. Die
Leute der Brenne-Region haben jedoch herausgefunden, wie man ihn behandeln
muss, damit jeder Feinschmecker davon schwärmt.
Die
2‘500 “étangs” dieser Gegend sind alles andere als
tief und mit Hilfe von Umfassungsdämmen gestaut. Die meisten sind eher klein, der
grösste hingegen nimmt eine Fläche von 160 ha in Anspruch. Wir wissen nicht
weshalb, aber diesen nennt man „mer rouge“ (Rotes
Meer). Jeder See wird etwa alle vier Jahre einmal entleert. Dabei werden die
Fische nach Grösse sortiert; grob gesagt in diejenigen die die Zukunft ihrer
Gattung sicherstellen müssen, und in diejenigen, die bei der Ernährung der
Gattung des Homo Sapiens mithelfen müssen.
Schöne
Spazierwege und geschützte Unterstände zur Vogelbeobachtung wurden entlang derjenigen
Seen angelegt, welche der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden. Zwei
Besucherzentren bieten interessante Ausstellungen, Multimedia-Vorführungen und
geführte Touren an. Dieses unbewohnte Gebiet ist bei Zugvögeln hoch im Kurs und
diese ziehen wiederum Ornithologen von weither an. Der “parc
naturel régional de la
Brenne” ist auch Heimat von Europas grösster Population an Sumpfschildkröten. Etwa 100‘000 dieser kleinen
Frischwasserschildkröten leben hier.
Überraschungen an und unter Bäumen
Für Streifzüge
war es nicht unbedingt notwendig die Grenzen des FKK Geländes „La Petite
Brenne“ zu verlassen. Sogar hier führte ein ausgedehntes Netz an Fusswegen
durch eine sehr abwechslungsreiche Landschaft und das Beste daran: alle konnten
nackt begangen werden. Drei Rundwege zwischen jeweils zwei und drei Kilometern
Länge sind gut ausgeschildert, aber es gibt noch unzählige andere
Möglichkeiten. Sie führen Mal durch schattigen Wald, dann wieder über
blumenübersäte Wiesen, meist weit weg der Zeltplätze.
Es gab
einen Baum mit Früchten, welche wir noch nie gesehen hatten. Am selben Tag war
auch ein Tier im kleinen Bächlein das durch „La Petite Brenne“ fliesst –
wiederum eines, das wir vorher noch nie gesehen hatten. Später stellte sich
heraus, dass dieses Tier, welches fast wie ein übergrosses Meerschweinchen
aussah, ein Nutria bzw. eine Biberratte gewesen sein muss.
Nur
ein paar Tage später entdeckte Heinz einen wunderschönen rot-weissen Pilz, der
fast die Form eines Seesterns hatte. Dieser entpuppte sich als Tintenfischpilz.
Nachdem wir Fotos davon herumzeigten, mussten wir andere Naturisten mit ihren
Kameras zu der Stelle führen, wo diese Pilze wuchsen. Diese und viele andere
Pilze schossen dank den vielen kurzen Regenschauern, welche das heisse Wetter
unterbrachen, aus dem Boden. Es war ein Glücksfall die Tintenfischpilze zu
finden, denn keine zwei Tage später waren sie im wahrsten Sinn des Wortes vom
Erdboden verschwunden!
Brombeeren
hingegen, fanden wir in rauen Mengen, auch wenn sich die Büsche mit ihren ekligen
Dornen der Pflücker zu erwehren versuchten. Unser Wille war jedoch stärker, wir
ertrugen die Qualen und genossen danach ein paar erfrischende Beeren-Smoothies.
Unsere
täglichen Nacktspaziergänge durch das grosse Grundstück brachte uns auch
entlang der Weiden, wo Pferde und Esel grasten. Ab und zu kamen sie zu uns an
den Zaun und standen sogar für ein paar Fotos modell.
Sie waren sich an Menschen gewöhnt, da man jeden Morgen mit ihnen ausreiten
konnte.
Dauermieter Gebiet
Obwohl sich der Campingplatz im September schnell
leerte, fühlten wir dies kaum, da sich unser Mobilheim mitten in der Zone für
Dauermieter befand. Etwa zehn Mobilheime wurden an FKKler verkauft, die den
Grossteil des Sommers hier verbringen, was das Gelände in der Nebensaison lebhafter
macht. Die meisten davon stammen aus den Niederlanden und Belgien, es gibt aber
auch ein paar merkwürdige Ausnahmen. Ihre Behausungen sind alle liebevoll
dekoriert, sowie um Gartenhäuschen und Terrassen ergänzt. Wie auch anderenorts
beobachtet, scheinen sich die meisten Eigentümer eher aufs Arbeiten, als aufs
Ausspannen zu konzentrieren. Da gibt es allerdings ein grosses Problem: ihre
Mobilheime sind alle brandneu und es gibt kaum etwas zu verbessern oder
reparieren... Wer verzweifelt sucht, findet immer etwas zu tun. Die Tatsache,
dass ihre Terrassen aus extra langlebigem Holz bestehen, welche in Theorie über
mehrere Jahrzehnte die Strapazen von Wind und Wetter aushalten sollten, hindert
einige Heimwerker nicht daran, sowohl das Geländer, als auch die gesamte
Terrasse zu streichen, abzuschleifen und wieder zu streichen. Dies eliminiert
wohl das Ausbleichen durch monatelange Sonneneinstrahlung und hält sie für ein
paar Wochen beschäftigt, bis dann der Einfluss des Winters ein paar neue Ideen
in ihren Köpfen ausreifen lässt.
