Reisetagebuch Kapitel 24
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Reisetagebuch Kapitel 24 [März 2013 - Oktober 2013]
(Als Touristen in Grossbritanniens, als NaTouristen durch Benelux & Frankreich)

Teil 1 als PDF: Grossbritannien: ein vielfältiges Land mit vielseitiger Kultur, dazu ein wenig Benelux (NL & L) + Frankreich
Teil 2 als PDF: Französische Atlantikküste: ein Sommer im Naturkleid

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Grossbritannien: ein vielfältiges Land mit vielseitiger Kultur

Am 1. März 2013 gingen wir an Bord von Brittany Ferries‘ grosser Autofähre Armorique, die uns über den Ärmelkanal nach Grossbritannien bringen sollte. Obwohl das Boot von einer Französischen Gesellschaft betrieben wird, erschien uns schon die Buchung sehr Britisch. Titel wie Herr und Frau sind wirklich nur für Normalbürger gut genug und so schlug uns die Internet-Buchungsmaske ehrenwertere Titel vor, wie z.B. Lady, Lord, Sir oder Reverend. Da „nackte Königin und König“ nicht zur Verfügung stand, entschieden wir uns für diejenigen Titel, die für deutschsprachige Zeitgenossen vorgesehen sind. Ironischerweise entdeckten wir, dass Ehren- und Adelstitel nur auf der Englischen Website vorgeschlagen werden, auf der Deutschen hingegen bloss simpel Herr und Frau zur Auswahl stehen.

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Cornwall: zwischen Hecken zu faszinierenden Küsten

Bei Sonnenuntergang legte unsere Fähre in Plymouth an. Vorsichtig tasteten wir uns ans Fahren auf der falschen Strassenseite heran – für uns zum ersten Mal mit einem Fahrzeug, das dafür gebaut war, auf der rechten Strassenseite zu fahren. Zudem mussten wir uns daran gewöhnen, die Distanz-, sowie die Geschwindigkeits-Tafeln von Meilen ins metrische System umzurechnen.

 

Für diesen Abend hatten wir im Badeort Looe ein Zimmer in einer B&B Frühstückspension reserviert, die wir nach einer Stunde erreichten. Das Dorf klebt beidseitig an den Hängen über einem Meeresarm, der als Hafen dient. Im Sommer muss es hier sehr touristisch sein, aber momentan war es gerade perfekt: nicht zu überlaufen, aber trotzdem mit einer guten Auswahl an Lokalen. Wir entschieden uns für chinesische Küche und schauten uns am nächsten Morgen nochmals im Dorf um, bevor wir unsere Rundreise durchs Vereinigte Königreich starteten.

 

Nach wenigen Meilen erreichten wir Polperro. Hier wurden wir vom ersten von Millionen von „pay and display“ Schildern begrüsst. Für uns waren die vier Pfund Parkgebühr (€ 5) ein kleiner Schock, erst recht für so ein kleines Dorf. Während der nächsten Wochen gewöhnten wir uns (widerwillig) daran und waren nicht einmal mehr überrascht, wenn es mehr kostete, sei es in Städten, oder an einsamen Aussichtspunkten – wir bissen in den sauren Apfel und zahlten. Die Münzverwaltung wurde zur echten Herausforderung, da immer ein genauer Betrag verlangt wird. Wenn eine Stunde £ 4 und drei Stunden £ 6 kosten, erhält man für £ 5.95 immer noch bloss eine Stunde. Pech, wenn man keine 5p-Münze im Geldbeutel findet. Wir müssen aber anfügen, dass die Parkplätze immer gut ausgeschildert sind und dort oft saubere Toiletten kostenfrei zur Verfügung stehen.

 

Polperro selbst ist ein ansprechendes kleines Hafennest, obschon für unseren Geschmack etwas überbewertet. Sogar anfangs März sahen wir dort mehr Touristen, als Einheimische. Da Cornwall für sein mildes Klima bekannt ist, strömen ganzjährig Besucher hierher. Die meisten Strassen sind eng und es kann zu einer Herausforderung werden, mit entgegenkommenden Fahrzeugen, oder sogar Ross und Reiter zu kreuzen. Dankdem die meisten Briten auch motorisiert gentlemen-like zuvorkommend sind, ist das Fahren auf diesen engen Strassen nicht so nervenaufreibend.

 

Der Name für die Halbinsel Cornwall hat wohl seinen Ursprung von den Cornish Pies (eine lokale Spezialität) und den von Mauern umgebenen Strassen. Es stimmt: hierzulande sind nicht nur Städte, sondern ganze Strassenzüge ummauert – mit sogenannten Cornischen Hecken! Egal ob die Strasse zwei- oder sechs Meter breit ist: die meisten Strassen sind gesäumt von „Mauern“ aus Hecken, welche bis zu sechs Meter hoch sein können und ohne Abstand direkt am Strassenrand stehen. Dabei waren sie ja jetzt noch ohne Blätter und frisch geschnitten, was heisst, dass die Strassen im Sommer noch viel enger sein werden. Die Schönheit der Landschaft bleibt zu einem grossen Teil hinter solchen Hecken versteckt und nach jeder Kurve muss man damit rechnen, dass ein Anwohner durch eine kleine Öffnung in der Wand aus Cornischen Hecken, auf die Hauptstrasse einbiegt. Nun gut, wenn man es einmal geschafft hat, das Meer zu erreichen, der Parkplatz bezahlt und das Ticket hinter der Windschutzscheibe platziert ist, wird man der ganzen Küste entlang immer wieder mit atemberaubender Aussicht belohnt.

 

Am Abend fanden wir ein nettes B&B in Penzance, wo wir zwei Nächte blieben und von dort die Umgebung erkundeten. Auf einem der Ausflüge kamen wir ins nahegelegene Dorf Mousehole. Dieses liegt wunderschön an seinem Hafen, aber die Durchfahrt strapazierte unsere Nerven. Auch hier waren die Strassen wieder sehr eng und da die Anwohner, ausser auf der Strasse, keine Parkmöglichkeit haben, ist ein Durchkommen fast nur möglich, wenn die anderen Verkehrsteilnehmer in ihrer Britischen Gentleman-Stimmung sind und einem passieren lassen. Das Durchzwängen wird zu einer reinen Angelegenheit von „nehmen und geben“ von Möglichkeiten und fühlte sich eher an, als müsste man sich durch ein Schlüsselloch zwängen – in Tat und Wahrheit ist Mousehole nur eines von unzähligen „Schlüsselloch-, bzw. Mausloch-Dörfern“ im ganzen Land.

 

Als wir es dann endlich geschafft hatten, den Rand der Klippen zu erreichen, öffnete sich vor unseren Augen eine dramatische Küstenlandschaft. Die Aussichtspunkte beim Lizard Point und etwas weiter westlich, bei der Kynance Cove, waren einmalig. An beiden gab es zerklüftete Klippen, wo sich aus dem bröckelnden Gestein Felsnadeln und andere beeindruckende Formationen gebildet hatten. Es wehte zwar eine steife Brise, doch wir waren froh, dass es wenigstens trocken blieb. So zogen wir uns warm an und wanderten bei allen Aussichtspunkten ein Stück in jede Richtung.

Land’s End, Grossbritanniens westlichster Punkt, war genauso schön und hatte mehrere Felsbogen. Leider versucht ein riesiger Touristenkomplex die Besuchermassen von der Schönheit der Natur abzulenken (…abzuzocken) Wenn die Leute hierher strömen, nur weil dies der westlichste Punkt ist, ist es allzu einfach den Narren das Geld aus der Tasche zu ziehen. Warum sollte man es nicht versuchen? Bezahlen muss man ja eigentlich nur für den Parkplatz, sonst ist es jedem freigestellt, ob er direkt an die Küste, oder in die Touristenfallen geht.

Der hochgelobte Touristenort St. Ives war in unseren Augen wiederum etwas überbewertet. Die Tatsache, dass es hier ausserordentlich touristisch ist, verleiht dem Dorf keine zusätzliche Schönheit. Das Städtchen Penzance, wo wir übernachteten, fanden wir viel charmanter.

 

Cornwall’s Nordküste: bei Sonnenschein besonders malerisch

 

Als wir weiterfuhren und unsere Tour durch Cornwall fortsetzten, sahen wir endlich die Sonne. So hielten wir nun noch häufiger an. Als erstes in der Ortschaft Hayle, wo es einen malerischen Binnensee mit vielen Wasservögeln gibt. Nur wenige Meilen weiter östlich, sahen wir im Naturreservat St. Gothian Sands faszinierende Sanddünen und Teiche. Nicht lieblich, sondern eher dramatisch waren die Klippen beim „hell’s mouth“ in der Nähe von Camborne.

 

Kurze Zeit später bestaunten wir die hohen, zerbrechlich aussehenden Felsbogen am Strand von Perranporth. Je höher uns der Pfad über den Strand führte, desto mehr beeindruckende Felsbogen kamen in Sicht. Es war gerade Ebbe und so war der riesige goldene Sandstrand ausgesprochen breit. Als bei uns Hunger aufkam, erreichten wir gerade das Steindorf Tintagel. Es ist zwar etwas touristisch, aber es gibt hier ein paar einzigartige graue Steingebäude, die dem Ort einen speziellen Charakter verleihen. Wie immer, sind wir nicht nur an den Sehenswürdigkeiten, sondern auch an den einheimischen Spezialitäten interessiert. Hier verwöhnten wir uns einmal mehr mit „Cream Tea“, eine leckere Süsspeise, die Cornwall ins gesamte Königreich – inklusive Down Under „exportiert“. Frisch gebackene Scones (eine Art Milchbrötchen oder Teegebäck) werden in der Mitte auseinandergebrochen und grosszügig mit „Clotted Cream“ (Streichsahne) und Marmelade bestrichen. Traditionellerweise trinkt  man dazu natürlich Tee, heutzutage ist aber auch Kaffee beliebt. Eine weitere lokale Erfindung sind „Cornish Pasties“; Fleisch und/oder Gemüse eingebacken in Mürbteig. Auch die grosse Auswahl an schmackhaften Käsesorten stach uns in ganz Grossbritannien ins Auge; es gibt viel mehr, als nur Cheddar!

 

Gut gestärkt fuhren wir weiter ostwärts und stoppten als nächstes in Crackington Haven. Es gibt hier eine faszinierende, den Gezeiten unterworfene Meereslandschaft, die bei Ebbe begangen werden kann. Sie besteht aus schwarzen, sichtbar gefalteten Gesteinsschichten aus schieferhaltigen Sedimenten und kohlehaltigem Sandstein. Teilweise sieht es hier aus wie ausgekühlte Lava und in anderen Abschnitten, als ob ein 10 Meter hoher, schwarzer Teig beim Erhitzen seitwärts zusammengesackt wäre. Zwischen den Schichten entstanden viele Rock Pools, wo es nur so von Seegras, lebenden Muscheln und Seeschnecken wimmelt.

 

Wir übernachteten in einem B&B, das sich eher wie ein Backpacker’s Hostel auf einer Lifestyle-Farm anfühlte. Es befand sich ausserhalb von Bude, Cornwalls’s Grenzort zur Nachbarsprovinz Devon. Auf Empfehlung unserer Gastgeber, nahmen wir das Risiko in Kauf und fuhren zum Abendessen in ein Pub. Wir haben es nicht bereut, da das empfohlene Lokal eher ein Gastro-Pub war, als ein lautes Sauflokal, wo auf riesen Bildschirmen Sportübertragungen laufen. Natürlich gab es auch hier all den, in Trinkgaststätten servierten, Pubfood aus der Fritteuse, den die Engländer landläufig als „Pub grub“ schönreden. In unserem Pub fanden wir aber auch ein paar gesunde und schmackhaft zubereitete Alternativen. An anderen Abenden profitierten wir oft davon, dass man in den meisten Ortschaften Grossbritanniens, selbst in kleinen, mindestens ein Asiatisches Restaurant findet. Am meisten verbreitet ist die Indische Küche, aber auch Chinesische und Thailändische gibt es oft und mit etwas Glück trifft man sogar auf Japanische, Malaysische oder andere Exoten, die gute gesunde Gerichte anbieten.

 

Erkunden der Küste von Devon und Somerset: steile Hügel und Touristenzüge

 

Unseren ersten Halt am nächsten Tag, mittlerweile unserem fünften im Land, legten wir in Ilfracombe ein. Dies ist ein grosser Bade- und Ferienort in Devon. Sein Stadttheater nennt sich Landmark Theater und ist mit seinen zwei grossen und einem kleinen Kegel in der Tat ein Wahrzeichen. Es bekam den Übernamen „Madonna’s Büstenhalter“, doch man muss schon sehr prüde sein, wenn einem diese Betonkonstruktion die Fantasie dermassen anregt…

Die natürlich gewachsene Stadt besitzt viele schöne, grosse Häuser, die am Hang über Ilfracombes malerischem Hafen kleben. Ein grosser Hügel, der als steile Klippe zum Meer hin abfällt, schützt den Hafen und Teile der Stadt gegen die Launen des Ozeans.

 

Weiter ostwärts konnten wir bis Combe Martin viele weitere dramatische Felsformationen und Klippen bewundern. Von dort führt die Strasse A39 über steile, grasbewachsene Hügel rauf und runter, bis sie bei Lynton wieder aufs Meer trifft. Nachdem wir dort parkten, nahmen wir den Fussweg hinunter zur kleinen Siedlung Lynmouth, die etwa 250 Meter tiefer liegt. Dort gibt es mehr Touristengeschäfte als Einwohner, von den Touristenmassen ganz zu schweigen. So fügten wir uns den Erwartungen der Touristenindustrie und nahmen die Standseilbahn für den Retourweg, um zu verhindern, dass wir an diesem sonnigen, 4°C warmen Tag zu heiss bekämen.

 

Auf dem Weg nach Porlock Hill kamen wir durch den Exmoor Nationalpark. Eine steile Strasse, mit einem Gefälle von bis zu 25% führt von 400 Metern Höhe hinunter zum Dorf auf Meereshöhe. Schwere Fahrzeuge und Wohnmobile müssen über eine gebührenpflichtige Strasse fahren, die weniger steil hinunter nach Porlock führt. Da unser Billigauto Dacia auch mit 100‘000 km noch mit den Fabrikseitig montierten Bremsbacken fährt, entschieden wir uns für die steile Strasse. Steigungen von 25% oder gar noch mehr sind in ganz Grossbritannien nicht unüblich und meist kann man sie nicht umfahren.

 

Es dauerte nicht lange bis wir Porlocks Dorfparkplatz erreichten, wo wir mit vielen „pay and display“ Schildern begrüsst wurden. Es genügt aber nicht, nur die Parkuhr zu füttern. Man muss sich auch an eine Reihe von Regeln halten, welche auf dem „Menü der Parkbussen“ säuberlich aufgelistet sind. Auf den meisten Parkplätzen sind etwa 15, mit einem Preis versehenen Gesetzesübertretungen aufgeführt, wie beispielsweise: Parken ausserhalb des markierten Feldes, Parken ausserhalb der Öffnungszeiten des Parkplatzes, Reparieren oder Reinigen eines Fahrzeuges, Kochen auf dem Parkplatz, Parken in einem Feld, das einer anderen Fahrzeugklasse zugedacht ist, oder Parken in einem Parkfeld aus einem anderen Grund als demjenigen, für den der Parkplatz vorgesehen ist!!! Natürlich ist es auch verboten übermässigen Lärm zu machen, da sonst diejenigen gestört werden könnten, die das Risiko eingehen, gebüsst zu werden, weil sie auf dem Parkplatz schlafen.

Es ist auch klar und deutlich aufgeführt, wieviel Rabatt man kriegt, wenn man eine allfällige Busse innerhalb von ein paar Tagen bezahlt. Nachdem wir das Menü studiert hatten und sicher stellten, dass nach bestem Wissen und Gewissen alles so ist wie es sein sollte, schlenderten wir durch das hübsche Örtchen Porlock mit seinen vielen Strohdachhäusern.

 

Wir fuhren noch etwa 8 Meilen weiter, bevor wir in Dunster übernachteten. Hier fanden wir nur ein Zimmer in einem Pub und dieses war nicht ganz so ansprechend wie diejenigen in den B&B Unterkünften vorher. Das Abendessen, das wir in einem Hotel einnahmen, war hingegen himmlisch. Als wir die Kellnerin fragten, ob der Koch aus der Region sei, antwortete sie: „nein, er ist Franzose!“ Das Dorf Dunster war irgendwie unauffällig, aber hübsch. Es gab hier eine spezielle Markthalle, einen runden Taubenturm, ein paar Strohdachhäuser, sowie ein grosses Schloss.

Nach ein paar aufeinanderfolgenden Tagen mit Sonnenschein, kam der Nebel und der Regen zurück. Dies war aber nicht weiter schlimm, da wir nun ins Stadtleben eintauchen wollten. Auf unserem Weg nach Wales schlenderten wir eine Weile durch die ansprechende, lebhafte Ortschaft Bridgwater in Somerset.

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Wales Teil 1: die Hauptstadt im Süden und der naturbelassene Norden

Cardiff: die malerische Hauptstadt von Wales

 

Am 6. März 2013 erreichten wir Cardiff, die imposante Kapitale von Wales. Wir fanden die perfekte Unterkunft und erst noch mit eigenem Parkplatz; ein Zimmer in einem Backpacker’s Hostel an super Lage, direkt neben dem Stadtzentrum. Wir genossen es, dass wir alles zu Fuss erkunden konnten, von den imposanten Gebäuden in der Altstadt bis hin zu den modernen Bauten an der Cardiff Bay, etwa eine Meile südlich. Das Stadtzentrum war sehr lebhaft und es gab viele Kaffeehäuser. Anständiger Kaffee wird hier in Cardiff viel öfters angeboten, als sonstwo in Grossbritannien und dies gefiel uns natürlich.