Die meisten Frauen der Dauermieter versammeln sich
täglich für 2 ½ Stunden zu Keramik-Mosaikarbeiten, was ihren pflichtbewussten
Partnern kaum genug Zeit lässt, ihre 50 m2 Grundstücke gründlich zu
mähen!
Städte und Täler entlang des Flusses Creuse
Nur
etwa 12 km östlich von „La Petite Brenne“ befindet sich das hübsche Städtchen Argenton-sur-Creuse. Sein kleines Zentrum ist herausgeputzt und
hat viele Geschäfte. Am besten gefielen uns aber die malerischen Häuser die
sich an den Fluss Creuse schmiegten. Bei genauerem Hinsehen, waren einige
eigentlich ziemlich baufällig und schief – irgendwie genau so wie sie von einem
Charakter wie Dalí auf Leinwand gemalt würden.
Dann
folgten wir der kurvenreichen Strasse durch das Creuse Tal. Diese brachte uns
manchmal durch Wälder und manchmal durch Landwirtschaftsgebiet, immer wieder
mit Blick auf den Flusslauf. Ab und an kamen wir durch kleine Siedlungen und
eine davon war Gargilesse. Sie steht auf der Liste
der hübschesten Dörfer “un des plus beaux villages de France” und von
einer Stelle aus sah der Ort auch wirklich malerisch aus. Auf jeden Fall viel
schöner als das nahegelegene Dorf St. Benoit-du-Sault.
Auch dieses ist auf jener Liste vertreten, aber wohl eher für seine historische
Bedeutung, denn wir fanden jedenfalls nicht sehr viel, das wir als schön
bezeichnen würden.
Food for life
Nicht
um ein schönes Dörfchen zu sehen, sondern um gut zu essen, fuhren wir nach Le
Blanc, etwa 30 km westlich von “La Petite Brenne”. Da diese Region etwas
touristisch ist, haben die hiesigen Gourmet-Tempel während des ganzen Sommers
geöffnet. Zu unserer Überraschung mussten wir feststellen, dass diejenigen dieser
Gegend eher im September Betriebsferien machen – also gerade jetzt! Na ja, wir
fanden aber immer noch ein Lokal, welches unseren Gaumen verwöhnte. Da die
Brenne Region nur sehr spärlich besiedelt ist und kaum Möglichkeiten bietet, um
Geld zu verdienen, ist es nur verständlich, dass die Lokale auf die wenigen
Touristen angewiesen sind, die sich in der Hochsaison hier einfinden. So machen
die einheimischen Köche halt in der Nebensaison Urlaub.
Das
Kulinarische hat für die Franzosen einen so hohen Stellenwert, dass auch
Haustiere nicht schlechter behandelt werden. Unverhohlen grinsend, stellten wir
fest, dass sich Katzen und Hunde in diesem Land nicht bloss mit hundskomunem Büchsenfutter begnügen müssen, wie z.B.
„Wauwau“ oder „Miau“ mit Huhn, Fisch oder Schwein. Französische Supermärkte
füllen ihre Regale mit einer grossen Auswahl erlesenster Tiernahrung, wie
„Mousse“, „Terrines“ oder „émincé
aux sauces“ für diejenigen
Kunden, die aufs Geld achten müssen. Aber echte Tiernarren verwöhnen ihre
Lieblinge wohl mit etwas Delikatem aus der Gourmet-Abteilung für Haustiere,
egal wieviel es kostet. Dort müssen sie sich entscheiden zwischen „cassolette gourmande” (Schlemmerpfännchen),
“les mousselines avec des légumes” (extrafeine Gemüseterrine) angereichert mit Lamm,
Ente oder Forelle. Die besonders raffinierten Double-Delice
Gerichte müssen wir natürlich auch noch erwähnen, bevor wir aufhören! So gibt
es beispielsweise Hase mit Leber oder Wildfang-Fisch aus dem Ozean, welcher nun
in einer herrlichen Spinatsauce schwimmt.
Auch
wenn all diese Delikatessen exklusiv für Vierbeiner gedacht sind, werden sie
auf der Packung genauso präsentiert, wie sie im bevorzugten Gourmet-Restaurant des
Tierhalters serviert würden.