Die meisten Strassen im Zentrum gehören zur grossen Fussgängerzone und sind von prächtigen Stadthäusern aus verschiedenen Epochen gesäumt. Wir nahmen uns Zeit und verbrachten drei Tage in dieser schönen City, wo es erstaunlich viele Einkaufszentren gibt; ein paar moderne Malls, aber auch altmodische Arkaden, wo die schmalen Gassen zwischen den Geschäften mit bunt verzierten Glasdächern überdeckt sind. Natürlich heisst eine „Queens Arcade”, eine andere “Castle Arcade”, dann gibt‘s, wie in den meisten andern Städten auch; eine “Duke-”, sowie eine “High Street”.

In Cardiff hat es immer noch eine Markthalle mit kleinen Ständen, wo sich die Leute noch kennen, obwohl die Stadt 350‘000 Einwohner zählt. Genau in diesem „Central Market“ schnappten wir ein besonders krasses, aber typisches Beispiel von sarkastischem Britischem Humor auf. Zwei alte Damen, die beide deutlich über achtzig waren und am Stock gingen, wurden von einem Standbetreiber lachend, mit folgenden Worten begrüsst: “oh my God, you’re still alive, the pair of you?” (Oh mein Gott, lebt ihr beide immer noch?)

 

Im Allgemeinen erlebten wir die Engländer/-innen genauso wie sie im Buche stehen: humorvoll, rücksichtsvoll und hilfs-bereit. Es erschien uns jedoch, als ob sich am Freitagabend viele über’s Wochenende zu unberechenbaren Zeitgenossen verwandelten. Trinkgelage und „Pub Crawling“ (Sauftouren) sind zur landesweiten Besessenheit ausgeartet, vor allem, aber nicht nur bei den Jungen. Um diese Leute vor sich selbst zu schützen, werden ganze Stadtquartiere für den Verkehr abgeriegelt und die Polizeipräsenz massiv erhöht. Überwachungskameras findet man an jeder Ecke, sogar in kleinsten Dörfern. Unserer Ansicht nach wäre es erfolgversprechender, alkoholbedingte Probleme dadurch zu lösen, dass man die Einstellung der Gesellschaft gegenüber der Trunkenheit ändert, statt alle immer und überall zu überwachen. Wer sich voll laufen lässt, sollte nicht noch damit angeben können, sondern sich dafür schämen müssen.

 

Nach dem Abendessen marschierten wir am Freitagabend bei kühlen 2°C durch die Strassen. Genauso wie andere Touristen, wunderten wir uns über die vielen leichtbekleideten jungen Frauen; diese naiven Püppchen sahen eher aus wie Nutten. Sexy „Jagd-Uniformen“ scheinen typisch für prüde Gesellschaften. Fehlende sexuelle Aufklärung führen, zusammen mit übermässigem Alkoholkonsum dazu, dass mehr als 30% der weiblichen Teenager Grossbritanniens schwanger werden. Vergleicht man diese Zahl mit den noch konservativeren USA, wo 52% der unter 19 jährigen schwanger werden, steht Grossbritannien noch nicht so schlecht da. Wenn man jedoch bedenkt, dass in Ländern wie Schweden, den Niederlanden oder der Schweiz die Jugendschwangerschaftsrate bei 6% liegt und sogar bei den heissblütigen Italienern und Spaniern immer noch unter 8%, fragt man sich doch, weshalb es bei den Engländern 30% sind! Auf der ganzen Welt gehen junge Leute gern auf Partys, wo liegt nun die Ursache des Problems?

 

Cardiff Bay: erfrischend modern

 

Die Briten mögen es, in Reihenhäusern zu wohnen und in Cardiff gibt es grosse Quartiere in denen die Strassen von solchen Häusern gesäumt sind. Sie sehen sich alle sehr ähnlich und die meisten machen, mit ihren kleinen Gärtchen, einen adretten Eindruck. Als wir zur Cardiff Bay schlenderten, passierten wir viele Strassen mit solchen Reihenhäusern. Ganz in der Nähe war ein grosses Moslemquartier und dort herrschte eine ganz andere Atmosphäre. Es war Freitag und die Männer kehrten gerade in ihren traditionellen Gewändern vom Gebet in der Moschee zurück. Die Geschäfte in diesem Quartier befriedigten die Bedürfnisse der Islamischen Gemeinschaft, wie z.B. Metzgereien oder Kebab Imbissbuden mit Halal Fleisch oder Friseure für Männer.

 

Nicht viel weiter, betraten wir schon wieder eine ganz andere Welt: Cardiff Bay, die ehemaligen Docks. Ab 1830 wurde hier Kohle in grossen Mengen verladen, aber während des I. Weltkriegs ist dieses Geschäft abgeflaut. Danach verkamen die Docks zu einer gezeitenbeeinflussten Sumpflandschaft und es muss dort zeitweise grässlich nach Abwasser gestunken haben. Wir lasen, dass die dortige Wohngegend einen ziemlich schlechten Ruf als multikultureller Schmelztiegel und Rotlichtmilieu hatte. Nach längeren Planungs- und Bauphasen war die Umgestaltung des gesamten Gebietes 1999 abgeschlossen. Ein Gezeitensperrdamm hält nun das Wasser von zwei Flüssen in einem grossen Frischwassersee zurück. Dadurch wurde das trockengelegte Land entlang des neuen Ufers zu einem Spielplatz für Architekten. Bislang entstanden dort etwa ein Dutzend ultramoderne Gebäude. Eines davon ist das Sitzungsgebäude des Parlaments von Wales, das gebaut wurde, nachdem dieser Provinz von Grossbritannien eine limitierte Selbstverwaltung zugestanden wurde. Den Walisern scheint es jedoch mit der Unabhängigkeit nicht allzu ernst zu sein. Ansonsten wäre das neue Parlamentsgebäude wohl kaum von einem Englischen Lord entworfen und von Queen Elisabeth II offiziell eröffnet worden.

Ein weiteres bemerkenswertes Gebäude in der Cardiff Bay, ist das Millenium Centre, ein modernes Theater, das erst 2009 eröffnet wurde. Weiter findet man dort den Mermaid Quay, ein Wasserfront-Komplex mit Restaurants und Geschäften.

Kaum ein Gebäude hat die Umgestaltung überdauert, zwei wurden aber liebevoll restauriert: eine Norwegische Holzkirche, sowie das stattliche „Pierhead Building“, das zur Zeit des Kohleverlads als Firmensitz diente.

 

Britische Essgewohnheiten: lieber schnell, als gesund

 

An einem regnerischen Tag fuhren wir von Cardiff an die Nordwestküste von Wales. Im Landesinnern kamen wir durch landwirtschaftlich genutztes, sattgrünes Land mit steilen Hügeln. Sobald wir die Küste erreichten, war die Sonne da und die Meerenge, sowie die Sanddünen bei Tywyn sahen im glitzernden Sonnenlicht besonders malerisch aus.

 

Am Abend erreichten wir unser Ferienhaus in Y Felinheli. Dort hatten wir eine fantastische Aussicht über die Menai Strait. Das ehemalige Farmgebäude war in eine moderne helle Ferienwohnung mit grossen Fenstern umgebaut worden. Auf zwei Stockwerken bot es uns eine tolle Aussicht und all den Luxus den wir mögen.

 

Da es an diesem Samstagabend fast 19:00 Uhr war, als wir eintrafen, luden wir schnell unsere sieben Sachen aus dem Wagen und hetzten anschliessend zum Supermarkt in Caernarfon, um Lebensmittel einzukaufen. Als wir uns erkundigten, wann das Geschäft schliesst, glaubte Heinz so etwas wie 12 Uhr gehört zu haben, fragte jedoch nochmals nach, da er meinte falsch verstanden zu haben. Die Verkäuferin erklärte nun schon fast entschuldigend: „Sorry, dies ist nur ein kleiner Ort und deshalb schliessen wir schon um Mitternacht. In grösseren Städten, wie z.B. Bangor (13‘000 Einwohner), etwa 6 Meilen von hier, hat unsere Filiale 24 Stunden geöffnet. Nur Sonntags schliessen sie dort für ein paar Stunden.

 

Als wir die Auswahl im Hypermarkt erkundeten, fiel uns schnell auf, dass hierzulande vorgekochte Speisen preiswerter angeboten werden, als wenn man aus frischen Zutaten selbst etwas kocht. Die Auswahl an Mikrowellen-Gerichten ist einfach unglaublich und der Preis ebenso: die preiswertesten „meals“ erhält man für bloss ein Britisches Pfund! Für diejenigen die sich nicht die Mühe nehmen möchten selbst zu kochen, sich aber gerne der Illusion hingeben, eine vollwertige Mahlzeit zu essen, gibt es eine Fülle von „Menü-deals für zwei“ im Restaurant-Stil. Für £ 10 können sich die faulen möchte-gern-Köche eine Gourmet-Mahlzeit aus Fertiggerichten zusammenstellen. Sie müssen bloss noch unter verschiedenen Vorspeisen, Haupt- und Nachspeisen auswählen, diese dann in die Mikrowelle stellen und können während des Aufwärmens bereits am Wein nippen, der ebenfalls im „meal-deal“ inbegriffen ist. Wie lange wird es dauern bis die meisten Menschen vergessen wie man überhaupt selbst kocht, sei es aus Faulheit, oder weil einfach die Zeit oder das Geld fehlt, um frische Produkte zu kaufen. Statt dass man Geld für ein rohes, unbehandeltes und ungewürztes Stück Fisch, Fleisch oder Gemüse ausgibt, wird man später viel mehr für wundersame Schlankheitskuren und Arztbesuche aufwenden um die Konsequenzen des Fast-foods wieder zu eliminieren.

 

Es wäre im Vereinigten Königreich eigentlich einfach gesunde Alternativen zu finden, auch wenn man auswärts isst. Das Problem liegt einfach darin, dass wegen der Kultur und der tiefen Preise, viele Leute beim Junk-Food bleiben. Oft bekommt man für nur sechs- bis acht Pfund Sterling ZWEI Mahlzeiten in einem Pub. Fish & Chips, sowie Hamburger-Take-away wurden zu so einem integralen Teil der Britischen Küche, dass sogar  Chinesische und Indische Gerichte hierzulande oft mit Chips, statt mit Reis serviert werden. Wir wunderten uns, dass in einem Italienischen Restaurant vielfach Pommes-Frites als Beilage zu Pizza- oder Pasta bestellt wurden. Weiss man denn hier nicht, wieviele Kohlenhydrate man braucht? Damit war immer noch nicht genug! Auch Michelin-Sterneköche bieten, zusätzlich zu ihren gut ausgeglichenen Mahlzeiten, die alle mit gesunden Beilagen serviert werden, Pommes-Frites als Zusatzbestellung an. Warum sollten die Lokale auch an die Gesundheit denken, wenn es so einfach ist, mit simplen Kartoffeln noch ein paar zusätzliche Pfund zu verdienen?

 

Nord-Wales: eine Woche inmitten faszinierender Natur

 

Natürlich waren wir nicht hierher gekommen, um das Britische Leben auszuspionieren und die kulturellen Unterschiede zu pointieren. Wir waren vor allem gekommen um die einzigartige Landschaft zu sehen und dafür war unser Ferienhaus in Y Felinheli eine gute Basis. Wir mussten nicht weit gehen um die berühmten Gebirgszüge des Snowdonia National Park zu besuchen. Obwohl Snowdon, der höchste Gipfel, bloss 1‘085 m hoch ist, sieht die Landschaft wirklich alpin aus. Wie stark der Name auch einen verschneiten Berg suggerieren mag, bleibt er doch in den meisten Jahren nichts anderes als ein kahler brauner Gipfel. Da der diesjährige Winter jedoch viel länger dauerte und kältere Temperaturen über ganz Europa brachte, waren mehreren Bergkuppen mit einem Hauch von Schnee bedeckt. In Snowdonia gibt es 93 Gipfel die höher als 2‘000 Fuss sind und davon sind 15 über 3‘000 Fuss – oder in Metrischen Einheiten: 5 Gipfel sind über 1‘000 Meter hoch und 88 erreichen mehr als 600m über Meer.

Da es in den Nächten gefror, wurde auf allen Strassen allabendlich grosszügig Salz gestreut. So konnten die hartgesottensten Britischen Outdoor-Enthusiasten wenigstens sicher zu den gefrorenen Bergwiesen gelangen, wo sie dann ihre Zelte aufstellten. Wir hätten nicht erwartet, dass die Einheimischen so erpicht darauf sind zu wandern und noch weniger, dass sie auch bei diesen Temperaturen zelten.

 

Die Insel Anglesey konnte von unserem Ferienhaus gut über Brücken erreicht werden, da sie sich direkt am gegenüberliegenden Ufer der Meerenge von Menai befindet. Mit etwas mehr Distanz von den Bergen konnte man das Panorama über die Gipfel Snowdonias von hier aus am besten bewundern.

 

Auch auf Anglesey selbst gab es einiges zu sehen. Das Wetter war alles andere als langweilig – irgendwie erlebten wir Aprilwetter im März. Als wir beim „Black Point“, unserem ersten Ziel, eintrafen, war diese Stelle gerade von mystischen schwarzen Wolken umgeben, leuchtete aber im schönsten Sonnenlicht. Minuten später flüchteten wir eilends zurück zu unserem Wagen, da ein heftiger Schneeschauer über die Küste niederging. Glücklicherweise hielt die weisse Pracht nur ganz kurz und schon eine halbe Stunde später konnten wir die Ruine des Schlosses Beaumaris wieder bei sonnigem Wetter geniessen.

 

An einem anderen Tag besuchten wir den Nordwesten der Insel Anglesey, bei Holyhead wo auch die Fähren nach Irland ablegen. Wir hingegen fuhren hinaus zum South Stack, einem Gebiet mit faszinierenden Klippen und einem Vogelschutzgebiet. Grosse Kolonien von Lummen (Guillemots) bevölkerten bereits die Felsen. Erneut war es vorwiegend sonnig, aber es wehte eine eiskalte Brise und zwischendurch regnete es kurz.

 

Die Walisische Sprache: ein wahrer Zungenbrecher

 

Da wir mit Englisch keine grosse Mühe haben, genossen wir es so richtig, dass wir uns während unseren fünf Wochen im Vereinigten Königreich problemlos mit jedermann unterhalten konnten. Allerdings hat Wales eine eigene Sprache, welche vor allem hier im Nordwesten der Provinz oft gesprochen wird. In dieser Region geben 20% der Bevölkerung Walisisch als ihre Muttersprache an. Sie hat Keltischen Ursprung und ist mit Bretonisch und Cornisch verwandt. Hier sind die Verkehrsschilder zweisprachig und deshalb für Touristen auf der Durchfahrt schwer zu erfassen, umso mehr weil jede Gemeinde selbst entscheidet, welche Sprache zuerst gelistet wird. Im Süden von Wales befindet sich zwar die Hauptstadt Cardiff, aber trotzdem erkannten wir dort die Walisische Sprache nur auf staatlichen Info-Tafeln und Verkehrsschildern, hörten sie dort jedoch nie gesprochen.

 

Es gibt wohl ein paar kulturelle Unterschiede, im Allgemeinen erschien uns Wales jedoch genauso Britisch wie der Rest von Grossbritannien. Im ganzen Königreich wird alles, das man tun oder lassen soll, höflich, aber deutlich auf grossen Info-Tafeln aufgelistet: bitte bezahlen… bitte die Stufe beachten… keinen Lärm bitte… Wir mussten schmunzeln, als wir vor einem Autobahntunnel ein Schild sahen, auf dem Fussgänger und Kutschenfahrer freundlich gebeten werden, den Tunnel nicht zu passieren. Als wir einmal Eintritt bezahlen mussten, entschuldigte sich die Kassiererin freundlich: „sorry, ich muss ihnen £ 5 abnehmen“. Die Briten sind ein wahrlich höfliches Volk!

 

An der Küste besichtigten wir das Städtchen Llandudno, ein Viktorianischer Badeort, der bereits 1850 entstand. Die meisten der noblen Stadthäuser und Villen stammen aus jener Zeit.

Nur wenige Kilometer westlich bewunderten wir die befestigte Altstadt von Conwy und die noch immer beeindruckende Ruine des ehemaligen Schlosses. Nach Einbruch der Dämmerung wird sie beleuchtet und reflektiert majestätisch im Wasser des natürlichen Hafens zu ihren Füssen, sofern nicht gerade Ebbe ist.

 

Noch näher zu unserem Ferienhaus lag Caernarfon, eine weitere befestigte Stadt, ebenfalls mit einer mächtigen Schlossruine, wenn auch in einer ganz anderen Architektur. Die Umfassungsmauern, wie auch die runden und polygonalen Türme sind immer noch intakt. Heute gehört das Schloss, das in seinem Innern ganz offensichtlich bloss noch eine Ruine ist, zum Weltkulturerbe. Die Stadt innerhalb der Mauern ist hingegen sehr hübsch und auch lebhaft. Das Schloss wurde zwischen 1283 und 1330 strategisch perfekt am Zusammenfluss des Flusses Seiont mit der Meerenge Menai errichtet.

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England Teil 1: wir entdecken den dünnbesiedelten westlichen Landesteil

Nach elf Tagen in Wales ging unsere Entdeckungstour am 16. März 2013 weiter in den westlichen Teil von England. Wir verbrachten einen guten Teil des Nachmittags im aussergewöhnlich hübschen Städtchen Chester. Dort bewunderten wir die vielen Riegelhäuser und andere stattliche Gebäude aus dem Mittelalter und aus Viktorianischen Zeiten. Die Balken der Fachwerkhäuser waren nicht immer nur gerade, sondern oft gerundet, oder mit geschnitzten Ornamenten verziert. Viele Fenster waren aus Butzenglas und es gab eine unglaubliche Vielfalt an kunstvoll verzierten Erkerfensterchen, Erkern, Balkonen, wie auch Türmchen und Dachgauben, oder Mansarden. An diesem Samstagnachmittag wimmelte es in Chester nur so von einkaufsfreudigen Einheimischen und Touristen und wir genossen es so richtig, in diese Atmosphäre einzutauchen.

 

Als nächstes stand Shrewsbury in den West-Midlands auf unserem Programm. Mit viel Glück gelangten wir direkt in den Vorort, wo sich die meisten Pensionen befinden sollten. Als wir aber herausfinden wollten, wie weit das Stadtzentrum von dort entfernt ist, verloren wir uns im Irrgarten der Einbahnstrassen uns so dauerte es eine geschlagene Stunde und 40 Kilometer, bis wir endlich irgendwo anklopften und nach einem Zimmer fragten.

 

Auch Shrewsbury hat ein hübsches Stadtzentrum. Bis wir dieses endlich erkunden wollten, fielen dicke Schneeflocken vom Himmel. So fanden wir Schutz in einem Thai Restaurant, wo wir Brigittes Geburtstag ausklingen liessen.

 

Am nächsten Tag schien die Sonne wieder und so machten wir uns auf, ein paar kleine Dörfer zu besichtigen. Als erstes lag Much Wenlock am Weg, wo wir ein paar Fachwerkhäuser, sowie die Ruine eines Klosters besichtigten (von aussen – ohne die £ 4 Eintritt zu bezahlen).

Von dort aus fuhren wir entlang schneebedeckter Hügelzüge nach Ludlow. Im Gegensatz zum vorhergehenden Dorf war Ludlow sehr touristisch. Vielleicht lag dies daran, dass es grösser ist und deutlich mehr Souvenirgeschäfte und Restaurants hat. Das Städtchen selbst war wirklich hübsch, nicht nur wegen der vielen Riegelhäuser und der Schlossruine, sondern auch wegen seines Marktes.

 

Die Cotswold Region: vielfältige charmante Dörfer auf dem Lande

 

Noch am selben Abend erreichten wir Stow-on-the-Wold, eine kleine Ortschaft in der touristischen Cotswold Region. Da wir ein paar Tage bleiben wollten, nahmen wir uns Zeit um das richtige Zimmer zu finden. Nur zu dumm, dass die Schlummermutter, die wir schlussendlich auserkoren hatten, nicht mehr auffindbar war, als wir wieder an ihrer Tür standen. Da es ziemlich spät wurde, bis wir einsahen, dass wir sie heute nicht mehr erreichen konnten, mussten wir für die erste Nacht in ein Hotel. Als wir am nächsten Morgen zu ihr wechselten, gab sie uns dafür ein besonders grosses Zimmer.

 

Der Aufenthalt in Frühstückspensionen, den klassischen B&B’s, ist eine bereichernde Erfahrung auf Rundreisen durch Grossbritannien. Erstens kommt man mit Einheimischen in Kontakt und zweitens erhält man dadurch einen guten Einblick in den Englischen Lebensstil. Das Frühstück ist normalerweise riesig. Wir Schweizer, die herzhaftes krustiges Brot und Marmelade, statt gekochte Morgenmahlzeiten gewohnt sind, mussten da schon ein paar Kompromisse eingehen. Eier, Speck und Pilze können sicherlich eine gute Abwechslung sein, um aber von Englischen Würstchen, Baked Beans oder Marmite* zu schwärmen, muss man wohl damit aufgewachsen sein.  

* Marmite ist , genauso wie die Australische Version Vegemite, ein Brotaufstrich mit dem delikaten Geschmack von Saucenwürfeln.

 

Was wir am meisten vermissten, war herzhaftes knusprig-braunes Brot. Eines morgens war Brigitte so erpicht darauf, dass sie den nahen Tesco Supermarkt aufsuchte, wo es einige „continental style“ Brotsorten gibt.

Die hohe Qualität der Britischen Milchprodukte hat uns hingegen überrascht. Wir verwöhnten uns so richtiggehend mit Sahnejoghurt, verschiedenen Käsesorten und natürlich mit unserer Neuentdeckung: Cornish Clotted Cream (Streichsahne) – macht natürlich alles dick, schmeckt jedoch super lecker. Clotted Cream produziert man durch indirekte Erhitzung von Sahne, entweder mittels Dampf, oder in einem Wasserbad, bis sie zu einem Fettgehalt von etwa 60% kondensiert. In Stow-on-the-Wold ist diese einfach zu finden. Mindestens 20 Kaffee-Häuser und Tea Rooms servieren Clotted Cream mit frisch gebackenen Scones (einer Art Milchbrötchen), entweder als „Cream Tea“, oder als „Afternoon Tea“. Im 2‘500 Seelen Dorf findet man zudem etwa 20 Souvenir-Geschäfte und mindestens ebenso viele Restaurants. Natürlich kochen nicht alle gleich gut, doch in dieser Ortschaft ist es viel einfacher ein gepflegtes Lokal zu finden, als einfach nur billigen „Pub grub“.

 

Jetzt in der Nebensaison war Stow-on-the-Wold eine perfekte Basis um die Umgebung zu erkunden. Nachdem wir uns im Verkehrsbüro und unserem Reisehandbuch ein paar Ideen geholt hatten, schwärmten wir hinaus in die Cotswolds Dörfer. Bald merkten wir, dass uns einige der „weniger berühmten“ am besten gefielen. Für uns war es etwas befremdend: je mehr Souvenir Geschäfte es in einem Ort hatte, desto mehr Touristen strömten her. Bereits Mitte März waren einige Dörfer von der Gattung „homo sapiens touristicus” überschwemmt und wir möchten nicht wissen, wie es hier im Sommer zugeht.

Momentan waren ja eigentlich nur einheimische Besucher unterwegs und wir erhielten den Eindruck, dass sie kultur-bedingt, viel mehr auf kleinen Krimskrams stehen wie man ihn in Souvenirgeschäften findet, als unsere Gesellschaft. Bei Internet-Portalen, wie z.B. TripAdvisor, fiel uns auf, dass die meisten Briten von überkommerzialisierten Sehenswürdigkeiten mit vielen Souvenirshops, und sei es in der Mitte von nix, absolut begeistert sind, während sich fast alle Deutschsprachigen genau daran störten. Andere Länder, andere Sitten.

 

Wir fanden es erfrischend, wie stark sich die verschiedenen Cotswolds Dörfer unterscheiden, sowohl architektonisch, als auch von den verwendeten Materialien. Broadway besticht mit seinen einheitlich goldgelben Sandsteingebäuden. Chipping Campden erfreut mit seinen Strohdach-Häusern. Bourton-on-the-Water hat unzählige Brücken, Moreton-in-Marsh wiederum, hat einen breiten Boulevard, aber viel zu viel Verkehr. Das kleine Painswick gefiel uns mit seinem einzigartigen Kirchenhof, dessen 100 Bäume in kuriose Formen geschnittenen sind. Viel grösser hingegen ist Cirencester, eine Stadt mit zwei speziellen Kirchen und vielen älteren Gebäuden in grauem Kalkstein, neben neueren, pastellfarben bemalten.

 

Ausserhalb der Cotswolds: pulsierende historische Städte

 

Wir machten uns auch auf, um ein paar attraktive Städt ausserhalb der Cotswolds zu besuchen. Stratford-upon-Avon ist eine charmante Stadt am Fluss Avon. Die Stadt macht noch immer grosses Aufhebens um ihren Sohn William Shakespeare. Sehenswürdigkeiten gibt es jedoch in Hülle und Fülle, darunter schiefe Fachwerkhäuser, ein modernes Theater am Fluss, der gerade Hochwasser führte, ein hübscher Glockenturm und mehrere alte Kirchen.

 

Ebenfalls sehr ansprechend war die berühmte Universitätsstadt Oxford. Das Zentrum ist voll von pittoresken historischen Gebäuden und wir schlenderten stundenlang zwischen den stattlichen Colleges mit ihren Kirchen umher. Viele preiswerte Lokale werben um die Studentenschaft, wogegen es in der Hauptfussgängerzone von überteuerten Gaststätten wimmelt, die auf Touristen hoffen. Das eigentliche Herz der Stadt ist nur für den öffentlichen Verkehr zugänglich, d.h. vorwiegend rote Doppeldecker-Busse und altmodische schwarze, ab und zu aber auch bunte (London) Taxis. In den Sommermonaten gibt es auf den Gewässern von Oxford viele Stocherkähne. Momentan lagen sie noch dutzendweise an den Ufern der beiden Flüsse: der Themse und der Cherwell.

Weiter besuchten wir Cheltenham, ein ehemaliger Badekurort mit vielen Gebäuden wie sie in solchen Resorts üblich sind.

 

Nach fünf Tagen in Stow-on-the-Wold setzten wir unsere Reise fort und fuhren nochmals nach Wales. Während unseres Besuches im Vereinigten Königreich fiel uns auf, dass Ortschaften und Parks entlang unseres Weges oft dieselben Namen hatten, wie Plätze die wir von Übersee kennen, wie beispielsweise Marlborough, Perth, Newcastle, York, Picton, Stratford, Blenheim... Wenn es hier weniger Verkehr und dafür Känguruh-Kadaver am Strassenrand hätte, würden wir glauben, in Australien zu sein. Hier hat es hingegen auch in ländlichen Gebieten viel Verkehr und es sind am häufigsten Fasane, die ihm zum Opfer fallen. Wir sahen vor allem die bunten und neugierigen Männchen häufig - tot oder lebendig.

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Zurück in Wales Teil 2: Ferienhaus an der Pembrokeshire Coast

Zurück in Wales: eine Woche in einem typisch Britisch eingerichteten Ferienhaus 

 

Am Abend des 22. März 2013 erreichten wir unser nächstes Ferienhaus. Es befand sich in Penally, etwas ausserhalb von Tenby an Wales‘ südwestlicher Pembrokeshire Küste. Unser Häuschen bot allen Luxus wie Spülmaschine, Waschmaschine mit eingebautem Trockner und auch einen Backofen. Aber wie oft im Vereinigten Königreich, fehlten hier ein paar Dinge, die in anderen Teilen der Welt als selbstverständlich gelten, ein richtiger Esstisch und Mischbatterien an den Wasserhähnen.

 

Bei der Suche nach Ferienwohnungen in Grossbritannien war uns schnell aufgefallen, dass es einfacher ist, solche mit mehreren Fernsehern zu finden, als solche mit einem grossen Esstisch. Es scheint normal zu sein, dass die Briten ihr (Mikrowellen Junk) Essen verschlingen, währendem sie vor der Glotze sitzend Junk schauen. Wir ignorierten die beiden Fernsehgeräte und versuchten das Wunder zu vollbringen all unsere Frühstücksmarmeladen auf dem Bonsai-Tisch zu platzieren.

Dies war üblicherweise nachdem die Schreie aus der Dusche verhallt waren, weil wir es wieder nicht schafften das blöde Gasgerät ohne Mischbatterie zu handhaben. In der Dusche waren die beiden altmodischen Wasserhähne wenigsten mit einem einzigen Schlauch verbunden. Dieser verhakte sich aber regelmässig in den sechs-armigen Rädchen der Primitivventile, wobei er die mühsam eingestellte Temperatur wieder in ein anderes Extrem zog, sei es nun heiss oder kalt. Noch altmodischer waren die Armaturen über dem Lavabo. Das Heiss- und das Kaltwasser ergoss sich aus verschiedenen Wasserhähnen die zwar meilenweit voneinander entfernt, jedoch bloss eine Fingerbreite vom Lavaborand platziert waren. Das letzte Mal, wo wir solch antiquierte Armaturen regelmässig gesehen hatten, war Down Under.

 

Grossartige Pembrokeshire Coast: betreut von einer Wohltätigkeitsorganisation

 

Der Pembrokeshire Küsten-Nationalpark war der eigentliche Grund, weshalb wir hierhergekommen sind und er lag direkt vor unserer Tür. Die Ausdehnung seines Küstengebietes ist immens und der Park kann auf einem 186-Meilen (300km) langen Küstenpfad erkundet werden. In den malerischen, zerklüfteten Klippen findet man viele Felsspalten, Höhlen, Felstore und zahlreiche Felsnadeln, die aus dem Meer ragen. Geologisch interessant sind die verschiedenen Felsschichten mit ihrem weiten Spektrum an Formen und Farben. Wo immer wir auch hinkamen, sei es bei einem einsamen Felsvorsprung, oder einem der vielen Fischerdörfer oder Badeorte, die Küstenlandschaft war einfach spektakulär! Von den besuchten Orten, haben es uns die folgenden besonders stark angetan: St. Nons Bay unterhalb von St. Davids, dann die Landspitze Wooltack Point bei Marloes, St. Annes Head und der gigantische Felsbogen, genannt Green Bridge beim Stack Rocks Point. Um zu jenem Felstor, bzw. der grünen Brücke zu gelangen, mussten wir warten, bis das Militär den Weg durch ihr Übungsgelände freigab.

 

In ganz Grossbritannien stiessen wir immer wieder auf militärische Anlagen. Wir bekamen den Eindruck, dass viel Geld an die Armee geht, das vielleicht besser investiert wäre, wenn man damit zivile Infrastrukturen unterhalten würde. Strassen mit Schlaglöchern, rostige Brückenpfeiler oder einstürzende Stützmauern und Treppen sieht man immer wieder. Wenn es zu gefährlich wird, löst man das Problem auf die billige Art: man erreichtet einen Zaun um den betroffenen Abschnitt und schliesst ihn einfach für die Öffentlichkeit.

Viele Aufgaben und Dienstleistungen, die in anderen Ländern von der Regierung übernommen werden, sind in ganz Grossbritannien in den Händen von Wohltätigkeitsorganisationen. Es gibt zahllose historische Gebäude wie Schlösser, sowie Nationalparks und Naturreservate, die von der Wohltätigkeitsorganisation „National Trust“ unterhalten werden. Um selbsttragend zu sein, zählt man auf Spenden, Erbschaften, Mitgliederbeiträge, Eintrittsgelder, sowie auf eine Armee von 61‘000 Volontären. Entlang der Pembrokeshire Küste werden grosse Sektionen des Nationalparks vom „National Trust“ unterhalten. Es wurden Parkplätze errichtet wo jeweils Volontäre in einem Kiosk Broschüren und Informationen zur Verfügung stellen und wen wundert’s? Parkgebühren kassieren. Wenn niemand Dienst hatte, gab es immer eine fest installierte Spendenbüchse, bei der der genaue Betrag der erwarteten Spende deutlich markiert war, eine “recommended donation” wie man das hierzulande nennt.

 

Weil es zum guten Ton gehört, Wohltätigkeitsorganisationen zu unterstützen, gibt es in Grossbritannien unendlich viele davon. Am meisten hohle Hände machen natürlich die kirchlichen Hilfswerke. Gefolgt von denjenigen, die ausgesetzte Haustiere retten, sich einsetzen für Gesundheit, Menschenrechte, usw. – wen’s interessiert, kann die Liste selbst durchgehen – es gibt 160‘000 registrierte Hilfswerke… (charities) “charitychoice.co.uk/charities”.

Wenn man bedenkt, dass die Briten ziemlich prüde sind, ist es erstaunlich, wie modern es geworden ist, halbnackt für „charity calendars“ zu posieren.

 

An unserem letzten Tag in Penally, spazierten wir zur adretten Kleinstadt Tenby, die sich lohnt anzusehen. Sie sitzt auf einer grossen Felsnase, hoch über einem natürlichen Hafen auf der einen, und einem breiten Sandstrand auf der anderen Seite. Die über allem thronende Schlossruine verleiht dem Ort noch mehr Charakter. Da wir am Karfreitag da waren, wimmelte es, den kalten Temperaturen zum Trotz, nur so von Besuchern. Alle genossen jedoch die Sonne; egal ob sie um die hohen, in Pastell gehaltenen Stadthäuser bummelten, oder den bei Ebbe besonders breiten Sandstrand zum spazieren nutzten. Da der Gezeitenhub hier besonders gross ist, befindet sich das Gebäude des Seerettungsdienstes RSLI auf hohen Pfeilern. Von dort führt eine steile Bootsrampe hinunter zum Wasser. Der Pfahlbau beherbergt das Rettungsboot der Royal National Lifeboat Institution, einer Hilfsorganisation die die Seenotrettung übernimmt. Genaugenommen gab es zwei solche Gebäude, aber die alte Seerettungsstation wurde verkauft und in luxuriöse Wohnungen umgebaut.