Nachdem
wir dies gesehen hatten, ging uns ein Licht auf, weshalb “ris
de veau” (Kalbsbries)
und Kalbskopf zu lokalen Spezialitäten für Zweibeiner gekürt wurden – dies ist
doch für Tierfutter einfach zu banal. Ohne zu wissen worum es geht, brachten
wir eine Kellnerin in Verlegenheit, als wir sie fragten, was “ris de veau” sei. Da sie nicht so
eine direkte Art hatte wie Heinz, kam sie mit einem Englischen Diktionär daher,
welcher „ris“ als „sweetbread“
(D: Bries) übersetzte. Da dies für uns nur „Süssbrot“
bedeutete, kamen wir damit nicht weiter.
Am nächsten Tag versuchte uns ein Englischer Naturist auf die Sprünge zu helfen:
„that’s the balls, mate!” (Mensch, das sind
die Eier). So einfach ist es aber gar nicht. Es handelt sich um eine gängige
Verwechslung und zudem werden Stierhoden als „Bries à la Paris“ kredenzt. Wir
lernten, dass “sweetbread” oder “ris”
auf Französisch, kulinarische Namen für den Thymus (Kehl-, Speiseröhre-, oder Nacken-Bries)
oder die Pankreas sind (Herz-, Magen-, oder Bauch-Bries). Bries, welches in der
Schweiz als Milken bekannt ist, wird vor allem vom Kalb (ris
de veau) und Lamm (ris d'agneau) verspiesen! So konfus
dies auch ist, es tönt auf jeden Fall bei weitem nicht so banal, wie wenn man
einfach die Hoden eines Tieres essen würde!
Gutes Wetter und gutes Essen in “La Petite Brenne”
Wenn
man bedenkt, dass es inzwischen September war, hatten wir drei recht warme und
meist sonnige Wochen in “La Petite Brenne”. Fast täglich konnten wir Nacktspaziergänge
machen, was wiederum zu grossem Verschleiss unserer Schuhe führte. Wir haben
die Eigentümer im Verdacht, nur so ein grosses Wegenetz angelegt zu haben,
damit die Gäste hungrig werden und danach in deren Restaurant kräftig zubeissen. Natürlich mussten auch wir
unseren Kalorienverlust wieder kompensieren. Die angebotenen Menüs waren wahrlich
Französisch und dies, obwohl die Eigentümer Holländer sind. Sie betrieben allerdings
schon ein Französisches Restaurant in den Niederlanden, bevor sie hierher
einwanderten. Das typisch Französische Mehrgänge-Menü wechselt täglich und
bietet trotzdem eine Auswahl von mehreren Vorspeisen, vier Hauptgerichten,
inklusive einem Vegetarischen Gericht und mehrere Nachspeisen. Die Küche ist
raffiniert und für diejenigen die lieber etwas einfacheres essen, werden an
einem separaten Schalter Pizzen und Take-Aways
angeboten. Ein- oder zweimal die Woche legt der Koch eine andere Platte auf und
verwöhnt seine Gäste mit Gerichten aus anderen Ländern. Wir liessen uns die
Indonesische Rijstafel nicht entgehen, wo wir eine
grosse Anzahl schmackhafter Gerichte kosten konnten, welche fast so schmeckten
wie im Ursprungsland, bloss nicht so scharf.
Wie
jeden Abend, wurde das Essen an einem grossen Gemeinschaftstisch serviert.
Dieser Abend wurde sogar noch von Life-Musik abgerundet, die von einem Paar
vorgetragen wurde, welches den ganzen Sommer in „La Petite Brenne“ verbringt.
Wie
immer war das Essen vorzüglich und zudem auch sehr gesellig, zumindest dann,
wenn man das Glück hatte, an einem mehrsprachigen Tisch zu sitzen, da die
meisten Gäste aus den Niederlanden stammen. Ihrem Ruf gerecht, sind die meisten
allerdings recht sprachbegabt und haben mit Deutsch oder Englisch keine Mühe,
nur ums Französisch versuchen sie sich gern etwas zu drücken! Wenn die
Gemeinschaftsessen nicht bereits um 19:00 Uhr, sondern wie in der Hochsaison
auch um 20:00 Uhr serviert worden wären, hätten wir sicher noch öfters davon
profitiert.
Wo
immer die Eigentümer einer Ferienanlage aus dem Ausland stammen, besteht das
Risiko, dass diese von ihren Landsleuten „ghettoisiert“
wird. Französisch zu kochen und die Gerichte zuerst in Französisch und dann
erst in anderen Sprachen aufzulisten, ist ein Detail wie „La Petite Brenne“
sicherstellt, dass jeder fühlt, dass er in Frankreich ist. Obwohl die meisten
Gäste aus den Niederlanden stammen, sind auf dem Anschlagbrett alle Animationen
ebenfalls zuerst in Französisch und erst in zweiter Linie in anderen Sprachen
notiert. Den verschiedenen Teilbereichen des Geländes wurden gezielt Französische
Namen gegeben. Diese sind alle auf hübschen kleinen Schildern, welche auf dem
ganzen Grundstück verteilt stehen, angeschrieben. Dies finden wir viel
charmanter, als was wir anderswo gesehen hatten, wo die Eigentümer zu vergessen
scheinen, dass die Landessprache hier eigentlich Französisch ist.