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Quer durch England Teil 2: beeindruckende Dörfer und Nationalparks

Am 30. März 2013 verabschiedeten wir uns definitiv von Wales und durchquerten es noch einmal durch den Brecon Beacons Nationalpark. Wegen der ungewöhnlichen Schneefälle der letzten Woche, waren nun die höheren Hügel weiss. Als wir vor drei Wochen hier vorbei gekommen waren, war noch alles grün gewesen. Nicht weit hinter der „Grenze“ zu England, kamen wir in die Grafschaft Herefordshire, die für ihre „schwarz - weissen Dörfer“ mit alten Fachwerkhäusern in eben diesen Farben, bekannt ist. Wir besichtigten die besonders hübschen Häuser in Weobley, dem kleinen Dilwyn, und im pittoresken Pembridge, wo wir ein Kaffeehaus fanden. Wir plauderten lang mit der vielgereisten Gastgeberin, die nur Hausgemachtes servierte. Wir hatten immer wieder Glück, solch gute Kaffee- und Teehäuser zu finden.

 

An Ludlow vorbei, endeten wir an diesem Abend in Bridgnorth. Dies war ein unerwartet schönes Kleinstädtchen, ebenfalls mit vielen kunstvollen Riegelhäusern und einem gedeckten Markt in der Mitte des Kuchens. Wir organisierten uns ein Zimmer in einem dieser schiefen Charakterhäuser, wo den Möbeln Keile unterlegt werden müssen, damit sie grade stehen.

Es war Wochenende und deshalb waren wieder viele, der sonst sehr höflichen und vernünftigen Engländer, betrunken – nicht nur die Jungen. Jemand jammerte, dass wegen der Finanzkrise viele Pubs schliessen mussten, da sich nun viele „möchte-gern“ Trinker zu Hause abfüllen oder die Droge Alkohol im Laden kaufen und dann am Hauptplatz herumlungern. Unserer Ansicht nach gibt es immer noch mehr als genug Pubs, denen die Briten begeistert den Kosenamen „Wasserlöcher“ geben.

Haben wir nicht gerade bei der Feuerwehr das alarmierende Plakat gesehen, auf dem darauf hingewiesen wurde, dass 75% der Todesopfer von Hausbränden auf übermässigen Alkoholkonsum zurückzuführen sind? Eine Alkoholsteuer wie in Skandinavien könnte das Problem vielleicht etwas entschärfen und zudem dem Schatzmeister der Königin die fehlenden Mittel zur Verfügung stellen, um gegen die Finanzkrise anzukämpfen.

Nun gut, während andere Nationen regelmässigen Alkoholkonsum als Genuss ansehen, scheint es so, dass sich die Briten betrinken wollen. Deshalb tendieren sie dazu, am Wochenende die gesamte wöchentliche Statistik auf einmal runter zu kippen. Wir können es einfach nicht verstehen, weshalb es verboten ist,  Drogen wie Hasch oder Cannabis zu konsumieren und zu verkaufen, aber vollkommen legal, Drogen wie Alkohol oder Tabak zu konsumieren und zu verkaufen.

 

Wir frühstückten in einer „Costa Café“ Filiale und sahen uns anschliessend nochmals gut in Bridgnorth um, bevor wir weiterfuhren. Dabei entdeckten wir die Cliff Railway, die aussieht wie ein alter Bus der auf eine Drahtseilbahn montiert ist. Uns erschienen die 100m hinunter zum Flussufer der Severn (davon 34m Höhenunterschied) wie ein kleiner Beitrag zur Fitness, bevor wir wieder ins Auto stiegen. Die 64% Gefälle, welche die Bahn überwindet, hätten zwar auch ein Erlebnis sein können.

 

Englands Mitte: Schnee und Eis in all seinen Variationen…

 

Als wir nordöstlich weiter fuhren, durchquerten wir das Blithfield Reservoir auf einem Damm. Es war eiskalt und es lag noch immer Schnee am Strassenrand, doch dies hinderte Mr. Whippy’s Eiswagen nicht daran, am Seeufer auf gutes Geschäft zu hoffen. Heinz dachte, am letzten Märztag wird es nun doch langsam Zeit fürs erste Glacé dieses Jahres. Leider musste er in der Kälte ziemlich lange anstehen, da die meisten Einheimischen offenbar ebenso dachten, wie er. Brigitte wartete ein gutes Stück entfernt in Mütze und Handschuhen, denn so einen Typen wollte sie nicht kennen…

 

Nördlich von Cornwall und Devon waren die Strassen von Zeit zu Zeit immer noch von Hecken gesäumt, da sie nun aber einen gewissen Abstand vom Strassenrand hatten, waren sie erträglicher geworden. Trotzdem: durch die Schneefälle und den starken Wind der letzten Woche, hatten diese Hecken all die umhergepeitschte weisse Pracht eingefangen, was die Strassen total verstopfte. Obwohl es nur ein paar wenige Zentimeter schneite, waren die Schneepflüge im Dauereinsatz gewesen. Nun durch diese Landschaft zu fahren, war irgendwie bizarr; die Felder waren zwar wieder grün, doch die Strassen waren von über zwei Meter hohen Schneemauern gesäumt, welche an die Hecken gepresst wurden, aber gleich dahinter war es sofort grün.

 

Auf Empfehlung des Verkehrsbüros von Ashbourne, machten wir einen Umweg über Dovedale, das als die Schweiz Grossbritanniens gilt. Es war ziemlich knifflig dorthin zu gelangen, denn das Strässchen war, jetzt mit den Schneewänden, knapp breit genug für ein Fahrzeug und die Ausweichbuchten waren natürlich nicht geräumt. Zu dumm, dass die Tourist-Info auch andere Besucher auf diesen Weg geschickt hat und alle schienen aus der entgegengesetzten Richtung zu kommen… Die Häuser dort, waren übrigens recht hübsch, sahen aber denen in der Schweiz überhaupt nicht ähnlich.

 

Unser nächster Stopp galt dem Thermalkurort Buxton. Es ist eine grosszügig angelegte Ortschaft, mit viel Platz, vielen stattlichen Hotels und einem Thermal-Komplex. Im Gebäude mit der Oper gab es auch einen botanischen Garten, die sogenannte Orangery, wo gerade ein Flohmarkt abgehalten wurde.
Als wir weiterfuhren, waren wir bereits im
Peak District National Park. Im Gegensatz zu dem, was dieser Name suggeriert, gibt es in diesem Park überhaupt keine hohen Gipfel, bloss etwa  600m hohe Hügel. Aber genau hier hatte England letzte Woche seinen ersten und einzigen Lawinenniedergang! Obwohl der Schnee inzwischen fast weggeschmolzen war, konnten wir noch erkennen, von welchem Hügel die Lawine niederkam – es war eigentlich nicht viel mehr als ein Schneebrett gewesen, doch es vermochte ein Auto von der Strasse zu stossen.

 

Gegen Abend suchten wir in Castleton, einem touristischen Dorf mitten im Park, ein Zimmer. Nun gut, am Ostersonntag war es sicherlich nicht die beste Idee, ohne Reservation hier aufzukreuzen. Wir hatten aber Glück und kriegten ein Zimmer in einem Inn. Obwohl es das letzte war und alles andere als günstig, erhielten wir einen last-minute Preis. Am nächsten Morgen entschieden wir uns für ein Kontinentales Frühstück und dies schmeckte wirklich super – erst recht, wenn man bedenkt, dass wir hier eigentlich in einem „abgelegenen Bergdorf“ waren.

 

Gut genährt, zickzackten wir noch etwas durch den Peak District Nationalpark nach Glossop und kamen so durch ein schneebedecktes Hochplateau, das uns an Norwegens Hardanger Vidda erinnerte. Wir wurden auf dem ganzen Weg mit grossartigen Aussichten belohnt und glauben, dass wir in der Ferne sogar Manchester gesehen haben. Leider war die Strasse eng, aber schnell und so fanden wir keine Möglichkeit zu stoppen. Nach etwa 20 Meilen in östliche Richtung, führte die Strasse hinunter ins urbanisierte Flachland. Der Verkehr war nun ziemlich dicht, aber dank der Osterfeiertage kamen wir relativ schnell Richtung York voran.

 

Inzwischen hatten wir uns an die Verkehrslösungen gewöhnt, die die Briten ausgetüftelt hatten, um mit viel Verkehr, beschränkten Finanzen und wenig Platz umzugehen. Eine oft gesehene und preiswerte Lösung, um vielbefahrene Kreuzungen in den Griff zu bekommen, sind Doppelkreisel. Es braucht nicht viel mehr als ein paar Schilder, ein bisschen weisse Farbe um zwei Punkte auf die Kreuzung zu malen und schon ist das Ganze fertig! Zu Beginn hatten wir etwas Respekt durch diese Mini-Zwillingskreisel zu fahren, da wir aber die am dichtesten bevölkerten Gebiete mieden, kamen wir damit klar. Auch die Strassenbeschilderung war eher ungewöhnlich, da die angeschriebenen Ziele meist sehr nahe lagen. Die Strassen-Nummerierungen waren jedoch so vorbildlich konsequent markiert, wie wir es zuvor noch nirgends gesehen hatten,  und dank dem war es doch einfach zu navigieren.

 

York: enge Gässchen und alt-modische Trödelläden

 

Am 1. April 2013 erreichten wir das Ibis-Hotel in York, wo wir zwei Tage verbrachten. Mit viel Glück konnten wir sogar einen der Parkplätze ergattern. In diesem Ibis gab es, zusätzlich zu den traditionell Englischen Frühstück „goodies“, auch Croissants und Baguettes. Vom Preis her war es mit £ 57 etwa gleich teuer wie ein B&B auf dem Lande. In Städten wird aber auch oft £ 80 oder mehr verlangt. Die meisten unserer Unterkünfte kosteten um die £ 50, mehr als 75 mussten wir, jetzt in der Nebensaison, nie bezahlen. Gewisse Luxus-B&B’s verlangen aber locker £ 150 oder mehr…

 

Yorks Ibis Hotel war nah genug am Zentrum, dass man es zu Fuss erreichen konnte. Schon auf dem Weg dorthin, kamen wir zum Stadttor „Micklegate Bar“, einem von sechs verbleibenden Eingangstoren in der zum grössten Teil intakten Stadtmauer. York wurde von den Römern im Jahr 71 nach unserer Zeitrechnung befestigt. Die Stadtmauer kann auf einer Länge von 4,4km begangen werden und eröffnet einem, je nach Position, fantastische Aussicht über die Stadt und das Umland. In der malerischen Altstadt gibt es viele Riegelhäuser. Einige säumen breite Boulevards, andere enge Gässchen.

York erschien uns wie die Quintessenz von England. Es gibt hier so viele altmodische Trödelläden und Kuriositäten-Shops, dass sie schon wieder im Trend liegen. Uns ist aufgefallen, dass die Häuser in England mit viel Krimskrams dekoriert sind, was zu einer heimeligen, aber nicht unbedingt modernen Atmosphäre führt.

 

In Yorks Strassen wimmelte es von Menschen, sowohl von Einheimischen, als auch von Touristen und dies nicht nur am Wochenende. Es ist eine wirklich attraktive Stadt. Die beiden Kirchtürme des Münsters dominieren die Skyline, auch wenn ein Teil der gotischen Kathedrale momentan gerade renoviert wurde. Beeindruckend ist auch der runde Clifford Turm, der als letztes Überbleibsel eines Schlosses auf einem Sockelhügel thront. Ebenfalls schön, ist die Promenade entlang des Flusses Ouse, auf dem rot-weisse Ausflugsboote umhertuckerten. Museen gibt es in Hülle und Fülle und im hübschen Yorkshire Museumsgarten blühten schon die Krokusse. Wir besuchten das hochinteressante Eisenbahnmuseum, von dem man sagt, dass es das grösste der Welt sei. Natürlich wird es nicht von der Regierung betrieben, sondern von einer Stiftung. Die im alten Yorker Bahnhof, sowie in einer zusätzlichen Ausstellungshalle untergebrachten Lokomotiven und Eisenbahnwagen stehen glänzend renoviert nebeneinander. Um die Technologie dem Laien zugänglich zu machen, wurden einige alte Loks und Dampfmaschinen aufgesägt. Die Ausstellung enthält auch modernere Lokomotiven, wie z.B. einen Japanischen Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen. Natürliche durften auch ein paar ausschweifend nostalgische Zugskompositionen nicht fehlen, mit denen Könige und Königinnen reisten.

York-Hull: Abschied vom Königreich

 

Schon kam der 3. April 2013, unser letzter Tag in Grossbritannien. Unsere Autofähre ab Hull war gebucht, da sie allerdings erst am Abend ablegte, blieb uns noch der ganze Tag um auf Entdeckungsfahrt zu gehen. Über Hügel und Felder kamen wir an die Ostküste, wo wir in Bridlington einen Stopp einlegten. Es hielt uns dort nicht lange und so fuhren wir weiter nach Hornsea, einem Badeort mit vielen Ferienparks, wo sich die Mobilheime eng aneinanderreihen. Es erscheint, als ob jeder Brite so eine Mini-Immobilie besitzen möchte, denn wir haben im ganzen Land immer wieder solche Ferienparks gesehen. Der Strand in Hornsea war nicht sehr einladend; erstens wehte immer noch ein eiskalter Wind und zweitens war das Wasser total trüb.

 

In einem nahegelegenen Tesco Supermarkt nutzten wir unsere letzte Chance, noch ein paar leckere Souvenirs zu kaufen: Cornish clotted cream, Kekse und Schokolade. Wie immer gab es „multi buy offers“ (wie 3 für 2) und so verliessen wir den Laden mit mehr Süssem, als geplant.

 

Unser letzter sight-seeing Stopp galt Beverley, einer erfrischenden Stadt nur ein paar Meilen nördlich von Hull. Wir mochten diesen Ort mit seiner weiträumigen Fussgängerzone, einem Münster, sowie einer weiteren mächtigen Kirche. Unser letzter Akt, bevor wir auf die Fähre zurück zum alten Kontinenten fuhren, war der Genuss Französischer Patisserie, obwohl wir ursprünglich nach Yorkshire Pudding, oder einem letzten „Cream Tea“ Ausschau gehalten hatten.

 

Schlussgedanken zu unserem Aufenthalt in Grossbritannien

 

Während unserer fünf Wochen im Vereinigten Königreich erlebten wir ein sehr vielfältiges Land, mit beeindruckenden Landschaften und Küsten. Ausserhalb der dichtbesiedelten Regionen Englands erlebten wir die schönsten Seiten Grossbritanniens. Wir haben nicht damit gerechnet, so vielfältige Landschaften vorzufinden; von erstaunlich steilen Hügeln zu braunen Sumpflandschaften, hohen Klippen, bis hin zu fast Alpin, oder gar Arktisch erscheinenden Gebirgen, ähnlich zu einigen in Skandinavien. Auch sehr eindrucksvoll war das reiche Kulturerbe, die Vielfalt historischer Dörfer und Städte mit schön renovierten Ortskernen aus unterschiedlichen Architekturepochen.

Man hatte uns vor endlosen Verkehrsstaus gewarnt. Da wir uns aber auf Cornwall, Wales und die Midlands konzentrierten, all die am dichtesten besiedelten Gebiete mieden und in der Nebensaison reisten, hatten wir das Glück, flüssig voranzukommen.

Von der ungewöhnlichen Kältewelle einmal abgesehen, war es eher ein Vorteil, im März zu reisen. An touristischen Orten hatte es zwar Betrieb, denn die Einheimischen wissen ja, dass es auch im Winter schön sein kann, es war aber nicht überfüllt wie in der Hochsaison und es war noch einfach, am Abend spontan ein Zimmer zu finden. Sowohl Vermieter, als auch Service- und Verkaufspersonal hatten immer Zeit für einen Schwatz und wir genossen es sehr, mit jedermann sprechen zu können, da alle unser Englisch mit Schweizerdeutschem Akzent zu verstehen schienen.

Wir mochten die ausgesprochen gelassenen und humorvollen Menschen. Es stimmt immer noch: die meisten Briten benehmen sich wie richtige Gentlemen, bzw. Ladies; rücksichtsvoll und sehr hilfsbereit. Es stimmt aber auch, dass Trunkenheit gesellschaftlich akzeptiert erscheint, einige Dinge auseinander fallen und das Land mit Sport-Fernsehen und Fast-Food überschwemmt ist.

 

Demgegenüber fanden wir auch oft hochklassige Küche. Immigranten aus aller Herren Länder, allen voran Asiaten – von Indern bis Japanern – brachten eine vielseitige Auswahl an gesunden Gerichten auf die Insel. Unsere Reise durch Grossbritannien hat uns noch mehr belohnt, als wir dies zu hoffen gewagt hatten und wir können uns gut vorstellen, noch einmal hierher zurückzukehren.

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Mehr über die Niederlande: Kapitel 19 - Kapitel 23

Die Niederlande: Wiedersehen mit einem schönen Ort

Eine grosse Autofähre, P&O’s “Pride of Hull”, brachte uns mit Stil in die Niederlande. Da die Überfahrt durch die Nacht ging, hatten wir uns für eine zwei-Bett-Kabine entschieden, die dank eigenem Bad und Bullauge sehr luxuriös war. Unsere Kabine befand sich im 8. Stockwerk des Luxuskreuzers, welcher einer Firma aus Dubai gehört. An Bord gab es zwei Restaurants, mehrere Bars, Kino und Spielsalon, wie auch den obligatorischen Duty-Free Shop. Die meisten Leute stürmten das Büffet-Restaurant noch bevor das Boot im Sonnenuntergang ablegte. Wir fühlten uns aber wohler im „à la carte“ Restaurant“, wo es zivilisierter zuging.