Weder reich, noch berühmt
Nicht
auf Französisch, sondern auf Englisch wurden wir von einem Paar aus
Grossbritannien angesprochen. Sie waren die allerersten Leser eines FKK Magazines, die auf uns zukamen, nachdem sie ein paar
unserer Beiträge gelesen hatten. Wir waren ziemlich überrascht und plauderten
recht lange mit Margaret und John, die selbst ein FKK Gelände betreiben: Pevors Farm Cottages, etwa 80km von London. Als wir 2003
begannen, Teile unseres langen Reiseberichtes dem Magazin „Naturist Life“ und
später auch anderen Magazinen zur Publikation zur Verfügung zu stellen, waren
wir zuerst etwas besorgt, dass wir danach dauernd erkannt würden, wenn wir uns
auf FKK Plätzen aufhalten. Die Aussicht von Normalbürgern als FKKler erkannt zu
werden, sorgte uns nicht, damit können wir gut umgehen, aber wir wollten
innerhalb der Naturistenbewegung nicht „zu bekannt“
werden. Da es ganze acht Jahre dauerte, bis wir zum ersten Mal angesprochen
wurden, war unsere Sorge grundlos gewesen. Dies sollte alle Naturisten
motivieren, andere an ihren interessanten Geschichten und Bildern teilhaben zu
lassen. Warum sollte jemand, der von FKK überzeugt ist, seine Philosophie nicht
mit anderen teilen?
Wir
hatten eine kurzweilige Zeit, da wir uns häufig mit unseren Nachbarn, oder mit
Leuten die wir an den Gemeinschaftsmahlzeiten kennenlernten, unterhielten. Ab
und zu luden wir jemanden zu einem Shake ein, oder wurden zu einem Apéro eingeladen. Die Sauna hingegen, war eher ein Ort der
Ruhe, als der Geselligkeit. Der Eintritt in die grosse holzbeheizte Sauna
kostete bescheidene € 1.50. Natürlich war auch hier der gesamte Nassbereich mit
fantasievollen Keramikarbeiten dekoriert. Auch die
Duschen waren sehr ausgefallen; es gab Kaltwasser-Eimer über den Köpfen,
tropische Regenwald-Duschen und ähnliches.
Mitte
Sept blieb „La Petite Brenne“ noch zehn Tage, bis die diesjährige Saison zu
Ende ging. Die Mietunterkünfte waren noch immer alle belegt, bei den
Campingplätzen hingegen, waren es nur noch etwa 10%. Die meisten
Dienstleistungen wurden aber aufrecht erhalten, darunter auch das immer noch
sehr beliebte Restaurant. So nahmen wir an unserem letzten Abend noch einmal an
einem französischen Gemeinschaftsmahl teil.
Da
das sehr warme Wetter auch an unserem Abreisetag anhielt, liessen wir uns nach
dem Packen noch etwas Zeit. Wir hatten uns dafür entschieden, die 700km
Autobahnfahrt zu unserem nächsten Ziel in zwei Etappen aufzuteilen. Deshalb
verabschiedeten wir uns in „La Petite Brenne“ erst um drei Uhr nachmittags.
Nach
2 ½ Stunden Fahrt verliessen wir die Autobahn bereits wieder und machten einen
kleinen Umweg nach La Roque Gageac, einem unserer
Lieblingsorte entlang der Dordogne. Wir übernachteten in derselben
Frühstückspension wie im Juli und schlemmten wiederum ein einem nahen
Gourmet-Tempel. Inzwischen herrschte hier eine ganz andere Atmosphäre. Die
meisten Touristen waren abgereist und die Campingplätze waren nun fast alle
geschlossen. Die Sonnenblumenfelder, die im Juli in voller Blüte gestanden
hatten, waren inzwischen abgeerntet und hinterliessen nicht einmal mehr eine
Andeutung des leuchtenden Blumenmeeres. Auf der anderen Seite zeigten die
ersten Bäume entlang des Dordogne-Ufers bereits einen Hauch bunter
Herbstfarben.
Am
nächsten Tag ging’s wieder auf die Strasse. Da es kaum Verkehr hatte, waren wir
umso mehr überrascht, dass die Autobahnraststätten und Pick-Nick Plätze südlich
von Toulouse um die Mittagszeit randvoll waren. Nun dauerte es weniger als zwei
Stunden, bis wir das Mittelmeer bei Perpignan erreichten.
Die FKK Dörfer von Port Leucate
Es
war der 17. September 2011, als wir Port Leucate
erreichten. Die freundliche Empfangsdame der Agence Oasis überreichte uns die Schlüssel
zu einem gut ausgestatteten Reihenhaus, welches wir vor ein paar Monaten
reserviert hatten.
Die
Gemeinde Leucate besteht aus vier räumlich getrennten
und sehr unterschiedlichen Siedlungen, von welchen jede eigentlich ein eigenes
Dorf ist. Das einzige natürlich gewachsene Dorf ist Leucate
Village. Es befindet sich im Norden, einige Kilometer
vom Meer entfernt. Bei den anderen drei handelt es sich um, als Feriendörfer
gebaute Siedlungen, entlang des Strandes. Zwischen Leucate
Plage im Norden und Port Leucate im Süden, befindet
sich ein ganzes Dorf nur für FKKler. Es liegt zwischen dem Strand und einem
Binnensee (étang) und besteht aus mehreren
Feriensiedlungen mit Wohnungen und Reihenhäusern.
Insgesamt
gibt es im “Village naturiste de
Port Leucate” etwa 1‘500 Wohneinheiten im
Privatbesitz. Viele davon können über Agenturen, wie beispielsweise Oasis, gemietet werden. Einige Eigentümer vermieten auch
direkt, doch ihre Preisvorstellungen liegen häufig über dem, was die Agenturen
verlangen würden, vor allem in der Nebensaison. Da die Agenturen während der
ganzen Saison im Geschäft bleiben möchten, sind ihre Preise naturgemäss sehr
konkurrenzfähig und zudem sind sie mit Tat und Rat zur Stelle.
Die
Bebauung der Naturistenzone begann 1974 und seither wurden und werden noch
immer neue Feriensiedlungen gebaut. Aphrodite
und Oasis sind die beiden grössten Anlagen.
Aphrodite ist sehr französisch, aber mit ausländischen Eigentümern und
Feriengästen gut durchmischt. Es gibt hier vor allem ein- und zweistöckige Häuser
und viele der Wohnungen wurden von ihren Besitzern um- oder angebaut. Von
vielen der Gebäude entlang des Binnensees sieht man auf den Kleinboothafen, der
ebenfalls zur FKK Anlage gehört. Im Zentrum von Aphrodite befinden sich, um
einen Platz angeordnet, mehrere kleine Geschäfte und Restaurants. Darunter eine
Metzgerei und eine ausgezeichnete Bäckerei, der wir jeden Morgen einen Besuch
abstatteten. Wir genossen dieses gute Angebot ganz in der Nähe zu haben. Da wir
aber in einer benachbarten Feriensiedlung wohnten, zahlten wir eine
Administrationsgebühr, um einen Schlüssel zu erhalten, was uns einen Umweg
ersparte. Ausser entlang des Strandes, sind hier alle Urbanisationen mit Zäunen
umgeben.
Die
Apartments in der danebenliegende Ferienanlage Oasis,
befinden sich vorwiegend in Deutscher- und Schweizer Hand, was auch für das
einzige Restaurant gilt. Wir hätten da gut noch etwas mehr französisches Flair
ertragen können. Die Siedlung ist ansprechend gestaltet und die Wohnungen, die
sich vorwiegend in drei- und vierstöckigen Gebäuden befinden, sind eher gross
und modern. Im Oasis ist der Gärtner nicht der
Mörder, sondern derjenige der WLAN-Codes fürs Internet verkauft.
Heisse Herbsttage am Strand
Weil
sich unsere Freunde Annemarie & Beat uns für zwei Wochen anschlossen,
hatten wir ein Reihenhaus am Binnensee gebucht. Die beiden trafen bereits an
unserem zweiten Tag mit dem Zug ein und wir brachten sie direkt in unser
Lieblingsrestaurant, um ihnen einen ersten Eindruck der Französischen Küche zu
vermitteln.
Als
wir ihnen diverse Möglichkeiten vorgeschlagen hatten, wo wir uns treffen
könnten, warnten wir sie, dass Port Leucate nicht nur
ein Paradies für Sonnenanbeter, sondern auch für Windsurfer ist, die wegen dem
oft stark blasenden Wind hierher pilgern. Es handelt sich um den Tramontane,
welcher sich regelmässig in den Pyrenäen aufbaut. Im Frühling fröstelt er die
Badenden oft auch an warmen Tagen und zwingt sie in windgeschützte Ecken.
Während des Sommers bringt er oft eine willkommene Abkühlung und im Herbst
benimmt er sich häufig wie ein echter Franzose; d.h. er streikt gerne und
viel...
An
unserem ersten Tag war es etwas bedeckt und es kamen ein paar Windböen auf,
allerdings bei 23°C. Annemarie & Beat rechneten mit dem Schlimmsten und
sorgten sich bereits, ob sie überhaupt je den Strand geniessen könnten. Dieser
Tag war aber nur ein winziger Unterbruch in einer sonst unglaublich windstillen
und warmen Wetterperiode entlang des gesamten Mittelmeeres. Die Einheimischen
sagten, dass es seit 20 Jahren nicht mehr so lange so schön war.