 

Als wir am frühen Morgen des 4. April 2013 in Rotterdam von Bord fuhren, erschauderten wir, als wir Schneeflocken tanzen sahen. Wenn wir gehofft hatten, dass es auf dem europäischen Festland wärmer sein würde, war dies reines Wunschdenken!

Niederländer erzählten uns (in Englisch), dass dieser Winter aussergewöhnlich kalt und trocken gewesen sei, und dass es deswegen momentan verboten sei, zu grillen, um Waldbrände zu vermeiden. Als wir auf Entdeckungsfahrt gingen, stach uns schnell ins Auge, dass sich uns die Landschaft ganz anders präsentierte, als anfangs April letzten Jahres. Damals standen die Blumen nach einem besonders warmen Winter bereits in voller Blüte, doch jetzt war die Vegetation noch im Winterschlaf. Wir entschieden uns ein weiteres Mal für die kleinen Nebenstrassen, die uns an den schönen alten Windmühlen von Kinderdijk vorbeiführten. Später erreichten wir Otterlo, wo wir ein Zimmer in einer Frühstückspension fanden.

 

Am nächsten Tag kamen wir dann endlich wieder in tropische Temperaturen – wenn auch nur in den Saunen und dem Hallenschwimmbad von Flevo Natuur. Wir entdeckten dieses ansprechende FKK Feriendorf im letzten Jahr und buchten gleich nochmals dasselbe Mobilheim. Natürlich hätten wir es lieber sonnig und warm gehabt, doch nach unserer intensiven, drei monatigen Reise durch die Bretagne und das Vereinigte Königreich, brauchten wir eh etwas Ruhe. Dank Flevo Natuurs guter Ausstattung und unserem komfortablen Mobilheim mit Zentralheizung, genossen wir unseren Aufenthalt wiederum sehr, obwohl es die meiste Zeit recht kalt war. Diesmal machten wir nur ein paar kurze Ausflüge und dabei entdeckten wir die moderne Stadt Almere, die nach der Einweihung des Polders Flevoland (trockengelegtes Land), auf dem Reissbrett entworfen und gebaut wurde. In den 45 Jahren die seither vergangen sind, haben sich etwa 200‘000 Menschen dort niedergelassen. Auf dem „alten Land“ besuchten wir die beiden ansprechenden Ortschaften Putten und Nijkerk.

Gegen Ende unseres zweiwöchigen Aufenthalts, besuchten uns unsere Freunde Gisela & Klaus für zwei Tage im Flevo Natuur. Wir genossen die gemeinsame Zeit mit plaudern, spazieren und saunieren. Wir empfingen die beiden mit selbstgebackenen Scones und servierten dazu „clotted cream“, die wir von England mitgebracht hatten.

 

Vier Länder in vier Tagen   

 

Am 19. April machten wir uns wieder auf, und begannen unsere Reise an die Französische Atlantikküste, wo wir in 9 Tagen eintreffen sollten. Es sind etwa 1‘000 Kilometer und für die meisten wäre dies nicht viel mehr, als eine „entspannende 10 stündige Fahrt“. Dazwischen gibt es aber eine Menge zu sehen und da wir nach dem Motto „der Weg ist das Ziel“ leben, hatten wir richtig Mühe, uns für eine Route zu entscheiden. Irgendwie ergab es sich dann, dass wir in den ersten vier Tagen vier verschiedene Länder besuchten und dies, obwohl wir uns kaum 400km von Flevo Natuur entfernt hatten.

Am ersten Tag konzentrierten wir uns auf den südöstlichen Teil der Niederlande und durchquerten dabei den Veluwe Nationalpark, wo wir moosige Wälder, Heideland und Inland-Sanddünen bestaunten. Wir übernachteten im hübschen, total untouristischen Städtchen Deurne. Für Touristen sind die kleinen Landstrassen eine echte Bereicherung, da man über sie das enorme Verkehrsaufkommen auf Niederländischen Schnellstrassen elegant umgehen kann. Zudem führen Nebenstrassen häufig durch besonders malerische Landschaften, die man so richtig geniessen kann weil es dort kaum andere Autos hat – bloss Fahrräder, wie überall.

 

Am nächsten Morgen hofften wir in Belgien ebensolche Strässchen zu finden. Ganz so einfach war es dort aber nicht. Wir fanden viele nervöse Fahrer, unzählige Schlaglöcher, enge Strassen und Tempolimiten, welche vor allem Rasern zusagen. Wir fanden aber auch ein paar nette Kleinstädtchen wie Peer, Visé, sowie das Pilgerkloster Banneux. Am Abend landeten wir im Ardennes Gebirge, genauer gesagt in Coo, einem sehr touristischen Ort mit Abenteueraktivitäten für Menschen aller Alters- und Gesellschaftsschichten.

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Luxemburg: eine kleine Schönheit mit grosser Ausstrahlung

Am nächsten Tag besuchten wir gleich zwei Länder auf einmal. Eigentlich fuhren wir zwei Tage kreuz und quer durch Luxemburg, das uns ziemlich überraschte. Mit seinen 2’586 km2 ist es viel grösser und viel ländlicher, als wir dies erwartet hätten. Ausser der Stadt Luxemburg, wo 20% der Einwohner leben, gibt es noch viele andere grössere Städte und Dörfer. Uns kamen sie alle viel gepflegter und bunter vor, als diejenigen in Belgien. An unserem ersten Tag erkundeten wir die Grenzregion zu Deutschland, wo der Fluss Sûre die natürliche Grenze bildet. Nach einem Halt in Vianden fanden wir Am Abend ein Hotel in der schönen und schön touristischen Stadt Echternach. Da der Zugang ins Zentrum wegen Strassenbauarbeiten für den Verkehr erschwert war, gingen wir zuerst über die Fussbrücke nach Deutschland und suchten dort nach einem Zimmer. Es ist wirklich nicht nur ein Klischee, dass Luxemburg ein wohlhabendes Land ist, und so fanden wir dort auch niemanden, der auf ein Zusatzeinkommen angewiesen war, und deshalb ein paar Zimmer in seinem Haus vermietet hätte. Stattdessen sind Vier- und Fünfsterne Hotels viel mehr etabliert, als preiswerte Unterkünfte.

 

Gut ausgeschlafen, fuhren wir am nächsten Morgen ein Stück der Mosel entlang südwärts. Danach folgten wir auf der Deutschen Seite wieder dem gegenüberliegenden Ufer, bevor wir erneut nach Luxemburg einbogen. Nun erkundeten wir das Landesinnere, wobei wir durch Schluchten und über Hügel kamen, auf denen immer mal wieder ein Schloss stand. Besonders beeindruckt hat uns das Schloss über Vianden, sowie die Burgruine bei La Rochelle. Wir machten aber auch Halt in Diekirch, wo wir eine Italienische Eisdiele fanden, die eigentlich einer Deutschen Kette zugehört.

Entlang von Wäldern und glitzernden Flüssen fuhren wir nordwestlich nach Wilz, einem malerischen Dorf, das sich über mehrere kleine Hügel erstreckt. Es war wohl Ironie, dass gerade wir einen Parkplatz in einem Neubau mit dem Namen Kouswiss” fanden, jedoch kein Hotelzimmer. Nachdem wir uns wenigstens gut umgesehen hatten, fuhren wir nach Esch sur Sûre weiter. Obwohl dieses Dorf viel kleiner war, lud es geradezu ein, hier zu übernachten. Es lag absolut malerisch an einem Flussknie und wurde von einer Schlossruine überthront. Wie schon am Abend zuvor, waren die Zimmerpreise eher hoch, doch hier gab es wenigstens mehrere geöffnete Hotels. Nachdem wir das Dörfchen erkundet hatten, assen wir in einem guten Lokal, das für einen Montagabend erstaunlich voll war. Wie in ganz Luxemburg, bestand das Personal auch hier vorwiegend aus Ausländern und wir erfuhren, dass von den 525‘000 Einwohnern erstaunliche 43% Immigranten aus aller Welt sind. Die vielen Einwanderer und Gastarbeiter stammen vorwiegend aus Portugal, Italien, Polen, der Türkei und aus Arabischen Ländern.

Die Sprachen Luxemburgs sind ebenfalls ein interessantes Kapitel. Französisch und Deutsch sind seit langem offizielle Amtssprachen. Luxemburgisch, eine Mischung aus Mosel-Fränkisch und Französisch wurde erst 1984 als dritte Amtssprach eingeführt, um die Identität des Landes hervorzuheben. Nach der neuesten Gesetzgebung, müssen Einwanderer alle drei Sprachen erlernen. Von den Einheimischen geben 77% Luxemburgisch als ihre Muttersprache an. Genauso wie dies bei den Schweizerdeutschen Dialekten heute noch zutrifft, war Luxemburgisch vorgängig vor allem eine gesprochene Sprache. Das erste Buch erschien auch erst 1829.

 

Wir verbrachten bloss zwei Tage in Luxemburg, erlebten aber ein sehr vielfältiges und interessantes Land, welches ganz anders war, als wir es erwartet hätten. Wir trafen nette Menschen, besuchten malerische Dörfer und Städtchen und freuten uns, dass dazwischen noch viel Platz für die Natur blieb.

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Frankreich: quer durchs Land an den Atlantik

Am nächsten Tag fuhren wir nach Belgien weiter, wo wir den Haute-Sûre Naturpark durchquerten, bevor wir Frankreich erreichten. Am späten Nachmittag trafen wir im Stadtzentrum von Nancy ein, wo wir ein Zimmer im Ibis Budget Hotel gebucht hatten. Wir liessen keine Zeit vergehen und machten uns sofort auf, die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu besichtigen, die momentan im schönsten Sonnenlicht leuchteten. Am herausragendsten ist sicher der „Place Stanislas“ der aus dem Jahr 1755 stammt. Der grosse Hauptplatz ist von stattlichen Gebäuden (wie Rathaus, Oper etc.), sowie von vergoldeten schmiedeeisernen Toren gesäumt.

 

Am nächsten Morgen fuhren wir nach Troyes weiter, für uns ein weiterer Höhepunkt, jedoch mit total unterschiedlicher Architektur. Wiederum hatten wir das Glück eine Unterkunft im Zentrum zu finden. Troyes beeindruckt mit seinen vielen Riegelbauten, von denen einige noch aus dem 16. Jh. stammen. In demjenigen Stadtteil, der im 2. Weltkrieg zerstört wurde, stehen heute modernere Bauten. Wir genossen unseren Aufenthalt in dieser malerischen Stadt am Fluss Seine in vollen Zügen.

 

Am nächsten Nachmittag fuhren wir durch liebliche ländliche Landschaften weiter südwärts. Inzwischen ist endlich der Frühling eingetroffen und zwar urplötzlich. Die Temperaturen stiegen auf über 20°C und sowohl die Frühlingsblumen auf den Wiesen, als auch die Bäume standen nun in voller Blüte. Unerwarteterweise kamen wir durch das historische und sehr touristische Dörfchen Vézelay.

 

Zur Abwechslung entschieden wir, unsere nächsten Ziele eher aus kulinarischen, statt touristischen Gesichtspunkten auszuwählen. So machten wir Halt in Luzy, wo wir im Hotel du Morvan eine weitere gastronomische Mahlzeit genossen. Wir finden, dass der Koch Jérôme Raymond, eine Goldmedaille verdient hätte.

Weiter westlich auf unserer kulinarischen Karte, liegt das Gebiet der Dordogne, welches seit langem zu unseren Favoriten zählt. Um dorthin zu gelangen, kämpften wir uns einen ganzen Tag durch strömenden Regen, wurden aber damit belohnt, dass wir noch gleichentags in La Roque Gageac eintrafen. Bald fanden wir ein Zimmer in diesem malerischen Dorf am Ufer der Dordogne. Es freute uns zu sehen, dass der lange überfällige Fussweg zwischen der engen Hauptstrasse und dem Fluss nun endlich im Bau ist, sodass sich Verkehr und Fussgänger nicht länger gegenseitig gefährden. Wir blieben noch einen zweiten Tag, spazierten entlang des Flusses, besuchten ein paar nahegelegene Dörfer und am Abend natürlich wieder einen weiteren Gourmettempel, den wir schon seit Jahren kennen.

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Französische Atlantikküste: ein Sommer im Naturkleid

Am 28. April 2013 fuhren wir über Bordeaux an die Atlantikküste, wo wir den grössten Teil des Sommer verbringen wollten. Nach mehr als drei intensiven Reisemonaten durch Spanien, den Westen Frankreichs, die Benelux Länder und vor allem durch Grossbritannien, brauchten wir nun definitiv etwas Ruhe. Ja, es stimmt: obwohl sich unser Leben ums Reisen, statt ums Arbeiten dreht, brauchen auch wir von Zeit zu Zeit Ferien! Wir entschieden uns für FKK Gelände, da dies für uns natürlich ist. Nach so vielen neuen Erlebnissen wollten wir diesen Sommer nicht zu viele weitere neue Eindrücke sammeln und so hatten wir nur drei siebenwöchige-, sowie einen zweiwöchigen Aufenthalt in insgesamt drei FKK Feriendörfern gebucht.

 

Euronat: ein kühler Auftakt zum Sommer

 

Wir verbrachten die meiste Zeit im Euronat, ganz in der Nähe von Montalivet, wo wir das Frühlingsende und die Zeit ab Mitte August einplanten. Wir hatten uns wegen der guten Einrichtungen und seiner Grösse für diesen Platz entschieden, denn wir lieben Nacktspaziergänge am Strand und in ausgedehnten Geländen. Wenn man auf dem Rückweg zudem noch einkaufen kann, ist alles perfekt - vorausgesetzt, man hat wenigstens den Geldbeutel dabei. Nun gut, im Mai und Juni 2013 müssen die Wettergötter schon ziemlich verärgert gewesen sein. Die meiste Zeit schickten sie uns nasses und kühles Wetter, sodass man auch unzimperliche Naturisten bis anfangs Sommer nur in Polarjacken sah.

Glücklicherweise hatten wir uns dafür entschieden, nicht zu campieren, sondern ein recht luxuriöses Mobilheim zu mieten. So machten wir das Beste aus den kühlen Tagen, arbeiteten an unserem Reisebericht und hüllten uns warm ein, wenn wir zu Spaziergängen aufbrachen. Trotz unserer Hüllen erkannten uns zwei Holländer, die wir vor drei Jahren in Schweden kennengelernt hatten. Dort war es damals den ganzen Sommer über ungewöhnlich heiss gewesen. Robin & Ray sind eingefleischte Camper und es machte ihnen nichts aus, sieben Wochen in einem Zelt zu hausen. Wir mussten jeweils darüber lachen, aus wie vielen Lagen Kleidern sie sich schälten, wenn sie uns in unserem gemütlichen und warmen Mobilheim besuchten.

 

Ein anderer Besuch, Andrea aus Swaziland* die für eine Woche zu uns stiess, hatte ziemlich Glück mit dem Wetter, da sie sich die paar wenigen warmen Junitage ausgesucht hatte. An den Strand zu gehen und die Sonne zu geniessen war das Allerwichtigste für sie. Sie genoss ihre Zeit hier intensiv und reiste drei Tage vor unserer eigenen Weiterreise zurück.

 

Ein detaillierter Bericht über Euronat folgt, nachdem wir im August wieder hierher zurückgekehrt sein werden. Dann werden wir einen viel besseren Gesamtüberblick haben, wie es sich hier zu verschiedenen Jahreszeiten anfühlt. Jetzt aber, durchquerten wir die ausgedehnten Kiefernwälder entlang der französischen Atlantikküste und fuhren 300km südwärts.

 

ARNA: ein sehr ansprechendes familienorientiertes FKK-Gelände

 

Am 16. Juni 2013 erreichten wir Arnaoutchot (kurz Arna), ein attraktives Naturisten-Zentrum in der Nähe von Léon, direkt am Atlantik. Da es an diesem Tag sehr heiss war, zogen wir uns sofort aus, stellten unsere 7 Sachen schnell ins Mobilheim und gingen danach gleich zum Strand. Es wimmelte hier nur so von Familien mit Kindern, hauptsächlich Sonnenanbeter aus Frankreich und Spanien. Wir waren sofort angetan vom goldenen Sandstrand und der Atmosphäre im FKK-Feriendorf. Wären wir nicht schon nackt gewesen, hätte es uns vor lauter Charme die Hosen ausgezogen.

 

Es war sicherlich eine gute Entscheidung gewesen, hier für 7 Wochen ein Mobilheim zu buchen. Obwohl wir uns für das preiswerteste Modell entschieden hatten (bis max. 10 Jahre alt), war es in sehr gutem Zustand. Neben einer Wohnküche standen uns zwei kleine Schlafzimmer, sowie ein eigenes Bad zur Verfügung. Unsere Unterkunft befand sich in einer ruhigen Ecke, zwischen (Wohnwagen-) Stellplätzen und anderen Mobilheimen. Davor hatte es einen Sitzplatz mit einfachen Holzbänken und Tisch direkt auf dem Waldboden befestigt. Zum Zentrum des Feriendorfes waren es bloss ein paar hundert Meter und dort befinden sich, neben dem Empfangsgebäude, auch ein paar Geschäfte und Restaurants, sowie die Schwimmbäder.