Für
uns beide, welche vorher im Landesinneren waren, wo wir erlebten, wie sich die
Ferienanlagen leerten, war es erstaunlich zu sehen, welche Menschenmassen der
Strand hier noch anzog. Auch die Wohnungen in den FKK Siedlungen waren noch
sehr gut belegt. Das Meer war noch so warm (etwa 23°-25°C), dass sich sogar
Annemarie dazu überwand, regelmässig ins Wasser zu gehen. Beat, als echte
Wasserratte, blieb regelmässig so lange im nassen Element, bis er schrumpelige
Haut kriegte. Er beherrscht es, für lange Zeit auf dem Wasser zu treiben, als
ob er auf einer Luftmatratze liegen würde. So wurde seine Haut noch brauner,
genau wie bei uns allen. Nachdem er, als Gelegenheitsnaturist, sich aber dazu
entschloss, auf Sonnencrème zu verzichten, färbte sich sein Hinterteil
allerdings sehr schnell leuchtend rot.
Wir
genossen regelmässige Spaziergänge entlang des 1,5km langen Strandes, während
denen wir uns immer wieder im Meer abkühlten. Unser Shaker bot uns eine weitere
Möglichkeit zur Abkühlung. Da es oft einfach zu schön war, um den Strand zu
verlassen, bot sich Heinz öfters an, sein A… zu erheben und verwöhnte den Rest
der Bande mit einem frisch zubereiteten Frucht-Smoothie, welches er in einer Eisbox die ~150 Meter von unserem Haus zum Strand brachte.
Die vielen neidischen Blicke, die sich jeweils auf uns richteten, wenn er die
grossen Gläser auspackte, halfen durchaus mit, das gesunde Getränk noch mehr zu
geniessen.
Mit
diesem wunderschönen Wetter waren unsere Freunde natürlich mehr als nur
zufrieden. Die vielen Vorschläge, welche wir ihnen für Ausflüge machten,
reizten sie kein bisschen mehr, als sich weiterhin in der Sonne zu aalen.
Ausser einem kurzen Besuch von Perpignan sahen wir vor allem Fisch und
Fleisch: entweder schwimmend und röstend am Strand, oder dann in einem
Restaurant, appetitlich angerichtet und gekocht.
Annemarie
und Beat bereuten es sicherlich nicht, dass sie sich uns ein zweites Mal für
einen FKK Urlaub anschlossen. Wir wunderten uns allerdings über ihre Folgerung,
gemäss derer sie meinten, dass nur „ältere Menschen“ FKK praktizieren. Als wir
nach den Gründen für ihre Feststellung suchten, fiel uns auf, dass momentan junge
Leute und Kinder wohl fehlten, weil kein Europäisches Land Ende September Schulferien
hatte. Wären sie noch eine Woche länger geblieben, hätten unsere Freunde
gesehen, dass es hier auf einmal viel weniger „oldies“,
dafür Familien mit Kindern und Teenagern hatte, aber auch junge Paare. Wir
mussten uns aber vor ihnen in Acht nehmen und unsere Zunge zügeln; viele sprachen nämlich Schweizerdeutsch.
Nachdem
Annemarie und Beat abgereist waren, blieb uns nur noch eine Woche im Haus in
Port Leucate. Bald hatten wir wieder ein paar windige
Tage, aber bei 30°C waren diese gut zu ertragen. Nun profitierten wir noch von
den Probierstuben der vielen Austernzüchtern, die sich direkt neben der FKK Zone
angesiedelt haben.
Für
uns war Port Leucate ein perfekter Abschluss unserer
Tour durch verschiedene Französische Naturistengelände. Wir genossen es sehr,
dass Oasis und Aphrodite sogar anfangs Oktober alles
andere als tot waren. Als wir am 8. Oktober abreisten, war die Bäckerei zwar
nur noch einen Tag offen, doch der kleine Casino Supermarkt hielt seine Türen
noch zwei Wochen lang geöffnet. Natürlich wurde das Angebot noch etwas weiter
reduziert. Es ist aber alles relativ; auch jetzt wurden noch zehnmal mehr
verschiedene Artikel angeboten, als in den Läden der Ferienanlagen, in denen
wir den Hochsommer verbracht hatten!
Schlussgedanken zu unserem Naturisten-Sommer
Der
diesjährige aussergewöhnlich heisse Frühling, Spätsommer und Herbst war mehr
als nur Kompensation für die unerwartet kühlen Hochsommerwochen. Dieses Jahr
hatten sicherlich all diejenigen das Nachsehen, für die Sonnenbaden und
Schwimmen ausserhalb der wenigen Hochsommerwochen aus Prinzip nicht in Frage
kommt.
Es
war eine gute Erfahrung, wieder einmal den ganzen Sommer in Französischen FKK
Ferienanlagen zu verbringen. Dabei wurde uns auch bewusst, wie kurz die
Touristen-Saison eigentlich ist. Obwohl FKK Gelände im Allgemeinen etwas länger
auf Gäste zählen können, als herkömmliche (textile) Ferienanlagen, wachsen auch
dort die Bäume nicht allzu lange in den Himmel. Nur die wenigen, welche sich
nicht ausschliesslich auf Camping konzentrieren, sondern auch Mietunterkünfte
anbieten, können für mehr als nur die paar Hochsommerwochen auf gute Belegung
hoffen – aber nur, sofern sie konkurrenzfähige Preise anbieten!