 

Der „Aqua Park“ besteht aus einem grossen Komplex mit zwei grossen Aussenschwimmbecken, einem Planschbecken, sowie einem Kaltwasser-Sprudelbad. Daneben liegt ein Hallenbad, das auf angenehme 28°C aufgeheizt und mit einer Toboggan (spiralförmigen Wasserrutsche) ergänzt ist. Alles ist schön gestaltet, windgeschützt und einladend. Deshalb ist es auch sehr beliebt auf den Liegestühlen zu verweilen. Wenn es draussen einmal etwas knapp ist mit der Wärme, findet man noch viele weitere Sonnenliegen in einem grossen Wintergarten. Wir schätzten es, dass die Pools einmal pro Woche bis abends um 22:00 Uhr geöffnet blieben. Wenn sie schlossen, wurden die letzten Badegäste von einem Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma freundlich zum Aufbrechen gebeten. Diese Wachmänner und Frauen werden von Arna eingesetzt um das Gelände nachts zu patrouillieren.

 

Schönheit, Gesundheit und weitere Vergnügen

 

Alle die daran zweifeln, schön genug zu sein, können ihr Äusseres in Arna’s Beauty Centre gegen Geld aufwerten lassen. Im angeschlossenen Wellness Bereich kann man zudem in der Sauna, dem Dampfbad und im Sprudelbad entspannen.

 

Nicht nur fürs Wohlergehen, sondern auch für die Gesundheit der Gäste wird gesorgt. Im Juli und August kam täglich eine Krankenschwester für viereinhalb Stunden auf den Platz und wir waren fast schockiert, als wir sahen, wieviele Leute dort anstehen. Da die meisten von ihnen überhaupt nicht krank aussahen, fragten wir uns, ob hier nun für eine kostenfreie Behandlungen, oder den Charme der Pflegerin angestanden wird.

 

Einfach nur aus Langeweile, war es auf jeden Fall nicht nötig, die Krankenstation aufzusuchen, da Arna für Jung und Alt eine Vielzahl an Animationen anbietet. Alles wird hier sehr professionell und erstklassig in Angriff genommen. Man spürt den Perfektionismus, der hinter allem steckt, was hier geboten wird.

Eines der besten Beispiele ist das „théatre de verdure“, ein Freiluft-Amphitheater mit Licht- und Tontechnik, wie man sie sonst eher in Stadttheatern findet. Für mögliches Schlechtwetter steht natürlich auch ein Saal zur Verfügung und es würde uns wundern, wenn dieser nicht ebenso gut ausgestattet wäre. Wir sahen uns auf jeden Fall ein paar Freiluft-Shows an und was die engagierten Künstler jeweils boten, war immer hochklassig, ganz egal ob es ein grosser Chor, oder eine kleine Komikergruppe war. Selbst das wöchentliche „Open Podium“ wurde bis zum Perfektionismus choreographiert. Gästen, die etwas aufführen möchten, bietet Arna nicht nur fachmännisches Training an, sondern stellt ihnen auch eine grosse Anzahl verschiedenartiger Kostüme zur Verfügung. Dies hilft sicherlich, dass launische Teenager wieder hierher zurückkehren möchten, wenn sie sehen wie erfolgreich ihr „live dance“ in einer Gruppe von 25 neuen Freunden war.

Danach möchten sie sich vielleicht in der allabendlichen Disco treffen. Da diese aber nur für über 18-jährige geöffnet ist, müssen sie bei ihren Eltern (oder wohl lieber bei Fremden) um Begleitung bitten.

 

Urlauber die lieber selbst etwas unternehmen wollen, finden einen Fitness-Parcours im Wald. Andere wiederum haben schon genug damit zu tun, ihre Kinder im Zaum zu halten und so schätzen sie vielleicht eher den Naturlehrpfad mit seinen vielen informativen Schildern. Einige Bäume sind ausgesprochen charaktervoll, vor allem in einem Abschnitt. Man sieht sie in allen möglichen Formen und Biegungen - wie von Künstlerhand geschaffen, doch es ist alles Natur.

 

Die meisten der 500 Stellplätze von Arna liegen verteilt im Kiefernwald. Dort zelteten auch wir, als wir vor 14 Jahren zum ersten Mal hier waren. Damals gaben wir uns immer noch der Illusion hin, Geld sparen zu können, wenn wir mit einem einfachen Zelt campieren. Inzwischen haben wir gemerkt: komfortables zelten kostet sicherlich mehr, als das Mieten eines Mobilheimes oder Hüttchens. Glücklicherweise bietet Arna etwa 200 Mietunterkünfte an, von familienfreundlichen, fest installierten Zelten, über Mobilheime und Holzchalets unterschiedlichster Grösse und Ausstattung, bis hin zum Baumhaus. Des weiteren gibt es im Arna etwa 200 Dauermieter, vor allem Franzosen und Spanier, die meist ein Mobilheim besitzen. Als wir zum ersten Mal hier waren, gab es erst wenige Unterkünfte und es war noch umstritten, ob ein FKK-Campingplatz überhaupt solchen Luxus anbieten sollte. Der Holländer, der das Mobilheim neben uns belegte, gab offen zu, dass er in jungen Jahren hier im Arna an Demonstrationen gegen das Aufstellen von solchen „Container Wohnungen“ teilgenommen hat. Tja, wenn man älter wird, ändern sich Ansichten und Ansprüche. In seinem Fall hat ihm die Partnerin etwas nachgeholfen, über seinen Schatten zu springen. Jedenfalls mietet er jetzt selbst genau so ein Mobilheim!

 

Goldener Sand soweit das Auge reicht

 

Von den meisten Stellplätzen und Mietunterkünften aus, erreicht man den Strand nach einem angenehmen 20 minütigen Spaziergang. In Theorie könnte man die erste Hälfte des Weges mit dem Auto zurücklegen. Es sind aber nur Behinderte, Familien mit 7 Kindern und einem Berg Strandspielzeug, oder die Stinkfaulen, die fahren. Ironischerweise sind es genau Letztere, die erklären, dass sie die Klimaanlage nie einschalten, um Benzin zu sparen, oder man sieht sie beim Einkauf von fettfreiem Joghurt, wohl um die Kalorien zu kompensieren, die sie nicht verbrannt haben.

 

Arna’s kilometerlanger, goldener Sandstrand ist ein wahrer Traum. Richtung Süden kann man nur etwa einen Kilometer nackt gehen, dann stösst man auf einen Textilstrand. Wenn man aber Richtung Norden losläuft, braucht man für mindestens fünf Kilometer überhaupt nichts anzuziehen. Viele andere genossen es ebenfalls, dem Strand entlang zu spazieren, vor allem diejenigen ohne Kinder. Die meisten Familien verweilten um den bewachten Strandabschnitt, wo von Mitte Juni bis Ende September Rettungsschwimmer eingesetzt werden. Alle sind nackt, von den üblichen paar aufmüpfigen Teenagern einmal abgesehen. Arna’s „Sittenpolizei“ sorgt aber dafür, dass es nicht zu viele werden. Da wir aber immer nackt sind, hat uns nie jemand belästigt, ein wirkliches Paradies! Es gab auch keine fliegenden Händler, ausser einem armen Eis-Verkäufer, der unter der brütenden Sonne und dem Gewicht seiner Kühlbox selbst fast schneller dahinschmolz, als seine Ware.

 

Dem Wechsel der Gezeiten zuzusehen, ist einfach faszinierend. Bei Flut blieb jeweils eine Sandbank, welche wie eine gebogene Halbinsel mit dem Ufer verbunden war, sodass das Wasser nur auf einer Seite abfliessen konnte. Kinder und  Eltern bauten mit Begeisterung Dämme, um das Wasser davon abzuhalten, in die Bucht ein- oder auszudringen. Natürlich waren die Gezeiten immer stärker und nachdem die Dämme brachen floss das Wasser, unter dem Jauchzen der Kinder, noch schneller.

 

Spannend für die einen - todlangweilig für andere

 

Mit dem guten Wetter, wurde das Meer schnell wärmer. Stammgäste erzählten uns, dass die Wassertemperaturen hier, dank des Golfstroms, wärmer sind, als im Mittelmeer. Wegen der relativ hohen Wellen, ist es in der Regel am Atlantik nicht möglich, zu schwimmen, sondern bloss mit den Wellen zu spielen. Nichtsdestotrotz gab es eine Woche mit so ruhiger See, dass die Beach-Wache die grüne Flagge hissen konnten - eine riesen Ausnahme! Diese Tage waren bestimmt hart für die Surfer, obwohl es für die Instrukteure von Arna’s Surfschule sicher einfacher war, ihren Schülern beizubringen, wie sie auf dem Brett stehen sollen. Auch uns Nicht-Surfern gefällt der Atlantik gut und wir finden ihn interessanter, als das zahme Mittelmeer. Mit seinen starken Strömungen birgt er aber ernstzunehmende Risiken, welche oft sogar von Einheimischen falsch eingeschätzt werden. Im Radio hörte man leider mehr als genug Meldungen über ertrunkene Badegäste, die die rote Flagge nicht respektiert hatten, oder dachten, dass baden abseits der Strandwache mehr Spass mache.
Einige Nicht-Naturisten mögen die Lebensretter beneiden, die hier dafür bezahlt werden, den ganzen Sommer lang nackte Menschen zu beobachten. Wir sicherlich nicht! Es ist ein stinklangweiliger Job mit viel Verantwortung. Auf einem Hochstuhl zu sitzen, egal wie Wind und Wetter sind, macht sicherlich nicht lange Spass. Wie öde dies auch sein mag, die Rettungsschwimmer müssen stetig wachsam sein, denn sie kennen die Risiken. An einem Tag war die Funkverbindung zum Rettungshelikopter, wegen einer Störung, nicht möglich und so blieb der Strandwache keine andere Wahl, als die rote Flagge zu hissen und dafür zu sorgen, dass niemand ins Wasser geht.

 

Wenn wir vom Strand zurückkamen, benutzten wir oft eines der Waschhäuser und dies war immer ein multikulturelles Erlebnis. Wenn die Deutschen und Holländer bereits ihr Geschirr vom Abendessen abwuschen, kamen die Franzosen vom Strand zurück und duschten, um sich für den Apéro bereitzumachen. Bis sie dann beim Abwaschen waren, kamen die Spanier vom Strand zurück und standen kurz unter die Dusche, bevor sie zu den Tapas übergingen. Zum Abendessen war es für sie ja immer noch viel zu früh.

 

Im Arna und seiner Umgebung findet man ausser dem Strand noch viele andere Möglichkeiten für Aktivitäten. Diese sind alle in der umfassenden 40-seitigen Farbbroschüre „activités et loisirs“ aufgelistet. Sie enthält einen wahren Schatz an Informationen, sowohl über Arna selbst, als auch über Ausflugsmöglichkeiten. Wir haben noch in keiner, der von uns besuchten FKK Ferienanlagen, ein so gut gemachtes und komplexes Büchlein erhalten! Es schlägt auch einige Sehenswürdigkeiten vor, welche über das ausgedehnte Radwegnetz, direkt von Arna’s Eingangspforte aus, erreicht werden können. Wer kein eigenes Rad dabei hat, kann sich im Shop neben der Rezeption eines mieten.

 

Weniger beeindruckt hingegen, waren wir vom Internet-Zugang via W-LAN. Wir müssen zwar zugutehalten, dass er von allen Mietunterkünften aus verfügbar war. Wegen seiner limitierten Kapazität (wahrscheinlich eine Leitung für bis zu 3‘000 erpichte Surfer), gab es ziemlich teure Zugangs-Codes zu kaufen und diese waren maximal fünf Stunden gültig. Somit kamen alle, die on-line gehen mussten, aufs Netz. Für die meisten, die hier ihren zweiwöchigen Urlaub verbringen, ist diese Lösung wohl ausreichend, da sie zu Hause eine gute Leitung haben. Arme Leute wie wir, die dauernd herumreisen und das Privileg haben, für 7 Wochen hier zu bleiben, mussten jedoch allein mit dieser Verbindung auskommen. Wenn man seine Bankgeschäfte, Weiterreise und vieles mehr organisieren muss, ist die Lösung nicht ganz so glücklich. Wie es so geht, mussten wir gerade jetzt ein paar dringende Dinge in die Wege leiten, darunter ein unerwarteter Flug in die Schweiz, nachdem die Mutter von Heinz verstarb. Im 87.  war es für sie eher eine Erlösung von ihren Altersbeschwerden gewesen. Fünf Tage später waren wir wieder zurück im Arna und froh, dass wir noch ein paar Wochen vor uns hatten, um die Ereignisse zu verdauen.

 

Gute Einkaufsmöglichkeiten und ein Markt inmitten der Nacktouristen

 

Nachdem es bis Ende Juni 2013 ungewöhnlich nass und kalt war, wurde das Wetter anfangs Juli schnell besser. Endlich war es nun überall, wo wir in Frankreich hinfuhren, bis anfangs September sonnig und warm. Nun reizte es einfach mehr an den Strand zu gehen, als in den umliegenden Dörfern einzukaufen. Glücklicherweise findet man in Arna’s „épicerie“ alle Zutaten, die es für eine vollwertige Mahlzeit braucht. Der kleine Supermarkt hat ein umfangreiches Angebot, sowie eine Bedienungstheke für Fleisch und Käse. Im Arna ist nacktes Einkaufen die Regel und wird von 90% der Kunden genossen. Wir mögen Fisch und waren hocherfreut über den Marktwagen des Fischhändlers, der zweimal wöchentlich vorfuhr und den ganzen Morgen über blieb.

 

Nicht einmal diejenigen, die gerne Märkte besuchen, müssen das Gelände verlassen. Während der Hochsaison wird jeden Montagnachmittag ein Markt aufgebaut und bedient bis abends um 22:00h die Kundschaft. Er ist kein bisschen kleiner, als in den umliegenden Dörfern, wie z.B. Léon. Wir zählten um die 30 verschiedene Marktstände. So läuft es halt auf dem Lande; zuerst lästern die Einheimischen über den FKK Platz, sobald sie aber realisieren, dass man auch den Naturisten Geld aus der Tasche ziehen kann, mutieren die nackten Schweine schnell zu „sauguten Kunden“. Da in der Hauptsaison bis zu 3‘000 Urlauber das Arna bevölkern, sind die Absatzmöglichkeiten für die Markfahrer hier sicherlich besser, als in den Dörfern der Region.

 

Auch an den meisten anderen Tagen kommen jeweils zwei bis fünf Marktfahrer auf das Gelände. Sie bleiben ein paar Stunden, damit die potenzielle Kundschaft in Ruhe einkaufen kann. Dies ist viel angenehmer, als beispielsweise die „hupenden“ Bäcker in anderen Geländen.
Apropos Bäcker: einer aus der Region hat im Arna eine Filiale. Seine Baguettes wurden sogar mit einer Goldmedaille als „die Besten des Departementes Landes“ ausgezeichnet. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Französische Baguettes nur zwei Stunden lang wirklich gut schmecken, nachdem sie den Ofen verlassen haben und innerhalb dieser Zeit muss die Jury ihre Punkte vergeben haben. Es ist einfach schade, dass die zwei Stunden jeweils schon vergangen sind, bis die Brote in Arna’s Filiale in den Regalen stehen.

Zum Glück findet man im danebenliegenden Supermarkt eine gute Auswahl an knusprigen Broten, sowohl weissen, als auch richtig dunklen. Sie schmecken alle super und wirklich frisch, da alle paar Stunden neu aufgebacken wird. Sie schmecken genauso wie wir sie mögen und heben sich von normalen Aufbackbroten deutlich ab. Wer keine Lust hat selbst zu kochen, findet hier im Gelände drei verschiedene Restaurants: eine sehr gute Pizzeria, ein Fischrestaurant im Spanischen Stil und ein Französisches Lokal, das traditionelle Gerichte zu einem fairen Preis serviert.

 

Es war interessant zu beobachten wie sich die Saison im Arna aufbaute. Die Mobilheime waren die ganze Zeit gut belegt, die Mietzelte und Bungalows folgten Anfangs Juli. Der Campingbereich füllte sich um den berühmten „juillet 14“; aber dann dafür schlagartig! Da die meisten Franzosen und Spanier den August als ihren Hauptferienmonat betrachten, herrschte überall Hochbetrieb, als wir am 3. August weiterreisten.

 

Von denjenigen FKK Geländen die wir besuchten, gefiel uns die Atmosphäre im Arna am besten. Es geht hier sehr natürlich zu und man findet ein internationales, eher jüngeres Publikum. Dies ist sicherlich ein Feriendorf, das wir gerne wieder besuchen werden.

 

Domaine Laborde: ein Abstecher ins Landesinnere

 

Wir genossen unsere Zeit am Atlantik, was wir aber vermissten, waren charmante, natürlich gewachsene Dörfer und eine gute Auswahl an Restaurants. Deshalb buchten wir ab dem 3. August 2013 ein kleines Hüttchen in der Domaine Laborde einem Naturisten-Camping an der Grenze zwischen den Departementen Dordogne und Lot-et-Garonne.

Wir entdeckten dieses gut ausgestattete Gelände mit ~150 Stellplätzen, sowie rund 40 Miet-Hütten und Mobilheimen, vor zwei Jahren. Der Platz erstreckt sich über 20 ha Farmland und Waldgebiet und Gäste finden dort zwei kleine, aber malerische Teiche. Des weiteren, gibt es ein Schwimmbecken, zwei riesige, prickelnde Wasserrutschbahnen, von denen eine spiralförmig ist, sowie ein Hallenschwimmbad mit Sauna und Dampfbad. Die Niederländische Besitzerfamilie arbeitet hart dafür, nicht nur ihre eigenen Landsleute, sondern auch Franzosen und andere Nationen anzuziehen. Dies gelingt ihnen recht gut und es ist das erste Mal, dass wir uns auf einem niederländisch geführten FKK Platz nicht wie in einer „Holländischen Kolonie“ fühlten. Jetzt im August waren über die Hälfte der Gäste Französische Familien und dies kann man wirklich Erfolg nennen!

 

Da es in der Umgebung viele wunderschöne Dörfer gibt, nahmen wir die Gelegenheit wahr und machten mehrere Ausflüge über die sanften grünen Hügel und vorbei an leuchtenden Sonnenblumenfeldern. Unterwegs fanden wir immer wieder schöne Flecken, die uns zum Anhalten verleiteten, wie z.B. der Aussichtspunkt in Montségur, oder die umgenutzte Mühle am Fluss Lot bei Trentels. Wir stoppten so oft, dass es 6 Uhr abends wurde, bis wir unser eigentliches Ziel, Penne d’Agenais, erreichten.

Gutes Essen gehört natürlich mit zu den Hauptgründen, eines Besuchs der Region Dordogne. Wir verwöhnten uns mit einigen Menüs in Französischen Schlemmerlokalen und dazwischen auch mal bei einem Vietnamesen und einer aussergewöhnlich guten Ferme Auberge (Hof-Restaurant). Auf diesen Gourmet-Trips besuchten wir nochmals ein paar Ortschaften, die wir von unserem letzten Aufenthalt kennen, so z.B. Monpazier, Villeréal or Villeneuve-sur-Lot. Unsere sonnigen zwei Wochen im Laborde waren eine tolle Abwechslung von der Atlantikküste, wohin wir nun zurückkehrten.

 

Euronat: ein beliebtes FKK Dorf am Atlantik

 

Als wir am 17. August 2013 wieder im Euronat eintrafen, war Hauptsaison und einiges anders, als bei unserem letzten Aufenthalt im Frühjahr. Es war uns sofort klar, dass die Anmeldung heute etwas länger dauern würde, als wir auf dem Parkplatz die Hostessen sahen, die allen Neuankömmlingen ein Erfrischungsgetränk anboten, bevor sich diese in eine, der Kolonnen am Empfang, einreihten. Es sah aus, wie auf einem Flughafen mit verschiedenen Schaltern. Wir hatten etwas Pech, da wir uns hinter einer Familie anstellten, die ohne Reservation anreiste. Aus uns unerklärlichen Gründen dauert dies immer eine halbe Ewigkeit, wohingegen diejenigen, die mit einer Reservation ankommen und das Foto für ihre Hundemarke (Gäste-Pass) bereithalten, auf einen effizienten Check-in zählen können.

 

Wir erhielten das gleiche Luxus-Mobilheim, das wir bereits im Frühling belegt hatten. Bei Ankunft trafen wir unsere Nachbarn wieder, die hier Dauermieter sind. Als erstes riefen sie spontan: „Dieu merci, ihr seid wieder zurück. Die Familien, die in der Zwischenzeit hier waren, machten alle sooo viel Lärm“. Obwohl das Mobilheim gut gereinigt war, sah man deutlich, dass es die letzten 9 Wochen etwas gelitten hatte. Über Lärm konnten wir uns aber nicht beklagen, da all unsere momentanen Nachbarn eher leise waren.

 

Die meisten Chalets und Mobilheime waren nun belegt, entweder von ihren Eigentümern, oder dann von Urlaubern, die mieteten. Natürlich war jetzt auch der grosse Campingplatz voll und überall herrschte lebhaftes Treiben, ohne dass es eng wurde. Dies ist vor allem Euronat‘s grosszügiger und geschickter Anordnung der Parzellen zu verdanken. Im Gegensatz zu den meisten anderen FKK Ferienanlagen, befinden sich im Euronat alle Unterkünfte in Privatbesitz. So ist es nur natürlich, dass die Ausstattungen unterschiedlich sind, da jede Behausung nach dem Geschmack und den Ansprüchen der Besitzer eingerichtet ist. Hunderte von Mobilheimen, Ferienwohnungen, Chalets und sogar grosse Häuser, können über die Rezeption gemietet werden. Einige sind etwas älter, andere etwas neuer. Der Standard ist aber in der Regel etwas höher, als dort, wo die Betreibergesellschaft Eigentümerin der Mietobjekte ist. Im Euronat sind wohl die meisten Unterkünfte mit Satellitenfernsehen ausgestattet und viele bieten weiteren Luxus wie Klimaanlage, Backofen, Geschirrspüler oder Waschmaschine. Wer rechtzeitig reserviert, hat die Chance genau das zu erhalten, was ihm wichtig ist. Am besten reserviert man schriftlich oder telefonisch, statt die Internetmaske auszufüllen. Wir hatten Glück und konnten ein 38 m2 grosses Mobilheim mit Backofen und Geschirrspüler ergattern.

 

Obwohl Euronat im Hochsommer bis zu 15‘000 Naturisten beherbergt, hat man hier nie das Gefühl, dass der Platz überfüllt ist. Dies ist seiner Grösse zu verdanken, welche eine geschickte Einteilung mit viel Freiflächen zwischen den Stellplätzen und Grundstücken, ermöglicht. Die Liegenschaft im Kiefernwald ist 335ha gross und aufgeteilt in verschiedene Regionen fürs campieren mit Zelt, für Wohnwagen, für Mobilheime und für Chalets. Alle, die in einem Zelt übernachten, werden es schätzen, dass sie hier nicht zwischen Reihen von Wohnwagen eingeengt sind.

Das ausgedehnte, bebaute Wohngebiet, ist aufgeteilt in sieben „Dörfer“, die nach Erdteilen benannt sind. In jedem Erdteil sind die Strassen nach den dazugehörigen Ländern benannt. Viele Strassen führen, wie Kleeblätter, in eine Sackgasse und nur über wenige erreicht man den nächsten Kontinenten. Die Grundstücke liegen alle um diese Kleeblätter angeordnet und daraus ergibt sich viel mehr Freifläche, als wenn die Parzellen rasterförmig angeordnet wären. Es macht Spass, durchs Euronat zu schlendern, oder zu radeln und innerhalb kurzer Zeit die ganze Welt zu entdecken; von Island bis hinunter nach Afrika.

Dort herrscht leider immer noch Apartheid, denn dieses Gebiet ist fest in Deutscher Hand. Hier wollen besonders viele privat vermieten und das ist auch immer nur deutsch und deutlich angeschrieben - schliesslich sind wir ja in einem besetzten Gebiet, und nicht in Frankreich. Vielleicht wollen sie auch nur ihre eigenen Landsleute melken. Wir jedenfalls haben die Erfahrung gemacht, dass man nicht nur im Euronat, sondern auch in andern Ferienanlagen, über die Rezeption meistens die konkurrenzfähigeren Angebote erhält, als wenn man direkt vom Eigentümer mietet.

 

Ein Strand im Wechsel der Gezeiten

 

Wie schon gesagt, Euronat ist riesengross und je nachdem, wo man sich befindet, sind es zum Strand ein paar hundert Meter, oder bis zu drei Kilometer. Von unserem Mobilheim war es ein schöner, 2,2km langer Spaziergang, bevor man am Zentral- oder am Südstrand ankommt. An beiden sieht man jeweils als erstes hunderte von Fahrradständern, ein Toiletten- und Waschhaus und kleine Imbisstuben. Danach steht man oben auf der Düne und sieht hinunter auf den weitläufigen Sandstrand. Es hat da und dort versinkende Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg, welche aus den Dünen ausgewaschen wurden. Das erste Mal hatten wir anfangs Mai dort gestanden. Es war Flut und die Wellen reichten bis zu den Dünen. Wir hatten uns gefragt, wo bloss die vielen tausend Sonnenanbeter, die hier im Sommer erwartet werden, Platz finden sollten. Euronat hat dafür schon lange eine Lösung gefunden: jedes Jahr werden riesige Sandterrassen aufgeschüttet und man hofft, dass sie den Sommer überdauern. Diese Terrassen werden auch benötigt, um das Grundwasser zu unterdrücken, welches aus den Dünen ausfliesst. Wenn man der Beach entlang wandert, findet man viele Stellen, wo soviel mineralhaltiges Wasser aus den Dünen drückt, dass sich daraus bunte kleine Bächlein bilden. An einer Stelle bedecken schwarze und kupferfarbene Mineralschichten eine meterhohe Sandwand die nun aussieht wie ein tröpfelnder Wasserfall. Da und dort hat sich eine schwärzlich-regenbogenfarbene Grotte, mit Stalaktiten und Stalagmiten, gebildet.

 

Die natürliche Schönheit des Euronat Strandes ist wirklich anziehend, aber die Menschen strömen in erster Linie zu tausenden hierher, weil sie sich hier ausziehen können. Euronat selbst erstreckt sich für 1,6 km entlang des Strandes. Man kann aber für etwa 5km in beide Richtungen, splitternackt entlang des Wassers spazieren, bis man auf den ersten textilen Strand trifft, oder noch viel weiter, wenn man sich nicht ziert, seine Schönheit zu verhüllen, bis man die sexy angezogenen Badenixen und Beach Boys hinter sich gelassen hat.

Wir finden es eine tolle Idee, dass Euronat Hunde nur auf einem Strandabschnitt zulässt. Der grösste Teil des Strandes hingegen, ist hundefrei und dort befinden sich auch die beiden überwachten Sektionen. Von Mitte Juni bis Mitte September sind Rettungsschwimmer im Dienst und die meisten Badegäste lassen sich in deren Nähe nieder. Mitte August hat es noch sehr viele Familien mit Kindern, doch gegen Mitte September wurden es immer weniger und der Altersdurchschnitt stieg wieder.
Bei Ebbe hatte es auch bei mehreren tausend Sonnenanbetern immer genügend Platz, da sich das Wasser soweit zurückzog, dass manchmal ein 300m breiter Strand entstand. Bei Flut hingegen, mussten sich auch diejenigen, die am liebsten allein auf weiter Flur sind, auf die Sandterrassen zurückziehen und zur Menge gesellen. Es war faszinierend, von dort aus den tosenden Wellen zuzusehen und zudem sehr entspannend, da es ausser einem Eisverkäufer, keine Beachhändler gab.

 

So sehr wir den Strand auch mochten, wenn wir wirklich schwimmen wollten, mussten wir ins Schwimmbad. Es gibt eine grosse Schwimmhalle, zwei Aussenbecken, ein Planschbecken, sowie zwei kleine Wasserrutschbahnen. Der ganze Komplex ist überwacht und sehr gut organisiert. Uns konnte er allerdings nicht allzu stark begeistern. Ausser im Juli und August sind die Schwimmbäder nur an 6 Tagen pro Woche geöffnet und für bloss jeweils drei Stunden am Morgen und am Nachmittag. Das Hallenbad ist eher funktionell, perfekt um für einen Schwimmwettkampf zu trainieren, aber für Kinder und unsichere Schwimmer absolut ungeeignet, da er sehr tief ist. Demgegenüber müssen wir zugutehalten, dass die Toboggans von Mai bis Oktober geöffnet sind.

 

Abnehmen und zunehmen

 

Abgesehen von normalen Ferienaktivitäten, organisiert Euronat während der Hauptsaison unzählige Animationen und handwerkliche Work-Shops, wovon die meisten gratis, bzw. bereits im Preis inbegriffen sind… Auf der anderen Seite sind jedoch beliebte Aktivitäten, wie Minigolf oder Tennis, genauso organisiert, wie in „anderen Städten“ mit 15‘000 Einwohnern: man geht ins privat geführte Sportzentrum, zahlt und spielt. Ungewöhnlich für FKKler war, dass die meisten Tennisspieler ein grässliches weisses Kostüm trugen, statt ihr wunderschönes Naturkleid.

 

Euronat’s grösstes Profitzenter ist sicher das Thalasso. Dort kann man sich für ein paar Stunden im Wellnessbereich mit Sauna, Hammam, oder einem Bad im Meerwasser-Schwimmbad verwöhnen. Aber damit verdienen sie noch nicht wirklich Geld. Sie sehen es lieber, wenn man in eine ihrer 6-tägigen Gesundheits- und Schlankheits-, oder Anti-Stress und Entspannungs-Kuren investiert. Wir haben aber den Verdacht, dass diese Programme mehr Stress verursachen, als sie lösen. Jedenfalls sind viele derjenigen Patienten, die dafür zahlen, dass man sie eine Woche lang umsorgt, so gestresst, dass ihnen die Zeit für den gesündesten Teil ihrer Behandlung fehlt: einen entspannenden Spaziergang, oder eine wohltuende Fahrradfahrt ins Thalasso-Zentrum, und so müssen sie aufs Auto zurückgreifen!

 

Zumindest benutzen die meisten Urlauber das Fahrrad, um sich auf Euronat’s ausgedehntem Gelände zu bewegen. Einige haben ihr eigenes Velo dabei, andere mieten sich eines vor Ort. So ist man natürlich viel schneller, als wenn man zu Fuss unterwegs ist. Heinz brauchte allmorgendlich eine halbe Stunde um zur Bäckerei und zurück zu marschieren, da der Rundlauf mehr als zwei Kilometer ausmachte. Es lohnte sich aber für jeden Millimeter. Im Euronat befindet sich die beste Bäckerei, die wir in Frankreich kennen, und wir kennen viele! Die Auswahl an Broten ist einfach unglaublich. Man findet über 40 verschiedene Brotsorten, alle knusprig frisch, egal ob dunkle oder weisse. Es dauerte geschlagene drei Wochen, bis wir uns durchgekostet hatten. Da viele Leute permanent hier leben, bleibt die Bäckerei an 365 Tagen im Jahr geöffnet. Für die Zeit, in der die Bäckerei überrannt wird, haben sich die Besitzer ein intelligentes System einfallen lassen, damit niemand allzulange anstehen muss. Bis zu fünf Verkäufer/-innen sind mit der Ausgabe von Broten beschäftigt und damit geht der Kunde dann zu einer der drei Kassen. Auch dann, wenn es sehr geschäftig zugeht, schafft es Euronat‘s Bäckerei, den hohen Qualitätsstandard zu halten und sie hat sicherlich deutlich mehr Umsatz, als jede Bäckerei in der weiteren Umgebung. Man stellt sich darauf ein, dass die meisten Urlauber aus Deutschland kommen, wo man auf schweres dunkles Brot steht.

 

In der Bäckerei wirkt sich der Einfluss der Deutschen sicherlich positiv aus, auf die beiden Supermärkten hingegen, eher negativ und das Angebot ist entsprechend bescheiden. Beim Lebensmitteleinkauf kommt bei vielen Deutschen leider die „Geiz ist Geil“ Mentalität hoch. Da der nächste Shop ausserhalb von Euronat ein Deutscher Superdiscounter ist, können die Geschäfte innerhalb, nicht mehr viel Umsatz machen und dies reflektiert sich im Angebot. Zum Glück ist unter den 25 Geschäften im Euronat auch ein Französischer Take-Away, eine Metzgerei und ein Fischhändler. Zwischen Juni und Mitte September ist es so einfacher, mit dem beschränkten Angebot der Supermärkte auszukommen. Wir liebten es,  regelmässig frischen Fisch, und ab und zu ein gutes Stück Fleisch, einzukaufen. Viele Camper profitierten vom Holzkohlengrill, den die Metzgerei täglich für ihre Kundschaft einfeuerte. Es gibt noch viele weitere Geschäfte und Restaurants. Wir möchten hier nur noch die Crêperie, sowie das Petit Café erwähnen, welches neben bodenständigem, auch Japanische Speisen wie Sushi anbietet. Damit niemand sagen kann, das Geld gehe ihm aus, steht in der Mitte der Läden ein Geldautomat zur Verfügung.

 

Sehenswürdigkeiten in der Nähe vom Euronat

 

Weitere Geschäfte und Restaurants (nicht zwingend bessere), findet man im nahegelegenen Dorf Montalivet, das während des Grossteils des Jahres so tot ist, dass auf jedem Friedhof mehr läuft. Während der Sommerferien hingegen, ist dort so viel los, dass man kaum umfallen kann. Die Umgebung bietet nicht viele Sehenswürdigkeiten und es gibt auch kaum grössere, natürlich gewachsene Dörfer, sondern vor allem Touristenorte. Die Verantwortlichen des Verkehrsvereins Montalivet wissen, wie gerne Touristen Märkte besuchen und dass ihnen das Geld im Urlaub lockerer liegt. Um das Vakuum, die Strassen und die Kassen zu füllen, organisierte man einen grossen Markt. Wir trauten unseren Augen kaum, als wir sahen, wie gross er ist und zweifelten an unseren Ohren, als wir hörten, dass er von Juli bis Mitte September an jedem einzelnen Tag abgehalten wird! Wenn man allerdings nach etwas sinnvollem sucht, fällt man wohl vor Erschöpfung um, bevor man fündig wird. Es geht hier fast nur um Touristenramsch!

 

Sehenswürdigkeiten im Médoc beinhalten vor allem Schlösser. Entweder  ist es ein “chateau d’eau”, ein Wasserturm, oder ein Anwesen, das sich mit dem Namen „château“ mehr Gewicht zu geben versucht. Diese Weinproduzenten sind für uns, als Abstinenzler, absolut uninteressant. Sie versuchen vor allem legalisierte Drogen an den Mann zu bringen - schade um die süssen Trauben.

Da kaum jemand permanent an der Atlantikküste wohnt, haben es gute Restaurants schwer, sich zu etablieren. Den einzigen Stern, den wir am gastronomischen Himmel fanden, ist “chez Gilles & Marika” im Hotel de France in Vendays-Montalivet.