Das
Betreiben einer FKK Ferienanlage ist für die meisten Eigentümer sowieso eher
ein „lifestyle-business“, als ein Profitzenter. Dafür
werden sie mit Gästen belohnt, welche sich ganz anders, und nicht nur viel
natürlicher verhalten, als diejenigen, die man in traditionellen Ferienanlagen
trifft. Mehrmals fiel uns auf, dass auf gewöhnlichen Campingplätzen fünfmal
weniger Leute locker zehnmal mehr Lärm produzieren, als diejenigen Gäste welche
sich für FKK Gelände entschieden haben. Wir bereuen es auf jeden Fall nicht,
dass wir unsere Badekleider entsorgten und viel Zeit „ganz ohne“ verbringen…
Fahrt durchs Zentralmassiv
Am 8.
Oktober 2011 fuhren wir nordwärts los, um die Durchquerung des Französischen
Mittelgebirges in Angriff zu nehmen. Beim vorgängigen Studium einiger
Touristenbroschüren war uns der Salagou Stausee
aufgefallen und jetzt sahen wir, wie nah wir daran vorbeikämen. Spontan verliessen
wir die Autobahn, und machten einen kleinen Umweg um ihn zu sehen. Auf unserer
Regionalen Strassenkarte entdeckte Brigitte ein kleines Strässchen, und schon
bald „verklemmten“ wir uns im ersten Dorf. Während wir versuchten zu wenden,
kam ein freundlicher Herr auf uns zu. Er schüttelte uns gleich die Hand und stellte
uns nicht nur sich selbst, sondern auch noch die touristischen Höhepunkte der
Region vor. Dann schlug er uns vor, das Auto einfach stehen zu lassen und ihm
zu Fuss zu folgen. Es sei nur noch ein kurzer Weg bis er uns genau das zeigen
könnte, was er glaube, sei was wir suchten. Langsam dämmerte uns, dass er wohl
glaubte jemand anders vor sich zu haben. Es stellte sich heraus, dass er ein
Immobilienmakler war, der sich hier mit potenziellen Kunden aus dem Ausland
verabredet hatte – und da kamen WIR daher, zwar nicht im Rolls-Royce, sondern
in einer Dacia…
Kein Problem, wir folgten jedenfalls seinen touristischen Ratschlägen und
fuhren auf einer schmalen Schotterpiste entlang des Salagou
Sees. Es war unglaublich schön: grünes Wasser eingebettet in ungewöhnlich rote
Hügel. Diese Staubpiste war viel lohnenswerter, als die Rückfahrt auf der
Hauptstrasse entlang des gegenüberliegenden Ufers.
Auf
unserer Weiterfahrt nordwärts, sahen wir später den beeindruckenden Viadukt von Millau, welcher im Dezember 2004
eingeweiht worden war. Wir waren erfreut, dass das Besucherzentrum, für das
kein Eintritt erhoben wird, auch am Samstag bis 19:00 Uhr geöffnet war. Der
Film über den Bau der 2.4 km langen Brücke mit ihren 7 Betonpfeilern, war sehr
lehrreich. Das Viadukt überspannt den Talboden auf einer beeindruckenden Höhe
von 270 Metern und die höchsten Pfeiler schiessen bemerkenswerte 343 Meter in
die Höhe. Obwohl dies eine wirklich schöne Brücke ist, entschieden wir uns für
ein Bett in einem Hotel, und dieses stand nicht einmal unter dem “Viaduc de Millau”.
Am nächsten
Morgen führte unsere Fahrt durch die wahrlich spektakuläre “Gorge
de Tarn”. Obwohl das Wetter nicht perfekt war, stoppten wir unzählige Male um
die Gegend so richtig in uns aufzunehmen. Die enge Strasse führte oft durch
kleine Tunnels, welche aus dem nackten Fels gehauen waren. Viele winzige
Siedlungen konnten nur mit simplen Seilbähnchen erreicht werden, welche sich
über die Schlucht spannten, ausser man wollte schwimmen. Auf dem uralten
Gestein sah man vielerorts die Spuren der Gletscher in Form von Felsenkesseln
oder Steinsäulen. Viel älter als die kleinen Weiler mit ihren ganz aus Stein
gebauten Häusern (nicht nur Wände, sondern auch Dächer), sind die Überbleibsel
der Troglodyt-Höhlenwohnungen hoch über
dem Fluss.
Am Abend endeten wir in der Ortschaft „Les Vans“, welche sich ganz zufällig in
der Nähe von „St. Paul le Jeune“ befindet, wo wir
einen Gourmet-Tempel kennen, dem wir nicht widerstehen konnten.