 

Wir luden Valery & Alan, Freunde die im nahe gelegenen CHM Monta wohnen, zum Abendessen in unser Mobilheim im Euronat ein. Die beiden wiederum , verwöhnten uns mit einem Ausflug nach Blaye, am anderen Ufer der Gironde. Wir parkten das Auto in Lamarque und nahmen die Fähre, von der man gute Sicht auf die malerischen „carrelets“ hat, wie die Fischerhütten auf Stelzen genannt werden. Im ansprechenden Städtchen Blaye, besuchten wir die alte Zitadelle, welche das eigentliche Ziel unseres Ausfluges war.

 

Buchungen

 

Im Euronat trafen wir uns auch ein paar Mal mit Heidi & Michael, einem Deutschen Paar das wir schon länger kennen und das zufälligerweise am selben Tag wie wir im Euronat eintraf. Als die beiden unser Mobilheim sahen, das wir über die Rezeption gemietet hatten, fühlten sie sich mit dem Chalet, welches sie direkt von der Eigentümerin mieteten, etwas übers Ohr gehauen. Unsere Unterkunft war deutlich günstiger und zudem viel heller und ansprechender. Zudem hatten wir endlos leere Schränke, wogegen ihre wenigen schon fast alle mit persönlichen Utensilien der Besitzerin belegt waren. Uns hat dies kaum erstaunt. Wir hatten mehrmals Privatmieten in FKK Ferienanlagen in Erwägung gezogen, kamen aber immer zum Schluss, dass die Angebote der Rezeption konkurrenzfähiger waren. Die meisten Privatvermieter scheinen sich nicht über die Preislisten und Rabatte zu informieren. Zudem sind bei Privatmieten oft noch happige Gebühren an die Anlage selbst zu entrichten.

 

Wir sind es gewohnt, alles selbst zu buchen und wenn uns einmal die Broschüre eines Reisebüros in die Hände kommt, müssen wir immer wieder darüber schmunzeln, wie unselbständig diese ihre Kundschaft einschätzen. Als wir hier den Katalog des FKK Reiseveranstalters Oböna aus Deutschland fanden, konnten wir kaum glauben, dass diese Agentur kein bisschen besser ist. Kunden, die sich für Ferien in Nordamerika interessieren, werden explizit gewarnt, dass man dort nur Englisch spricht. Denjenigen, die sich für Europäische Gelände interessieren, legt man nahe, eigene Sonnenliegen samt Transportwägelchen mitzubringen, wenn am Strand keine Liegestühle gemietet werden können. Um das Risiko zu minimieren, dass die werte Kundschaft bereits am Empfang mit Ausländern (nicht-Landsleuten) in Kontakt kommt, betreibt Oböna in grossen Urlaubszentren, wie Euronat, einen eigenen Empfang mit Deutschem Personal. Als individualreisende Globetrotter amüsierten uns jedenfalls köstlich, als wir diesen Katalog durchblätterten.

 

Für unsere Buchungen und Reisearrangements, benutzen wir mittlerweise fast ausschliesslich das Internet. Somit profitierten wir von Euronat’s ausgedehntem W-LAN Netz, welches auf den Stellplätzen und in den Mobilheimen verfügbar ist. Um die Chalets gibt es verschiedene private Netzwerke. Obwohl es nicht billig war, war es bequem, dass wir direkt in unserer Unterkunft on-line gehen konnten. Zum Glück bietet Euronat allen, die etwas länger bleiben, Tarife mit unbegrenztem Zugang an. Ab und zu war es zwar etwas langsam, doch meistens war’s ok, ausser es waren Mal sehr viele Leute on-line.

 

Diejenigen, die nur am Wochenende hierher kamen, waren normalerweise die Eigentümer. Sie kommen nicht in erster Linie zum Entspannen, sondern vor allem um an kleineren, oder grösseren Projekten zu arbeiten und um zu putzen. Man sieht von weitem, ob ein Mobilheim regelmässig vermietet wird, oder nicht. Diejenigen, deren Eigentümer regelmässig kommen, sind immer sauber und haben aufgeräumte Gärtchen. Wogegen diejenigen, deren Besitzer nur einmal pro Jahr seinen Urlaub hier verbringt, oft moosig grüne Fassaden haben. Im Inneren sehen sie aber trotzdem gut und sauber aus.

 

Wechsel der Jahreszeiten

 

Es ist überraschend, wie schnell sich ein grosses Gelände, wie Euronat, füllen und auch wieder leeren kann. Man realisiert dies nicht so stark, wenn man zwischen den Chalets und Mobilheimen durchschlendert. Da viele Leute permanent, oder zumindest den ganzen Sommer über, hier leben und die Unterkünfte auch gut vermietet werden, sind diese immer gut belegt. Auf dem Campingplatz hingegen, sieht man den Saisonwechsel deutlich. Die Sektion für Zelte füllt sich am kürzesten, d.h. für nur etwa zwei Monate. Wohnwagen hingegen, kommen und gehen mit den tiefen Preisen der Nebensaison und mit den Schulferien. Die Autonummern verraten, dass auch in diesem Revier, die meisten Urlauber aus Deutschland stammen, obwohl das Gelände bei Franzosen, Belgiern und Engländern ebenfalls beliebt ist. Die gelben Nummernschilder an Autos aus den Niederlanden, sieht man vor allem in der absoluten Hoch- und dann in der absoluten Nebensaison, aber kaum dazwischen.

 

Die Natur reflektiert den Wechsel der Jahreszeiten noch besser, als die Menschen. Als wir das erste Mal hier eintrafen, blühte den ganzen Mai überall gelber Ginster. Es regnete oft, aber schlussendlich hat der Sommer doch überhand gewonnen. In der zweiten  Septemberwoche wurde es langsam wieder nässer. Die nun wieder leeren Stellplätze und der Waldboden verwandelten sich in ein wunderschön violett leuchtendes Meer aus Heidekraut und ab und zu sieht man sogar ein paar Rehe. Genau mit dem kalendarischen Herbstanfang, kam der Sommer  wieder zurück und die Temperaturen stiegen wieder gegen 30°C.

 

Egal ob es heiss oder kalt, sonnig oder feucht ist, ein langer Spaziergang entlang des Strandes lohnt sich immer. Der Normalbürger kann es sich vielleicht schlecht vorstellen, dass Euronat bis zu 15‘000 nackte Sonnenanbeter gleichzeitig an- bzw. auszuziehen vermag. Die Nachfrage ist aber noch viel grösser. Nur 7 km südlich, entlang des Strandes, befindet sich CHM Centre Héliomarin Montalivet, ein weiteres FKK Gelände, welches nochmals 15‘000 Nackte beherbergt. Zusätzlich strömen die Gäste der vielen kleinen Textil-Campingplätze im Hinterland zum Baden an den Strand. Da wir auch schon im CHM Urlaub gemacht hatten, nahm es uns wunder, wie es jetzt dort aussieht und so spazierten wir zweimal entlang des Strandes dorthin. Wir nahmen einen Sarong mit, da wir erwarteten, nicht nur beim Dorf Montalivet, auf viele Wasserratten in Badekleidung zu treffen. Genau das Gegenteil war der Fall! Der Grossteil der sieben Kilometer war ein wunderbarer, fast durchgehend textilfreier Strand. Wir mussten uns nur zweimal kurz etwas überziehen, bevor wir CHM-Monta erreichten.

 

Euronat und CHM-Monta haben beide ihre Eigenheiten und es ist schwer, sich zwischen zwei guten Optionen zu entscheiden. Es kommen auch persönliche Vorzüge ins Spiel, aber wir können die beiden leider nicht mischen. Da CHM-Monta für viele die Wiege des Naturismus darstellt, zieht es viele bescheidene Vollblut-Naturisten an, die mit wenig Komfort glücklich waren. Erst in letzter Zeit hat es sich zu einer modernen, konkurrenzfähigen FKK Ferienanlage gemausert. Euronat, auf der andern Seite, entwickelte sich von Anfang an, zu einem modernen Feriendorf. Damit zog es mehr Deutsche, als Franzosen an. Im CHM-Monta war eher das Gegenteil der Fall. Inzwischen haben sich die Unterschiede zwar etwas ausgeglichen, aber wir sehen immer noch einige.

Nachdem wir uns ins Zentrum mit den Geschäften eingeschlichen hatten, sahen wir uns in den beiden Supermärkten des CHM etwas um und kauften ein Erfrischungsgetränk. Nachdem uns die grosse und attraktive Auswahl an Lebensmitteln ins Auge stach, wunderten wir uns nicht mehr, dass wir hier für eine Weile anstehen mussten. Das ist uns in Euronat’s Supermärkten noch nie passiert. Wir belohnten uns für unsere kalorienintensive Leistung mit einem leckeren Stück Torte aus der Bäckerei. Das Angebot an Broten hier kann aber der Bäckerei im Euronat (noch immer) bei weitem nicht das Wasser reichen. Es ist ganz offensichtlich: unterschiedliche Nationen resultieren in einem unterschiedlichen Angebot. Wenn’s ums Essen geht, verlangen die Deutschen nach anständigem Brot und für die Franzosen muss alles von guter Qualität sein. Wir erinnern uns an eine Französin, die uns bei der Gefriertruhe im Supermarkt gefragt hatte, ob wir ihr Lieblings-Eis gesehen hätten: „Glace caramel au beurre salé de Guérande (Karamelleis mit etwas gesalzener Butter, aber nicht mit irgendeinem Salz, sondern demjenigen aus den berühmten Salzsalinen bei Guérande).

 

Nun gingen wir zurück zum Strand, da wir ja noch einen anderthalb stündigen Marsch vor uns hatten. Gerade als wir das Euronat wieder erreichten, versank die Sonne rot und romantisch im Meer.

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Frankreich: quer durchs Land Richtung Schweiz

Nach einem ungewöhnlich langen und sonnigen Sommer verliessen wir Euronat am 5. Oktober 2013. Es ging langsam ostwärts Richtung Schweiz. Wir liessen uns viel Zeit, um sicherzustellen, dass wir die Sehenswürdigkeiten entlang unseres Weges nicht links liegen lassen müssen. Hinter Bordeaux folgten wir für einen guten Teil des Tages der Dordogne, bevor wir Brive-la-Gaillarde ansteuerten. Nachdem wir uns in ein Hotel eingebucht hatten, erkundeten wir die hübsche Altstadt, wo man - selbst für französische Verhältnisse - eine stattliche Anzahl ausgezeichneter Speiselokale findet. Nur schade für uns, dass diese nicht nur bekannt, sondern auch sehr beliebt sind. So mussten wir an diesem Samstagabend in fünf verschiedenen Restaurants anklopfen, bis wir endlich einen Tisch bekamen.

 

Wir verbrachten den nächsten Tag damit, mehrere malerische Dörfer und Städtchen zu besuchen. Als erstes kamen wir nach Turenne, nur 15km ausserhalb von Brive-la-Gaillarde. Es schmiegt sich an einen Hügel, auf dem die Ruinen einer Festung thronen. Im nächsten Tal besichtigten wir Collonges-la-Rouge, ein adrettes Dorf, das für seine roten Sandsteinhäuser bekannt ist. Wir bestaunten die vielfältige Architektur der historischen rötlichen Gebäude, von denen viele ein paar Türmchen haben.

 

Einen ganz anderen Charakter hat das befestigte Renaissance Städtchen Salers. Obwohl der Ort nur 360 Einwohner zählt, machte er einen extrem belebten Eindruck. Auf jeden Einwohner kommen hier alljährlich über 1‘000 Besucher, was die Touristenzahl auf 400‘000 pro Jahr bringt. Da es bei unserer Ankunft regnete, erfüllten wir die Erwartungen der Tourismusindustrie und gingen schnurstracks in ein Restaurant, wo man uns mit leckeren Crêpes verwöhnte.

Gut genährt schlenderten wir durch die Gassen, die von grossen, aus schwarzem Vulkanstein gebauten Häusern, gesäumt sind. Dieser Stein stammt aus dem umliegenden Gebirge der Auvergne, im Süden des Zentralmassivs. Hier befindet sich das grösste Vulkangebiet Europas, auch wenn die Feuerspeier längst erloschen sind.

 

Das Zentralmassiv besteht zu einem grossen Teil aus saftigen grünen Hügeln. Dort sieht man oft die hier beheimateten Salers Bergkühe, eine rot-braune Rasse, deren Schicksal es ist, das begehrte Salers Rindfleisch zu liefern. Mit ihren charakteristischen langen Hörnern können sie auf bis zu 7‘000 Jahre alten Felszeichnungen ausgemacht werden.

 

Zum Übernachten fuhren wir nach Aurillac, wo wir ein bequemes Bett und zur Abwechslung ein Vietnamesisches Abendessen fanden. Die Stadt ist zwar eher modern, es gibt aber auch einen alten Teil mit engen Gässchen und Altstadt-Häusern.

 

Überall erloschene Vulkane

 

Am nächsten Tag profitierten wir vom grossartigen Wetter und fuhren noch weiter ins Zentralmassiv. Wir starteten unsere Tour mit der „route des crêtes D35“, welche auf einer Hügelkette, oberhalb des Jordanne-Tales, entlangführt und meist grossartige Aussichten eröffnet. Gegen Süden und Westen sahen wir vor allem hügeliges, grünes Landwirtschaftsgebiet mit Salers Kühen. Gegen Norden und Osten konnten wir mehrere Vulkankegel erkennen. Insgesamt trumpft die Gegend um Clermont-Ferrand mit 40 „Puys“ auf, wie die Vulkankegel auf Französisch genannt werden. Wir fuhren auf den 1‘588m hoch gelegenen Pass „Col du Pas de Peyrol“, direkt unter dem Puy Mary, einem der erloschenen Vulkane. Nachdem wir die grossartige Aussicht genossen und die Multimedia-Show im interessanten Besucherzentrum gesehen hatten, gingen wir mittagessen. Das beliebte Bergrestaurant servierte diverse einheimische Spezialitäten, wie z.B. unsere Beilage:  „Truffade“, eine leckere Mischung aus Kartoffelstock und Auvergne Käse.

 

Nachdem wir kreuz und quer durch spektakuläre Landschaften gekommen sind, erreichten wir Mont-Dore, ein recht touristischer Thermalkurort an der jungen Dordogne. Die Dordogne entspringt auf dem Puy de Sancy, welcher im Gemeindegebiet von Mont-Dore liegt, aber immer noch 200km vom politischen Dordogne Distrikt entfernt ist. Als wir über den Robert Pass weiterfuhren, kam Nebel auf. Da es inzwischen eh schon auf den Abend zuging, suchten wir ein Quartier in Besse-et-Saint-Anastaise, einem kleinen Dorf mit vielen alten, charaktervollen, grauen Häusern.

 

Am nächsten Morgen besuchten wir als erstes Saint-Floret, eine weitere Ortschaft die in die Liste der schönsten Dörfer Frankreichs aufgenommen wurde. Da es regnete, fuhren wir nun nicht mehr viele Umwege, benutzten aber dennoch kleine Strassen, die übers Land und auch des öftern durch Wälder führten.

Die Stadt Roanne wurde zu unserem nächsten Übernachts-Stopp. Als wir durch ihre ausgedehnte Fussgängerzone schlenderten, fanden wir mehrere ansprechende Speiselokale. Dasjenige, für das wir uns entschieden, stellte sich glücklicherweise als besonders gut heraus. Der anschliessende, zwei Kilometer lange, Marsch zurück ins Hotel, war gerade richtig zur Verdauung.

 

Die touristischen Höhepunkte des nächsten Tages beinhalteten das Städtchen Charlieu, mit seinen vielen malerischen Fachwerkhäusern und die felsige Schlucht entlang des Flusses Ain.

 

Abends landeten wir in Saint-Claude, einem unerwartet grossen Ort im Französischen Jura. Da wir uns nun bereits sehr nahe der Schweizergrenze befanden, gönnten wir uns wieder „ein letztes Mal“ (…) eine Französische Schlemmermahlzeit.

Am nächsten Morgen waren wir davon überzeugt, dass es in die Schweiz nur noch ein Katzensprung sei. Im Gebirge hingegen, führen die Strassen ja bekanntlich nicht immer schnurgerade und nur unten in den Talebenen ans Ziel. Nach einem super Sommer hatte der Winter gerade hier und heute sein erstes Stelldichein. So mussten wir uns während zwei Stunden durch immer dichter werdendes Schneegestöber kämpfen, bis wir endlich tiefe Gefilde erreichten. Obwohl wir inzwischen ziemlich hungrig waren, verabschiedeten wir uns wohlweislich von unserer anfänglichen Idee eines „letzten“ Mittagessens in Frankreich. So warteten wir, bis wir Orbe, in der Französischen Schweiz, erreichten.
Es war inzwischen fast 14:00 Uhr, aber wir hatten Glück und fanden einen Parkplatz direkt vor einem Thailändischen Restaurant. Das Lokal wollte bald schliessen, doch da Asiaten das Wort „Nein“ nicht wirklich kennen und vielleicht auch dankdem wir die thailändischen Wörter für „Hallo“ und einige unserer Lieblingsgerichte noch wissen, konnte Heinz die Thailänderinnen dazu bringen, uns ein leckeres Nudelgericht im Wok zuzubereiten.

 

Wie lange wir in der Schweiz bleiben, wohin es uns als nächstes treibt und ob wir noch mehr Thai Gerichte kosten werden, offenbaren wir dann in unserem nächsten Reisebericht…

 

 

* richtiger Name ist uns bekannt, jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen ist rein zufällig

 


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