Pässefahrt durch die Französischen Alpen
Am
nächsten Morgen erreichten wir bald den Thermalkurort Vals und fuhren durch
eine herbstlich gefärbte Landschaft weiter. Nachdem wir vulkanische Felsen
unterhalb des hübschen Ortes "Antraigues sur Volane“ inspektiert hatten, kamen wir über einsame Bergstrassen
weiter durchs Zentralmassiv, bis ins Rhonetal. Auf der anderen Seite erklommen
wir die nächsten Gebirgszüge und wurden mit einer tollen Aussicht über das Vercors-Gebirge belohnt. Nach der ersten
Passhöhe mussten wir uns leider für 20 Kilometer durch eine dicke Nebelbank
quälen. Für die nächste Übernachtung fuhren wir hinunter nach „La Chapelle en
Vercors“, wo wir ein rustikales Hotel fanden. Seltsamerweise war dieses
überschwemmt mit anderen Touristen aus der Schweiz. Es scheint so, als ob die
Franzosen im Herbst nicht Urlaub machen und bereits auf der Anfahrt war uns
aufgefallen, dass viele Hotels in den Ferienorten geschlossen hatten. Trotz
seiner guten Belegung schloss auch „unser“ Hotel bereits am nächsten Tag seine
Tore. Zum Glück wurde aber noch gut eingeheizt, denn die Aussentemperatur war
inzwischen auf etwa 7°C gefallen. Kein Wunder; wir befanden uns hier auf fast
1‘000 Metern über Meer und waren umgeben von hohen Berggipfeln.
Als
wir am nächsten Tag aus dem sich lichtenden Nebel herausfuhren, kamen wir bald
durch einen kleinen Tunnel. Am anderen Ende wurden wir mit einer wahrhaft fantastischen
Aussicht beglückt. Dies war nun die Passhöhe des „Col de Rousset“. Kurz hinter „Die“ kamen wir
durch die sehr enge Felsschlucht „Gorge
de Gats“. Dahinter eröffnete sich eine weite
Ebene mit tollem Panorama auf die Berge bei Mens. Wir
übernachteten im ruhigen Skiort „Le Bourg d’Oisans“. Obwohl wir früh dran waren, mussten wir recht
lange Türklinken polieren, bis wir endlich eine Unterkunft fanden. Die gesamte
Stadt schien (bis zum Winter) im Winterschlaf zu sein. Schlussendlich hatten
wir Glück und kriegten als einzige Gäste einer riesigen Jugendherberge, ein neu
möbliertes Studio.
Nachdem
uns die Kellnerin des Frühstücks-Cafés dazu motivierte ins Wintersportort „Alpe
d‘Huez“ hinaufzufahren, welches hoch über dem Tal thront, entschieden wir uns,
dies zu tun. So faszinierend die Fahrt über die 21 Haarnadelkurven auch war, so
tot war hingegen der Skiort. Wir können uns gar nicht vorstellen, wie es hier
aussehen mag, wenn es in dieser Geisterstadt von 36‘000 begeisterten
Winterurlaubern wimmelt.
Nachdem
wir wieder zurück gefahren waren, kamen wir später auf dem Weg zur Passhöhe des
„Col Glandon“ am
bildhübschen Stausee „Grand Maison“ vorbei. Sein unglaublich türkis-grünes
Wasser bot einen tollen Kontrast zu den gold-orangen
Herbst-Bäumen, die an seinem Ufer standen. Auf dem Pass angekommen, begeisterte
uns zuerst die tolle Aussicht, welche bis zum majestätischen Mont Blanc reichte, waren danach aber etwas enttäuscht, als
wir das Schild sahen, auf dem es hiess: „Strasse wegen Bauarbeiten gesperrt“.
Zum Glück mussten wir aber bloss ein paar hundert Meter zurückfahren, bis wir
die Strasse zur Passhöhe des “Col de la Croix de Fer“ erreichten. Wir hatten diesen bereits vor 8
Monaten von der anderen Seite her bezwungen, doch er bot auch in diese Richtung
ein genauso wunderbares Panorama. Wir kurvten von 2‘067 Metern Höhe hinunter
ins Arvan Tal und dann wieder hinauf zum
nächsten Pass, dem „Col de la Madeleine“. Entlang des ganzen
Weges sahen wir immer wieder beeindruckende Schieferberge.
Als
wir Chamonix, unseren letzten Übernachts-Stopp in
Frankreich erreichten, war es schon recht spät. Dank ausländischer Touristen
und auch der vielen Leute, die permanent hier wohnen, war es in dieser Stadt
bei weitem nicht so ruhig wie in den anderen Skiorten, in denen wir die letzten
Tage durchgekommen waren. An diesem Abend machten wir genau das, was wir schon
vorher an unserem letzten Abend in Spanien, ebenfalls in einem Skiort, auch
machten: wir verwöhnten uns in einem Japanischen Restaurant mit Sushi.
Am
nächsten Morgen fuhren wir weiter in die Schweiz, wo wir uns ein paar
Ferienwohnungen in den Bergen organisiert hatten – weit weg von Familie und
Freunden. Darüber erfährst du dann mehr in unserem nächsten Reisebericht.
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